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Leseprobe: Erzähl mir was. Geschichtenerzählen als Methode des Naturmentorings.

Willkommen in der Welt der Geschichten! Dieses Buch richtet sich an alle, die Geschichten lieben und in mündlicher Form weitergeben möchten. Besonders bei der Begleitung von Menschen hin zu einer tiefen Naturverbindung, dem »Naturmentoring«, ist das Geschichtenerzählen eine bewährte Methode. Diese Erfahrung machen die Wildnispädagogen Arne Winter und Lynn Lausen bereits seit einigen Jahren in ihren Camps und Kursen für Erwachsene und Kinder. Besonders in Wildnisschulen, in denen Wissen, Fähigkeiten und Erfahrungen nach Art der indigenen Kulturen weitergegeben werden, ist das Erzählen von Geschichten weit verbreitet — sicherlich auch deshalb, weil die perfekte Kulisse bereits vorhanden ist: ein Kreis von Menschen um ein knisterndes Lagerfeuer. In diesem Buch finden sich neben vielen weisheitsvollen Geschichten auch praktische Übungen zum Geschichtenerzählen sowie gedankliche Anstöße rund um das Thema Geschichtenerzählen. Arne Winter und Lynn Lausen haben für dieses Buch Geschichten ausgewählt, die kurz und leicht zu merken sind. »Erzähl mir was!« — ein Einsteigerbuch rund ums Geschichtenerzählen für die direkte Anwendung. Neuerscheinung im Erzählverlag, zum 15. Dezember 2020!

Willkommen in der Welt der Geschichten! Dieses Buch richtet sich an alle, die Geschichten lieben und in mündlicher Form weitergeben möchten. Besonders bei der Begleitung von Menschen hin zu einer tiefen Naturverbindung, dem »Naturmentoring«, ist das Geschichtenerzählen eine bewährte Methode. Diese Erfahrung machen die Wildnispädagogen Arne Winter und Lynn Lausen bereits seit einigen Jahren in ihren Camps und Kursen für Erwachsene und Kinder. Besonders in Wildnisschulen, in denen Wissen, Fähigkeiten und Erfahrungen nach Art der indigenen Kulturen weitergegeben werden, ist das Erzählen von Geschichten weit verbreitet — sicherlich auch deshalb, weil die perfekte Kulisse bereits vorhanden ist: ein Kreis von Menschen um ein knisterndes Lagerfeuer.
In diesem Buch finden sich neben vielen weisheitsvollen Geschichten auch praktische Übungen zum Geschichtenerzählen sowie gedankliche Anstöße rund um das Thema Geschichtenerzählen. Arne Winter und Lynn Lausen haben für dieses Buch Geschichten ausgewählt, die kurz und leicht zu merken sind. »Erzähl mir was!« — ein Einsteigerbuch rund ums Geschichtenerzählen für die direkte Anwendung. Neuerscheinung im Erzählverlag, zum 15. Dezember 2020!

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In diesem Werk wird eine geschlechtssensible Sprache angewandt, die auch Doppelungen und Neutralisierungen<br />

beinhaltet. Soweit es sich aus ästhetischen Gründen oder aus Gründen der besseren Lesbarkeit nicht<br />

vermeiden lässt, wird das generische Maskulinum verwendet, das Frauen und Männer einschließt.<br />

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;<br />

detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.<br />

Das Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der<br />

engen Grenzen <strong>des</strong> Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung <strong>des</strong> Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt<br />

insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und das Speichern und Verarbeiten<br />

in elektronischen Systemen.<br />

1. Auflage, Dezember 2020<br />

© 2020 Der <strong>Erzähl</strong>verlag, Berlin<br />

Umschlaggestaltung: Maximilian Quardt<br />

Illustrationen: Lynn Lausen<br />

Korrektorat: Dr. Michael Kracht<br />

Lektorat: Peter Amsler<br />

Satz: piepmatz Design, Sandra Vogel, Fürth<br />

Druck: Alfred Nordmann Druck, Israel<br />

ISBN: 978-3-947831-49-4<br />

www.erzaehlverlag.de


<strong>Erzähl</strong> <strong>mir</strong> <strong>was</strong><br />

<strong>Geschichtenerzählen</strong><br />

<strong>als</strong> <strong>Methode</strong> <strong>des</strong> <strong>Naturmentorings</strong>


Inhaltsverzeichnis<br />

Danksagung ................................................................................................................................................... 11<br />

Widmung .................................................................................................................................................12<br />

Die Autoren ....................................................................................................................................................14<br />

Aufbau <strong>des</strong> Buches ......................................................................................................................................16<br />

Einleitung .......................................................................................................................................................18<br />

Übung: Alltagsgeschichten hören ...................................................................................................... 24<br />

Die Geschichte der weisen Eule ..........................................................................................................25<br />

Warum Geschichten erzählen? ................................................................................................................. 28<br />

Die Wahrheit und das Märchen ...........................................................................................................33<br />

Wie man gute Geschichten gut erzählt ................................................................................................... 36<br />

Vorbereitungen für einen <strong>Erzähl</strong>auftritt ............................................................................................46<br />

Anfangen – wenn nicht jetzt, wann dann? ............................................................................................. 50<br />

Wie die Katze ins Haus kam .................................................................................................................51<br />

Übung: Details finden ................................................................................................................... 56<br />

Warum sich die Hunde am Hinterteil schnuppern .............................................................................57<br />

Die Hunde halten eine Wahl ab ...........................................................................................................61<br />

Übung: Eine Geschichte zusammenfassen ............................................................................... 62<br />

6


Die Hütte ................................................................................................................................................64<br />

Übung: Landkarte malen ..............................................................................................................68<br />

Wie die Vögel zu ihren Federn kamen ..............................................................................................69<br />

Heimliche Wissensvermittlung .................................................................................................... 76<br />

Der Asket, der Purzelbäume schlug .................................................................................................. 78<br />

Jetzt gehen wir in die Vollen .....................................................................................................................80<br />

Wie der Regenbogenvogel das Feuer auf die Erde brachte ..........................................................81<br />

Übung: Klatsch und Tratsch .........................................................................................................88<br />

Das Märchen vom fröhlichen König ..................................................................................................90<br />

Der Windigo am Ende der Fährte .......................................................................................................98<br />

Warum die Laubbäume im Winter ihr Kleid abwerfen ................................................................. 104<br />

Übung: <strong>Erzähl</strong>en vor Publikum .................................................................................................. 108<br />

Was der Löwenzahn mit dem Löwen zu tun hat ...........................................................................110<br />

Lernen mit Anker .................................................................................................................................116<br />

Die Axt schärfen...................................................................................................................................118<br />

Der Glückliche und der Unglückliche ................................................................................................120<br />

7


Geschichten zum Lachen...........................................................................................................................122<br />

Wie der Fuchs das Feuer zu den Menschen brachte ....................................................................123<br />

Die Geschichte wie Tag und Nacht entstanden sind .....................................................................132<br />

Übung: Ohren finden ...................................................................................................................138<br />

Iktome schläft aus Versehen mit seiner eigenen Frau ................................................................. 140<br />

Übung: Ohne Sprache ................................................................................................................. 146<br />

Übung: Direkte Sprache ...............................................................................................................147<br />

Das Heckentürchen ............................................................................................................................ 148<br />

Fäk<strong>als</strong>prache <strong>als</strong> Lern-Booster und Merkhilfe ................................................................................152<br />

Von dem Jungen, der einer Elster Salz auf den Schwanz streute ...............................................154<br />

Die geheime Kraft <strong>des</strong> Kojoten .........................................................................................................162<br />

Wo bringen sie ihn hin? ..................................................................................................................... 168<br />

Eine weitere Geschichte von Nasreddin ..........................................................................................170<br />

Übung: Emotionen leben............................................................................................................. 171<br />

Da hast du auch wieder recht ...........................................................................................................172<br />

Übung: Charaktere spielen ..........................................................................................................176<br />

8


Von der Weisheit in den Geschichten .....................................................................................................178<br />

Der Geschichtenstein ..........................................................................................................................179<br />

Übung: <strong>Erzähl</strong>er finden ............................................................................................................... 189<br />

Was ist das Kostbarste ....................................................................................................................... 190<br />

Übung: Geschichten ausgraben ................................................................................................ 196<br />

Der Rat <strong>des</strong> Vaters ...............................................................................................................................197<br />

Bärenkragen ........................................................................................................................................ 202<br />

Übung: Interaktionen mit dem Publikum ................................................................................208<br />

Himmel und Hölle ................................................................................................................................210<br />

Mag sein ................................................................................................................................................212<br />

Übung: Zeitgefühl .........................................................................................................................214<br />

Übung: Stille Pausen machen .....................................................................................................216<br />

Repertoire oder ein Me(e)hr an Geschichten .......................................................................................218<br />

Gattungen & mögliche Quellen .........................................................................................................221<br />

Sitzplatzgeschichten – <strong>Erzähl</strong>er und Zuhörer sein ..........................................................................225<br />

Nachwort ......................................................................................................................................................232<br />

Quellen & Bücher, die wir empfehlen .....................................................................................................233<br />

9


Für alle<br />

Kinder und Enkel<br />

dieser Welt<br />

13


Die Autoren<br />

Lynn Lausen<br />

Geb. 1987 in Dachau<br />

Goldschakal<br />

Ich glaube, ich bin einfach eine geborene Geschichtenerzählerin, das<br />

klingt jetzt vielleicht sonderbar, aber anders kann ich es nicht sagen. Ich<br />

habe schon <strong>als</strong> Kind gerne Geschichten erzählt und erfunden, und meine<br />

kleinen Cousins waren ein williges und geduldiges Publikum. Später<br />

mussten andere Kinder herhalten (beim Babysitten zum Beispiel) und<br />

<strong>als</strong> Teenagerin habe ich angefangen, mich intensiv mit Märchen aus aller<br />

Welt zu befassen, sie zu sammeln und zu lernen. Märchen haben mich<br />

einfach fasziniert und <strong>mir</strong> auch in so manchen schweren Zeiten geholfen.<br />

In meiner Begeisterung für dieses Thema konnte ich nicht umhin, immer<br />

wieder zu erzählen und die Märchen mit anderen zu teilen.<br />

Ich weiß nicht genau, wie es dann dazu kam, dass andere mich Geschichtenerzählerin<br />

genannt haben, jedenfalls bin ich diesen Ruf nicht<br />

mehr losgeworden.<br />

14


Verrückte<br />

Elster<br />

Arne Winter<br />

Geb. 1981 in Leipzig<br />

Mein Bezug zu Geschichten ist nicht anders <strong>als</strong> bei dir, liebe Leserin und<br />

lieber Leser: Ich liebe Geschichten. In Form von Büchern, Hörspielen und<br />

auch Filmen. Besonders aber in der Form, in der sie <strong>mir</strong> ein Mensch unter<br />

funkelnden Augen und lebendiger Körpersprache erzählt.<br />

Als Kind habe ich Kassetten und Schallplatten rauf und runter gehört<br />

und dabei meine Lieblingsstellen oftm<strong>als</strong> mehrm<strong>als</strong> hintereinander immer<br />

wieder angehört – zum Leid derjenigen, deren Ohren in Reichweite<br />

waren. Anschließend und zu passenden Gelegenheiten übers Jahr habe<br />

ich diese Geschichten schauspielerisch vorgetragen und sie so nochm<strong>als</strong><br />

intensiv durchlebt. Da <strong>mir</strong> der Raum dafür gegeben wurde, denken heute<br />

vielleicht die Menschen von <strong>mir</strong>, ich sei ein guter Geschichtenerzähler. Ich<br />

aber denke, ich habe einfach nur eine blühende Fantasie, et<strong>was</strong> Mut und<br />

schließlich Freude daran, Geschichten mit all ihren Aspekten zu teilen.<br />

Es ist <strong>mir</strong> eine Herzensangelegenheit, all das, <strong>was</strong> sich für unsere Kinder<br />

und Enkelkinder <strong>als</strong> gut, sinnvoll und hoffnungsfroh erweist, zu bewahren<br />

und weiterzugeben.<br />

15


Aufbau <strong>des</strong> Buches<br />

Dieses Buch richtet sich an all jene, die Geschichten lieben und diese gerne in mündlicher Form<br />

weitergeben möchten. Du fin<strong>des</strong>t in diesem Buch Geschichten, Übungen zum <strong>Geschichtenerzählen</strong><br />

sowie gedankliche Anstöße rund um das Thema <strong>Geschichtenerzählen</strong>. Die Geschichten haben<br />

wir in Kapitel sortiert. Dabei haben wir nicht alle Feuergeschichten in ein Kapitel und alle Tiergeschichten<br />

in ein anderes gepackt. Wir haben vielmehr versucht, sie nach ihrer Qualität und ihren<br />

Eigenschaften zu ordnen. Dazu schreiben wir immer noch et<strong>was</strong> am Anfang der jeweiligen Kapitel.<br />

In der Umsetzung bedeutet das, dass du mit diesem Buch <strong>Erzähl</strong>abende gestalten kannst, indem<br />

du aus jedem Kapitel eine Geschichte auswählst und sie in ihrer Reihenfolge erzählst. Das wären<br />

in den verschiedensten Kombinationen min<strong>des</strong>tens 16 <strong>Erzähl</strong>abende!<br />

Wir haben uns <strong>des</strong> Weiteren bemüht, viele Geschichten auszuwählen, die besonders für Anfänger<br />

gut geeignet sind, <strong>als</strong>o kurz und leicht zu merken sind.<br />

Immer wieder tauchen kleine Weisheitsgeschichten auf, die bei den verschiedensten Gelegenheiten<br />

zum Besten gegeben werden wollen. Zum <strong>Erzähl</strong>en von Weisheitsgeschichten ist es sinnvoll,<br />

diese wirklich gründlich zu lernen, weil es nicht immer leicht ist, die Sinnhaftigkeit gut zu vermitteln.<br />

Wir lieben Weisheitsgeschichten und wir haben so viel von ihnen gelernt, dass wir sie gerne<br />

an dich weitergeben.<br />

16


Zwischen den einzelnen Geschichten gibt es weiterführende Texte und Übungen, die du auch im<br />

Inhaltsverzeichnis wiederfin<strong>des</strong>t. Wir haben die Übungen bewusst in das Buch hineingestreut, damit<br />

du beim Lesen der vielen Geschichten nicht aus Versehen vergisst, worum es eigentlich geht:<br />

ums <strong>Geschichtenerzählen</strong>!<br />

Um das Schreiben und auch das Lesen zu erleichtern, haben wir uns entschieden, keine genderkonforme<br />

Schreibweise à la GeschichtenerzählerInnen zu verwenden. Mit all unserem Respekt<br />

und unserer Wertschätzung sind freilich sämtliche Geschlechter gemeint, wenn wir von Geschichtenerzählern<br />

schreiben.<br />

17


Einleitung<br />

An welche Geschichten aus deiner Kindheit kannst du dich noch erinnern?<br />

Oft bleiben uns nur Fragmente, wie eine Szene oder eine bestimmte Figur<br />

in Erinnerung oder ein vages Gefühl, doch sicherlich haben uns diese<br />

Geschichten geprägt. Ich erinnere mich genau an manche Geschichten,<br />

die ich auf Kassetten immer wieder anhörte und die maßgeblich mein<br />

Lebensgefühl in bestimmten Zeiten prägten. Und so wirkt jede Geschichte,<br />

die wir hören. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um eine überlieferte,<br />

erfundene oder reale Geschichte handelt, selbst unsere eigenen<br />

Erlebnisse werden, sobald sie vergangen sind, zu Geschichten.<br />

Geschichten verändern sich ebenso wie Erinnerungen für uns im Verlauf<br />

der Zeit. Dazu gibt es spannende Studien, zum Beispiel das Buch »Das trügerische<br />

Gedächtnis« von Julia Shaw zum Thema Erinnerungsverfälschung<br />

oder »Die Vermessung der Liebe« von John Gottman, der in seinem Buch<br />

beschreibt, wie wir unsere Erinnerungen »aussortieren«, je nachdem ob<br />

wir im Guten oder im Schlechten mit unserem (Ex-)Partner sind.<br />

Dieses Thema finden wir relevant, weil das mündliche Überliefern von<br />

Geschichten ja nichts anderes ist <strong>als</strong> eine abgespeicherte Erinnerung.<br />

Und je nach Intensität der Begegnung mit dieser Geschichte bleibt diese<br />

für mich in Erinnerung. Wandelt sich meine Erinnerung an eine Geschichte,<br />

wenn sich meine Beziehung zu dem Ort, an dem ich sie kennenlernte,<br />

18


dem Setting, in dem ich sie erlebte, und die Person, die sie <strong>mir</strong> erzählte,<br />

verändert?<br />

Wir unterscheiden nach wahren und unwahren Geschichten. Es gibt Geschichten,<br />

die sind für uns unwahr, wie zum Beispiel eine überlieferte<br />

Schöpfungsgeschichte aus der Bibel, und für andere Menschen ist gerade<br />

diese Geschichte wahr. Manchmal wandern Geschichten auch von<br />

der einen Kategorie zu der anderen, wie die Geschichte, wonach die Erde<br />

eine Scheibe sei. Wer kann <strong>als</strong>o schon genau sagen, <strong>was</strong> wahr ist und<br />

<strong>was</strong> nicht? Wer weiß, <strong>was</strong> wir in 100 Jahren glauben?<br />

Sicher ist nur, dass uns Geschichten prägen, ausrichten, begleiten und<br />

antreiben. Undenkbar ist aber: ein Mensch ohne Geschichten.<br />

Geschichten und das <strong>Geschichtenerzählen</strong> sind mächtige Werkzeuge,<br />

die die Realität, in der wir leben, gestalten und verändern. Allen Geschichtenerzählern<br />

obliegt eine riesige Verantwortung, wie man bereits<br />

im Kleinen sehen kann, wenn man sich nur eine Klatschtante im Freun<strong>des</strong>kreis<br />

vorstellt, die mit ihren gehässigen Geschichten im schlimmsten<br />

Fall alle entzweien kann. Im größeren Kontext fällt <strong>mir</strong> ein lustiges<br />

Beispiel ein, von dem einige Indigene aus Nordamerika immer wieder<br />

berichten: Die allgemeine Meinung über die Ureinwohner Amerikas ist<br />

bei vielen Deutschen überproportional häufig idealisiert. Könnte das<br />

nicht an dem beliebten Winnetou von Karl May und Büchern wie Lederstrumpf<br />

liegen?<br />

19


Ich versuche <strong>mir</strong> immer wieder bewusst zu machen und <strong>mir</strong> ganz klar<br />

zu werden, <strong>was</strong> ich erzählen möchte und <strong>was</strong> nicht. Ich glaube, wir können<br />

nicht sorgsam genug sein, denn es spielt keine große Rolle, ob die<br />

Dinge, die wir erzählen, wahr sind oder nicht. Wichtig ist, sich im Klaren<br />

darüber zu sein, dass sie unsere Zuhörer beeinflussen.<br />

Wir sind hungrig nach Geschichten, egal ob das der neueste Klatsch, die<br />

Nachrichten, Romane, Märchen, Filme oder Comics sind. Stell dir vor, das<br />

alles gäbe es nicht, wie langweilig wäre es uns da wohl?<br />

Und wir sind alle geborene Geschichtenerzähler! Ständig erzählen wir<br />

unsere Geschichten, von Dingen, die wir gehört, gelesen oder selbst erlebt<br />

haben. Versuche einmal, einen Tag lang keine Geschichte zu erzählen!<br />

Wirklich nicht die kleinste! Versuche es einfach mal!<br />

Trotzdem ist die Kunst <strong>des</strong> freien mündlichen <strong>Erzähl</strong>ens stark zurückgegangen.<br />

Sicherlich liegt es daran, dass wir das <strong>Erzähl</strong>en den Profis überlassen:<br />

den Romanautoren, Schauspielern und Hörbuchsprechern. Übrigens<br />

gibt es das gleiche Phänomen beim Singen: Wir alle lieben Musik<br />

und vor allem Gesang, aber heute trauen sich viele nicht mehr zu singen<br />

und begnügen sich damit, Gesang zu konsumieren.<br />

Es gibt aber Kreise, in denen das freie mündliche <strong>Erzähl</strong>en aufkeimt<br />

und wächst. In vielen großen Städten entsteht eine <strong>Erzähl</strong>erkultur und<br />

auf den Kleinkunstbühnen tummeln sich die freien <strong>Erzähl</strong>erinnen und<br />

<strong>Erzähl</strong>er.<br />

20


In Wildnisschulen – in denen wir uns bemühen, Wissen nach der Art der<br />

indigenen Kulturen weiterzugeben – ist das <strong>Erzähl</strong>en von Geschichten<br />

weit verbreitet. Sicherlich, da es eine Art ist, wie Menschen seit jeher<br />

Wissen weitergeben, und auch <strong>des</strong>halb, weil die perfekte Kulisse schon<br />

vorhanden ist: ein Kreis Menschen um ein knistern<strong>des</strong> Lagerfeuer.<br />

»<strong>Geschichtenerzählen</strong>« ist eine der kraftvollsten Routinen im Naturmentoring,<br />

dem Begleiten von Menschen hin zu tiefer Naturverbindung.<br />

Als effektives Werkzeug hilft das <strong>Geschichtenerzählen</strong> nicht nur bei der<br />

Begleitung von Kindern, sondern auch in Kursen für Erwachsene. Das<br />

beobachten wir nun schon einige Jahre in den Camps, Kursen und Programmen<br />

der Wildnisschulen und in unserer Waldläuferbande, einem<br />

Wildnisprogramm für Kinder.<br />

Deshalb werden wir in diesem Buch viel darauf eingehen, wie Geschichten<br />

<strong>als</strong> Werkzeug zum Vermitteln von Wissen und zur Schaffung<br />

von Verbindungen genutzt werden können.<br />

Trotzdem scheuen sich noch immer viele, vor anderen eine Geschichte<br />

zu erzählen. Die »Ausreden« dafür sind bunt und kreativ, wie sie nur<br />

Geschichtenerzählern einfallen können. Eine davon ist:<br />

Ich kenne keine (gute) Geschichte<br />

21


Dieses Buch wird diese Ausrede ab sofort entkräften, denn es ist genau<br />

dafür da, Naturmentoren, (Wildnis-)Pädagogen, Eltern und Geschichtenerzähler-Anfängern<br />

et<strong>was</strong> an die Hand zu geben, mit dem sie sofort starten<br />

können!<br />

Wir haben ganz bewusst unsere Lieblingsgeschichten für dieses Buch<br />

ausgewählt. Geschichten, die <strong>Erzähl</strong>er und Zuhörer gleichermaßen lieben.<br />

Ein Messkriterium dafür war, welche der erzählten Geschichten bald<br />

und oft nacherzählt worden sind. Das sind jene Geschichten, die bei unseren<br />

Zuhörern je<strong>des</strong> Mal große Begeisterung hervorriefen, wie es uns<br />

der großartige »Nochmal!«-Effekt zeigt.<br />

Denk daran, dass jeder von uns ein Geschichtenerzähler ist, auch du! Alles<br />

<strong>was</strong> du dafür brauchst, ist der Mut, den ersten Schritt zu tun und eine<br />

Geschichte zu erzählen! Und mit diesem Buch hast du ja gleich ein paar<br />

gut funktionierende Geschichten in der Hand!<br />

22


Alles Liebe für dich,<br />

und viel Freude<br />

beim Eintauchen in die Welt<br />

der Geschichtenerzähler<br />

wünschen dir<br />

Lynn & Arne<br />

23


Übung:<br />

Alltagsgeschichten hören<br />

Wir haben ja schon am Anfang <strong>des</strong> Buches behauptet, dass wir alle Geschichtenerzähler<br />

sind. Und das ist wunderbar, denn du kannst von all<br />

diesen Alltags-Geschichtenerzählern et<strong>was</strong> lernen.<br />

Sei einen Tag lang bewusst Zuhörer und beobachte, wo, wann und<br />

wer eine »Geschichte« zum Besten gibt! Wie schaffen die Geschichtenerzähler<br />

es, dass sie Aufmerksamkeit bekommen? Wie leiten sie ihre<br />

Geschichten ein? Was verändert sich an Gestik, Mimik und Stimme, zum<br />

Beispiel am Höhepunkt ihrer Geschichte?<br />

Beobachte dich auch selbst! Wann bist du ein Alltags-Geschichtenerzähler?<br />

24


Die Geschichte der weisen Eule<br />

Märchen aus Kroatien<br />

V<br />

or langer Zeit lebte im Wald gleich hinter<br />

meinem Haus eine Eule. Es gibt dort<br />

eine riesige Eiche, und wie es bei alten Eichen<br />

so ist, gab es da auch viele Höhlen für<br />

die Tiere <strong>des</strong> Wal<strong>des</strong>. Es war eine besondere<br />

Eule: Sie sammelte gerne Geschichten. Aufmerksam<br />

hörte sie sich die Geschichten der<br />

Tiere <strong>des</strong> Wal<strong>des</strong> an, deren Freud und Leid.<br />

Aber sie erzählte auch gerne selbst Geschichten,<br />

die der Wind oder der Regen von<br />

ihren Reisen von weit her zugetragen hatten.<br />

So vergingen die Jahre und die Eule wurde<br />

immer älter und sehr weise. Ihre Flügel hatten<br />

nicht mehr die gleiche Kraft wie früher<br />

und sie verspürte Sehnsucht nach ihrer alten<br />

Eiche.<br />

Eines Tages beschloss sie, den Wald zu verlassen,<br />

um in der Welt herum zu fliegen<br />

und neue Geschichten zu sammeln.<br />

Leise ging ihr Flug über die Hügel und<br />

Täler <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong>, über Berge und Seen flog<br />

sie, über Städte und Dörfer. Mit ihren großen<br />

Augen sah sie alles, alles hörte sie mit<br />

ihren scharfen Ohren und alles bewahrte<br />

sie sorgsam in ihrem Gedächtnis.<br />

25


Viele Tage und Nächte flog sie, bis sie lautlos<br />

in der Krone der alten Eiche landete.<br />

Bald schon hatte es sich unter den Tieren<br />

<strong>des</strong> Wal<strong>des</strong> herumgesprochen, dass die<br />

weise Eule zurückgekehrt war, und sie versammelten<br />

sich alle unter der Eiche, um ihren<br />

Geschichten zu lauschen. Bis tief in die<br />

Nacht saßen die Tiere unter der Eiche und<br />

keiner mochte schlafen gehen, weil die Eule<br />

so wunderbare Dinge zu erzählen hatte.<br />

Sie reihte ein Märchen an das nächste,<br />

wie Perlen auf eine Schnur, und alle Tiere<br />

lauschten mit angehaltenem Atem.<br />

»Wie weise du bist, Eule!«, brummte<br />

der Bär, <strong>als</strong> sie geendet hatte. »Ich habe so<br />

viel gelernt aus deinen Geschichten. Es ist<br />

wirklich schade, dass die Menschen diese<br />

Geschichten nicht hören können, auch sie<br />

könnten so vieles dabei lernen!«<br />

Die Tiere bedankten sich alle bei der Eule<br />

und gingen glücklich und reich beschenkt<br />

nach Hause.<br />

Die weise Eule dachte über das nach, <strong>was</strong><br />

der Bär gesagt hatte, und <strong>als</strong> sie eines Tages<br />

merkte, dass ihre Tage auf der Erde wohl<br />

bald gezählt sein würden, fasste sie den<br />

Entschluss, alles für die Menschen aufzuschreiben.<br />

Sie nahm ein dickes Buch und schrieb sorgsam<br />

alle Märchen und Geschichten hinein,<br />

die sie in der Welt gesammelt hatte. Und <strong>als</strong><br />

sie endlich das letzte Wort geschrieben hatte,<br />

schloss sie ihre Augen für immer.<br />

Das dicke Buch ist jedoch unter die große<br />

Eiche gefallen, und dort habe ich es gefunden.<br />

Viele Geschichten habe ich darin gelesen<br />

und ein paar davon erzähle ich euch<br />

jetzt ... Hört gut zu!<br />

26


27


Warum Geschichten erzählen?<br />

Die Aufgabe einer Geschichte ist es nicht, historische Fakten oder technische<br />

Daten zu vermitteln. Vielmehr sind sie seit jeher dafür verwendet<br />

worden, Wissen und Weisheit weiter zu geben: einen Leitfaden für die<br />

Dinge im Leben, die wir nicht in der Schule lernen.<br />

Inzwischen kommen auch Neurologen darauf, <strong>was</strong> die Völker der Welt<br />

überall schon in grauer Vorzeit angewandt haben.<br />

Unser Gehirn funktioniert wie ein Straßennetz. Die Wege, <strong>als</strong>o unsere<br />

neuronalen Verknüpfungen im Gehirn, die häufig begangen werden,<br />

werden ausgebaut und sind leicht begehbar und die Wege, die wir fast<br />

nie benutzen, wachsen zu und werden immer schwerer zu betreten.<br />

Und das Besondere und geradezu Zauberische, <strong>was</strong> beim Geschichtenhören<br />

geschieht, ist, dass die Geschichte in uns lebendig wird und wir<br />

genau die Pfade gehen, von denen wir da hören. Am einfachsten lässt<br />

sich das an einem Beispiel zeigen: Wenn wir die Geschichte vom Sterntalermädchen<br />

hören, wissen wir, wie es sich anfühlt, so gütig und großherzig<br />

zu sein wie dieses Mädchen, und die Pfade für Güte in unserem<br />

Gehirn werden ausgebaut.<br />

Ebenso verhält es sich beim Geschichtenerzähler. Auch der <strong>Erzähl</strong>er<br />

vertieft sein Wissen durch das <strong>Erzähl</strong>en. Je lebendiger ich erzähle und<br />

innere Bilder mit ihren vielen Sinneseindrücken kreiere, <strong>des</strong>to stärker<br />

28


werden die neuronalen Verknüpfungen im <strong>Erzähl</strong>ergehirn angesprochen<br />

und entsprechend ausgebaut – klarerweise auch in Hinsicht persönlicher<br />

Eigenschaften, denn wenn ich beim <strong>Erzähl</strong>en Güte spüren kann, dann<br />

vertieft sich diese Eigenschaft auch in meiner Persönlichkeit.<br />

Der Neurobiologe und Hirnforscher Prof. Gerald Hüther nennt Märchen<br />

ein »Zaubermittel für Kinder« (Märchenforum Zeitschrift 63), weil sie<br />

et<strong>was</strong> vermitteln und zum Anklingen bringen, das mit bloßen Ermahnungen<br />

niem<strong>als</strong> berührt werden könnte. Dabei geht es nicht um die moralische<br />

Erziehung, wie vielleicht manche moralisierende Märchen und<br />

Fabeln vermuten lassen, sondern um die tiefen Lebensweisheiten, die<br />

erlebbar gemacht werden. Gerade Kinder identifizieren sich stark mit<br />

den handelnden Charakteren und erleben, <strong>was</strong> es heißt, seine Ängste zu<br />

überwinden und die böse Hexe zu besiegen.<br />

Aber auch für große Menschen ist das <strong>Geschichtenerzählen</strong> ein Zaubermittel<br />

– oder wie Jorge Bucay sagt: »Kindern erzählt man Geschichten<br />

zum Einschlafen, Erwachsenen, damit sie aufwachen.«<br />

Ich habe schon unzählige Aha-Erlebnisse gehabt mit den vielen Geschichten,<br />

die mein Leben kreuzten, und es kommt <strong>mir</strong> so vor, <strong>als</strong> würden<br />

die handelnden Charaktere in <strong>mir</strong> lebendig werden und immer<br />

wieder zu <strong>mir</strong> sprechen. In manchen Momenten, wenn es darum geht,<br />

meine gängigen Muster zu durchbrechen, sind sie plötzlich da und dann<br />

sagt zum Beispiel der Hans im Glück: »Aber schau, du hast doch alles,<br />

29


<strong>was</strong> du gerade brauchst!« Die Geschichte »Die Hütte« (S. 64) erinnert<br />

mich daran, dass wir auch zu viert genug Platz haben in unserer kleinen<br />

Wohnung, selbst wenn ich gerade wieder meine: »Ich hätte so gern<br />

mein eigenes Zimmer.«<br />

Auch beim Geschichtenlesen geschehen sicherlich viele wunderbare<br />

Dinge im Gehirn. Aber noch viel Wunderbareres geschieht, wenn wir<br />

uns zum Beispiel um ein Lagerfeuer versammeln, und es erzählt jemand<br />

eine Geschichte.<br />

Da ist zum einen die persönliche Beziehung. Wie schön ist es von der<br />

Großmutter oder einem anderen lieben Menschen, et<strong>was</strong> erzählt zu<br />

bekommen und für Kinder dabei womöglich noch im Arm gehalten zu<br />

werden. Solche Geschichten werden zu unseren Lebensbegleitern und<br />

erinnern uns daran, dass es Menschen gab, die uns unterstützten und<br />

liebten.<br />

Wie wichtig dieser soziale Aspekt ist, zeigt sich darin, wie Menschen<br />

sprechen lernen. Das geschieht über das soziale Gehirn, über Verbindungen<br />

zu anderen Menschen. Versuche, hörenden Kindern taubstummer<br />

Eltern das Sprechen mit einem Fernseher beizubringen, sind alle gescheitert,<br />

weil das im Fernseher gesprochene Wort nichts mit den Kindern zu<br />

tun hatte. »Der Weg ins Sprachhirn führt über das soziale Hirn. Kein Baby<br />

lernt eine Sprache, wenn es fernschaut. Fernsehen ist nicht sozial«, sagt<br />

die US-amerikanische Sprachforscherin Patricia K. Kuhl. Darin mag sich<br />

auch begründen, worin der Unterschied zwischen Vorlesen und <strong>Erzähl</strong>en<br />

30


liegt. Beim Vorlesen kann es leicht passieren, dass man unpersönlich wird.<br />

Russische Forscher haben herausgefunden, dass Äußerungen Erwachsener<br />

von Kindern nur dann <strong>als</strong> Sprache wahrgenommen werden, wenn<br />

sie über das Hören hinaus auch Fragen stellen können. (Georg Dreißig,<br />

2002, S. 54) Man kann das <strong>Erzähl</strong>en durchaus <strong>als</strong> einen Dialog gestalten:<br />

Es darf nachgefragt werden, es darf mitgesprochen, mitgedacht und mitgefiebert<br />

werden. Du kannst <strong>als</strong> <strong>Erzähl</strong>er die Geschichte unterbrechen<br />

und deinen Zuhörern Fragen stellen, gemeinsam überlegen, wie es wohl<br />

weitergeht und wie den einzelnen Protagonisten wohl zumute ist und so<br />

weiter. Das ist das Schöne am freien <strong>Erzähl</strong>en: Du darfst verspielt sein,<br />

mitgestalten, das Tempo, die Sprache, die Schwerpunkte bestimmen.<br />

Und du kannst in einem besonderen Maße auf deine Zuhörer eingehen.<br />

Ich glaube, das ist gerade für Kinder von großer Bedeutung. Sie wissen,<br />

da ist ein echter Mensch, der ihnen die Geschichte erzählt, und sollte es<br />

ihnen zu spannend werden oder sie et<strong>was</strong> nicht verstehen, dann können<br />

sie »Stopp« rufen oder nachfragen; diese Möglichkeit haben sie vor dem<br />

Fernseher oder bei Hörbüchern nicht, das gibt ihnen beim Zuhören einer<br />

mündlich vorgetragenen Geschichte Sicherheit.<br />

Dann ist da der magische Moment: Eine Geschichte, die frei erzählt<br />

wird, ist je<strong>des</strong> Mal anders, je<strong>des</strong> Mal neu und nur für diesen Augenblick,<br />

für genau diese Zuhörer. Es ist keine vorgelesene, alte Geschichte, sondern<br />

eine lebendige Neuschöpfung.<br />

Vielleicht ist es nur Zufall, vielleicht auch nicht, dass es oft eine Formulierung,<br />

ein Bild oder eine Begebenheit gibt, die dich besonders berührt,<br />

31


zu deiner Lebenssituation passt, oder dein Herz plötzlich »Aha!« sagen<br />

lässt. Manchmal geschieht das auch erst Wochen später und plötzlich<br />

bekommt ein Bild aus der Geschichte eine ganz neue Bedeutung. Das<br />

ist das große Geheimnis in den Geschichten: Sie sind vielschichtig, verkleidet<br />

und indirekt. Die Wahrheit, die sie enthalten, wird dir nicht vor<br />

den Latz geknallt, so dass du beschämt zurückweichst oder dich stolz<br />

abwen<strong>des</strong>t. Sie wird dir indirekt zugeflüstert und du kannst das, <strong>was</strong><br />

du gerade bereit bist zu hören, wahrnehmen und den Rest eben später.<br />

Außerdem geht es ja nicht um dich, sondern um die Person in der Geschichte,<br />

oder? Und genau dazu gibt es eine Geschichte:<br />

32


Die Wahrheit und das Märchen<br />

Jüdisches Märchen aus Israel<br />

Die Wahrheit ging durch die Straßen der<br />

Stadt, ganz nackt, wie am Tage ihrer<br />

Geburt. Kein Mensch wollte sie ins Haus<br />

einlassen. Jeder, der sie traf, flüchtete voller<br />

Angst vor ihr. Da war die Wahrheit betrübt<br />

und verbittert.<br />

Als sie eines Tages wieder einmal in Gedanken<br />

versunken durch die Straßen ging,<br />

begegnete sie dem Märchen.<br />

Das Märchen war geschmückt mit prächtigen<br />

bunten Kleidern, die je<strong>des</strong> Auge und<br />

je<strong>des</strong> Herz entzückten.<br />

»Sag <strong>mir</strong>, geehrte Freundin«, fragte das<br />

Märchen die Wahrheit, »warum bist du so<br />

bedrückt und drehst dich auf den Straßen<br />

so betrübt herum?«<br />

Da antwortete die Wahrheit: »Es geht <strong>mir</strong><br />

schlecht, ich bin alt, kein Mensch will mich<br />

kennen, keiner mag mich.«<br />

Doch das Märchen entgegnete ihr: »Nicht<br />

weil du alt bist, lieben dich die Menschen<br />

nicht. Auch ich bin sehr alt, und je älter ich<br />

werde, <strong>des</strong>to mehr lieben mich die Menschen.<br />

Siehe, ich will dir das Geheimnis der<br />

Menschen enthüllen: Sie mögen es, wenn<br />

jemand geschmückt ist, schön gekleidet<br />

und hübsch anzusehen. Ich werde dir solch<br />

herrliche Kleider borgen, mit denen ich angezogen<br />

bin, und du wirst sehen, dass die<br />

Leute auch dich lieben werden.«<br />

Die Wahrheit befolgte diesen Rat und<br />

schmückte sich mit den Kleidern <strong>des</strong> Märchens.<br />

Und seitdem gehen Wahrheit und<br />

Märchen zusammen, und beide sind bei<br />

den Menschen beliebt.<br />

33


Verrückte<br />

Elster<br />

Es gibt bestimmt noch mehr Dinge, die besonders sind an erzählten Geschichten.<br />

Vielleicht hast du manche davon schon selbst erlebt? Erinnerst<br />

du dich an Geschichten, die dir erzählt wurden? Und wie sie dein Leben<br />

begleitet haben? Vielleicht eine Lieblingsgeschichte aus deiner Kindheit?<br />

Mir ist aufgefallen, dass erzählte Geschichten leichter gemerkt und weitererzählt<br />

werden können <strong>als</strong> vorgelesene Geschichten. (Genau dafür<br />

sind Geschichten ja da! Zum Weitererzählen!)<br />

Ich lese meinen Kindern viel vor; und auch wenn ich mich anstrenge,<br />

dies lebendig und mit viel Ausdruck und der nötigen Langsamkeit zu tun,<br />

klingt es anders, <strong>als</strong> wenn jemand frei erzählt. Es klingt authentischer<br />

und ist langsamer gesprochen. Ich glaube insgeheim, dass die Bilder, die<br />

der <strong>Erzähl</strong>ende in seinem Kopf sieht, in die Herzen der Zuhörer wandern.<br />

Solltest du, wie wir auch, <strong>als</strong> Naturmentor, Wildnispädagoge, Erzieher,<br />

Elternteil oder ähnliches tätig sein, dann kann es für dich gewiss sehr<br />

nützlich sein, das <strong>Geschichtenerzählen</strong> zu deinem Lieblingswerkzeug zu<br />

34


machen. Egal ob Wissen über bestimmte Pflanzen oder Tiere vermittelt<br />

werden, ein Spiel eingeleitet werden soll oder du möchtest, dass alle still<br />

dasitzen und endlich Ruhe geben: <strong>Geschichtenerzählen</strong> hilft dir dabei!<br />

Du schenkst deinen Schützlingen damit eine gemeinsame Geschichte,<br />

eine gemeinsame Kultur, et<strong>was</strong>, das alle stark verbindet und die Menschen<br />

auch mit dir. Wenn ich jemanden erzählen höre, dann fühle ich<br />

mich dieser Person gleich viel näher. Hast du das auch schon einmal<br />

erlebt?<br />

35


Wie man gute<br />

Geschichten gut erzählt<br />

Die gute Nachricht gleich vorweg: Es ist alles viel einfacher, <strong>als</strong> du denkst!<br />

Und im Grunde liegt genau da das Problem. Wir denken einfach zu viel:<br />

»Ist die Geschichte gut? Werde ich nicht einen wichtigen Teil vergessen?<br />

Was ist, wenn ich ins Stocken gerate?«<br />

Kommt dir das bekannt vor? Wir alle kennen das, nur sollte dich das nicht<br />

vor der großartigen Erfahrung zurückhalten, die du machen wirst, wenn<br />

du eine Geschichte erzählst. Für einen raschen Überblick fasse ich die<br />

wichtigsten Punkte in eine Liste zusammen:<br />

<strong>Erzähl</strong>e nur Geschichten, die du wirklich gut kennst.<br />

Versuche es erstmal in einem kleineren Rahmen, bevor du dich auf<br />

eine große Bühne wagst (wie im Wildniscamp vor 30 Kindern), wobei<br />

die Bühne hier auch ein Lagerfeuer sein kann.<br />

<strong>Erzähl</strong>e deine Geschichte nur Menschen, die wirklich bereit sind<br />

zuzuhören.<br />

Lustige Geschichten sind anfangs leichter zu erzählen.<br />

Kürzere Geschichten sind anfangs leichter zu erzählen.<br />

Sei lebendig und bewege dich zu deiner Geschichte.<br />

Tauche ein in die Charaktere der Geschichte und fühle, fühle, fühle!<br />

36


Male innere Bilder, während du eine Geschichte erzählst.<br />

Sei respektvoll mit Geschichten und vergiss nie, woher sie kommen<br />

und wie sie ihren Weg zu dir fanden!<br />

Das Lampenfieber ist oft groß. Vor allem vor dem ersten Mal. Aber selbst<br />

später wirst du diesem Gefühl immer wieder begegnen. Und das ist auch<br />

gut so! Das Lampenfieber wird dich immer daran erinnern, worum es<br />

geht, und dich prüfen, wie sicher du dir bist. Nebenbei macht es dich<br />

auch sehr lebendig. Wenn du <strong>als</strong>o noch Furcht vor dem <strong>Erzähl</strong>en hast<br />

oder es überhaupt das erste Mal probierst, dann suche dir eine Geschichte,<br />

die du in- und auswendig kennst. Vielleicht, weil sie dir deine Großmutter<br />

immer erzählt hat, oder weil es die Geschichte ist, die du das<br />

erste Mal in einem Wildniscamp gehört hast und die sich derart in dir<br />

eingebrannt hat.<br />

Ist dir bereits eine eingefallen? Nein? Dann fin<strong>des</strong>t du vielleicht eine in<br />

diesem Buch, die dich anspricht und so begeistert, dass du nach dem<br />

ersten Lesen sehr viel von ihr im Kopf behalten hast. Du fin<strong>des</strong>t im Buch<br />

auch einige Tipps dazu, wie man sich Geschichten leicht merken kann.<br />

Es ist wichtig, dass du mit allen Details der Geschichte vertraut bist,<br />

denn alles, <strong>was</strong> in dir noch Fragen aufwirft, wird auch für deine Zuhörer<br />

unklar bleiben.<br />

37


Wenn du dir sicher bist, dass du nun eine Geschichte sehr gut im Kopf<br />

hast, und auch den Willen hast, sie zu erzählen, dann suche dir eine passende<br />

Gelegenheit, um sie zunächst nur Kindern zu erzählen.<br />

Kinder lieben Geschichten und das Erfolgserlebnis wird großartig für<br />

dich sein. Erwachsene sind ein eigenes Kapitel. Fange klein an und suche<br />

dir Kinder – je jünger <strong>des</strong>to besser; zum Beispiel bei einer Geburtstagsfeier,<br />

auf einem Adventmarkt, im Wildniscamp, im Kindergarten … Wenn<br />

du es dir ganz leicht machen willst, dann schaue, dass das Ganze auf<br />

einem Wildniscamp geschieht, am Abend, wenn es schon dunkel ist und<br />

alle am Lagerfeuer sitzen. Bei uns sind die meisten Kinder dann schon<br />

so müde, dass nur noch eine Handvoll sitzen bleibt und die Lagerfeuerschläfer<br />

sich in ihre Schlafsäcke kuscheln. Das ist die perfekte Umgebung<br />

für einen Geschichtenerzähler-Anfänger, und diese Kinder sind dankbare<br />

Testpersonen!<br />

Du kannst aber auch nur einem einzigen Kind erzählen, beim zu Bett<br />

gehen zum Beispiel oder in einem Moment der Pause beim Waldspaziergang.<br />

Schau einfach, <strong>was</strong> du dich traust!<br />

Fang klein an!<br />

Aber: Fang an!<br />

38


Übung: Landkarte malen<br />

Eine weitere Möglichkeit, sich mit einer Geschichte vertraut zu machen,<br />

ist eine Geschichten-Landkarte zu malen. Du weißt, von wo nach wo der<br />

Held gewandert ist, wo die alte Hexe wohnt und wo die Prinzessin lebt.<br />

Du kennst die Bäume, an denen sie vorbeigelaufen sind, und weißt, wo<br />

der Mond aufgegangen ist. Das kann sehr hilfreich sein, vor allem bei<br />

komplexeren Geschichten.<br />

Bei dieser Geschichte kannst du eine Skizze von der Hütte machen, der<br />

Weide der Tiere und den Höfen der Nachbarn und dann den Weg zu dem<br />

alten Mann. Wo geht die Sonne auf? Wo fließt ein Bach? All das kann dir<br />

helfen, dich mit der Geschichte zu verbinden.<br />

68


Wie die Vögel zu ihren Federn kamen<br />

Seneca, Nordamerika; abgewandelte Fassung von »How buzzard got his clothing«, Arne Winter<br />

Früher, <strong>als</strong> die Welt noch jung war und<br />

der große Schöpfergeist alle Dinge erschuf,<br />

liefen die Vogelwesen nackt auf der<br />

Erde umher, während die anderen Tiere<br />

bereits ihr Felle oder Schuppen hatten. Den<br />

Vögeln war nachts kalt und alles <strong>was</strong> sie Essen<br />

konnten waren die toten Fische, die das<br />

Wasser an das Ufer spülte. Das machte sie<br />

unglücklich.<br />

In einem ihrer Redekreise waren sie sich<br />

einig, dass eine Veränderung bitter nötig<br />

war. So wie die Tiere ihre Felle hatten, so<br />

wollten auch sie Gewänder, die ihre Haut<br />

wärmt und schützt. Einer der großen und<br />

angesehenen Vögel, der eine Art Häuptlingsrolle<br />

inne hatte, schlug vor, dass alle<br />

Angehörigen der großen Vogelnation beim<br />

nächsten Sonnenaufgang von Herzen zum<br />

großen Schöpfergeist beten mögen. Jeder<br />

Vogel sollte sein persönliches Lied der großen<br />

Schöpferkraft widmen.<br />

Am nächsten Morgen, <strong>als</strong> das erste Sonnenlicht<br />

die Erde berührte, sich der Himmel<br />

Stück für Stück erhellte und in allen<br />

Farben zu leuchten begann, sangen die Vögel<br />

von Herzen ihre Lieder.<br />

Einer der kleineren Vögel, der die ganze<br />

Nacht vor Aufregung hat fast nicht schlafen<br />

können, sah <strong>als</strong> erster die winzigen Sonnenstrahlen<br />

und begann sofort, ganz aufgeregt<br />

zu zwitschern und zu singen. Weil er<br />

so aufgeregt war und fast nicht geschlafen<br />

hatte, mischte sich unter seinen Gesang<br />

ein heiseres Kratzen, das bis heute für diesen<br />

Vogel unverkennbar geworden ist. Ein<br />

anderer Vogel, der von unserem kleinen<br />

Freund geweckt wurde, begann daraufhin<br />

mit seinem Gesang; der war so bezaubern<br />

schön, dass er für seine besondere Fähigkeit<br />

zu singen, diese Fertigkeit nun auch in seinem<br />

Namen trägt. Nach und nach stimmten<br />

alle Vögel in den gemeinsamen Gesang<br />

69


ein, sodass ein riesiges Konzert entstand.<br />

Manche Vögel piepsten, flöteten, säuselten<br />

leise, krächzten oder fauchten. Jeder auf<br />

seine ganz persönliche Art. Nur ein Vogel<br />

wollte nicht so recht ein eigenes Lied einfallen;<br />

und so sang er einfach ein bisschen<br />

von allem, <strong>was</strong> er von den anderen Vögeln<br />

und Geräuschen ringsherum hörte. Darum<br />

nennt man ihn bis heute Spottdrossel. Der<br />

Gesang der Vögel war so laut und wunderschön,<br />

dass er die Ohren <strong>des</strong> Schöpfergeistes<br />

erreichte. Dieser sandte einen seiner Helfer<br />

hinab auf die Erde, der im Kreise der Vögel<br />

<strong>des</strong>sen Nachricht verkündete. »Der Schöpfergeist<br />

hat eure Gebete und Bitten vernommen<br />

und möchte euch helfen. Wählt einen<br />

aus eurer Mitte, der <strong>als</strong> Bote der Vogelnation<br />

am nächsten Morgen in den Himmel<br />

hinauffährt, um dort das Geschenk an die<br />

Vogelnation im Empfang zu nehmen. Als<br />

einer der ersten soll dieser Bote die Fähigkeit<br />

zu fliegen erlangen.«<br />

Nach dem der Helfer der Schöpferkraft<br />

wieder verschwunden war, begann eine<br />

aufgeregte Diskussion darüber, wer <strong>als</strong> Bote<br />

zum Schöpfer geschickt werden sollte.<br />

»Als euer Häuptling würde ich diese Aufgabe<br />

voller Stolz übernehmen, doch es ist<br />

sicher eine lange Reise und ich habe so<br />

viele andere Verpflichtungen, denen ich<br />

nachkommen muss«, sprach der große und<br />

angesehene Vogel. Und auch der kleinste<br />

unter ihnen sah sich nicht <strong>als</strong> den richtigen<br />

70


für diese Aufgabe: »Ich würde es liebend<br />

gern übernehmen, aber ich bin so klein,<br />

dass mich der Schöpfergeist womöglich<br />

übersieht.«<br />

Ein kleinerer, pummeliger, aber sehr respektierter<br />

Vogel im Ratskreis schlug einen<br />

mittelgroßen Vogel vor, der bei allen <strong>als</strong><br />

großmütig und geduldig bekannt war. Er<br />

hatte einen sehr auffälligen langen, nach<br />

unten gebogenen roten Schnabel, mit dem<br />

er in der Erde nach Insekten, Larven, Würmern,<br />

Schnecken und anderen kleinen Getier<br />

suchte. Seine leuchtend gelben Augen<br />

strahlten, <strong>als</strong> er vorgeschlagen wurde, und<br />

mit großem Stolz nahm er die einstimmige<br />

Wahl der Vögel an.<br />

Alle Vögel waren sehr aufgeregt und fragten<br />

sich, wie das Geschenk <strong>des</strong> Schöpfers<br />

wohl aussehen möge. Sie beglückwünschten<br />

den gewählten Botschaftervogel und<br />

wünschten ihm für seine Reise alles Gute.<br />

Am nächsten Morgen, <strong>als</strong> die Sonne den<br />

Himmel erhellte, breitete der Botschaftervogel<br />

<strong>als</strong> erster Vogel seine Schwingen aus<br />

und wie ein Wunder trug es ihn hinauf in<br />

den Himmel. Höher und höher, bis die anderen<br />

in nur noch <strong>als</strong> winzigen Fleck am<br />

blauen Himmelszelt erkennen konnten.<br />

Auf seiner Reise zum Schöpfergeist dachte<br />

er ständig darüber nach, welche Ehre ihm<br />

zu Teil wurde und wieviel Respekt er wohl<br />

von allen erhalten würde. Dabei verlor er<br />

seine Bescheidenheit und malte sich aus,<br />

wie er <strong>als</strong> Ehrenmitglied in den Ratskreis<br />

oder gar <strong>als</strong> der neue Häuptling der Vogelnation<br />

aufgenommen würde.<br />

Beim Schöpfergeist angekommen, in einer<br />

riesigen Halle aus Wolken, vernahm er<br />

<strong>des</strong>sen Stimme: »Schau dich um. Für jeden<br />

aus der Vogelnation habe ich ein eigenes<br />

Gewand aus Federn gefertigt. Keines gleicht<br />

dem anderen. Als Botschafter hast du die<br />

Ehre, dir das Federkleid, welches dir am<br />

besten gefällt, herauszusuchen. Bedenke,<br />

dass du je<strong>des</strong> Gewand nur einmal anziehen<br />

kannst. Sobald du es wieder ablegst, fällt es<br />

nieder zur Erde und wird zum Gewand eines<br />

anderen Vogels. Wähle <strong>als</strong>o weise!«<br />

71


Als sich unser Botschaftervogel umsah,<br />

erblickte er eine lange Stange, die an eine<br />

Garderobe erinnerte. An ihr waren unzählige<br />

Haken mit unzähligen Gewändern.<br />

Die Stange war so lang, dass er deren Ende<br />

nicht sehen konnte.<br />

Er war von der Vielfalt an Farben und<br />

Mustern so ergriffen, dass er voller Aufregung<br />

umhersprang und sich nicht entscheiden<br />

konnte. Da es aber unzählige Gewänder<br />

waren, beruhigte er sich selbst, in dem<br />

er zu sich sagte: »Bei so vielen Gewändern<br />

habe ich keinen Stress, ich werde sie einfach<br />

in Ruhe ausprobieren, bis ich das perfekte<br />

und schönste Gewand gefunden habe.<br />

Als Botschafter brauche ich schließlich das<br />

schönste Federkleid von allen!«<br />

Er griff wahllos zu und streifte sich<br />

das erste Gewand über. Nun hatte er ein<br />

schwarzes Gesicht, eine schwarze Kehle<br />

und einen wunderschönen roten Schwanz.<br />

Nur der graue Rücken und die braunen<br />

Schwingen gefielen ihm nicht so recht und<br />

so legte er das Gewand wieder ab. Sogleich<br />

fiel es hinab und landete genau auf den kleinen<br />

Vogel, der <strong>als</strong> erster begonnen hatte zu<br />

singen. Fröhlich hüpfte er umher, sang sein<br />

Lied mit der krächzenden Strophe und flog<br />

davon. Bis heute singt er <strong>als</strong> einer der aller<br />

ersten Vögel bei Sonnenaufgang und wird<br />

»Rotschwanz« genannt.<br />

Der Botschaftervogel wählte <strong>als</strong> nächstes<br />

ein braunes Gewand von dem die gefleckte<br />

Brust ihm besonders gut gefiel. Die vielen<br />

braunen Punkte auf seiner hellen Brust<br />

sahen beim näheren Betrachten aus wie<br />

lauter auf dem Kopf stehende Herzen. »Ei,<br />

wie schön!«, dachte er. Doch dann streifte<br />

sein Blick über die vielen anderen bunten<br />

Gewänder und so legte er auch dieses<br />

wieder ab. Sogleich fiel es hinab zur Erde<br />

und landete exakt auf den Vogel, der vom<br />

Rotschwanz geweckt worden war und so<br />

wunderschön singen konnte. Auch er war<br />

voller Freude über dieses Geschenk und<br />

empfand sein Gewand <strong>als</strong> wunderschön.<br />

Er flog auf den nächsthöheren Ast und begann<br />

vor Freude zu singen. Das macht er<br />

72


is heute und daher nennt man ihn »Singdrossel«.<br />

Ein Gewand nach dem anderen probierte<br />

der gewählte Botschafter, doch keines schien<br />

ihm das richtige zu sein. Manche waren zu<br />

langweilig, anderen zu eng oder zu weit.<br />

Und je<strong>des</strong>, das er wieder auszog, fiel sogleich<br />

zur Erde hinab zu einem der anderen<br />

Vögel. Darunter war ein Gewand, das zwar<br />

schlicht braun und grau war, aber einen tollen<br />

orange-roten Gesichts- und Kehlfleck<br />

hatte. Dies bekam der kleine, pummelige<br />

Vogel, der den Vorschlag<br />

für den Botschafter-Vogel<br />

gemacht hatte, dem<br />

alle zustimmten. Dieser<br />

Vogel ist nun <strong>als</strong> »Rotkehlchen«<br />

bekannt.<br />

Ein Gewand war wunderschön<br />

bunt und glänzend.<br />

Es leuchtete in<br />

allen Farben! Doch es<br />

war so klein, dass der<br />

Botschafter-Vogel darin<br />

kaum Luft bekam und<br />

es daher wieder auszog.<br />

Dieses Federkleid bekam<br />

der kleinste Vogel von allen,<br />

der heute <strong>als</strong> »Kolibri«<br />

bekannt ist.<br />

73


Ein Gewand nach dem anderen probierte<br />

unser Botschafter-Vogel aus, doch keines<br />

war ihm das richtige. Und so kam es, wie<br />

es kommen musste, denn plötzlich war tatsächlich<br />

nur noch ein letztes Gewand übrig.<br />

Es schimmerte – Gott sei Dank! – wunderbar<br />

grün, blau und lila. Doch <strong>als</strong> er es anzog<br />

und versuchte, die Kapuze über seinen Kopf<br />

zu ziehen, stellte er fest, dass sie zu kurz<br />

war und nur knapp über den Nacken reichte.<br />

Trotz der vielen schönen Fransen daran<br />

konnte ihn das nicht glücklich stimmen.<br />

Und auch die Hosenbeine waren zu kurz<br />

und gingen ihm nicht über die Knie. Verzweifelt<br />

rief er nach dem Schöpfer. Sollte er<br />

tatsächlich mit nacktem Kopf und Beinen<br />

zu den anderen zurückkehren? Doch der<br />

Schöpfergeist antwortete nicht und unser<br />

Vogel erinnerte sich an <strong>des</strong>sen Warnung. Er<br />

schämte sich für seinen überheblichen Stolz<br />

und erinnerte sich daran, dass ihn die anderen<br />

doch wegen seiner Bescheidenheit und<br />

Demut erwählt hatten. Seine Scham war so<br />

groß, dass sein Kopf rot anlief. Er flog zur<br />

Erde hinab hinein in den tiefsten Wald, wo<br />

ihn die anderen Vögel nicht sehen konnten.<br />

Bis heute lebt er sehr versteckt und ist kaum<br />

zu finden. Auch hat er bis heute einen roten<br />

Kopf, weil er sich noch immer schämt.<br />

Vielleicht hast du Glück und entdeckst ihn<br />

mal im Wald, den »Waldrapp«, wie er seither<br />

genannt wird.<br />

74


Goldschakal<br />

Diese Geschichte eignet sich dafür, Wissen über das Aussehen und den<br />

Gesang individueller Vögel zu vermitteln. Verwende dafür Vögel, deren<br />

Gefieder und Gesang du gut kennst.<br />

75


Heimliche<br />

Wissensvermittlung<br />

Mit Hilfe <strong>des</strong> <strong>Geschichtenerzählen</strong>s kannst du theoretisches Wissen völlig<br />

unbemerkt in die Köpfe und Herzen der Zuhörer pflanzen. Natürlich<br />

geht das vor allem mit Tiergeschichten gut. Hier kann man das Tier vor<br />

den Zuhörern pantomimisch lebendig werden lassen und in blumigen<br />

Ausschmückungen viel über das jeweilige Tier erzählen. Wichtig ist, dass<br />

du selbst viel über das Tier weist. Was frisst es? Was sind seine Hauptsinne?<br />

Wann wird es aktiv? Wo wohnt es? Welche Umgebung mag das<br />

Tier? Wie ist das soziale Leben dieser Tiere? Und vieles mehr.<br />

Man kann auf diese Art auch Wissen über Bäume, Pflanzen, Sternbilder,<br />

fremde Kulturen, handwerkliche Techniken und dergleichen vermitteln.<br />

Wenn das Wissen in dir lebendig genug ist und du es auch so erzählst,<br />

wird es den Zuhörern nicht stören und die Geschichten nur bereichern.<br />

Wenn du allerdings auf Biegen und Brechen alle möglichen Theorien in<br />

die Geschichte einbauen möchtest, könnte es sein, dass es langatmig<br />

und langweilig für die Zuhörer wird und sie in Gedanken abschweifen.<br />

Probiere es aus und du wirst direkt spüren, <strong>was</strong> gut funktioniert und <strong>was</strong><br />

nicht. Aber sei dir <strong>des</strong>sen bewusst, dass es einmal sehr gut funktionieren<br />

kann – weil die Sterne dafür gerade gut standen oder das Publikum<br />

dafür offen war? –, doch beim nächsten Mal vielleicht eben nicht. Achte<br />

auf deine Zuhörer und ihre Körpersprache – gähnen sie oder zappeln sie<br />

76


herum? – und die allgemeine Stimmung im Raum; das wird dir <strong>als</strong> Maßstab<br />

weiterhelfen.<br />

Ich habe meinen Kindern auf diese Art ganze Bestimmungsbücher<br />

lebendig werden lassen und ihnen zu den Tieren einfache, kleine Geschichtchen<br />

erfunden wie zum Beispiel den Tag einer Waldmaus oder<br />

die Partnersuche eines Fuchses. Kleine Kinder lieben das. Und nebenbei<br />

lernen sie et<strong>was</strong> über die Fressgewohnheiten der Tiere, ihr Habitat und<br />

zu welcher Tages- oder Nachtzeit sie unterwegs sind. Aber vor allem bekommen<br />

sie einen Bezug zu den Tieren!<br />

77


Der Asket, der Purzelbäume schlug<br />

Indien<br />

In Indien sind fahrende Asketen und Fakire<br />

keine Seltenheit, doch gibt es unter<br />

den angeblich heiligen Männern auch viele<br />

Scharlatane. Und eine Bäuerin gab es einmal,<br />

der waren diese Männer alle nicht<br />

geheuer, und so verbot sie ihrem Sohn, zu<br />

ihnen hinzugehen.<br />

Einmal ist ein Asket ins Dorf gekommen,<br />

der war sich nicht zu schade für die Kinder,<br />

die ihm lachend folgten, allerlei Späße zu<br />

machen und auf der staubigen Straße Purzelbäume<br />

für sie zu schlagen. Als die Mutter<br />

ihn dabei beobachtete, rief sie ihrem<br />

Jungen zu: »Zu diesem Mann darfst du gehen,<br />

er ist ein wahrhaft Heiliger!«<br />

Was gibt es heiligeres<br />

<strong>als</strong> die Freude der Kinder?<br />

78


Jetzt gehen wir<br />

in die Vollen<br />

Dafür gibt es die schönsten Geschichten aus der unfassbaren Fülle <strong>des</strong><br />

Geschichtenschatzes.<br />

Wenn die Atmosphäre gelöst ist, die Zuhörer entspannt und angekommen<br />

sind und der Geschichtenerzähler in Fahrt gekommen ist, können<br />

auch längere und komplexere Geschichten erzählt werden. Es gibt so<br />

unglaublich viele Geschichten und wir haben schweren Herzens nur einige<br />

ausgewählt und nicht alle aufgeschrieben, die wir lieben. Wir haben<br />

aus den verschiedenen Themen, die bei Wildniskursen eine Rolle spielen,<br />

einige ausgesucht: Feuer machen, Entstehung <strong>des</strong> Feuers, Pflanzenfreunde,<br />

Spuren lesen, in Gemeinschaft sein, der eigenen Vision folgen ...<br />

Sicherlich gibt es noch viel mehr geeignete Geschichten, doch dazu mehr<br />

im Anhang!<br />

80


Wie der Regenbogenvogel<br />

das Feuer auf die Erde brachte<br />

Herkunft: vermutlich Nordamerika; mündlich überliefert von Daniela Gschösser (Naturverbunden-Leben<br />

e.V.); niedergeschriebene Version: Lynn Lausen<br />

Vor langer, langer Zeit, <strong>als</strong> die Erde noch<br />

jung war, war es noch so, dass die Geschöpfe,<br />

die ja alle erst vor<br />

Kurzem geschaffen worden<br />

waren, sich veränderten –<br />

und diese Veränderungen<br />

genauso an ihre Nachkommen<br />

weitergaben. Wenn zu<br />

der Zeit ein Käfer in eine<br />

schwarze Pfütze fiel, so<br />

konnte es passieren, dass alle<br />

seine Nachkommen schwarz<br />

wurden, stolperte ein Tier und wurde lahm,<br />

so wurden auch alle seine Nachkommen<br />

lahm.<br />

Menschen gab es dam<strong>als</strong> noch keine,<br />

aber schon alle Tiere. Es gab schon Tag und<br />

Nacht und die Jahreszeiten und auch riesige<br />

dunkle Wälder. So kam es, dass in den langen<br />

dunklen und auch sehr kalten Winternächten<br />

die Tiere oft sehr<br />

froren. Und in einem Jahr,<br />

<strong>als</strong> auch noch viel Schnee lag<br />

und kein Tier mehr genug<br />

Nahrung finden konnte, da<br />

wussten sie nicht mehr ein<br />

noch aus. Sie trafen sich alle<br />

in einem großen Kreis, um<br />

Rat zu halten. Wenn es wenigstens<br />

nicht mehr so kalt<br />

wäre! Et<strong>was</strong> Wärme würde ihnen allen gut<br />

tun! Aber wo die herbekommen?<br />

Die einzige Wärmequelle war die Sonne,<br />

aber die schien nur für ein paar Stunden,<br />

und oft drangen ihre Strahlen nicht durch<br />

die dichten Äste der Bäume.<br />

81


Es musste wohl ein Tier et<strong>was</strong> von der<br />

Sonne herunter auf die Erde holen, und damit<br />

auch das Licht und die Wärme.<br />

Da war die Aufregung unter den Gefiederten<br />

groß – wer sollte diese ehrenvolle<br />

Aufgabe übernehmen?<br />

Gleich meldete sich ein ganz großer brauner<br />

Vogel mit gewaltigen Schwingen. Klar,<br />

er würde das Feuer holen.<br />

Er schwang sich sogleich in die Lüfte und<br />

stieg mit den Winden immer höher und<br />

höher. Von unten war er bald nur noch <strong>als</strong><br />

ein kleiner schwarzer Punkt zu erkennen.<br />

Die Sonne wanderte in strahlendem<br />

Glanze über den Himmel und sah auf einmal<br />

einen Vogel auf sich zukommen: »Komisch,<br />

<strong>was</strong> macht der so weit oben?«<br />

Sie beobachtete den Vogel, der zielstrebig<br />

und mit kraftvollen Flügelschlägen genau<br />

auf sie zusteuerte. Als er schon ziemlich<br />

nah war, konnte die Sonne auf einmal in<br />

seinen Augen ablesen, <strong>was</strong> er vorhatte. »Na<br />

warte, so nicht! Mir einfach mein Feuer<br />

stehlen, das hast du dir wohl so gedacht!«<br />

Voller Wut schleuderte die Sonne einen<br />

großen Feuerball auf den Vogel. Der traf<br />

den Vogel am Kopf, er schrie auf und stürzte<br />

einem Steine gleich in die Tiefe.<br />

Er landete mit einem Rumms inmitten<br />

der Tiere auf der Erde. Sie beugten sich besorgt<br />

über ihn und der große graue Wolf<br />

sprach: »Danke, dass du versucht hast, das<br />

Feuer zu holen. Du schaust schlimm aus,<br />

am besten du gehst zu dem klaren See und<br />

blickst einmal hinein.«<br />

Der große Vogel humpelte zum See und<br />

blickte hinein. Erschrocken rang er nach<br />

Luft. Sein ganzer Schädel war kahlgebrannt.<br />

So kommt es, dass der Geier bis heute eine<br />

Glatze trägt.<br />

Die Vögel waren sehr betroffen. So schwer<br />

hatten sie sich die Aufgabe nicht vorgestellt.<br />

Wer sollte es schaffen, wenn sogar dieser<br />

herrliche Vogel versagt hatte? Da meldete<br />

sich ein kleiner brauner Vogel. »Ich mache<br />

es, ich mache es!«, rief er und flatterte<br />

gleich los. Und wie er flattern musste! Er<br />

flatterte und flatterte. Der Weg zur Sonne<br />

82


war schon für den Geier weit gewesen, aber<br />

für den kleinen Vogel war der Weg schier<br />

unendlich. Doch er dachte nicht ans Aufgeben<br />

und schlug immer weiter mit den<br />

Flügeln. Den Blicken der Erdbewohner war<br />

er allzu bald entschwunden und die Sonne<br />

sah ihn erst, <strong>als</strong> er schon sehr nah war:<br />

»Was ist denn heute los, schon wieder so<br />

einer, <strong>was</strong> will denn der hier?« Die Sonne<br />

blickte dem Ankömmling entgegen und<br />

konnte auch bald an seinen Augen ablesen,<br />

warum er heraufgekommen war. »Was?<br />

Schon wieder? Nicht mit <strong>mir</strong>!«, rief die<br />

Sonne und schleuderte dem kleinen Vogel<br />

einen Feuerball entgegen. Doch er flog daneben,<br />

weil der Vogel so klein war. Wütend<br />

schleuderte sie noch einen und noch einen,<br />

bis ein Feuerball den Vogel schließlich an<br />

der Brust erwischte. Der arme Vogel wurde<br />

durch die Luft geschleudert und segelt wie<br />

ein Herbstblatt der Erde zu.<br />

Unten bei den Tieren war es wieder der<br />

graue Wolf, der sich über ihn beugte, sich<br />

bedankte und auch ihn zu dem klaren See<br />

schickte. Der kleine Vogel konnte sich nicht<br />

vorstellen, jem<strong>als</strong> wieder nur einen Zeh<br />

bewegen zu können, und so trug man ihn<br />

dorthin. Als er in den Spiegelsee blickte,<br />

sah er, dass dort wo ihn der Feuerball getroffen<br />

hatte, seine Federn rot geworden<br />

waren. Voller Stolz schwoll ihm die Brust<br />

an und er zeigte allen das Wahrzeichen,<br />

dass es wirklich bis zur Sonne geflogen war.<br />

Seit dem Tag hat das Rotkehlchen eine rotorange<br />

Brust.<br />

Wer sollte es <strong>als</strong> nächstes wagen? In dem<br />

betretenen Schweigen ertönte mit einem<br />

Mal die Stimme <strong>des</strong> Regenbogenvogels:<br />

»Ich werde euch das Feuer bringen!«<br />

Ein Raunen ging durch die Menge. Der<br />

Regenbogenvogel! Er war nicht nur der<br />

schönste unter den Vögeln, sondern auch<br />

der, der am herrlichsten singen konnte.<br />

Der Regenbogenvogel ließ sich Zeit und<br />

die Sonne erst noch einmal untergehen. In<br />

den frühen Morgenstunden, bevor sie wieder<br />

aufging, stieg er in die Lüfte. Er flog<br />

noch einmal über den großen Wald und<br />

83


sang sein schönstes Lied. Langsam stieg er<br />

höher und höher in den sich allmählich errötenden<br />

Himmel. Die Sonne schickte ihre<br />

ersten Strahlen in den Himmel und so wie<br />

diese sonst die obersten Spitzen der schneebedeckten<br />

Gipfel zum Erglühen bringen,<br />

traf an diesem Tag der erste Sonnenstrahl<br />

den Regenbogenvogel und ließ ihn erstrahlen<br />

wie einen Edelstein.<br />

Ganz gebannt blickte die Sonne dieser<br />

wunderbaren Erscheinung entgegen, die<br />

langsam und in tausend eleganten Kreisen<br />

näherkam. Der Regenbogenvogel sang und<br />

leuchtete und drehte sich in der Luft um<br />

sich selbst; es war ein wunderbares Schauspiel.<br />

Die Sonne war völlig verzaubert und<br />

ließ ihn immer näher und näher kommen.<br />

Doch mit einem Mal schoss der Vogel<br />

auf sie zu und riss ihr eine Flamme aus<br />

der Seite. Kaum hatte er die Flamme in<br />

seinem Schnabel, stürzte er gleich einem<br />

fallenden Stern zur Erde zurück. Die Sonne<br />

schrie auf und warf dem Dieb lodernde<br />

Feuerbälle hinterher, einen und noch einen.<br />

Der Regenbogenvogel aber sauste der Erde<br />

zu. Um ihn herum zischten die tödlichen<br />

Flammen. Es war entsetzlich heiß, einige<br />

Feuerbälle trafen ihn und brachten ihn<br />

zum Taumeln, doch er gab nicht auf.<br />

Als er endlich auf der Erde ankam, spuckte<br />

er das Feuer in einen Haufen aus Blättern<br />

und Zweigen aus, ehe er völlig erschöpft niedersank.<br />

Der graue Wolf beugte sich über<br />

ihn: »Du hast uns das Feuer auf die Erde<br />

gebracht, vielen Dank dafür! Aber auch du<br />

solltest einen Blick in den Spiegelsee werfen!«<br />

Mehr tot <strong>als</strong> lebendig schleppte sich der<br />

Regenbogenvogel dahin und blickte in sein<br />

neues Antlitz. Er war kohlrabenschwarz<br />

geworden! Er wollte seine Klage darüber in<br />

die Welt rufen, doch aus seiner Kehle drang<br />

nur ein heiseres Krächzen.<br />

Seit dem Tag ist der Rabe schwarz und er<br />

ist euch nicht mehr der mit dem schönsten<br />

Gesang, obwohl er zu den Singvögeln gehört.<br />

Nur wenn man seine Federn im Licht<br />

der Sonne hin und her dreht, sieht man ihren<br />

Regenbogenschimmer.<br />

84


85


Goldschakal<br />

Dies ist eine der vielen Geschichten, wie der Rabe das Feuer in die Welt<br />

brachte. Es gibt noch weitere und es lohnt sich, weiter zu forschen. Für<br />

diese Geschichte empfiehlt es sich, an einem Lagerfeuer zu sitzen! Und<br />

dazu noch ein Tipp: Wann immer Großvater Sonne mit Feuerbällen wirft,<br />

kann man beim <strong>Erzähl</strong>en Sägemehl in die Flammen werfen, das lieben<br />

die Kinder, denn es macht einen irren Effekt – doch dies bitte vorher unbedingt<br />

üben.<br />

Auch in dieser Geschichte wird Tierwissen vermittelt. Merkst du es?<br />

Vielleicht war das der Plan derjenigen, die solche Geschichten seit langer,<br />

langer Zeit erzählen?<br />

86


Verrückte<br />

Elster<br />

Als ich diese Geschichte das erste Mal hörte, beeindruckte mich die Tatsache,<br />

dass ich wohl niem<strong>als</strong> vorher eine Krähen- oder Rabenfeder genauer<br />

angeschaut hatte. Ich dachte, sie wären einfach nur schwarz. Und<br />

das sind sie gar nicht? Warum hatte <strong>mir</strong> das nie jemand gezeigt?<br />

Das ist ein Beispiel dafür, <strong>was</strong> uns von einer Geschichte besonders in<br />

Erinnerung bleibt – und das mit entsprechenden Emotionen verbunden<br />

ist. Ganz sicher war dies eine der Geschichten, die für mich einen Wendepunkt<br />

in meinem Leben ausmachte. Nie wieder würde ich oberflächlich<br />

et<strong>was</strong> betrachten, sondern stets bemüht sein, <strong>des</strong>sen Schatz und<br />

Tiefe zu ergründen. Und exakt das wird, wenn auch unbewusst, von <strong>mir</strong><br />

an die Zuhörer transportiert, wenn ich diese Geschichte erzähle.<br />

87


Übung: Klatsch<br />

und Tratsch<br />

Du hast nun <strong>als</strong>o eine Geschichte soweit geübt und kannst sie inhaltlich<br />

wiedergeben! Aber vielleicht traust du dir noch nicht zu, sie auf der Bühne<br />

zu erzählen. Dann ist dies jetzt eine gute Übung für dich.<br />

Suche dir einen Freund, der bereit ist, dir eine Weile zuzuhören. Und erzähle<br />

ihm die Geschichte so ganz nebenbei, so <strong>als</strong> wür<strong>des</strong>t du von deinem<br />

letzten Ausflug erzählen oder von irgendet<strong>was</strong>, das dir irgendjemand erzählt<br />

hat. Wie laufen denn solche Klatsch- und Tratsch-<strong>Erzähl</strong>ungen ab?<br />

Häufig sind sie et<strong>was</strong> ungeordnet und ganz natürlich baut ihr Rückblenden<br />

ein (»Ach ja, und die Tanja hat ja dam<strong>als</strong> diesen Freund gehabt, mit<br />

dem sie die Alpen überquert hat ... und der war nun auf dieser Party ...«)<br />

oder du musst bei Namen kurz nachdenken oder deinen Zuhörer fragen.<br />

Manchmal kann es sogar sein, dass du et<strong>was</strong> dazu erfin<strong>des</strong>t.<br />

All das machst du im Alltag ganz natürlich und nebenbei, und all das<br />

darfst du »auf der Bühne« auch machen. Das sind wichtige Hilfswerkzeuge,<br />

wenn du einmal nicht weiter weißt oder dir auffällt, dass du ein<br />

wichtiges Detail vergessen hast! Es wird keinen der Zuhörer wirklich<br />

stören und sogar den größten Geschichtenerzählern kann es passieren,<br />

dass ihnen ein Wort nicht einfällt. Und natürlich kann er dann einfach das<br />

Publikum fragen.<br />

88


Hier deine Werkzeuge:<br />

vergessene Details improvisieren<br />

Rückblenden einbauen<br />

Namen erfinden oder im Publikum erfragen<br />

vergessene Wörter im Publikum erfragen<br />

kurze bis mittellange Denkpausen<br />

Humor<br />

89


Sitzplatzgeschichten –<br />

<strong>Erzähl</strong>er und Zuhörer sein<br />

In diesem Buch haben wir uns bis jetzt auf überlieferte und erfundene<br />

Geschichten beschränkt, aber <strong>als</strong> Geschichtenerzähler kannst du natürlich<br />

auch echt erlebte Geschichten erzählen.<br />

Das ist ein sehr großes Gebiet, zu dem zum Beispiel biographisches<br />

<strong>Erzähl</strong>en, Reiseberichte und im weitesten Sinne auch historische Romane<br />

gehören. Wir beschränken uns hier auf das <strong>Erzähl</strong>en von Naturerlebnissen<br />

und Sitzplatzgeschichten, weil das <strong>als</strong> Naturmentor am ehesten von<br />

Interesse ist. Wir gehen auch nur sehr kurz auf das Thema ein, weil das<br />

eigentlich ein eigenes Buch wäre, das noch geschrieben gehört.<br />

Der Sitzplatz oder der »geheime Platz« ist ein Ort in der Natur, zu dem<br />

jemand – in unserem Fall der Geschichtenerzähler – regelmäßig hingeht<br />

und dort eine Zeitlang möglichst stillsitzt und dabei alle seine Sinne nutzt<br />

und weckt, um die Umgebung wahrzunehmen. Im besten Fall geht man<br />

täglich dorthin und auch zu jeder Jahreszeit, bei jedem Wetter und zu<br />

möglichst vielen verschiedenen Tageszeiten. Der Ort sollte leicht erreichbar<br />

sein und man sollte sich dort wohlfühlen. Viele setzen sich auf die<br />

Terrasse, weil es wichtiger ist, dass man oft dort ist, <strong>als</strong> dass es eine<br />

wunderbare Aussicht gibt. Weil der geheime Platz ein so gutes Werkzeug<br />

ist, um Menschen mit der Natur und auch sich selbst zu verbinden, sind<br />

225


Wege, um Menschen dazu zu inspirieren und motivieren, sehr gefragt.<br />

Ein Weg, der immer gut geht, ist das <strong>Erzähl</strong>en von Sitzplatzgeschichten.<br />

Ich schreibe im Folgenden eine Geschichte so auf, wie man sie erzählen<br />

könnte. Es muss nicht immer eine Adler- oder Bärenbegegnung sein,<br />

um die Zuhörer in Bann zu ziehen. Ich nehme hier bewusst ein weniger<br />

spektakuläres Tier.<br />

1. Version der Sitzplatzgeschichte<br />

Einmal bin ich im Frühsommer zu meinem geheimen Platz gegangen. Es<br />

war am Nachmittag und die Sonne hat geschienen. Das Laub war trocken<br />

und warm und hat unter meinen Füßen geraschelt. Mein Platz ist<br />

unter einer Buche und ich freue mich immer, wenn ich dort ankomme,<br />

denn es ist wie einen Freund zu treffen oder nach Hause zu kommen.<br />

Als ich dort stillsitze, höre ich die Vögel singen, es duftet nach Sonne<br />

auf Waldboden, kennt ihr den Geruch? Alles ist warm und trocken und<br />

ich lehne mich gemütlich an meine Buche.<br />

Gerade ist es erstaunlich still im Wald, hier und da höre ich die Blätter<br />

knistern und sogar das leise Tippen der Ameisenfüße auf den Blättern<br />

kann ich hören.<br />

Da, auf einmal raschelt es relativ laut fast direkt neben meinen Füßen.<br />

Neugierig schaue ich auf die Stelle, von der ich die Geräusche höre und<br />

226


in schon bereit, dort ein größeres Tier auftauchen zu sehen. Aber erst<br />

einmal raschelt es nur weiterhin und die Blätter fangen auch an sich<br />

leicht zu bewegen. Irgend<strong>was</strong> unter den Blättern sorgt dafür, dass sie hin<br />

und her zucken.<br />

Ich merke, wie meine ganze Aufmerksamkeit zu diesem Et<strong>was</strong> wandert.<br />

Da auf einmal schiebt sich ein Blatt zur Seite und es kommt ein Tierchen<br />

heraus, das glitzert und blinkt in der Sonne. Wie ein Märchenprinz<br />

schillert es in blau und schwarz, es hat einen halbrunden Panzer und<br />

kräftige Beine mit Widerhaken.<br />

Voller Bewunderung beuge ich mich vor und beobachte den Miniaturritter,<br />

wie er sich mühevoll über die Blätter kämpft. Wie anders muss<br />

der Wald für ihn sein, wenn je<strong>des</strong> Blatt ihm wie ein haushohes Hindernis<br />

vorkommt.<br />

2. Version der Sitzplatzgeschichte<br />

Ich war heute im Wald auf meinem geheimen Platz und habe einen Käfer<br />

gesehen.<br />

227


In beiden Versionen wird die gleiche Geschichte erzählt; das eine Mal<br />

wird nur der Inhalt wiedergegeben und das andere Mal werden die Bilder<br />

nacherzählt. Man kann das noch plastischer ausschmücken und noch<br />

viele schillernde Details oder besondere Gedanken oder Gefühle erzählen.<br />

Mir ging es darum zu veranschaulichen, wie man <strong>als</strong> Geschichtenerzähler<br />

selbst aus unspektakulären Naturerlebnissen inspirierende und<br />

motivierende Geschichten macht.<br />

Was für Möglichkeiten hast du dafür?<br />

Details erzählen, die wichtig sind, damit sich der Zuhörer eine möglichst<br />

genaue Vorstellung von der Szenerie machen kann: Jahreszeit,<br />

Wetter, Lage, typische Pflanzen und so weiter.<br />

Möglichst viele Sinneseindrücke beschreiben wie Geschmack, Geräusche,<br />

Gerüche, Bodenbeschaffenheit; noch besser so von diesen Sinneseindrücken<br />

erzählen, dass bei den Zuhörern eigene ähnliche Sinneserfahrungen<br />

wachgerufen werde beziehungsweise in ihrer Vorstellung<br />

aktiv werden. Das gelingt zum Beispiel durch Vergleiche und<br />

Fragen wie »Kennt ihr das, wenn Tauwetter ist?«<br />

Tiererlebnisse mit vielen Details wie in Zeitlupe nacherzählen, ohne<br />

gleich zu verraten, <strong>was</strong> für ein Tier das ist – ähnlich wie bei Ratespie-<br />

228


len. Wie geht das Tier, wie sieht es aus, welche Geräusche macht es,<br />

ist es zu riechen, wie bewegt es seinen Körper und Kopf, <strong>was</strong> scheinen<br />

seine Hauptsinnesorgane zu sein? Natürlich ist es einfacher, den<br />

Namen von dem Tier zu verraten, aber dann werden die Zuhörer<br />

sofort unaufmerksam. Sie denken dann: »Aha, kenne ich schon« und<br />

überlegen, <strong>was</strong> sie schon alles über das Tier wissen, ohne weiterhin<br />

genau zuzuhören.<br />

Verspielt sein! Lass dich mitreißen von der Geschichte, ahme alles<br />

nach, <strong>was</strong> du nachahmen kannst und magst, locke deine Zuhörer auf<br />

f<strong>als</strong>che Fährten ...<br />

Es gibt ein noch viel kraftvolleres Werkzeug, um Menschen zu motivieren,<br />

aufmerksam in der Natur zu sein: ein guter Zuhörer sein!<br />

Etabliere einen Rahmen und eine Routine, in denen Naturerlebnisse geteilt<br />

werden können. Wir wollen unsere Geschichten nämlich erzählen<br />

und wir wollen sie teilen. Wir wünschen uns, dass sie wertschätzend aufgenommen<br />

werden und sie den anderen helfen und inspirieren. Gerade<br />

bei Kindern kann man häufig beobachten, dass sie alles Erlebte sogleich<br />

weitererzählen müssen. Und nur das, <strong>was</strong> auch wahrgenommen und geteilt<br />

wurde, hat für sie einen Wert. Bestimmt hast du schon oft von ihnen<br />

die Aufforderungen gehört: »Schau mal!« oder »Guck!« Mein Sohn hatte<br />

229


zwischen seinem sechsten und achten Lebensjahr diesen Ausruf »Arne,<br />

guck!« so oft am Tag gesagt, sicher einhundert Mal, dass ich mich so sehr<br />

daran gewöhnt hatte. Ich war sogar irritiert, <strong>als</strong> ich dieses »Geräusch«<br />

nicht mehr hörte, wenn wir zum Beispiel getrennt unterwegs waren. Ich<br />

habe es dann schließlich einmal auf meinem Handy aufgenommen und<br />

<strong>als</strong> Signalton für eingehende Nachrichten eingerichtet. Da habe ich mich<br />

gleich viel wohler gefühlt! Vielleicht meinen die Erwachsenen, dass sie aus<br />

dem Alter raus sind, aber auch bei ihnen ist es so, dass sie ihre Erlebnisse<br />

teilen wollen und müssen; und sobald sie et<strong>was</strong> erzählt haben, kommt<br />

ihnen das erzählte Erlebnis irgendwie wirklicher vor. Kennst du das?<br />

Auch wir Erwachsenen müssen, <strong>was</strong> wir erfahren und erlebt haben,<br />

mit anderen teilen! Daran geht kein Weg vorbei. Warum das so ist, habe<br />

ich versucht zu recherchieren. Ich konnte aber keine Studie finden, die<br />

sich damit beschäftigt, warum wir Erfahrenes und Erlebtes mit anderen<br />

Menschen teilen müssen. Meine Theorie dazu ist, dass dies notwendig<br />

ist, um das Erfahrene erstens zu verarbeiten und zweitens im Langzeitgedächtnis<br />

abspeichern zu können, denn je öfter ich et<strong>was</strong> erzähle,<br />

<strong>des</strong>to besser kann ich es <strong>mir</strong> merken und wieder abrufen. Das ist zum<br />

einen wesentlich, weil dies meine Persönlichkeit bildet, denn ohne Erfahrungen,<br />

auf die ich zurückgreifen kann, bin ich nichts und kann ich<br />

nichts. Zum anderen hat der Drang, mich mitzuteilen, zur Folge, dass andere<br />

mit <strong>mir</strong> in Interaktion gehen. Diese teilen <strong>mir</strong> ähnliche oder andere<br />

gemachte Erfahrungen mit, die ich zusätzlich zu der von <strong>mir</strong> gemachten<br />

Erfahrung integrieren und mit anderen Erfahrungen verknüpfen kann.<br />

230


Mein neuronales Netz erweitert sich. Wenn im Idealfall noch eine Kultur<br />

<strong>des</strong> Mentorings aktiv ist und mein Gegenüber <strong>mir</strong> passende Fragen<br />

stellt, bekomme ich zusätzliche Hinweise und Anregungen, meine<br />

Wahrnehmung zu erweitern und das nächste Mal noch genauer hinzuschauen,<br />

zuzuhören und zu beobachten.<br />

Die moderne Version <strong>des</strong> Teilens ist das Herzeigen von Fotos auf dem<br />

Smartphone. Egal ob dir jemand nun das Foto von dem Käfer zeigt oder<br />

erzählt, dass er einen gesehen hat, <strong>als</strong> guter Zuhörer kann man nun anfangen,<br />

nachzufragen und zu versuchen, so viele Details wie möglich<br />

aus dem <strong>Erzähl</strong>enden herauszulocken. Erst durch das <strong>Erzähl</strong>en wird mein<br />

Gegenüber womöglich sich Details bewusst, oder er merkt, wie wenig<br />

er eigentlich wahrgenommen hat, und nimmt sich vor, das nächste Mal<br />

aufmerksamer zu sein.<br />

Alles <strong>was</strong> wir erzählen, durchleben wir noch einmal und es verankert<br />

sich so in unserem Inneren.<br />

231


Nachwort<br />

Dieses Buch hätte nicht entstehen können, ohne die großartige Mithilfe<br />

vieler Menschen. Schon allein die Idee zu diesem Buch ist uns nicht allein<br />

gekommen, denn in unserem Freun<strong>des</strong>kreis von lauter Geschichtenerzählern<br />

und solchen, die es werden möchten, kam immer wieder der<br />

Wunsch zum Ausdruck, wie schön es wäre, ein inspirieren<strong>des</strong> Buch zum<br />

<strong>Geschichtenerzählen</strong> zu haben, in dem sich nicht nur hilfreiche Tipps,<br />

sondern auch tolle Geschichten finden.<br />

Daher gilt unser erster Dank all jenen Menschen, die uns dazu ermutigten,<br />

dieses Buch zu schreiben. Ihnen gebührt Dank dafür, dass sie mit<br />

ihren ermutigenden Worten nicht nachließen, <strong>als</strong> sich der Prozess <strong>des</strong><br />

Schreibens länger hinzog <strong>als</strong> geplant. Besonders möchten wir unseren<br />

Freunden Jacob und Tom danken, dass sie nicht müde wurden, uns immer<br />

wieder zu »nerven«, sodass wir das Manuskript für dieses Buch<br />

endlich fertigstellen konnten. Großer Dank gilt auch unseren Eltern, die<br />

uns den Raum gaben, Geschichten zu erleben und lieben zu lernen.<br />

Von Herzen Danken möchten wir den Menschen, die ihr Leben damit<br />

verbracht haben, Geschichten zu sammeln und weiterzugeben, und sie<br />

so Jahrhunderte und gar Jahrtausende überdauern konnten. Ein Dank gilt<br />

auch all jenen, die Geschichten in Form von Büchern, Hörspielen, <strong>Erzähl</strong>veranstaltungen<br />

oder Theaterstücken zugänglich machen. Daher wissen<br />

232


wir Peters Arbeit im <strong>Erzähl</strong>verlag zu schätzen, der uns stets ermutigte<br />

und all unsere Fragen mit viel Geduld beantworten konnte. Auch Sandra<br />

von piepmatz Design, die unser Buch so wunderschön gestaltete und<br />

Maximilian, der aus Lynns Bildern einen einzigartigen Buchumschlag erstellte,<br />

möchten wir an dieser Stelle Dank sagen.<br />

Quellen & Bücher, die wir empfehlen<br />

John Bauer: Trolle, Wichtel, Königskinder: John Bauers nordische Märchenwelt.<br />

Stuttgart 2018 (darin »Die Elster, die Salz auf den Schwanz<br />

bekam«)<br />

Hans Bemmann: Stein und Flöte. Und das ist noch nicht alles. München<br />

2012 (darin unter anderem »Der fröhliche König«)<br />

Jorge Bucay: Komm, ich erzähl dir eine Geschichte. Frankfurt am Main<br />

2008 (darin unter anderem »Axt schärfen«)<br />

Richard Erdoes: Der Tanz der Büffel. Das Buch der indianischen Mythen<br />

und Legenden. München 1997 (darin unter anderem »Iktome schläft aus<br />

Versehen mit seiner Frau«)<br />

233


Anthony de Mello: Warum der Schäfer je<strong>des</strong> Wetter liebt. Freiburg i.Br.<br />

2013 (darin unter anderem »Der Asket, der Purzelbäume schlug«)<br />

Georg Dreißig: Was Kinder innerlich stark macht. Stuttgart 2002<br />

Norbert Kober: Ich erzähle frei. München 2017<br />

Johannes Merkel: Sieh', damit wir sehen. Eine Geschichte <strong>des</strong> <strong>Geschichtenerzählen</strong>s.<br />

Berlin 2020 (in Vorbereitung)<br />

Nelson Mandela: Meine afrikanischen Lieblingsmärchen. 9. Auflage,<br />

München 2016 (darin unter anderem »Die Katze, die ins Haus kam«)<br />

Volker Niederfahrenhorst/Anja Niederfahrenhorst: Indianermärchen.<br />

Berlin 2016 (darin unter anderem »Windigo«)<br />

Clarissa Pinkola Estés: Die Wolfsfrau erzählt: Auf den Spuren der Wilden<br />

Frau. München 1998 (darin »Das Bärenhaar/Bärenkragen«)<br />

Michl Zirk: Freies mündliches <strong>Erzähl</strong>en. Ein Grundkurs. Berlin 2020<br />

Zeitschrift Märchenforum 63 der Mutabor Märchenstiftung (darin »Das<br />

Glück <strong>des</strong> Landmanns«)<br />

234


In den folgenden Buchempfehlungen werdet ihr viele weitere schöne<br />

Geschichten finden:<br />

Helmut Wittmann: Wo der Glücksvogel singt. Volksmärchen und Schelmengeschichten<br />

für ein ganzes Leben. Wien 2000<br />

(Sowie weitere Bücher aus der Feder Helmut Wittmans)<br />

Frau Wolle: Tiroler Märchen. Nach der Sammlung der Brüder Ignaz und<br />

Joseph Zingerle frei erzählt von Frau Wolle. Innsbruck 2007<br />

(Von einer <strong>Erzähl</strong>erin geschrieben und ausgewählt)<br />

Heinrich Dickerhoff: Keltische Märchen: Zum <strong>Erzähl</strong>en und Vorlesen.<br />

Krummwisch 2012<br />

Helga Gebert: Phantastische Märchen. München 2018<br />

(Wunderbare Sammlungen mit schönen Bildern. Wir empfehlen auch die<br />

weiteren Bücher der Autorin)<br />

Folke Tegeltoff: Kräutermärchen. München 2010<br />

Tamarak Song: Whispers of the Ancients. Native Tales for Teaching and<br />

Healing in Our Time. Ann Arbor/USA 2010<br />

(Ein wunderbares, sehr tiefgehen<strong>des</strong> Buch, das hoffentlich auch bald auf<br />

Deutsch erscheinen wird)<br />

235


Rudyard Kipling: Das Dschungelbuch 1 & 2. Göttingen 2015<br />

(Auch <strong>als</strong> Hörbuch zu empfehlen)<br />

Rafik Shami: <strong>Erzähl</strong>er der Nacht. Weinheim, Basel 2016<br />

Über den <strong>Erzähl</strong>verlag hinaus gibt es einige weitere Verlage, Stiftungen<br />

und Vereine, die sich dem freien <strong>Erzähl</strong>en von Geschichten angenommen<br />

haben. Wir empfehlen einen Blick auf das Programm der Mutabor<br />

Märchenstiftung aus der Schweiz mit seiner Zeitschrift Märchenforum:<br />

www.mutaborverlag.ch<br />

Außerdem empfehlen wir die folgenden Internetseiten:<br />

www.sagen.at<br />

www.maerchenbasar.de<br />

www.maerchen.org<br />

www.firstpeople.us<br />

www.erzaehlerverband.de<br />

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