24.11.2020 Aufrufe

Erfolgsgeschichten von Lernenden

Wir portraitieren im Anzeiger Lernende in Ämtler Unternehmen.

Wir portraitieren im Anzeiger Lernende in Ämtler Unternehmen.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

über den Neubau. > Seite 11 und Verweilen ein. > Seite 13 im Montafon. > Seite 17

Alina Beck hat die Lehre abgeschlossen

– und bleibt bei ihrer Lehrfirma

Serie «Lernende»: Produktionsmechanikerin bei der Ernst Schweizer AG in Hedingen

Alina Beck hat eben die

Ergebnisse des Lehrabschlusses

bekommen. Bestanden! Sie und

ihr Lehrmeister wissen, dass

auch bessere Noten möglich

gewesen wären. Aber Büffeln ist

nicht Alinas Ding. Sie versteht

schnell und hat ein ausserordentlich

gutes Erinnerungsvermögen,

doch noch fehlt ein konkretes

neues Ziel, auf das sie im

Moment hinarbeiten will. Sie

bleibt nach der Lehre gern bei

ihrer Lehrfirma.

...................................................

von regula zellweger

Alina Beck hat für ihre halblangen

Haare eine kunstvolle Zopffrisur kreiert.

Man schaut sie gerne an, denn da

gibt es einiges zu sehen. Piercings in

Ohren, Nase und Lippen – ja sogar

ihre Grübchen in den Wangen betont

sie mit zwei schwarzen Perlen. Ihre

Arme erzählen ganze Geschichten, unter

anderem ist ein grosser, kunstvoller

Elefant tätowiert. Auf der einen

Handwurzel ist zu lesen «respect», auf

der anderen «loyality». Alina Beck ist

eine junge Frau, der Werte wie

Respekt und Loyalität wichtig sind.

Überhaupt Werte, insbesondere soziale

Aspekte. Beispielsweise Ehrlichkeit.

Sie sagt, was sie denkt – und eckt

damit vielleicht auch mal an. Sie

will nicht Mainstream sein, sondern

sich abheben von der Masse – und

trotzdem will sie dazugehören.

Leiter Berufsbildung Xavier Nietlisbach

sieht sie in Zukunft in einer

Funktion, in der sie ein Team führt.

Alina Beck gibt gern ihr Wissen weiter

und es macht ihr Freude, andere zu

motivieren.

Geschlechtsspezifische Berufswahl

Alina Beck arbeitet in einer Männer-Berufswelt. Sie ist kein Modepüppchen und legt dennoch viel Wert auf ihr Äusseres.

Tätowierungen und Piercings prägen den visuellen Eindruck. Im Gespräch mit ihr erkennt man ihre Sensitivität und ihr

feines soziales Gespür. (Bild Regula Zellweger)

Im 10. Schuljahr hatte Alina Beck die

Aufgabe, in einem Beruf zu schnuppern,

den sie eigentlich nicht in ihre

engere Auswahl genommen hatte. Ein

guter Ansatz, um die Palette der in

Frage kommenden Berufe zu erweitern.

Noch immer ist die Berufswahl

in der Schweiz geschlechtsspezifisch

stark beeinflusst. Es finden sich beispielsweise

kaum Maurerinnen, und

einen Medizinischen Praxisassistenten

sucht man vergeblich. Frauen zieht es

tendenziell noch immer eher in den

Dienstleistungs- und in den Gesundheitsbereich,

Männer in die Technik

und ins Handwerk. Dies lässt sich

nicht ausschliesslich mit genetischen

Geschlechtsunterschieden erklären.

Noch immer haben Eltern – neben

der Schule, wo heute intensiv auf die

Berufswahl vorbereitet wird – den

grössten Einfluss auf die Berufswahl

von jungen Menschen. Alinas Eltern

haben sich über die Berufswahl ihrer

Tochter sehr gefreut. Alinas Mutter ist

Vermessungstechnikerin, so hatte ihre

Tochter das konkrete Vorbild einer

Frau in einem technischen Beruf.

«Das habe ich gemacht»

Bevor Alina Beck im Zürcher Hauptbahnhof

einfährt, kann sie auf beiden

Seiten je ein Hochhaus sehen, bei dessen

Fassaden und Fenstern sie mitgearbeitet

hat. Die Sichtbarkeit ihrer Arbeit

macht sie stolz. Manchmal sind

Arbeiten wie das Zusammensetzen

von Fenstern redundant, es braucht

Durchhaltevermögen. Produktionsmechaniker

fertigen und bearbeiten generell

Bauteile aus Metall und Kunststoff.

Sie setzen Bauteile zu Baugruppen

zusammen und warten Geräte,

Apparate und Maschinen. Am Anfang

der Lehre wagte sich Alina Beck eher

zurückhaltend an Maschinen und

Apparate, heute sind Bohren, Fräsen,

Drehen und Schleifen mit modernsten

Apparaten kein Problem für sie.

«Ich bin mutiger geworden, habe

Selbstvertrauen gewonnen in den

drei Lehrjahren», erklärt sie und lobt

ihre Vorgesetzten. «Ich wurde im

Team von Anfang an gut aufgenommen,

bekomme Antworten auf meine

Fragen, ich werde respektiert und erfahre

Wertschätzung. Ich habe mich

jeden Tag in der Ernst Schweizer AG

wohlgefühlt – und arbeite sehr gern in

einer von Männern dominierten

Berufswelt.»

Horizont erweitern

Den Übergang von der Lehre in die

Berufstätigkeit als ausgebildete Fachkraft

gestaltet Alina Beck nicht mit

einem spektakulären Umbruch oder

einer Weltreise. Sie will da weiterarbeiten,

wo sie jetzt ist. Mit ihrem

Team, in diesem Unternehmen.

Sie will Geld verdienen, um die Fahrprüfung

zu machen und ganz auf eigenen

Beinen zu stehen. Innerlich

ist viel in Bewegung, sie gleicht ein

wenig einem Kokon, in dem sich unsichtbar

einiges tut und man staunt,

wenn der Schmetterling seine Hülle

sprengt.

Soll sie eine neue Ausbildung zur

Altenpflegerin anpacken und ihre soziale

Seite ausleben? Oder soll sie auf

den Ressourcen aufbauen, die sie sich

mit der technischen Lehre erworben

hat, beispielsweise mit einer Zusatzlehre

als Polymechanikerin? Denn

dass sie nicht ihr ganzes Berufsleben

lang dasselbe machen möchte, ist

ihr klar.

Xavier Nietlisbach ist es ein grosses

Anliegen, dazu beizutragen, dass

die rund 40 Lernenden bei der

Ernst Schweizer AG ihr Potenzial

erkennen und optimal nutzen. Beispielsweise

besuchte Alina Beck zusammen

mit anderen Lernenden das

«Institute of Robotics and Intelligent

Systems» an der ETH.

Offen für die Zukunft

Alina Beck war tief beeindruckt

von den Forschungsprojekten. Mit

dem Wissen, was die Technik in Zukunft

bewirken kann, kann man sich

einerseits motivieren, sich in diesem

Bereich weiterzuentwickeln. Alina

Beck denkt beispielsweise darüber

nach, wie Technik hilft, damit betagte

Menschen weiterhin in ihrem eigenen

Heim leben können. Anderseits macht

ihr die Vorstellung von Robotern in

der Pflege in Altersheimen auch

Angst.

Die Produktionsmechanikerin

nimmt sich Zeit für ihre Entscheide

über ihre berufliche Zukunft. Mit ihrer

bestandenen Abschlussprüfung hat

sie nicht nur bewiesen, dass sie Theorie

und Praxis dieses Berufes beherrscht,

sondern auch über Zuverlässigkeit,

Teamfähigkeit, handwerkliches

Geschick, räumliches Vorstellungsvermögen

sowie technisches

und praktisches Verständnis verfügt.

Sie wird weiter mit Begeisterung

biegen, stanzen, schrauben, löten, nieten

und schweissen. Daneben wird sie

als Ausgleich Motorrad fahren

und sich – anders als man vielleicht

erwartet – ihre Nägel in allen Farben

lackieren.

Sie wird ein Ziel finden für ihre

berufliche Zukunft, vielleicht in der

Kombination von der Betreuung von

alten Menschen und Technik. Medizintechnik

ist der technische Bereich, der

Frauen begeistern kann, weil damit

auch die Sinnfrage leicht beantwortet

werden kann. Alina Beck ist eine junge

Frau, der ihre Werte wichtig sind –

und die will sie auch in Zukunft im

Beruf leben können.

In unregelmässigen Abständen werden Lehrlinge

in Ämtler Unternehmen porträtiert. Den Anfang

machten Julia Meier, Metallbaukonstrukteurin

bei der Ernst Schweizer AG, Hedingen, und

Ueli Fehr, Automobil-Mechatroniker bei der

Garage Albin Herzog AG, Ottenbach. Es folgten

Selina Frey, Augenoptikerin bei BOA, Büchi Optik

Affoltern, Nina Plocher, Polymechanikerin

bei der HAWA Sliding Solutions AG, Mettmenstetten,

und Tobias Rutishauser, Schreiner bei Schneebeli

Schreinerhandwerk, Ottenbach.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!