LERNEN MIT ZUKUNFT Dezember 2020
Themenvielfalt unter dem Thema "Lebensraum MENSCH" Das Impulsmagazin für Erwachsene
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Das Impulsmagazin für Erwachsene
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information & gesellschaft<br />
Ein tiefes Gefühl:<br />
Danke für den gelungenen Tag<br />
NICHT DAS GLÜCKLICHSEIN FÜHRT ZUR DANKBARKEIT, SONDERN DAS<br />
DANKBARSEIN ZUM GLÜCKLICHSEIN. (David Steindl-Rast)<br />
Dr. Manfred Greisinger<br />
Autor, Trainer<br />
Buch-Projekt-Begleiter<br />
Vortragender<br />
Selfness-Coach<br />
ICH-Marke-Pionier<br />
25 Bücher bisher,<br />
druckfrisch:<br />
„Wolfs-Würde“<br />
www.stoareich.at<br />
Foto: © Gernot Blieberger<br />
Der Anruf war mehr als überraschend:<br />
„Ich wollte Dir Danke<br />
sagen für den gelungenen Tag,<br />
den Du mir geschenkt hast<br />
…“ – Ich verharrte für lange Sekunden<br />
stumm; tief berührt, fasziniert, ehe ich<br />
den Dank aus frohem Herzen erwidern<br />
konnte.<br />
Meine über 95-jährige, vitale Nachbarin<br />
war am Telefon. Ich hatte sie am frühen<br />
Nachmittag – an ihr Fenster klopfend<br />
– spontan gefragt, ob sie die wundervolle<br />
Herbstsonne für einen kleinen<br />
Spaziergang mit mir nutzen wolle. „Ich<br />
muss mich nur kurz umziehen“, war ihre<br />
Reaktion – und schon machten wir uns<br />
auf den Weg.<br />
Begeistert und im Intervall von ein paar<br />
Schritten schwärmten wir beide um die<br />
Wette, wie schön die Natur, das goldene<br />
Herbstlaub, unser funkelnder See seien –<br />
und die feine Begleitung. „Mehr braucht<br />
man nicht zum Glücklichsein“, meinte<br />
– ich darf sie so nennen – „Omi“. Und<br />
sie ergänzte: „Heute werde ich ganz gut<br />
schlafen …“<br />
Welch schöne Stunde, waren wir uns<br />
beide einig. Ihr würdigender Anruf<br />
unmittelbar danach rief Entzücken in<br />
mir hervor. Und die Erkenntnis, wie<br />
wir anderen UND uns selbst das Leben<br />
verschönern können. Mit minimalem<br />
Aufwand, nur ein wenig Achtsamkeit.<br />
VON DER ROSE LEBEN …<br />
Mir fällt die schöne Geschichte von<br />
Rainer Maria Rilke in Paris ein: Er begegnete<br />
einer Bettlerin, die um Geld bat. Sie<br />
streckte teilnahmslos die Hand aus, ohne<br />
zu irgendeinem Geber je aufzusehen.<br />
Rilke war klar: „Wir müssen ihrem Herzen<br />
schenken, nicht ihrer Hand.“ Tage<br />
später brachte Rilke eine Rose mit, legte<br />
sie in die Hand der Bettlerin und wollte<br />
weitergehen. Da blickte die Bettlerin auf,<br />
erhob sich, tastete nach der Hand des<br />
fremden Mannes, küsste sie und ging<br />
mit der Rose davon.<br />
Eine Woche lang war die Alte verschwunden.<br />
Dann saß sie wieder wie<br />
früher am gewohnten Platz und bat um<br />
Almosen. Wovon mag sie eine Woche<br />
lang gelebt haben? Rilke war sicher:<br />
„Von der Rose…“<br />
Schenken wir einander – aus dem Moment<br />
heraus – etwas fürs Herz: Der/die<br />
Dankbare ist glücklich!<br />
Foto: © aalmeidah | pixabay.com<br />
14 | DEZEMBER <strong>2020</strong>