FINE Das Weinmagazin - 04/2020
Themenschwerpunkte der 51. Ausgabe sind unter anderem: Die Gralshüter von Romanée-Conti – zwischen Kult und Konflikt Weitere Themen sind: EDITORIAL Kristine Bäder BORDEAUX Lebenswerk eines Vielseitigen: Chateau L`Église-Clinet CHAMPAGNE Heiterkeit und Frohsinn: Die Maison Krug BORDEAUX Grands Crus Classés Siant-Émilion 2016 ROUSSILON Die Domaine Olivier Pithon TOSKANA Supertoskaner mit schweizerischem Eigensinn: Brancaia DAS GROSSE DUTZEND Darmagi von Gaja JURA Die Domaine Berthet-Bondet FINE WORTWECHSEL Kompromiss statt Klasse TASTING Die Spätburgunder des Weinguts Robert Weil WEIN UND SPEISEN Jürgen Dollase im Zwei und Zwanzig in Geisenheim RHEINHESSEN Das Rosé-Projekt TASTING Rosé: Der Duft von Meer und Sinnlichkeit COGNAC 150 Jahre Hennessy X.O WEIN UND ZEIT Ludwig van Beethovens Affinität zu Wein DIE PIGOTT KOLUMNE Die lange Blaufränkisch-Reise VINOTHEK Die Weinhandlung Tesdorpf WEINHAMMER Das Auktionsjahr 2020 RIBERA DEL DUERO Das Weinbaugebiet im Norden Spaniens TASTING Spektakuläre trockene Rieslinge aus 2010 RHEINHESSEN Klaus Peter Kellers Kabinett-Weine
Themenschwerpunkte der 51. Ausgabe sind unter anderem:
Die Gralshüter von Romanée-Conti – zwischen Kult und Konflikt
Weitere Themen sind:
EDITORIAL Kristine Bäder
BORDEAUX Lebenswerk eines Vielseitigen: Chateau L`Église-Clinet
CHAMPAGNE Heiterkeit und Frohsinn: Die Maison Krug
BORDEAUX Grands Crus Classés Siant-Émilion 2016
ROUSSILON Die Domaine Olivier Pithon
TOSKANA Supertoskaner mit schweizerischem Eigensinn: Brancaia
DAS GROSSE DUTZEND Darmagi von Gaja
JURA Die Domaine Berthet-Bondet
FINE WORTWECHSEL Kompromiss statt Klasse
TASTING Die Spätburgunder des Weinguts Robert Weil
WEIN UND SPEISEN Jürgen Dollase im Zwei und Zwanzig in Geisenheim
RHEINHESSEN Das Rosé-Projekt
TASTING Rosé: Der Duft von Meer und Sinnlichkeit
COGNAC 150 Jahre Hennessy X.O
WEIN UND ZEIT Ludwig van Beethovens Affinität zu Wein
DIE PIGOTT KOLUMNE Die lange Blaufränkisch-Reise
VINOTHEK Die Weinhandlung Tesdorpf
WEINHAMMER Das Auktionsjahr 2020
RIBERA DEL DUERO Das Weinbaugebiet im Norden Spaniens
TASTING Spektakuläre trockene Rieslinge aus 2010
RHEINHESSEN Klaus Peter Kellers Kabinett-Weine
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4| <strong>2020</strong> Deutschland € 15 Österreich € 16,90 Italien € 18,50 Schweiz chf 30,00<br />
4197772 515002 <strong>04</strong><br />
DOMAINE DE LA ROMANÉE-CONTI<br />
VERHÄLTNISMÄSSIGKEIT UND ETHIK<br />
Château L’Église-Clinet Champagne Krug Wunderschön Reife Rieslinge Kabinett<br />
Pomerol von Der Purismus <strong>Das</strong> Roséprojekt Der ungewöhnliche Die Leidenschaft<br />
feinstem Glanz im Clos du Mesnil vom Roten Hang Jahrgang 2010 des Klaus Peter Keller
W E I N W E L T E N E N T D E C K E N U N D G E N I E S S E N<br />
DIE GROSSE<br />
WEINSCHULE<br />
Was ist eigentlich Terroir? Wie erkenne ich einen<br />
guten Wein? Was passiert während des Jahres im<br />
Weinberg? Nach dem großen Erfolg des ersten<br />
Bandes folgt nun die Fortführung für alle,<br />
die tiefer in das Thema Wein einsteigen wollen.<br />
FRENZELS WEINSCHULE<br />
Band 2<br />
Hrsg: Ralf Frenzel<br />
280 Seiten<br />
zahlr. Farbfotos<br />
28,0 × 29,0 cm<br />
Hardcover<br />
Preis: € 69,90 (D) | € 71,90 (A)<br />
ISBN 978-3-96033-060-8<br />
FRENZELS WEINSCHULE<br />
Ralf Frenzel (Hrsg.)<br />
280 Seiten | zahlr. Farbfotos<br />
28,0 × 29,0 cm | Hardcover mit Lasercut<br />
€ 69,90 (D) | € 71,90 (A)<br />
ISBN 978-3-96033-008-0<br />
MARCHESI ANTINORI<br />
26 Generationen Weinbau<br />
240 Seiten | zahlr. Farbfotos<br />
28,0 × 29,0 cm | Hardcover<br />
€ 69,90 (D) | € 71,90 (A)<br />
ISBN 978-3-944628-20-2<br />
DER RIESLING<br />
WEINGUT ROBERT WEIL<br />
256 Seiten | zahlr. Farbfotos<br />
28,0 × 29,0 cm | Hardcover<br />
€ 69,90 (D) | € 71,90 (A)<br />
ISBN 978-3-944628-47-9<br />
englisch<br />
€ 49,90 (D) | € 51,30 (A)<br />
ISBN 978-3-941641-94-5<br />
BÜRGERSPITAL<br />
WÜRZBURG<br />
216 Seiten | zahlr. Farbfotos<br />
28,0 × 29,0 cm | Hardcover<br />
€ 49,90 (D) | € 51,30 (A)<br />
ISBN 978-3-944628-87-5<br />
VDP – DEUTSCHLANDS WEINELITE<br />
512 Seiten | zahlr. s/w- u. Farbfotos<br />
28,0 × 29,0 cm | Hardcover<br />
deutsch/englisch<br />
€ 69,90 (D) | € 71,90 (A)<br />
ISBN 978-3-941641-99-0<br />
FRITZ KELLER<br />
WEIN & GENUSS AM KAISERSTUHL<br />
256 Seiten | zahlr. Farbfotos<br />
28,0 × 29,0 cm | Hardcover<br />
€ 49,90 (D) | € 51,30 (A)<br />
ISBN 978-3-96033-<strong>04</strong>9-3<br />
Die Weingeschichte erzählt auf unterhaltsame<br />
Weise von den Anfängen des Weinbaus und wie<br />
er sich bis heute entwickelt hat. Außerdem bietet<br />
eine Übersicht die wesentlichen Infos zu den<br />
wichtigsten Weinländern der Erde.<br />
Aromenkunde mit den Leitrebsorten dieser<br />
Länder, ein Knigge für den Restaurantbesuch und<br />
Wein-Empfehlungen zu den beliebtesten Gerichten der<br />
internationalen Küche runden das Buch ab.<br />
DIE TAUSEND BESTEN WEINE<br />
432 Seiten | zahlr. Farbfotos<br />
16,5 x 21,0 cm | Hardcover<br />
mit Metallic Farbschnitt<br />
€ 39,90 (D) € 41,20 (A)<br />
ISBN: 978-3-96033-063-9<br />
PLANET RIESLING<br />
Stuart Pigott<br />
Weißwein der Spitzenklasse<br />
232 Seiten | zahlr. Farbfotos<br />
20,0 × 25,5 cm | Hardcover<br />
€ 29,90 (D) | € 30,50 (A)<br />
ISBN 978-3-944628-41-7<br />
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<strong>FINE</strong><br />
DAS WEINMAGAZIN 4|<strong>2020</strong><br />
DIE MAISON KRUG 18<br />
GRANDS CRUS CLASSÉS<br />
SAINT-ÉMILION 2016 34<br />
OLIVIER PITHON 42<br />
ROMANÉE-CONTI 50<br />
CHÂTEAU L’ÉGLISE-CLINET 10<br />
BRANCAIA 54 DOMAINE BERTHET-BONDET 66 DAS ROSÉ-PROJEKT 88<br />
WEINGUT ROBERT WEIL 76<br />
VINOTHEK 108 RIBERA DEL DUERO 118 KLAUS PETER KELLER 136 RIESLING 2010 130<br />
7 <strong>FINE</strong> EDITORIAL ________________Kristine Bäder<br />
10 <strong>FINE</strong> BORDEAUX ________________Lebenswerk eines Vielseitigen: Château L’Église-Clinet<br />
18 <strong>FINE</strong> CHAMPAGNE ______________Heiterkeit und Frohsinn: Die Maison Krug<br />
34 <strong>FINE</strong> BORDEAUX ________________Grands Crus Classés Saint-Émilion 2016<br />
42 <strong>FINE</strong> ROUSSILLON ______________Die Domaine Olivier Pithon<br />
50 <strong>FINE</strong> NACHGEFRAGT ___________Die Gralshüter von Romanée-Conti<br />
54 <strong>FINE</strong> TOSKANA _________________Supertoskaner mit schweizerischem Eigensinn: Brancaia<br />
62 <strong>FINE</strong> DAS GROSSE DUTZEND __Darmagi von Gaja<br />
66 <strong>FINE</strong> JURA ______________________Die Domaine Berthet-Bondet<br />
74 <strong>FINE</strong> WORTWECHSEL ___________Kompromiss statt Klasse<br />
76 <strong>FINE</strong> TASTING ___________________Die Spätburgunder des Weinguts Robert Weil<br />
80 <strong>FINE</strong> WEIN UND SPEISEN _______Jürgen Dollase im »Zwei und Zwanzig« in Geisenheim<br />
88 <strong>FINE</strong> RHEINHESSEN ____________<strong>Das</strong> Rosé-Projekt<br />
92 <strong>FINE</strong> TASTING ___________________Rosé: Der Duft von Meer und Sinnlichkeit<br />
96 <strong>FINE</strong> COGNAC __________________150 Jahre Hennessy X.O<br />
100 <strong>FINE</strong> WEIN UND ZEIT ___________Ludwig van Beethovens Affnität zu Wein<br />
1<strong>04</strong> <strong>FINE</strong> DIE PIGOTT KOLUMNE ____Die lange Blaufränkisch-Reise<br />
108 <strong>FINE</strong> VINOTHEK _________________Die Weinhandlung Tesdorpf<br />
114 <strong>FINE</strong> WEINHAMMER ____________<strong>Das</strong> Auktionsjahr <strong>2020</strong><br />
118 <strong>FINE</strong> RIBERA DEL DUERO _______<strong>Das</strong> Weinbaugebiet im Norden Spaniens<br />
130 <strong>FINE</strong> TASTING ___________________Spektakuläre trockene Rieslinge aus 2010<br />
136 <strong>FINE</strong> RHEINHESSEN ____________Klaus Peter Kellers Kabinett-Weine<br />
142 <strong>FINE</strong> GENIESSEN _______________Apéro – der erste Schluck<br />
146 <strong>FINE</strong> ABGANG __________________Ralf Frenzel<br />
4 <strong>FINE</strong> 4 | <strong>2020</strong> INHALT<br />
INHALT <strong>FINE</strong> 4 | <strong>2020</strong> 5
LIEBE LESERINNEN,<br />
LIEBE LESER,<br />
vielleicht geht es Ihnen ja ähnlich, aber ich<br />
bin fast ein wenig überrascht, dass dieses<br />
ungewöhnliche Jahr nun tatsächlich schon<br />
auf die Zielgerade eingebogen ist. Dabei<br />
hat man doch das Gefühl, dass es eigentlich<br />
noch gar nicht losgegangen ist, dieses<br />
Jahr, in dem nie so richtig die Handbremse<br />
gelöst wurde. Wenigstens auf eines ist Verlass:<br />
dass nun wie aus heiterem Himmel<br />
wieder die Weihnachtsfeiertage vor der Tür<br />
stehen. Auch wenn niemand so genau weiß, wie die in diesem Jahr<br />
aussehen werden.<br />
Verlässlichkeit und Beständigkeit sind zurzeit hohe Güter, und in<br />
einem Metier wie dem Winzerberuf kann man sich zumindest darauf<br />
verlassen, dass die Reben unbeeindruckt von der Welt ihren Zyklus<br />
beginnen, austreiben, wachsen, blühen und am Ende, wenn alles<br />
gut geht, die Arbeit des Winzers mit reifen und gesunden Trauben<br />
belohnen. Es war wie so oft kein einfaches Jahr für die Winzer, wobei<br />
immerhin die großen Wetterkatastrophen wie Frost und Hagel nur<br />
sehr sporadisch auftraten. Am Ende war die Ernte – bedingt durch<br />
den mangelnden Regen – zwar klein, aber von mehr als guter Qualität.<br />
Und sie war früh, Ende September hatten viele Winzer ihre Trauben<br />
schon gelesen. Daran werden wir uns wohl gewöhnen müssen.<br />
Anfang Oktober wurde außerdem das neue deutsche Weingesetz<br />
im Kabinett verabschiedet, das im Kern nun den Übergang<br />
der deutschen Klassifikation zum romanischen Bezeichnungsrecht<br />
regeln soll. Kurz gesagt: In Zukunft soll auch in Deutschland nicht<br />
mehr der Zuckergehalt der Trauben über die Qualität Auskunft geben,<br />
sondern die Herkunft. Ganz nach dem schon seit langem in der VDP-<br />
Klassifikation festgelegten Prinzip: je kleiner die Herkunft, desto höher<br />
die Qualität. Die Diskussionen im Vorfeld drehten sich vor allem um<br />
den Wegfall der Großlage, wogegen sich vor allem Genossenschaften<br />
zur Wehr setzten. Deren Argument: Die Großlage als Bezeichnung<br />
auf den Etiketten gebe – da sind wir wieder bei der Verlässlichkeit –<br />
Sicherheit und Orientierung und sei wichtig für die Vermarktung<br />
der Weine. Der VDP hält dagegen, dass damit das Herkunftsprinzip<br />
ausgehöhlt werde. »Wir als VDP wollen auf jeden Fall eine scharfe<br />
Herkunftsprofilierung«, wird VDP-Präsident Steffen Christmann<br />
zitiert. <strong>Das</strong>s die Großlage nicht nur ein Auslaufmodell ist, sondern<br />
auch gegen EU-Recht verstößt, ist unbenommen. Dennoch führt der<br />
VDP an dieser Stelle eine Diskussion auf dünnem Eis. Die eigens eingeführte<br />
VDP-Lagenklassifikation wurde über die Jahre innerhalb<br />
des Verbandes immer weiter verwässert. Aus der Drei- wurde die<br />
Vierstufigkeit, allerdings nicht in allen Regionen. Daneben findet<br />
man Bezeichnungen wie Ortsweine mit dem Zusatz »aus ersten<br />
Lagen«. Und zu guter Letzt kommen bei der VDP-Versteigerung<br />
Weine mit Phantasie- oder Markennamen unter den Hammer, die<br />
ebenfalls aus der hauseigenen Klassifikation fallen. <strong>Das</strong> zeugt von<br />
einer gewissen Inkonsequenz. Diesen und andere Aspekte rund um<br />
das neue Weingesetz greift <strong>FINE</strong>-Autor Uwe Kauss in seinem Wortwechsel<br />
mit Dirk Würtz auf.<br />
Die vergangenen Wochen haben wir genutzt und einige großartige<br />
Proben durchgeführt. Schon etwas länger zurück liegt die Verkostung<br />
von Weinen, die es eigentlich nicht gibt: <strong>Das</strong> Weingut Weil<br />
öffnete dafür einige letzte Bouteillen seines bis 2011 produzierten<br />
Spätburgunders. Tradition hingegen hat schon unsere Probe mit<br />
alten trockenen Rieslingen, dieses Mal aus dem Jahr 2010 – auch<br />
nach zehn Jahren zeigten sich die Weine in einer erstaunlich guten<br />
Verfassung. Im Oktober durften wir dann Olivier Krug in Wiesbaden<br />
begrüßen, der uns bei seinem Besuch nicht nur das Thema<br />
Musik und Champagner näherbrachte, sondern einige Jahrgänge<br />
des großartigen Clos Du Mesnil mitbrachte, die wir im besonderen<br />
Rahmen probieren durften. In dieser Ausgabe machen wir außerdem<br />
die Probe aufs Exempel und lassen zum ersten Mal die Punkte bei<br />
unseren Weinbeschreibungen weg. Vielleicht lassen Sie uns wissen,<br />
wie Sie das finden?<br />
Unsere Autorinnen und Autoren haben aber auch Weingüter<br />
besucht. Zum Beispiel das Château Église-Clinet, wo die junge<br />
Noëmie Durantou mit viel Selbstbewusstsein die Nachfolge ihres<br />
verstorbenen Vaters antritt. <strong>FINE</strong>-Autor Rainer Schäfer traf den<br />
Winzer Olivier Pithon im südfranzösischen Roussillon, der eine<br />
spezielle Verbindung zu seiner Kuh pflegt, in Ribera Del Duero<br />
besuchte er den Winzer Sergio Ávila, der mit seinen Reben spricht.<br />
Beide haben ihren speziellen Weg, außergewöhnliche Weine zu<br />
produzieren. Im Jura sprach Birte Jantzen mit der jungen Hélène<br />
Berthet-Bondet über ihre Liebe zu den Weinen aus Château-Chalon.<br />
Und aus Italien erzählen wir die Geschichte von Barbara Widmer<br />
und ihrem Weingut Brancaia. Genug Lesestoff für die kommenden<br />
Feiertage, wie wir hoffen.<br />
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein paar wunderbare<br />
Tage zum Jahresende, in denen Sie dieses Jahr mit all seinen Einschränkungen<br />
und Besonderheiten zu einem hoffentlich versöhnlichen<br />
Abschluss bringen können. Genießen Sie ein paar gute Weine,<br />
gutes Essen und die Zeit mit lieben Menschen. Wir sind im nächsten<br />
Jahr mit vielen spannenden Geschichten rund um unsere Leidenschaft<br />
für gute Weine wieder für Sie da – ganz verlässlich.<br />
Ihre<br />
Kristine Bäder<br />
Chefredakteurin<br />
EDITORIAL<br />
<strong>FINE</strong> 4 | <strong>2020</strong> 7
HEITERKEIT<br />
UND<br />
FROHSINN<br />
WIE DIE MAISON KRUG SEIT FÜNF<br />
GENERATIONEN DEN CHAMPAGNER<br />
ZUM KLINGEN BRINGT<br />
Ludwig Ferdinand Jungius dürfte sein Handwerk verstanden haben wie wenige andere<br />
Köche seiner Zeit. Mehr als dreißig Jahre lang hatte der »Mundkoch Sr. Majestät des<br />
Königs von Preußen« Erfahrungen mit Speisen und Getränken aller Art gesammelt, ehe<br />
er sein Wissen über Küche und die »für die Kochkunst dargebotenen Natur-Erzeugnisse«<br />
erstmals der Nachwelt hinterließ. Und obwohl Jungius am königlichen Hof in<br />
Berlin und Potsdam zwar für die Küche, nicht jedoch für den Weinkeller verantwortlich<br />
war, sparte er in dem dritten, im Jahr 1839 erschienenen Band seines »Lehr- und<br />
Hülfsbuchs« nicht mit Beschreibungen von Weinen, wie sie seit dem frühen 19. Jahrhundert<br />
zu jedem Menü von Rang obligatorisch waren.<br />
Einer dieser Weine hatte es ihm besonders angetan, aber nicht nur ihm: »Champagner<br />
Weine«, und das nicht nur als Schaumwein, sondern auch als Stillwein, wie er damals<br />
noch häufig getrunken wurde. »Obgleich sehr kostspielig, so können sie dennoch zu<br />
den bekanntesten, am meisten bevorzugten Weinen gezählt werden, denn wo wäre wohl<br />
gegenwärtig ein glänzendes Fest oder ein ausgezeichneter Mittags- und Abendtisch, wo<br />
Champagner fehlte?«, so leitete Jungius seine Charakteristik der Weine seiner Zeit ein.<br />
Von DANIEL DECKERS<br />
Fotos ARNE LANDWEHR<br />
18 <strong>FINE</strong> 4 | <strong>2020</strong> CHAMPAGNE<br />
CHAMPAGNE <strong>FINE</strong> 4 | <strong>2020</strong> 19
DIE GRALSHÜTER VON<br />
ROMANÉE-CONTI<br />
WER DIE BEGEHRTEN BURGUNDER DER DOMAINE ROMANÉE-CONTI<br />
ERWERBEN MÖCHTE, MUSS SICH AN EINE FÜLLE VON AUFLAGEN<br />
HALTEN. AUBERT DE VILLAINE, MITINHABER DER DOMAINE, WILL SO<br />
VERHINDERN, DASS DIE KULTWEINE ZU SPEKULATIONSOBJEKTEN<br />
WERDEN – DOCH IMMER MEHR KUNDEN FÜHLEN SICH GEGÄNGELT.<br />
Von CHRISTIAN VOLBRACHT<br />
Fotos GUIDO BITTNER<br />
Wer in Deutschland Weine der Domaine de la Romanée-Conti in Burgund besitzt und<br />
mehr davon bestellen will, muss einmal pro Jahr zum Fotoshooting in den eigenen Keller.<br />
Jede noch vorhandene Flasche der »DRC«, so verlangt es der Generalimporteur der<br />
begehrten Burgunderweine, ist einzeln vor einer aktuellen Tageszeitung zu fotografieren,<br />
mit der gut lesbaren Seriennummer auf dem Etikett. Auch jede inzwischen ausgetrunkene<br />
Flasche hat der Weinfreund abzulichten – sie muss zerbrochen oder auf andere Weise<br />
unbrauchbar gemacht worden sein. Nur nach Vorlage solcher Fotobeweise haben Spitzenrestaurants<br />
und private Weinfreunde die Chance, neue Jahrgänge von DRC-Lagen wie<br />
La Tâche, Richebourg oder gar Einzelflaschen der legendären Spitzenlage Romanée-<br />
Conti zu bekommen.<br />
Denn diese Kult-Weine aus dem Allerheiligsten<br />
von Burgund werden nicht einfach offen<br />
verkauft, sondern »zugeteilt«. Wer dem<br />
Generalimporteur KierdorfWein in Reichshof im<br />
Oberbergischen Land Vorräte und Verbrauch nicht<br />
komplett offenlegt, wird aus dem Kreis der bevorzugten<br />
Kunden ausgeschlossen. All das ist niedergelegt<br />
in einer Ethikerklärung, die Weinhändler<br />
Albert Kierdorf seinen Kunden ganz im Sinn der<br />
Eigentümer der Domaine in Frankreich zur Unterschrift<br />
vorlegt. Jeder Kunde verpflichtet sich darin<br />
außerdem, die Weine nicht weiterzuverkaufen oder<br />
zu verschenken.<br />
DRC-Mitinhaber Aubert de Villaine ist der<br />
Gralshüter. Sein Kampf gegen Spekulation und<br />
Fälschungen gleicht aber mehr dem des Königs<br />
Sisyphus von Korinth, der als Strafe der Götter einen<br />
Felsbrocken auf eine Bergspitze rollen soll. Die edlen<br />
Tropfen der Domaine in Vosne-Romanée sollen nach<br />
dem Wunsch der beiden Eigentümerfamilien im<br />
perfekten Zustand zu noch erschwinglichen Preisen<br />
in Spitzenrestaurants und von privaten Kennern<br />
getrunken werden. In den vergangenen 25 Jahren<br />
gelangten sie jedoch immer häufiger auf den freien<br />
Markt, wo sich die Preise auf Auktionen mindestens<br />
verdreifachten – wobei die winzige 1,8-Hektar-<br />
Lage Romanée-Conti mit einer Produktion von<br />
nur 5 000 bis 6 000 Flaschen pro Jahr ständig neue<br />
Rekorde bricht.<br />
Der deutsche Generalimporteur Albert<br />
Kierdorf ist zusammen mit seiner Schwester<br />
Inhaber eines Inkasso-Management-Unternehmens.<br />
Die gemeinsame Firma KierdorfWein gilt<br />
als der wichtigste Burgunder-Anbieter in Deutschland.<br />
Im Jahr 2015 übernahm Kierdorf die exklusive<br />
Generalvertretung für das jährliche Deutschland-<br />
Kontingent der Weine der Domaine de la Romanée-<br />
Conti und damit auch die Philosophie von Aubert de<br />
Villaine. Dabei hat er das Controlling-System deutlich<br />
verschärft und zu hoher Perfektion gebracht,<br />
auch wenn er damit einige Kunden verärgert. Die<br />
Kontrollen sind nach unseren Recherchen weit<br />
strenger als in anderen Ländern, wie etwa der<br />
Schweiz.<br />
In Deutschland stöhnt man in einigen Spitzenrestaurants<br />
über den Arbeitsaufwand bei den jährlichen<br />
Kontrollen, während andere sie geduldig als<br />
50 <strong>FINE</strong> 4 | <strong>2020</strong> NACHGEFRAGT<br />
NACHGEFRAGT<br />
<strong>FINE</strong> 4 | <strong>2020</strong> 51
DAS GROSSE<br />
DUTZEND<br />
DARMAGI<br />
VON GAJA<br />
Von KRISTINE BÄDER<br />
Fotos GUIDO BITTNER<br />
Tradition und Moderne sind Antonyme, die man in der<br />
Weinwelt besonders gerne bemüht. Doch kaum ein Winzer<br />
dürfte die beiden Gegensätze so sehr verkörpern wie Angelos<br />
Gaja. Der schon zu Lebzeiten zum Mythos gewordene<br />
Weinmacher gilt mit seinem streng qualitätsorientierten<br />
Weinbau als Bewahrer des Barbaresco und revolutionierte<br />
gleichzeitig dessen Ausbau durch den Einsatz von kleinen<br />
Holzfässern und dem Ausbau von Einzellagen.<br />
62 <strong>FINE</strong> 4 | <strong>2020</strong> DAS GROSSE DUTZEND<br />
DAS GROSSE DUTZEND <strong>FINE</strong> 4 | <strong>2020</strong> 63
DER WEIN, DEN<br />
ES NICHT GIBT<br />
DIE SPÄTBURGUNDER DES WEINGUTS ROBERT WEIL<br />
Text RAINER SCHÄFER<br />
Fotos ALEX HABERMEHL<br />
Diese Ankündigung sorgte auch unter Experten für Erstaunen: Eine Verkostung von 16 Jahrgängen Spätburgunder<br />
aus dem Weingut Robert Weil, das sich doch ganz und gar dem Riesling verschrieben hat? Tatsächlich<br />
füllte es bis 2011 in kleinen Mengen auch Spätburgunder – erst danach wandte es sich gänzlich dem<br />
Riesling zu. Die Reben standen auf gesteinsreichen, vom Phyllit-Schiefer geprägten Böden in den Kiedricher<br />
Lagen Turmberg und Wasseros, die an den Gräfenberg angrenzen, die berühmte Große Lage des Weinguts.<br />
Wilhelm Weils Vater Robert hatte die Reben schon<br />
1976 auf einer Fläche von 1,2 Hektar angepflanzt,<br />
um daraus Weißherbst zu keltern. Noch als Student<br />
des Weinbaus versuchte sich Wilhelm Weil 1985 am ersten<br />
Spätburgunder, der damals immer stärker in den Fokus der<br />
deutschen Spitzenwinzer rückte: Pioniere wie Paul Fürst<br />
oder Werner Näkel reisten immer wieder ins Burgund, das als<br />
ideale Heimat der kapriziösen Rebsorte gilt. Auch Wilhelm<br />
Weil besuchte die Bourgogne, um »mehr Burgunder-Gefühl zu<br />
bekommen«. Als die Rebstöcke in Kiedrich an Statur und Alter<br />
zulegten, konnte er Ende der 1980er Jahre »ernsthaften Rotwein«<br />
erzeugen. Die Resultate ließen sich sehen und spornten<br />
ihn zusätzlich an: »Mitte der 90er Jahre war Spätburgunder ein<br />
intensives Thema für mich. Wenn Pinot Noir groß ist, dann<br />
ist er unschlagbar«, erklärt der Winzer, der dabei von seinen<br />
langjährigen Kellermeistern Christian Engel und Stefan Bieber<br />
unterstützt wurde. Fortan wurden die Trauben sorgfältig von<br />
Hand gelesen, entrappt und die Maische wie im Burgund in<br />
offenen Bütten vergoren.<br />
Im Umgang gilt Spätburgunder als »hochsensibel« und<br />
erfordert viel Gefühl und Geschick, gerade was den Holzeinsatz<br />
angeht: Im Weingut Weil experimentierte man mit zwei<br />
76 <strong>FINE</strong> 4 | <strong>2020</strong> TASTING<br />
TASTING <strong>FINE</strong> 4 | <strong>2020</strong> 77
DAS<br />
ROSÉ-PROJEKT<br />
Der Sommer gilt als Hauptsaison des Rosés. Ganz bewusst erst im Herbst mit<br />
gleich drei neuen Rosé-Weinen auf den Markt zu kommen, ist mehr als ein deutliches<br />
Statement. Nimmt man es genau, ist es sogar eine neue Marke, ein eigenes<br />
Rosé-Weingut, mit dem Dirk Würtz und sein Team an den Start gehen. »An diesem<br />
Projekt hängt mein Herz«, sagt der Betriebsleiter. »Niemand hat bisher die VDP-<br />
Klassifikation auf das Thema Rosé übertragen.« Damit hat der Anteilseigner des<br />
Niersteiner Weinguts St. Antony schon den Kern seiner neuen Kollektion mit dem<br />
Namen »Wunderschön« auf den Punkt gebracht: Rosé, ausgebaut in drei Qualitätsstufen,<br />
als Gutswein, Orts- und Lagenwein. Ein echtes Novum.<br />
Von KRISTINE BÄDER<br />
Fotos ARNE LANDWEHR<br />
Als der umtriebige Weinmacher Dirk Würtz<br />
vor zwei Jahren im rheinhessischen Nierstein<br />
einstieg »war hier einiges falsch<br />
strukturiert«, sagt er. In einigen der besten Lagen<br />
am »Roten Hang« hatte der vorherige Kellermeister<br />
in großem Stil Blaufränkisch anlegen lassen. Eine<br />
persönliche Vorliebe, die zwar in jeder Menge guter<br />
Rotweine resultierte, aber zu wenig verkauft wurde.<br />
»Da musste also dringend etwas passieren.« Immerhin<br />
hat auch Dirk Würtz eine Vorliebe für die Sorte,<br />
die sonst vor allem in Österreich angebaut wird und<br />
in Nierstein ihre größte Anbaufläche außerhalb der<br />
Alpenrepublik hat. »Blaufränkisch bringt alles mit,<br />
was Rotwein für mich ausmacht: Farbe, Säure und<br />
Frische.« Weine wie der Batonnage aus Österreich,<br />
dessen Grundlage hochreife Blaufränkisch-Trauben<br />
mit geringen Teilen von Cabernet Sauvignon und<br />
Merlot sind, oder auch die Blaufränkisch vom Weingut<br />
Moric im Burgenland, setzen seit Jahren mit<br />
höchsten Punktbewertungen und Preisen im dreistelligen<br />
Bereich ein klares Zeichen für die Sorte.<br />
Trotzdem schien es nicht der richtige Weg zu sein,<br />
bei St. Antony weiter auf Rotwein zu setzen.<br />
Aber Rosé? Die roséfarbenen Weine haben<br />
zumindest in Deutschland ein Image-Problem. »Seit<br />
ich in der Branche arbeite, ist Rosé immer ein Nebenprodukt.<br />
Den Saftabzug vom Rotwein wollte man<br />
ja nicht wegschütten, also hat man Rosé gemacht.<br />
Einen Rebsorten-Rosé, der mit Liebe gemacht<br />
war, das gab es nicht. Und gibt es auch heute nur<br />
selten.« Es lag also nicht zwingend auf der Hand,<br />
sich ausgerechnet mit Rosé profilieren zu wollen.<br />
»Ich mochte diese Art Weine eigentlich nie, habe<br />
aber in den vergangenen Jahren realisiert: das geht<br />
ja auch in ordentlich«, ist Dirk Würtz inzwischen<br />
überzeugt. Eine Bestandsanalyse beseitigte auch die<br />
letzten Zweifel und gemeinsam entschied man: Wir<br />
machen Rosé! »Aber nicht eine weitere belanglose<br />
Plörre«, schiebt Dirk Würtz nach. Denn die Entscheidung<br />
für das neue Projekt rückte eine andere<br />
Frage in den Mittelpunkt: Ist es in Deutschland möglich,<br />
ein wirtschaftlich sinnvolles Rosé-Projekt auf die<br />
Beine zu stellen? Die Antwort versucht Dirk Würtz<br />
mit der Dreistufigkeit zu geben und dem Anspruch,<br />
das ganze unbedingt im ökologischen Anbau umzusetzen.<br />
»Dazu gibt es für mich keine Alternative.«<br />
Einen Namen brauchte das Kind auch noch und<br />
für die Namensfindung nahm sich das ganze Team<br />
im Weingut St. Antony einen Tag Zeit. Am Ende des<br />
Workshops herrschte Einigkeit: »Wunderschön«<br />
solle der Wein heißen. Unter diesem Namen kommen<br />
nun drei verschiedene Qualitäten des Rosé auf den<br />
Markt, »alles Blaufränkisch mit etwas Pinot noir«,<br />
88 <strong>FINE</strong> 4 | <strong>2020</strong> RHEINHESSEN<br />
RHEINHESSEN<br />
<strong>FINE</strong> 4 | <strong>2020</strong> 89
DIE<br />
MEISTER<br />
DER<br />
HOCHEBENE<br />
<strong>Das</strong> Weinbaugebiet Ribera del Duero im Norden Spaniens mit seinem<br />
trockenen Klima und den kalkhaltigen Böden bietet perfekte Bedingungen<br />
für Tempranillo – und zeigt sich dabei äußerst vielfältig. Egal ob Großproduzenten,<br />
eingefleischte Biodynamiker oder Holzspezialisten: Sie alle<br />
kommen hier auf ihre Weise zu spektakulären Ergebnissen.<br />
Von RAINER SCHÄFER<br />
»Als ich 1984 anfing Wein zu machen, gab es nur<br />
zehn Weingüter in Ribera del Duero«, erzählt Yolanda<br />
García Viadero von der Bodegas Valduero in Gumiel<br />
del Mercado, die für ihre kräftigen Weine bekannt<br />
ist, die lange reifen sollen. »Heute sind wir schon<br />
300.« Und ein Ende des Aufschwungs und Booms<br />
ist nicht in Sicht, in jenem Anbaugebiet, das einmal<br />
zu den ärmsten Gegenden in Europa zählte. Die<br />
meist vielköpfigen Familien versuchten, mit Ackerbau<br />
und Viehzucht über die Runden zu kommen,<br />
Reben wurden angebaut, um daraus einen einfachen<br />
Haustrunk zu machen. Gelagert wurde er oft in<br />
den vielen Steinhöhlen, die für diesen Landstrich<br />
Fotos ARNE LANDWEHR<br />
typisch sind. Inzwischen sind überall in Ribera del<br />
Duero prunkvolle Weingüter entstanden, wie etwa<br />
Valduero. Aber auch gewagte architektonische Entwürfe<br />
wie bei Protos, der ältesten, 1927 gegründeten<br />
Winzergenossenschaft in Peñafiel.<br />
Auch die Wein-Stilistik hat sich über die Jahrzehnte<br />
weiterentwickelt: Ribera del Duero war<br />
bekannt für fruchtige und mit reichlich Eichenholz<br />
gewürzte Rotweine aus Tempranillo-Trauben,<br />
inzwischen werden mit viel Liebe zum Detail<br />
die Nuancen herausgearbeitet, die von den verschiedenen<br />
Bodenarten stammen und die Persönlichkeit<br />
der Weine betonen: Eine gewaltige Aufgabe<br />
für ein Weinunternehmen wie Protos, das im Jahr<br />
immerhin sechs Millionen Flaschen Wein erzeugt<br />
und den Anspruch hat, »immer die besten Weine für<br />
ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis zu erzeugen«,<br />
wie Weinmacherin Marilena Bonilla erklärt.<br />
Es ist die Vielfalt der Weine und der Winzer,<br />
die heute das Anbaugebiet ausmacht. Auch eingefleischte<br />
Biodynamiker wie Sergio Ávila vom Weingut<br />
Cruz de Alba in Quintanilla de Onésimo, der mit<br />
seinen Reben redet und deren Bedürfnisse mit der<br />
Wünschelrute in Erfahrung bringt, sind nicht mehr<br />
wegzudenken in der quirligen Weinszene in Ribera<br />
del Duero.<br />
118 <strong>FINE</strong> 4 | <strong>2020</strong> RIBERA DEL DUERO<br />
RIBERA DEL DUERO <strong>FINE</strong> 4 | <strong>2020</strong> 119
KELLERS KABINETT<br />
KLASSIKER MIT<br />
FRISCHEM KICK<br />
»Kabinett muss total filigran über die Zunge tanzen, er soll beleben und erfrischen, mit einem<br />
richtigen Kick aus dem Boden und dem Spiel zwischen Säure und moderater Süße; er darf nie<br />
sättigen, sondern soll immer wieder Lust auf den nächsten Schluck machen!« Beim Thema Kabinett<br />
ist Klaus Peter Keller kaum zu bremsen. Der 45-jährige Rheinhesse, der als Weltstar, Ausnahme-<br />
Sensoriker, Kontrollfreak und Perfektionist beschrieben wird, Wein zugleich als sein Hobby und<br />
seinen Beruf bezeichnet und mit dem G-Max den teuersten trockenen deutschen Riesling geschaffen<br />
hat, ausgerechnet dieser Winzer begeistert sich für Kabinett-Weine?<br />
Von URSULA HEINZELMANN<br />
Fotos: Michael Hamann<br />
Zur Erinnerung: Kabinett ist<br />
laut deutschem Weingesetz<br />
die niedrigste Stufe in dem<br />
auf der Zuckerreife der Traube bei<br />
der Lese basierenden Prädikatsweinsystem.<br />
73 Grad Öchsle müssen die<br />
Trauben dafür mindestens aufweisen –<br />
und diese Definition macht deutlich,<br />
wieviel sich verändert hat seit 1971<br />
und der Einführung des Weingesetzes.<br />
»Früher war Kabinett schon oft ziemlich<br />
grün«, sagt Keller, »manchmal<br />
auch garstig«, und zitiert einmal mehr<br />
den Weinbaupionier Johann Philipp<br />
Bronner aus den 1830er Jahren: Im<br />
rheinhessischen Hügelland könne<br />
wohl großer Wein wachsen, wenn die<br />
Trauben nur regelmäßig ausreiften.<br />
Und er erzählt vom Großvater, der Riesling häufig erst beim<br />
ersten Schnee gelesen und immer wieder gewarnt habe, etwa<br />
im kühlen Frauenberg bloß keinen Riesling oder Spätburgunder<br />
zu pflanzen. Mit dem Klimawandel hat sich das alles geändert,<br />
viele einstige Nachteile sind nun Stärken. Wenn man sich denn<br />
anzupassen weiß – »die Natur bleibt<br />
immer der Boss, und du musst dich<br />
an ihr orientieren.«<br />
Was Klaus Peter Keller, oder<br />
KP, wie er seine Emails kurz signiert,<br />
ganz offensichtlich ausgesprochen gut<br />
gelingt. Seinen Kabinett aus dem<br />
Niersteiner Hipping hat die britische<br />
Queen für ihre drei Urenkel im Weinkeller<br />
des Buckingham-Palasts einlagern<br />
lassen. Der Kabinett aus den<br />
uralten, wurzelechten Reben in<br />
der Piesporter Schubertslay erzielt<br />
auf den Versteigerungen des VDP<br />
ungeahnte Spitzenpreise, die den<br />
bisherigen Rekordhalter in dieser<br />
Klasse, Egon Müller vom Scharzhof<br />
an der Saar, auf den zweiten Rang<br />
verweisen: 852 Euro für die 0,75l-Flasche, 5615 Euro für die<br />
Magnum. Auf dem freien Markt ist der Wein kaum zu finden.<br />
Hinter dieser Entwicklung steckt aber nicht nur der Klimawandel,<br />
sondern auch jede Menge Vision und Ehrgeiz. Um das<br />
richtig zu verstehen ist ein Blick zurück angebracht. 1974, im<br />
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RHEINHESSEN<br />
<strong>FINE</strong> 4 | <strong>2020</strong> 137
<strong>FINE</strong>AUTOREN<br />
DANIEL DECKERS Die Lage des deutschen Weins ist sein Thema – wenn er nicht gerade als Politik-Redakteur der<br />
Frankfurter Allgemeinen Zeitung über Gott und die Welt, über Lateinamerika oder Rauschgift zur Feder greift. An der<br />
Hochschule Geisenheim lehrt er Geschichte des Weinbaus und -handels. In seinem Buch »Wein. Geschichte und Genuss«<br />
beleuchtet er durch mehr als dreitausend Jahre die Rolle dieses unschätzbaren Kulturguts als Spiegel der Zeitläufte.<br />
JÜRGEN DOLLASE Kunst, Musik und Philosophie hat er in Düsseldorf und Köln studiert. Er war Rockmusiker und<br />
Maler. Heute ist er der bei weitem einflussreichste Kritiker der kulinarischen Landschaft in Deutschland und Europa. Vielbeachtet<br />
sind seine Bücher über die Kunst des Speisens; zuletzt erschien der Band »Geschmacksschule« in der Reihe SZ<br />
Gourmet Edition (bei Tre Torri). Sein visionäres Kochbuch »Pur, präzise, sinnlich« widmet sich der Zukunft des Essens.<br />
URSULA HEINZELMANN Die Gastronomin und gelernte Sommelière schreibt unter anderem für die Frankfurter<br />
Allgemeine Sonntagszeitung, für Efflee und Slow Food sowie Bücher zum Thema Essen und Trinken. <strong>Das</strong> aktuelle Buch,<br />
»China – Die Küche des Herrn Wu«, (bei Tre Torri) gibt tiefe Einblicke in die vielfältige Kochkunst der Chinesen.<br />
SIGI HISS Auch nach einigen zehntausend Weinen ist das Verkosten immer noch seine große Leidenschaft – sei es in<br />
internationalen Jurys, im Auftrag renommierter Weinpublikationen oder für Weingüter. Bei der Bewertung der Weine<br />
sind ihm Unabhängigkeit und Neutralität unabdingbarer Grundsatz. Seine Publikationen erscheinen in den wichtigen<br />
Fachmedien. Für alles außer Spirituosen ist er zu begeistern, seine besondere Liebe gilt allem, was gereift ist.<br />
BIRTE JANTZEN In Hamburg aufgewachsen, teilt sie heute ihre Zeit zwischen Deutschland und Frankreich. Ob in der<br />
Haute Couture oder beim Wein: Texturen und Nuancen sind kein Geheimnis für sie. Wenn sie nicht gerade in den Weinbergen<br />
unterwegs ist, um den Winzern über die Schulter zu schauen, liebt sie es, für Wein zu begeistern, schreibt sowohl<br />
in Frankreich als auch in Deutschland und lehrt französischen Wein an der Hochschule in Geisenheim.<br />
UWE KAUSS In Weinkellern kennt er sich aus: Der Autor und Journalist schreibt seit zwanzig Jahren über Wein, etwa<br />
für die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, das <strong>Weinmagazin</strong> Enos, wein.pur und das Genuss-Magazin in Wien und<br />
das Internetportal wein-plus.eu. Daneben hat er sechzehn Sach- und Kindersachbücher, einen Roman und zwei Theaterstücke<br />
publiziert.<br />
STEFAN PEGATZKY Der promovierte Germanist kam 1999 nach Berlin und erlebte hautnah mit, wie sich die<br />
Metropole von der Bier- zur Weinstadt wandelte. Seit einigen Jahren schreibt er regelmäßig über Wein und Genuss. In<br />
der Tre-Torri-Reihe »Beef!« erschien der Band »Raw. Meisterstücke für Männer«, in der »Gourmet Edition – Kochlegenden«<br />
die Bücher zu Hans Haas, Harald Wohlfahrt und Marc Haeberlin.<br />
STUART PIGOTT In der gehobenen Weinwelt ist er ein Begriff. Seit der 1960 in London geborene studierte Kunsthistoriker<br />
und Maler im Wein, im deutschen Wein zumal, sein Lebensthema fand, hat er sich mit unkonventioneller<br />
Betrachtungsweise in die Ränge der weltweit geachteten Autoren und Kritiker geschrieben. Sein Buch »Planet Riesling«<br />
erschien bei Tre Torri.<br />
RAINER SCHÄFER wuchs in Oberschwaben auf und lebt seit zwanzig Jahren in Hamburg, wo er über die Dinge<br />
schreibt, die er am meisten liebt: Wein, gutes Essen und Fußball, stets neugierig auf schillernde Persönlichkeiten, überraschende<br />
Erlebnisse und unbekannte Genüsse.<br />
CHRISTIAN VOLBRACHT Der Journalist, Autor und Antiquar schreibt über Wein und Gastronomie, seit er für die<br />
Deutsche Presse-Agentur in Paris gearbeitet hat. Seine besondere Leidenschaft gehört neben Wein und gutem Kochen<br />
den Pilzen und Trüffeln. Er ist Sammler und Inhaber des Buchantiquariats MykoLibri, als Buchautor ergründete er das<br />
Thema »Die Trüffel, Fake & Facts« (bei Tre Torri).<br />
VERLEGER UND HERAUSGEBER<br />
Ralf Frenzel<br />
ralf.frenzel@fine-magazines.de<br />
HERAUSGEBER<br />
Thomas Schröder †<br />
CHEFREDAKTEURIN<br />
Kristine Bäder<br />
kristine.baeder@fine-magazines.de<br />
REDAKTION<br />
Alena Schröder<br />
ART DIRECTION<br />
Guido Bittner<br />
MITARBEITER DIESER AUSGABE<br />
Daniel Deckers, Jürgen Dollase, Ursula<br />
Heinzelmann, Sigi Hiss, Birte Jantzen,<br />
Uwe Kauss, Stefan Pegatzky, Stuart<br />
Pigott, Rainer Schäfer, Christian<br />
Volbracht<br />
FOTOGRAFEN<br />
Guido Bittner, Johannes Grau, Marco<br />
Grundt, Alex Habermehl, Christof Herdt,<br />
Arne Landwehr, Marc Volk<br />
VERLAG<br />
Tre Torri Verlag GmbH<br />
Sonnenberger Straße 43<br />
65191 Wiesbaden<br />
www.tretorri.de<br />
Geschäftsführer: Ralf Frenzel<br />
ANZEIGEN<br />
Judith Völkel<br />
Tre Torri Verlag GmbH<br />
+49 611-57 990<br />
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DRUCK<br />
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<strong>FINE</strong> <strong>Das</strong> <strong>Weinmagazin</strong> erscheint<br />
vierteljährlich zum Einzelheft-Preis<br />
von € 15,– (D), € 16,90 (A),<br />
CHF 30,– (CH), € 18,50 (I)<br />
Fine Selektion<br />
Ribera del Duero<br />
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Exklusive Winzerkiste<br />
Ribera del Duero<br />
Titel-Foto: Domaine de la Romanée-Conti, GUIDO BITTNER<br />
Editorial-Foto: ARNE LANDWEHR<br />
Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht<br />
unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Der<br />
Verlag haftet nicht für unverlangt eingereichte<br />
Manuskripte, Dateien, Datenträger und Bilder.<br />
Alle in diesem Magazin veröffentlichten Artikel<br />
sind urheberrechtlich geschützt.<br />
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8 <strong>FINE</strong> 4 | <strong>2020</strong>
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großen Weine der Welt – mit wissenswerten Infor mationen, fesselnden Reportagen,<br />
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<strong>FINE</strong> DAS WEINMAGAZIN IST ERHÄLTLICH IM AUSGEWÄHLTEN BUCH- UND<br />
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<strong>FINE</strong> DAS WEINMAGAZIN 1|2021 erscheint<br />
im März 2021<br />
... voraussichtlich mit folgenden Themen: CHAMPAGNE Die Maison Krug · Champagne<br />
Philipponnat <strong>FINE</strong> TASTING 40 Jahrgänge Église-Clinet · Tablas Creek trifft Beaucastel ·<br />
Die glorreichen Sieben – Herausforderung aus Ribera del Duero · Deutsche Spätburgunder<br />
des Jahrgangs 2008 JURA Domaine Tissot SLOWENIEN Weingut Ralf Schumacher<br />
MOSEL Sarah Löwenstein vom Weingut Heymann-Löwenstein PORTRAIT Die<br />
beste Weinkarte Deutschlands DAS GROSSE DUTZEND Château Palmer RIBERA<br />
DEL DUERO Bodegas Avellino Vegas · Bodegas Felix Callejo · Bodegas Garcia Figuero<br />
LIBANON Im Gespräch mit Marc Hochar von Château Musar SHERRY Bodegas<br />
Valdespino WISSEN Pilzwiderstandsfähige Rebsorten DIE STUART PIGOTT-<br />
KOLUMNE · WORTWECHSEL Orange Wine aus Deutschland – ernsthafter Trend<br />
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144 <strong>FINE</strong> 4 | <strong>2020</strong> <strong>FINE</strong> 4 | <strong>2020</strong> 145
RALF FRENZEL<br />
IM AUFTRAG DES GUTEN GESCHMACKS<br />
<strong>FINE</strong>ABGANG<br />
WENN DIE LIEBE ZU WEIN, ESSEN UND GENUSS AUF GROSSARTIGE<br />
WINZER, SPITZENKÖCHE UND PASSIONIERTE GENIESSER TRIFFT …<br />
DIESE SCHERBEN<br />
BRINGEN KEIN GLÜCK<br />
Man leistet sich ja nicht alle Tage eine Flasche der Domaine de la Romanée-<br />
Conti. Erstens bekommt man nicht so ohne weiteres die Gelegenheit,<br />
eine Flasche zu erwerben und zweitens kosten die begehrten Weine auch<br />
ein kleines Vermögen. Es ist also für viele ein denkwürdiges Erlebnis, sich diesen<br />
Wein zu gönnen. Zum Beispiel in einem Restaurant. Oder wenn man lange genug<br />
auf eine Zuteilung gewartet hat. Und dann noch eine so genannte Ethikerklärung<br />
unterzeichnet hat, in der man sich verpflichtet, die Aufbewahrung des Weins<br />
beziehungsweise die Zerstörung der leeren Flaschen per Foto zu dokumentieren –<br />
inklusive aktueller Tageszeitung. Andernfalls droht dem Käufer der Flasche der<br />
Ausschluss aus der Zuteilung.<br />
Sicher hat die Domaine de la Romanée-Conti ein berechtigtes Interesse daran,<br />
ihre Weine vor Fälschung und Spekulation zu schützen. Ob man aber so weit<br />
gehen muss, dem Weinliebhaber die Erinnerung an einen wahrscheinlich einzigartigen<br />
Weingenuss im wahrsten Sinne des Wortes zu zerschlagen, halte ich für<br />
fragwürdig. Zum Glück gibt es Alternativen, nicht nur aus dem Burgund. Und<br />
vielleicht haben Sie ja die ein oder andere bei der Lektüre für sich entdeckt.<br />
Ralf Frenzel<br />
Herausgeber und Verleger<br />
… ENTSTEHEN EINZIGARTIGE MOMENTE.<br />
RALF FRENZEL. <strong>FINE</strong>-HERAUSGEBER UND BOTSCHAFTER<br />
DES GUTEN GESCHMACKS. JETZT AUF YOUTUBE.COM<br />
146 <strong>FINE</strong> 4 | <strong>2020</strong><br />
youtube.com/RalfFrenzel
THE ODYSSEY<br />
HAS JUST BEGUN<br />
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