CONNECT Magazin 20-04
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<strong>20</strong><strong>20</strong> / Ausgabe <strong>04</strong><br />
Das <strong>Magazin</strong> der Chinesischen Handelskammer in Deutschland<br />
www.chk-de.org<br />
EUROPA & CHINA<br />
SYNERGIE FÜR DIE ZUKUNFT<br />
Eurasien<br />
Ein Kontinent für eine<br />
gemeinsame Zukunft<br />
China Mobile International<br />
Digitale Brücke zwischen<br />
Europa und China<br />
Auf Land und Wasser<br />
Ein Tag im Leben von Amy Pan,<br />
Dornier Seawings
Bavarian Ministry of<br />
Economic Affairs,<br />
Regional Development<br />
and Energy<br />
Bavarian Ministry of<br />
Economic Affairs,<br />
Regional Development<br />
and Energy<br />
Think global.<br />
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Editorial 1<br />
Abb.: greenbutterfly, Shutterstock<br />
Liebe Leserinnen und Leser,<br />
Corona-Krise, Klimawandel, Wachstum der Weltbevölkerung<br />
– die Menschheit steht vor großen<br />
Herausforderungen. Nur durch verstärkte internationale<br />
Kooperationen wird es gelingen, die<br />
großen Zukunftsthemen positiv zu entwickeln.<br />
Die EU und China nehmen dabei Schlüsselpositionen<br />
ein – sie sind die Kraftzentren der<br />
Weltwirtschaft.<br />
Auch die deutsche Bundesregierung machte die<br />
chinesisch-europäischen Beziehungen zu einer<br />
Priorität während der EU-Ratspräsidentschaft.<br />
In Europa wird jedoch oft auch die Angst vor<br />
einem wachsenden Einfluss Chinas geschürt.<br />
Vergessen wird dabei, dass das Land doppelt so<br />
viele Einwohner wie die EU zählt. Ein hohes Wirtschaftswachstum<br />
und stark zunehmende<br />
Handelsbeziehungen führen automatisch zu<br />
einer größeren Bedeutung Chinas für Europa und<br />
die Welt.<br />
In der aktuellen Ausgabe des <strong>CONNECT</strong> <strong>Magazin</strong>s<br />
beleuchten wir daher das Spannungsfeld zwischen<br />
Europa und China aus unterschiedlichen<br />
Perspektiven. Wir rücken Eurasien als Kontinent<br />
in den Fokus – zeigen die Chancen und Herausforderungen<br />
der „Neuen Seidenstraße“ auf. Allein<br />
die Fahrten des China-Europa-Güterexpress sind<br />
im ersten Halbjahr <strong>20</strong><strong>20</strong> um 36 Prozent gestiegen.<br />
Wir berichten über den Diskurs zum Investitionsschutzabkommen<br />
zwischen Europa und<br />
China und das größte Freihandelsabkommen der<br />
Welt, das China gerade gemeinsam mit 14 Ländern<br />
aus der Asien-Pazifik-Region abgeschlossen<br />
hat. Experten aus der Wirtschaft erklären, warum<br />
chinesische Unternehmen in der EU vor „drei Bergen“<br />
stehen und welche Chancen und Herausforderungen<br />
deutsche Unternehmen in China<br />
haben. Und natürlich haben wir wieder viele weitere<br />
Beiträge für unsere Leser zusammengestellt<br />
– sei es Aktuelles aus Forschung und Entwicklung,<br />
Künstlicher Intelligenz, alternativer Antriebe oder<br />
5G, die Zukunft des Mobilfunks.<br />
Wir wünschen Ihnen eine aufschlussreiche Lektüre!<br />
Die <strong>CONNECT</strong>-Redaktion<br />
www.chk-de.org
2 Inhalt<br />
08<br />
08<br />
Titelstory<br />
Eurasien –<br />
Ein Kontinent, gemeinsame<br />
Zukunft<br />
<strong>04</strong><br />
Kurzmeldungen<br />
Alles rund um Ansiedlungen, Kooperationen<br />
und Investitionen<br />
12<br />
Interview...<br />
<strong>04</strong> 12<br />
… ZHOU Lihong,<br />
China Chamber of Commerce<br />
to the EU (CCCEU)<br />
www.chk-de.org
3<br />
Kurzmeldungen<br />
<strong>04</strong> Metropole Shenzhen erste Stadt der<br />
Welt mit flächendeckendem 5G-Netz<br />
<strong>04</strong> Europa und China setzen auf E-Mobilität<br />
<strong>04</strong> Gigafabrik entsteht im Saarland<br />
05 Xiaomi bezieht Firmensitz in Düsseldorf<br />
05 „BattLife“-Projekt in Erfurt gestartet<br />
05 Robo-Advisors wachsen in China<br />
06 Beiersdorf eröffnet Forschungs- und<br />
Innovationszentrum in Shanghai<br />
06 FAW und Audi produzieren gemeinsam<br />
Elektroautos in China<br />
06 Unternehmensticker<br />
07 Neue Seidenstraße – Corona beflügelt<br />
Handelsrouten zwischen China und<br />
Europa<br />
Titelstory<br />
Community<br />
30 Kultur: Kulturhauptstadt <strong>20</strong>25 Chemnitz<br />
31 Reisetipp: UNESCO-Weltkulturerbe<br />
und Winterspaß im Harz<br />
32 Sporttipp: Virtuelle Blitzturniere – Die<br />
Schachwelt sucht einen Weg ins Internet<br />
33 Gesundheit: Neues Kassenwahlrecht<br />
<strong>20</strong>21<br />
34 Ein Tag im Leben von Amy Pan, Dornier<br />
Seawings<br />
36 Gastkommentar<br />
32<br />
Community<br />
32<br />
Kulturhauptstadt <strong>20</strong>25<br />
Chemnitz<br />
08 Eurasien – Ein Kontinent, gemeinsame<br />
Zukunft<br />
12 Interview ZHOU Lihong, China Chamber<br />
of Commerce to the EU (CCCEU)<br />
14 Interview Ulrich Ackermann, VDMA<br />
16 Interview Dimitri Slobodenjuk, Clifford<br />
Chance<br />
18 Nachhaltige Zukunft ist digital<br />
<strong>20</strong> Chinas „Globale Initiative für Datensicherheit“<br />
22 Interview CHENG Lan, China Mobile<br />
International<br />
Rubriken<br />
01 Editorial<br />
17 Impressum<br />
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WeChat-Kanal<br />
Services<br />
24 Zahlen - Daten - Fakten<br />
26 Brockhaus & Kollegen arbeitet im<br />
starken Verbund mit der PKS und ISA<br />
zusammen<br />
28 Neues aus dem Beraternetzwerk<br />
Ausgabedatum: 11.12.<strong>20</strong><strong>20</strong><br />
www.chk-de.org
4 Kurzmeldungen<br />
Shenzhen erste Stadt der Welt<br />
mit flächendeckendem 5G-Netz<br />
5G<br />
Shenzhen ist die weltweit erste Stadt mit<br />
einem flächendeckenden 5G-Netz – meldet<br />
die Stadtverwaltung der südchinesischen<br />
Metropole. Die Stadt verfügt derzeit<br />
über 46.000 5G-Basisstationen. Nun sollen 5G-<br />
Technologien in vielen Branchen integriert werden.<br />
Bislang sind rund 230 Millionen Euro in<br />
zwanzig Hightech-Projekte geflossen – unter anderem<br />
in Medizin-Anwendungen, intelligenten<br />
Transport, hochauflösende Videos und industrielles<br />
Internet. China hat sich zum Ziel gesetzt,<br />
schnell eine neue Infrastruktur aufzubauen, um<br />
die gegenwärtig von Investitionen und Export angetriebene<br />
Volkswirtschaft in eine technologiebasierte<br />
Volkswirtschaft zu verwandeln. 5G ist<br />
ein wichtiger Bestandteil dieser neuen Infrastruktur<br />
und gilt als Rückgrat für die Entwicklung<br />
des Internets der Dinge, des autonomen Fahrens<br />
und intelligenter Städte. Ende Juni gab es landesweit<br />
410.000 5G-Basisstationen, bis Ende des<br />
Jahres sollen 500.000 weitere entstehen.<br />
Quelle: China Radio International<br />
Abb.: SeanPavonePhoto, envato<br />
Robo-Advisors wachsen in China – Algorithmen empfehlen Anlagen<br />
Abb.: NicoElNino, Shutterstock<br />
Verbraucher in China zeigen großes Interesse an Robo-Advisors. Laut einer aktuellen Umfrage<br />
von Kagan nutzen derzeit rund 38 Prozent der befragten erwachsenen Internet-User in China<br />
Robo-Advisor für Finanzanlagen – und sogar unter den Nichtnutzern zeigten 68 Prozent<br />
Interesse an ihnen. Ein Robo-Advisor ist ein Algorithmen-basiertes System, das automatische Empfehlungen<br />
zur Vermögensanlage gibt und diese auch umsetzen kann.<br />
Während Unternehmen wie Betterment LLC und Wealthfront Corp. in den USA bereits seit <strong>20</strong>08<br />
agieren, entstanden die ersten Robo-Advisor-Firmen in China erst nach <strong>20</strong>15. Neben Fintechs als<br />
Betreibern finden sich mittlerweile auch chinesische Banken und Broker im Markt. In China ansässige<br />
Robo-Advisors geben in der Regel zwar Portfolioempfehlungen, aber die Anlageentscheidungen<br />
müssen von den Benutzern letztendlich aufgrund regulatorischer Einschränkungen<br />
getroffen werden. Laut China News Service haben mindestens 18 Finanzinstitute Beratungslizenzen<br />
für Investmentfonds erhalten, die inländischen Anlegern angeboten werden können.<br />
Quelle: investmentplattformchina.de<br />
Europa und China setzen auf E-Mobilität<br />
Abb.: microgen, envato<br />
Eine Untersuchung von Strategy& zeigt: Die<br />
E-Mobilität setzt sich in Europa und China<br />
durch. In den USA bleibt sie auch bis nach<br />
<strong>20</strong>35 eine Nische. Laut Umfrage übertrifft die<br />
Nachfrage der deutschen Kunden nach Autos<br />
mit E-Antrieb die Lieferkapazität der Hersteller.<br />
Plug-In-Hybride verzeichnen in Deutschland bei<br />
Neuzulassungen ein Plus von 257 Prozent, sind<br />
stärker gefragt als rein batteriebetriebene Fahrzeuge<br />
(+23 Prozent). In Europa verzeichneten<br />
konventionelle Antriebstechnologien mit Diesel<br />
und Benzin in der Corona-Krise ein erhebliches<br />
Absatzminus von 57,9 Prozent. Das europäische<br />
E-Mobilitätssegment stieg im ersten Halbjahr<br />
um 25,6 Prozent. In China soll der Anteil von New<br />
Energy Vehicles (NEV) am gesamten Neuwagenabsatz<br />
bis zum Jahr <strong>20</strong>25 auf <strong>20</strong> Prozent steigen,<br />
so der Staatsrat der Volksrepublik. <strong>20</strong>35 soll der<br />
NEV-Anteil bereits 50 Prozent betragen.<br />
Quelle: Stratgey&; gov.cn<br />
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Abb.: Xiaomi Corporation<br />
Xiaomi bezieht Firmensitz in Düsseldorf<br />
Vom Underdog zum Fortune-Global-500-Unternehmen<br />
v.l.n.r.: Petra Wassner, Geschäftsführerin NRW.Global Business GmbH, Alan Chen Li, Country Manager<br />
Deutschland bei Xiaomi, Annette Klerks, Leiterin International Business Service der Stadt Düsseldorf<br />
Xiaomi Deutschland bezieht seinen neuen Firmensitz in Düsseldorf. Mit den neuen Räumlichkeiten<br />
im Niederkasseler Lohweg setzt Xiaomi ein Zeichen für die Region Düsseldorf und den<br />
zukünftigen Weg in Deutschland. In Deutschland ist das Technologieunternehmen seit Mitte<br />
<strong>20</strong>19 offiziell präsent. Es bietet ein einzigartiges Produktportfolio aus Smartphones, Smart-Hardware,<br />
die über eine IoT-Plattform angeschlossen ist, und Lifestyle-Produkten.<br />
<strong>20</strong><strong>20</strong> feierte Xiaomi sein 10. Firmenjubiläum und blickt auf eine Dekade bahnbrechender Innovationen<br />
und internationaler Erfolge zurück. Xiaomi hat sich in nur zehn Jahren vom unbekannten Underdog<br />
zum jüngsten Fortune-Global-500-Unternehmen der Geschichte entwickelt. Heute ist Xiaomi<br />
die drittgrößte Smartphone-Marke der Welt und hat mit mehr als 271 Millionen angeschlossenen<br />
Smart Devices (ohne Smartphones und Laptops) die weltweit führende Consumer-IoT-Plattform<br />
etabliert. Als Erfolgsgarant dient Xiaomi dazu sein „Triathlon“-Geschäftsmodell, das Hardware, Internet-Services<br />
und New Retail vereint: Das Unternehmen setzt weltweit auf ein supereffizientes Online-Offline-Einzelhandelssystem<br />
und bietet im Kern seines Unternehmens ein breites Spektrum an<br />
Internet-Dienstleistungen an.<br />
Quelle: Xiaomi Corporation<br />
„BattLife“-Projekt in Erfurt<br />
gestartet - damit Batterien<br />
länger leben<br />
Mit „BattLife“ ist das Initialprojekt des<br />
neu gegründeten Batterie-Innovations-<br />
und Technologie-Centers BITC am<br />
Erfurter Kreuz gestartet. Im Rahmen des Projekts<br />
wird am BITC in den kommenden Jahren ein digitalisiertes<br />
Test-Center für Batterien und<br />
Batteriekomponenten entstehen. „BattLife“ erfasst<br />
qualitativ hochwertig die Daten von<br />
Batteriezellen. Damit bietet es eine wichtige<br />
Voraussetzung, um neue Ansätze für Lebensdauerprognosen<br />
zu entwickeln und weiterführende<br />
Innovationsprozesse anzustoßen, die<br />
die Lebensdauer von Batterien verlängern.<br />
Industriepartner des Projekts ist die Contemporary<br />
Amperex Technology Thuringia GmbH (CATT),<br />
Tochter des chinesischen Batterieherstellers Contemporary<br />
Amperex Technology Co., Limited<br />
(CATL). CATL ist Weltmarktführer in der Entwicklung<br />
von Li-Ionen-Batterien für Elektrofahrzeuge<br />
und Energiespeicherung und wird in Arnstadt<br />
sein erstes europäisches Werk errichten,<br />
das künftig bis zu <strong>20</strong>00 Arbeitsplätze schaffen<br />
wird. CATT arbeitet eng mit den Forschenden am<br />
BITC zusammen. Das Land unterstützt mit fünf<br />
Millionen Euro.<br />
Quelle: ikts.fraunhofer<br />
Abb.: Herr Loeffler, Shutterstock<br />
Gigafabrik entsteht im Saarland<br />
Chinesisches Unternehmen SVOLT baut Batterie-Werk<br />
Quelle: Saarland.de , Abb.: SVOLT<br />
Mit dem chinesischen Unternehmen SVOLT kommt der nächste Hersteller von Batteriezellen<br />
für Elektroautos nach Deutschland. Im Saarland soll in den nächsten drei Jahren eine große<br />
Fabrik mit einer Kapazität von 24 Gigawattstunden (GWh) aufgebaut werden. Mit der Produktion<br />
am Standort Überherrn können 300.000 bis 500.000 Stromautos pro Jahr bestückt werden.<br />
Hinzu kommt ein weiterer Standort für Batteriepacks im benachbarten Heusweiler. SVOLT steigt mit<br />
den Fabriken in den europäischen Markt ein. Die geplante Zellfabrik soll bis Mitte <strong>20</strong>23 auf dem<br />
„Linslerfeld“, einer rund 840.000 m² großen Freifläche nahe Überherrn entstehen. Der Produktionsstart<br />
soll Mitte <strong>20</strong>22 erfolgen. Mit der hochmodernen Zellfabrik in der finalen Ausbaustufe sowie<br />
der Modul- und Pack-Fabrik wird SVOLT bis zu 2.000 Arbeitsplätze im Saarland schaffen. Der Hauptsitz<br />
von SVOLT befindet sich im Jintan District, Changzhou, Provinz Jiangsu in China. Das Unternehmen<br />
hat 3000 Mitarbeiter weltweit und verzeichnete im Jahr <strong>20</strong><strong>20</strong> einen Umsatz von <strong>20</strong>0 Millionen<br />
Euro.<br />
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6 Kurzmeldungen<br />
Abb.: Beiersdorf AG<br />
Beiersdorf eröffnet Forschungs-<br />
und Innovationszentrum<br />
in Shanghai<br />
Das Hautpflegeunternehmen Beiersdorf<br />
hat ein neues Forschungs- und<br />
Innovationszentrum in Shanghai eröffnet<br />
– nach dem Forschungszentrum am Hauptsitz<br />
in Hamburg das zweitgrößte weltweit. Das neue<br />
Zentrum fungiert gleichzeitig als Coworking-<br />
Space für andere Fachbereiche und Teams, die<br />
am Innovationsprozess beteiligt sind. Insgesamt<br />
10 Millionen Euro hat Beiersdorf in den neuen<br />
Standort im Stadtzentrum von Shanghai investiert.<br />
Mit rund 7.500 m 2 Nutzfläche auf acht<br />
Stockwerken bietet das neue Innovationszentrum<br />
rund 100 Mitarbeitern modernste<br />
Arbeitswelten und hochflexible Räume für die<br />
funktionsübergreifende Zusammenarbeit. „Die<br />
Eröffnung des neuen Beiersdorf Innovation Center<br />
in Shanghai ist ein Meilenstein in unserer<br />
Unternehmensgeschichte“, so Dr. May Shana’a,<br />
Corporate Senior Vice President Research &<br />
Development und Mitglied des Executive Committee<br />
bei der Beiersdorf AG. „Diese bedeutende<br />
Investition in unsere Forschung und Entwicklung<br />
ist ein klares Bekenntnis zu Innovation und<br />
Wachstum in der Region. Der neue Standort ermöglicht<br />
es uns, eng mit den Verbrauchern, mit<br />
Forschungsinstituten und unseren Lieferanten<br />
zusammenzuarbeiten. So können wir relevante<br />
Innovationen zügig entwickeln.“ Quelle: Beiersdorf AG<br />
FAW und Audi produzieren<br />
gemeinsam Elektroautos in<br />
China<br />
Die FAW Group, der größte chinesische<br />
Automobil- und Motorenhersteller, plant<br />
gemeinsam mit Audi die Produktion von<br />
Elektroautos in China. Die beiden Unternehmen<br />
gründen dafür ein Gemeinschaftsunternehmen.<br />
Ab <strong>20</strong>24 sollen in China verschiedene Audi-<br />
Elektromodelle produziert werden. Die gemeinsam<br />
mit Porsche entwickelte Plattform PPE dient dabei<br />
als Basis für die Modelle. Audi-Chef Markus Duesmann<br />
unterzeichnete die Absichtserklärung und<br />
erklärt: „Diese Entscheidung unterstreicht die strategische<br />
Bedeutung des chinesischen Marktes“.<br />
Jeder dritte Audi, der bis <strong>20</strong>25 in China verkauft<br />
wird, soll ein Elektromodell sein. FAW und Audi<br />
produzieren bereits zwei E-Autos in Changchun,<br />
dem Hauptsitz von FAW. Außerdem ist FAW bereits<br />
langjähriger Joint-Venture-Partner der Volkswagen<br />
AG.<br />
Quelle: Manager <strong>Magazin</strong><br />
Abb.: AUDI AG<br />
Unternehmensticker<br />
PC-Marktführer Lenovo verdient gut am<br />
Trend zum Homeoffice – der Trend, Beschäftigte<br />
vermehrt aus dem Homeoffice<br />
heraus arbeiten zu lassen, ließ den Konzernumsatz<br />
im zweiten Finanzquartal im Vorjahresvergleich<br />
um sieben Prozent auf 14,5 Milliarden<br />
US-Dollar ansteigen.<br />
Quelle: finanzen.net<br />
Continental setzt auf grünen Strom – die<br />
Hälfte seines Strombedarfs während der Produktion<br />
am Tag will Continental in Zhangjiagang<br />
aus Solarstrom decken. Ziel des Automobilzulieferers<br />
ist es, bis Ende des Jahres<br />
ausschließlich Strom aus erneuerbaren Energiequellen<br />
zu nutzen.<br />
Quelle: Continental<br />
Die Vitesco Technologies GmbH errichtet<br />
in China ein Forschungs- und Entwicklungszentrum<br />
– im Fokus stehen Antriebslösungen<br />
für Elektrofahrzeuge von Mild-Hybrid<br />
über Hybrid bis zu vollelektrischen Motoren.<br />
Standort ist das nordostchinesische Tianjin,<br />
nahe der Hauptstadt Peking.<br />
Quelle: Vitesco Technologies<br />
Unicredit will mit ICBC in China wachsen<br />
– die Unicredit und die Industrial and Commercial<br />
Bank of China (ICBC) wollen künftig<br />
im Firmenkundengeschäft zusammenarbeiten.<br />
Konkret geht es um gemeinsame<br />
Angebote in den Bereichen Global Transaction<br />
Banking, Debt Capital Markets, Finanzierung<br />
und M&A.<br />
Quelle: Handelsblatt<br />
Volvo Cars hat in Shanghai ein neues Labor<br />
für Elektromotoren eröffnet – aktuell<br />
arbeitet der Hersteller bereits im schwedischen<br />
Göteborg an der Eigenentwicklung<br />
von Elektromotoren und betreibt darüber hinaus<br />
in Schweden und China Labore für die<br />
Batterieentwicklung. Für <strong>20</strong>25 strebt Volvo<br />
beim Absatz einen Anteil von 50 Prozent<br />
vollelektrischer Fahrzeuge an.<br />
Tönnies baut ersten Schlachthof außerhalb<br />
Europas in China – der größte deutsche<br />
Schlachtkonzern baut einen Schlachthof<br />
in China für bis zu sechs Millionen<br />
Schweine jährlich. Tönnis beteiligt sich an<br />
einem Joint Venture mit der Dekon Group.<br />
Insgesamt umfasst das Investitionsvolumen<br />
rund 500 Millionen Euro.<br />
Quelle: agrarheute<br />
Quelle: Volvo Cars<br />
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Neue Seidenstraße – Corona beflügelt Handelsrouten zwischen China und Europa<br />
Abb.: Egorov Artem, Shutterstock<br />
Corona beflügelt den Containertransport<br />
per Schiene – die Anzahl der zwischen<br />
China und Europa verkehrenden Güterzüge<br />
steigt. Den ersten großen Push-Faktor stellte<br />
die Eröffnung einer direkten Eisenbahnverbindung<br />
zwischen China und zahlreichen europäischen<br />
Städten dar, wobei es mehrere<br />
Streckenverläufe gibt. Duisburg ist beispielsweise<br />
der Endpunkt der im innerchinesischen Chongqing<br />
startenden Route. Die Chinaverkehre bleiben<br />
den Angaben der Duisburger Hafen AG zufolge<br />
Wachstumstreiber. Bereits im April dieses<br />
Jahres wurde das Schienenangebot um weitere<br />
chinesische Destinationen erweitert. Inzwischen<br />
laufe rund ein Drittel des gesamten Handelsvolumens<br />
per Güterzug zwischen Europa und<br />
China über das Logistik-Drehkreuz Duisburg. Das<br />
Verkehrsaufkommen über die „Neue Seidenstraße“<br />
hat sich gegenüber dem Vorjahr nahezu<br />
verdoppelt und macht bereits knapp acht Prozent<br />
des gesamten Containerumschlags der duisport-<br />
Gruppe aus.<br />
Auch auf der Insel Rügen setzt man auf neue<br />
Handelsrouten der Seidenstraße. Der Hafen<br />
Sassnitz-Mukran hat seine Verbindungen mit<br />
China aktuell erweitert. Die neuen Verkehrsanbindungen<br />
sollen den europäischen Vor- und<br />
Nachlauf von Containern auf der „Baltic Sea<br />
Bridge“– einem Verkehrskorridor zwischen Mukran<br />
und Xi'an in Zentralchina ermöglichen. Um<br />
die steigende Nachfrage auf der Baltic-Sea-<br />
Bridge bedienen zu können, seien die Kapazitäten<br />
auf der Hauptroute ins russische Baltijsk verdoppelt<br />
worden. Der Ausbau der Chinaverkehre<br />
erfolgt in enger Kooperation zwischen Mukran<br />
Port, der DBO Bahnoperator GmbH sowie der<br />
Eisenbahngesellschaft Potsdam mbH (EGP).<br />
In Österreich ging Ökofaser gen China: Aufgrund<br />
der gestiegenen Nachfrage schickte der Faserhersteller<br />
Lenzing im August den ersten direkten<br />
Komplettzug von Wien nach Shanghai. Der Zug<br />
brachte 41 Container mit Lyocell- und Modalfasern<br />
der Marke Tencel mit einem Gesamtwarenwert<br />
von 1,8 Millionen Euro direkt zu den<br />
Kunden nach China. Auf seiner 16-tägigen Reise<br />
nach Shanghai legte der Zug insgesamt 10.460<br />
Kilometer zurück und passierte sieben Länder:<br />
Österreich, Tschechien, Polen, Weißrussland,<br />
Russland, Kasachstan und China. Im Oktober<br />
schickte Lenzing einen weiteren Komplettzug<br />
von Linz nach Qingdao.<br />
Quelle: eurotransport, duisport-Gruppe, Lenzing<br />
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8 Titel<br />
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9<br />
Eurasien – Ein Kontinent,<br />
gemeinsame Zukunft<br />
Die Lösung der drängenden Zukunftsfragen benötigt noch mehr internationale<br />
Kooperationen<br />
Es mag pathetisch klingen: Es geht um mehr als nur um die Beziehungen zwischen China und der EU. Corona-Krise, Klimawandel<br />
oder Zunahme der Weltbevölkerung - wir stehen vor einem Zeitenwechsel und es geht um die Zukunft der Menschheit. Diese<br />
kann nur mit noch mehr, noch intensiverer internationaler Zusammenarbeit nachhaltig gemeistert werden. Die EU und China<br />
nehmen dabei eine Schlüsselrolle ein, da sich die USA in ihrer „America First"-Politik der letzten Jahre kaum dieser Verantwortung<br />
stellt. Neue Impulse für eine gute Zukunft müssen daher von dem durch die „Neue Seidenstraße“ immer intensiver vernetzten<br />
Eurasien ausgehen.<br />
Abb.: envato, agentur von b.<br />
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10 Titel<br />
Videokonferenz auf dem EU-China-Gipfel im September <strong>20</strong><strong>20</strong>. September <strong>20</strong><strong>20</strong>. V.l.n.r.: XI Jinping, Charles Michel, Angela Merkel, Ursula von der Leyen.<br />
Abb.: European Union<br />
WU Ken, Botschafter der VR China in<br />
Deutschland ist davon überzeugt,<br />
dass der Konsens zwischen China<br />
und Europa die in den Medien oft hervorgehobenen<br />
Unterschiede bei weitem überwiege.<br />
Dies zeige sich besonders in Krisenzeiten, wie<br />
der Corona-Pandemie. „Der Virus ist der gemeinsame<br />
Feind der Menschheit. Daher sind<br />
Solidarität und Zusammenarbeit unsere wirksamsten<br />
Waffen. Deutschland und China, aber<br />
auch Unternehmen beider Seiten haben einander<br />
aktiv durch Spenden unterstützt“, so Wu.<br />
Diese Kooperationen erstreckten sich auch auf<br />
institutionelle Kooperationen. EU-Kommissionspräsidentin<br />
Ursula von der Leyen sagte im Oktober,<br />
dass sich die Europäische Union an COVAX<br />
beteiligen werde, dem Pool, der sich für eine gerechte<br />
weltweite Verteilung von COVID-19-Impfstoffen<br />
einsetzt und an dem auch China mitwirkt.<br />
Vernetzung über den Landweg<br />
Botschafter Wu verweist darauf, dass die Zahl<br />
der Fahrten des China-Europa-Güterexpress im<br />
ersten Halbjahr <strong>20</strong><strong>20</strong> im Vergleich zum Vorjahreszeitraum<br />
um 36 Prozent anstieg. Dringend<br />
notwendige Medizingüter konnten so schnell beschafft<br />
und die angegriffenen weltweiten Lieferketten<br />
gestärkt werden. Und während der Handel<br />
Deutschlands mit seinen angestammten<br />
Handelspartnern im Sommer eher rückläufig war,<br />
wuchs der Handel mit China kräftig. „Der chinesische<br />
Markt wird für die deutsche Wirtschaft<br />
damit zu einem immer wichtigeren Impulsgeber<br />
zur Überwindung der Corona-Krise. Dies gilt für<br />
die gesamte EU und der bereits wieder wachsende<br />
chinesische Markt könnte zur Abmilderung<br />
der durch die von der Corona-Krise hervorgerufenen<br />
Negativfolgen der Wirtschaft beitragen“,<br />
so Wu.<br />
Die deutsche Bundesregierung machte die chinesisch-europäischen<br />
Beziehungen zu einer<br />
Priorität während der EU-Ratspräsidentschaft.<br />
Der zu Jahresbeginn breit angekündigte EU-China-Gipfel<br />
in Leipzig fand wegen Corona nur virtuell<br />
statt. In zentralen Fragen der Handels- und<br />
Investitionsbeziehungen habe es keine Fortschritte<br />
gegeben, etwa was verbesserte Marktzugänge<br />
für europäische Unternehmen in China<br />
angeht, schreibt beispielsweise das Berliner Mercator<br />
Institute for China Studies (MERICS) in seiner<br />
Auswertung der EU-China-Beziehungen.<br />
Medien übernehmen solche Einschätzungen und<br />
Fakten, welche diesem Bild entgegenstehen,<br />
werden kaum publiziert. Dazu gehören nicht nur<br />
die Abschaffung der Joint-Venture-Pflicht für<br />
zentrale Industriebranchen wie Automobil oder<br />
Chemie in jüngster Zeit.<br />
Wachsende Bedeutung Chinas<br />
In Europa wird zudem oft eine Angst vor einem<br />
wachsenden Einfluss Chinas geschürt und dabei<br />
vergessen, dass das Land doppelt so viele Einwohner<br />
wie die EU zählt. Ein hohes Wirtschaftswachstum<br />
und stark zunehmende Handelsbeziehungen<br />
führen automatisch zu einer größeren<br />
Bedeutung Chinas für Europa und die Welt.<br />
Eine Bedrohung wäre eher ein ewig rückständiges<br />
Land, das zudem kaum als Absatzmarkt<br />
interessant wäre. Nach Daten von Statista<br />
lag der Anteil Chinas an dem globalen Bruttoinlandsprodukt<br />
1980 bei lediglich 2,3 Prozent,<br />
<strong>20</strong>00 bei 7,4 Prozent und dürfte dieses Jahr 19,2<br />
Prozent betragen. Diese Steigerung lag nicht in<br />
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11<br />
erster Linie am Bevölkerungswachstum. Während<br />
in den EU-28-Ländern seit 1970 das Pro-<br />
Kopf-BIP um den Faktor 2,4 stieg, die Einkommen<br />
inflationsbereinigt so fast um das Zweieinhalbfache<br />
zulegten, lag das BIP-Wachstum in China<br />
bei dem 31,8-fachen.<br />
An den Zahlen ist nicht nur der enorme Bedeutungsgewinn<br />
Chinas zu erkennen. Sie zeigen<br />
auch den drastischen Rückstand, den China aufholen<br />
muss. Ein Rückstand, der den Schutz von<br />
international nicht wettbewerbsfähigen Sektoren<br />
verlangte und der nur schrittweise abgebaut<br />
werden kann. Über die Geschwindigkeit sind chinesische<br />
und europäische Akteure uneins. Jedoch<br />
gibt es die Klagen der Markbeschränkung bereits<br />
seit Jahrzehnten, während westliche Unternehmen<br />
in China in einem wachsenden Markt<br />
immer mehr verdienen. Der Zusammenhang ist<br />
eigentlich einfach: Eine wachsende Wirtschaft<br />
führt zu einem wachsenden Einfluss. Dies<br />
braucht jedoch nicht auf Kosten der etablierten<br />
Industrieländer zu verlaufen.<br />
Im neuesten Fünfjahresplan ist eine starke Ausrichtung<br />
auf Unabhängigkeit und den inländischen<br />
Konsum zu sehen. Die Schwierigkeiten,<br />
Chips und andere elektronische Hightech-<br />
Produkte zu bekommen, zwingen China diese<br />
Komponenten noch schneller selbst zu entwickeln.<br />
Doch geschieht dies nicht zum Nachteil<br />
anderer Länder. HAN Wenxiu von der Wirtschafts-<br />
und Finanzkommission der KP Chinas<br />
erläuterte bei einem Presse-Briefing Ende Oktober<br />
diese Strategie: „Indem wir die inländische<br />
Konjunktur stärken, machen wir die wirtschaftliche<br />
Entwicklung widerstandsfähiger. Und wir<br />
treiben dadurch auch die internationale Konjunktur<br />
an - fördern also dadurch beides, den<br />
nationalen und den internationalen Wirtschaftskreislauf.“<br />
Mehr technologische Unabhängigkeit<br />
und gleichzeitig eine noch stärkere Öffnung der<br />
Wirtschaft sind in China die zwei Seiten einer<br />
Medaille. Sie schließen sich nicht aus, sondern<br />
nutzen sich gegenseitig.<br />
Verbesserter Marktzugang nutzt allen<br />
Während des virtuellen Gipfels im September<br />
schloss China mit der EU eine Vereinbarung über<br />
Herkunftsbezeichnungen, welche die regionalen<br />
Marken aus Europa in China als Markennahmen<br />
schützt. Wenn man sich daran erinnert, welche<br />
Auseinandersetzungen diese Vereinbarung bei<br />
der Umsetzung in EU-Recht innerhalb der EU<br />
erforderte und wie lange dies dauerte, ist das<br />
Tempo der Umsetzung dieser Maßnahme mit<br />
China schon erstaunlich. Von dieser Vereinbarung<br />
dürften in erster Linie Unternehmen aus<br />
der EU profitieren. Zunächst sind 100 geografische<br />
Bezeichnungen unter anderem für Alkohol,<br />
landwirtschaftliche Produkte oder Lebensmittel<br />
geschützt. Innerhalb von vier Jahren sollen<br />
weitere 175 Marken in die Liste der<br />
geschützten Herkunftsbezeichnungen aufgenommen<br />
werden. Offizielle Zertifizierungszeichen<br />
sind grundlegend, um einen Markt<br />
grundlegend zu erschließen.<br />
Nach dem „Doing Business“-Bericht <strong>20</strong><strong>20</strong> der<br />
Weltbank war China zwei Jahre hintereinander<br />
unter den Top-10-Ländern, in denen sich das Geschäftsumfeld<br />
erheblich verbesserte. Auf jährlicher<br />
Basis stieg China von seinem Ranking im<br />
Jahr <strong>20</strong>19 um 15 Plätze auf den 31. Platz unter<br />
den 190 im Bericht genannten Volkswirtschaften.<br />
Chinas Wirtschaft öffnet sich weiter,<br />
auch wenn in vielen Medien eher ein anderes<br />
Bild vermittelt wird.<br />
Neue Marktbeschränkungen schaden<br />
Andererseits werden in den Industrieländern<br />
neue Hürden aufgebaut. Die EU hat im Oktober<br />
bekanntgegeben, sogenannte Antidumpingzölle<br />
von bis zu 48 Prozent gegen chinesische<br />
Aluminiumprodukte einzuführen. Der Chinesische<br />
Verband der Nichteisenmetallindustrie<br />
machte bereits in einer Erklärung im Februar<br />
deutlich, dass für die EU-Produzenten durch<br />
diese Exporte kein Schaden entstehen würde und<br />
kein Dumping durch chinesische Exporteure<br />
stattfinde. „Die EU-Aluminium-Strangpressproduzenten<br />
sollten die chinesischen Exporteure<br />
nicht für ihre unzulängliche Betriebsführung verantwortlich<br />
machen“, so ein Branchensprecher.<br />
Die Zölle würden eher der europäischen Wirtschaft<br />
schaden. Mit einem Anteil von 13 Prozent<br />
gingen lediglich Exporte in Höhe der Exporte<br />
nach Vietnam in die gesamte EU. Die Exportmärkte<br />
liegen eher in Asien, Afrika oder Lateinamerika.<br />
Neben dem Handel werden auch Investitionen<br />
erschwert. Eineinhalb Jahre nach der Inkraftsetzung<br />
des EU-Mechanismus zur Prüfung von<br />
Direktinvestitionen aus Drittstaaten gilt seit Oktober<br />
dazu ein Rahmenwerk. Es sieht unter anderem<br />
vor, dass die EU-Kommission sich äußern<br />
kann, wenn eine Investition eine Gefahr für die<br />
Sicherheit oder öffentliche Ordnung von mehr<br />
als einem Mitgliedsstaat darstellt. Das Instrument<br />
zielt nicht ausschließlich, aber hauptsächlich<br />
auf chinesische Investitionen in vermeintlich<br />
sensiblen Wirtschaftsbereichen ab. Diese und<br />
weitere Instrumente dürften politisch motiviert<br />
sein, da die Fakten verdeutlichen, dass fast alle<br />
chinesischen Investitionen in Europa für die Investitionsstandorte<br />
Vorteile brachten, Arbeitsplätze<br />
schufen und Steuereinnahmen ermöglichten.<br />
In Brüssel sind derzeit weitere Vorschläge in<br />
Arbeit, die sich negativ auf die Beziehungen zu<br />
China auswirken werden. Geplant sind unter anderem<br />
neue Standards für umweltfreundlichere<br />
Autobatterien, ein von chinesischen Herstellern<br />
dominierter Sektor und eine Besteuerung von<br />
Verstößen gegen diese Auflagen. Diese scheinbar<br />
politisch motivierten Hürden könnten zwar kurzfristig<br />
Teile der europäischen Wirtschaft schützen,<br />
würden jedoch langfristig der europäischen<br />
Innovationsfähigkeit schaden, da diese Abschottungsmaßnahmen<br />
dann auch von anderen<br />
Wirtschaftspartnern ungehinderter gegen die EU<br />
realisiert werden können.<br />
Der abgewählte Präsident der USA versuchte die<br />
EU mit seiner weitgehenden Boykott-Politik insbesondere<br />
für Technologieunternehmen auf<br />
seine Seite zu ziehen, behindert jedoch dadurch<br />
den freien Handel und griff in die Souveränität<br />
der EU ein. Auch wenn die neue amerikanische<br />
Regierung wieder verstärkt in internationalen<br />
Gremien mitwirken dürfte, wird die „America<br />
First"-Politik sicherlich weitergeführt. Europa<br />
sollte sich nicht weiter von dieser Rhetorik anstecken<br />
lassen und sich auf seine eigenen Werte,<br />
aber auch auf Gemeinsamkeiten mit China und<br />
der Weltgemeinschaft besinnen.<br />
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12 Interview<br />
Interview<br />
ZHOU LIHONG<br />
ZHOU Lihong ist seit <strong>20</strong>18<br />
Vorsitzende der im selben Jahr<br />
gegründeten China Chamber of<br />
Commerce to the EU (CCCEU)<br />
und war als Vorstandsvorsitzende<br />
der Bank of China (Luxemburg)<br />
entscheidend an deren Aufbau<br />
beteiligt. Die Kammer gibt<br />
chinesischen Unternehmen eine<br />
Stimme gegenüber den EU-<br />
Institutionen. In diesem Jahr hat<br />
die CCCEU gemeinsam mit der<br />
Unternehmensberatung Roland<br />
Berger den Recommendation<br />
Report „Acting for a Common<br />
Future“ veröffentlicht. Der<br />
Report stellt die Chancen der<br />
Wirtschaftszusammenarbeit<br />
zwischen China und EU in den<br />
Fokus, blickt aber auch auf die<br />
Herausforderungen, mit denen<br />
chinesische Unternehmen in<br />
Europa konfrontiert sind.<br />
Liebe Frau Zhou, die CCCEU wurde im August<br />
<strong>20</strong>18 gegründet. Was war der Hintergrund der<br />
Gründung?<br />
Mit dem kontinuierlichen Wachstum von Investitionen<br />
und Handel chinesischer Unternehmen<br />
in der EU war es notwendig, eine Kammer<br />
einzurichten, die die Interessen chinesischer<br />
Unternehmen gegenüber den EU-Institutionen<br />
vertritt. Aus diesem Grund wurde die CCCEU im<br />
August <strong>20</strong>18 auf Initiative der Bank of China<br />
(Luxemburg), der China Three Gorges (Europe)<br />
und der COSCO Europe GmbH gegründet. Heute<br />
vertreten wir rund 70 Mitglieder und sprechen<br />
im Namen von etwa 1.000 Unternehmen, die u.a.<br />
in den Bereichen Finanzen, Energie, Transport,<br />
Produktion, IKT, Internet, Künstliche Intelligenz<br />
tätig sind.<br />
Chinesische Unternehmen intensivieren ihre<br />
Aktivitäten in Europa. Wenn man aber genau<br />
hinschaut, gibt es weiterhin deutlich mehr<br />
europäische Unternehmen, die in China tätig<br />
sind. Haben Sie dazu Vergleichszahlen?<br />
Für chinesische Unternehmen in Europa war<br />
<strong>20</strong><strong>20</strong> aus zwei Gründen ein schwieriges Jahr:<br />
Erstens hatte COVID-19 eine störende und erschwerende<br />
Auswirkung auf ihre wirtschaftlichen<br />
Aktivitäten, vor allem da globale Wertschöpfungs-<br />
und Logistikketten behindert bzw.<br />
unterbrochen wurden. Zweitens stehen chinesische<br />
Unternehmen einem härteren politischen<br />
Umfeld gepaart mit einer zunehmend ablehnenden<br />
Haltung gegenüber. Insgesamt sind<br />
die Unternehmen der Ansicht, dass der politische<br />
Gegenwind aus Brüssel und den EU-Mitgliedsstaaten<br />
in einer Zeit, in der Investitionen und<br />
weiterer Input dringend benötigt werden, hinderlich<br />
für ihre Aktivitäten ist.<br />
Die CCCEU veröffentlichte im September dieses<br />
Jahres den Recommendation Report "Acting<br />
for a Common Future", der sich mit genau<br />
diesen Herausforderungen befasst, wie z.B.<br />
dem von der EU vorgeschlagene Rechtsrahmen<br />
für die Überprüfung ausländischer<br />
Subventionen. Sie sprechen hier von einer<br />
„Doppelmoral“. Warum?<br />
»Das Investitionsschutzabkommen ist für uns nur der Ausgangspunkt<br />
der chinesisch-europäischen Wirtschaftspartnerschaft,<br />
nicht das Ziel. Beide Seiten sollten eine Machbarkeitsstudie und<br />
die Verhandlungen für ein Freihandelsabkommen zwischen der<br />
EU und China einleiten.«<br />
Im Jahr <strong>20</strong>19 betrug der Umsatz chinesischer<br />
Unternehmen in Europa etwa 218,4 Milliarden<br />
Euro, der Bruttogewinn lag bei etwa 24 Milliarden<br />
Euro. Im Vergleich dazu betrug der Umsatz<br />
europäischer Unternehmen in China etwa 405,8<br />
Milliarden Euro bei einem Bruttogewinn von<br />
etwa 170,4 Milliarden Euro. Im Zeitraum <strong>20</strong>10<br />
bis <strong>20</strong>19 beliefen sich die Umsätze chinesischer<br />
Unternehmen in Europa auf insgesamt etwa 1,2<br />
Billionen Euro, während die Umsätze europäischer<br />
Unternehmen in China im gleichen Zeitraum<br />
etwa 3,1 Billionen Euro betrugen, also etwa<br />
2,6-mal so viel.<br />
Was sind die größten Herausforderungen für<br />
chinesische Unternehmen in Europa während<br />
der aktuellen Corona-Krise?<br />
In unserem Report stellen wir fest, dass die EU<br />
ein überlappendes Überprüfungssystem einführt,<br />
das chinesische Unternehmen benachteiligen<br />
wird. Insbesondere Staatsunternehmen werden<br />
bei Investitionen in der EU, so sieht es derzeit aus,<br />
mit einer Reihe komplexer Überprüfungsmaßnahmen<br />
konfrontiert, die ihre normale Geschäftstätigkeit<br />
behindern werden. Diese Vorschriften<br />
umfassen mehr qualitative als quantitative Standards,<br />
was zu einem übermäßigen Ermessensspielraum<br />
führen kann. Stattdessen sollte die EU<br />
eine objektive Haltung einnehmen und alle Unternehmen<br />
gemäß dem Grundsatz der Wettbewerbsneutralität<br />
gleichbehandeln. Ist dies nicht der Fall,<br />
begegnet man chinesischen Unternehmen mit<br />
einer Doppelmoral. Das lehnen wir ab.<br />
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13<br />
In Ihrem Report sprechen Sie von den „drei<br />
Bergen“, vor denen chinesische Unternehmen<br />
derzeit in der EU stehen. Welche weiteren<br />
Nachteile sehen Sie?<br />
Die „drei Berge“, das sind für uns die verschärfte<br />
Investitionskontrolle, die bereits angesprochene<br />
mögliche EU-Gesetzgebung zu ausländischen<br />
Subventionen sowie eine strengere kartellrechtliche<br />
Überprüfung. Zusammen würde dies ein<br />
komplexes Überprüfungssystem schaffen, das<br />
zu noch nie dagewesenen Unsicherheiten für<br />
chinesische Unternehmen, erhöhten Verwaltungskosten<br />
und bürokratischer Überlastung<br />
führen würde.<br />
Doch damit nicht genug: Insgesamt sehen wir<br />
uns mit einer zunehmend „konservativen“ und<br />
protektionistischen Haltung gegenüber ausländischen<br />
Unternehmen, auch chinesischen,<br />
konfrontiert. Mit unterschiedlichen Konsequenzen:<br />
Zum Beispiel beobachten wir im digitalen<br />
Sektor die Politisierung von Fragen der Cybersicherheit<br />
und falsche Anschuldigungen gegenüber<br />
chinesischen Unternehmen allein aufgrund<br />
ihrer geografischen Herkunft. Dies wirkt sich<br />
nicht nur auf die Aktivitäten chinesischer<br />
Technologieunternehmen aus, sondern auch auf<br />
ihre Beteiligung an der Schaffung sektorspezifischer<br />
Standards.<br />
Wie positioniert sich die CCCEU im Hinblick<br />
auf die laufenden Verhandlungen über das Investitionsabkommen<br />
zwischen der EU und<br />
China?<br />
Das Abkommen hat eine klare Priorität in den<br />
Beziehungen zwischen der EU und China. Die<br />
CCCEU hofft auf einen baldigen Abschluss der<br />
Verhandlungen. Wenn Verpflichtungen so schnell<br />
wie möglich in Taten umgesetzt werden, wird<br />
das Abkommen beiden Seiten immense Möglichkeiten<br />
eröffnen. Doch das Abkommen ist für uns<br />
nur der Ausgangspunkt der chinesisch-europäischen<br />
Wirtschaftspartnerschaft, nicht das Ziel.<br />
Das heißt, beide Seiten sollten eine Machbarkeitsstudie<br />
und die Verhandlungen für ein Freihandelsabkommen<br />
zwischen der EU und China<br />
einleiten. Das wird den Handel weiter ankurbeln<br />
und das Wirtschaftswachstum beider Partner<br />
beschleunigen.<br />
In Ihrem Report listen Sie auch konkrete politische<br />
Empfehlungen auf. Was sind hier Ihre<br />
wichtigsten Punkte?<br />
In Bezug auf die Wirtschaftsbeziehungen schlagen<br />
wir vor, dass Abkommen zwischen China und<br />
der EU in kreativer Form über Public-Private-<br />
Partnerships umgesetzt werden sollten, d.h.<br />
durch eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen<br />
dem öffentlichen und dem privaten Sektor.<br />
Für den digitalen Markt empfehlen wir, dass<br />
beide Seiten einen umfassenden Dialog über digitale<br />
Angelegenheiten und Cybersicherheit aufnehmen<br />
und Abkommen vereinbaren, die auf<br />
gegenseitigem Vertrauen basieren. Brüssel sollte<br />
chinesische Unternehmen auch dazu ermutigen<br />
bzw. es ihnen ermöglichen, sich bei der<br />
Standardsetzung in den Bereichen industrieller<br />
und technologischer F&E auf EU-Ebene einzubringen.<br />
Schließlich fordern wir die Einrichtung eines<br />
Dialogmechanismus für Young Leaders, der für<br />
die nächste Generation von Führungskräften<br />
eine innovative Plattform für Kommunikation<br />
und gegenseitiges Verständnis darstellen wird.<br />
Trotz aller Probleme gibt es auch viele Dinge,<br />
die beide Seiten verbinden und die sowohl im<br />
Interesse der EU als auch Chinas liegen. Können<br />
Sie einige Beispiele nennen?<br />
China und die EU mögen ihre Differenzen haben,<br />
aber sie haben sicherlich mehr Möglichkeiten zur<br />
Zusammenarbeit als zur Konfrontation. Zum Beispiel<br />
sind beide Seiten dem Pariser Abkommen<br />
verpflichtet und führende Akteure im weltweiten<br />
Kampf gegen den Klimawandel. In digitalen Fragen<br />
stehen China und die EU an der Spitze von<br />
Innovation und Fortschritt. Durch Zusammenarbeit<br />
können sie noch größere Ergebnisse für<br />
ihre Bürger und Gesellschaften erreichen. Ebenso<br />
setzen sie sich für Offenheit im internationalen<br />
Handel, Multilateralismus und globale Zusammenarbeit<br />
ein - die COVID-19-Pandemie hat<br />
diesen Punkt besonders deutlich gemacht.<br />
Kurz gesagt, wir sind fest davon überzeugt, dass<br />
diese beiden großen Zivilisationen und Wirtschaftsmächte<br />
als „Zwillingsmotoren“ für die<br />
weltweite wirtschaftliche Erholung dienen können.<br />
Mit diesen und anderen gemeinsamen Werten<br />
können sie die Welt aus dem vom Coronavirus<br />
verursachten wirtschaftlichen Abschwung<br />
herausführen und eine bessere Zukunft schaffen.<br />
Was kann die CCCEU zusammen mit seinen<br />
Mitgliedern, einschließlich der Chinesischen<br />
Handelskammer in Deutschland (CHKD), in Zukunft<br />
tun, um die Wirtschaftsbeziehungen<br />
zwischen China und der EU weiter zu stärken?<br />
Deutschland ist die größte Volkswirtschaft in<br />
der EU und China und Deutschland haben stets<br />
freundschaftliche und kooperative Beziehungen<br />
gepflegt. Die CHKD ist ein sehr wichtiges Mitglied<br />
der CCCEU. Beide Kammern werden eng<br />
zusammenarbeiten, um Brücken zu schlagen und<br />
Verbindungen zwischen China und Europa bzw.<br />
Deutschland zu bauen.<br />
Um die chinesisch-europäischen Wirtschaftsbeziehungen<br />
weiter zu stärken, ist die CCCEU<br />
bestrebt, die Kommunikation und den Dialog<br />
zwischen chinesischen Unternehmen und EU-<br />
Organisationen zu fördern. Es geht für uns<br />
darum, die EU-Politik zu verstehen sowie die<br />
Positionen und Forderungen zu kommunizieren.<br />
Ziel der CCCEU ist es auch, noch mehr chinesische<br />
Unternehmen nach Europa zu bringen, um<br />
hier Geschäfte zu tätigen und zu investieren.<br />
Milestones<br />
ZHOU Lihong<br />
• Masterabschluss in Wirtschaftswissenschaften<br />
an der Renmin Universität<br />
China, Beijing<br />
• seit 1984 bei der Bank of China, die<br />
meiste Zeit im Hauptquartier in Beijing<br />
• seit <strong>20</strong>13 Vorstandsvorsitzende der<br />
Bank of China (Luxemburg), verantwortlich<br />
für die Zweig-Niederlassungen<br />
in den Niederlanden, Belgien,<br />
Polen, Schweden, Portugal und<br />
Luxemburg<br />
• seit <strong>20</strong>18 Vorsitzende der China Chamber<br />
of Commerce to the EU (CCCEU)<br />
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14 Titel<br />
Interview mit<br />
Ulrich<br />
Ackermann<br />
Verband Deutscher Maschinen- und<br />
Anlagenbau (VDMA) Leiter Außenwirtschaft<br />
Lieber Herr Ackermann, Ihr neuer Präsident,<br />
Karl Haeusgen möchte den VDMA in den aktuell<br />
schwierigen Zeiten europäischer positionieren.<br />
Was bedeutet das?<br />
Die 27 EU-Mitgliedstaaten stehen zusammen mit<br />
den EFTA-Staaten immer noch für rund 50 Prozent<br />
des weltweiten Maschinenbaugeschäfts.<br />
Das heißt für uns, Europa ist existenziell wichtig<br />
und wird es auch in absehbarer Zukunft bleiben.<br />
Vor diesem Hintergrund wollen wir unter der<br />
Präsidentschaft von Herrn Haeusgen zum einen<br />
die europäische Mitgliedschaft vergrößern. Zum<br />
anderen geht es um die Verstärkung unserer<br />
Aktivitäten in Brüssel, sowohl gegenüber der<br />
Kommission als auch gegenüber dem Parlament.<br />
China spielt für Deutschland, den Maschinenbau<br />
und auch für die EU eine zentrale Rolle. Wie<br />
entwickeln sich derzeit Absatz und Exporte?<br />
China ist nach den USA unser zweitwichtigster<br />
Exportmarkt und gleichzeitig der wichtigste<br />
Maschinenlieferant für Deutschland. Außerdem<br />
ist China unser zweitwichtigster ausländischer<br />
Investitionsstandort. Beim Thema Investitionen<br />
haben wir in China nicht so eine lange Historie<br />
wie in den USA. Gleichzeitig haben sich insgesamt<br />
unsere Exporte nach China in den letzten<br />
15 Jahren positiv entwickelt. Zwischen <strong>20</strong>10 und<br />
<strong>20</strong>19 sind die Maschinenlieferungen um 23 Prozent<br />
auf 18,8 Milliarden Euro gestiegen.<br />
Dann kam Corona.<br />
Ja, das hat sich im Laufe dieses Jahres natürlich<br />
bemerkbar gemacht. Wir hatten in den ersten<br />
sieben Monaten <strong>20</strong><strong>20</strong> einen Rückgang von 8,7<br />
Prozent nach China. Aber China ist und bleibt<br />
für uns mit ungefähr elf Prozent der gesamten<br />
Exporte ein sehr wichtiger Exportmarkt und Investitionsstandort.<br />
Welche Bedeutung hat die wirtschaftliche Erholung<br />
Chinas für den so stark exportorientierten<br />
Maschinenbau?<br />
»China ist nach den USA unser<br />
zweitwichtigster Exportmarkt<br />
und gleichzeitig der wichtigste<br />
Maschinenlieferant für<br />
Deutschland. Außerdem ist<br />
China unser zweitwichtigster<br />
ausländischer Investitionsstandort.«<br />
Für den deutschen Maschinenbau rechnen wir<br />
im laufenden Jahr mit einem Rückgang der Produktion<br />
von 17 Prozent. Für das nächste Jahr<br />
wird zwar ein Wachstum von zwei Prozent erwartet,<br />
aber das ist auf Basis des diesjährigen<br />
Rückgangs natürlich nicht viel. Auch in der<br />
Finanzkrise <strong>20</strong>08/09 war der Rückgang ähnlich.<br />
Damals war China das einzige Land, bei dem wir<br />
als deutsche Maschinenbauer ein Exportwachstum<br />
hatten. Etwas überspitzt kann man<br />
sagen, dass China damals den deutschen<br />
Maschinenbau gerettet hat.<br />
Und dieses Mal?<br />
Auf der einen Seite hören wir von unseren Mitgliedern<br />
vor Ort, dass die Erwartungen positiv<br />
sind. Allerdings werden dadurch nicht die<br />
wirtschaftlichen Rückgänge, die wir jetzt hier in<br />
Deutschland haben, kompensiert. In einer Umfrage<br />
im September gaben 39 Prozent unserer<br />
Mitglieder in China an, dass sie ihr Wachstumsziel<br />
für <strong>20</strong><strong>20</strong> erreichen werden. Und 35 Prozent<br />
erwarten, dass das Geschäft im kommenden Jahr<br />
<strong>20</strong>21 besser wird als in diesem Jahr. Das zeigt,<br />
dass man zwar nicht in Euphorie verfällt, sich<br />
aber das Geschäft in China positiv entwickelt.<br />
Wie viele Werke haben deutsche Maschinenbauer<br />
derzeit in China?<br />
Wir haben rund 850 Mitgliedsunternehmen vor<br />
Ort mit eigenen Tochtergesellschaften, von<br />
denen ungefähr über 350 mit einer eigenen Produktion<br />
tätig sind, die mehr oder weniger tiefgehend<br />
ist. Die meisten unserer Mitglieder, die<br />
vor Ort tätig sind, haben Greenfield Investments<br />
gemacht. In der Regel gehen sie dafür in die<br />
Sonderwirtschaftszonen.<br />
Bedeutet das auch, dass es nur wenig Bereiche<br />
gibt, wo es Schwierigkeiten gibt, ein<br />
Unternehmen zu 100 Prozent aufzubauen?<br />
Ja, der Maschinenbau ist einer der Sektoren, in<br />
denen man als ausländisches Unternehmen zu<br />
100 Prozent eigenständig investieren kann, bis<br />
auf wenige Randbereiche, z.B. im Schiffbau oder<br />
in der Eisenbahnindustrie. Und der Maschinenbau<br />
ist üblicherweise in China mit einem<br />
100-prozentigen Investment aktiv, ohne nationalen<br />
Joint-Venture-Partner. Ein solches Investment<br />
läuft relativ problemlos.<br />
Auf welche Probleme und Herausforderungen<br />
stoßen Ihre Mitgliedsunternehmen in China<br />
aktuell?<br />
Eine Tatsache ist nach wie vor, dass es in China<br />
im Gegensatz zu Deutschland eine Unterscheidung<br />
zwischen einheimischen und ausländischen<br />
Unternehmen gibt. Darüber hinaus<br />
stoßen gerade in diesen Corona-Zeiten deutsche<br />
Maschinenbauer auf chinesische Wettbewerber,<br />
die offensichtlich über eine unbegrenzte Liquidität<br />
verfügen und folglich einen längeren Atem<br />
haben. Das kann mittelfristig zu einem großen<br />
Problem für ausländisch-investierte Unter-<br />
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15<br />
WACHSTUM DURCH SCHRITTWEISE<br />
MARKTÖFFNUNG<br />
schützte und seinen Markt schrittweise öffnete.<br />
Deutsche Maschinenbauer profitieren von dem<br />
damit ausgelösten enormen Wachstum. Vielleicht<br />
noch mehr durch ihre über 350<br />
Produktionswerke in China, als durch die hohen<br />
Exporte. Die Werke in China sichern nicht nur<br />
den Marktzugang, sondern durch Zulieferung<br />
hochwertiger Komponenten auch Arbeitsplätze<br />
in Europa. Der größte Teil der Beschränkungen<br />
ist verschwunden und es ist absehbar, dass es<br />
bald kaum noch welche gibt. Dies ist nicht nur<br />
für die europäische, sondern auch die chinesische<br />
Industrie von Vorteil. Von offenen Märkte,<br />
bei gleichen Wettbewerbsbedingungen und ähnlichen<br />
technologischen Stärken, profitieren<br />
durch das damit mögliche Wachstum alle.<br />
Produktionshalle der TRUMPF-Tocher JFY. <strong>20</strong>18<br />
eröffnete der deutsche Maschinenbauer seinen<br />
weltweit größten Produktionsstandort in Yangzhou,<br />
China.<br />
Noch zur Jahrtausendwende sahen nicht<br />
wenige europäische Wirtschaftsvertreter<br />
Indien als den spannendsten Zukunftsmarkt.<br />
Heute liegt Chinas Maschinenbau-<br />
Umsatz mehr als 40-mal so hoch wie in Indien<br />
und weit mehr als das Doppelte der USA. Den<br />
enormen Sprung konnte China nur machen, indem<br />
die Volksrepublik ihren vormals technologisch<br />
rückständigen Maschinenbau zunächst<br />
Weltmaschinenumsatz TOP-10-Länder-Ranking<br />
China<br />
USA<br />
Deutschland<br />
Japan<br />
Italien<br />
127<br />
111<br />
Republik Korea 93<br />
75<br />
Frankreich 61<br />
43<br />
Verein. Königreich 56<br />
43<br />
Indien 41<br />
35<br />
Niederlande 36<br />
26<br />
<strong>20</strong>4<br />
348<br />
309<br />
296<br />
255<br />
278<br />
O 100 <strong>20</strong>0 300 400 500 600 700 800 900<br />
605<br />
<strong>20</strong>19: 2.665 Mrd. EUR Gesamtumsatz<br />
<strong>20</strong>14: 2.180 Mrd. EUR Gesamtumsatz<br />
Mrd. EUR, teilweise geschätzt<br />
Quelle: VDMA-Schätzungen auf Basis von Nationalen Statistiken, Eurostat und UNIDO.<br />
876<br />
nehmen werden. Ein anderes Hemmnis ist, dass<br />
die Beteiligung an öffentlichen Aufträgen nach<br />
wie vor für ausländisch-investierte Unternehmen<br />
mühsam, bis gar nicht möglich ist.<br />
Was die gesetzlichen Rahmenbedingungen in<br />
China angeht, hat sich in China einiges getan,<br />
z.B. gibt es ein neues Gesetz für Auslandsinvestitionen,<br />
das die Inländerbehandlung für<br />
ausländische Unternehmen festlegt. Und auch<br />
bei den Joint Ventures gibt es Lockerungen.<br />
Unsere Mitgliedsfirmen berichten, dass sich die<br />
neuen Gesetze noch nicht im positiven Sinne auf<br />
die Unternehmen ausgewirkt haben. Sie haben<br />
Recht, der Joint-Venture-Zwang ist in den letzten<br />
Jahren weniger geworden. Aber klar ist auch,<br />
wenn das Thema kein Problem mehr für ausländische<br />
Unternehmen wäre, dann wären wir mit<br />
den Verhandlungen rund um das EU-China-Investitionsabkommen<br />
sicherlich schon weiter. Das<br />
ist ja eine Kernforderung der europäischen Seite.<br />
Die Tendenz in China geht jedoch klar in Richtung<br />
mehr Offenheit, erst kürzlich wurde die<br />
Negativliste weiter gekürzt.<br />
Wir haben als Verband immer gesagt, wir sind für<br />
Offenheit, weil wir daran glauben, dass sich andere<br />
an unserem Beispiel orientieren und offen<br />
werden. Wir sehen aber, dass auf der Welt genau<br />
das Gegenteil passiert. Auch China ist da leider<br />
keine Ausnahme. So hat sich das Land zum Beispiel<br />
beim WTO-Beitritt im Jahr <strong>20</strong>01 dazu verpflichtet,<br />
dem Government Procurement Agreement beizutreten,<br />
was aber bisher nicht passiert ist.<br />
Zum Abschluss: Wie könnte die europäische<br />
Messelandschaft unter den aktuellen Umständen<br />
in Zukunft aussehen?<br />
Das ist ein spannendes Thema. Für den<br />
Maschinenbau finden die meisten Leitmessen<br />
nach wie vor in Deutschland statt. Das ist für<br />
uns natürlich eine hervorragende Ausgangsbasis.<br />
Doch alle Großmessen in unserem Bereich haben<br />
in diesem Jahr nicht stattgefunden. Wie es<br />
weitergeht, hängt stark von der weiteren Entwicklung<br />
der Corona-Pandemie ab. China hat<br />
sich in den letzten Jahren auch zu einem sehr<br />
großen Messeplatz für den Maschinenbau entwickelt.<br />
Die Messen dort sind von den Flächen<br />
her teilweise sogar noch größer als in Deutschland.<br />
Wegen der hohen Bedeutung des chinesischen<br />
Marktes sind unsere Mitglieder auch dort<br />
auf den maßgeblichen Messen präsent.<br />
Lieber Herr Ackermann, vielen Dank für das<br />
offene Gespräch!<br />
www.chk-de.org
16 Titel<br />
DEUTSCHLAND UND EUROPA SIND<br />
AUF AUSLANDSKAPITAL ANGEWIESEN<br />
In Deutschland bemühen sich zahlreiche Wirtschaftsförderungen um Investitionen aus China. Politiker-<br />
Delegationen und Verbände werben in China intensiv für den Investitionsstandort Deutschland. Doch in den<br />
vergangenen Jahren erschwerten die EU und ihre Mitgliedsstaaten Investitionen aus China. Was kurzfristig die<br />
nationale Wirtschaft schützen soll, schadet mittelfristig einem Land und könnte es längerfristig technologisch<br />
weit zurückwerfen.<br />
Interview mit<br />
Dimitri<br />
Slobodenjuk<br />
Counsel bei Clifford Chance<br />
Deutschland LLP<br />
naten, eine vertiefte Phase 2 mit weiteren vier<br />
Monaten. Falls ein Fall in tatsächlicher oder<br />
rechtlicher Art besonders komplex ist, können<br />
nach derzeitiger Gesetzeslage sogar bis zu vier<br />
weitere Monate hinzukommen. Das bedeutet,<br />
eine investitionskontrollrechtliche Prüfung kann<br />
heute bis zu zehn Monate dauern.<br />
Wie wirkt sich der neue Screening-Mechanismus<br />
der EU auf die Praxis aus?<br />
Hier sind zwei Dinge wichtig: Die EU-Kommission<br />
hat keine eigene Entscheidungskompetenz, die<br />
erhöht wird. Durch die EU-Screening-Verordnung<br />
hat sich zudem der Prüfmaßstab verschärft.<br />
Während bislang eine „Gefährdung“ der<br />
öffentlichen Ordnung und Sicherheit verlangt<br />
wurde, reicht jetzt schon die „voraussichtliche<br />
Beeinträchtigung“ aus, um eine Transaktion mit<br />
Auflagen versehen oder sogar untersagen zu<br />
können.<br />
Immer mehr Bereiche werden in den Anwendungsbereich<br />
der Investitionskontrolle<br />
einbezogen. Anders gefragt: Welche Bereiche<br />
zählen nicht dazu?<br />
Angemeldete Transaktionen beim BMWi // Anteil<br />
Transaktionen mit chinesischer Beteiligung (<strong>20</strong>16-<strong>20</strong>19)<br />
Anmeldungen beim BMWi<br />
Mit chin. Beteiligung<br />
<strong>20</strong>17 42 16<br />
<strong>20</strong>18 66 29<br />
<strong>20</strong>19 78 22<br />
<strong>20</strong>16 106 k.A.<br />
Quelle: Webseite des BMWi / BT-Drucksache 19/737<br />
Lieber Herr Slobodenjuk, Sie beraten ausländische<br />
Unternehmen bei Transaktionen in<br />
Deutschland und Europa. Was hat sich beim<br />
Thema Investitionskontrolle seit <strong>20</strong>16 in der<br />
Praxis verändert?<br />
Bis <strong>20</strong>17 gab es in Deutschland ein freiwilliges<br />
Investitionskontrollregime mit einer sehr kurzen<br />
Prüffrist von einem Monat. Die Wahrscheinlichkeit<br />
einer vertieften Prüfung war praktisch nicht<br />
existent. Heute haben wir in bestimmten Sektoren<br />
Meldepflichten und deutlich längere Verfahrensfristen:<br />
Zunächst Phase 1 mit zwei Mo-<br />
nationalen Mitgliedsstaaten haben nach wie vor<br />
die Entscheidungshoheit. Die EU-Kommission<br />
und die anderen Mitgliedsstaaten erhalten jedoch<br />
die Möglichkeit, Investitionen zu kommentieren.<br />
Dabei sind ebenfalls bestimmte Fristen<br />
einzuhalten, in der Regel bis zu 35 Kalendertage.<br />
Allerdings kann diese Frist unter Umständen<br />
deutlich länger ausfallen. Dies dürfte in der Praxis<br />
dazu führen, dass man auf nationaler Ebene,<br />
z. B. in Deutschland, die Phase-1-Frist deutlich<br />
öfter ausschöpfen wird mit der Folge, dass das<br />
Risiko von Phase-2-Verfahren ebenfalls deutlich<br />
Diese Frage wird mir oft gestellt. Vermutlich ist<br />
Sport der einzige Bereich, der sicher nicht in den<br />
Anwendungsbereich der deutschen Investitionskontrolle<br />
fällt, jedenfalls noch nicht. Die Aussage<br />
ist vielleicht etwas überspitzt formuliert, aber<br />
insgesamt ist der Anwendungsbereich sehr weit<br />
gefasst. Insoweit beansprucht die Bundesregierung<br />
einen sehr weiten Ermessensspielraum,<br />
um zu entscheiden, ob eine bestimmte Transaktion<br />
von der Investitionskontrolle erfasst wird.<br />
www.chk-de.org
17<br />
>> Impressum<br />
Abb.: moerschy, Pixabay<br />
Was bedeuten die Verschärfungen für das Investitionsumfeld?<br />
Wir sehen schon in unserer Beratungspraxis,<br />
dass sie eine gewisse abschreckende Wirkung<br />
haben. Zum einen fallen immer mehr Transaktionen<br />
in den Anwendungsbereich der Investitionskontrolle,<br />
da dieser ständig erweitert<br />
wird. Zum anderen sind die Verfahren derzeit<br />
nicht besonders transparent. Oft ist es sehr<br />
schwer, deren Dauer bzw. Ausgang verlässlich<br />
vorherzusagen. Das alles führt zu Unsicherheiten<br />
und zu einem Investitionsklima, welches sicherlich<br />
so von der deutschen Industrie, aber auch<br />
von chinesischen Investoren nicht gewollt sein<br />
kann.<br />
Ja, das ist ein offenes Geheimnis und die treibende<br />
Kraft dahinter. Insbesondere Nicht-EU-<br />
Investoren unter staatlicher Kontrolle stehen im<br />
besonderen Fokus. Ausgehend von meinen Erfahrungswerten<br />
aus der Beratung beteiligen sich<br />
chinesische Investoren seither auch deutlich weniger<br />
an Bieterverfahren. Man sollte die Gesetzgebung<br />
dennoch nicht so verstehen, dass chinesische<br />
Investoren in Deutschland komplett unerwünscht<br />
sind. Das können sich Deutschland<br />
und die EU schlicht und einfach nicht leisten,<br />
weil man in einem erheblichen Maße auf ausländisches<br />
Kapital angewiesen ist.<br />
Wie können sich Unternehmen in Zukunft vorbereiten?<br />
In jedem Fall sollte man sich mit dem Thema Investitionskontrolle<br />
im Vorfeld einer Transaktion<br />
sehr intensiv befassen. Man sollte sich die Frage<br />
stellen, ob die geplante Transaktion möglicherweise<br />
in den Anwendungsbereich der Investitionskontrolle<br />
fällt. Falls ja, sollte man überlegen,<br />
die vertraglichen Fristen, etwa das Long-<br />
HERAUSGEBER<br />
CHKD | Die Chinesische Handelskammer in<br />
Deutschland e.V.<br />
POSTANSCHRIFT<br />
IHZ Hochhaus 7. Etage,<br />
Friedrichstraße 95, D-10117 Berlin<br />
Telefon: +49 30 <strong>20</strong>917522<br />
Fax: +49 30 <strong>20</strong>917340<br />
E-Mail: info@chk-de.org<br />
WEBADRESSE<br />
www.chk-de.org<br />
Redaktion: Jannik Dennier (CvD), ZHANG Yuan<br />
Telefon: +49 30 <strong>20</strong>917522<br />
E-Mail: jannik.dennier@chk-de.org<br />
AUTOREN DIESER AUSGABE<br />
Jannik Dennier<br />
Eva-Simona Fischkina<br />
Dr. Thomas Kiefer<br />
Anja Barlen-Herbig<br />
Bereiche, die in den Anwendungsbereich der<br />
Investitionskontrolle fallen<br />
Kritische Infrastruktur:<br />
• Wasser, Energie, Finanz- und Versicherungswesen, Gesundheitswesen allgemein (z.B.<br />
Krankenhäuser, Labore etc.), Transport / Verkehr, Ernährung, Bestimmte IT-Dienstleistungen<br />
(z.B. Cloud-Services), Medien, Dienstleistungen im Zusammenhang mit<br />
Kommunikationsinfrastruktur<br />
Sicherheitssensible Bereiche, wie z.B.:<br />
• Kriegswaffen, Rüstungsgüter, Dual-Use-Güter, Produkte mit IT-Sicherheitsfunktionen<br />
Ausweitung <strong>20</strong><strong>20</strong> – Gesundheitssektor, u.a.:<br />
• Wesentliche Arzneimittel, Persönliche Schutzausrüstung, Medizinprodukte, In-vitro-<br />
Diagnostik<br />
Weitere Ausweitung geplant auf:<br />
• Künstliche Intelligenz, Robotik, Halbleiter, Bio- und Quantentechnologie<br />
Sind chinesische Investoren hier im Fokus?<br />
Stop-Date, im Hinblick auf die Verfahrensfristen<br />
etwas großzügiger zu gestalten. In den Vertragsdokumenten<br />
sollte man sicherheitshalber auch<br />
den Fall abbilden, dass es zu Auflagen oder Bedingungen<br />
seitens der Bundesregierung kommen<br />
könnte. Insoweit sollte die entsprechende Risikoverteilung<br />
klar geregelt werden.<br />
Vielen Dank für das Gespräch,<br />
Herr Slobodenjuk!<br />
Die mit dem Namen des Verfassers oder seinen<br />
Initialen gezeichneten Beiträge geben die Meinung<br />
des Autors, aber nicht unbedingt die Ansicht der<br />
Chinesischen Handelskammer in Deutschland<br />
e.V. wieder. Nachdruck nur mit Genehmigung der<br />
Redaktion.<br />
Für unverlangt eingesandte Manuskripte übernimmt<br />
die Redaktion keine Gewähr.<br />
KONZEPT<br />
EGGERT GROUP GmbH & Co. KG, Düsseldorf<br />
GESTALTUNG<br />
agentur von b. GmbH<br />
DRUCK<br />
BMP Balta Media & Print e.K.<br />
Bahnhofstr. 37, D-63457 Hanau am Main<br />
„CHKD <strong>CONNECT</strong>“ erscheint 4 x jährlich.<br />
BILDNACHWEISE<br />
Titelbild: elxeneize/dibrova, envato<br />
Weitere Bildnachweise: Sofern nicht anders<br />
angegeben, handelt es sich um Firmenfotos.<br />
www.chk-de.org
18 Titel<br />
Nachhaltige Zukunft ist digital<br />
Die Weltbevölkerung nimmt weiter um einige Milliarden Menschen zu und auch in Indien, Südostasien, Afrika und Südamerika möchten die Einwohner<br />
ein gutes Leben führen. Dort ist der Energieverbrauch pro Kopf weitaus geringer als in Europa oder den USA. Jedoch soll der daraus resultierende<br />
CO 2<br />
-Ausstoß auf null zurückgeführt werden. Dieser Spagat kann nur gelingen, wenn Europa und China mit verbindlichen Zeitplänen<br />
voranschreiten. Die digitale Transformation könnte dabei der wichtigste Hebel sein, um Wohlstandsgewinn und Nachhaltigkeit gleichzeitig zu erreichen.<br />
Big Data löst Umweltprobleme<br />
die Zuhilfenahme digitaler<br />
Technologien wären Unternehmen<br />
„Ohne<br />
heute gar nicht in der Lage, einige<br />
Probleme der Umweltverschmutzung, der Abfallproduktion<br />
und der Energieeffizienz in wirksamer<br />
Weise zu lösen. Der Schlüssel zum Erfolg<br />
dieser Technologien heißt: Big Data“, schreiben<br />
Bernhard Felizeter und Askan Weidemann von<br />
der Deutschen Auslandshandelskammer Peking<br />
in ihrem Bericht „Chinas digitale Transformation:<br />
Big Data und Nachhaltigkeit“. Chinas mutiger<br />
Schritt, sich von einem Entwicklungsland in kurzer<br />
Zeit zu einer CO 2<br />
-freien Wirtschaft zu entwickeln<br />
ist nur mit Digitalisierung und der Nutzung<br />
von Big-Data-Systemen möglich. Ein zentraler<br />
Bereich ist die Energiebranche. So wurden<br />
in kurzer Zeit fast eine Milliarde intelligenter<br />
Stromzähler installiert. Auch in der chinesischen<br />
Landwirtschaft kommt Big Data zum Einsatz.<br />
Damit werden Ressourcen gespart und gleichzeitig<br />
die Produktion erhöht.<br />
Um Umweltverschmutzung einzudämmen, setzt<br />
China zudem auf eine breite Bürgerbeteiligung<br />
über die App „Blu Mapp“, in der in Echtzeit die<br />
regionalen Belastungswerte aufgezeigt werden.<br />
Über die App können Verstöße direkt von jedem<br />
gemeldet werden. Durch diese breite Mitwirkung<br />
konnten viele schlimme Umweltprobleme gelindert<br />
werden. Doch auch die persönliche<br />
Umweltbilanz rückt ins Auge der chinesischen<br />
Bürger. So hat Alibaba beispielsweise die sehr<br />
erfolgreiche „Ant Forest“-App eingeführt, welche<br />
es den Nutzern auf spielerische Weise erlaubt,<br />
ihren eigenen CO 2<br />
-Ausstoß zu messen und<br />
gezielt zu verringern. Somit ist „Ant Forest“ die<br />
weltweit erste groß angelegte Bottom-Up-Initiative,<br />
die sich für Nachhaltigkeit im Konsumverhalten<br />
ihrer Nutzer auf Basis von Big-Data-<br />
Analysen durch digitale Technologien und soziale<br />
Medien einsetzt.<br />
Diese Entwicklungen geben Europa und der übrigen<br />
Welt wichtige Anregungen für den digitalnachhaltigen<br />
Umbau der Wirtschaft. Digitalisierung<br />
– das sind nicht nur Smartphons oder<br />
Entertainment-Apps, mit denen China ebenfalls<br />
sehr erfolgreich ist. China hat mindestens zehn<br />
Mal so viel für Forschung im Bereich Quantenforschung<br />
ausgegeben wie die USA. Schätzungen<br />
gehen von umgerechnet 50 Milliarden US-<br />
Dollar aus. Im Bereich Künstliche Intelligenz meldete<br />
China allein im vergangenen Jahr 30.000<br />
Patente an, zweieinhalb Mal mehr als die USA,<br />
berichtet das MERICS.<br />
Abb.: http://wwwen.ipe.org.cn Abb.: Gerd Altmann/agentur von b., envato<br />
www.chk-de.org
19<br />
Hightech-Cluster Perlfluss-Delta<br />
Die 13 Millionen Hightech-Metropole<br />
Shenzhen gilt jetzt bereits weltweit als<br />
einer der besten Standorte für Hightech-<br />
Unternehmensgründungen und Spitzentechnologie.<br />
Mit den umliegenden Metropolen im Perlfluss-Delta<br />
soll die Region zu einer Superstadt,<br />
der Greater Bay Area (GBA), mit über 70 Millionen<br />
Menschen heranwachsen. Mit einem BIP von<br />
1,5 Billionen US-Dollar erreicht die GBA die<br />
wirtschaftliche Größe von Australien. Mit nur<br />
einem Prozent der chinesischen Landmasse und<br />
fünf Prozent seiner Bevölkerung erwirtschaftet<br />
sie zwölf Prozent des nationalen BIP. Überdurchschnittlich<br />
hoch ist dabei der Anteil, der von<br />
Privatunternehmen stammt.<br />
Nirgendwo auf der Welt gibt es in einer solchen<br />
Dichte so viele Spitzenfachkräfte, Forschungseinrichtungen<br />
oder elektronische Bauteile. Chinas<br />
Staats- und Parteichef XI Jinping reiste im<br />
Oktober nach Shenzhen, um die noch größere<br />
Bedeutung der Region im neuen Entwicklungsplan<br />
Chinas hervorzuheben. In die Region reisen<br />
auch unzählige Delegationen aus der ganzen<br />
Welt, um elektronische Zukunftstechnik in der<br />
Praxis zu sehen.<br />
„Die IHK Nord, der Zusammenschluss der norddeutschen<br />
Industrie- und Handelskammern, hat<br />
<strong>20</strong>19 eine Unternehmerreise nach Shenzhen und<br />
Hongkong organisiert, um Antworten darauf zu<br />
finden, wie der aktuelle Vorsprung von China<br />
und den USA in vielen Bereichen digitaler<br />
Technologien aufgeholt werden kann. Norddeutsche<br />
Unternehmensvertreter bekamen dazu<br />
bei branchenspezifischen Gesprächen sowie Veranstaltungen<br />
mit lokalen Startups und Hightech-<br />
Unternehmen vielfältige Einblicke in die Wirtschaftsmetropolen<br />
der Greater Bay Area in<br />
China. Ein Ergebnis der Reise war die Erkenntnis,<br />
dass gemeinsame europäische Ansätze und Normen<br />
notwendig sind, um bei digitalen Technologien<br />
wie KI weltweit den Anschluss zu halten<br />
und europäische Werte zu wahren,“ so die Norddeutsche<br />
Kammervertretung, die auf ihrer Internetseite<br />
einen ausführlichen Reisebericht veröffentlichte.<br />
Rolf-Ejvind Sörensen, Präsident der IHK zu Flensburg<br />
und Leiter der Delegation, sieht große<br />
Potentiale für zukünftige Kooperationen. „Wir<br />
könnten insbesondere bei Themen wie den erneuerbaren<br />
Energien und der Nutzung von<br />
Wasserstoff, aber auch bei der Logistik und der<br />
weiteren Digitalisierung mit dem künftigen 5G-<br />
Standard kooperieren“, sagte Sörensen. „Wir<br />
würden die Innovationskraft von Shenzhen gern<br />
mit den Stärken der norddeutschen Wirtschaft<br />
verbinden.“<br />
Abb.: Nick Poon, Shutterstock<br />
Kooperation und Austausch nützt allen<br />
Von einer transparenten und vertrauensvollen<br />
Zusammenarbeit jenseits protektionistischer<br />
Logik könnten alle Seiten<br />
profitieren. In der EU fehlt es derzeit an ausreichenden,<br />
übergreifenden Ansätzen für die Förderung<br />
von Innovation. Auch im Umgang mit<br />
China besteht Uneinigkeit. Es könnte Europa<br />
schwerfallen, wirksame Antworten auf Chinas<br />
digitale Strategien zu entwickeln. Dabei gilt es<br />
ein Szenario abzuwenden, in dem ein gespaltenes<br />
Europa von den USA und China technologisch<br />
abgehängt würde. Entscheidend wird auch sein,<br />
wie die EU in diesem Kontext die transatlantischen<br />
Beziehungen gestaltet.<br />
Für Abstimmungen, gemeinsame Standards oder<br />
Gemeinschaftsprojekte ist ein regelmäßiger Dialog<br />
erforderlich. Im September wurde auf einer Videokonferenz<br />
der sogenannte „High-Level Digital Dialogue“<br />
sowie grüne und digitale Partnerschaften<br />
zwischen China und der EU beschlossen. Bereits<br />
im Februar hat die Europäische Kommission ihre<br />
Strategie zu Big Data und Künstlicher Intelligenz<br />
vorgestellt. Teil der weitreichenden Pläne ist die<br />
Schaffung eines einzigen, ganz Europa umspannenden<br />
Marktes für Daten und sektorenspezifische<br />
Anwendungen von Big Data in den<br />
Bereichen Ökologie, Mobilität und Gesundheit.<br />
„Der China-EU High-Level Digital Cooperation<br />
Dialogue eröffnet offiziell die Zusammenarbeit<br />
auf diesem Gebiet, was für die künftige Wirtschaftsentwicklung<br />
von großer Tragweite sein<br />
wird“, so CUI Hongjian, Forscher am China Institute<br />
of International Studies in Beijing.<br />
Im Bereich Big Data, 5G und anderen Zukunftstechnologien<br />
besetzt China Spitzenplätze und<br />
ist weltweit größer Absatzmarkt. Im Jahr <strong>20</strong>19<br />
setzte Chinas Digitalwirtschaft 35,8 Billionen<br />
RMB (rund 5,25 Billionen US-Dollar) um und trug<br />
laut Zahlen des chinesischen Ministeriums für<br />
Industrie und Informationstechnologie mit einem<br />
Anteil von 36,2 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt<br />
bei.<br />
Dabei sind die Wachstumsraten auch weltweit<br />
beindruckend. Vom ersten bis zum zweiten Quartal<br />
<strong>20</strong><strong>20</strong> hat sich das weltweite Wachstum des<br />
Datentransfers von 28 auf 32 Prozent deutlich<br />
gesteigert, berichtet CHENG Lan von China Mobile<br />
International (CMI). Ohne diese enormen<br />
Übertragungskapazitäten wären auch die Folgen<br />
der Corona-Krise härter ausgefallen, Videokonferenzen<br />
oder Online-Unterricht nicht in dem<br />
zu sehenden Umfang möglich. Industrie 4.0 und<br />
„Smart Green City“ erzeugen weitere riesige<br />
Datenmengen. Chinesische Konzerne, wie China<br />
Mobile stellen dafür weltweit ihre Erfahrungen<br />
zur Verfügung, arbeiten dabei mit lokalen Partnern<br />
unter den lokalen Regeln zusammen. Doch<br />
unbedingter Datenschutz und Cybersicherheit<br />
müssen weltweit gelten. Chinas „Globale Initiative<br />
für Cybersicherheit“ kann hier eine Antwort<br />
auf die vor uns liegenden Herausforderungen<br />
bieten.<br />
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<strong>20</strong> Titel<br />
Chinas „Globale Initiative für<br />
Datensicherheit“<br />
Chinesische Handelskammer für die weitere Intensivierung der multilateralen<br />
wirtschaftlichen Zusammenarbeit<br />
Abb.: Website chinesisches Außenminesterium/ Pxhere<br />
Im September <strong>20</strong><strong>20</strong> stellte Chinas Außenminister WANG Yi die „Globale Initiative für Datensicherheit“ auf einer Videokonferenz vor.<br />
Digitalisierung und Globalisierung haben<br />
die unternehmerische Praxis in den letzten<br />
Jahren tiefgreifend verändert. Heute<br />
tragen moderne Informationstechnologien und<br />
die Digitalisierung von Geschäftsprozessen in<br />
hohem Maß dazu bei, wettbewerbsfähig zu bleiben.<br />
Deshalb zählt Datensicherheit aktuell zu den<br />
wichtigsten unternehmerischen Herausforderungen.<br />
Für Unternehmen weltweit können<br />
Cyber-Angriffe weitgehende Konsequenzen<br />
haben und u.a. zu Produktions- und Betriebsausfällen<br />
führen, Reputationsschäden verursachen<br />
und erhebliche Kosten für die Aufklärung<br />
der Vorfälle bzw. die Wiederherstellung der IT-<br />
Systeme nach sich ziehen. Neben den erforderlichen<br />
technologischen Sicherungsmaßnahmen<br />
in Unternehmen ist aus wirtschaftlicher Sicht<br />
ein wirkungsvoller staatlicher Ordnungsrahmen<br />
zum Datenschutz erforderlich, wie er z.B. in<br />
Deutschland mit dem Bundesdatenschutzgesetz<br />
vorliegt.<br />
»Wir freuen uns auf die Beteiligung<br />
europäischer Regierungen<br />
und aller Beteiligten, um<br />
ein günstiges Geschäftsumfeld<br />
für die Entwicklung chinesischer<br />
und deutscher Unternehmen<br />
zu schaffen. Speziell<br />
global agierende Unternehmen<br />
der Informations- und Kommunikationsbranche<br />
rufen wir<br />
dazu auf, sich intensiv zu beteiligen.«<br />
ZHENG Donglin, Präsident, Die Chinesische<br />
Handelskammer in Deutschland (CHKD)<br />
Im Zeitalter ökonomischer Globalisierung reichen<br />
nationalstaatliche Regulierungen allein allerdings<br />
bei Weitem nicht mehr aus, um wirkungsvoll auf<br />
die Herausforderungen der Datensicherheit zu<br />
reagieren. Mit anderen Worten: Globale Probleme<br />
benötigen globale Lösungen. Erste tragfähige Ansätze<br />
hierzu liegen durch den unter deutscher<br />
bzw. chinesischer G-<strong>20</strong>-Präsidentschaft angestoßenen<br />
Diskussionsprozess zur globalen Gestaltung<br />
der Digitalisierung vor. Auf internationaler<br />
Ebene besteht hier allerdings nach wie<br />
vor erheblicher Handlungsbedarf. Für die Entwicklung<br />
einer humanen Weltwirtschaft ist deshalb<br />
die von der Volksrepublik erstmals hervorgebrachte<br />
„Globale Initiative für Datensicherheit“<br />
ein wichtiger neuer Impuls. Sie zielt darauf ab,<br />
multilateral zusammenzuarbeiten und globale<br />
Regeln für Datensicherheit zu formulieren.<br />
Hierzu zählen u.a. die internationale Ablehnung<br />
von digitalen Aktivitäten, die wichtige Daten der<br />
www.chk-de.org
21<br />
Förderung einer Digitalwirtschaft, die auf Kooperation,<br />
gegenseitigem Respekt und Nachhaltigkeit basiert<br />
Die „Globale Initiative für Datensicherheit“ intendiert<br />
die Sicherung einer offenen, sicheren<br />
und stabilen Lieferkette für globale Produkte<br />
und Dienstleistungen der Informations- und<br />
Kommunikationstechnologie (IKT). Für IKT-Unternehmen<br />
ist außerdem relevant:<br />
• Unternehmen sollten sich an die Gesetze und<br />
Vorschriften des Landes halten, in dem sie<br />
tätig sind; inländische Unternehmen durch<br />
den Staat nicht dazu aufgefordert werden,<br />
im Ausland erzeugte und erhaltene Daten in<br />
ihrem eigenen Hoheitsgebiet zu speichern.<br />
• Ausschluss von „Hintertüren“ in Produkten<br />
und Dienstleistungen, die es ermöglichen, illegal<br />
Daten zu sammeln oder Benutzersysteme<br />
und -geräte zu manipulieren bzw.<br />
zu kontrollieren.<br />
• Kooperationspartner und Nutzer rechtzeitig<br />
über schwerwiegende Sicherheitslücken in<br />
Produkten zu benachrichtigen und Lösungen<br />
anzubieten. IKT-Anbieter sollten durch die<br />
Abhängigkeit von Nutzern ihrer Produkte<br />
keine illegitimen Interessen verfolgen oder<br />
Nutzer dazu zwingen, ihre Systeme und Geräte<br />
upzugraden.<br />
»Wir unterstützen die chinesische<br />
Initiative für globale<br />
Datensicherheit. Sie kann eine<br />
Blaupause für die Entwicklung<br />
internationaler Regeln für<br />
digitale Sicherheit bieten und<br />
einen globalen Prozess in Gang<br />
setzen.«<br />
ZHENG Donglin, Präsident, Die Chinesische<br />
Handelskammer in Deutschland (CHKD)<br />
kritischen Infrastruktur anderer Staaten beeinträchtigen<br />
oder stehlen sowie die Verhinderung<br />
unbefugter Erhebung persönlicher Informationen<br />
anderer Länder auf digitaler Ebene. Staaten sollten<br />
demgegenüber die Souveränität, Gerichtsbarkeit<br />
und Verwaltung von Daten anderer Staaten<br />
respektieren. Die Überwachung anderer Länder<br />
im großen Stil und illegaler Datentransfer,<br />
durch den Informationen über Ausländer ermittelt<br />
werden, dürfen nicht stattfinden.<br />
Die Förderung des Wachstums der digitalen<br />
Wirtschaft erfordert die weitere Intensivierung<br />
der multilateralen Zusammenarbeit, denn mit der<br />
Entwicklung digitaler Innovationen auf der ganzen<br />
Welt wurden auch neue Technologien tief in<br />
die globale Wertschöpfungskette integriert. Hier<br />
zeigt sich, dass multilaterale Zusammenarbeit<br />
im Rahmen der Globalisierung der optimalen Allokation<br />
von Produktionsfaktoren und einer<br />
nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung<br />
förderlich ist. Die enge Zusammenarbeit zwischen<br />
den Ländern kann wesentlich dazu beitragen,<br />
weitere Synergien für die globale digitale<br />
Transformation zu schaffen. Den Eckpfeiler für<br />
die rasche Entwicklung der digitalen Wirtschaft<br />
bildet dabei die digitale Infrastruktur. Diskussionen<br />
über digitale Infrastruktur und Datensicherheit<br />
sollten zu globalen Cybersicherheitsund<br />
Datensicherheitsregeln führen, die den Willen<br />
aller Länder widerspiegeln und die Interessen<br />
aller Parteien auf der Grundlage der Beteiligung<br />
von Regierungen, Unternehmen und Industrieorganisationen<br />
respektieren. Neben der Einwicklung<br />
einer globalen Governance ist zur Förderung<br />
von Marktbildung und Verbraucherschutz<br />
außerdem die Entwicklung globaler<br />
Technologiestandards erforderlich.<br />
»Die „Globale Initiative für<br />
Datensicherheit“ verpflichtet<br />
uns, ein offenes, gerechtes<br />
und diskriminierungsfreies<br />
Geschäftsumfeld zu schaffen.<br />
Das bedeutet, gegenseitigen<br />
Nutzen zu schaffen und die gemeinsame<br />
Entwicklung voranzutreiben.«<br />
CHENG Lan, General Manager Western<br />
Europe, China Mobile International<br />
Globale Regeln für die digitale Wirtschaft liegen im<br />
beiderseitigen Interesse Chinas und Europas<br />
Die „Globale Initiative für Datensicherheit“<br />
wurde im September <strong>20</strong><strong>20</strong> erstmals vom chinesischen<br />
Außenminister WANG Yi vorgeschlagen,<br />
um auf neue Probleme und Herausforderungen<br />
im Bereich der Datensicherheit zu<br />
reagieren und zur weltweiten digitalen Governance<br />
beizutragen. Im Sinne der Initiative sollte<br />
angestrebt werden:<br />
• ein offenes, faires und diskriminierungsfreies<br />
Umfeld für die Entwicklung der digitalen<br />
Wirtschaft zu schaffen,<br />
• den maximalen Konsens in Fragen der digitalen<br />
Governance anzustreben,<br />
• den Aufbau von Standards im digitalen Bereich<br />
auf der Grundlage der „Globalen Initiative<br />
für Datensicherheit“ zu fördern,<br />
• Leitprinzipien für die künftige mittel- und<br />
langfristige Zusammenarbeit in der digitalen<br />
Wirtschaft zu formulieren,<br />
• chinesische und europäische Unternehmen<br />
darin zu unterstützen, politische Unsicherheiten<br />
zu minimieren.<br />
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22 Titel<br />
Interview mit<br />
CHENG Lan<br />
General Manager, Western Europe<br />
China Mobile International<br />
Liebe Frau Cheng, die Einschränkungen durch<br />
die Corona-Pandemie haben uns die Bedeutung<br />
von digitaler Konnektivität aufgezeigt.<br />
Wie hat sich die Menge der weltweit<br />
übertragenen Daten in diesem Jahr verändert?<br />
Ohne Zweifel, die Auswirkungen der Corona-<br />
Pandemie auf den Datentransfer sind beträchtlich.<br />
Vom ersten bis zum zweiten Quartal <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
hat sich das weltweite Wachstum des Datentransfers<br />
von 28 auf 32 Prozent gesteigert und<br />
lag damit sechs Prozent über den Prognosen. Das<br />
Datentransfervolumen bis zum zweiten Quartal<br />
<strong>20</strong><strong>20</strong> lag bei rund 650.000 Petabyte. Den Datenverkehr<br />
machten vor allem Videokonferenzen,<br />
Live-Video-Streaming und andere verwandte<br />
Remote-Anwendungen sowie Online-Gaming<br />
aus. Die Quarantänepolitik und die vermehrte<br />
Remote-Arbeit haben sicherlich bedeutend zu<br />
diesem Zuwachs beigetragen.<br />
China Mobile International (CMI) baut als<br />
Netzbetreiber eine digitale Brücke zwischen<br />
China und Europa und stellt die Übertragung<br />
von Daten sicher. Wie wird hierbei Datensicherheit<br />
gewährleistet?<br />
CMI erhöht kontinuierlich die Investitionen in<br />
den Aufbau globaler Netzwerkressourcen. Die<br />
terrestrischen und Unterseekabel-Ressourcen<br />
sowie die über 170 Points of Presence (PoP) bilden<br />
die Infrastruktur für die globale Vernetzung.<br />
Diese Infrastruktur gewährleistet die Datenübertragung<br />
und erfüllt die Bedürfnisse an den<br />
Datenverbrauch. Damit können wir die globale<br />
Geschäftsexpansion chinesischer und europäischer<br />
Unternehmen unterstützen.<br />
Unsere Dienstleistungen, mit denen wir die digitale<br />
Transformation unserer Kunden ermöglichen,<br />
basieren auf diesen Netzwerkressourcen.<br />
Sie erfordern keine Änderungen der internen<br />
Netzwerkarchitektur oder der Daten unserer<br />
Kunden. Das heißt, wir übertragen Daten, verarbeiten<br />
oder verändern sie aber nicht. Hinzu<br />
kommt, dass wir als internationaler Netzbetreiber<br />
vom Bau bis zum endgültigen Betrieb<br />
mit Drittanbietern zusammenarbeiten, die mit<br />
den lokalen Kundenanforderungen vertraut sind.<br />
Das bedeutet, wir bauen und betreiben unsere<br />
Netze nach internationalen Standards und lokalen<br />
Vorschriften – in Europa selbstverständlich<br />
auch nach der neuen DSGVO.<br />
Wie verteilen sich Finanzierung und Bau der<br />
globalen Netzwerkressourcen?<br />
Unsere Netzressourcen werden weltweit gemeinsam<br />
mit lokalen Netzbetreibern finanziert<br />
und aufgebaut. Dabei gibt es verschiedene Zuständigkeiten,<br />
auch in Europa. Hier arbeiten wir<br />
mit europäischen Betreibern zusammen und<br />
wählen Drittfirmen aus, z.B. für den Bau von<br />
Unterseekabeln. Dabei stehen wir für eine offene,<br />
für beide Seiten vorteilhafte Zusammenarbeit<br />
und verfolgen das Ziel, ein globales ökologisches<br />
Netzwerk aufzubauen.<br />
Vor welchen Herausforderungen stehen<br />
Unternehmen bei der digitalen Transformation<br />
v.a. in der Post-Corona-Ära und welche Hilfe<br />
kann CMI ihnen bieten?<br />
Klar ist, der diesjährige Ausbruch der Corona-<br />
Pandemie hat die digitale Transformation von<br />
Unternehmen in allen Branchen weiter beschleunigt.<br />
Um dieses Potenzial zu nutzen, muss<br />
Konnektivität, verbunden mit Sicherheit,<br />
Flexibilität und Kostenvorteilen geschaffen werden.<br />
Datenmigration, -sicherheit und -standorte,<br />
dazu Compliance und Management, das sind<br />
allesamt wichtige Faktoren, die Unternehmen<br />
berücksichtigen müssen.<br />
Um unsere Kunden dabei zu unterstützen, hat<br />
CMI u.a. die SD-WAN-Lösungen eingeführt,<br />
deren Rückgrat unser globales Netzwerk ist. Über<br />
die „SD-WAN Management Plattform“ koordinieren<br />
wir die Netzkonnektivität und binden<br />
unsere PoP-Knotenpunkte an die „letzte Meile“<br />
von Unternehmensstandorten an. Damit bieten<br />
wir unseren Kunden eine flexible Vernetzung,<br />
verkürzte Bereitstellungszeiten und Kosteneinsparungen.<br />
Unsere Teams vor Ort orientieren sich immer an<br />
den Bedürfnissen der Unternehmen und bieten<br />
mehrstufige und mehrdimensionale Lösungen,<br />
um ihre Entwicklung zu unterstützen und Effizienz<br />
zu erhöhen.<br />
Die digitale Transformation erfordert auch ein<br />
Upgrade der Netzinfrastruktur. Wirkt sich<br />
dies auf den Netzaufbau aus?<br />
Der Netzaufbau umfasst nicht nur die grundlegende<br />
Netzübertragung. Netzinfrastruktur bedeutet<br />
heutzutage auch Cloud-Lösungen. Eine<br />
sichere Cloud-Netzwerkinfrastruktur für Unternehmen<br />
ist für Remote-Arbeit und -Geschäfte<br />
unerlässlich. CMI hat dafür die mCloud-Plattform<br />
auf den Markt gebracht. Bedeutend dabei<br />
ist auch die Plattform-Integration. Seit dem 8.<br />
Mai <strong>20</strong>19 verbindet mCloud die acht weltweit<br />
führenden Anbieter von Cloud-Computing-<br />
Diensten. Damit stellen wir Cloud-Konnektivität,<br />
SD-WAN, Multi-Cloud-Dienste, SaaS-Anwendungen<br />
bereit und können die vielfältigen Bedürfnisse<br />
von Unternehmenskunden im Cloud-<br />
Bereich abdecken.<br />
www.chk-de.org
23<br />
Milestones<br />
CHENG Lan<br />
In diesem Jahr eröffnet CMI ein neues<br />
Rechenzentrum in Frankfurt. Welche Rolle<br />
spielt das „Data Center“ und wie profitieren<br />
Ihre Kunden davon?<br />
Rechenzentren sind das Nervenzentrum unserer<br />
Netzwerkinfrastruktur. Sie gewährleisten den<br />
sicheren und effizienten Betrieb unseres Netzwerks.<br />
Das Data Center in Frankfurt nimmt Ende<br />
<strong>20</strong><strong>20</strong> seinen Betrieb auf. Wir bieten unseren<br />
Kunden in Deutschland und Europa damit eine<br />
Infrastruktur für Datenspeicherung und -austausch<br />
- als neutrale Plattform.<br />
Frankfurt ist für unsere Kunden nun ein internationaler<br />
Netzknoten und Internet-Data-Center<br />
(IDC) mit insgesamt mehr als 1.360 Racks<br />
(Datenschränke). Es ist nach den Rechenzentrumstandards<br />
„Uptime Institute Tier III<br />
TCDD“ zertifiziert und bietet eine Dienst- und<br />
Leistungsverfügbarkeit von 99,99 Prozent. Das<br />
Data Center stellt eine Hochleistungsplattform<br />
bereit, um heute und in der Zukunft die Anforderungen<br />
des Finanzsektors, der Internetwirtschaft<br />
und anderer digitaler Industriezweige zu<br />
erfüllen.<br />
Damit unterstreichen wir die Verpflichtung,<br />
unseren Kunden sichere und professionelle<br />
Dienstleistungen aus einer Hand zu bieten, damit<br />
sich Unternehmen sorgenfrei um die Geschäftsexpansion<br />
kümmern können. Zu den wertschöpfenden<br />
Mehrwertleistungen zählen auch<br />
professionelles Serverhousing, Cross-Connect<br />
und Remote-Support.<br />
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes<br />
wird die Zahl der Smartphone-Nutzer<br />
in China in diesem Jahr voraussichtlich 780<br />
Millionen erreichen. Das sind mehr als in der<br />
EU und den USA zusammen. Wie treibt China<br />
Mobile den 5G-Ausbau voran?<br />
China Mobile hat bisher weltweit mehr als<br />
188.000 5G-Basisstationen gebaut und betreibt<br />
diese. Dazu haben wir kommerzielle 5G-Dienste<br />
in mehr als 50 Städten auf dem chinesischen<br />
Festland und in Hongkong eingeführt. Das sind<br />
die Resultate unserer 5G+-Strategie, mit der wir<br />
kontinuierlich die Netzinfrastruktur stärken. Wir<br />
arbeiten zudem mit mehr als 1.900 Industriepartnern<br />
zusammen, um Geräte und Systeme<br />
über die 5G-Infrastruktur und digitale Plattformen<br />
zu entwickeln. Unsere Partner dabei sind<br />
neben Partnern aus der Industrie auch Anbieter<br />
von Cloud-Diensten.<br />
Darüber hinaus hat unsere Muttergesellschaft<br />
die „China Mobile Internet of Things Company“<br />
gegründet, die sich auf Design und Produktion<br />
von speziellen Modulen und Chips für das Internet<br />
der Dinge (IoT) spezialisiert hat. Ein Fokus<br />
liegt hier auf den Themen Car Connect, Smart<br />
Home, Smart Wear und anderen IoT-Lösungen.<br />
Wie können speziell deutsche Kunden von den<br />
Erfahrungen aus China profitieren?<br />
Für Deutschland als großes Industrieland beginnt<br />
die Industrie 4.0 mit der Entwicklung von 5G.<br />
Die Transformation der verarbeitenden Industrie<br />
braucht das Internet der Dinge. China hat bei 5G<br />
einen Vorsprung gegenüber dem europäischen<br />
Markt. Wir sind bereit, gemeinsam mit Branchenpartnern<br />
in Deutschland und Europa zusammenzuarbeiten<br />
und Erfahrungen auszutauschen, um<br />
gemeinsam ein IoT-Ökosystem aufzubauen.<br />
CMI kann Kunden mit erfolgreichen IoT-Lösungen<br />
und Erfahrungen in China versorgen, deutschen<br />
Kunden helfen, IoT-Marktchancen zu nutzen<br />
und Designlösungen liefern. Mit unseren<br />
Erfahrungen können wir beim Übergang ins 5G-<br />
Zeitalter helfen und den Einführungsprozess beschleunigen.<br />
In Europa ist CMI bereits sehr lokalisiert. Wie<br />
sehen Sie die weitere Entwicklung Ihres<br />
Unternehmens in Europa?<br />
Angesichts der steigenden Kundennachfrage und<br />
des sich verschärfenden branchenübergreifenden<br />
Wettbewerbs sind die Telekommunikationsbetreiber<br />
bestrebt, qualitativ hochwertige Netz-<br />
• Master of Engineering<br />
• Advanced Master in Strategy and Management<br />
of International Business,<br />
ESSEC Business School<br />
• <strong>20</strong>08 - <strong>20</strong>13 verschiedene leitende<br />
Funktionen beim französischen Telekommunikationsanbieter<br />
Orange S.A.<br />
• <strong>20</strong>13 - <strong>20</strong>17 General Manager, China<br />
Telecom (France) Ltd.<br />
• seit <strong>20</strong>17 General Manager Western<br />
Europe, China Mobile Internationnal<br />
Ltd.<br />
und Übertragungskapazitäten aufzubauen und<br />
den Kunden ebenso hochwertige Dienstleistungen<br />
anzubieten. Die in diesem Jahr von<br />
China ins Leben gerufene „Globale Initiative für<br />
Datensicherheit“ verpflichtet auch CMI ein offenes,<br />
gerechtes und nicht diskriminierendes Geschäftsumfeld<br />
zu schaffen. Das bedeutet,<br />
gegenseitigen Nutzen zu schaffen und die gemeinsame<br />
Entwicklung voranzutreiben.<br />
Wir hoffen, dass chinesische und europäische<br />
Telekommunikationsbetreiber ihre Kräfte bündeln<br />
können, um unter den Prinzipen „Offenheit,<br />
Verbindung und Zusammenarbeit“ Lösungen für<br />
die globale Vernetzung zu entwickeln. So können<br />
wir die Kundenakzeptanz erhöhen und ein nahtloses,<br />
sorgenfreies und grenzenloses Serviceerlebnis<br />
im Zeitalter der Datenübertragung in<br />
Höchstgeschwindigkeit schaffen.<br />
Wir möchten mit europäischen Unternehmen zusammenarbeiten,<br />
nicht nur als Mobilfunkbetreiber<br />
in China, sondern auch als integrierter<br />
Informationsdienstanbieter. Damit verfolgen wir<br />
das übergeordnete Ziel, unsere Kunden bei der<br />
digitalen Transformation zu unterstützen und<br />
eine bessere Konnektivität für multinationale<br />
Unternehmen vom Asien-Pazifik-Raum bis nach<br />
Europa bereitzustellen. Wir werden dabei ein<br />
verlässlicher Partner für China und Europa sein.<br />
Liebe Frau Cheng, herzlichen Dank für das Gespräch!<br />
www.chk-de.org
24 Zahlen · Daten · Fakten<br />
China und die EU<br />
– zwei Kraftzentren im Vergleich<br />
Warenhandel <strong>20</strong>19<br />
China – EU : Bruttoinlandsprodukt (BIP)<br />
in Mrd. US-Dollar<br />
<strong>20</strong>00 <strong>20</strong>10 <strong>20</strong>11 <strong>20</strong>12 <strong>20</strong>13 <strong>20</strong>14 <strong>20</strong>15 <strong>20</strong>16 <strong>20</strong>17 <strong>20</strong>18 <strong>20</strong>19<br />
362.779.242.711 €<br />
15.000<br />
10.000<br />
5.000<br />
7,259<br />
14,54<br />
6,087<br />
15,742<br />
7,552<br />
14,636<br />
8,532<br />
15,294 15,633<br />
9,57<br />
10,476<br />
13,547 13,833<br />
11,062 11,233<br />
14,736<br />
12,31<br />
15,932 15,593<br />
13,895 14,343<br />
198.251.003.996 €<br />
Quelle: eurostat <strong>20</strong>19<br />
1,000<br />
1,211<br />
Quelle: worldbank.org<br />
China<br />
Europa<br />
Weltklassepatente – Kooperation treibt Entwicklung an<br />
Das Patentportfolio einer Volkswirtschaft<br />
bildet eine wichtige Grundlage für ihre Innovations-<br />
und damit auch Zukunftsfähigkeit.<br />
„Weltklassepatente“ sind, laut einer<br />
Studie der Bertelsmann Stiftung, bedeutungsvolle<br />
Patente, die in ihren jeweiligen<br />
(Zukunfts-)Technologien weltweit am<br />
wichtigsten sind. Die Studie zeigt, dass Ostasien<br />
hier in riesigen Schritten aufholt: Gerade<br />
Südkorea und China haben in den vergangenen<br />
zehn Jahren in Sachen Patentqualität<br />
einen enormen Sprung nach vorne<br />
gemacht. Gesellschaften werden durch Abschottung<br />
nicht innovativer. Der Austausch<br />
von Ideen helfe allen Staaten, ihre<br />
Innovationskraft zu stärken. Ganz besonders<br />
wichtig sei das für Europa, das viel von der<br />
Dynamik und Stärke in anderen Weltregionen<br />
profitieren kann, so die Autoren.<br />
60%<br />
50%<br />
40%<br />
30%<br />
<strong>20</strong>%<br />
10%<br />
<strong>20</strong>00<br />
<strong>20</strong>02 <strong>20</strong><strong>04</strong> <strong>20</strong>06 <strong>20</strong>08 <strong>20</strong>10 <strong>20</strong>12 <strong>20</strong>14 <strong>20</strong>16 <strong>20</strong>18<br />
Industrie<br />
Mobilität<br />
Umwelt<br />
Ostasien<br />
Europa<br />
Nordamerika<br />
Quelle: Bertelsmann Stiftung<br />
www.chk-de.org
25<br />
Asiatisches Freihandelsabkommen „Regional Comprehensive Economic Partnership“<br />
China<br />
Philippinen<br />
Wahlen in den USA, Corona, Brexit – der Westen<br />
war mit sich selbst beschäftigt. So kam es für<br />
viele sehr überraschend, dass in Asien am 15.<br />
November das größte Freihandelsabkommen der<br />
Welt beschlossen wurde. Während in den deutschen<br />
Medien zuvor eher die Spannungen von<br />
Japan, Südkorea oder Australien mit China im<br />
Fokus standen, schaffen die asiatischen Staaten<br />
jetzt gemeinsam neue verlässliche Lieferketten<br />
und mehr Wohlstand.<br />
Japan Südkorea Vietnam<br />
Brunei<br />
Kambodscha<br />
Neuseeland<br />
Laos Myanmar<br />
Australien Thailand<br />
Malaysia Singapur Indonesien<br />
»Ich begrüße das neue Freihandelsabkommen<br />
der Asien-<br />
Pazifik-Region als wichtigen<br />
Beitrag zu einem freien und<br />
regelbasierten Welthandel.«<br />
Peter Altmaier, Bundeswirtschaftsminister<br />
»Ein Pakt für die Welt. In Asien<br />
entsteht mit der RCEP die wirtschaftlich<br />
größte Freihandelszone<br />
der Erde - ohne die EU und<br />
die USA«<br />
Titel der Süddeutschen Zeitung, 15.11.<strong>20</strong><strong>20</strong><br />
»Auch wenn die Details<br />
noch festgelegt werden<br />
müssen: Die strategische<br />
Bedeutung eines Wirtschaftsraumes,<br />
der die Europäische<br />
Union in einigen<br />
Jahren an Wirtschaftskraft<br />
überholen könnte, ist enorm.<br />
Dies bietet auch Potenziale<br />
für deutsche Unternehmen,<br />
die in dem neuen zu schaffenden<br />
Freihandelsraum<br />
aktiv sind.«<br />
Holger Bingmann, Präsident der International<br />
Chamber of Commerce (ICC)<br />
Germany gegenüber der dpa.<br />
»RCEP wird die wirtschaftliche<br />
und strategische Landkarte<br />
des Indo-Pazifiks neu<br />
zeichnen«<br />
Jeffrey Wilson, Australian Strategic Policy<br />
Institute (ASPI) im SPIEGEL.<br />
F&E-Intensität in China und Europa<br />
Ausgaben in % des Bruttoinlandsprodukts<br />
China<br />
Europa<br />
OECD<br />
3%<br />
2%<br />
1%<br />
<strong>20</strong>00<br />
<strong>20</strong>01<br />
<strong>20</strong>02<br />
<strong>20</strong>03<br />
<strong>20</strong><strong>04</strong><br />
<strong>20</strong>05<br />
<strong>20</strong>06<br />
<strong>20</strong>07<br />
<strong>20</strong>08<br />
<strong>20</strong>09<br />
<strong>20</strong>10<br />
<strong>20</strong>11<br />
<strong>20</strong>12<br />
<strong>20</strong>13<br />
<strong>20</strong>14<br />
<strong>20</strong>15<br />
<strong>20</strong>16<br />
<strong>20</strong>17<br />
<strong>20</strong>18<br />
Quelle: OECD estimates based on OECD Main Science and Technology Indicators Database, August <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
www.chk-de.org
26 Advertorial<br />
Neues aus dem<br />
Beraternetzwerk<br />
Brockhaus & Kollegen arbeitet im starken<br />
Verbund mit der PKS und ISA zusammen<br />
Die international ausgerichtete Anwaltskanzlei ist Ansprechpartner zu aufenthaltsrechtlichen<br />
Themen<br />
RONG Qiang<br />
• Managing Director bei Rhein Pharma Consult<br />
& Lavendy Technologie GmbH<br />
• seit <strong>20</strong>13 Chefrepräsentant der Stadt Foshan<br />
in Deutschland<br />
• seit <strong>20</strong>16 stellv. Generalsekretär der Chinesisch-Deutschen<br />
Industriestädteallianz<br />
Friedhelm Ost<br />
• 1985 Regierungssprecher im Kabinett von<br />
Helmut Kohl/Staatssekretär<br />
• 1990 Bundestagsabgeordneter für den Kreis<br />
Paderborn/Vors. Wirtschaftsausschuss<br />
• seit <strong>20</strong>07 Geschäftsführender Gesellschafter<br />
der PKS GmbH<br />
Claus Brockhaus<br />
• <strong>20</strong>12 2. Staatsexamen OLG Düsseldorf<br />
• <strong>20</strong>12-<strong>20</strong>18 Rechtsanwalt bei ECOVIS Daehnert<br />
Buescher + Kollegen Köln<br />
• seit <strong>20</strong>18 GF Gesellschafter bei Brockhaus<br />
& Kollegen<br />
Lieber Herr Rong, im Jahr <strong>20</strong>16 wurde die Chinesisch-Deutsche<br />
Industriestädteallianz<br />
(ISA) gegründet. Was ist das Ziel von diesem<br />
Bündnis?<br />
Die ISA ist eine Assoziation von leistungsstarken<br />
Industriestandorten, die durch die direkte und<br />
effektive Vernetzung von Unternehmen, Branchen<br />
und Forschungseinrichtungen auf die Förderung<br />
der Zusammenarbeit zwischen China und<br />
Deutschland abzielt. Darin sind momentan <strong>20</strong><br />
deutsche und 27 chinesische Städte eingegliedert.<br />
Die ISA gilt als Kooperationsplattform<br />
für Petrochemie-Unternehmen, sorgt für die<br />
Ausbildung von Industriefachkräften und engagiert<br />
ihre Mitarbeiter in für beide Länder hochwichtigen<br />
Projekten, wie z.B. der Digitalisierung.<br />
Wie ist die Zusammenarbeit von China mit<br />
Deutschland entstanden?<br />
China orientiert sich seit ein paar Jahren<br />
kontinuierlich am wirtschaftlichen Austausch<br />
mit verschiedenen Ländern Eurasiens. Die<br />
Erfolgsaussicht der Zusammenarbeit mit<br />
Deutschland war jedoch immer höher, da die<br />
Wirtschaft der Bundesrepublik ohne Zweifel zu<br />
den stärksten weltweit zählt und dadurch den<br />
potenziellen Investoren mehr Sicherheit bereitet.<br />
Daher steigt die Anzahl der in Deutschland tätigen<br />
chinesischen Unternehmen rasant an. Darüber<br />
hinaus ist die deutsche Wirtschaft, aufgrund<br />
effektiver Maßnahmen der Regierung im<br />
Vergleich zu anderen EU-Ländern, von den negativen<br />
wirtschaftlichen Folgen der Pandemie<br />
weniger betroffen. Ferner bietet Deutschland für<br />
die internationalen Fachkräfte die durch das<br />
neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz eingeführte<br />
beschleunigte Zuwanderungsmöglichkeit.<br />
Wie profitieren die deutschen Städte von der<br />
Zusammenarbeit?<br />
Peking bleibt aus europäischer Sicht ein bedeutsamer<br />
Partner, sowohl wirtschaftlich, denn viele<br />
europäische Länder streben chinesische Investitionen<br />
an, als auch politisch hinsichtlich der<br />
Bewältigung gemeinsamer Herausforderungen,<br />
vor allem bei der Klimapolitik. Deutschland ist<br />
insbesondere auf China als Handels- und Entwicklungspartner<br />
angewiesen. Im Rahmen der<br />
ISA werden einerseits chinesische Investitionen<br />
in verschiedenen deutschen Städten vereinfacht;<br />
in der letzten Zeit werden beispielsweise reichlich<br />
viele Projekte durch chinesisches Kapital fi-<br />
www.chk-de.org
27<br />
nanziert, welches auch zur Schaffung von<br />
Arbeitsplätzen führt. Andererseits werden erhebliche<br />
Geschäftsmöglichkeiten für deutsche<br />
Unternehmen in China eröffnet.<br />
Lieber Herr Ost, die Politik-, Kommunikationsund<br />
Strategieberatung (PKS) betreut die ISA<br />
in Deutschland. Welches sind die Ziele und<br />
die Aufgaben der PKS in Bezug auf die ISA?<br />
Die PKS ist in Deutschland der Ansprechpartner<br />
für alle die ISA betreffenden Fragen und Anliegen<br />
und unterstützt sie dabei, weiterhin wichtige<br />
Brücken für den Austausch zwischen China<br />
und Deutschland zu bauen. Die Pandemie hat<br />
alle Länder vor große Herausforderungen gestellt.<br />
Nur im Multilateralismus, wie er von Präsident<br />
XI Jinping verfolgt wird, können die<br />
stärksten Volkswirtschaften ihre Kraft schnellstmöglich<br />
wiederherstellen. Deshalb setzen wir auf<br />
möglichst offene Märkte und hoffen, dass möglichst<br />
bald das China-EU-Investitionsabkommen<br />
unterzeichnet wird.<br />
Zu den Prioritäten der ISA gehören die persönlichen<br />
Kontakte zwischen deutschen und chinesischen<br />
Städten und Unternehmen. Zur Verwirklichung<br />
dieses Ziels organisiert die ISA Business-Matchmaking-Veranstaltungen<br />
in beiden<br />
Ländern sowie Fachkonferenzen zu speziellen<br />
Themen - zuletzt zum Thema Gesundheit in<br />
Mainz - und bietet deutschen Unternehmen exklusive<br />
Ausstellungsmöglichkeiten auf der „Internet-Plus“-Messe<br />
in Foshan an. Zudem beabsichtigt<br />
die ISA, künftig vermehrt mit digitalen<br />
Veranstaltungen die Vernetzung der Städte und<br />
Unternehmen zu erweitern. Darüber hinaus leitet<br />
die PKS konkrete Kooperationsanfragen deutscher<br />
Unternehmen nach China weiter, die anschließend<br />
an die 27 chinesischen ISA-Mitgliedstädte<br />
übermittelt werden. Dies ist ein effizientes<br />
Verfahren für Unternehmen, bei dem keine<br />
Barrieren bestehen. In den monatlich herausgegebenen<br />
ISA-News werden vor allem die Wirtschaftsförderer<br />
in den deutschen Mitgliedsstädten<br />
über wichtige Entwicklungen und Ereignisse<br />
informiert.<br />
Welche Erfahrungen hat die PKS mit China gemacht?<br />
Es gibt eine beträchtliche Intensivierung der<br />
Wirtschaftskontakte zwischen der Stadt Foshan<br />
und Deutschland aufgrund der zahlreichen Kooperationsmöglichkeiten.<br />
Wie positiv sich die<br />
weltoffene chinesische Stadt wirtschaftlich entwickelt<br />
hat, zeigen unter anderem die Midea<br />
Gruppe und Country Garden. Beide gehören zu<br />
den 500 größten Unternehmen der Welt. Die<br />
Midea Gruppe hat mit ihren Haushaltsgeräten<br />
schon immer großen Erfolg in China gehabt. Nach<br />
ihrer Übernahme von KUKA hat sie aber eine viel<br />
höhere Stufe der Digitalisierung erreicht und sich<br />
zu einem technologisch hochwertigen Unternehmen<br />
entwickelt. Ein weiteres Beispiel einer<br />
solchen positiven Entwicklung ist der Immobilienbereich.<br />
Das Immobilienunternehmen Country<br />
Garden ist zu einem hochmodernen digitalisierten<br />
Unternehmen umgebaut worden. Unsere Erfahrungen<br />
mit den anderen Städten unserer<br />
Industriestädte Allianz sind ebenso sehr positiv.<br />
Wie kann die Perspektive der Zusammenarbeit<br />
von China und Deutschland für die<br />
nächsten Jahre beurteilt werden?<br />
Präsident XI Jinping und Bundeskanzlerin Angela<br />
Merkel haben beim jüngsten EU-China-Gipfel<br />
gemeinsam das Ziel definiert, bis Anfang <strong>20</strong>21<br />
das China-EU-Investitionsschutzabkommen zu<br />
unterzeichnen. Auch dies gibt Anlass zu Optimismus,<br />
denn mit diesem Abkommen würde der Zugang<br />
europäischer Unternehmen zum großen<br />
chinesischen Markt erleichtert und verbessert.<br />
Ob Solar- oder Windenergie, ob Wasserstoff oder<br />
energiesparende Technologien, auf vielen Hightech-Feldern<br />
ergeben sich sehr gute chinesischeuropäische<br />
Kooperationsmöglichkeiten. Gemeinsam<br />
sollten wir auch Impfstoffe und<br />
Medikamente gegen die Pandemie erforschen<br />
und entwickeln. Natürlich müssen dafür faire,<br />
gleiche Wettbewerbsbedingungen für deutsche<br />
und chinesische Unternehmen gelten. Ebenfalls<br />
muss das Prinzip der Reziprozität beachtet werden,<br />
damit beide Seiten das Miteinander als Win-<br />
Win-Situation erleben. Gerade in Zeiten geopolitischer<br />
Veränderungen und Verwerfungen<br />
werden wir gemeinsam mit unseren chinesischen<br />
Freunden alles tun, die ISA als stabile Plattform<br />
zu erhalten und möglichst für vertrauensvolle<br />
Geschäftsbeziehungen auszubauen.<br />
Lieber Herr Brockhaus, Ihre Kanzlei befasst<br />
sich schwerpunktmäßig mit ausländerrechtlichen<br />
Fällen. In welchem Zusammenhang<br />
arbeiten Sie mit PKS und ISA zusammen?<br />
PKS und ISA haben das Ziel, mit ihrem hochwertigen<br />
Netzwerk von Partnern und Beratern<br />
die Wirtschaftsbeziehungen zwischen deutschen<br />
und chinesischen Städten und Unternehmen aufzubauen<br />
und stets zu stärken. Im Rahmen dieser<br />
entstandenen Kooperationen sind wir als<br />
Anwaltskanzlei mit internationaler Ausrichtung<br />
verantwortlich, die aufenthaltsrechtlichen Aspekte<br />
zu begleiten. Um der zunehmenden Fachkräfteproblematik<br />
entgegenzuwirken, sollen verstärkt<br />
in Zukunft Fachkräfte aus dem Ausland,<br />
insbesondere aus China, angeworben werden.<br />
Die Kompetenzen von chinesischen Fachkräften<br />
sind vor allem auch für deutsche Unternehmen<br />
wichtig, die nach China exportieren, um das Verständnis<br />
der erfolgreichen chinesischen Geschäftskultur<br />
zu fördern.<br />
Ist das neu eingeführte Fachkräfteeinwanderungsgesetz<br />
(FEG) aus Ihrer Sicht für<br />
deutsche Arbeitgeber vorteilhaft?<br />
In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass es<br />
vor allem die praktischen Probleme bei der administrativen<br />
Umsetzung im Aufenthaltsrecht<br />
sind, die die Zuwanderung von Fachkräften nach<br />
Deutschland erschweren, teils sogar verhindern<br />
– dem will das FEG entgegenwirken.<br />
Arbeitgeber profitieren in erster Linie von einer<br />
Verfahrensvereinfachung durch die Einführung<br />
des beschleunigten Verfahrens. Dieses bündelt<br />
einerseits die Zuständigkeiten bei den zuständigen<br />
Ausländerbehörden, die das gesamte<br />
Verfahren koordinieren. Andererseits hat sich die<br />
Fristsetzung zur Abgabe einer Zustimmung unter<br />
den beteiligten Behörden verkürzt.<br />
Fachkräfte aus dem Ausland werden zur Fachkräftesicherung<br />
immer unverzichtbarer. Die erleichterte<br />
und beschleunigte Einwanderung von<br />
Fachkräften soll Deutschland jedenfalls zu einem<br />
attraktiven Wirtschaftsstandort machen und<br />
dem bereits deutlich spürbaren Fachkräfteengpass<br />
in einigen Branchen, Berufen und Regionen<br />
entgegenwirken.<br />
www.chk-de.org
28 Services<br />
Neues aus dem<br />
Beraternetzwerk<br />
Gesetzesänderungen <strong>20</strong>21 –<br />
Auf was chinesische Unternehmen<br />
achten müssen<br />
Mit Hilfe ihres Beraternetzwerkes informiert die CHKD regelmäßig über aktuelle Entwicklungen<br />
rund um die Themen Recht, Steuern, Wirtschaftsprüfung etc. Auf diesen<br />
Seiten haben wir einige wichtige Neuerungen zusammengestellt, die auf chinesische<br />
Unternehmen im kommenden Jahr <strong>20</strong>21 zukommen.<br />
Weitere Verschärfung der Investitionskontrollen in<br />
Deutschland und Europa<br />
Seit dem 11. Oktober <strong>20</strong><strong>20</strong> gilt die EU-<br />
Screening-Verordnung („Verordnung (EU)<br />
<strong>20</strong>19/452 des Europäischen Parlaments<br />
und des Rates vom 19. März <strong>20</strong>19). Sobald eine<br />
Regierung eine nationale Investitionsprüfung<br />
durchführt, müssen die anderen EU-Staaten und<br />
die EU-Kommission darüber informiert werden<br />
und können Stellungnahmen abgeben. Trotzdem<br />
können die Mitgliedstaaten weiterhin selbst entscheiden,<br />
ob sie die jeweilige Transaktion genehmigen<br />
möchten. Die EU-Screening-Verordnung<br />
hat Einfluss auf Verfahrensregeln- und<br />
Fristen nach dem Außenwirtschaftsgesetz bzw.<br />
der Außenwirtschaftsverordnung (AWG/AWV),<br />
sodass es auch in Deutschland zu Verzögerungen<br />
bei M&A-Transaktionen kommen kann. Aufgrund<br />
der Corona-Krise und den damit einhergehenden<br />
Befürchtungen, dass europäische Unternehmen<br />
leichtere Übernahmeziele aus dem Ausland und<br />
speziell aus China sind, hat die EU-Kommission<br />
außerdem am 26. März <strong>20</strong><strong>20</strong> Leitlinien zum<br />
Schutz strategisch wichtiger Technologien und<br />
Konzerne (z.B. in den Bereichen Gesundheit, medizinische<br />
Forschung, Biotechnologie und Infrastruktur)<br />
veröffentlicht. Es handelt sich dabei<br />
aber nicht um rechtlich verbindliche Regelungen,<br />
sondern lediglich um Appelle an die EU-Mitgliedstaaten<br />
die bestehenden Mechanismen zu nutzen.<br />
Mitgliedsstaaten ohne Prüfmechanismen<br />
werden dazu aufgefordert entsprechende Instrumente<br />
einzuführen. Vor diesem Hintergrund<br />
hat auch Deutschland seine Investitionskontrolle<br />
weiter verschärft und am 3. Juni <strong>20</strong><strong>20</strong> eine sogenannte<br />
„Corona“-Novelle (15. Novelle der<br />
AWV) erlassen. Seitdem gelten Impfstoff- und<br />
Antibiotikahersteller, Hersteller medizinischer<br />
Schutzausrüstungen sowie Hersteller medizinischer<br />
Güter zur Behandlung hochansteckender<br />
Krankheiten als besonders sicherheitsrelevant.<br />
Außerdem hat Deutschland zum ersten Mal seit<br />
<strong>20</strong>13 eine Änderung des AWG vorgenommen;<br />
war bisher eine „tatsächliche Gefährdung“ der<br />
öffentlichen Ordnung oder Sicherheit für eine<br />
Untersagung einer Akquisition notwendig, so genügt<br />
nun seit dem 17. Juli <strong>20</strong><strong>20</strong> eine „voraussichtliche<br />
Beeinträchtigung“.<br />
Thomas Weidlich und Dr. SHEN Yuan,<br />
Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH<br />
Änderungen beim Verlustabzug<br />
nach Anteilserwerb<br />
bei Kapitalgesellschaften<br />
Kapitalgesellschaften drohte bisher ein<br />
Untergang von steuerlichen Verlustvorträgen,<br />
wenn innerhalb von fünf Jahren<br />
mehr als 25 Prozent der Gesellschaftsanteile auf<br />
einen Erwerber übertragen wurden.<br />
Nachdem das Bundesverfassungsgericht die Regelung<br />
für teilweise verfassungswidrig erklärt hat,<br />
hat der Gesetzgeber die Regelung für Anteilserwerbe<br />
bis einschließlich 50 Prozent gestrichen.<br />
Die steuerlichen Verlustuntergänge gehen somit<br />
nur noch bei Anteilserwerben ab 50 Prozent der<br />
Gesellschaftsanteile vollständig unter.<br />
Weiterhin hat der Gesetzgeber die neue Vorschrift<br />
des § 8d KStG eingeführt. Auf Antrag<br />
werden eigentlich nach § 8c KStG untergehende<br />
steuerliche Verlustvorträge in einen sogenannten<br />
fortführungsgebundenen Verlustvortrag überführt.<br />
Der fortführungsgebundene Verlustvortrag<br />
kann mit zukünftigen Gewinnen der erworbenen<br />
Gesellschaft verrechnet werden solange<br />
kein sogenanntes fortführungsschädliches<br />
Ereignis eintritt. Als fortführungsschädliches<br />
Ereignis sieht der Gesetzgeber insbesondere die<br />
Änderung des Geschäftsbetriebs, die Aufnahme<br />
eines zusätzlichen Geschäftsbetriebes oder die<br />
Einnahme einer Organträgerstellung an.<br />
YANG Han,<br />
Warth & Klein Grant Thornton AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />
Abb.: stevanovicigor, envato<br />
www.chk-de.org
29<br />
Änderungen für Importe von China nach Deutschland<br />
über Webshops (Online-Marktplätze) durch das Jahressteuergesetz<br />
<strong>20</strong><strong>20</strong><br />
Abb.: twenty<strong>20</strong>photos, envato<br />
Bereits zum Jahreswechsel <strong>20</strong>18/<strong>20</strong>19 hat<br />
Deutschland eine Haftungsnorm für den<br />
Handel über Online-Marktplätze eingeführt,<br />
wonach Betreiber von Online-Marktplätzen<br />
in Haftung genommen werden können,<br />
wenn Onlinehändler die Umsatzsteuer für in<br />
Deutschland steuerpflichtige Lieferungen nicht<br />
abgeführt hatten. Durch das Jahressteuergesetz<br />
<strong>20</strong><strong>20</strong> soll diese Regelung weiter verschärft werden.<br />
Ausgehend vom aktuellen Gesetzentwurf soll<br />
diese Regelung am 1. Juli <strong>20</strong>21 in Kraft treten.<br />
Auf der Grundlage der EU-Richtline zum E-Commerce-Paket<br />
wird demnach in bestimmten Fällen<br />
ein Reihengeschäft zwischen dem Onlinehändler<br />
aus dem Drittland (bspw. China), dem Online-<br />
Marktplatz und einem privaten Endkunden in<br />
Deutschland fingiert. Somit wird der Online-<br />
Marktplatz zum direkten Steuerschuldner. Besonders<br />
ist zu beachten, dass nicht nur Verkäufe<br />
über Online-Marktplätze unter den Anwendungsbereich<br />
fallen, sondern auch alle anderen<br />
vergleichbaren elektronischen Vertriebskanäle.<br />
Beispiel: Verkauft ein chinesischer Unternehmer<br />
Waren, die sich in einem Lager in der EU befinden,<br />
an eine Privatperson in Deutschland und<br />
nimmt dabei einen Online-Marktplatz in Anspruch,<br />
so kommt die Neuregelung zur Anwendung.<br />
Gleiches gilt bei Inanspruchnahme<br />
eines elektronischen Marktplatzes auch für den<br />
Direktversand und die Einführung nach Deutschland<br />
aus einem Drittland (z. B. China), wenn der<br />
Sachwert der Waren 150 Euro nicht übersteigt.<br />
In diesen Fällen verlagert die Neuregelung den<br />
Ort der Lieferung (und damit den Ort der Besteuerung)<br />
durch die Annahme einer fiktiven bewegten<br />
Lieferung des Online-Marktplatzes an<br />
den Ort des privaten Endkunden (Regelung zu<br />
Fernverkäufen, vormals Versandhandelsregelung).<br />
Dies gilt unabhängig davon, wer tatsächlich<br />
den Transport der Waren beauftragt.<br />
Durch die Anwendung der Neuregelung wird der<br />
elektronische Marktplatz in diesen Fällen zum<br />
Steuerschuldner.<br />
Daniel Auer und ZHANG Yijiang,<br />
BDO AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />
EuGH: „Schrems II“ – Ende des Datentransfers nach China?<br />
Das „Schrems II“-Urteil des EuGH vom Juli<br />
<strong>20</strong><strong>20</strong> hat vor allem deshalb für Aufsehen<br />
gesorgt, weil damit der Angemessenheitsbeschluss<br />
der Kommission zu dem EU-US-<br />
Datenschutzschild für ungültig erklärt worden<br />
ist.<br />
Daneben hat der EuGH mit seinem Urteil jedoch<br />
auch entschieden, dass bei Fehlen eines Angemessenheitsbeschlusses<br />
der Kommission<br />
personenbezogene Daten in Drittländer zwar auf<br />
Grundlage von Standarddatenschutzklauseln<br />
übertragen werden dürfen, dass bei der Verwendung<br />
solcher Klauseln aber stets gewährleistet<br />
sein muss, dass die Rechte der Personen,<br />
deren Daten so in Drittländer übermittelt werden,<br />
dort ein Schutzniveau genießen, das dem in<br />
der EU durch die DSGVO im Licht der EU-Grundrechte-Charta<br />
garantierten Niveau gleichwertig<br />
ist. Bei der Beurteilung dieser Frage sollen insbesondere<br />
die vertraglichen Regelungen zwischen<br />
dem EU-Datenexporteur und dem in dem<br />
Drittland ansässigen Empfänger berücksichtigt<br />
werden sowie – was einen etwaigen Zugriff der<br />
Behörden im Drittland auf die personenbezogenen<br />
Daten betrifft – die maßgeblichen<br />
Elemente der dortigen Rechtsordnung und die in<br />
Art. 45 Abs. 2 DSGVO genannten Aspekte, also<br />
diejenigen Anforderungen, welche auch die Kommission<br />
vor dem Erlass eines Angemessenheitsbeschlusses<br />
zu prüfen hat.<br />
Mit anderen Worten: Der EuGH nimmt den EU-<br />
Datenexporteur und den ausländischen Datenempfänger<br />
bei der Verwendung von Standarddatenschutzklauseln<br />
voll in die Verantwortung<br />
für einen rechtskonformen Datentransfer und<br />
erlegt beiden die eigentlich der Kommission obliegende<br />
Aufgabe auf, für Drittländer Angemessenheitsprüfungen<br />
durchzuführen. Dies setzt<br />
eine eingehende Kenntnis der im jeweiligen Drittland<br />
geltenden Datenschutzstandards voraus.<br />
Anders als beim Empfänger, der selbst im Drittland<br />
ansässig ist, wird man eine solche Kenntnis<br />
beim Datenexporteur kaum erwarten dürfen. Er<br />
muss daher auf den Empfänger im Drittland vertrauen.<br />
Und da Datenschutzverstöße des Empfängers<br />
nach europäischem Recht (auch) dem<br />
Datenexporteur zuzurechnen sind, erhöht sich<br />
damit dessen Haftungsrisiko erheblich.<br />
Die Entscheidung des EuGH ist auch ein politisches<br />
Statement in einem datenschutzrechtlichen<br />
„Handelskrieg“. Sie zwingt alle grenzüberschreitend<br />
tätigen Unternehmen zum Handeln.<br />
Denn das Urteil betrifft nicht nur Datentransfers<br />
in die USA, sondern hat unmittelbare Auswirkungen<br />
auf Drittstaatenübermittlungen weltweit<br />
und veranlasst so zu raschen strategischen<br />
und rechtlichen Entscheidungen.<br />
Dr. Gunnar Sachs,<br />
Clifford Chance Deutschland LLP<br />
Abb.: succo, pixabay<br />
www.chk-de.org
30 Community<br />
Abb.: pixel-liebe, Wikimedia<br />
Kulturhauptstadt <strong>20</strong>25 Chemnitz<br />
Chemnitz ist Europas Kulturhauptstadt <strong>20</strong>25 – die Karl-Marx-Stadt konnte sich gegen Hannover, Hildesheim, Nürnberg und Magdeburg durchsetzen.<br />
In Kategorien wie Kulturstrategie, Künstlerisches und Kulturprogramm, die europäische Dimension oder auch wie man Bevölkerung und<br />
Zielgruppen einbindet, hatte Chemnitz mit seiner Bewerbung für die Jury die Nase vorn. Die Kulturhauptstadt Europas ist ein Titel, der jährlich<br />
von der Europäischen Union vergeben wird. Die Benennung soll dazu beitragen, den Reichtum, die Vielfalt und die Gemeinsamkeiten des kulturellen<br />
Erbes in Europa herauszustellen und ein besseres Verständnis der Bürger Europas füreinander zu ermöglichen. Für Chemnitz bedeutet das neben dem<br />
Imagegewinn eine finanzielle Förderung: der Freistaat Sachsen hat <strong>20</strong> Millionen Euro zugesichert, um die verschiedenen Projekte umzusetzen.<br />
Abb.: Ernesto Uhlmann, chemnitz<strong>20</strong>25<br />
Das kulturelle Konzept, mit dem Chemnitz punkten<br />
konnte, besteht aus zahlreichen Projekten<br />
– die Realisierung wird weit vor dem Jahr <strong>20</strong>25<br />
beginnen.<br />
In einem Kulturprojekt sollen beispielsweise<br />
3.000 Garagen in der Region und ganz Europa<br />
öffnen. Dabei geht es zum einen um Fundstücke,<br />
die in den Garagen verborgen sind, und zum anderen<br />
um die kreative Umnutzung.<br />
Für die „Parade der Apfelbäume“ sollen 4.000<br />
Apfelbäume von 2.000 verschiedenen Sorten quer<br />
durch ganz Chemnitz gepflanzt werden. Jeder<br />
einzelne Baum soll von einer Patin oder einem<br />
Paten gesponsert und gepflegt werden, der dort<br />
auch internationale Gäste empfängt und Gastgeber<br />
oder Gastgeberin für kulturelle Events wird.<br />
Die Kunstsammlungen Chemnitz widmen von<br />
<strong>20</strong>22 bis <strong>20</strong>25 Autodidakten und Autodidaktinnen<br />
eine große Ausstellungsserie: von<br />
Frida Kahlo über Henry van de Velde bis Edvard<br />
Munch. In allen drei Ausstellungen soll mit<br />
Künstlicher Intelligenz experimentiert werden.<br />
Geplant ist auch die Europäische Friedensfahrt<br />
– das berühmteste Amateur-Radrennen des Ostens<br />
kommt zurück und feiert die Fahrradsport-<br />
Begeisterung der Region. Das Rennen startet 80<br />
Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges<br />
in Pilsen (Europäische Kulturhauptstadt <strong>20</strong>15),<br />
passiert den Korridor, in dem 1945 die amerikanischen<br />
auf die sowjetischen Truppen trafen und<br />
endet nach zwei Tagen und 170 Kilometern in<br />
Chemnitz. Entlang der Strecke soll es ein breites<br />
Kulturprogramm geben.<br />
Weitere Informationen zur Europäischen Kulturhauptstadt<br />
<strong>20</strong>25 unter<br />
www.chemnitz<strong>20</strong>25.de<br />
www.chk-de.org
31<br />
UNESCO-Weltkulturerbe<br />
und Winterspaß im Harz<br />
Kaiserstadt Goslar bietet Stadterlebnis und Skiurlaub<br />
Goslar, die tausendjährige Kaiserstadt am<br />
Harz, lädt ein zu einer erlebnisreichen<br />
Zeitreise vom Mittelalter bis in die Gegenwart.<br />
Wo einst Kaiser und Könige regierten finden<br />
Besucher heute eine lebhafte Stadt mit malerischen<br />
Gassen und Plätzen zum Bummeln,<br />
Verweilen, Shoppen, Genießen und Entspannen.<br />
Gerade auch bei chinesischen Gästen ist die<br />
Kaiserstadt beliebt – wo sonst in Deutschland<br />
kann man derart eintauchen in längst vergangene<br />
Jahrhunderte?<br />
Dank der mehr als 1.500 Fachwerkhäusern aus<br />
unterschiedlichen Epochen, die sich im Altstadtkern<br />
innerhalb der früheren Stadtmauer befinden,<br />
wurde die Altstadt Goslars zum UNESCO-<br />
Weltkulturerbe ernannt. Neben imposanten Bauwerken,<br />
Kirchen und Fachwerkhäusern finden<br />
sich Objekte zeitgenössischer Künstler aus der<br />
ganzen Welt. Historische Gebäude, wie das<br />
Große Heilige Kreuz, bieten heute Kunsthandwerkern<br />
Raum für kreative Arbeiten. Das<br />
Erzbergwerk Rammelsberg, seit 1988 stillgelegt,<br />
zeigt als Museum und Besucherbergwerk die bedeutungsvolle<br />
Tradition des Bergbaus in Goslar<br />
und im Harz. <strong>20</strong>10 wurde zudem die Oberharzer<br />
Wasserwirtschaft – ein weltweit einzigartiges<br />
Teich- und Grabensystem zur Energiegewinnung<br />
durch Wasserkraft – ergänzend zum Rammelsberg<br />
und zur Altstadt Goslar in die Liste des<br />
Weltkulturerbes aufgenommen.<br />
Durch die landschaftlich schöne Lage im Harz<br />
lässt sich das Stadterlebnis Goslar auch mit Ski-<br />
& Wintervergnügen verbinden. Das Skigebiet<br />
Hahnenklee-Bockswiese bietet Erlebnisse für<br />
Rodler, Ski- und Snowboardfahrer, Spaziergänger<br />
und Skianfänger. Mit der nostalgischen Kabinenbahn<br />
geht es vom Kurort Hahnenklee auf den<br />
Bocksberg. Dort ist das Ski- und Rodelparadies<br />
Böckchen mit Zauberteppich, vier weiteren Skipisten<br />
von leicht bis schwer, die gemütliche<br />
Bocksberghütte und der spannende Bocksbergbob.<br />
Schlittenfahrer können auf dem Böckchen<br />
oder auf der Winterrodelbahn rodeln – sogar<br />
Nachtrodeln ist hier möglich. Sollte der Schnee<br />
einmal nicht ausreichen, dann wird auf dem<br />
Böckchen und auf der 1,5 km langen Familienabfahrt<br />
(ab einer Temperatur von -3 °C) mit<br />
Schneekanonen nachgeholfen.<br />
www.chk-de.org
32 Community<br />
Abb.: bialasiewicz, envato | agentur von b.<br />
Virtuelle<br />
Blitzturniere<br />
Die Schachwelt sucht einen<br />
Weg ins Internet<br />
Corona verändert den Sport – während Teile<br />
der Sportwelt zum völligen Stillstand<br />
kamen, haben die Schachspieler das Medium<br />
gewechselt. Statt am Brett heißt es nun<br />
online Schach, Patt und Matt! Die Mannschaftskämpfe<br />
von Bundesliga bis Kreisklasse mussten<br />
<strong>20</strong><strong>20</strong> unterbrochen werden, da beim Schach der<br />
Mindestabstand nicht eingehalten wird.<br />
Stattdessen schießen Internetturniere wie Pilze<br />
aus dem Boden. Millionen Partien werden Tag<br />
für Tag auf den größten Schach-Servern Lichess<br />
und Chess.com gespielt. Die Weltklasse hat auch<br />
online einen dichten Turnierkalender, angeführt<br />
von der Magnus Carlsen Chess Tour des Weltmeisters<br />
auf der Hamburger Plattform chess24.<br />
Weil die Schach-Olympiade wegen der Corona-<br />
Krise frühestens im Sommer <strong>20</strong>21 am Brett<br />
stattfinden kann, trug der Weltschachbund Fide<br />
in diesem Jahr einen Nationenwettbewerb im<br />
Internet aus.<br />
Der Deutsche Schachbund rief die Deutsche<br />
Internet-Amateurmeisterschaft (DISAM) ins<br />
Leben, die schon im April dieses Jahres ihre Premiere<br />
feierte. Weit über 300 Mitglieder des<br />
Deutschen Schachbundes haben sich dafür angemeldet.<br />
Und schon nach fünf Tagen und 40<br />
Runden Blitzschach standen die Meister fest.<br />
Bei Internetturnieren wird in der Regel Blitzschach<br />
mit einer Bedenkzeit von drei bis fünf<br />
Minuten pro Partie gespielt. Bei längerer Spielzeit<br />
hätten die Spieler Zeit, nach guten Eröffnungszügen<br />
zu suchen oder die Züge von<br />
einem Schach-Computer berechnen zu lassen.<br />
Auch Schachunterricht ist online gefragter denn<br />
je. Trainer aus ganz Deutschland bedienen eine<br />
rasch wachsende Kundschaft auf Youtube und<br />
Twitch. Auf dem durch Videospiele groß gewordenen<br />
Streamingdienst, Twitch, behaupten<br />
sich neuerdings auch Kanäle, die sich dem 1.500<br />
Jahre alten Brettspiel verschrieben haben.<br />
Corona wird das Schachspiel auf jeden Fall verändern<br />
– die Zukunft des organisierten Schachs<br />
könnte in einer Kombination von Brett und online<br />
bestehen. Ein Problem ist allerdings noch nicht<br />
gelöst: Bislang gibt es im Online-Schach kein<br />
Verfahren, das Betrug sicher verhindern kann.<br />
Bei einem Schachturnier wacht ein Schiedsrichter<br />
über die Einhaltung der Regeln. Den gibt<br />
es nicht, wenn sich die beiden Spieler nicht im<br />
selben Raum gegenübersitzen.<br />
www.chk-de.org
Kassenwahlrecht ab <strong>20</strong>21: Wechsel der<br />
Krankenkasse wird vereinfacht<br />
Die Techniker Krankenkasse (TK) ist offizieller Gesundheitspartner der Chinesischen<br />
Handelskammer in Deutschland (CHKD). In der aktuellen Ausgabe des <strong>CONNECT</strong><br />
<strong>Magazin</strong>s informiert die TK über das neue Kassenwahlrecht <strong>20</strong>21 und damit einhergehende<br />
Vereinfachungen für den Wechsel zu einer neuen Krankenkasse sowie über<br />
weitere wichtige Neuerungen, die Unternehmen und deren Mitarbeiter wissen sollten.<br />
Mitgliedsbescheinigung für den Arbeitgeber<br />
elektronisch<br />
Mitgliedsbescheinigungen aus Papier haben ab<br />
<strong>20</strong>21 ausgedient: Beschäftigte teilen dem neuen<br />
Arbeitgeber ihre Krankenkasse formlos mit. Der<br />
Arbeitgeber meldet den Beschäftigten bei der<br />
neuen Krankenkasse per Arbeitgeber-Meldeverfahren<br />
an. Die Bestätigung der Mitgliedschaft<br />
erhält er dann elektronisch zurück. Die Papierbescheinigung<br />
entfällt komplett.<br />
maximal 14 Tage nach Beschäftigungsbeginn<br />
eine neue Kasse wählen - ohne Einhaltung der<br />
Bindungsfrist. Das gilt auch bei einem Arbeitgeberwechsel<br />
oder beim Wechsel von einem versicherungspflichtigen<br />
Status in einen anderen,<br />
zum Beispiel wenn die Versicherungspflicht bei<br />
Überschreiten der Jahresarbeitsentgeltgrenze<br />
(JAEG) am Jahresende in eine freiwillige Versicherung<br />
geändert wird.<br />
Wechsel der Krankenkasse vereinfacht<br />
einen Arbeitgeberwechsel - und entscheidet er<br />
sich dafür, bei seiner bisherigen Krankenkasse zu<br />
bleiben, löst dies keine erneute Bindungsfrist bei<br />
seiner Krankenkasse aus.<br />
Weitere Infos finden Sie unter<br />
https://www.tk.de/firmenkunden/service/fachthemen/jahreswechsel/kassenwahlrechtab-<strong>20</strong>21-<strong>20</strong>92950.<br />
Abb.: Tribalium/shutterstock<br />
Verkürzte Bindungsfrist<br />
Bisher waren Krankenkassenmitglieder grundsätzlich<br />
für die Dauer von 18 Monaten an ihre<br />
Krankenkasse gebunden. Erst danach war ein regulärer<br />
Wechsel zu einer anderen Kasse möglich.<br />
Ab <strong>20</strong>21 gilt: Wer seine Krankenkasse bei gleichbleibendem<br />
Versicherungsverhältnis wechseln<br />
möchte, kann dies schon nach 12 Monaten tun.<br />
Das Sonderkündigungsrecht bleibt weiter bestehen:<br />
Erhebt eine Kasse erstmalig einen Zusatzbeitrag<br />
oder erhöht sie ihren kassenindividuellen<br />
Zusatzbeitragssatz, ist auch ein Wechsel ohne<br />
Einhaltung der Bindungsfrist möglich.<br />
Keine Bindungsfrist bei Arbeitgeberwechsel<br />
Mit der Aufnahme einer neuen versicherungspflichtigen<br />
Beschäftigung kann das Mitglied bis<br />
Ab <strong>20</strong>21 wird der Wechsel zu einer neuen<br />
Krankenkasse einfacher: Wechselwillige füllen<br />
einfach einen Neuaufnahmeantrag bei der<br />
Krankenkasse ihrer Wahl aus. Eine Kündigung<br />
bei ihrer bisherigen Kasse ist nicht mehr nötig,<br />
denn darum kümmert sich die neue Kasse. Wichtig:<br />
Die Kündigungsfrist von zwei Monaten zum<br />
Monatsende bei einer durchgängigen Beschäftigung<br />
gilt weiterhin. Der Versicherte erhält<br />
außerdem keine Kündigungsbestätigung mehr<br />
von seiner bisherigen Kasse.<br />
Beschäftigte müssen ihre Arbeitgeber nur noch<br />
formlos über die neue Kasse informieren.<br />
Keine erneute Bindungsfrist bei Wahl der<br />
gleichen Krankenkasse<br />
Entsteht bei einem Beschäftigten das Recht, sofort<br />
die Kasse zu wechseln - beispielsweise durch<br />
Jetzt zur Techniker<br />
Krankenkasse<br />
wechseln!<br />
Scannen Sie den QR-Code und informieren<br />
Sie sich über die Vorteile einer TK-<br />
Mitgliedschaft.<br />
Mehr unter www.tk.de
34 Community<br />
Auf Wasser und Land – in China und<br />
Deutschland<br />
Ein Tag im Leben von<br />
Amy Pan<br />
CEO & Board Director, Dornier Seawings<br />
Amphibienflugzeuge können sowohl vom Wasser als<br />
auch vom Land aus operieren. Die Eigenschaft, sich an<br />
verschiedene Begebenheiten anpassen zu können, benötigt<br />
auch Amy Pan. Sie ist CEO des chinesisch-deutschen<br />
Joint Ventures Dornier Seawings. Das Unternehmen<br />
– ein Zusammenschluss zweier chinesischer<br />
Staatsunternehmen aus Wuxi und der Dornier-Familie<br />
– feierte am 28. März <strong>20</strong><strong>20</strong> den Jungfernflug des Prototyps<br />
SN1003, einer neuen Generation des Amphibienflugzeugs<br />
Dornier Seastar. Ein Meilenstein nicht nur für<br />
das Unternehmen, der durch das Zusammenspiel der<br />
Teams aus China und Deutschland erreicht werden<br />
konnte, sondern auch für Amy Pan.<br />
»Die größte<br />
Herausforderung<br />
für mich besteht<br />
darin, eine Vision<br />
zu kreieren<br />
und durch die<br />
strategische Umsetzung,<br />
diese<br />
Vision Wirklichkeit<br />
werden zu<br />
lassen.«<br />
Amy Pan<br />
Bevor Amy Pan nach Deutschland kam, studierte sie deutsche<br />
Literatur und internationale Finanzen an der Universität<br />
Nanjing. Nach dem Abschluss arbeitete sie bei der<br />
Baosteel Gruppe als Übersetzerin und im Management für<br />
internationale Angelegenheiten. Nachdem sie <strong>20</strong>10 bei der<br />
Wuxi Industry Development Group Co. einstieg, wurde sie<br />
<strong>20</strong>14 bei dem ein Jahr zuvor gegründeten Joint Venture<br />
Dornier Seawings eingestellt und war für vorbereitende<br />
Arbeiten sowie die Kommunikation und Koordination mit<br />
den deutschen Anteilseignern und dem Management vor<br />
Ort verantwortlich. <strong>20</strong>17 ging es für Pan schließlich langfristig<br />
als CEO nach Deutschland.<br />
Drei Jahre später, im März <strong>20</strong><strong>20</strong>, absolvierte die Seastar,<br />
die in der Tradition der Amphibienflugzeuge der Dornier-<br />
Familie steht, seinen Jungfernflug auf dem Flughafen Oberpfaffenhofen<br />
bei München. Doch der Weg dahin war lang,<br />
in jedem erfolgreichen Projekt steckt viel Mühe und Kraft.<br />
Amy Pan berichtet: „Die größte Herausforderung ist die<br />
Teamentwicklung, insbesondere das lokale deutsche Team,<br />
das das Rückgrat unseres Projekts bildet, durchläuft einen<br />
ständigen Lernprozess. Natürlich muss nicht nur die Teamkompetenz<br />
Schritt für Schritt aufgebaut werden, das gleiche<br />
gilt auch für Organisation und Prozesse.“<br />
Kommunizieren, vertrauen, authentisch bleiben<br />
Ein chinesisch-deutsches Team zu führen, ist nicht einfach.<br />
In den drei Jahren der Zusammenarbeit ist Amy Pan auf<br />
viele Herausforderungen und Konflikte gestoßen. Es gab<br />
Abb.: GDornier Seawings GmbH<br />
www.chk-de.org
35<br />
Zweifel, Frustration und Enttäuschungen. Pan<br />
sagt dazu: „Die größte Herausforderung für mich<br />
besteht darin, eine Vision zu kreieren und durch<br />
die strategische Umsetzung, diese Vision Wirklichkeit<br />
werden zu lassen.“ Dabei sei es für sie<br />
besonders wichtig, sich in alle Mitwirkenden<br />
hineinzuversetzen und Kommunikationsstrategien<br />
zu entwickeln, die alle erreichen. Gleiche<br />
Gedanken, gegenseitiges Vertrauen und der<br />
gegenseitige Respekt waren und sind für Amy<br />
Pan die Grundlagen, um ein gesundes, erfolgreiches<br />
Team zu bilden und zu führen. „Wenn<br />
man Kommunikation, Vertrauen und Aufrichtigkeit<br />
eine hohe Bedeutung beimisst, lässt das jegliche<br />
kommunikativen und kulturellen Hindernisse<br />
hinter sich“, sagt Pan.<br />
Amy Pans Credo während der Arbeit ist es, „authentisch<br />
zu sein und zu bleiben“. Denn wenn<br />
Der Jungfernflug des ersten Prototyps war daher<br />
nicht nur ein großer Erfolg für Dornier Seawings,<br />
sondern auch für Amy Pan. Trotz vielen Hochs<br />
und Tiefs gewann sie das Vertrauen und die<br />
Unterstützung des Teams. Gleichzeitig stellte sie<br />
fest, „dass das Team einen Wandel von Zweifel<br />
zu Selbstvertrauen, von Konfrontation zu Vertrauen<br />
durchlaufen hat und es in vielerlei Hinsicht<br />
einfacher wurde, einen Konsens zu erzielen.“<br />
Zwei Länder, zwei Teams mit Stärken und<br />
Schwächen<br />
Amy Pan ist nicht nur für Dornier Seawings in<br />
Deutschland zuständig, zu dem internationalen<br />
Team gehört auch die Joint-Venture-Zentrale in<br />
Wuxi. Durch ihre Erfahrungen in beiden Ländern<br />
besitzt sie ein gutes Verständnis für Stärken und<br />
vom Plan zulassen zu wollen. Es gehe darum,<br />
Gewohnheiten und Traditionen beizubehalten,<br />
wobei hier und da eine stärkere Trial-and-Error-<br />
Mentalität förderlich wäre.<br />
Nichtsdestotrotz habe das deutsche Team in<br />
Bezug auf die technische Innovation nach wie<br />
vor einen Vorsprung, weshalb die Chinesen auch<br />
noch vieles von den Deutschen in Bezug auf Praxis<br />
und Problemlösung abschauen können. Das<br />
gelte laut Amy Pan jedoch für beide Seiten:<br />
„Letztlich haben beide Teams ihre eigenen Charakteristika<br />
und Stärken. Die Integration und der<br />
Aufbau eines internationalen Expertenteams für<br />
die Luftfahrttechnologie stehen im Mittelpunkt<br />
der Talentstrategie von Dornier Seawings.“<br />
Abseits der Abstimmung mit dem Team in China<br />
und dem Arbeitsalltag in Deutschland trifft sich<br />
jemand damit aufhöre, Dinge zu hinterfragen,<br />
dann glaube sie nicht, dass es sich lohnt, das<br />
alles durchzumachen. „Wir sprechen oft von der<br />
Herausforderung des interkulturellen Managements“,<br />
sagt Pan. Sie selber setze aber vielmehr<br />
auf die Fähigkeiten von jedem einzelnen Team-<br />
Mitglied. „Menschliche Schwächen sind schwieriger<br />
zu überwinden als interkulturelle.“ Als<br />
Führungskraft gehe es im Kern immer noch<br />
darum, den eigenen Einfluss auszubauen und das<br />
Denken und Handeln des Teams auf einen gemeinsamen<br />
Nenner zu bringen. Dabei, so ist Pan<br />
der festen Überzeugung, könne man ohne authentisch<br />
und aufrichtig zu sein sowie den eigenen<br />
Worten Taten folgen zu lassen, nicht von<br />
Führungs- und Einflusskraft sprechen.<br />
Schwächen auf beiden Seiten. „Die Stärken des<br />
chinesischen Teams sind die Akzeptanz von kurzfristigen<br />
Änderungen und die Flexibilität. Das<br />
deutsche Team hat seine Stärken im Krisenmanagement<br />
und dem Festhalten an gewohnten<br />
Arbeitsabläufen.“<br />
Die Teams unterscheiden sich stark in ihrer<br />
Arbeitsweise, meint Pan. So gehe es im chinesischen<br />
Team schnell voran, wobei Fehler unweigerlich<br />
passieren. Doch die Fähigkeit, aus<br />
Fehlern zu lernen sei stark. Man sei gut darin,<br />
effizient zu arbeiten und habe einen immanenten<br />
Drang, Strategien anzupassen und besser zu<br />
werden. Das deutsche Team hingegen sei es gewohnt<br />
von einem festen Fundament zu operieren,<br />
Dinge festzulegen und keine Abweichungen<br />
Amy Pan gerne mit Freunden und geht mit ihren<br />
Kindern spazieren. Auch ein Besuch auf Flohund<br />
Wochenmärkten darf nicht fehlen. „Ich empfehle<br />
Freunden und Kollegen aus China gerne<br />
deutschen Kräutertee mit Lavendel, Rosmarin,<br />
Zitronengras und Pfefferminze. Der hilft, den<br />
Geist zu entspannen und zu beruhigen.“<br />
Dies wird Amy Pan auch bei zukünftigen Herausforderungen<br />
helfen. Im nächsten Jahr sollen<br />
Konstruktion, Endmontage und der Jungfernflug<br />
eines weiteren Prototyps abgeschlossen sein. Der<br />
nächste Meilenstein für das chinesisch-deutsche<br />
Joint Venture, die rund 180 Mitarbeiter in<br />
Deutschland und 80 Mitarbeiter in China – und<br />
für Amy Pan.<br />
www.chk-de.org
36 Gastkommentar<br />
Die Potenziale der deutsch-chinesischen<br />
Zusammenarbeit nutzen<br />
Die Potenziale zur Zusammenarbeit auszuloten, das Bewusstsein für die Notwendigkeit für mehr China-Kompetenz in Deutschland zu schaffen, als<br />
unabhängiges Dialogforum gemeinsame Herausforderungen aus unterschiedlichen Perspektiven zu beleuchten, Menschen zusammenzubringen<br />
sowie verlässliche Gesprächskanäle zu Entscheidern im politischen und wirtschaftlichen Bereich zu etablieren, hat sich die China—Brücke e.V.,<br />
die vor knapp einem Jahr in Berlin gegründet wurde, zur Aufgabe gemacht. Auch wenn Corona den Start erschwert hat, hat sich der Verein<br />
inzwischen zu einem Zusammenschluss von interessanten Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Wissenschaft entwickelt.<br />
In unterschiedlichen Arbeitskreisen geht es um Wirtschaft,<br />
Gesundheit, Kultur, Finanzpolitik, Digitalisierung,<br />
Hochschul-, Bildungs- oder Außenpolitik. Zunächst<br />
werden in allen Themenbereichen die deutsche<br />
und europäische Positionierung erörtert, um in einem<br />
zweiten Schritt in den Austausch und die unmittelbare<br />
Kommunikation mit chinesischen Ansprechpartnern zu<br />
kommen. Insbesondere die Themen Künstliche Intelligenz,<br />
Industrie 4.0, aber auch die Rolle des Internets bei der<br />
Pandemie-Bekämpfung haben bereits erste interessante<br />
deutsch-chinesische Gesprächsrunden hervorgebracht.<br />
Geradezu beispielhaft dafür ist der gesamte Bereich der<br />
deutschen Gesundheitswirtschaft, für die sich im chinesischen<br />
Markt und in der Kooperation mit chinesischen<br />
Partnern großartige Chancen bieten. Die wirtschaftliche<br />
und gesellschaftliche Entwicklung Chinas, aber auch strategische<br />
Entscheidungen der chinesischen Regierung werden<br />
den chinesischen Gesundheitsmarkt mit rasanter Geschwindigkeit<br />
wachsen lassen. Das jüngste Positionspapier<br />
des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) und<br />
der German Health Allianz (GHA) macht drei Megatrends<br />
aus, die diese Entwicklung befeuern: Erstens die alternde<br />
Bevölkerung, die sowohl bei der Gesundheitsversorgung,<br />
wie auch im Bereich der Prävention und der Pflege zu einer<br />
steigenden Nachfrage führt. Zweitens die Digitalisierung,<br />
die einen Quantensprung für alle Bereiche von der Diagnose<br />
bis zur Therapie und der Rehabilitation, aber vor allem<br />
auch der Organisation des Gesundheitswesens bedeutet.<br />
Und drittens die immer größer werdende Mittelschicht,<br />
die eine gesteigerte Nachfrage nach Gesundheitsleistungen<br />
auch aufgrund einer höheren Krankenversicherungsabdeckung<br />
mit sich bringt. Für die deutschen und europäischen<br />
Unternehmen eröffnen sich damit große Möglichkeiten,<br />
deren Nutzung durch klare Strategien in der deutschen<br />
und europäischen Forschungs-, aber vor allem auch<br />
der Wirtschaftspolitik flankiert werden müssen. Der für<br />
<strong>20</strong>30 auf 2,4 Milliarden Dollar geschätzte chinesische<br />
Gesundheitsmarkt kann zum Job-Motor für die deutsche<br />
Wirtschaft werden, die in allen Bereichen der Gesundheitswirtschaft<br />
bestens aufgestellt ist. Der Dialog über den<br />
Marktzugang und die dazu notwendige Beseitigung von<br />
Handels- und Investitionshemmnissen muss auf europäischer<br />
Ebene vehement vorangetrieben werden.<br />
Neben der gemeinsamen Verantwortung der EU und Chinas<br />
für die großen globalen Herausforderungen der<br />
Menschheit muss sich der deutsche Blick vor allem auf die<br />
immer bedeutsamer werdenden Wirtschaftsbeziehungen<br />
und die Frage, in welchen Bereichen gerade Deutschland<br />
seine Stärke ausspielen kann, richten.<br />
Dr. Hans-Peter Friedrich,<br />
MdB, ist Vizepräsident des<br />
Deutschen Bundestages und<br />
Bundesminister a. D. und seit<br />
Oktober <strong>20</strong>19 Vorsitzender des<br />
neu gegründeten gemeinnützigen<br />
Vereins China—Brücke<br />
e.V.<br />
Abb.: Henning Schacht<br />
Neben der Gesundheitswirtschaft bleibt auch der Bereich<br />
der Umwelttechnologie ein wachsender und lohnender<br />
Markt für deutsche Technologie. Obwohl China selbst eine<br />
enorme technologische Aufrüstung in diesem Bereich vorweisen<br />
kann, bleiben für ausländische Unternehmen genügend<br />
Marktchancen. Spätestens seit Regierungschef LI<br />
Keqiang <strong>20</strong>14 den „Krieg gegen die Umweltverschmutzung“<br />
ausgerufen hat, ist von der Wasserwirtschaft bis hin zur<br />
Abfallwirtschaft vieles auf den Weg gebracht worden. Von<br />
alternativen Energien bis energetische Wärmedämmung<br />
bietet sich für deutsche Unternehmen ein weiterwachsender<br />
Markt. Auch hier stellt sich die Frage der Marktzugangshürden,<br />
vor allem im Bereich der öffentlichen Beschaffung,<br />
die es zu überwinden gilt. Bei der Frage der Dekarbonisierung<br />
der globalen Wirtschaft spielt China als einer der größten<br />
CO 2<br />
-Emittenten eine zentrale Rolle. Die weltweiten Erfolge<br />
in diesem Bereich sind ohne das Engagement Chinas und<br />
die enge Kooperation mit den internationalen Partnern kaum<br />
denkbar. Allein schon aus diesem Grund muss sich der Blick<br />
im Bereich der Umwelttechnologie und Umweltwirtschaft<br />
auf das Reich der Mitte richten.<br />
Die China—Brücke e.V. will ihren Beitrag dazu leisten, die<br />
Potenziale der deutsch- bzw. europäisch-chinesischen Zusammenarbeit<br />
noch mehr zu verdeutlichen und die damit<br />
verbundenen positiven Impulse für die globale Gesundheit<br />
und den Umwelt- und Klimaschutz ins Bewusstsein zu rücken.<br />
www.chk-de.org
®<br />
nil\<br />
\@)<br />
@<br />
Located in Morfelden<br />
Self-owned property<br />
Directly connected to the main data<br />
centers in Frankfurt and CMI local rings<br />
in Europe<br />
Closely connected with ERMC<br />
I<br />
TEA3<br />
I<br />
TEA4 and SMWS cables, enabling<br />
seamless connection with Asia-Pacific<br />
Europe, the Middle East and Africa<br />
Power<br />
and<br />
Cooling<br />
System<br />
@<br />
Dual power supply<br />
2N Uninterruptible Power Supply (UPS)<br />
Cooling system supported by N+l air-cooled chiller,<br />
N+2 CRAC system and buffer vessels for continuous<br />
cooling support<br />
N+l diesel generator with fuel storage for 48 hours<br />
under full load<br />
Te first data center obtained Uptime Institute<br />
Tier Ill - Tier Certification of Design Documents<br />
(TCDD) in Germany<br />
Serves as the International Network Exchange<br />
Hub and Internet Data Center<br />
Connectivity<br />
· Dual fiber lead-in<br />
and<br />
Security High-standard security control<br />
China Mobile International (Germany) GmbH<br />
'-.. +49 (0)69/2474387-11<br />
111 europe@cmi.chinamobile.com<br />
tfJ Ulmenstralse 37-39 60325 frankfurt am main, Germany<br />
Estimated RFS : <strong>04</strong> <strong>20</strong><strong>20</strong>