HOMO Littera: Das Magazin, Ausgabe 3/2020
Vierteljährlich erscheinende Broschüre über Publikationen und Autoreninterviews aus dem Hause HOMO Littera
Vierteljährlich erscheinende Broschüre über Publikationen und Autoreninterviews aus dem Hause HOMO Littera
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Österreichs erster Verlag für ausschließlich homosexuelle Literatur
Menschen mit sichtbaren
Makeln regen meine Fantasie
an
Im Gespräch: Tanja Meurer über
ihren Mystery-Thriller Der Rebell
Es gibt nicht viele Genres,
die der Vorstellungskraft so
wenig Grenzen setzen, wie
die Fantasy
Autorin Reg Benedikt im Interview
zu ihrem Roman Jägerin
der Schatten
Beziehungen erfordern
Arbeit und manchmal Krisenresistenz
Ingrid Pointecker über ihr Buch
Herbstsplitter und die Liebe im
Allgemeinen
Geistliche dürfen nicht
heiraten – dennoch predigt
die Kirche von Nächstenliebe
Yara Nacht über ihre Vampirserie
Sündhafte Begierde der Verdammnis
Das Blitzinterview
10 Fragen an die Schriftstellerin
Lena Seidel
416 Seiten, ISBN 978-3-903238-10-7, € 16,49 (A)
~ INHALT ~
02 Inhalt
02 Impressum
03 Editorial
04 Unsere Titelstory
Menschen mit sichtbaren Makeln regen meine
Fantasie an: Im Gespräch: Tanja Meurer über
ihren Mystery-Thriller Der Rebell
12 Autoreninterview
Es gibt nicht viele Genres, die der Vorstellungskraft
so wenig Grenzen setzen, wie die Fantasy:
Autorin Reg Benedikt im Interview zu ihrem Roman
Jägerin der Schatten
18 Autoreninterview
Beziehungen erfordern Arbeit und manchmal
Krisenresistenz: Ingrid Pointecker über ihr Buch
Herbstsplitter und die Liebe im Allgemeinen
24 Autoreninterview
Geistliche dürfen nicht heiraten – dennoch predigt
die Kirche von Nächstenliebe: Yara Nacht
über ihre Vampirserie Sündhafte Begierde der
Verdammnis
30 Unser Autorenporträt
10 Fragen an die Schriftstellerin Lena Seidel
32 News I
Autorenservice Gorischek stellt sich vor, Wissenswertes
33 News II
Spruch der Woche, Programmvorschau
IMPRESSUM
Herausgeber: HOMO Littera Romy Leyendecker e.U., Am Rinnergrund
14/5, A – 8101 Gratkorn; E-Mail: office@HOMOLittera.com
Die Offenlegung gemäß § 25 Mediengesetz ist unter
https://www.homolittera.com/deutsch/Impressum.php jederzeit
aufrufbar.
Redaktion: Romy Gorischek
Grafik und Design: Rofl Schek
Bildnachweis:
Fog © Albrecht Fietz/Pixabay, Titel-, Rückseite
River © David Mark/Pixabay, Seite 2
Keller: © Peter H/ Pixabay, Seite 6
Old Books: © Michal Jarmoluk/Pixabay, Seite 7
Spirit © SuperHerftigGeneral/Pixabay, Seite 8
Gang © Herm/Pixabay, Seite 9
Oracle girl © Javier Rodriguez/Pixabay, Seite 13
Fantasy © Enrique Meseguer/Pixabay, Seite 15
Butterfly © Игорь Левченко/Pixabay, Seite 16
Mechanism Failure © Enrique Meseguer/Pixabay, Seite 20
Graveyard © ToginWales/Pixabay, Seite 25
Eyes © Artie_Navarre/Pixabay, Seite 28
Die nächste Ausgabe erscheint im Winter 2020.
S e i t e | 2
~ EDITORIAL ~
Leseherbst
„Krisen können der
Auftakt für neue Ideen
und Kreativität sein“
Romy Gorischek
________________________________________________________
A
ufgrund der notwendigen Sicherheits- und Gesundheitsvorkehrungen
fand die Frankfurter Buchmesse zum ersten Mal
im Netz statt. Die Welt wird also digital. Lesungen, Buchpräsentationen
bis hin zu Verlosungen, die Buchwelt präsentiert sich im
neuen Kleid – und das ganz ohne physischen Kontakt.
Vor allem in schwierigen Zeiten wie diesen braucht die Literatur laute
und starke Stimmen, um nicht zu erstarren. Die nächsten Monate werden
deshalb mit Sicherheit für alle AutorInnen, VerlegerInnen und
LeserInnen herausfordernd, aber auch spannend. Frische, neue Ideen
können entstehen, der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. So stellen
wir unsere 3. Ausgabe ganz unter das Motto Fantasy, Mystery
und Horror und entdecken fantastische Bücher komplett neu.
Unsere Titelstory widmen wir der deutschen Schriftstellerin Tanja
Meurer und ihrem Mystery-Thriller „Der Rebell“ (Seite 4).
Conny Reinhard
ENGE BANDE
Nadines Leben erfährt eine positive
Wende, als sie die attraktive, ausgeglichene
Anja kennenlernt. Doch was
sie nicht ahnt: Anja ist die uneheliche
Tochter von Nadines Vater …
380 Seiten, ISBN 978-3-902885-86-9,
€ 14,90 (A)
Reg Benedikt stellt uns ihren Fantasyroman „Jägerin der Schatten“
aus der Reihe „Magische Grenzen“ vor (Seite 12).
Ingrid Pointecker taucht mit uns in das fantastische Reich von
„Herbstsplitter“ ein (Seite 18).
Ein Interview gibt uns auch Yara Nacht zu ihrer schaurig schönen
Vampirserie „Sündhafte Begierde der Verdammnis“ (Seite 24).
Das Autorenporträt widmen wir dieses Mal der Schriftstellerin Lena
Seidel und ihrem Fantasyroman „Qartiumkrieg I – Das Drachen-Gen“
(Seite 30).
Ganz neu ist unsere Zweitfirma „Autorenservice Gorischek“, mit der
wir zukünftig AutorInnen, VerlegerInnen und UnternehmerInnen unter
die Arme greifen werden. Gerade in Zeiten wie diesen ist Zusammenhalt,
Beistand und Engagement in der Branche gefragt. Wir beraten,
helfen und unterstützen deshalb gerne bei der Umsetzung neuer
und alter Projekte. Für alle AutorInnen im Selfpublishing-Bereich
bieten wir einen Impressumsdienst zum fairen Preis an (Seite 32).
So freuen wir uns auf abwechslungsreiche Lesestunden mit zahlreichen
neuen und kreativen Ideen. Denkt immer daran: Gegenseitige
Rücksichtnahme, Verantwortungsbewusstsein und Abstandhalten
kann Leben retten.
Herzlichst
Romy Gorischek
Verleger und Geschäftsführer HOMO Littera
S e i t e | 3
Paul Senftenberg
HÄNDE
Paul empfindet Männerhände als etwas
Gefährliches, deshalb legt er sein Augenmerk
auf Männer, die eine Handprothese
tragen. Als er jedoch Alexander
kennenlernt, kommen seine Vorstellungen
ins Wanken, denn Alexander trägt
keine Prothese …
124 Seiten, ISBN 978-3-902885-58-6,
€ 9,90
~ UNSERE TITELSTORY ~
Menschen mit sichtbaren
Makeln regen meine Fantasie an
AUTORIN TANJA MEURER ÜBER DIE ENTSTE-
HUNG IHRER PROTAGONISTEN, VORURTEILE
GEGENÜBER FRAUEN IM FANTASYBEREICH
UND IHREN ROMAN „DER REBELL“
416 Seiten, ISBN 978-3-903238-10-7, € 16,49 (A)
Tanja Meurer ist eine aus
Deutschland stammende
Schriftstellerin. Sie veröffentlichte
1997 ihren ersten Roman
und schreibt heute vorwiegend
im schwul-lesbischen Bereich.
2018 erschien ihr Mystery-
Thriller „Der Rebell“.
„Spannend, überraschend, faszinierend
und interessant“ – so
beginnen viele der Rezensionen
zu dem Mystery-Thriller „Der
Rebell“. Stellst du uns kurz dein
Buch vor?
Tanja – Klar, sehr gerne. Im Rebellen
geht es um drei Brüder und
wie sie sich unter dem Druck von
zwei Mordfällen, die sie persönlich
betreffen, versuchen zurechtzufinden.
Oliver, Michael und
Christian verlieren innerhalb einer
Nacht ihre Familie und ihr
ganzes bisheriges Leben, weil ihr
Vater seine Frau und die beiden
jüngsten Geschwister umbringt.
Oliver, der Älteste, stirbt durch
die Messerattacke seines Vaters
fast an seinen Verletzungen.
Nachdem er wieder genesen ist,
bemerkt er, dass er mehr sehen
kann als die lebenden Personen
um ihn herum. Ihm begegnen
verstärkt Geister. Als sein Bruder
Christian von einem solchen Wesen
attackiert und verletzt wird,
verstrickt sich Oliver immer tiefer
in die Geheimnisse der Totenwelt,
von der er ein Teil zu sein
scheint. Michael und Christian
scheinen nach der Mordnacht
davon unberührt geblieben zu
sein, doch darin täuscht er sich.
Der sensible Michael sieht Geister,
und sein Zwilling Christian ist
für sie wie ein Gefäß, das sie sich
ungefragt zum Wirt nehmen.
Überfordert mit der Situation
findet Oliver in den Beamten, die
den Fall seines Vaters untersucht
haben, Halt – besonders in Daniel
Kuhn, der ihm sehr nah steht und
offenbar auch eine enge Beziehung
zu den Toten hat.
Dann werden im Haus seines
Großvaters Leichen gefunden,
und der bisherige Druck nimmt
weiter zu, sodass Oliver schwere
Fehlentscheidungen trifft, mit
denen er nicht nur sich schadet,
sondern seinem gesamten Umfeld.
Nichts für schwache Nerven,
wenn man bedenkt, dass der
Leser gleich auf den ersten Seiten
mitten in das Massaker der
Familie des Protagonisten Olivers
stößt. Damit fesselst du deine
LeserInnen regelrecht an die
Geschichte. Wie ist die Idee dazu
entstanden? Gab es Recherchearbeit
zum Buch?
Tanja – Oliver ist ein Bestandscharakter
aus dem Pool der
„Schattengrenzen“-Charaktere.
Vor diesem Buch gab es „Jenseits
der Hoffnung“, das die Grundlage
gebildet hatte. Das Buch hatte ich
2012 für einen Wettbewerb geschrieben.
Es war ein reiner Krimi.
Inhaltlich hatte ich es mit dem
2010 entstandenen Mystery-
Thriller „Glasseelen“ verknüpft,
den ich für eine Agentur und
Droemer-Knaur geschrieben hatte.
„Glasseelen“ kam später bei
einem kleinen Verlag heraus, weil
Droemer im gleichen Jahr Sebastian
Fitzeks „Der Augensammler“
ins Programm genommen hatte
und die Eckpunkte der Geschichten
identisch waren: Serienmörder
junger Frauen, der Augen
herausschneidet, Berlin, Berliner
Unterwelten.
Auch davor gab es schon Bücher
mit und um Olli. Mit einem da-
S e i t e | 4
von kam ich in die Endauswahl
vom Heyne-Phantastik-Wettbewerb.
Damals existierte schon die
Geisterwelt, die sogenannte Welt
hinter den Spiegeln, in der Oliver
genauso zu Hause ist wie in der
Welt der Lebenden. Hintergrund
war auch die Mordnacht, sein Tod
durch die Hand seines Vaters.
Recherchearbeiten habe ich auch
jetzt, mit dem zweiten Band dazu.
Dafür war ich am Tag der offenen
Tür im BKA Wiesbaden, genauso
wie im Polizeipräsidium Westhessen.
Internet-Recherche hatte
ich auch verstärkt zur Polizei und
ihren Strukturen. Die Locations
im Buch gibt es (fast) alle. Der
einzige Ort, der so nicht mehr
existiert, wie ich ihn beschrieben
habe, ist die Buchhandlung des
alten Markgraf. Das Haus steht so
noch, aber den Laden gibt es seit
Urzeiten nicht mehr. Ich meine
mich zu erinnern, dass er in den
80ern zugemacht hat.
Gibt es wahre Hintergründe, die
du im Buch eingeflochten hast?
Tanja – Stellenweise die unheimlichen
Erlebnisse, Spiegelungen
und Bilder, die es nicht geben
sollte, Erlebnisse von Camilla, die
Oliver im Buch zur Seite steht
(und Protagonistin in „Glasseelen“
ist), die ganze Art von ihr
und ihr Selbstbewusstsein, allerdings
auch die Verstörung, wenn
eine Familie beginnt auseinander-
S e i t e | 5
© Juliane Seidel
zubrechen. Viele Verhaltensweisen
der Personen sind übernommen
von realen Personen. Das
mache ich allerdings in jedem
Buch. Vielen Figuren liegen Personen
aus meinem Umfeld zugrunde.
Hier besonders Bernd
Weißhaupt, dessen Original einer
meiner ehemaligen Teamleiter
war, und Gregor Roth, dessen
Original mein Chefarchitekt war.
Deine Protagonisten sind zum
Anfassen real – jeder einzelne
davon ist durchdacht und hat
seine guten und schlechten Seiten.
Viele AutorInnen verfassen
zu ihren Charakteren oftmals
ganze Biografien. Wie entstehen
deine Romanfiguren? Gibt es
Steckbriefe und Lebensläufe zu
ihnen?
Tanja – Ich beobachte viel, hatte
es in den vielen Jahren auf Baustellen,
in Architektur- und Planungsbüros,
bei Generalunternehmer
und auch in meiner Zeit
als Berufsfahrerin mit sehr vielen,
unterschiedlichen Menschen zu
tun, hatte mit vielen Berührungspunkte
und konnte ihre Bandbreite
der Persönlichkeitsvielfalt kennenlernen.
Punkte, die ich mochte,
verstehen oder wenigstens
akzeptieren konnte, aber auch
solche die mir zuwider waren,
schwer nachvollziehbar oder denen
ich ablehnend gegenüberstand;
alles in einer Person (logischerweise).
Steckbriefe gibt es von keinem
Charakter, jeden beschreibe ich
aus Gefühl und Erinnerung heraus,
so wie die Person in sich
stimmig und lebendig ist.
Wie bei der vorangegangenen
Frage schon beschrieben, liegen
Roth und Weißhaupt reale Personen
zugrunde, dasselbe gilt auch
für Camilla.
In vielen Büchern habe ich lebende
Personen, die ich beschreibe.
Bei der Reihe „Die Stadt der Maschinenmagie“
ist das Original
von Marianne Valcaque eine ältere
Kollegin aus einem Planungsbüro
etc.
Ich beschreibe Charaktere auch
selten als ungewöhnlich schön.
Das widerspricht der Realität. Der
größte Teil der Menschheit sieht
„normal“ aus, das heißt, jeder hat
etwas an sich, das Personen als
schön empfinden, genauso wie es
viele Makel gibt. Aber ich nehme
an, dass es über den Begriff schön
genauso viele unterschiedliche
Ansichten gibt wie Menschen. Ich
kann mit den typischen Werbeschönheiten
gar nichts anfangen,
dafür regen Menschen mit sichtbaren
Makeln meine Fantasie an.
Deswegen beschreibe ich selten
blendende Schönheiten.
„Der Rebell“ ist der 2. Teil der
Serie „Schattengrenzen“, jedes
Buch kann aber unabhängig
vom Vorgänger gelesen werden.
Wie planst du die einzelnen Teile?
Gibt es ein Gesamtkonzept
oder entwirfst du die Einzelteile
gesondert?
Tanja – Die beiden Romane können
unabhängig voneinander ge-
S e i t e | 6
lesen werden, das stimmt. Der
dritte Teil „Freigeist“ (so der
momentane Titel) beendet aber,
was ich im Rebellen angefangen
habe. Dabei gebe ich schon erste
Hinweise zum nächsten Buch, in
dem es um die Brüder Till und
Tim gehen soll. Die beiden sind
Klassenkameraden, Freunde von
Oliver, denen auch etwas
Schreckliches zustößt. Olli kapiert
gar nicht, warum keiner
seiner Freunde Kontakt zu ihm
aufnimmt, besonders sein Freund
Frank und die beiden Brüder.
Frank hat ihn fallen lassen, der ist
in seiner ganz eigenen Welt, aber
Till und Tim haben ebenfalls mit
ihren Problemen zu kämpfen,
hinter denen auch ein Verbrechen
steht, Geister und Geschöpfe, die
schlicht gar nichts mit der Geisterwelt
zu tun haben.
Danach habe ich vor, die Geschichte
auf Jamal, der ebenfalls
im Rebellen vorkommt, umzulenken.
Nach Ende von „Freigeist“
schwingt er auch ziemlich frei.
Ihn verknüpfe ich mit Camillas
Erlebnissen in Berlin, sodass
„Glasseelen“ eine Fortsetzung
erhält. Jamal, Olli und Daniel
werden auch in einem anderen
Buch im Zentrum stehen, in dem
es um ein bespuktes Haus geht.
Hier beschreibe ich das Haus, in
dem meine Mutter und ich ab
Mitte der 80er-Jahre gelebt haben,
ein Bau aus den 50ern, der
auf dem Originalkeller aus der
Jahrhundertwende errichtet wurde
und bei dem ich den Hintergrund
der Vormieter von uns als Grundlage
nehme: ein drogenabhängiges
Ehepaar mit einem Sohn, bei
dem sich die Mutter den goldenen
Schuss gesetzt hatte und der Vater
sich in unserem Bad damals
erhängte.
Es soll auch um Kim (Konstantin),
den Onkel von Till und Tim
gehen, und wie er zu dem wurde,
was er in den Büchern ist.
Das Konzept ist simpel, es gibt
immer einen oder mehrere Protagonisten,
die im Schattengrenzen-
Umfeld zu Hause sind und aus
dem Schatten ins Licht treten.
Wie sieht generell dein Schreibprozess
aus? Hast du eine eigene
Schreibstube, wo du dich zurückziehst,
oder kannst du überall
schreiben?
Tanja – Das wäre ’ne Wolke, ist
aber nicht. Ich schreibe in der
Mittagspause im Büro auf meinem
Laptop, den ich täglich von
daheim ins Büro und zurückschleppe,
und wenn ich zu Hause
krankgeschrieben bin, sonst habe
ich keine Zeit dazu. Anmerkung:
Ich sitze in einem Großraumbüro
und arbeite auch normal durch,
wenn es zu viel Arbeit gibt, einer
meiner Projektleiter einen Brief
diktieren will, ich was für Baustellen
bestellen muss etc. Generell
bin ich ziemlich wetterfest,
wenn ich schreibe, weil ich mich
immer dem Tag, dem Arbeitspensum,
den Problemen und notfalls
meinen eigenen Kopfschmerzen
anpassen muss. Wenn ich gerade
mal zur Seite und in mein Mailpostfach
schaue, läuft das gerade
mit Montagenachweisen von einer
unserer Baustellen zu. :/ Dann
weiß ich, was ich gleich machen
darf.
Aktuell habe ich auch meinen
Laptop nicht, weil er schon wieder
in der Reparatur ist.
Deine Publikationen sind vermehrt
im Bereich Mystery, High
Fantasy und Steampunk angesiedelt.
Was ist so faszinierend
für dich als Schriftstellerin in
diesen Genres zu schreiben?
Tanja – Der kleine Schritt in den
Bereich jenseits der Normalität,
die Abweichung in der Realität,
die ganz realen Horror auslösen
kann, Ängste schürt und Psychosen
begünstigt.
Mystery und Horror findet ihr in
jedem meiner Bücher, wenn auch
oft nur zu einem kleinen Teil.
Steampunk habe ich sogar in
„Glasseelen“ dabei, obwohl das
Buch in der Gegenwart spielt.
Aber die Basis des Romans ist
E.T.A. Hoffmanns Novelle „Der
Sandmann“, und da geht es um
die Grenze zwischen Realität und
der Verzerrung in die persönlichen
Wünsche. Für Nathanael,
den Protagonisten, ist der Drehund
Angelpunkt Olympia, eine
mechanische Frau.
Technik/Industrialisierung, Geistergeschichten,
Unheimliches,
Lost Places, Kriegs- und Zwi-
S e i t e | 7
schenkriegsgeschichte, Kriminalhistorik
und Kriminalpsychologie
interessieren mich generell sehr
stark und haben starke Einflüsse
auf alle Bücher. Derzeit schreibe
ich auch an einem unheimlichen
Krimi, der am Ende des 1. Weltkriegs
spielt.
Liest du selbst Bücher aus dieser
Sparte?
Tanja – Vorwiegend sind es historische
Kriminalromane und
kriminalhistorische Sachbücher.
~ UNSERE TITELSTORY ~
Davon habe ich Unmassen Literatur.
Derzeit bin ich an der Bruder
Cadfael-Reihe von Ellis Peters
(ein Mönch, der Fußsoldat im
ersten Kreuzzug war und zwischen
1034 und 1040 in Shrewsburry
ermittelt). Meine Lieblingsautoren
sind Harald Gilbers und
Frank Goldammer. Beide haben
ihre Romane zum Ende des 2.
Weltkriegs und in der Nachkriegszeit
angesiedelt.
Horror lese ich auch sehr gerne,
komme aber weniger dazu. Bei
Fantasy sind meine Lieblinge
Terry Pratchett und Robert Asprin.
Gibt es ein Buch, das dich in
deiner Kindheit/Jugend geprägt
hat? Hast du Lieblingsbücher,
die du immer wieder lesen könntest?
Tanja – Hehehe, eindeutig! Das
war Edgar Wallace. Den habe ich
mit 7 Jahren zwischen die Finger
bekommen und fand es viel cooler
Gruselkrimis mit viel Blutfaktor
zu lesen, als die harmlosen
Kinderkrimis. Der Gruselfaktor
hat sich bei mir gehalten.
Von Wolfgang Hohlbein gibt es
ein paar besondere Bücher, die
ich auch schon ewig oft gelesen
habe: „Spiegelzeit“, „Der Greif“,
„Elfentanz“. Da findet ihr die
Fantasy wieder. ;)
In „Der Rebell“ erwähnst du
kurz Olivers Vorliebe für „Live
Action Role Playing“ (LARP).
Wie entstand diese Idee? Bist du
selbst begeisterter Live Rollenspieler?
Tanja – In dem Fall Pen & Paper.
Und ja, ich spiele seit 1992 unterschiedliche
Systeme und leite seit
1999 ähnlich viele Systeme.
LARPs waren nie mein Ding.
Damals habe ich mit Shadowrun
und AD&D angefangen, habe
zwischendrin DAS gespielt, Myranor,
Legend of the Five Rings,
Castle Falkenstein, Vampire, Call
of Cthuluh, Privat Eye, GURPS
… Ja, ich bin gut dabei. ;)
Im Rollenspiel teste ich als Spielleiter
auch meine Welt Äos („Die
Stadt der Maschinenmagie“) aus.
Wenn meine Spieler mit dem
Hintergrund, dem Umfeld und
den Non-player Charakteren klarkommen,
habe ich keine Logiklücken
mehr drin.
Deine Bücher sind meist im
schwulen sowie lesbischen Bereich
angesiedelt. Denkst du,
AutorInnen in diesem Bereich
S e i t e | 8
haben es schwerer? Gibt es nach
wie vor Vorurteile, die beseitigt
werden müssen?
Tanja – Eher das generelle Vorurteil:
Frauen können keine realistische
und epische Fantasy schreiben.
Das ist ein Vorurteil, das ich
zutiefst hasse. Ich bin der Meinung,
dass sehr viele Frauen sich
überhaupt nicht auf das ganze
Romantik-Gedusel versteifen,
sondern ihre Geschichten stark
und klar erzählen. Mich stört der
Gedanke, dass Frauen alles auf
die romantische Ebene runterbrechen
müssen. Das ist vollkommener
Quatsch. Es gibt im Umkehrschluss
genauso viele Männer, die
unrealistische, kitschige Romane
produzieren.
Generell denke ich, dass es immer
am Individuum hängt, wie die
Person schreibt, und ich bin mir
sicher, dass auch Männer ganz
tolle lesbische Romane hinbekommen.
In meinem Bekanntenkreis
gibt es einen Berliner Autor,
der zwei Krimis mit lesbischen
Heldinnen verfasst hat, und die
Bücher sind wunderbar.
Du bist mit einer Frau verheiratet.
Gab/Gibt es Vorurteile oder
womöglich sogar Anfeindungen
euch gegenüber im Alltagsleben?
Tanja – Nur vonseiten meines
Vaters. Er hat mich ein Dreivierteljahr
nicht angesprochen, die
Hochzeit vor 5 Jahren hat er auch
ein Stück weit torpediert, indem
er direkt nach dem Essen mit der
Entschuldigung, er habe noch so
viel fürs Grillen am Folgetag
vorzubereiten, gegangen ist. Meine
Stiefmutter wollte bleiben.
Danach hat er ihr klargemacht,
wie sie am besten ohne ihn von
Wiesbaden nach Mainz zurückkommt.
Steffi musste nachgeben.
Heute hat sich das etwas gegeben.
Aber Jule und ich sind seit 2002
zusammen und seit 2015 verheiratet.
Nach 18 Jahren ist es wohl
auch bei ihm angekommen.
Im Freundes- und Kollegenkreis
haben Jule und ich beide keine
Schwierigkeiten. Und hier will
ich auch mal hervorheben, dass
meine Frau eine wundervolle
Familie hat, Menschen, die für
mich meine Eltern sind. Ihre Mutter
hat bei mir den Stellenwert
meiner verstorbenen Tante eingenommen,
und Inge war der
Mensch in meiner Familie (neben
Jule und meiner Mutter), den ich
am meisten geliebt habe.
Du schreibst als Frau schwule
Bücher. Oftmals wird Autorinnen
unterstellt, sie wüssten
nichts über schwule Beziehungen
oder Sex. Was sagst du zu
den Vorwürfen? Dürfen nur
noch schwule Männer schwule
Bücher schreiben? Muss man
einen Mord begehen, um einen
Krimi spannend auf Papier zu
bringen?
Tanja – Ich war 10 Jahre in einer
Heterobeziehung und hatte zwischendurch
einen Partner, der 21
Jahre älter war als ich. Männer
S e i t e | 9
habe ich in allen Arten kennengelernt,
vom charmanten, sanften
Frauenversteher bis zum Sub
(womit ich wieder nicht viel anfangen
kann). Ich höre auch ziemlich
jedem zu. In meinem Umfeld
haben viele Leute die Angewohnheit
all ihre Probleme zu lassen.
Den Menschen, vollkommen
egal, welcher sexuellen Ausrichtung
sie sind, höre ich zu und
versuche all ihre Sorgen nachzuvollziehen.
Ich habe auch im Alters-
und Pflegeheim, in dem
meine Mutter bis zu ihrem Tod
lebte, vielen Menschen zugehört,
meinen Großeltern und allen
Freunden meiner Familie. Ich
glaube, ich kann das Gefühlsspektrum
der meisten Menschen
abdecken. Und in den Grundzügen
ähneln sich die Probleme und
Gefühle der meisten Menschen.
Die Grundlagen sind oft vergleichbar.
Da ist es egal, ob Mann
oder Frau.
Zurzeit gibt es weltweit Einschränkungen
bezüglich der
Corona-Pandemie. Viele SchriftstellerInnen
nutzen die Zeit, um
vermehrt zu schreiben. Ergeht es
dir ähnlich? Schreibst du im
Moment mehr?
Tanja – Ne, leider nicht, eher
weniger. Ich bin bei einer Klima-
Firma, die deutschlandweit arbeitet
und auch die Planung macht.
Wir haben so viele Projekte, dass
wir gravierend unterbesetzt sind,
insbesondere, wenn wir das
nächste Hotel-Projekt bekommen
sollten, denn wir decken nicht nur
Lüftung und Kälte ab, sondern
auch Heizung, Sanitär und Messsteuerregeltechnik
(und – wie
erwähnt – die Techn. Gebäudeausrüstungsplanung).
Wir sind kein kleiner Betrieb und
haben etliche Großkunden, Ladenketten,
die allgemein bekannt
sind etc. Derzeit werden es immer
mehr Projekte. Eigentlich gut,
denn so sind wir in keinem Fall
von der Krise bedroht.
Wie schon erwähnt, wird die
Reihe „Schattengrenzen“ von dir
fortgesetzt. Kannst du deinen
LeserInnen dazu schon etwas
verraten? Gibt es andere Projekte,
an denen du arbeitest?
Tanja – Oben hatte ich ja schon
einen kleinen Überblick gegeben,
was ich dafür alles im Hinterkopf
habe, aber auch „Die Stadt der
Maschinenmagie“ soll weitergehen.
Band 3 – „Élodie“ ist in Arbeit
und setzt direkt an das Ende
von „Die Körperlosen“ an. Hier
wird das Geheimnis um die Journalistin
Élodie Rollier aufgegriffen.
Die Reihe ist eine Steamfantasy-Krimi-Reihe.
Zusätzlich arbeite
ich an dem unheimlichen
Kriminalroman, der in Mainz/
Arras/Berlin im 1. Weltkrieg
spielt und nach dem „Mörder-
Lied“ über Fritz Haarmann benannt
ist: „Warte, warte nur ein
Weilchen“. Ich habe auch den
vollständigen Plot zu einem historischen
Krimi, der in der Nachkriegszeit
in Frankfurt/Wiesbaden
spielen soll, im Kopf. Angelehnt
sein wird er an den Fall des
Bruno Lüdke (Berlin, 1944), der
wegen unzähliger Frauenmorde
verurteilt und hingerichtet wurde,
von denen er nicht einen begangen
hatte. Lüdke war geistig zurückgeblieben
und sehr beeinflussbar,
sodass der ermittelnde
Beamte ihm jeden ungeklärten
Frauenmord unterschieben konnte.
Ein grauenhafter Ermittlungsund
Justizfehler. Einen solchen
Beamten und seine Handlungen
habe ich für das Projekt im Kopf.
Ach klar, auch die Überarbeitung
von „Jenseits der Hoffnung“ ist
noch offen. Das ist dann auch
wieder Krimi. ☺
Auf Eis liegen die 9mm-Krimis
und die Anabelle Talleyrand-
Romane (Steampunk, lesbisch).
Ach, wenn es danach geht,
bräuchte ich unendlich viel Zeit,
die ich nicht habe, denn zugegeben,
ich liebe meinen Beruf. ☺
Wir bedanken uns herzlich für
das Interview und wünschen dir
weiterhin viel Erfolg.
Tanja – Vielen Dank für das tolle
Interview. ☺
Tanja Meurer wurde in Deutschland geboren, absolvierte die Ausbildung zur Bauzeichnerin mit Schwerpunkt
Hochbau und lebt heute mit ihrer Frau und mehreren Vierbeinern in Wiesbaden. 1997 veröffentlichte
sie ihren ersten Roman. Vorwiegend schreibt sie im schwul-lesbischen Bereich und ist als freie Illustratorin
für verschiedene Magazine, Internetseiten und Verlage tätig.
Mehr Informationen über die Autorin auf www.tanja-meurer.de
S e i t e | 10
~ AUTORENINTERVIEW ~
S e i t e | 11
~ AUTORENINTERVIEW ~
Es gibt nicht viele Genres, die
der Vorstellungskraft so wenig
Grenzen setzen, wie die Fantasy
AUTORIN REG BENEDIKT ÜBER MÄRCHEN-
WELTEN, LIEBESGESTÄNDNISSE UND IHREN
ROMAN „JÄGERIN DER SCHATTEN“
344 Seiten, ISBN: 978-3-903238-34-3, € 14,90 (A)
R
eg Benedikt ist eine deutsche
Schriftstellerin, die
mit Vorliebe Protagonistinnen
erschafft, die nicht allzu
zimperlich sein dürfen. Inspiriert
wird sie von Actionfilmen, Fantasy-Epen
und Science-Fiction-
Schlachten. Sie lebt mit ihrer Frau
und diversen Fellnasen in der
Nähe von Berlin.
Würdest du unseren Lesern kurz
erzählen, worum es in deinem
Buch „Jägerin der Schatten“
geht?
Reg – Es geht um zwei starke
Frauen, wie sie unterschiedlicher
kaum sein könnten. Sina entspricht
in großen Teilen einer
Protagonistin, mit der man sich
vermutlich leicht identifizieren
kann. Sie hat einen Job, versucht
ihr Leben auf die Reihe zu bekommen,
ihre Vorstellung von
der wahren Liebe zwischen Frauen
hat erst ihre Ehe zu einem
Mann zum Scheitern gebracht
und wurde dann vom Pfeil der
Enttäuschung niedergemetzelt. So
oder ähnlich unangenehm nachvollziehbar
für viele von uns.
Eve ist als Charakter hingegen
bedeutend abenteuerlicher. Ihr
wurde die Aufgabe gestellt, eine
magische Grenze zu schützen, die
unsere und damit auch Sinas Welt
von einem Reich trennt, das es
eigentlich nur in Märchen und
Legenden gibt. Ihr Leben ist von
Kämpfen bestimmt, von einer
fremden Welt und deren Wesen,
die kaum vorstellbar sind. Im
Grunde ist sie dadurch sehr einsam.
Beide Frauen werden durch ein
Schicksal aneinandergebunden,
von dem sie bisher nichts wussten.
Sinas Überraschung, einem
Troll zu begegnen – auch wenn er
verhältnismäßig klein ausfällt –,
ist nur der Auftakt um ein Abenteuer
zweier Welten und um diese
beiden Frauen.
Wie ist die Idee zu „Jägerin der
Schatten“ entstanden?
Reg – Ich mag Liebesgeschichten
sehr, aber ich wollte keinen reinen
Liebesroman schreiben, auch
wenn man damit sicher ein breiteres
Interesse weckt. Dort gibt es
Romantik, ein bisschen Hin- und
Her, erotisches Knistern und am
Ende ein Happy End. Das ist
wundervoll – aber das hat mich
nicht herausgefordert.
Ich habe schon immer gerne Fantasy
gelesen. Ich mag die Vorstellung,
dass das Universum aus
mehr besteht als aus der Summe
seiner Teile. Was mir aber immer
gefehlt hat, war dann doch die
Liebe, und zwar gerade nicht
zwischen einem muskelbepackten
Helden und einer zarten Amazone.
Mich haben die weiblichen
Charaktere fasziniert – genau so
lange, bis sie sich einem mit
wahlweise Drachen-, Ork- oder
Werwolfblut verschmierten Krieger
an den Hals geworfen haben.
Liebesgeschichten zwischen
Frauen in diesem Genre sind so
häufig wie Schnee zu Weihnachten
im Berliner Umland. Natürlich
wollte ich Romantik, aber mit
einem fantastischen Abenteuer
drum herum, ausgeschmückt mit
allem, was dazu gehört: Kämpfe
mit Keulen und Schwertern und
am liebsten gegen irgendwas mit
Hörnern, riesigen Pranken und
Reißzähnen.
Vielleicht habe ich nur nie die
richtigen Bücher erwischt, aber
S e i t e | 12
das war dann ja mein Glück, denn
irgendwann habe ich mir gedacht,
dann schreib ich das, was ich
gerne lesen würde, einfach selbst.
In „Jägerin der Schatten“ gibt es
Feen, Trolle, Zwerge, Magier
und sogar einen Ork. Was ist für
dich der Reiz an Fantasygeschichten?
Ist es schwierig, die
Märchen- und Fabelwelt mit der
realen Welt zu verbinden?
Reg – Es gibt nicht viele Genres,
die der Vorstellungskraft so wenig
Grenzen setzen, wie die Fantasy.
Es ist einfach alles möglich.
Man muss sich nicht an die Realität
halten. Das ist für mich sehr
inspirierend. Die größte Herausforderung
ist es daher, die
Bilder, die ich von den Wesen
oder den fremden Welten im
Kopf habe, so zu beschreiben,
dass sie jeder versteht.
Das alles in die Realität zu integrieren
ist nicht schwer. Die Märchenwelt
ist gar nicht so weit
weg. Wir alle sind doch mehr
oder weniger damit aufgewachsen
– und wie verrückt kann es schon
sein, wenn ein Ork die großen
Denker unserer Zeit zitiert oder
man mit einem Zwerg frühstückt
– außer seinen Tischmanieren, die
wirklich zu wünschen übrig lassen.
Du sagst selbst über die Heldinnen
in deinen Geschichten, dass
es keine Frage ist, ob sie sich
ineinander verlieben, sondern
vielmehr wann und wie. Wie darf
man sich die Planung deiner
Liebesgeschichten vorstellen?
Reg – Die Idee einer Geschichte
entsteht oft durch einzelne Szenen,
die mir einfallen. Dazu überlege
ich mir dann eine Protagonistin.
Meist drängt sich das regelrecht
auf. Eve hätte nie Zöpfe
und lackierte Fingernägel haben
können. Sie war von Anfang an
genau so, wie sie ist. Bei der Idee
zu dem Buch war sie die Erste,
die durch meinen Kopf spaziert
~ AUTORENINTERVIEW ~
ist oder genervt und ungeduldig
mit den Augen gerollt hat, weil
ich mit dem Plot nicht hinterherkam.
Sie war und ist die Jägerin.
Aber wie ich schon sagte, mag
ich Liebesgeschichten – in der
richtigen Verpackung. Und darum
findet sich dann auch schnell eine
zweite Protagonistin. Ein Gegensatz
in diesem Fall. Das bietet
Konflikte und Drama. Mag ich
beides. Sie sollen sich ja nicht
einfach sehen und lieben – das
müssen sich die beiden schon
erarbeiten.
Also habe ich zwei Frauen und
alles andere ist weniger geplant,
als dass es sich beim Schreiben
entwickelt. Da überrasche ich
mich dann oftmals selbst.
Benötigst du Inspiration zum
Schreiben? Oder besondere Musik
beziehungsweise eine bestimmte
Umgebung?
Reg – Tatsächlich erhalte ich
meine Inspiration oft durch Musik.
Allerdings weniger beim
Schreiben. Das habe ich mal versucht,
aber entweder es lenkt
mich zu sehr ab oder ich höre
irgendwann gar nicht mehr hin.
So oder so – sinnlos. Aber wenn
S e i t e | 13
ich Musik im Auto höre, schön
laut, dann kann ich abtauchen –
ohne die Rücklichter meines Vordermanns
aus den Augen zu lassen,
versteht sich, oder die eine
oder andere Ampel.
Es gibt aber auch Filme oder Games,
die mich anschubsen. Sehr
oft auch besondere Orte und Gebäude,
die mir begegnen. Das ist
sehr vielfältig.
In „Jägerin der Schatten“ geht
es um ein gleichgeschlechtliches
Liebespaar. Findest du, es ist
eine besondere Herausforderung,
über ein lesbisches Paar zu
schreiben?
Reg – Nein, für mich ist das völlig
logisch. Eher wäre alles andere
für mich eine Herausforderung.
Ich hebe in meinen Büchern auch
nicht den Zeigefinger. Ich möchte
Selbstverständlichkeit vermitteln.
Das beinhaltet ja auch eine gewisse
Aussage. Niemand erklärt
in Heteroromanen, warum sich
die Frau nun ausgerechnet in einen
Mann verliebt. Es ist eben so.
Es gibt bei mir keine Comingout-Geschichten
oder Dramen um
Akzeptanz. Ich will einfach nur
unterhalten und jeden auf ein
~ AUTORENINTERVIEW ~
S e i t e | 14
Abenteuer mitnehmen, der sich
darauf einlassen mag, und hoffe,
dass mir das gelingt.
Denkst du, dass es Fantasyromane
im lesbischen Bereich am
Buchmarkt schwerer haben als
Heterobücher?
Reg – Ich glaube, Fantasy ist
generell ein Genre, das es nicht
leicht hat. Es gibt eingefleischte
Fans, aber für alle anderen ist das
wohl etwas, das sich nicht unbedingt
erschließt. Mit „Harry Potter“
und „Herr der Ringe“ gab es
einen Hype, aber es bleibt dennoch
ein Thema, auf das man sich
wohl einlassen wollen muss.
Wenn ich also einen lesbischen
Fantasyroman schreibe, dann tue
ich das für die Nische in einem
Nischengenre. Aber ich hatte viel
Spaß dabei, das Abenteuer um
Eve und Sina zu schreiben.
~ AUTORENINTERVIEW ~
In deinem Roman scheinen unüberwindbare
Gefahren und
Probleme zwischen deinen Protagonistinnen
zu stehen. Dennoch
verlieben sie sich ineinander.
Findest du, dass Liebe auch
im wahren Leben unbesiegbar ist
und oftmals Lücken schließen
kann?
Reg – Das Gute an Romanen ist
ja, dass diese nicht dem wahren
Leben entsprechen müssen. Auf
den vielen Seiten will ich von der
einzigen, der wahren Liebe lesen
– mit der sich Eve und Sina in
„Jägerin der Schatten“ allerdings
auch schwertun. Also ist es wohl
doch nicht so einfach.
Allerdings denke ich, dass im
Leben nichts unbesiegbar ist. Im
Positiven wie im Negativen.
Nach wie vor schreiben viele
SchriftstellerInnen im homosexuellen
Bereich unter einem
Pseudonym, da die Akzeptanz in
der Öffentlichkeit oftmals
schwierig ist. Auch du hast einen
Künstlernamen gewählt. Gibt es
bei dir ähnliche Gründe?
Reg – Ich habe das nur wegen der
Groupies gemacht.
Nein, nur Spaß. Bei mir ist das
relativ undramatisch. Mein richtiger
Name ist wirklich unspektakulär
und sieht auf einem Buchcover
einfach nach nichts aus.
Darum habe ich mir etwas überlegt,
was besser klingt und schöner
aussieht.
Viele Schriftsteller schreiben
unter einem Pseudonym und dabei
müssen sie nicht die fehlende
Akzeptanz der Öffentlichkeit
fürchten, weil sie vielleicht Kuchenrezepte
veröffentlichen oder
ein Sachbuch über Bachblüten
herausbringen. Keine Ahnung,
was deren Gründe sind, aber sie
tun es.
Ich habe meine Frau auf der Arbeit
kennengelernt und wir leben
offen zusammen. Ich kann sagen,
dass ich keine Anfeindungen oder
Vorurteile in unserem Umfeld
privat und dienstlich kennengelernt
habe. So offen, wie wir allen
begegnen, begegnet man uns
auch. Ich finde das großartig –
S e i t e | 15
~ AUTORENINTERVIEW ~
jetzt wo ich so darüber nachdenke.
Tatsächlich ist es wundervoll
alltäglich und drängt sich mir
kaum auf.
Aber natürlich gebe ich zu, dass
ein Pseudonym sehr praktisch ist.
Ich wäre überrascht, wenn mich
jemand auf meine Schriftstellerei
ansprechen würde. Das liegt aber
daran, dass ich nicht so gerne im
Mittelpunkt stehe. Ja, sie ist bescheiden.
Mehr Gründe gibt es eigentlich
nicht – außer natürlich wegen der
Groupies.
Kannst du zu zukünftigen Projekten
von dir etwas sagen?
Wirst du dem Genre Fantasy
treu bleiben?
Reg – Ich werde der Fantasy auf
jeden Fall treu bleiben. Ein weiterer
Teil der „Magischen Grenze“
ist fertig und wird voraussichtlich
Anfang des Jahres 2021 im Handel
sein. Er ist jedoch keine reine
Fortsetzung und kann auch ohne
den ersten Teil gelesen werden.
Das war mir sehr wichtig.
In Planung sind noch mehr Geschichten
um die „Magische
Grenze“. Die Idee bietet wirklich
viele Möglichkeiten, die ich aufgreifen
will.
Im Frühjahr 2020 erschien ein
Thriller von mir. Da gibt es jede
Menge Aktion um die Protagonistin
und natürlich nervenaufreibende
und knisternde Leidenschaft,
schön verpackt zwischen
Verfolgungsjagden, Geheimnissen
und Intrigen. Zum Ende hin
wird es ein klitzekleines bisschen
mystisch. Aber wirklich nur ein
Hauch. Ich kann wohl wirklich
nicht anders.
Ende 2021 wird ein Science-
Fantasy-Roman von mir veröffentlicht,
auf den man sich freuen
darf.
Ein Ende ist nicht in Sicht.
Wir bedanken uns für das Interview
und wünschen dir weiterhin
viel Erfolg!
Reg: Vielen herzlichen Dank. Es
hat Spaß gemacht mit euch zu
plaudern.
Reg Benedikt, geboren 1973, ist eine deutsche Schriftstellerin, die mit Vorliebe Protagonistinnen erschafft,
die nicht allzu zimperlich sein dürfen. Inspiriert wird sie von Actionfilmen, Fantasy-Epen und Science-
Fiction-Schlachten. Auf dem Weg zur Arbeit führt sie oftmals Gedankendiskussionen mit ihren Heldinnen.
Dabei ist die entscheidende Frage nicht, ob sich ihre Charaktere verlieben, sondern vielmehr wie und wann.
Reg Benedikt lebt mit ihrer Frau und diversen Fellnasen in der Nähe von Berlin.
S e i t e | 16
~ AUTORENINTERVIEW ~
S e i t e | 17
~ AUTORENINTERVIEW ~
Beziehungen erfordern Arbeit und
manchmal Krisenresistenz
ÜBER DIE MAGIE DER LIEBE, DIE SCHRIFT-
STELLEREI IM ALLGEMEINEN UND IHREN
FANTASYROMAN „HERBSTSPLITTER“ – INGRID
POINTECKER IM INTERVIEW
196 Seiten, ISBN 978-3-902885-25-8, € 14,29 (A)
I
ngrid Pointecker kommt aus
Oberösterreich und schreibt
seit ihrem 10. Lebensjahr. Sie
lebt in Wien und ist seit 2013
auch verlegerisch tätig.
„Herbstplitter“ war ihr erster Fantasyroman
im lesbischen Bereich.
Dein Roman „Herbstsplitter“
handelt von zwei starken Frauen,
deren Liebe zueinander sie
auch in den schwierigsten Situationen
kämpfen lässt. Netai, eine
der Protagonistinnen, altert aufgrund
einer Verletzung über
Nacht um viele Jahre, die ihr
von dem Prinzen des Königreiches
zugefügt wurde. Folglich
beginnt ein Wettlauf mit der Zeit.
Was hat dich dazu inspiriert,
diesen Roman zu schreiben? Wie
bist du auf die Idee gekommen?
Ingrid – Die ursprüngliche Idee
war eine Kurzgeschichte, die ich
über eine ganz andere Figur des
Romans geschrieben habe, nämlich
Vahrir. Je abenteuerlicher die
Geschichte wurde, desto mehr
habe ich mich selbst nach einer
ganz anderen Heldenrolle gesehnt,
die dem Ganzen noch fehlte.
Ab dem Moment waren es
dann zu viele Ideen für eine
Kurzgeschichte.
Wie hat deine Umgebung reagiert,
als du einen lesbischen
Fantasyroman geschrieben hast?
Ingrid – Eigentlich gab es keine
nennenswerten Reaktionen auf
diesen Umstand. Wer mich kennt,
wusste schon lange zuvor, dass
Liebe für mich keine Geschlechtsfrage
ist. Die Verwirrung
meiner Umgebung bezog
sich dann eher darauf, dass die
romantische Komponente ziemlich
viel Platz im Buch bekommen
hat, was für meine Geschichten
untypisch ist.
Wie sieht dein Schreibprozess
aus? Entwirfst du den kompletten
Plot oder schreibst du einfach
drauflos? Brauchst du Ruhe
um dich, wirfst du alle aus
dem Raum oder kannst du unter
allen Bedingungen „Geschichten
erfinden“?
Ingrid – Ich arbeite mit sehr wenig
Plot, erschaffe aber die Charaktere
sehr detailliert mit Steckbriefen.
Sobald sie lebendig werden,
ist in jeder Szene klar, wie
sie reagieren, und die Geschichte
erzählt sich im Idealfall quasi von
selbst. Schreiben kann ich immer
und überall, wobei ich auf Musik
dabei nicht verzichten kann.
Im Buch geht es vor allem um
Gerechtigkeit und die unbesiegbare
Liebe, die sogar dem Alter
und dem natürlichen Verfall
trotzen soll. Glaubst du, dass
„wahre Liebe“ ewig halten
kann? Auch noch im hohen
Alten, wenn die Jugend längst
verblasst ist?
Ingrid – Ich glaube, dass es in
keinem Alter Garantien auf die
ewige Liebe geben kann. Beziehungen
erfordern Arbeit und
manchmal Krisenresistenz. Aber
ich glaube an die Magie zwischen
zwei Menschen, die sich finden
und alles daran setzen, die Liebe
nicht vergehen zu lassen.
Wie auch in deinen anderen
Veröffentlichungen kreierst du
gern neue Fantasywelten und
entführst den Leser in dein erschaffenes
Reich. Woher nimmst
S e i t e | 18
~ AUTORENINTERVIEW ~
©Oskar Pointecker
du deine Ideen? Hast du dafür
bestimmte Inspirationen?
Ingrid – Selbst wenn das seltsam
klingt, aber meine gesammelten
Inspirationen entnehme ich einer
Hutschachtel. In der sammle ich
seit frühester Kindheit alles, was
mich gedanklich an andere Orte
zu bringen vermag. Teilweise
sind es aber auch Menschen, bestimmte
Songs oder Träume, die
sich zu spannenden Welten verarbeiten
lassen. Mit der Zeit kam
bei mir noch das theoretische
Fundament des Weltenbaus dazu,
also das Erstellen von Karten am
Computer oder das intensive Studium
von tatsächlich vorhandenen
Landschaften.
S e i t e | 19
Wie sehen deine Recherchen
aus, bevor du ein Buch
schreibst?
Ingrid – Eigener Kopf, Internet
und Bibliothek – meistens auch in
dieser Reihenfolge. Und ich beobachte
wahnsinnig gern Menschen
und deren Verhalten.
„Herbstsplitter“ ist zwar nicht
deine erste Veröffentlichung,
aber es ist bis jetzt dein einziger
lesbischer Roman. Glaubst du,
dass es schwieriger ist, homosexuell
zu schreiben als heterosexuell?
Denkst du, dass es Nachteile
für Schriftsteller gibt, die in
diesem Bereich tätig sind?
Ingrid – Diese Frage erfordert
eine kleine Korrektur meinerseits.
Es ist der erste lesbische Roman,
bei dem ich mich getraut habe,
~ AUTORENINTERVIEW ~
S e i t e | 20
ihn an einen Verlag zu schicken.
Vom Schreibstandpunkt finde ich
nicht, dass homosexuelle Geschichten
schwieriger zu schreiben
sind. Liebe hat für mich viel
mit Leichtigkeit, Humor und Persönlichkeit
zu tun, denn ohne
diese Dinge wären mir Beziehungen
viel zu traurig. Und all diese
Eigenschaften sind geschlechtsunabhängig.
Für Schriftsteller
gibt es sicher Nachteile, gerade da
viele auch noch anderweitig berufstätig
sein müssen und Schikanen
fürchten. Toleranz ist leider
nicht so weit verbreitet, wie man
es sich wünscht.
Deine Protagonisten Syen und
Netai sind lesbisch. Viele andere
Charaktere in „Herbstsplitter“
bevorzugen die gleichgeschlechtliche
Liebe. Glaubst du, dass du
mit deinem Buch dazu beiträgst,
die Öffentlichkeit toleranter zu
machen? Haben es lesbische
Frauen in der Öffentlichkeit
leichter als schwule Männer?
Ingrid – Ich hoffe es sehr, dass
ich damit Menschen erreichen
kann, die sich vielleicht auch
noch gar keine Gedanken zu der
Thematik gemacht haben. Meine
Intention ist es ja auch, lesbische
Liebe (und Homosexualität allgemein)
als das darzustellen, was
sie ist, nämlich in meinen Augen
eine völlig gleichberechtigte und
selbstverständliche Art der Liebe.
Lesbische Frauen haben es zwar
auf den ersten Blick vielleicht
leichter, weil ein gewisses Klischee
bedient wird, wie es vor ein
paar Jahren auch durchaus in der
Musikszene präsent war. Schwule
Männer haben dafür in meinen
Augen den Vorsprung, dass sie
schon länger offensiv für ihre
Rechte kämpfen. Frauen waren in
der Vergangenheit leider nicht so
präsent, mittlerweile finde ich den
Unterschied aber nicht mehr so
groß.
In den Medien gibt/gab es immer
wieder Diskussionen über die
Gleichstellung von homosexuellen
Paaren. In Österreich dürfen
Letztgenannte mittlerweile heiraten,
zuvor war nur eine „eingetragene
Partnerschaft“ möglich.
Warum denkst du, bezeichnete
man diese anders? Warum wurden
schwule und lesbische Pärchen
nur „verpartnert“ und
nicht verheiratet?
Ingrid – Ein sensibles Thema, das
sicher schwierig in wenigen Worten
abgehandelt ist. Leider hat
~ AUTORENINTERVIEW ~
S e i t e | 21
hier meiner Meinung nach der
religiöse Anteil, der immer noch
im System Staat verankert ist,
eine Menge zu Vorurteilen beigetragen.
Der Begriff „Ehe“ wird
auf eine Art und Weise mystifiziert,
die auch geschiedenen Heterosexuellen
oder Wiederverheirateten
teilweise große Probleme
bereitet. Für mich waren auch
meine „verpartnerten“ Freunde
„verheiratet“.
Du lebst in deiner Wahlheimat
Wien. Glaubst du, dass es lesbische
Frauen und schwule Männer
in einer großen Stadt wie
Wien leichter haben als in einem
~ AUTORENINTERVIEW ~
Dorf oder in einer Kleinstadt in
ländlichen Gegenden?
Ingrid – Wien ist manchmal auch
nur eine Ansammlung von dreiundzwanzig
Dörfern. Dementsprechend
glaube ich, dass der
Unterschied nur oberflächlich ist.
In der Stadt findet man zwar einfacher
einen Partner, egal welcher
sexuellen Orientierung, dafür
überrascht es mich manchmal,
wie sehr man sich in der Landbevölkerung
täuschen kann. Einfach
ist es sicher in beiden Bereichen
nicht, da die engere Gemeinschaft
immer noch den Begriff „Normalität“
diktiert.
Wir bedanken uns recht herzlich
für das Interview und wünschen
dir weiterhin viel Glück und
Erfolg!
Ingrid Pointecker, geboren 1986, schreibt seit ihrem 10. Lebensjahr. Sie begeistert sich für Geschichte,
Sprachen und das Leben zwischen vielen Büchern. Inspiriert wird sie dabei von Musik, einem sehr lustigen
Freundeskreis und einer tollpatschigen Katze. Neben dem eigentlichen Verfassen von Büchern bastelt sie
auch mit großem Enthusiasmus neue Fantasywelten.
Die ursprünglich aus Oberösterreich stammende Autorin lebt, studiert und schreibt in ihrer Wahlheimat
Wien.
LESBIAN SUMMER DREAMS
Lena Loki, Nadine Nederbach,
Ingrid Pointecker, Conny Reinhard
6 Kurzgeschichten über den Sommer und die
Liebe …
100 Seiten, Anthologie,
ISBN 978-3-902885-50-0, € 8,22 (A)
S e i t e | 22
~ AUTORENINTERVIEW ~
S e i t e | 23
~ AUTORENINTERVIEW ~
Geistliche dürfen nicht heiraten –
dennoch predigt die Kirche von
Nächstenliebe
ÜBER DAS LEBEN AM LAND, DIE KATHOLISCHE
KIRCHE UND DIE VAMPIRSERIE „SÜNDHAFTE
BEGIERDE DER VERDAMMNIS“ – AUTORIN
YARA NACHT IM INTERVIEW
156 Seiten, ISBN 978-3-902885-00-5, € 12,23 (A)
Y
ara Nacht ist eine österreichische
Schriftstellerin.
Sie schreibt unter
mehreren Pseudonymen belletristische
Literatur und gewann etliche
Verlagswettbewerbe.
Die 2012 begonnene Vampirserie
„Sündhafte Begierde der Verdammnis“
wird 2021 endlich
fortgesetzt.
Du bist Autorin der Vampirromanserie
„Sündhafte Begierde
der Verdammnis“, die du
unter dem Pseudonym Yara
Nacht veröffentlicht hast. Der
Titel lässt darauf schließen, dass
es sich um „Dark Fantasy“ handelt.
In den letzten Jahren boomte
der Markt von Vampirgeschichten
nur so. Was hat dich
bewegt, ebenfalls von Unsterblichen
zu erzählen?
Yara – Vampirromane haben
mich seit jeher in ihren Bann
gezogen. Die Vorstellung, unsterblich
zu sein, stellt für viele
Menschen sicher einen Anreiz
dar. Aber es ist auch das Düstere,
das Unvorhersehbare, was mich
an diesem Genre so fasziniert.
In „Sündhafte Begierde der Verdammnis“
geht es um einen römisch-katholischen
Pfarrer, der
sich nicht nur in einen Vampir
verliebt, sondern auch noch
schwul ist. Warum hast du genau
dieses Thema aufgegriffen?
Yara – Erstens ist es eine Thematik,
die mich einfach interessierte.
Ohne Interesse an einem bestimmten
Thema, wäre ich an so
einen Roman gar nicht herangegangen.
Zweitens wollte ich auch
bewusst ein Gesellschaftstabu
aufgreifen, dem, meines Erachtens
nach, nach wie vor zu wenig
Beachtung geschenkt wird. Priester
dürfen nicht heiraten, Priester
dürfen nicht lieben – und das, wo
die Kirche doch ständig von
Nächstenliebe predigt. Das sind
zwei konträre Aussagen, die für
mich einfach nicht zusammenpassen.
Und ein schwuler Priester?
Mal ehrlich, der wäre in der Kirche
doch leider noch unerwünschter
als einer, der eine Liaison mit
einer Frau beginnt …
Papst Franziskus befürwortet
mittlerweile homosexuelle Partnerschaften,
lehnt jedoch die
Ehe für alle ab. Glaubst du, dass
die katholische Kirche an ihren
Einstellungen gegenüber Homosexuellen
etwas ändern sollte?
176 Seiten, ISBN 978-3-902885-17-3, € 12,96 (A)
S e i t e | 24
Yara – Natürlich! Egal, ob hetero,
bi oder homosexuell – jeder sollte
das Recht haben, den Menschen
zu lieben, in den er sich verliebt
hat, ohne sich dafür rechtfertigen
zu müssen. Traurig, aber wahr,
dass man das in der heutigen Zeit
überhaupt noch thematisieren
muss. Alleine, dass er die Ehe für
alle ablehnt, ist doch letztendlich
ebenfalls sündhaft. Schließlich
reden wir hier von Menschen, die
niemandem etwas getan haben.
Vielleicht sollten die Kirchenoberhäupter
mal darüber nachdenken.
Vielerorts vertritt die katholische
Kirche nach wie vor die Meinung,
dass Homosexualität ein
Teufelswerk sei und es verboten
gehöre. Dennoch ist der Vatikan
einer der wenigen Staaten in
Europa, der bis 2013 homosexuelle
Kontakte ab 12 Jahren zuließ.
Mittlerweile hat man die
Altersgrenze auf 14 für ehelichen
sexuellen Kontakt und 18
für außerehelichen sexuellen
Kontakt angehoben (einheitlich
~ AUTORENINTERVIEW ~
für homo- und heterosex. Kontakte).
Findest du, dass das ein
Widerspruch ist?
Yara – Was soll man dazu noch
sagen? Am besten bildet sich hier
jeder seine eigene Meinung. Das
Thema könnte man sonst stundenlang
ausschlachten und würde
sämtlichen Interviewrahmen
sprengen. Ich frage mich nur gerade,
weshalb bis 2013 sexuelle
Kontakte ab 12 Jahren zugelassen
waren – das verwirrt …
Du kommst selbst vom Land und
lebst in einem kleinen Dorf. Ist
es schwierig, dort als Autor zu
leben, wenn man einen Roman
zum Thema Homosexualität und
katholische Kirche veröffentlicht
hat? Glaubst du, dass das Leben
in der Stadt in diesem Zusammenhang
leichter wäre?
Yara – Ja, teilweise sogar ziemlich
schwierig! Am Land gibt es
seine eigenen Gesetze und Regeln,
an die man sich halten muss.
Die Stadt ist hier viel offener –
zumindest sind das die Erfahrungen,
die ich gemacht habe. Man
darf sich in solchen Momenten,
wenn einige Menschen in einem
Dorf noch so rückständige Ansichten
vertreten, einfach nicht
einschüchtern lassen. Grundsätzlich
sage ich immer: Weitermachen
und zu seiner Meinung stehen!
Irgendwann wird auch das
Land offener und aufgeschlossener.
In deinen Büchern gibt es auch
Erotik zu lesen. Was hat dich
dazu bewegt, als Frau schwul
und erotisch zu schreiben? Wie
gehen deine Familie, deine
Freunde und Bekannte damit
um?
Yara – Diese Frage wurde mir
schon mehrmals gestellt. Nun ja,
was soll ich sagen? Ich schreibe
eben gerne schwule Bücher, und
meistens gibt es auch Sexszenen
darin. Jeder sollte das schreiben,
was ihm Spaß macht. Obwohl ich
auch betonen möchte, dass es in
meinen Veröffentlichungen nicht
S e i t e | 25
BETRÜGERISCHER
KATZENJAMMER
Yara Nacht
Robert versucht seinen Freund zu
betrügen, doch da kommen ihm seine
Katzen in die Quere …
Kurzgeschichte
ISBN EPUB 978-3-902885-05-0,
€ 0,99 (A)
SEHNSUCHTSVOLLES
WIEDERSEHEN
Yara Nacht
Nach der Trennung von Kai will Oliver
sich auf einem Kreuzfahrtschiff auf andere
Gedanken bringen …
Kurzgeschichte
ISBN EPUB 978-3-902885-11-1,
€ 0,99 (A)
SOMMERGAYFLÜSTER
Bernd Auzinger, Laurent Bach, Stephan
Klemann, Yara Nacht, Alec Xander, Roy
Francis Ley (Hg.)
8 erotische Kurzgeschichten über die
Liebe!
136 Seiten, ISBN 978-3-902885-29-6,
€ 10,27 (A)
~ AUTORENINTERVIEW ~
nur um Erotik
geht, sondern
die Liebe immer
den wichtigsten
Part einnimmt!
Tja, und was
sagen Freunde
und Familienmitglieder
dazu?
Meine Schwester
geht wohl am Yara Nacht
coolsten damit
um *g*, sie verschlingt
dieses
Thema geradezu, und meine
Freunde und Familie ebenso. Da
gibt es überhaupt keinen Erklärungsbedarf.
Das ist für sie ganz
normal. So sollte es ja eigentlich
auch sein. Und was Leute im
Dorf darüber denken, ist mir relativ
egal. Darauf habe ich sowieso
keinen Einfluss.
„Sündhafte Begierde der Verdammnis“
ist eine schwule Serie.
Teil 1 sowie 2 sind zu Ende,
wenn es am spannendsten ist.
Über Teil 3 hüllst du dich seit
langer Zeit in Schweigen und
lässt uns alle zappeln. Kannst du
uns trotzdem ein wenig etwas
verraten?
Yara – Ich habe bewusst in den
ersten beiden Teilen Cliffhanger
eingebaut, um die Spannung aufrecht
zu erhalten. Teil 3 … hm …
Ich möchte da lieber nichts verraten,
nur so viel – er kommt!
Es sind auch mehrere Kurzgeschichten
unter dem Pseudonym
Yara Nacht als E-Book erschienen.
Darunter befindet sich ein
Gegenwartsroman mit dem Titel
„Betrügerischer Katzenjammer“.
Wie bist du auf diese Idee gekommen?
Hast du selbst Katzen,
deren Verhalten dich gelenkt
hat?
Yara – Ich liebe Katzen! Generell
gesagt, bin ich ein großer Tierfreund
und verachte Menschen,
die mit Tieren schlecht umgehen
oder sie sogar quälen! Ich hatte
S e i t e | 26
„…wenn einige Menschen in einem
Dorf noch so rückständige
Ansichten vertreten, darf man
sich einfach nicht einschüchtern
lassen …“
selbst einen roten Perserkater, der
sich ziemlich viel eingebildet hat
*lacht*. Mehrmals hat er mir
Socken unter meinem Bett versteckt,
was für gewöhnlich ja
eigentlich Hunde machen, und als
ich ihn dabei erwischte, hat er
schnell weggeschaut und sich
davongeschlichen, als hätte er
nichts getan. Er schlich nach seinen
„Taten“ meistens ganz langsam
in sein Bettchen, und hielt
mich wahrscheinlich für blöd.
Leider lebt mein alter Liebling
Garfield – den Namen trug er zu
Recht! – nicht mehr, aber die
schönen Erinnerungen an ihn
kann mir keiner rauben. Und da
ich schon als Kind mit Katzen
aufgewachsen bin, haben sie mich
irgendwann zu einer Idee inspiriert.
In deiner Kurzgeschichte „Sehnsuchtsvolles
Wiedersehen“ entführst
du den Leser auf ein
Kreuzfahrtschiff. Auch hier geht
es turbulent zu. Die Geschichte
erschien zunächst nur als E-
Book. Denkst du, dass das „Digitale
Buch“ das klassische Papierformat
irgendwann ganz
verdrängen wird? Was ist dir
selbst lieber?
Yara – Ich hoffe ja nicht! Auch
wenn das digitale Buch in der
heutigen Zeit kaum noch wegzudenken
ist. Dennoch bevorzuge
ich nach wie vor das Printbuch.
Warum? Weil ich mit dem Printbuch
nicht nur eine Datei in den
Händen halte, sondern ein „rich-
~ AUTORENINTERVIEW ~
S e i t e | 27
© M. Gorischek
~ AUTORENINTERVIEW ~
tiges Buch“, das ich in mein Bücherregal
stellen kann. Ich habe
Bücher schon immer geliebt,
schon in meiner Grundschulzeit,
deshalb sind sie aus meinem Leben
nicht wegzudenken.
Die Göttin Muse scheint dich ja
geküsst zu haben. Du schreibst
seit Jahren unter mehreren
Pseudonymen. Kannst du uns
schon etwas von zukünftigen
Werken erzählen?
Yara – Da ich nicht nur für HO-
MO Littera schreibe, stehe ich
gerade unter großem Schreibdruck.
Aber so viel sei gesagt – es
wird nicht nur eine Fortsetzung
zu „Sündhafte Begierde der Verdammnis“
geben, sondern es
werden auch ganz neue Projekte
erscheinen, worauf ich mich
schon sehr freue.
HOMO Littera: Es war uns eine
Freude, dich interviewen zu dürfen.
Wir wünschen dir alles Gute
und viel Erfolg weiterhin!
Yara – Ich bedanke mich ebenfalls
ganz herzlich!
Yara Nacht stammt aus Österreich. Aufgewachsen in einem Haus voller Bücher und künstlerisch angehaucht
von ihrer Mutter stand für sie schnell fest, ihrer größten Leidenschaft, der Schriftstellerei, nachzugehen.
Sie schreibt unter mehreren Pseudonymen und wurde mit einigen Preisen ausgezeichnet. Unter dem
Decknamen Yara Nacht schreibt die Tierliebhaberin homoerotische sowie romantisch-schwule Romane.
S e i t e | 28
~ AUTORENPORTRAIT ~
S e i t e | 29
~ AUTORENINTERVIEW ~
Zehn Blitzfragen an
LENA SEIDEL
Steckbrief
Autor: Lena Seidel
Lebt in: Straubing, Bayern
Bevorzugtes Genre: Fantasy, Action
Inspirationshilfe: Chat mit Freunden
Muse: Hund Harra
Lieblingswort beim Schreiben: Das Wort, das
ich am liebsten schreibe: Kastenteufel. Das Wort,
das ich während des Schreibens am häufigsten sage:
„Verdammte Sch***, wer stört jetzt schon wieder!“
Lieblingsbuch: ES
Lieblingskinderbuch: Die unendliche Geschichte
Lieblingsschriftsteller: Stephen King
Haustier: Hund Harra und Meerschwein Goethe
Lebensmotto: Wo kämen wir hin, wenn jeder
sagen würde: „Wo kämen wir hin?“, und keiner
würde gehen und nachsehen, wohin man käme,
wenn man ginge.
1. Vielschreiber über Stunden oder sporadischer
Schreiber mit mehreren Pausen?
Beides, je nach Laune bzw. der aktuellen Plotstelle
2. Schreiben oder lesen?
Schreiben
3. Eigene Schreibstube oder überall schreiben?
„Stube“ ist übertrieben, ein fester Schreibplatz
4. Plot-Entwerfer oder Drauf-los-Schreiber?
Drauf-los-Schreiber.
5. Nacht- oder Tagschreiber?
Sowohl als auch
6. Hintergrundgeräusch oder absolute Ruhe
beim Schreiben?
Hintergrundgeräusch!
7. Social Media: Fluch oder Segen?
Fluch, ganz eindeutig
8. Buch oder E-Book?
Buch
9. Buchhändler oder Online-Shop?
Online-Shop.
10. Tee oder Kaffee?/ Schokolade oder Kartoffelchips?
Kaffee und Chips
Lena Seidel lebt mit Ehemann und Hund in einem
kleinen Dorf in Niederbayern. Obwohl Bücher
von Kindesbeinen an ihre Leidenschaft waren,
fand sie erst spät den Mut, selbst zu schreiben.
Nach der Ausbildung zur Krankenschwester folgte
eine zweite zur Steuerfachgehilfin. 2005 begann
sie, Fanfictions in diversen Internetarchiven zu
veröffentlichen.
S e i t e | 30
~ AUTORENPORTRAIT ~
S e i t e | 31
~ NEWS I ~
Autorenservice Gorischek
Wir bieten selbstständigen Autoren, Unternehmern
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Herstellung von Büchern und E-Books. Wir beraten
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hin zur Gestaltung Ihres Webauftrittes. Dabei legen
wir größten Wert auf Qualität, Professionalität und
technische Kompetenz. Autoren, die Ihr Werk im
Eigenverlag publizieren, aber unter einem Pseudonym
schreiben oder Ihre Privatadresse schützen
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WISSENSWERTES
Wort der Saison:
rat|ze|kahl: komplett leer, kahl; nicht mehr
vorhanden
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Bedeutung von „Short Story“:
(Substantiv, feminin) ist eine literarische Textsorte,
die rund ½ – 1 Normseite aufweist. Sie besteht
meist aus maximal zwei handelnden Personen und
einer einzigen Szene.
SPRUCH DER WOCHE
PROGRAMMVORSCHAU
R. A. Sky
WIENER KLÄNGE
Reg Benedikt
DAS VENUS-TATTOO
S e i t e | 33
Alexej Winter
HEXENKINDER III
~ NEWS II ~
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