Und die Frage: Wie wollen wir leben? Hier erfahren Sie mehr.
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SOZIALE VERANTWORTUNG
Und die Frage: Wie wollen wir leben?
NICHT VERPASSEN:
Viva con Agua Warum
ein engagiertes Leben ein
gutes Leben ist – sechs
Persönlichkeiten berichten.
Seite 12-13
Milky Chance Wie die
international erfolgreiche
Band ihre Arbeit nachhaltig
gestaltet und damit ihren
CO 2 -Abdruck senkt.
Seite 14-15
Victoria van Violence
Die bekannte Aktivistin
schreibt über ihren
veganen Alltag.
Seite 22
Sozialverband Deutschland
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2
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IN DIESER AUSGABE
06
Christoffel Blindenmission
Wie Blindheit und Sehbehinderungen
weltweit verhindert werden können.
Eigenständig Verantwortung
übernehmen.
Gemeinsam handeln.
09
Gemeinsam gegen Einsamkeit
Wärme durch Gemeinschaft als
Mittel gegen soziale Kälte und
Pandemiesorgen – so gelingt es.
17
Hoffnung schenken
Kinder sind seit Menschengedenken
in den häufigsten Fällen diejenigen,
die am meisten unter Krisen leiden.
Das darf nicht sein!
Senior Project Manager: Sarra Gläsing Geschäftsführung:
Richard Båge (CEO), Philipp Colaço (Managing Director),
Franziska Manske (Head of Editorial & Production),
Henriette Schröder (Sales Director) Designer: Ute Knuppe
Mediaplanet-Kontakt: redaktion.de@mediaplanet.com
Coverbild: Viva con Agua/Milky Chance
Alle mit gekennzeichneten Artikel sind keine
neutrale Redaktion der Mediaplanet-Redaktion.
facebook.com/MediaplanetStories
@Mediaplanet_germany
Please recycle
FOTO: GREGOR ERDMANN
Sarra Gläsing
Key Account
Sustainability &
Social Responsibility,
verantwortlich
für den Inhalt dieser
Ausgabe
Liebe Leserinnen,
liebe Leser,
ein Jahr voller unerwarteter Ereignisse
und vieler Herausforderungen neigt
sich dem Ende zu. Ein Jahr, welches uns
gezeigt und gelehrt hat, wie wichtig es ist
aufeinander Acht zu geben, sich zu unterstützen
und gemeinsam stark zu sein.
Die Corona-Umstände haben uns allen
viel abverlangt. Jeder von uns muss
momentan mit Einschränkungen leben.
Die wohlmöglich Schlimmste von allen:
Der Verzicht auf soziale Kontakte und die
fehlende Nähe zu unseren Liebsten.
Den kranken Großeltern, denen
wir nicht beistehen können. Die lang
geplante Hochzeit mit allen Freunden
und Verwandten, die nicht stattfinden
konnte. Die Familie im Kreissaal oder
aber auch die fehlende Möglichkeit des
Abschiednehmens.
Ungeachtet dessen, sollten wir dem
Jahr 2020 jedoch nicht nur schlechtes
abgewinnen, sondern auch das Wesentliche
nicht aus den Augen verlieren
und vor allem dankbar sein. Dankbar
dafür, dass es uns Lesern dieser Ausgabe
verhältnismäßig gut geht, im Vergleich
zu vielen anderen Menschen dieser Welt,
die jeden Tag um genug zu Essen und das
Überleben bangen.
Dankbar dafür, dass wir es auch wieder
gemeinsam aus der Krise schaffen werden.
Denn eines ist gewiss: Nach jedem
Sturm folgt auch wieder Sonnenschein!
Gerade Krisensituationen zeigen uns
immer wieder, wie wertvoll und notwendig
es ist Verantwortung zu übernehmen,
als Gesellschaft gemeinsam an einem
Strang zu ziehen und wieviel wir dadurch
erreichen können.
Daher möchte ich mit dieser Ausgabe
einen besonderen Fokus auf die Helden
des Alltags legen. Nämlich auf diejenigen,
die sich Tag für Tag für unser aller
Wohl einsetzen und sich für eine bessere
Gesellschaft engagieren. Diejenigen, die
von Herzen geben!
Wir sollten unserem Umfeld und den
Menschen, mit denen wir uns umgeben
öfter mal Danke sagen, mehr Wertschätzung
aussprechen und nicht alles für
selbstverständlich nehmen. Öfter mal
die Mama anrufen und fragen, wie es ihr
geht. Dem besten Freund sagen, wie gern
wir ihn haben oder auch dem Partner
einmal mehr sagen, wie sehr wir ihn
lieben.
Soziale Verantwortung fängt bei jedem
Einzelnen von uns an und wirklich jeder
kann etwas zum Gemeinwohl beitragen.
Dazu braucht es nicht einmal Geld,
sondern vielmehr den Willen Gutes tun
zu wollen.
Jeder hat die Möglichkeit, sich auch
ohne viel Aufwand für die Gesellschaft
einzusetzen und Verantwortung für sein
eigenes Handeln zu tragen. Das fängt
allein damit an, einem älteren Menschen
in der Bahn den Sitzplatz anzubieten
oder seinen Müll nicht einfach auf die
Straße zu werfen.
Vor allem heißt Verantwortung aber
jetzt auch: Abstand wahren, auf Hygiene
achten und – da wo es eng wird – eine
Alltagsmaske tragen.
Ich hoffe, dass der ein oder andere
Leser durch diese Ausgabe dazu animiert
wird, seine Berufung in einem Ehrenamt
zu finden, dieses Jahr vielleicht lieber zu
Spenden anstatt zu Schenken oder sich
über soziale oder nachhaltige Projekte in
seiner Umgebung zu informieren.
Aber vor allem hoffe ich, dass Sie
gesund bleiben und trotz der Lage eine
schöne Weihnachtszeit im engsten Kreis
der Familie verbringen können.
FOTO: CLAUDIA DEWALD
Dieser Artikel ist in Zusammenarbeit mit GAiN entstanden.
Raissa aus Israel ist 93 Jahre alt. Sie sagt:
„Ich bin dankbar, dass mein Kopf gut funktioniert,
er ermöglicht mir Ausflüge in meiner Fantasie,
auch wenn mein Körper schwach ist.“
Am Ende des Lebenskonzerts
Holocaustüberlebende in Israel brauchen Hilfe
Raissa kommt aus der Ukraine. Als Kind hat sie dort
Schlimmes erlebt: Bombenhagel, Flucht, Hunger
und Kälte. Trotz allem geht die ehemalige Pianistin
auch am Ende ihres Lebens noch aufrecht. Sie versucht,
die Schrecken des Alters nicht zu ernst zu nehmen.
Gründe dafür hätte sie genügend. Das Leben in Israel ist nicht
immer das, was sich die eingewanderten Holocaustüberlebenden
erträumten. Viele müssen am Ende ihrer Tage wieder
um das tägliche Überleben kämpfen. Ihre Rente ist gering,
die Anerkennung als unterstützungswürdige Holocaustüberlebende
gelingt nicht allen, die Mieten und die Lebensmittel
sind teuer.
Das lohnt sich nicht mehr!
Raissa hatte schon ihre Koffer gepackt und freute sich auf
ihre neue günstigere Sozialwohnung. Wenige Tage vor dem
Umzug ruft die Behörde bei ihr an: „Leider müssen wir Ihnen
mitteilen, dass Sie die beantragte Sozialwohnung nicht
erhalten können.“ Raissa fragt zurück: „Ja, aber warum denn
nicht?“ Die Behörde: „Na ja, äh, Sie sind in einem Alter, in dem
es sich ja nicht mehr lohnt, äh ...“ So lebt sie eben weiter auf
wenigen Quadratmetern, deren Miete einen großen Teil ihres
kleinen Finanzbudgets verschlingt. Am Ende des Monats
überlegt Raissa oft, ob sie sich die nötigen Medikamente für
Global Aid Network
(GAiN) gGmbH ist ein weltweit
tätiges Mitmach-Hilfswerk,
das viele Ehrenamtliche
ermutigt, ihre soziale Verantwortung
wahrzunehmen.
ihre Gicht- und Arthrosebeschwerden leisten oder sich doch
lieber einmal ein ordentliches Stück Fleisch oder eine Musik-
CD kaufen soll. Musik war immer Raissas Leidenschaft. Auch
bei den wöchentlichen Treffen der Holocaustüberlebenden
hat sie lange Klavier gespielt, bis ihre Gicht zu stark wurde. Die
Treffen müssen in Zeiten von Corona leider ausfallen und werden
sehnlichst vermisst.
Wie Patenschaften helfen
Immer wenn Sébastien von GAiN vorbeikommt, freut sich
Raissa riesig. Und das liegt nicht nur an dem Lebensmittelgutschein,
den er mitbringt. Raissa ist dankbar, weil sie durch
das Patenschaftsprogramm Hilfe und Aufmerksamkeit erhält.
Viele andere Holocaustüberlebende sind einsam, auf sich allein
gestellt und leben in unglaublicher Armut. Patenschaften
helfen dabei, diesen alten Menschen ihre Sorge um Essen, Medizin
und Hilfsmittel abzunehmen. Noch sind 189.500 Holocaustüberlebende
in Israel am Leben, 45.000 unter ihnen gelten
als arm. Jetzt ist die Gelegenheit, ihnen ihre letzten Tage zu
erleichtern. Patenschaften helfen dabei.
Patenschaften@GAiN-Germany.org
Weitere Informationen: GAiN-Germany.org
4
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Dieser Artikel ist in Zusammenarbeit mit DAHW DEUTSCHE LEPRA- UND TUBERKULOSEHILFE entstanden.
FOTO: SIEGFRIED HERRMANN
3. DEZEMBER: Internationaler
Tag der Menschen mit Behinderung
Am Internationalen Tag der Menschen mit Behinderung – jedes Jahr am 3. Dezember – sollen die
Menschen in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt werden, die mit einer Behinderung leben müssen.
Auch die DAHW, Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe, möchte anlässlich dieses Tages die öffentliche
Wahrnehmung und die Anerkennung von Menschen mit Behinderung fördern und deren Beiträge wie auch
das Erreichte feiern.
Text DAHW
Der Intention der Vereinten
Nationen, die 1993 diesen weltweiten
Gedenk- und Aktionstag
ins Leben gerufen hat, kann sich die
DAHW nur anschließen. Die Aufklärung
der Bevölkerung und das Thema „Integration
von Menschen mit Behinderung
in die Gesellschaft“ ist heute aktueller
denn je. Die Gleichberechtigung und die
volle Teilhabe am Gesellschaftsleben
für benachteiligte Menschen ist ein Ziel,
an dem auch die DAHW, Deutsche Lepraund
Tuberkulosehilfe, in ihren Hilfsprojekten
arbeitet.
Für ein Leben in Würde
Laut Studien der Weltgesundheitsorganisation
WHO leben 15 Prozent aller Menschen
weltweit mit Behinderungen. Rund vier
Millionen Menschen leiden infolge einer
Lepra-Erkrankung an einer Behinderung.
Ihr größtes Ziel ist es, selbstbestimmt und
in Würde leben zu können – genauso wie
Menschen ohne Behinderung.
Aus der Lepra-Arbeit kennt die DAHW
das Leid von Menschen mit Behinderung
nur zu genau. Sogar in Ländern mit
hohem Bildungsstand und funktionierenden
Sozialsystemen ist es schwierig, den
Betroffenen eine normale Teilhabe am
gesellschaftlichen und beruflichen Leben
zu ermöglichen.
So bekommt der Begriff Inklusion für
Leprakranke eine besondere Bedeutung.
Inklusion beschreibt das Recht auf Teilhabe
in der Gesellschaft für alle Menschen und
übersetzt Zugehörigkeit. Inklusion verwirklichen,
das bedeutet: Jeder Mensch wird
akzeptiert und ist gleichberechtigt, dabei
ist es ganz normal, verschieden zu sein.
Zusammen mit 178 Ländern hat sich
auch Deutschland für eine „inklusive
Entwicklung“ verpflichtet, indem
die entsprechende Resolution ratifiziert
wurde. Inklusion ist gleichberechtigte
und selbstbestimmte Teilhabe in
allen Lebensbereichen. Mit der Vorstellung
der nachhaltigen Entwicklungsziele
(auf englisch Sustainable Development
Goals, SDG; fünf der insgesamt
17 Ziele beziehen sich direkt auf
Menschen mit Behinderung), wurde
übereingestimmt, niemanden zurückzulassen.
In den weltweiten Umsetzungen
dieses Ziels, müssen Menschen
mit Behinderung als das wahrgenommen
werden, dass sie sind – effektive
Anwälte des Wandels, deren Beiträge
enorme Leistungen und Vorteile
erbringen.
Über die DAHW:
Im Jahr 1957 in Würzburg von einem
Journalisten als Lepra-Hilfswerk gegründet,
unterstützt die DAHW Deutsche Lepra- und
Tuberkulosehilfe e. V. heute rund 80 Programme
und Projekte in mehr als 20 Ländern,
um armutsbedingte und vernachlässigte
Krankheiten in Afrika, Asien und Lateinamerika
zu bekämpfen und die Gesundheits-
und Lebenssituation der betroffenen
Menschen langfristig zu verbessern. Dazu
fördert DAHW die Forschung sowie die Ausund
Weiterbildung von Fachpersonal und
Gemeindehelfer*innen, liefern medizinisches
Gerät und andere Materialien, sind in der
Fallfindung, Diagnose und Behandlung von
Betroffenen aktiv sowie in der Aufklärung,
Stigma-Bekämpfung und dem Empowerment
(Ermächtigung) von Menschen mit
Behinderung.
dahw.de
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DIE INKLUSIONSARBEIT DER DAHW
Empowerment von Menschen mit Behinderung auf drei Ebenen
Die eigenen Interessen gegenüber anderen
Menschen, Gemeinschaften und Gesellschaften
eigenmächtig, selbstverantwortlich und selbstbestimmt
vertreten zu können – das ist das Ziel
von Empowerment, der Selbstermächtigung von
benachteiligten Menschengruppen.
Zu diesen benachteiligten Menschengruppen
zählen auch die 1,5 Milliarden Menschen mit
Behinderungen oder Beeinträchtigungen, die den
Vereinten Nationen (UN) zufolge auf der Erde
leben. Die 2008 in Kraft getretene UN-Konvention
über die Rechte von Menschen mit Behinderung
sichert auch ihnen die volle Integration und Teilhabe
am Leben ihrer Gemeinschaften zu. Doch
nach wie vor bestehen vielfältige Barrieren.
Um sie abzubauen und das nachhaltige
Entwicklungsziel der Agenda 2030 der vollen
Partizipation aller Menschen zu erreichen, darf
Behinderung nicht mehr länger als ein Problem
des Individuums verstanden werden, sondern
vielmehr als Folge von umweltbedingten und
sozialpolitischen Umständen, die Bedürfnisse und
Belange von Menschen mit Behinderung nicht
gleichberechtigt und inklusiv berücksichtigen.
Dieser Perspektivwechsel ist heute die Grundlage
aller Programme und Projekte der DAHW
Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe, und das
Empowerment von Menschen mit Behinderung
auf drei Ebenen ein zentrales Element (siehe
Grafik).
... auf individueller Ebene
... Die auf Begünstigten individueller unserer Ebene Inklusionsprojekte
Die Begünstigten unserer Inklusionserhalten
individuelle Hilfe zur Sicherung ihrer
projekte erhalten individuelle Hilfe
Lebensgrundlage und für (mehr) Mobilität und
zur Sicherung ihrer Lebensgrundlage
Unabhängigkeit, und für (mehr) beispielsweise Mobilität durch und die Aus
Unabhängigkeit, stattung mit Rollstühlen beispielsweise
oder Krücken, die Finandurch
zierung die von Rehabilitationsmaßnahmen Ausstattung mit Roll-odestühlen
oder Krücken, die Finan-
wiederherstellenden Operationen, den Bau von
zierung von Rehabilitationsmaßnahmen
barrierefreien
oder
Toiletten
wiederherstellenden
und Wasserstellen oder
Operationen, den Bau von barrierefreien
Toiletten und Wasserstellen
oder durch die Vermittlung von
Behindertenausweisen.
durch die Vermittlung von Behindertenausweisen.
... auf kommunaler Ebene
Seit ... auf Jahren kommunaler verfolgen wir in Ebene unseren Inklusionsprojekten
den Ansatz der gemeindenahen inklu
Seit Jahren verfolgen wir in unseren
Inklusionsprojekten den Ansatz
siven Entwicklung (Community Based Inclusive
der gemeindenahen inklusiven
Develeopment, Entwicklung CBID), (auf um englisch das Selbstbewusstsein
Community
Menschen Based Inclusive mit Behinderung Develeopment,
zu stärken.
der
Wir CBID), unterstützen um das sie Selbstbewusstsein
beim Aufbau und der Arbeit
der Menschen mit Behinderung zu
von Selbstvertretungsorganisationen, die sich
stärken. Wir unterstützen sie beim
für
Aufbau
die eigenen
und
Rechte
der Arbeit
in ihren
von
Gemeinschaften,
Selbstvertretungsorganisationen,
und Gesellschaften einsetzen. die
Gemeinden
sich für die eigenen Rechte in ihren
Gemeinschaften, Gemeinden und
Gesellschaften einsetzen.
... auf staatlicher Ebene
Als ... auf Expert*innen staatlicher für Inklusion Ebene und Entwicklungszusammenarbeit
betreiben wir Lobbying und
Als Expert*innen für Inklusion und
Entwicklungszusammenarbeit betreiben
wir Lobbyarbeit, um auf globaler
Advocacy, um auf globaler (WHO, UN), europäischer
(WHO, (EU) UN), und nationaler europäischer (BMZ, Gesundheitsministerien)
nationaler Ebene (Bundesministerium die Bedürfnisse von Menschen für
(EU) mit wirtschaftliche Behinderung im sozialen Zusammenarbeit Kontext, im Gesund und
Entwicklung, Gesundheitsministerien)
heits und Wirtschaftssektor sichtbar zu machen,
Ebene die Bedürfnisse von Menschen
auf
mit
politische
Behinderung
Prozesse
im
Einfluss
sozialen
zu nehmen
Kontext,
und
strukturelle im Gesundheits- Veränderungen und voranzutreiben.
Wirtschaftssektor
sichtbar zu machen, auf politische Prozesse
Einfluss zu nehmen und strukturelle
Veränderungen voranzutreiben.
75
Prozent
weltweit
Blindheit und Sehbehinderungen
sind häufig vermeidbar
Christoffel-Blindenmission weist auf Mangelversorgung hin
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Weltweit leben 253 Millionen Menschen mit schweren Sehbehinderungen
oder sind blind. Für 75 Prozent von ihnen – das
sind 190 Millionen Frauen, Männer und Kinder – Ihre Behinderung
wäre vermeidbar oder könnte behandelt werden. Darauf
weist die Christoffel-Blindenmission (CBM) am heutigen Welttag
der Menschen mit Behinderungen hin. Doch mangelnde Gesundheitsversorgung
verhindert oftmals Vorsorge und Behandlung.
Grauer Star und nicht ausgeglichene Sehfehler gehören zu den
häufigsten Ursachen von Blindheit und starken Sehbehinderungen.
Bei Grauem Star, auch Katarakt genannt, ist die Linse getrübt.
Sie kann mit einer einfachen Operation durch eine künstliche
Linse ersetzt werden. Betroffene können so ihr Augenlicht
wiedererlangen. Eine Brille oder eine Lupe kann
denen helfen, die starke Sehfehler haben. Andere Ursachen wie
Diabetische Retinopathie und Grünen Star können Augenärzte
nicht heilen, aber – frühzeitig erkannt – gut behandeln und damit
den Sehverlust stoppen. Vorsorge und Behandlung schenken
also Augenlicht.
In Entwicklungsländern jedoch können sich viele Menschen
einen Arztbesuch nicht leisten, weil sie zu arm sind. Außerdem
fehlt es gerade in ländlichen Regionen oft an medizinischem
Personal. Kurz gesagt: Armut führt zu Blindheit. Die CBM arbeitet
daran, diese Wirkungskette zu durchbrechen. Dafür stärkt sie
aktiv lokale Strukturen und sorgt für eine bessere Gesundheitsversorgung
in den ärmsten Regionen der Welt.
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Blind, weil der
Arztbesuch zu teuer ist
Ziel: bessere medizinische Versorgung
in Entwicklungsländern
Dr. Rainer Brockhaus ist Vorstand der
Christoffel-Blindenmission (CBM)
Warum sind immer noch so viele
Menschen unnötig blind?
Brockhaus: Millionen von Menschen
sind blind oder stark sehbehindert,
weil sie arm sind und in einem Entwicklungsland
leben. Sie können sich einen
Besuch beim Arzt schlicht und ergreifend nicht leisten. Hinzu kommt,
dass es in vielen Regionen der Welt Augenärzte oft nur in den größeren
Städten gibt, wo die Landbevölkerung kaum hinkommen kann.
Die CBM bekämpft schon seit Jahrzenten
vermeidbare Blindheit. Was tun Sie konkret?
Brockhaus: Die einfachste und wirkungsvollste Hilfe ist die Finanzierung
von Augenbehandlungen. In unseren Partnerkrankenhäusern
in Entwicklungsländern erhalten auch arme Patienten die notwendige
medizinische Hilfe. Dank der CBM-Spenderinnen und -Spender
haben wir beispielsweise schon 15 Millionen Operationen am Grauen
Star ermöglicht und Menschen so ihr Augenlicht wiedergeschenkt.
Außerdem finanzieren wir sogenannte Außeneinsätze: Hier fahren
Ärztinnen und Ärzte aus den Krankenhäusern regelmäßig in abgelegene
Regionen, um die Menschen dort zu untersuchen und Augenprobleme
frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Nicht zuletzt
engagiert sich die CBM bei der Aus- und Weiterbildung von medizinischem
Personal in Entwicklungsländern.
Was möchten Sie mit Ihrem Engagement erreichen
und was erhoffen Sie sich für die Zukunft?
Brockhaus: Langfristiges Ziel muss eine flächendeckende medizinische
Versorgung in jedem Land der Welt sein, die für alle zugänglich
ist und die sich jeder leisten kann. Um das zu erreichen, ist auch die
deutsche Entwicklungszusammenarbeit gefragt. Sie muss sich noch
mehr als bisher für die Stärkung von Gesundheitssystemen in armen
Ländern einsetzen. Nur so schaffen wir es, dass kein Mensch mehr
durch eine vermeidbare starke Sehbehinderung dauerhaft beeinträchtigt
ist oder gar unnötig erblindet.
Zwei Tage, die das
Leben verändern
Ein Geschenk: Lydia Maundé aus Malawi
bekommt ihr Augenlicht zurück
Lydia Maundé steht vor der großen Tafel an der Wand. Doch obwohl
die Zeichen des Sehtests direkt vor ihrem Gesicht sind, kann die Frau
aus Malawi sie nicht erkennen. Die 56-Jährige ist fast blind. Sie kann
nur noch hell und dunkel unterscheiden. Seit fünf Jahren.
Organisiert wurde der Sehtest von einem lokalen Projektpartner
der Christoffel-Blindenmission (CBM) und die Mitarbeiter geben der
Frau Hoffnung: Sie hat Grauen Star und mit einer Operation kann
sie ihr altes Leben wiederbekommen. Lydia Maundé war zu diesem
Zeitpunkt bei allem auf Hilfe angewiesen. Sie konnte nicht mehr
selbst kochen. Auch an die Landwirtschaft, die ihr zuvor ein kleines
Einkommen sicherte, war schon lange nicht mehr zu denken. Doch
sie wusste nicht, warum sie nichts mehr sehen konnte. Die nächste
Augenklinik ist 70 Kilometer entfernt und der Frau fehlte schlicht das
Geld, um dorthin zu kommen oder eine Behandlung zu zahlen.
Kleiner Eingriff, große Wirkung
Mit etwas Hilfe der CBM ist das aber
kein Problem: Wenige Tage nach dem
Sehtest holt sie ein Wagen des Projektpartners
und bringt sie ins Krankenhaus.
Die Frau schwankt zwischen
Angst und Zuversicht: „Ich glaube, dass
eine Operation das Beste für mich ist“,
sagt sie noch vor dem Operationssaal
sitzend und will doch umdrehen, als
die Tür aufgeht und sie an der Reihe ist. Die Ärztin kann die Kleinbäuerin
aber überzeugen, dass alles gut wird und tauscht bei dem
kurzen Eingriff die eingetrübte Linse des rechten Auges gegen eine
künstliche aus. Eine Nacht noch muss sich die Patientin gedulden.
Als der Verband auf dem ersten Auge entfernt wird, ist ein Moment
Stille. Dann bricht Lydia Maundé in Lachen aus. Freude und Ungläubigkeit
stehen ihr ins Gesicht geschrieben. Sie kann wieder sehen.
Jetzt kann sie die Operation am zweiten Auge gar nicht abwarten.
Der Eingriff ist bereits am Nachmittag und nach einer weiteren Nacht
in der Klinik wird sie wieder nach Hause gebracht. Mühelos steigt sie,
zwei Tage nachdem der Geländewagen sie abgeholt hat, aus dem
Auto und läuft zu ihrem Haus. „Ich bin so froh, meine Enkel sehen zu
können und endlich wieder unabhängig zu sein“, freut sie sich. Kurz
darauf hat sie auch schon eine ihrer Ziegen auf dem Arm und ist umringt
von ihren Enkeln und dem halben Dorf.
Das beste Weihnachtsgeschenk
Ein selbstständiges Leben führen. Alleine einkaufen gehen. Das Enkelkind wiedersehen.
Solche Erfahrungen und Momente erscheinen unbezahlbar. Doch Augenlicht ist bezahlbar:
In den von der CBM geförderten Projekten in Entwicklungsländern kostet eine
Operation am Grauen Star im Schnitt nur 30 Euro. Wer dieses Weihnachten ein ganz
besonderes Geschenk machen will, schenkt einem armen Menschen das Sehen und
spendet eine Augen-OP.
Mehr Informationen unter www.cbm.de/bestegeschenk
Spendenkonto: Bank für Sozialwirtschaft
IBAN: DE46 3702 0500 0000 0020 20 · BIC: BFSWDE33XXX
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Dieser Artikel ist in Zusammenarbeit mit CARITAS entstanden.
Sei gut, Mensch!
Text Teresa Wieland
Die Studentin, die für die alte Nachbarin
einkauft, der Kollege, der seine
Mutter pflegt, die Freiwilligen, die
ein Zeltlager organisieren: Jeder
kennt sie. Personen, die sich auf die
eine oder andere Weise für andere
einsetzen. Jedes Gemeinwesen lebt
von Menschen, die bereit sind sich zu
engagieren.
Seit einigen Jahren werden engagierte Menschen
immer häufiger verächtlich als „Gutmenschen“
bezeichnet. Sie gelten als naiv und weltfremd, übertrieben
tolerant und hilfsbereit. Dieses gute Verhalten
durch den Begriff „Gutmensch“ herabzusetzen
und die Engagierten auf diese Weise geringzuschätzen,
ist nicht akzeptabel. Die Aufforderung „Sei gut,
Mensch!“ lädt alle ein, aktiv zu werden. Das heißt,
Menschen beizustehen, ganz konkret und auch politisch,
die Unterstützung brauchen. Und sich entschieden
gegen Herabsetzung und Diffamierung
guten Handelns zu wehren. Nicht umsonst wurde
„Gutmensch“ 2015 zum Unwort des Jahres gewählt.
Die Caritas will ausdrücklich nicht den moralischen
Zeigefinger heben, sondern das gesellschaftliche
Miteinander in den Mittelpunkt rücken. Dieses Miteinander
gelingt nur mit der Unterstützung jedes
Einzelnen. Jede und jeder Einzelne kann etwas tun,
um die Zivilgesellschaft zu stärken.
Viele Menschen fühlen sich angesichts der Digitalisierung,
Globalisierung und Corona-Pandemie
und den damit einhergehenden Veränderungen
in ihrer Arbeits- und Lebenswelt verunsichert
und orientierungslos. Die Sorgen um die eigene
Existenz führen bisweilen dazu, dass die Bereitschaft
zur Toleranz abnimmt. Für viele Menschen
liegt die Lösung darin, sich von anderen abzugrenzen.
Für das Miteinander einer Gesellschaft
ist dies schwierig. Es braucht Menschen und
Akteure, die sich für gesellschaftlichen Zusammenhalt
und eine aktive Zivilgesellschaft
stark machen. Einer dieser „Gutmenschen“ ist
Klaus B., der sich in einer Einrichtung für
Menschen mit Behinderung engagiert. Da wird
gemeinsam gekocht, aber auch draußen mit einer
Trommelgruppe im Wald geprobt. Er ist einer, der
sich solidarisch zeigt mit Menschen, die Unterstützung
benötigen.
Es gibt deutschlandweit viele Haupt- und
Ehrenamtliche, die dies tun. In Organisationen
wie der Caritas, aber auch in kleineren Vereinen
und Initiativen. Indem sie sich mutig gegen
Ausgrenzung und Diffamierung stellen, positionieren
sie sich auch bewusst politisch. Sie sind
weder leichtgläubig noch naiv. Ganz im Gegenteil,
es sind Menschen, die anpacken und ihre Zeit
und Aufmerksamkeit für andere einsetzen. Die
Caritas will Haltung zeigen. Ein guter Mensch zu
sein und Nächstenliebe zu leben darf nicht
verunglimpft werden. Nur gemeinsam mit vielen
können wir alle den Zusammenhalt stärken.
Sei gut, Mensch!
FOTO: DCV/JULIA STEINBRECHT, KNA
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Gutmensch
Jemand, der für
Vielfalt trommelt.
Sei gut, Mensch!
Die ganze Geschichte: SeiGutMensch.de
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Wärme durch Gemeinschaft als Mittel
gegen soziale Kälte und Pandemiesorgen
Es wird immer kälter in Deutschland, aber muss es auch so bleiben? Wer bei dieser Formulierung nur an den einkehrenden
Winter denkt, übersieht eines der größten Probleme unserer Gesellschaft: die soziale Kälte. Während der graue, nasskalte, dunkle
November ohnehin schon auf die Gemüter der Menschen schlägt und Auslöser von Novemberdepressionen werden kann, kommt
durch Lockdown-Maßnahmen und seit Monaten andauernde Kontaktbeschränkungen ein weiterer Aspekt zum Thema Einsamkeit
hinzu. Doch kalt war es in Deutschland schon vor der Pandemie.
Text Lukas Knochel
Das öffentliche Leben ist
lahmgelegt, viele Menschen
sind gezwungen, in ihren vier
Wänden zu bleiben und sich
abzuschotten, um eine Verbreitung des
Coronavirus einzudämmen. Während im
Sommer zumindest Treffen im Freien
meist in irgendeiner Form noch erlaubt
waren, wird es nun bei kälteren und
ungemütlicheren Bedingungen immer
schwerer, soziale Kontakte aufrechtzuerhalten.
Doch nicht erst die anhaltende Pandemie
hat in Deutschland für immer
weiter ansteigende Einsamkeit, soziale
Kälte und Ungerechtigkeit gesorgt. Seit
Jahren geht die Schere zwischen Arm
und Reich immer weiter auseinander.
Trotz internationaler Bewegungen für
Gerechtigkeit und Feminismus und
gegen Rassismus werden Frauen, ethnische
Minderheiten und sozialschwache
Gesellschaftsgruppen benachteiligt und
teilweise vergessen.
In einem Land, in dem noch immer 25
Prozent der Beschäftigen Mindestlohn
erhalten, Frauen für die gleiche Arbeit
oft noch immer weniger verdienen
oder Menschen mit Behinderung am
Arbeitsmarkt noch immer benachteiligt
werden, muss man auch heute noch von
einer Gesellschaftsstruktur der Kontraste
sprechen.
Allein und einsam durch
die Pandemie
Gerade die aktuelle Pandemie durch
SARS-CoV-2 hat aufgezeigt, wie wenig
auf essenzielle Teile der Gesellschaft
geachtet wird. Medizinisches Personal
wie Pflegekräfte sind ein Rückgrat der
aktuellen Virusbekämpfung. Sie pflegen
die Alten, stellen sich in erster Linie dem
Virus und isolieren sich aus Schutz von
ihrer Familie. Und trotzdem ist die Vergütung
und Überlastung von Pflegekräften
noch immer mangelhaft. Pflegende
Angehörige werden kaum unterstützt,
und ohnehin werden immer mehr ältere
Menschen in die Altersarmut gedrängt.
So sitzen nun in ganz Deutschland
Menschen isoliert von der Außenwelt,
allein mit ihren finanziellen und
zwischenmenschlichen Sorgen in ihren
Wohnungen oder ihren Zimmern im
Pflegeheim. Selbst medizinische Dienste
werden aktuell nur selten persönlich
ausgeübt. Alleinerziehende, die nach
wie vor oftmals finanziell deutlich
FOTO: SARRA GLÄSING
schlechter dastehen als Menschen, die in
einer Familienform leben, haben durch
geschlossene Schulen und Kitas kaum
Zeit, Geld zu verdienen, ohne die Erziehung
ihrer Kinder zu vernachlässigen.
Gemeinschaft durch Ehrenamt
Die Kontaktbeschränkungen sorgen
somit in weiten Teilen der Bevölkerung
für eine Potenzierung der ohnehin anhaltenden
sozialen Ungerechtigkeiten.
Einsamkeit verbreitet sich und isoliert
Menschen nicht nur körperlich, sondern
auch psychisch. Um diese Herausforderungen
so gut es geht zu überstehen,
braucht es ehrenamtliches Engagement.
In vielen kleinen Ortsverbänden, von
Privatpersonen oder den großen
Verbänden gibt es dafür glücklicherweise
immer mehr Angebote, einsame
Menschen zu betreuen, überlastete
Familien oder Alleinerziehende zu
unterstützen und gemeinsam einen Weg
durch die Krise zu finden.
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Gemeinsam gegen
Einsamkeit.
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Sozialverband Deutschland
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23.11.20 16:40
12
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FÜR
DEN
GUTEN
SWAG
Ein engagiertes Leben ist ein
erfülltes Leben. Gleichzeitig sollen
Aktivismus und Engagement
Spaß machen, um positiven
gesellschaftlichen Wandel nicht
mit dem erhobenen Zeigefinger
herbeizuführen. Viva con Agua
nennt diesen Ansatz „All Profit“,
denn alle sollen etwas vom
Engagement haben: Von den
Engagierten selbst, bis zu
den Menschen die durch die
Wasserprojekte von Viva con
Agua unterstützt werden.
Dieser Gedanke überzeugt.
Immer mehr Menschen setzen
sich für die Vision „Wasser für
alle“ ein. Was motiviert diese
Menschen soziale Verantwortung
zu übernehmen?
JULE
DOHRMANN MOGLI
Ehrenamt, soziales Engagement, Freiwilligenarbeit.
Begriffe, die mir zum ersten Mal in amerikanischen Serien
begegneten, meist für College-Bewerbungen oder
die Optimierung des Lebenslaufs. Aber darum soll es
hier nicht gehen. Dies ist kein Plädoyer für Altruismus,
sondern eine Liebeserklärung an alle Menschen, die
soziale Verantwortung übernehmen. Die sich mit ihren
Mitmenschen und für die Umwelt einsetzen, die laut
sind und nicht nachgeben. Die Welt ist nicht gerecht,
Ressourcen sind nicht fair verteilt und jeden Tag
fliehen Millionen Menschen vor Krieg und Armut. Ich
kann meine Augen nicht mehr davor verschließen, ich
kann meine Empathie nicht abschalten, ich kann nicht
zusehen, wenn Ungerechtigkeit ignoriert wird, und
ich kann nicht darauf warten, dass sich etwas ändert,
während ich selbst nichts verändere.
Seit zehn Jahren gibt es das Menschenrecht auf Wasser.
Aber die bloße Existenz dieses Menschenrechts
bedeutet nicht, dass dies auch für jeden Menschen auf
der Welt Realität ist. Viva con Agua hat mir gezeigt, dass
ich etwas verändern kann, ohne den moralischen
Zeigefinger zu erheben, dass ich andere Menschen mit
Freude und Spaß für ein existenzielles Menschenrecht
begeistern kann. Durch Musik, Kunst und Sport werden
besondere Verbindungen mit Menschen weltweit
geschaffen, und zusammen können wir so die Vision
„Wasser für alle“ unterstützen. Dies ist eine Liebeserklärung
an alle Menschen, die sich zusammen mit mir für
den Zugang zu sauberem Trinkwasser und Sanitäranlagen
einsetzen, die Viva con Agua unterstützen und sich
auch in Pandemiezeiten nicht unterkriegen lassen, die
mit Freude und Energie diesen Verein unterstützen
und nicht aufgeben, bis der letzte Brunnen gebohrt und
das letzte Klo gebaut ist.
Was bedeutet soziale Verantwortung für mich? Die Politik
und die Bildungssysteme überall auf dem Planeten
versäumen es, uns über den wahren Zustand der Welt
aufzuklären. Sie scheitern daran, Stigmata zu überwinden,
unsere Diversität zu repräsentieren und die
Menschheit zu vereinen.
Viele Menschen beziehen ihre Nachrichten ausschließlich
über soziale Medien. Das bedeutet, dass sie in hohem
Maße durch Algorithmen gefiltert werden. Die Dokumentation
„The Social Dilemma“ hat kürzlich wieder einmal
die kollektive Aufmerksamkeit darauf gelenkt, wie wir alle
in unseren eigenen Blasen stecken. COVID-19 hat uns den
realen Kontakt genommen und uns noch mehr isoliert.
Kunst kann die fehlende Verbindung sein, eine Brücke
zwischen diesen Blasen, denn jeder konsumiert Kunst.
Künstler haben die Möglichkeit, übergreifend Informationen
zu verbreiten. Deswegen steckt meine Message
in allem, was ich tue.
Warum mache ich Kunst? Weil ich Angst überwinden
will – meine eigene und die der anderen. Ich glaube,
dass Angst die Wurzel alles Bösen in der Welt ist. Jede
falsche Entscheidung, jeder Krieg lässt sich auf jemanden
zurückführen, der Angst hatte. Ich versuche, mutig
zu sein, indem ich mich verletzlich mache, in meiner
Kunst und auf allen meinen Plattformen. Verletzlichkeit
kreiert Empathie und Verbindung – und das braucht
unsere Welt. Ich spüre die Verantwortung, nicht nur
künstlerisch tätig zu sein, sondern auch über Themen
zu sprechen, die mir wichtig sind: Menschenrechte,
Gleichberechtigung, (Female) Empowerment, Klimawandel,
Homophobie, Rassismus, Nachhaltigkeit. Ich
bin in vielerlei Hinsicht privilegiert, also versuche ich,
mein Privileg und meine Plattform zu nutzen, um
Grenzen zu verschieben.
FOTOS: VIVA CO AGUA
FÜR EINE WELT
OHNE DURST!
Viva con Agua setzt sich für
den Zugang zu sauberem
Trinkwasser und – in Zeiten von
Corona besonders wichtig – für
Hygienemaßnahmen für alle
Menschen ein.
Wer schon einmal bei einer Aktion von
Viva con Agua dabei war, merkt schnell:
Dieser gemeinnützige Verein und sein
internationales Netzwerk stecken voller
guter Laune, voller motivierter und engagierter
Menschen, voller Musik und Leidenschaft.
Auf über 200 Musikfestivals
und etlichen Konzerten ziehen ehrenamtliche
Supporter mit ihren Tonnen
und Fahnen los und sammeln Spenden
in Form von Becherpfand. Die Ehrenamtlichen
organisieren Floßrennen,
Tischtennisturniere oder Flohmärkte, es
gibt Sofakonzerte, Kunstausstellungen
und Sportevents. Die Aktionen sind so
bunt wie die Organisation selbst, denn
Viva con Agua verfolgt einen besonderen
Ansatz: Engagement soll Spaß
bringen – und jeder soll von seinem
Engagement profitieren können.
Bei all der Lebensfreude, die Viva con
Agua ausstrahlt, steht eine Sache stets
im Mittelpunkt: Wasser. Der Grundgedanke
WASSER FÜR ALLE – ALLE
FÜR WASSER begleitet die Arbeit
von Viva con Agua seit der Gründung
im Jahr 2006 bei allen Projekten
und Aktionen. Durch die auf freudvolle
Weise gesammelten Spenden
konnten bisher bereits drei Millionen
Menschen in den Projektgebieten (z. B.
in Uganda, Mosambik, Nepal, Indien
oder Äthiopien) erreicht werden. Es
profitieren also alle: diejenigen, die sich
engagieren, genauso wie die Menschen
in den Projektländern, deren Lebenssituation
sich durch den Zugang zu
sauberem Trinkwasser und sanitärer
Lesen Sie mehr auf sozialeverantwortung.info 13
FOTO: PHILIPP WULK
ROGER
REKLESS
Soziale Verantwortung bedeutet für mich in erster
Linie eine Erkenntnis. Die Erkenntnis, dass man mit
seinen Handlungen in seinem Rahmen tatsächlich
Dinge verändern kann und dafür auch Verantwortung
trägt. Große Veränderungen in der Welt beginnen
im kleinen Kreis. Es ist wie der Stein, der ins
Wasser geworfen wird. Eine punktuelle Aktion kann
weite Kreise ziehen. Das bedeutet auch, zu begreifen,
dass man Teil von etwas Größerem ist. Man ist Teil
einer Gesellschaft und kann einen Beitrag leisten,
damit sich diese als Gemeinschaft betrachtet. Gesellschaft
würde ich in diesem Zusammenhang sogar als
die globale Gesellschaft der Menschheit verstehen.
In dem Moment, in dem ich mich als Teil von allem
begreife, werde ich meinem eigenen Verhalten noch
mehr Gewicht beimessen.
Wer soziale Verantwortung übernimmt, hat verstanden,
dass das eigene Verhalten und die eigene
Einstellung die Gemeinschaft beeinflusst und dass
die soziale Verantwortung darin besteht, diesen Einfluss
positiv gestalten und die Gemeinschaft weiterbringen
zu wollen. Das schließt den Erhalt und den
achtsamen Umgang mit unserer Umwelt ein, da sie
die Existenz der Gemeinschaft erst ermöglicht.
All das bedeutet Arbeit – und individuellen Einsatz,
denn diese Erkenntnis ist noch lange nicht so weit
verbreitet, wie sie sein sollte. Ich bin bereit dafür. Ich
arbeite stetig an mir selbst, um der Verantwortung
gerecht zu werden, die diese Erkenntnis mit sich
bringt. Und ich nutze meine Kunst in all ihren
Ausprägungen dazu, sie sichtbar zu machen.
ANNA
GREBHAHN
Ich engagiere mich, weil ich Verantwortung übernehmen
möchte für meine Generation und alle, die nach
mir leben. Mir erscheint eine nachhaltige Entwicklung
und somit intra- und intergenerationale Gerechtigkeit
als das Wichtigste, an dem wir hier auf der Welt gemeinsam
arbeiten können. Und hey – wir leben doch alle
gemeinsam hier! Also sollten wir uns auch umeinander
sorgen und versuchen, Gerechtigkeit zu schaffen,
mindestens in Bezug auf grundlegende Rechte wie den
Zugang zu Wasser und Sanitäranlagen. Insbesondere
der Zugang zu Wasser ist schließlich die Grundlage für
das Leben an sich.
Soziale Verantwortung zu übernehmen, bedeutet für
mich persönlich, auf mehr Gerechtigkeit hinzuarbeiten.
Und wisst ihr was? Bei Viva con Agua macht das auch
noch richtig viel Spaß, weil wir Aktivismus mit den
schönsten Dingen im Leben wie Musik, Kunst oder
Sport verbinden.
MIKA
ECKHARDT
Für mich sind viele elementare Dinge absolut selbstverständlich:
Wasser kommt aus dem Hahn, wenn
ich mal muss, gehe ich ein paar Meter auf die nächste
Toilette und danach wasche ich mir die Hände. Mit
Seife. Weil das aber nicht überall auf unserer Erde
so ist, spüre ich die Verantwortung, mein Privileg zu
nutzen und mich für eine Veränderung einzusetzen.
Ich wünsche mir eine Gesellschaft, in der die
Menschen nicht nur ihr eigenes Wohl vor Augen
haben und in der soziales Engagement ein genauso
alltägliches Phänomen wie Erwerbsarbeit ist. Auf
dem Weg dahin halte ich es für wichtig, dass alle, die
dasselbe Ideal einer gerechten Weltgemeinschaft
verfolgen, mit gutem Beispiel vorangehen. Viva con
Agua bietet mir die Möglichkeit, dieses Engagement
freudvoll auszuleben, indem beispielsweise das
Spendensammeln nicht durch Bilder von Leid und
Armut geprägt ist, sondern von der positiven Energie
von Festivals und Konzerten. Ich kann also Aktionen,
die mit viel Spaß und guter Stimmung verbunden
sind, mit dem Engagement für eine bessere Zukunft
verknüpfen. Außerdem steht hinter Viva con Agua
ein riesiges Netzwerk an inspirierenden Menschen
und Organisationen. Teil dieses Netzwerks zu sein,
bedeutet auch, dass ich überall in Deutschland und
Umgebung, aber auch beispielsweise in Uganda,
Nepal oder Malawi Menschen kennenlernen kann,
die dieselben Werte und Ziele verfolgen.
Grundversorgung deutlich verbessert. Viva
con Agua bezeichnet sich deshalb selbst als
ALL-Profit-Organisation.
Doch die Ausbreitung der Corona-Pandemie
ist aktuell nicht nur für uns eine extreme
Herausforderung. Gerade in anderen Teilen
der Erde können die Folgen von COVID-19
die Gewährleistung des Menschenrechts
auf Wasser gefährden. Deshalb ist in dieser
aktuellen Notsituation Prävention wichtig.
Wasser-, Sanitär- und Hygienemaßnahmen
können helfen, Menschen in Ländern wie
Nepal oder Uganda gesund zu halten, sie zu
schützen und dadurch die lokalen Gesundheitssysteme
zu unterstützen.
Aktuell haben weltweit 579 Millionen
Menschen keinen Zugang zu sauberem
Trinkwasser und rund zwei Milliarden
Menschen leben ohne sanitäre Grundversorgung.
Diese Menschen will Viva
con Agua erreichen – und nutzt dafür die
universellen Sprachen Musik, Kunst und
Sport. In Deutschland genauso wie in den
Projektländern.
Viva con Agua und sein internationales
Netzwerk profitieren vom Engagement vieler
Unterstützer. Wer sich einbringen will, kann
das auf verschiedene Weise tun. Dank der
ausgegliederten Social-Business-Unternehmen
Viva con Agua Wasser GmbH,
Goldeimer gGmbH und die Viva con
Agua Arts gGmbH ist es jedem möglich,
die Vision WASSER FÜR ALLE – ALLE
FÜR WASSER im Alltag mit dem Kauf
von sozialem Mineralwasser, sozialem
Klopapier oder Kunstwerken zu supporten.
Zudem kann sich jeder im Pool der
Ehrenamtlichen registrieren, bei Konzerten
oder Festivals dabei sein, Fördermitglied
werden oder eine eigene Spendenaktion
aufziehen. Die Möglichkeiten, sich im Vivacon-Agua-Kosmos
zu engagieren, sind quasi
unbegrenzt – be part of the family!
SPENDENKONTO:
Empfänger: Viva con Agua
IBAN: DE58 2005 0550 12681 351 81
BIC: HASPDEHHXXX
14
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FOTO: ANTHONY MOLINA
„Musik für
Mensch und Umwelt“
Milky Chance ist eine international erfolgreiche Band, die erkannt
hat, welche Auswirkungen die Musikbranche auf die Umwelt und den
Klimawandel hat. Mit dem Ziel, der Klimaneutralität so nah wie möglich
zu kommen und ihren CO 2 -Abdruck zu senken, gestalten sie ihre Arbeit
nun Stück für Stück nachhaltiger und umweltbewusster. Im Interview
erzählen sie, welche Veränderungen sie bereits vorgenommen haben
und wie ihre Zukunftspläne aussehen.
Text Sarra Gläsing
Clemens
beim Globalen
Klimastreik
von Fridays for
Future 2019
Als Band unterstützt ihr soziale
Projekte, wie zum Beispiel
Viva con Agua, doch was genau
bedeutet für euch soziale
Verantwortung?
Wir alle sind Teil einer Gesellschaft,
die nur gut funktionieren
kann, wenn wir solidarisch miteinander
leben und füreinander
einstehen. Soziale Verantwortung
zu übernehmen, heißt für
uns als Band, Sprachrohr zu sein.
Reichweite schafft Verantwortung.
Deshalb empfinden wir es
als Notwendigkeit, Organisationen
wie z. B. Viva con Agua oder
SOS Mediterranée in ihrer Arbeit
zu unterstützen und ihnen Gehör
zu verschaffen.
Ihr engagiert euch für mehr
Nachhaltigkeit in der Musikbranche
– zwei Sachen, die
nicht häufig in einem Satz fallen.
Wie passt das zusammen
und inwiefern setzt ihr das
bereits bei euch um? Welche
Änderungen habt ihr vorgenommen
und was steht bei
euch noch auf dem Plan?
Wir finden, dass das eigentlich
ziemlich gut zusammenpasst.
Wir stecken doch alle im Zwiespalt,
wenn es um Nachhaltigkeit
geht, egal ob als Individuum oder
als Gesellschaft. Keine Branche
ist bisher 100 Prozent nachhaltig,
aber alle sollten darauf hinarbeiten
es zumindest annähernd zu
FOTO: DANNY JUNGSLUND
Milky Chance
in Lissabon
zum Start der
„tickets for trees“
Initiative, „Mind
the Moon“-Tour
2020
werden, dazu gehört natürlich
auch die Musikindustrie. Es ist
klar, dass wir nicht so weitermachen
können wie bisher, etwas
muss sich endlich ändern. Wir
glauben, dass die Musikbranche
dabei ein Vorreiter und Teil der
Lösung sein kann – und muss.
Der allererste Schritt war für uns,
die Klimakrise auch als solche
zu benennen und zum Thema
z. B. in Interviews zu machen.
Wir haben dann versucht,
unseren eigenen Negativbeitrag
zu verstehen, also, wie groß ist
eigentlich der Fußabdruck, den
wir als Band hinterlassen? Dazu
haben wir uns Hilfe geholt und
unsere Nachhaltigkeitsmanagerin
an Bord geholt. Wir waren uns
außerdem direkt einig, dass wir
unseren Prozess so transparent
wie möglich auf unserem Blog
teilen wollen, damit andere davon
profitieren können. So richtig
konkret wurde es dann z. B. mit
der Umsetzung von Secondhand-
Merchandise, wo wir unseren
Fans angeboten haben, ihre alten
Shirts vor Ort bei den Konzerten
per Siebdruck bedrucken zu
lassen. Ein großer Teil der CO 2-
Bilanz eines Konzerts entsteht
aus der Anreise der Fans, weshalb
wir als Kompensation unsere
Tickets-for-Trees-Initiative
gestartet haben, indem wir für
jeden Konzertbesucher einen
Setzling in einem Aufforstungsprojekt
finanzieren. Wir sind
außerdem vom Konzept „Think
globally – act locally“ überzeugt,
weshalb gerade die Unterstützung
von lokalen Organisationen
für uns wichtig ist. Auf der „Mind
the Moon“-Tour durch Europa im
Frühjahr haben wir mit verschiedenen
kleinen NGOs Aktionen
geplant und z. B. einen Nachmittag
lang mit den Trash Heroes in
Zürich Müll gesammelt. Die Tour
selbst nachhaltiger zu gestalten,
ist natürlich auch Teil davon.
Unsere Lichtshow besteht z. B.
ausschließlich aus energiesparenden
LEDs und wir schicken
mittlerweile unseren Green Rider
vorab an die Veranstalter, in
dem wir z. B. um das Aufstellen
von Wasserspendern bitten oder
auf die Nutzung von Ökostrom
hinweisen usw. Wir sind trotzdem
noch ziemlich am Anfang
unseres Prozesses und haben
auch schon einige Rückschläge
einstecken müssen, bleiben aber
dran und haben schon einen
Haufen an Ideen, die wir noch
umsetzen wollen.
Wie sind eure Insider-Erfahrungen,
was das Nachhaltigkeitsbewusstsein
bei Musikern
und Veranstaltern betrifft? Ist
das unter Branchenkollegen
ein häufiges und verbreitetes
Thema oder habt ihr vielleicht
sogar schon einmal nachteilige
Erfahrungen gemacht, was das
Booking betrifft?
Zumindest in unserem engeren
Kreis haben wir das Gefühl,
dass das Bewusstsein für das
Thema da ist und auch schon
einige coole Projekte umgesetzt
werden. Vor allem bei Festivals
gibt es ja schon einige tolle
Beispiele, wie einfach die CO 2
-
Bilanz drastisch gesenkt werden
kann. Gerade im Gespräch mit
anderen Künstler(inne)n haben
wir gemerkt, dass man sich gerne
gegenseitig hilft und Erfahrungen
miteinander austauscht.
Benachteiligung beim Booking
haben wir bisher nicht erlebt.
Bereiche wie Touring und Veranstaltung
müssen ganz neu
gedacht werden. Auch ihr seid
berufsbedingt viel unterwegs.
Habt ihr schon einmal darüber
nachgedacht, auf Übersee-
Konzerte und das Fliegen zu
verzichten, um eine bessere
Ökobilanz zu erzielen?
Klar haben wir darüber nachgedacht,
ob es nicht am sinnvollsten
wäre, ganz aufs Touren oder
zumindest das Fliegen zu verzichten.
Nun leben unsere Fans aber
auf der ganzen Welt, und darauf
zu verzichten unsere Musik live
mit ihnen zu teilen, ist für uns
undenkbar. Wir beschäftigen uns
mit dem Thema Nachhaltigkeit
ja mit dem Ziel, weiterhin die
Möglichkeit zu haben, Konzerte
zu spielen und das zu tun, was wir
lieben. Eine nachhaltige Musikbranche
muss nicht zwingend
von großflächigem Verzicht
geprägt sein. Es gibt viele Wege,
die Ökobilanz einer Tour zu verbessern,
ohne auf internationale
Touren gänzlich zu verzichten,
z. B. durch effiziente Routenplanung
oder „Slow Tourism“. Sobald
Lesen Sie mehr auf sozialeverantwortung.info 15
man sich näher mit dem Thema
beschäftigt, wird außerdem
schnell klar, dass es z. B. sehr viel
schädlicher wäre, wenn man die
Fans dazu drängen würde, zu uns
zu reisen anstatt andersrum.
Wie sieht es mit eurer Merchandise-Produktion
aus?
Woher kommen eure Sachen,
woraus werden sie hergestellt
und von wem sind sie gemacht?
Neben unserem Secondhand-
Merchandise-Projekt haben wir
uns dazu entschlossen, für unsere
Europa-Tour 2020 eine reduzierte
Auswahl an Merch-Artikeln
herstellen zu lassen, zwei
Shirts, Hoodie und eine Wasserflasche.
Die Textilien wurden aus
GOTS- und Öko-Tex-zertifizierter
Biobaumwolle, vegan und fair
hier in Europa produziert. Wir
haben außerdem einen Teil der
Einnahmen an gute Zwecke wie
Viva con Agua gespendet. Wir
mussten uns allerdings leider
sehr ärgern, als die Shirts dann
einzeln in Plastik verpackt bei
uns ankamen, aber auch solche
Rückschläge gehören eben zum
Lernprozess dazu. Nächstes Mal
stellen wir sicher, dass auf so was
komplett verzichtet wird.
Welche Verantwortung trägt
die Musikbranche und welchen
Beitrag kann diese eurer
Meinung nach leisten, um
nachhaltiger zu werden?
Die Musikbranche hat unserer
Meinung nach eine besondere
Rolle, weil sie zum einen großes
Gehör bekommt und es zum
anderen schafft, Themen emotional
zu transportieren. Musik ist
immer schon Teil von sozialen
Bewegungen gewesen. Das ist
nichts Neues. Genauso wenig wie
die Klimakrise ein neues Thema
ist. Die Dringlichkeit und Dimension
dieser Krise war jedoch nie
so groß wie jetzt, weshalb wir
auch die Musikbranche – so wie
alle Industrien – in der Verantwortung
sehen, jede Möglichkeit
zu nutzen, diese Krise nicht komplett
eskalieren zu lassen.
Wer ist für euch ein Vorbild im
Bereich Nachhaltigkeit?
Vor allem unser nahes Umfeld,
Familie und Freunde inspirieren
uns dazu, nachhaltiger zu leben.
Es motiviert auch zu sehen, wie
viel sich schon verändert hat. Im
Großen und Ganzen ist aber die
Bewegung an sich unser Vorbild,
mit allem, was dazugehört, seien
es „Fridays for Future“-Demonstrationen
mit Tausenden Teilnehmern
oder sei es zu sehen,
wie das Thema auch in der Weltpolitik
langsam ankommt.
Wie steht ihr zu dem Gedanken,
mit der Produktion von CDs
und Platten aufzuhören und alles
komplett auf digitale Wege
umzustellen und anzubieten?
Das ist sowieso die Zukunft, aber
es steht auch gar nicht fest, dass
die digitale Umstellung unbedingt
so viel klimafreundlicher
ist. Die Energie zum Betreiben
von Servern oder die Herstellung
von Smartphones sind auch
ressourcenintensiv. Wir fragen
uns, ob eine nachhaltig hergestellte
Platte vielleicht sogar
klimafreundlicher wäre, als ein
Album etliche Male zu streamen.
Das wäre doch mal ein interessantes
Thema für eine Studie.
Die Corona-Krise macht auch
vor der Musikbranche nicht
halt. Viele Ländergrenzen sind
geschlossen, Veranstaltungen
und Reisen untersagt. Stattdessen
gibt es Angebote für
digitale Live-Konzerte. Wie
habt ihr diese Veränderungen
erlebt und könnt ihr eventuell
positive Dinge aus dieser Zeit
beibehalten? Seht ihr vielleicht
sogar neue Möglichkeiten für
mehr Nachhaltigkeit dadurch?
Als Band wünschen wir uns
nichts mehr zurück, als wieder
auf die Bühne gehen und
live spielen zu dürfen. Für
uns sind Streaming-Konzerte
keine Dauerlösung, sondern die
Begegnung auf Konzerten und
Festivals ist von unschätzbarem
Wert für Kunst und Kultur.
Zu Beginn der Pandemie hatten
wir noch größere Hoffnungen,
dass diese Krise zumindest eine
Chance für die Debatte um das
Klima sein könnte. Mittlerweile
müssen wir aber zugeben, etwas
ernüchtert von den Entwicklungen
zu sein. Wir sind auch
enttäuscht darüber, wie wenig
FOTOS: ANTHONY MOLINA
Wert auf die Veranstaltungsbranche
und die die in ihr tätig sind,
gelegt wird. Wir würden uns z. B.
wünschen, dass Unternehmen
nur dann vom Staat gerettet
werden, wenn sie sich z. B.
Auflagen einer ökologisch
nachhaltigen Entwicklung
verschreiben. Die Corona-Krise
scheint leider nicht das große
Wachrütteln bewirkt zu haben,
welches wir für die Klimakrise
dringend brauchen. Immerhin
haben wir aber nun die Gewissheit,
dass sich Dinge ändern
können, wenn es zwingend
erforderlich ist.
Second-hand
Merchandise
durch Siebdruckverfahren,
„Mind
the Moon“-
Europa-Tour
2020
Milky Chance
bei einer
Cleanup-
Aktion mit den
Trash Heroes
in Prag, „Mind
the Moon“-
Europa-Tour
2020
@milkychance_
official
milkychange.com
Dieser Artikel ist in Zusammenarbeit mit SOS MEDITERRANEE entstanden.
Menschenleben retten ist Pflicht
Text Petra Krischok
Fast jeden Tag ertrinken
Menschen auf der Flucht über
das Mittelmeer. In diesem
Jahr sind im zentralen Mittelmeer
bereits mindestens 720
Kinder, Frauen und Männer
ertrunken, die Dunkelziffer
liegt weit höher.
Klaus Vogel, Kapitän der Handelsschifffahrt
und Historiker, hat vor fünf
Jahren die zivile Seenotrettungsorganisation
SOS MEDITERRANEE gegründet:
„Es ist unmenschlich und skandalös,
schutzsuchende Menschen im Mittelmeer
wissentlich ertrinken zu lassen. Wir
wollen keine derart tödliche europäische
Außengrenze. Denn auf dem Mittelmeer
wird Recht gebrochen. Das ist inakzeptabel
und Europa unwürdig.“
Die Pflicht, Schiffbrüchige auf See zu
retten, ist im Völkerrecht verankert. Doch
die zivilen Seenotrettungsorganisationen
wurden 2020 durch die Festsetzung ihrer
Rettungsschiffe viele Monate lang davon
abgehalten, Menschen aus Seenot zu retten.
Auch SOS MEDITERRANEE konnte
über vier Monate lang nicht mit ihrem
Rettungsschiff, der Ocean Viking, in den
dringend notwendigen Einsatz fahren.
„Rettungsschiffe wie die Ocean Viking
können der humanitären Katastrophe auf
dem Mittelmeer begegnen“, sagt Verena
Papke, Geschäftsführerin von SOS MEDI-
TERRANEE Deutschland. „Unsere Arbeit
ist unverzichtbar, denn die staatliche
europäische Seenotrettung wurde aus politischen
Gründen Schritt für Schritt eingestellt.
So werden die vielzitierten Werte
Europas zur Makulatur.“ Denn statt selbst
zu retten, bezahlt die EU Libyen, mit ihrer
Küstenwache die flüchtenden Menschen
abzufangen. Sie werden nach Libyen in
Internierungslager zurückgebracht – in
den Kreislauf aus Gewalt und Ausbeutung.
„Das ist Völkerrechtsbruch, keine
Rettung!“, empört sich Verena Papke.
Das zentrale Mittelmeer ist zur tödlichsten
Fluchtroute der Welt geworden.
Und auch im Winter fliehen verzweifelte
Menschen weiter in überbesetzten,
seeuntauglichen Booten und geraten in
Seenot. „Nahrung und Wasser sind meist
nach 24 Stunden verbraucht“, berichtet
Verena Papke. „Die leistungsschwachen
Motoren versagen, Wasser dringt ein, die
Menschen sind stark unterkühlt und in
der langen Dunkelheit orientierungslos
und in Todesangst.“
An Land wird bei Unfällen vom
Rettungsteam nicht gefragt, ob jemand
den Unfall selbst verschuldet hat, woher
ein Unfallopfer kommt oder wohin es
will. Nichts anderes tun die zivilen
Seenotretter: Sie sind die Sanitäter des
Mittelmeeres, sie retten Menschenleben,
weil die Staaten sich aus ihrer Verantwortung
gezogen haben. Seit ihrer Gründung
2015 hat SOS MEDITERRANEE 31.799
Menschen vor dem Ertrinken gerettet.
Für diese Arbeit ist die gemeinnützige
Nichtregierungsorganisation auf die
Unterstützung der Zivilgesellschaft
angewiesen. Auf Menschen, die ihre
humanitären Werte nicht über Bord
gehen lassen wollen. Die Hilfsorganisation
SOS MEDITERRANEE finanziert ihr
Schiff und ihre Arbeit über Spenden.
Helfen Sie mit, Kinder, Frauen und
Männer im Mittelmeer vor dem
Ertrinken zu retten. Spenden Sie jetzt!
SOS MEDITERRANEE
IBAN: DE 04 1005 0000 0190 4184 51
BIC: BELADEBEXXX
Stichwort: Hilfe für Menschen in Seenot
FOTO: ANNA PSAROUDAKI
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Kinder
verdienen
es, Kinder
zu sein
FOTO: LUCIAN COMAN/SHUTTERSTOCK
Text Lukas Knochel
Kilometerweit barfuß durch triste
Landschaften laufen, um zur
Schule zu kommen. Du weißt
noch nicht mal, ob es heute
Abendessen gibt, wenn du den zweistündigen
Fußmarsch zurückgeschafft
hast. Doch du weißt trotzdem, dir geht
es besser als so vielen anderen Kindern
in deinem Heimatland. Im Hinterkopf
immer die Gedanken an die beste Freundin,
die letzte Woche an den Folgen einer
Durchfallerkrankung verstorben ist und
schmerzlich vermisst wird.
Was klingt wie ein dramatischer Anfang
eines Kinofilms, ist in den sogenannten
Dritte-Welt-Ländern Alltag für die Kinder.
Die Bundeszentrale für politische Bildung
in Deutschland gibt an, dass täglich
31.000 Kinder an den Folgen von Armut
und Unterernährung sterben.
Millionen von Kindern wird ihre Kindheit
genommen. Sie werden Opfer von
Krieg, Prostitution, Kinderarbeit oder
Sextourismus. Auch schlechte Hygienebedingungen
und der Mangel an ärztlicher
Grundversorgung sorgen immer
noch dafür, dass Lungenentzündungen
und Durchfallerkrankungen weltweit zu
Millionen vermeidbaren Todesfällen bei
Kindern führen.
Hin und wieder branden politische
Debatten in Europa oder Nordamerika
auf, wie den Kindern geholfen werden
könnte, wenn große Katastrophen passiert
sind oder Krankheiten ausbrechen.
Meist nur ein kurzweiliger Scheinwerfer
auf ein andauerndes Problem.
Kinder aus den ärmsten Regionen der
Welt haben weder Zugang zu Bildung
noch zu ärztlicher Versorgung. Von Freizeit
ganz zu schweigen. Die Eltern müssen
unterstützt werden, damit die ganze
Familie über die Runden kommt. Es bleibt
kein Platz dafür, den Gedanken an eine
schulische Ausbildung zu verschwenden.
Die Wege sind zu weit, die Zeit ist zu kostbar.
Es ist einer dieser viel beschriebenen
Teufelskreise, aus denen nur die wenigsten
der Kinder rauskommen.
Umso wichtiger sind die gemeinnützigen
Organisationen, Projekte und auch
einzelne Bemühungen, für Veränderung
zu sorgen und zu helfen. Es kann ganze
Generationen verändern, wenn Schulen
gebaut werden, ja schon allein, wenn eine
grundlegende medizinische Versorgung
aufgebaut wird. Effektiv sind die, die
nachhaltig helfen. Wird die direkte
Versorgung von Kindern mit weitreichenden
Projekten zu Herausforderungen wie
Klimawandel, Armut und Ressourcenverbrauch
vereint, können Kinder über
Generationen hinweg gerettet werden.
Alle Kinder verdienen es, Kinder zu
sein!
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© Maurice Ressel
Mein Arzt kommt
aus Deutschland
German Doctors helfen
ehrenamtlich
in Armutsregionen.
Ohne Ihre Spende geht es nicht: www.german-doctors.de
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Gemeinsam Hoffnung schenken
Was lehrt uns die weltweite
Corona-Pandemie? Im besten
Fall einander zu helfen, wenn
es drauf ankommt. Denn
aktuell bedroht uns alle – ob
in Europa, Asien oder Afrika
– dieselbe Gefahr. Wenn wir
also nur eines aus dieser
Ausnahmesituation lernen,
sollte es Solidarität sein. Als
ein Zeichen von Empathie
und Mitmenschlichkeit, als
Botschaft des Zusammenhalts
ist sie unverzichtbar für unsere
Gesellschaft.
Text Lukas Knochel
Seit Menschengedenken sind
Kinder diejenigen, die am meisten
unter Krisen leiden. Aktuell
wachsen abertausende Mädchen
und Jungen in Flüchtlingslagern
auf. Unter ihnen auch Kinder, die Krieg und
Gewalt erfahren haben. Viele mussten den
Verlust naher Angehöriger oder Freunde
miterleben und tragen seither selbst Verletzungen
und unsichtbare Narben im Inneren.
Wie Hilfsorganisationen berichten,
lebte im Jahr 2019 fast jedes fünfte Kind
in einem Konfliktgebiet. Ihr Alltag findet
zwischen Gewalt, Armut und Krankheiten
statt. Corona-Vorschriften wie Abstandhalten
und regelmäßiges Händewaschen
sind für sie fernab der Realität. Hier fehlt es
schon an Seife und fließendem Wasser oder
gar einer sicheren Mahlzeit am Tag.
Was hingegen vorhanden ist, sind Existenzängste.
Diese Kinder brauchen dringend
Schutz und Sicherheit. Doch ohne
Hilfe schafft es keines von ihnen, selbstbestimmt
und gesund aufzuwachsen.
Mancherorts sprechen wir schon heute
von einer verlorenen Generation. Aber die
Lage ist nicht hoffnungslos: Denn Kinder
sind stark. Sie sind resilient. Sie können
schwere Schicksalsschläge verkraften,
wollen leben und lernen und haben Wünsche
für ihre Zukunft. Vorausgesetzt, dass
wir sie sehen, ihnen zuhören und ihnen
Vertrauen schenken. Dieses Vertrauen
in ihre Fähigkeit, das Leben zu meistern,
ist für Kinder Ansporn und Starthilfe
FOTO: SAVE THE CHILDREN
zugleich. Und: Es ist ein Zeichen von Mitmenschlichkeit.
Für jene, die unverschuldet
in Kriege, Armut oder andere Krisen
geboren werden. Denn jedes Kind hat das
Recht auf Zukunft, egal, wo es geboren
wird. Schauen wir also hin. Geben wir den
Kindern die so dringend benötigte Hilfe
und den Schutz, damit sie ihr Potential
entfalten können.
Hier ist auch die Unterstützung von
Unternehmen und Privatpersonen, die
aktiv werden und sich für Verbesserungen
einsetzen wollen, wichtig. „Gerade in
besonderen Zeiten wie diesen fühlen sich
Unternehmen unter Umständen unsicher
aufgrund der wirtschaftlichen Lage. Doch
in der Corona-Krise gibt es viele Kinder,
die dringend unsere Unterstützung
benötigen“, weiß Tobias Volker Knaup,
Jungunternehmer aus Darmstadt. Mit
vereinten Kräften ist es möglich, dafür zu
sorgen, dass Mädchen und Jungen in
Geborgenheit aufwachsen und Zusammenhalt
spüren. Dafür, dass sie wieder
träumen und unbeschwert wünschen
können.
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IHR UNTERNEHMEN
FÜR KINDER IN NOT
Spenden statt schenken –
Ihre Weihnachtsspende 2020
SPENDEN SIE JETZT:
IBAN: DE92 1002 0500 0003 2929 12
Stichwort: Aktion Weihnachtsspende
oder online unter:
www.savethechildren.de/weihnachtsaktion
© Francesco Alesi / Save the Children
Kinder in Not haben existenzielle Sorgen. Ihr
größter Wunsch? Oft einfach ein Dach über dem
Kopf, nicht mehr hungern müssen, wieder in die
Schule gehen können. Wir wollen, dass Kinder frei
von Existenzängsten aufwachsen, dass sie viele
Wünsche und Träume haben können – für sich
und für ihre Familien. Mit der Teilnahme an der
Aktion Weihnachtsspende helfen Sie, Kinder so
gut zu versorgen, dass sie wieder träumen und
viele fantasievolle und kindliche Wünsche
haben können. Gerade jetzt in Zeiten von Corona
brauchen Kinder weltweit ganz besonders unsere
Unterstützung. Ihre Unternehmensspende kann
Kinderwünsche retten!
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Dieser Artikel ist in Zusammenarbeit mit ZIVILER FRIEDENSDIENST entstanden.
COVID-19: Friedensarbeit in fragilen
Staaten muss weitergehen
In Krisen- und Konfliktregionen besteht die Gefahr, dass sich Konflikte
durch die Pandemie verschärfen.
Text Martina Rieken, Koordinatorin Öffentlichkeitsarbeit Konsortium Ziviler Friedensdienst
Die Corona-Pandemie trifft die
Gesellschaften fragiler Staaten
besonders hart. Die Gesundheitsversorgung
steht vor dem
Kollaps. Schwierige Lebensbedingungen
begünstigen die Ausbreitung des Virus
und führen zu einer Zunahme sozialer
Spannungen und häuslicher Gewalt.
Konflikte werden durch Versorgungsengpässe,
Einkommensverluste und Ängste
verschärft. Manch autoritäres Regime
missbraucht die präventiven Maßnahmen
gegen das Virus, um Meinungsfreiheit
und Menschenrechte weiter
einzuschränken. All das bildet einen
gefährlichen Nährboden für Gewalt.
Gerade jetzt ist es also wichtig, die
Friedensarbeit fortzuführen und lokalen
Partnern zur Seite zu stehen – um Konflikte
zu entschärfen, Unruhen vorzubeugen
und Menschenrechte zu schützen.
Lokale zivilgesellschaftliche Organisationen
leisten einen entscheidenden
Beitrag dazu, die Folgen der Pandemie
abzufedern. Sie setzen sich auch unter
eingeschränkten Kontaktmöglichkeiten
für die Rechte verletzlicher Gruppen ein.
Vielerorts füllen sie staatliche Versorgungslücken,
etwa bei der gesundheitlichen
Aufklärung. Auch die Arbeit des
Zivilen Friedensdienstes (ZFD), einem
Programm für Gewaltprävention und
Friedensförderung in Krisen- und Konfliktregionen,
geht weiter. ZFD-Fachkräfte
unterstützen ihre Partnerorganisationen
dabei, die Friedensarbeit anzupassen und
aufrecht zu erhalten, häufig durch mobile
und virtuelle Kommunikationswege.
In Timor-Leste informiert die Organisation
Ba Futuru die Bevölkerung über
COVID-19-Gefahren und -Schutzmaßnahmen.
„Wir arbeiten sonst viel im
direkten Kontakt mit unseren Zielgruppen
und sind dafür im ganzen Land
unterwegs“, sagt ZFD-Fachkraft André
de la Chaux. „Solche Veranstaltungen
sind aber derzeit nicht erlaubt. Deshalb
sind wir auf virtuelle Möglichkeiten
FOTO: BA FUTURU
Die Organisation Ba Futuru setzt schon
immer auf kreative Wege. In Zeiten
von COVID-19 allerdings vor allem im
virtuellen Raum
umgestiegen.“ Trotz der Ungewissheit,
die mit der Pandemie einhergeht, ist er
im Land geblieben. Als Medienpädagoge
bringt er für die Umstellung auf digitale
Inhalte das nötige Handwerkszeug mit.
„Für meine direkten Kolleginnen und
Kollegen erstelle ich kleine Tutorial-
Videos, die erläutern, wie sie diverse
Programme und Apps im Homeoffice
einsetzen können. Auch eine kleine E-
Learning-Einheit zum Thema Fake und
Hoax News ist in Planung.“
Auch das Ausmaß häuslicher Gewalt
ist vielerorts explodiert. In Bolivien
herrschen strenge Ausgangssperren.
Besonders Frauen und Kinder sind ihren
Peinigern so oft schutzlos ausgeliefert.
ZFD-Partner Centro Juana Azurduy
(CJA) steht ihnen trotz aller Einschränkungen
bei. Das Team aus Juristinnen
und Psychologinnen hat Notrufnummern
eingerichtet. Es berät Betroffene
– seit Oktober auch wieder im Büro
– und bringt Straftaten zur Anzeige.
Um das Schweigen über die Gewalt zu
brechen, klärt CJA über die sozialen
Medien und einen eigenen Radiosender
auf. Zusammen mit anderen Organisationen
fordert CJA die Regierung regelmäßig
auf, Frauen, Jugendliche und Kinder
während der Ausgangssperre besser vor
Gewalt zu schützen.
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© Omar Chimère Diaw
Friedensarbeit unter Corona-Bedingungen?
Das geht!
Zum Beispiel mit Street-Art von Omar Chimère Diaw,
dessen Graffiti in Guinea für COVID-19 sensibilisieren.
Warum das den Frieden fördert
und Gewalt vorbeugt?
Mehr erfahren und weitere Beispiele:
www.ziviler-friedensdienst.org/corona-pandemie
Lesen Sie mehr auf sozialeverantwortung.info 19
Dieser Artikel ist in Zusammenarbeit mit WELTHUNGERHILFE entstanden.
Mit Gemüse gut gewappnet
Für tausende Menschen in Afghanistan bedeuten die Folgen
der Corona-Pandemie Arbeitslosigkeit, oft sogar Hunger.
Die 50-Jährige Zia Gul hatte Glück: Weil sie im letzten Jahr
mit Unterstützung der Welthungerhilfe einen Gemüsegarten
angelegt hat, haben sie und ihre Familie auch in dieser unsicheren
Zeit genug zu Essen.
Text Stefanie Glinski
Unermüdlich lockerte Zia Gul
Erde und legte frische Beete
an, als sie in ihren neuen Beruf
als Gemüselandwirtin startete.
Vor einem Jahr hatte die 50-Jährige eine
Schulung der Welthungerhilfe besucht
und Saatgut erhalten. Schon wenige
Monate später sah Zia Gul die Resultate
in ihrem Küchengarten: frische Tomaten,
Auberginen, Paprika, Zwiebeln und
Kräuter. Damals konnte sie nicht ahnen,
welchen Lohn sie im darauffolgenden
Jahr für ihre Mühe erhalten würde.
Corona brachte Hunger
Während Zia Gul im Frühjahr wieder mit
dem Gemüseanbau begann, erreichten
beunruhigende Nachrichten ihr kleines
Dorf in der afghanischen Provinz Herat.
Zehntausende WanderarbeiterInnen, die
jahrelang im Iran gelebt hatten, überquerten
die Grenze. Im Nachbarland
war das Corona-Virus ausgebrochen. Es
ging schnell, bis auch in Herat die ersten
Infektionen gemeldet wurden. Angst breitete
sich aus, denn eine gute Krankenversorgung
gibt es hier nicht. Das Stadtzentrum,
Schulen und Regierungsgebäude
schlossen.
Für tausende Menschen in Afghanistan
bedeuten die Folgen der Pandemie
nun Arbeitslosigkeit, oft sogar Hunger.
Lebensmittelpreise schießen in die Höhe
und Importe bleiben aus. Auch in Zia
Guls Dorf standen plötzlich viele ohne
Arbeit und ohne jedes Einkommen da.
„Wir sollten in unseren Häusern bleiben,
damit wir uns nicht anstecken.
Es verbreiteten sich Gerüchte über das
Virus, niemand wusste, was der Wahrheit
entsprach.“
Genügend Essen dank Gemüsegarten
Etwas Verlässliches gab es jedoch: Zia
FOTO: WELTHUNGERHILFE/GLINKSI
Projektteilnehmerin Zia Gul bei der Kräuterernte
in ihrem Gemüsegarten.
Guls Gemüsegarten. Er bot und bietet der
zehnköpfigen Familie in dieser unsicheren
Situation genügend und dazu
gesundes Essen – außergewöhnlich schon
zu normalen Zeiten. Denn über 40
Prozent der Bevölkerung in Afghanistan
können sich nicht ausreichend und
ausgewogen ernähren, bis zu 26 Prozent
der Kinder zeigen Anzeichen von
Mangelernährung. Im vergangenen
Herbst konnte Zia Gul vom verkauften
Gemüse sogar etwas Geld sparen. Auch
das hilft der Familie jetzt aus der Not.
„Niemand hätte ahnen können, dass uns
solch ein Virus treffen würde. Aber dank
des Gartens waren wir so gut auf die Krise
vorbereitet, wie es überhaupt möglich
ist“, sagt Zia Gul. „Meine Arbeit ist zu
Hause, also bin ich nicht arbeitslos
geworden. Meine Kinder können nicht
zur Schule – dafür helfen sie mir jetzt mit
der Ernte“, lächelt Zia Gul.
WELTHUNGERHILFE
Als eine der größten privaten Hilfsorganisationen
in Deutschland setzt sich
die Welthungerhilfe seit ihrer Gründung
dafür ein, dass alle Menschen
die Chance auf ein selbstbestimmtes
Leben ohne Hunger und Armut haben.
Sie leistet Unterstützung im Katastrophenfall.
Darüber hinaus ermöglicht sie
LOREM IP SUM
gemeinsam mit lokalen Partnerorgani-
DOLOR SIT
ihr Leben dauerhaft zu verbessern.
Um ADUNT
ihre Arbeit erfolgreich zu verwirk-
sationen in fast 40 Ländern Menschen,
lichen, ist die Welthungerhilfe auf die
Unterstützung von Spenderinnen und
Spendern angewiesen.
Neben einer klassischen Spende gibt
es auch die Möglichkeit, die Welthungerhilfe
testamentarisch zu bedenken.
Mit schon einem Prozent Ihres Nachlasses
können Sie in den Projekten Großes
bewirken und über den Tod hinaus den
Ärmsten der Armen Hoffnung schenken.
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20
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Engagierte Unternehmen und
Organisationen stellen sich vor
OEKO-TEX®– aus Verantwortung für eine nachhaltige(re) Zukunft
Text Johanna Biegalla
Georg Dieners
Generalsekretär
OEKO-TEX®
Mit ihrer fast 30-jährigen Erfahrung
ist die in der Schweiz ansässige
OEKO-TEX® Association weltweit
führend darin, es Konsumenten und
Unternehmen zu ermöglichen, unseren
Planeten durch verantwortungsvolles
Handeln zu schützen. Bestehend aus 18
unabhängigen Mitgliedsinstituten und
Kontaktbüros in weltweit über 60 Ländern,
bietet OEKO-TEX® standardisierte
Lösungen, mit denen Kunden aus dem
Textil-, Mode- und Leder-Bereich ihre
Herstellungsprozesse optimieren können
und somit dazu beitragen, hochwertige
und nachhaltige Produkte auf den Markt
zu bringen. Aktuell nutzen über 16.000
Hersteller, Marken und Handelsunternehmen
in mehr als 100 Ländern die Standards
von OEKO-TEX®. Ihre Labels wie
der STANDARD 100 sowie der LEATHER
STANDARD by OEKO-TEX® stehen für
eine hohe Produktsicherheit und garantieren,
dass alle Bestandteile eines Textilbzw.
Lederproduktes auf Schadstoffe
überprüft worden und somit humanökologisch
unbedenklich sind. Somit dienen die
OEKO-TEX® Labels Millionen Menschen
rund um den Globus nicht nur als Orientierung
für ihre Kaufentscheidungen,
sondern bieten ebenfalls Vertrauen und
Transparenz. Die Mission der Association
ist es, Vertrauen in Textilien und Leder
sowie deren Produktion zu schaffen und
damit Verbrauchern und Unternehmen
ein Höchstmaß an Sicherheit zu bieten.
Zum Produktportfolio der 1992 gegründeten
OEKO-TEX® Association gehören
drei Produktlabel und Zertifizierungen,
eine Zertifizierung für Produktionsstätten,
ein Analysetool für Produzenten
sowie eine Zertifizierung für Chemikalien.
Mit dem jüngsten Zugang MADE IN
GREEN by OEKO-TEX®, bietet der
Zertifizierer seit 2015 ein nachverfolgbares
Label, das Textilien und Lederwaren
kennzeichnet, die nicht nur in umweltfreundlichen
Betrieben unter sozial
verantwortlichen Arbeitsbedingungen
hergestellt wurden, sondern zusätzlich
auch auf Schadstoffe überprüft und somit
nicht gesundheitsschädlich sind. Das
MADE IN GREEN by OEKO-TEX® Label
vereint die Zertifizierung nach dem
bekannten Label STANDARD 100 sowie
STeP by OEKO-TEX®, einem Zertifizierungssystem
für Produktionsstätten.
Dank eines QR-Codes bzw. einer eindeutigen,
individuellen Produkt-ID können
Konsumenten direkt zurückverfolgen, in
welchen Ländern und Produktionsbetrieben
der gekennzeichnete Artikel produziert
wurde. So erhält der Verbraucher
unmittelbar und direkt vor Ort alle
detaillierten Informationen zu einem
Artikel und kann sich so vergewissern,
dass er nachhaltig und fair konsumiert.
Alle Informationen
über MADE
IN GREEN by
OEKO-TEX® und
STANDARD 100 by
OEKO-TEX® finden
Sie hier
oeko-tex.com
Gemeinsam vorsorgen.
Besser helfen.
Der Katastrophe
immer eine Spende
voraus!
Spendenkonto:
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Jetzt Förderer
werden unter:
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Gemeinsam vorsorgen. Besser helfen.
Der Katastrophe immer eine Spende voraus!
Text Manuela Roßbach
Aktion Deutschland Hilft gibt es
seit fast zwei Jahrzehnten – und
ich erinnere mich an die Gründung,
als wäre es gestern gewesen.
Inzwischen haben sich unserem Bündnis
23 Hilfsorganisationen angeschlossen.
Die Idee ist dieselbe geblieben: Jede
Bündnisorganisation leistet genau die
Hilfe, die sie am besten leisten kann. Und
jede kann ihr ganz besonderes Wissen
einbringen.
Seit 2001 konnten wir rund 2.400 Hilfsprojekte
in 130 Ländern umsetzen und
damit das Leid von Millionen Menschen
lindern. Das tun wir bis heute. Wir helfen
nach Tsunamis, Erdbeben und Wirbelstürmen,
wir stehen Familien auf der
Flucht ebenso zur Seite wie hungernden
Kindern, Frauen und Männern.
Doch wir helfen den Menschen nicht nur
in der akuten Not nach einer Katastrophe.
Ein wichtiger Bestandteil unserer weltweiten
humanitären Hilfe ist es, durch
Katastrophenvorsorge-Projekte Leid zu
verhindern, noch bevor es geschieht.
Naturkatastrophen nehmen weltweit
zu. Teils ist das dem Klimawandel
geschuldet. Die ärmsten Länder leiden
oft am meisten unter den Folgen. Umso
wichtiger ist es, Menschen in Risikogebieten
besser auf Naturkatastrophen vorzubereiten
– damit Erdbeben, Tsunamis,
Stürme oder Dürren nicht zu humanitären
Katastrophen werden.
Es gibt viele Beispiele für Katastrophenvorsorge.
Erdbebensicheres Bauen
rettet Leben. Getreidespeicher wappnen
gegen Hunger. Hygieneprojekte bekämpfen
Seuchen wie Corona. Schulungen
helfen Kleinbauern, sich besser auf
Dürren vorzubereiten. Und: Sie ist effizient.
Jeder Euro, der in Vorsorgeprojekte
fließt, spart später Geld beim Wiederaufbau
und der akuten Nothilfe.
Die aktuelle Pandemie hat uns allen
gezeigt, wie Katastrophen von einem Tag
auf den anderen alles verändern können.
Keiner weiß, wann die nächste passiert.
Doch wenn sie passiert, müssen wir bereit
sein. Lassen Sie uns gemeinsam schneller
sein als die Katastrophe. Ihre Spende von
heute kann morgen Leben retten!
Übrigens: Eine regelmäßige Spende
gibt uns mehr Planungssicherheit für
unsere weltweiten Hilfsprojekte. Und Sie
helfen immer genau dort, wo Hilfe am
schnellsten gebraucht wird!
Manuela Roßbach
geschäftsführende
Vorständin von
Aktion Deutschland
Hilft
Explosion
im Beiruter
Hafenviertel.
FOTO: KIRCHE IN NOT
Libanon am Abgrund –
Hilfe für die Opfer der Explosionskatastrophe
Text Tobias Lehner
Am 4. August brach über Beirut die
Katastrophe herein. Eine der größten
nichtnuklearen Explosionen der
Menschheitsgeschichte riss die Stadt
in Trümmer. Die Folge: Rund 200 Tote,
über 6.500 Verletzte, mehr als 300.000
Obdachlose. Der Libanon, schon vorher
geschwächt durch Politik- und Wirtschaftskrise,
steht am Abgrund. Viele
Libanesen haben sich schon vor der
Explosion die Frage gestellt: Gehen
oder Bleiben? Der Druck zu Neuanfang
im Ausland hat sich weiter verstärkt.
Das gilt auch für die Angehörigen der
christlichen Gemeinde in Beirut. Das
christliche Viertel liegt nahe am Hafen,
dem Explosionsort. Es ist darum besonders
schwer getroffen.
Kirchliche Anlaufstellen sind
für die Menschen da
Doch es gibt vereinzelte Lichtblicke in
Beiruts Trümmerfeld. Neben zahlreichen
Hilfsorganisationen sind die kirchlichen
Mitarbeiter vor Ort und versorgen die Menschen
so gut sie können. Eine von ihnen
ist Schwester Rita. Sie arbeitet im „Schutzzentrum
für Mütter und Kinder“. Ihre
Einrichtung hat vor der Explosion etwa
120 Familien betreut, jetzt sind es 500. Es
gibt eine Suppenküche und eine Ausgabestelle
für Nothilfepakete. Darin sind zum
Beispiel Konserven, Hygieneartikel und
andere Kleinigkeiten für den persönlichen
Bedarf. Tausende Menschen sind darauf
angewiesen. Nun, zu Beginn des Winters,
stehen im Schutzzentrum und den benachbarten
Häusern dringende Reparaturen
an – Dächer müssen abgedichtet, neue
Fenster eingesetzt werden. „Die Lage ist
dramatisch, weil die meisten Menschen
nichts haben. Aber wir halten zusammen“,
sagt Schwester Rita. Doch ohne Unterstützung
aus dem Ausland geht es nicht.
Helfen Sie den Überlebenden der
Explosionskatastrophe im Libanon!
• 25 Euro füllen ein Nothilfepaket für eine
Familie für einen Monat.
• 50 Euro unterstützen die Hilfe von
Schwester Rita für alleinerziehende
Mütter und ihre Kinder.
• 250 Euro helfen, Wohnungen und
öffentliche Einrichtungen im christlichen
Viertel Beiruts instandzusetzen.
KIRCHE IN NOT
LIGA Bank München
IBAN: DE63 7509
0300 0002 1520 02
BIC: GENODEF1M05
Online-Spende:
spendenhut.de
Verwendungszweck:
Libanon
kirche-in-not.de
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22
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„Influencer
sind wir alle!“
Ich habe jetzt auch mal diese
vegane Wurst gekauft und du
hast Recht, die schmeckt fast
wie die Leberwurst, die ich
schon immer esse. Hat nur
weniger Fett und ist gesünder.“,
entgegnete mir mein Opa neulich
am Esstisch.
Text Victoria Müller
Mein Opa isst nun also auch mal
die vegane Wurst, weil sie ihm
genauso schmeckt und für ihn
ein gesundheitliches Plus hat.
Thema war die besagte vegane
Wurst einige Monate zuvor
und wurde damals noch vehement abgelehnt.
Veganismus ist oftmals noch ein schwieriges
Thema. Vegane Ernährung wird mit Mangelerscheinungen,
geschmacklosen Tofu-Klumpen
und Körnern gleichgesetzt. Aber die Zeiten sind
definitiv vorbei – spätestens seit mein Opa sich
genüsslich die vegane Leberwurst auf seine Stulle
schmiert. Und damit ist er nicht alleine. Letztes
Jahr lag der Absatz veganer Produkte weit höher
als in den Jahren davor. Im Jahr 2019 wurden 1,22
Milliarden Euro Umsatz mit veganen und vegetarischen
Lebensmitteln erzielt. Zum Vergleich
waren es 2017 noch rund 736 Millionen Euro. Auch
die Zahl der Veganer:innen steigt stetig. Laut
aktuellen Studien leben in Deutschland zwischen
1,13 und 2,6 Millionen Menschen vegan. Zum
Vergleich: Noch 2008 gaben bei der Nationalen
Verzehrsstudie II weniger als 80.000 Menschen an,
sich vegan zu ernähren.
Veganismus hat angesichts des Klimawandelns,
steigender Bevölkerungszahlen und anderen
Faktoren eine unbedingte Daseinsberechtigung.
Denn häufig können pflanzliche Lebensmittel
ressourcenschonender produziert werden, sparen
CO 2 und Wasser ein. Es ist übrigens ein moderner
Mythos, dass für den Tofu Burger Regenwälder
abgeholzt werden. Denn tatsächlich landet das
meiste weltweit angebaute Soja in den Futtertrögen.
70 bis 75 Prozent der weltweiten Sojaernte
sind für die industriellen Fleischproduktion
bestimmt. Tatsächlich stammen die Sojabohnen
für den menschlichen Verzehr überwiegend aus
Europa und Kanada und für das Tofuwürstchen
wird somit kein Regenwald abgeholzt.
Rund
1,3
Millionen Menschen in Deutschland
leben vegan oder verzichten weitgehend
auf tierische Produkte.
Rund 8 Millionen Menschen in Deutschland
leben bereits vegetarisch.
„Aber wenn du jetzt nur noch diese Wurst isst,
musst du aufpassen, dass du keine Mangelerscheinungen
bekommst“, feixt meine Oma lachend
Richtung Opa. Ein Thema, mit dem VeganerInnen
sich immer wieder konfrontiert sehen und das man
durchaus (unabhängig der eigenen Diät) immer
Ernst nehmen sollte. Tatsächlich ist es so, dass
über die vegane Ernährung oftmals nicht genug
Vitamin B12 aufgenommen wird. Dieses kann man
aber sehr leicht supplementieren. Das ist dann aber
häufig das Totschlagargument gegen den Veganismus
– Stichwort: unnatürlich! Eigentlich könnten
wir B12 über Obst und Gemüse aufnehmen, denn
die Böden waren mal voll mit den Bakterien, die
B12 produzieren. Durch ausgelaugte Böden und
einer sterileren Umwelt können wir B12 aber nicht
mehr über diesen natürlichen Weg bekommen. Das
gilt übrigens für Tiere genauso, denn das B12, das
man über Fleisch zu sich nimmt, wird häufig auch
einfach supplementiert.
„Übrigens, die Schwarzwälder Kirschtorte eben
war auch vegan!“, überrascht meine Mutter den
halben Tisch. „Das glaube ich nicht!“, entgegnet
mein Opa schon fast entsetzt. „Hättest du das
vorher gesagt, hätte ich wohl nicht probiert. Die war
aber echt lecker. Machst du die nochmal?“ Essgewohnheiten
sind letztlich auch nur Gewohnheiten.
Häufig spielen unsere Gedanken und Emotionen
dabei eine wichtige Rolle. Im Bezug auf pflanzliche
Kost muss man sich vielleicht manchmal überraschen
lassen, auch mal etwas Neues ausprobieren
und andere Wege einschlagen. Denn das Schöne
dabei ist, vegane Ernährung tut wirklich niemandem
weh – weder Tier, noch Mensch.
Victorias
Patenschwein
Tinkerbell im
Tierheim Berlin
@victoria
vanviolence
victoriavanviolence.com
Lesen Sie mehr auf sozialeverantwortung.info 23
Dieser Artikel ist in Zusammenarbeit mit DEUTSCHER TIERSCHUTZBUND entstanden.
FOTO: FEDOROVACZ/SHUTTERSTOCK
Backen mit Herz
Wer kann ihr schon widerstehen, der süßen Verführung? Wenn es in der Küche nach
frischem Gebäck duftet, läuft uns allen das Wasser im Munde zusammen. Süßes
schmeichelt der Seele und tut einfach gut. Mit ein paar Tricks ist es dabei ganz einfach,
sich für die Tiere in der Landwirtschaft starkzumachen.
Text Verena Jungbluth, Chefredakteurin | Leitung Veganismus beim Deutschen Tierschutzbund
Betörender Duft zu allen Gelegenheiten
– Kuchen bringt
Menschen aller Generationen
zusammen, verzaubern unsere
Geschmacksknospen und sind mit
zahlreichen Erinnerungen verbunden.
Ob es das wohlgehütete Familienrezept,
der zeitlose Klassiker oder die neueste,
gerade angesagte Trendkreation ist, ein
Fest oder Geburtstag ohne Torten und
Cupcakes ist für die meisten Menschen
völlig undenkbar.
Tierliebe fängt beim Essen an
Bis heute ist es für die meisten Menschen
selbstverständlich, beim Backen tierische
Zutaten zu verwenden. Schließlich sind
die Rezepte erprobt und das Ergebnis
schmeckt einfach köstlich. Jeder hat mindestens
einen Lieblingskuchen und freut
sich jedes Jahr erneut auf die traditionellen
Weihnachtsplätzchen – und genau das
soll auch so bleiben. Aber tatsächlich gibt
es heute genügend Gründe, den Konsum
tierischer Produkte zu hinterfragen. Denn
genau jetzt in diesem Moment leiden
Milliarden Tiere, verschwinden Arten und
ächzt die Erde unter unserem Raubbau
an der Natur. Unsere Ernährungs- und
Lebensweise hat direkte Auswirkungen
auf die Tiere sowie Menschen weltweit,
die Umwelt, das Klima, die globalen
Ressourcen und die gesamte biologische
Vielfalt. In der heutigen Produktion
unserer Lebensmittel liegen die größten
Tierschutzprobleme unserer Zeit. Eier,
Milch, Käse, Fleisch und Fisch sind nicht
nur Lebensmittel. Es sind Teile oder
Produkte von Tieren, die einmal geatmet,
deren Herzen geschlagen haben – und
das in einem System, das ihre Bedürfnisse
völlig missachtet. Dabei liegt es in der
Macht jedes Einzelnen, etwas dagegen
zu tun und ein Zeichen zu setzen – durch
einzelne vegane Mahlzeiten oder eine
gänzlich pflanzliche Lebensweise. Denn
Tierschutz beginnt in unserem Alltag und
Tierliebe fängt beim Essen an.
Weil jede Mahlzeit zählt
Auf pflanzliche statt tierische Zutaten zu
setzen, bedeutet nicht, auf kulinarische
Vielfalt oder Geschmackserlebnisse zu
verzichten. Im Gegenteil: Neben unzähligen
herzhaften Gerichten sind auch
Kuchen und Torten im Handumdrehen
ohne tierische Zutaten zubereitet. Denn so
vielfältig wie die Rezeptkreationen sind
auch die pflanzlichen Alternativen für
Milch, Sahne, Butter und Ei. Von Hafer-,
Soja- und Mandel- über Reis- und Cashewbis
hin zu Kokos- oder Haselnussdrinks
– die pflanzlichen Milchalternativen bestechen
allein schon durch ihre Bandbreite.
Unabhängig von der individuellen
Geschmacksnote eignen sie sich durch die
Bank weg wunderbar als Milchersatz in
Kaffee oder im Müsli und ersetzen die Kuhmilch
im Kuchenteig einwandfrei. Darüber
hinaus gibt es verschiedene Barista-Editionen,
die sich wunderbar aufschäumen
lassen und so auch den Cappuccino oder
Latte macchiato völlig tierleidfrei auf die
Kaffeetafel bringen. Ergänzt wird die
Drinkpalette durch Sahnealternativen, die
sich wunderbar für Cremes und den Teig
oder – wenn sie als aufschlagbar gekennzeichnet
sind – als Sahnehaube für den
Kuchen eignen. Auch vegane Margarine
gibt es in zahlreichen Varianten, und
eingeweichte Leinsamen, Fruchtmus, Sojamehl
oder Ei-Ersatzpulver ersetzen die
Eier im Kuchenteig tadellos. Es gibt heute
keinen Grund mehr, die pflanzlichen Produkte
nicht einfach mal auszuprobieren.
Es ist an der Zeit, dass jeder zumindest
einmal darüber nachdenkt, ob es denn
wirklich immer das Ei oder die Kuhmilch
sein muss und ob ein Kuchen, den jeder im
Handumdrehen auch vegan zubereiten
kann, es wirklich wert ist, dass dafür Tiere
leiden und sterben müssen. Für uns ist es
doch ein Leichtes, mal etwas Neues auszuprobieren,
die so beliebten alten Rezepte
kreativ abzuwandeln und einen Blick über
den eigenen Tellerrand hinaus zu wagen.
Für die Tiere geht es um ihr Leben.
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© agneskantaruk – stock.adobe.com
MENSCHENRECHTE
WAHRHEIT ODER FAKE?
Die digitale Welt verändert unseren Alltag – und auch die
Arbeit von Amnesty International. Mitarbeiter Sam Dubberley analysiert
Videos und Fotos, um Menschenrechtsverbrechen aufzudecken.
derzeit 120 Ehrenamtliche, Studierende an Universitäten
in vier Kontinenten. Er bildet die jungen Menschen aus,
damit sie für Amnesty Bildmaterial im Internet sichten
und herausfinden, was auf den Videos und Fotos tatsächlich
zu sehen ist. „Viele Täuschungen können ganz schnell
aufgedeckt werden: Jemand postet ein Video und behauptet,
es zeige ein Selbstmordattentat in Syrien. Wir finden
dann aber heraus, dass das Video bereits vor drei Jahren
erschien und aus dem Irak stammt“, erklärt Dubberley.
SAM DUBBERLEY
„Wir sehen täglich Bilder des Schreckens.
Um Traumatisierungen vorzubeugen, werden unsere
Ehrenamtlichen fortlaufend von uns betreut.“
Achtzehn Gefangene knien im Wüstensand, die Hände
gefesselt, die Köpfe in schwarze Säcke gehüllt.
Männer mit Maschinenpistolen treten heran und
erschießen die Gefangenen. Bilder des Schreckens. Im
Sommer 2017 tauchte dieses Video auf und verbreitete
sich blitzschnell im Netz. Wer hatte es hochgeladen? Wer
sind die Gefangenen, wer die Mörder? Zeigen die Bilder
tatsächlich eine Hinrichtung oder ist die Szene gestellt?
„Solche Videos sind für unsere Arbeit ungemein wichtig
geworden“, sagt Sam Dubberley. Der gebürtige Brite
arbeitet in Berlin für das internationale Krisenteam. „Viele
Amnesty-Berichte sind durch gepostete Bilder und Videos
überhaupt erst möglich geworden. Aber wir hinterfragen
alles.“
Verbrechen dokumentieren
mit einem Klick
Dank Smartphone mit Kamera können potenziell Menschen
weltweit journalistisch arbeiten. In Ländern ohne
freie Presse ist das besonders wichtig: Nur ein Klick – und
ein Verbrechen ist dokumentiert. Ein weiterer Klick – und
es ist online. Aber genauso schnell kann auch eine Fälschung
in Umlauf gebracht werden. Dubberley hat deshalb
ein Netzwerk zur Überprüfung digitaler Bilder ins Leben
gerufen. Das Digital Verification Corps (DVC) umfasst
Besondere Kennzeichen helfen, eine Aufnahme zu lokalisieren:
„Wir sehen zum Beispiel im Hintergrund eine auffällige
Moschee oder eine merkwürdige Anordnung von
Bäumen. Danach können wir auf Satellitenbildern suchen,
um den Ort einer Aufnahme genau zu bestimmen.“
Hinrichtungsvideo schreibt
Rechtsgeschichte
Amnesty kann Opfern von Menschenrechtsverletzungen
nur dann glaubhaft eine Stimme verleihen, wenn die Informationen
auch stimmen. Das ist umso wichtiger, als
Machthaber immer häufiger dazu übergehen, unbequeme
Nachrichten als Fake News zu denunzieren, um die
öffentliche Meinung zu beeinflussen.
Das Hinrichtungsvideo mit den 18 Gefangenen konnte
dank digitaler Recherchearbeit verifiziert werden und hat
Rechtsgeschichte geschrieben. Der Internationale Strafgerichtshof
in Den Haag hat erstmals einen Haftbefehl
aufgrund eines Internet-Clips erlassen.
Nur mit Ihrer Unterstützung funktioniert unser Einsatz!
Stärken Sie unsere Arbeit für die Menschenrechte auch in
Zukunft und bedenken Sie Amnesty in Ihrem Testament.
Vielen Dank.
Bestellen Sie unseren kostenfreien Ratgeber zur
Nachlassplanung unter: www.amnesty.de/inzukunft