Erfolgsgeschichten von Lernenden
Wir portraitieren im Anzeiger Lernende in Ämtler Unternehmen.
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Alina Beck hat die Lehre abgeschlossen
– und bleibt bei ihrer Lehrfirma
Serie «Lernende»: Produktionsmechanikerin bei der Ernst Schweizer AG in Hedingen
Alina Beck hat eben die
Ergebnisse des Lehrabschlusses
bekommen. Bestanden! Sie und
ihr Lehrmeister wissen, dass
auch bessere Noten möglich
gewesen wären. Aber Büffeln ist
nicht Alinas Ding. Sie versteht
schnell und hat ein ausserordentlich
gutes Erinnerungsvermögen,
doch noch fehlt ein konkretes
neues Ziel, auf das sie im
Moment hinarbeiten will. Sie
bleibt nach der Lehre gern bei
ihrer Lehrfirma.
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von regula zellweger
Alina Beck hat für ihre halblangen
Haare eine kunstvolle Zopffrisur kreiert.
Man schaut sie gerne an, denn da
gibt es einiges zu sehen. Piercings in
Ohren, Nase und Lippen – ja sogar
ihre Grübchen in den Wangen betont
sie mit zwei schwarzen Perlen. Ihre
Arme erzählen ganze Geschichten, unter
anderem ist ein grosser, kunstvoller
Elefant tätowiert. Auf der einen
Handwurzel ist zu lesen «respect», auf
der anderen «loyality». Alina Beck ist
eine junge Frau, der Werte wie
Respekt und Loyalität wichtig sind.
Überhaupt Werte, insbesondere soziale
Aspekte. Beispielsweise Ehrlichkeit.
Sie sagt, was sie denkt – und eckt
damit vielleicht auch mal an. Sie
will nicht Mainstream sein, sondern
sich abheben von der Masse – und
trotzdem will sie dazugehören.
Leiter Berufsbildung Xavier Nietlisbach
sieht sie in Zukunft in einer
Funktion, in der sie ein Team führt.
Alina Beck gibt gern ihr Wissen weiter
und es macht ihr Freude, andere zu
motivieren.
Geschlechtsspezifische Berufswahl
Alina Beck arbeitet in einer Männer-Berufswelt. Sie ist kein Modepüppchen und legt dennoch viel Wert auf ihr Äusseres.
Tätowierungen und Piercings prägen den visuellen Eindruck. Im Gespräch mit ihr erkennt man ihre Sensitivität und ihr
feines soziales Gespür. (Bild Regula Zellweger)
Im 10. Schuljahr hatte Alina Beck die
Aufgabe, in einem Beruf zu schnuppern,
den sie eigentlich nicht in ihre
engere Auswahl genommen hatte. Ein
guter Ansatz, um die Palette der in
Frage kommenden Berufe zu erweitern.
Noch immer ist die Berufswahl
in der Schweiz geschlechtsspezifisch
stark beeinflusst. Es finden sich beispielsweise
kaum Maurerinnen, und
einen Medizinischen Praxisassistenten
sucht man vergeblich. Frauen zieht es
tendenziell noch immer eher in den
Dienstleistungs- und in den Gesundheitsbereich,
Männer in die Technik
und ins Handwerk. Dies lässt sich
nicht ausschliesslich mit genetischen
Geschlechtsunterschieden erklären.
Noch immer haben Eltern – neben
der Schule, wo heute intensiv auf die
Berufswahl vorbereitet wird – den
grössten Einfluss auf die Berufswahl
von jungen Menschen. Alinas Eltern
haben sich über die Berufswahl ihrer
Tochter sehr gefreut. Alinas Mutter ist
Vermessungstechnikerin, so hatte ihre
Tochter das konkrete Vorbild einer
Frau in einem technischen Beruf.
«Das habe ich gemacht»
Bevor Alina Beck im Zürcher Hauptbahnhof
einfährt, kann sie auf beiden
Seiten je ein Hochhaus sehen, bei dessen
Fassaden und Fenstern sie mitgearbeitet
hat. Die Sichtbarkeit ihrer Arbeit
macht sie stolz. Manchmal sind
Arbeiten wie das Zusammensetzen
von Fenstern redundant, es braucht
Durchhaltevermögen. Produktionsmechaniker
fertigen und bearbeiten generell
Bauteile aus Metall und Kunststoff.
Sie setzen Bauteile zu Baugruppen
zusammen und warten Geräte,
Apparate und Maschinen. Am Anfang
der Lehre wagte sich Alina Beck eher
zurückhaltend an Maschinen und
Apparate, heute sind Bohren, Fräsen,
Drehen und Schleifen mit modernsten
Apparaten kein Problem für sie.
«Ich bin mutiger geworden, habe
Selbstvertrauen gewonnen in den
drei Lehrjahren», erklärt sie und lobt
ihre Vorgesetzten. «Ich wurde im
Team von Anfang an gut aufgenommen,
bekomme Antworten auf meine
Fragen, ich werde respektiert und erfahre
Wertschätzung. Ich habe mich
jeden Tag in der Ernst Schweizer AG
wohlgefühlt – und arbeite sehr gern in
einer von Männern dominierten
Berufswelt.»
Horizont erweitern
Den Übergang von der Lehre in die
Berufstätigkeit als ausgebildete Fachkraft
gestaltet Alina Beck nicht mit
einem spektakulären Umbruch oder
einer Weltreise. Sie will da weiterarbeiten,
wo sie jetzt ist. Mit ihrem
Team, in diesem Unternehmen.
Sie will Geld verdienen, um die Fahrprüfung
zu machen und ganz auf eigenen
Beinen zu stehen. Innerlich
ist viel in Bewegung, sie gleicht ein
wenig einem Kokon, in dem sich unsichtbar
einiges tut und man staunt,
wenn der Schmetterling seine Hülle
sprengt.
Soll sie eine neue Ausbildung zur
Altenpflegerin anpacken und ihre soziale
Seite ausleben? Oder soll sie auf
den Ressourcen aufbauen, die sie sich
mit der technischen Lehre erworben
hat, beispielsweise mit einer Zusatzlehre
als Polymechanikerin? Denn
dass sie nicht ihr ganzes Berufsleben
lang dasselbe machen möchte, ist
ihr klar.
Xavier Nietlisbach ist es ein grosses
Anliegen, dazu beizutragen, dass
die rund 40 Lernenden bei der
Ernst Schweizer AG ihr Potenzial
erkennen und optimal nutzen. Beispielsweise
besuchte Alina Beck zusammen
mit anderen Lernenden das
«Institute of Robotics and Intelligent
Systems» an der ETH.
Offen für die Zukunft
Alina Beck war tief beeindruckt
von den Forschungsprojekten. Mit
dem Wissen, was die Technik in Zukunft
bewirken kann, kann man sich
einerseits motivieren, sich in diesem
Bereich weiterzuentwickeln. Alina
Beck denkt beispielsweise darüber
nach, wie Technik hilft, damit betagte
Menschen weiterhin in ihrem eigenen
Heim leben können. Anderseits macht
ihr die Vorstellung von Robotern in
der Pflege in Altersheimen auch
Angst.
Die Produktionsmechanikerin
nimmt sich Zeit für ihre Entscheide
über ihre berufliche Zukunft. Mit ihrer
bestandenen Abschlussprüfung hat
sie nicht nur bewiesen, dass sie Theorie
und Praxis dieses Berufes beherrscht,
sondern auch über Zuverlässigkeit,
Teamfähigkeit, handwerkliches
Geschick, räumliches Vorstellungsvermögen
sowie technisches
und praktisches Verständnis verfügt.
Sie wird weiter mit Begeisterung
biegen, stanzen, schrauben, löten, nieten
und schweissen. Daneben wird sie
als Ausgleich Motorrad fahren
und sich – anders als man vielleicht
erwartet – ihre Nägel in allen Farben
lackieren.
Sie wird ein Ziel finden für ihre
berufliche Zukunft, vielleicht in der
Kombination von der Betreuung von
alten Menschen und Technik. Medizintechnik
ist der technische Bereich, der
Frauen begeistern kann, weil damit
auch die Sinnfrage leicht beantwortet
werden kann. Alina Beck ist eine junge
Frau, der ihre Werte wichtig sind –
und die will sie auch in Zukunft im
Beruf leben können.
In unregelmässigen Abständen werden Lehrlinge
in Ämtler Unternehmen porträtiert. Den Anfang
machten Julia Meier, Metallbaukonstrukteurin
bei der Ernst Schweizer AG, Hedingen, und
Ueli Fehr, Automobil-Mechatroniker bei der
Garage Albin Herzog AG, Ottenbach. Es folgten
Selina Frey, Augenoptikerin bei BOA, Büchi Optik
Affoltern, Nina Plocher, Polymechanikerin
bei der HAWA Sliding Solutions AG, Mettmenstetten,
und Tobias Rutishauser, Schreiner bei Schneebeli
Schreinerhandwerk, Ottenbach.