Paracelsus Today
Dezember 2020
Dezember 2020
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Michelangelos Erbe<br />
Education | Martin Hudelmaier lehrt seit Jahren<br />
am Institut für Anatomie und Zellbiologie der<br />
<strong>Paracelsus</strong> Universität. Durch den verstärkten<br />
Einstieg in die digitalisierte Lehre hat der Dozent<br />
selbst viel gelernt, sagt er – und sieht in der<br />
digitalisierten Lehre Licht und Schatten.<br />
Autorin: Ilse Spadlinek • Foto: PMU/wildbild<br />
durchgehen. Aber die Interaktion mit den Studierenden<br />
leidet natürlich. Wenn ich beim<br />
Vortrag im Hörsaal fragende Gesichter sehe,<br />
weiß ich, dass etwas nicht angekommen ist<br />
und kann nachhaken. Ideal ist eine Kombination:<br />
So könnte unser XR-Student (ein breitflächiges<br />
digitales System für die Fern- und<br />
Hybridlehre) eine Vorlesung live mit Publikum<br />
aufzeichnen; dafür stellt die XR-Plattform<br />
mit mobiler App und Webauftritt den<br />
digitalen Inhalt bereit. Ich meine also: Wichtig<br />
ist die aufgezeichnete Vorlesung mit Interaktion<br />
und im Nachklang die Wiederholung, es<br />
gehört beides zusammen.“<br />
„Michelangelo sagte, er habe die Figur seines David<br />
schon vorher im Gestein gesehen. Genauso funktioniert<br />
die Anatomie: Man hat eine dreidimensionale<br />
Vorstellung des menschlichen Körpers.“<br />
Priv.-Doz. Dr. med. Martin Hudelmaier,<br />
wissenschaftlicher Mitarbeiter und Lehrender am Institut für Anatomie<br />
und Zellbiologie der <strong>Paracelsus</strong> Medizinischen Privatuniversität<br />
Vom Wert des Begreifens. Spätestens jetzt<br />
stellt sich eine Frage, die schon vor Jahren für<br />
Diskussionen gesorgt hat: Machen die vielen<br />
digitalen Möglichkeiten die klassische Lehre<br />
am Präparat in der Anatomie nicht überflüssig?<br />
Martin Hudelmaier dazu: „In der deutschen<br />
Sprache gibt es das schöne Wort ‚begreifen‘,<br />
was bedeutet, dass man etwas verstanden<br />
hat. Zu diesem Verstehen gehört auch<br />
das Begreifen mit Händen – so funktioniert<br />
unser Gehirn. In einer TV-Sendung wurden<br />
unlängst digitale und Präsenz-Lernkonzepte<br />
verglichen, auch anhand einer Mitschrift auf<br />
einem Tablet und einer handschriftlichen<br />
Aufzeichnung auf Papier. Interessant war,<br />
dass man sich genau merkt, wo man ein bestimmtes<br />
Wort auf welcher Seite auf dem Papier<br />
geschrieben hat – das ist eine räumliche<br />
Information. Diese Information geht auf dem<br />
Tablet verloren, dort gibt es sie nicht. Weil<br />
aber in unserer menschlichen Denkart die<br />
Räumlichkeit stark verankert ist, brauchen<br />
wir sie auch zum Lernen.“ Nun ist es in verschiedenen<br />
Ländern schon seit Jahrzehnten<br />
üblich, dass Medizinstudierende nicht am<br />
menschlichen Präparat üben. Die Erfahrung,<br />
selbst zu präparieren und zu „begreifen“, fehlt<br />
diesen Studierenden jedoch, und sie holen sie<br />
oft später nach. Es ist wohl so, dass man auch<br />
ohne Präparierkurs Arzt oder Ärztin werden<br />
kann – aber mit dem Lernen am menschlichen<br />
Körper wird man möglicherweise der<br />
bessere Arzt. <br />
Ω<br />
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