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Paracelsus Today

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Michelangelos Erbe<br />

Education | Martin Hudelmaier lehrt seit Jahren<br />

am Institut für Anatomie und Zellbiologie der<br />

<strong>Paracelsus</strong> Universität. Durch den verstärkten<br />

Einstieg in die digitalisierte Lehre hat der Dozent<br />

selbst viel gelernt, sagt er – und sieht in der<br />

digitalisierten Lehre Licht und Schatten.<br />

Autorin: Ilse Spadlinek • Foto: PMU/wildbild<br />

durchgehen. Aber die Interaktion mit den Studierenden<br />

leidet natürlich. Wenn ich beim<br />

Vortrag im Hörsaal fragende Gesichter sehe,<br />

weiß ich, dass etwas nicht angekommen ist<br />

und kann nachhaken. Ideal ist eine Kombination:<br />

So könnte unser XR-Student (ein breitflächiges<br />

digitales System für die Fern- und<br />

Hybridlehre) eine Vorlesung live mit Publikum<br />

aufzeichnen; dafür stellt die XR-Plattform<br />

mit mobiler App und Webauftritt den<br />

digitalen Inhalt bereit. Ich meine also: Wichtig<br />

ist die aufgezeichnete Vorlesung mit Interaktion<br />

und im Nachklang die Wiederholung, es<br />

gehört beides zusammen.“<br />

„Michelangelo sagte, er habe die Figur seines David<br />

schon vorher im Gestein gesehen. Genauso funktioniert<br />

die Anatomie: Man hat eine dreidimensionale<br />

Vorstellung des menschlichen Körpers.“<br />

Priv.-Doz. Dr. med. Martin Hudelmaier,<br />

wissenschaftlicher Mitarbeiter und Lehrender am Institut für Anatomie<br />

und Zellbiologie der <strong>Paracelsus</strong> Medizinischen Privatuniversität<br />

Vom Wert des Begreifens. Spätestens jetzt<br />

stellt sich eine Frage, die schon vor Jahren für<br />

Diskussionen gesorgt hat: Machen die vielen<br />

digitalen Möglichkeiten die klassische Lehre<br />

am Präparat in der Anatomie nicht überflüssig?<br />

Martin Hudelmaier dazu: „In der deutschen<br />

Sprache gibt es das schöne Wort ‚begreifen‘,<br />

was bedeutet, dass man etwas verstanden<br />

hat. Zu diesem Verstehen gehört auch<br />

das Begreifen mit Händen – so funktioniert<br />

unser Gehirn. In einer TV-Sendung wurden<br />

unlängst digitale und Präsenz-Lernkonzepte<br />

verglichen, auch anhand einer Mitschrift auf<br />

einem Tablet und einer handschriftlichen<br />

Aufzeichnung auf Papier. Interessant war,<br />

dass man sich genau merkt, wo man ein bestimmtes<br />

Wort auf welcher Seite auf dem Papier<br />

geschrieben hat – das ist eine räumliche<br />

Information. Diese Information geht auf dem<br />

Tablet verloren, dort gibt es sie nicht. Weil<br />

aber in unserer menschlichen Denkart die<br />

Räumlichkeit stark verankert ist, brauchen<br />

wir sie auch zum Lernen.“ Nun ist es in verschiedenen<br />

Ländern schon seit Jahrzehnten<br />

üblich, dass Medizinstudierende nicht am<br />

menschlichen Präparat üben. Die Erfahrung,<br />

selbst zu präparieren und zu „begreifen“, fehlt<br />

diesen Studierenden jedoch, und sie holen sie<br />

oft später nach. Es ist wohl so, dass man auch<br />

ohne Präparierkurs Arzt oder Ärztin werden<br />

kann – aber mit dem Lernen am menschlichen<br />

Körper wird man möglicherweise der<br />

bessere Arzt. <br />

Ω<br />

paracelsus today 3 | 20<br />

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