LERNEN MIT ZUKUNFT Dezember 2020
Themenvielfalt unter dem Thema "Lebensraum MENSCH" Das Impulsmagazin für Erwachsene
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information & gedanken<br />
Achtsam wahrnehmen:<br />
Raum schaffen<br />
DIE STILLE IST EIN RAUM DER ERKENNTNIS<br />
Roswitha Maderthaner<br />
Kindergartenleiterin<br />
Montessoriepädagogin<br />
Akademische Trainerin<br />
Dipl.Biografiearbeiterin<br />
zur Zeit Studium der<br />
Elementarpädagogik<br />
12 | DEZEMBER <strong>2020</strong><br />
So, wie wahrscheinlich Viele im<br />
Lockdown, habe auch ich die Zeit<br />
dazu genützt, in meinem Wohnraum<br />
Ordnung zu schaffen. Ich<br />
ging systematisch vor. Jeder einzelne<br />
Raum wurde auseinandergenommen.<br />
Kein Kasten, keine Kommode, kein Regal<br />
blieb von mir verschont. Überall wurde<br />
eine Bestandsaufnahme gemacht. Jedes<br />
Ding wurde in die Hand genommen,<br />
überprüft, und dabei abgewogen, ob<br />
es noch eine Daseinsberechtigung hat.<br />
Danach wurde das Urteil gesprochen.<br />
Dabei war ich eine strenge Richterin. Jeder<br />
einzelne Gegenstand in meiner Hand<br />
erzählte mir eine Geschichte. Manche<br />
war kurz, manche lang, manche voller<br />
Emotionen, spannend oder einfach nur<br />
bedeutungslos und langweilig.<br />
Je nachdem, wie gut diese Geschichte<br />
war, sie entschied über das Bleiben oder<br />
Gehen. So gelang es mir neuen Raum zu<br />
schaffen, neue Plätze für Besonderheiten<br />
oder Belanglosem zu finden.<br />
Einige Wohnräume bestanden meine<br />
strenge Prüfung nicht, und so wurden<br />
sie kurzerhand umgestaltet, ich spürte,<br />
sie passten nicht mehr zu mir. Um das<br />
heraus zu finden, muss man Innehalten.<br />
Der chinesische Philosoph Laotse sagte:<br />
„Wer innehält - erhält inneren Halt –<br />
und bleibt sich selbst erhalten.“<br />
Gerade in Zeiten wie diesen, in der man<br />
auf Grund eines Virus angehalten wird,<br />
seinen Bewegungsraum mit Bedacht zu<br />
wählen, bietet es sich an inne zu halten.<br />
Einmal Innehalten, stehen bleiben,<br />
wahrnehmen was ist, was war und was<br />
sein kann. Gerade das, bietet uns eine<br />
Möglichkeit herauszufinden was noch<br />
zu uns passt, wovon wir uns verabschieden<br />
wollen und was noch bleiben darf.<br />
In der Biografiearbeit gibt es dazu verschiedenste<br />
Methoden, um sich diesem<br />
Thema zu widmen. In der Übung: „Das<br />
Haus meines Lebens“ setzt man sich<br />
mit den wichtigen Bereichen seines<br />
Lebens auseinander. Für jeden dieser<br />
Bereiche wird ein passender Raum gestaltet<br />
– zu Papier gebracht, und dabei<br />
folgende Fragen gestellt: Wie sieht er<br />
innerlich aus? Welche Lage, Größe,<br />
Form, Einrichtung usw. hat zum Beispiel<br />
mein innerlicher Arbeitsraum? Sind<br />
die Möbel noch zeitgerecht, ist er hell,<br />
lichtdurchflutet, oder befindet er sich<br />
zurzeit gar im Umbau? Gibt es einen innerlichen<br />
Raum, der mich abbildet? Wie<br />
sieht er aus? Ist er groß, klein, beengt?<br />
Hat er einen Balkon, Fenster, Türen,<br />
Verbindungen usw. Durch das Gestalten<br />
der einzelnen inneren Räume erschafft<br />
man sich die Möglichkeit des Nachdenkens<br />
über die persönliche Gegenwart,<br />
und kann den eigenen, momentanen<br />
Istzustand erkunden.<br />
Genau hier setzt die Biografiearbeit an.<br />
Der Blick wird auf die Gegenwart gerichtet,<br />
was gerade jetzt ist, denn dies<br />
ist in der Vergangenheit entstanden.<br />
Innehalten, um wahrzunehmen. Mit der<br />
Frage, ob die Raumgestaltung noch so<br />
passt, und was verändert werden will,<br />
wird der Blick auf die Zukunft gerichtet.<br />
Die persönliche Zukunft gewinnt somit<br />
an Konturen und Platz wird geschaffen,<br />
um sich selbst neue Räume zu eröffnen.