procontra Ausgabe 06-2020
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Steile Thesen 2021 | Anlegerpsychologie | Gesundheitsvorsorge | Neue bAV-Garantien | Chancen im Gewerbemarkt | Pleiten bei InsurTechs | Tiny Houses | Typologie von Baufikunden<br />
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FINANZEN<br />
Dezember/Januar <strong>2020</strong>/2021 – D: 4,80 € • I: 6,50 € • E: 6,50 €<br />
Das freie Finanzmagazin<br />
<strong>2020</strong><br />
#<strong>06</strong><br />
#<strong>06</strong> | <strong>2020</strong><br />
Dezember/Januar <strong>2020</strong>/2021<br />
Gesundheitsvorsorge<br />
Wie zum neuen Bewusstsein<br />
passgenau beraten werden kann<br />
Gewerbemarkt<br />
Wie Makler ihren Firmenkunden<br />
durch schwierige Zeiten helfen<br />
InsurTech-Szene<br />
Wie Corona die Krisenfestigkeit<br />
der Start-ups offenlegt
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EDITORIAL<br />
pro statt contra Zugegeben, der Ausblick am Ende eines solchen<br />
Krisenjahres fällt merklich schwerer. Die Ungewissheit, wann wir wieder<br />
Menschen umarmen, Kultur und Gastronomie genießen und uneingeschränkt<br />
reisen dürfen, lähmt irgendwie. Dennoch darf der Mut fürs kommende Jahr<br />
nicht verloren gehen.<br />
Zum Beispiel, weil unser Gesundheitssystem das beste der Welt ist. Weil digitale<br />
Kommunikation keine Frage des Alters mehr ist. Weil aus der Notlage<br />
neue Geschäftsmodelle entstanden sind. Weil ein Impfstoff in einer wahnsinnigen<br />
Geschwindigkeit entwickelt wurde – und das in Deutschland. Weil Firmen<br />
Effizienzpotenziale heben, wenn sie ihre Mitarbeiter für ein Zwei-Stunden-Meeting<br />
nicht mehr auf Reisen schicken, sondern eine Videokonferenz<br />
starten. Es ist zweifelsfrei eine Geduldsprobe und für Künstler, Gastronomen<br />
und Hotelbetreiber eine echte Existenzbedrohung.<br />
In der Retrospektive weiß jeder, welcher Masterplan der bessere Spagat<br />
zwischen Erhalt der Wirtschaft und Eindämmung des Corona-Virus gewesen<br />
wäre. Wer hätte aber ernsthaft mit den Verantwortlichen im Frühjahr dieses<br />
Jahres tauschen wollen? Die Verschwörungstheoretiker und ihre beschränkte<br />
Gefolgschaft ganz sicher nicht.<br />
Die eigenen Befindlichkeiten, im Sinne der Gesellschaft, weiter zurückzustellen<br />
erfordert Geduld und Anstand. Je stärker wir gemeinsam an diesem<br />
Strang ziehen, desto schneller können wir diese Krise bewältigen.<br />
Die <strong>procontra</strong>-Redaktion wünscht Ihnen eine friedliche Weihnachtszeit im<br />
Kreis Ihrer Liebsten. Auch wenn er dieses Jahr etwas kleiner ausfällt.<br />
Bleiben Sie gesund, verantwortungsvoll und rutschen Sie gut ins neue Jahr.<br />
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<strong>2020</strong>!<br />
LIEBE MAKLER, LIEBE LESER,<br />
die <strong>procontra</strong>-Redaktion wünscht Ihnen<br />
eine aufschlussreiche <strong>Ausgabe</strong>.<br />
facebook.com/<strong>procontra</strong><br />
@<strong>procontra</strong>online<br />
chefredakteur@<strong>procontra</strong>-online.de<br />
Matthias Hundt<br />
Chefredakteur<br />
<strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|20
<strong>procontra</strong> Inhaltsverzeichnis<br />
INHALT<br />
16<br />
Steile Thesen 2021<br />
Welche Szenarien im kommenden<br />
Jahr ganz sicher (nicht) eintreten<br />
werden und wovon sie abhängen.<br />
Hartes Gewerbe<br />
Welche Hürden auf Firmenkundenberater<br />
zukommen und wie sie diese<br />
erfolgreich meistern können.<br />
46<br />
Auf geht‘s nach JWD<br />
Wohnimmobilien sind in Metropolen<br />
kaum noch zu stemmen. Die Flucht<br />
aufs Land als Lösung?!<br />
76<br />
66<br />
Erst Gründung, dann Pleite?!<br />
Prominente InsurTechs kamen<br />
in der Krise ins Wanken. Ausnahmen<br />
– oder droht die Pleitewelle<br />
unter den Start-ups?<br />
4 <strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|20
Inhaltsverzeichnis <strong>procontra</strong><br />
PANORAMA<br />
11 Die zweite Welle Dr. Hans-Jörg<br />
Naumer über die Chancen, 2021 zur<br />
Normalität zurückkehren zu können.<br />
INVESTMENTFONDS<br />
16 Steile Thesen<br />
20 Dem Fluchtreflex widerstehen<br />
Panik ist ein schlechter Ratgeber in<br />
Zeiten schwankender Märkte. Wie<br />
die Geschichte hilft, Kunden jetzt zu<br />
beruhigen und Sparziele im Auge zu<br />
behalten.<br />
VERSICHERUNGEN<br />
32 Steile Thesen<br />
40 PKV-Köcher gut gefüllt Das erhöhte<br />
Bewusstsein für Gesundheit<br />
und eine Sonderaktion für Beamte<br />
liefern gute Vorlagen im PKV-Geschäft.<br />
12 Panorama Fakten für Vertrieb<br />
und Stammtisch<br />
14 Leserbriefe<br />
44 Weniger ist mehr Wie eine Absenkung<br />
der Garantien in der betrieblichen<br />
Altersversorgung ganz neue<br />
Möglichkeiten schaffen würde.<br />
Steile Thesen 2021 Stärkere Lobby<br />
für Vermittler? Große Poolschmelze?<br />
DAX bei 15.000? Negative<br />
Bauzinsen? 33 waghalsige Thesen<br />
und ihre Wahrscheinlichkeit fürs<br />
kommende Jahr.<br />
»Wichtig ist,<br />
wie glaubwürdig<br />
Nachhaltigkeits-<br />
Strategien dem Kunden<br />
präsentiert werden.«<br />
ANDREAS RAU<br />
Director Wholesale<br />
(Germany & Austria), BMO Global<br />
22 Fondsgeschäft auch ohne 34f<br />
An Investmentanlagen führt kaum<br />
ein Weg zu einer ausreichenden Altersvorsorge<br />
mehr vorbei. Wie jeder<br />
Vermittler hier beraten kann.<br />
26 Wasser marsch Wasserfonds<br />
können der weltweiten Knappheit<br />
begegen. Doch so manche Werte<br />
verschlimmern die Situation eher.<br />
46 Hartes Gewerbe Der Schutz für<br />
Firmenkunden wird sich verteuern.<br />
Welche Alternativen Vermittler aufzeigen<br />
und wie sie die BSV-Debatte<br />
abfangen und so auch 2021 erfolgreiches<br />
Gewerbegeschäft einfahren<br />
können.<br />
<strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|20<br />
5
<strong>procontra</strong> Inhaltsverzeichnis<br />
BERATER<br />
54 Steile Thesen<br />
60 So ist’s Recht Urteile und Rechtsprechungen,<br />
die Makler kennen<br />
sollten.<br />
62 In der Nische wachsen Fokussierung<br />
als Erfolgsrezept. Welche<br />
Modelle funktionieren und was bei<br />
jeder Spezialisierung zu beachten<br />
ist.<br />
SACHWERTE<br />
70 Steile Thesen<br />
74 »Zum Mitnehmen, bitte!« Tiny<br />
Houses sollen Städter flexibel ins<br />
Grüne bringen. Was bei den Minihäusern<br />
zu beachten ist.<br />
RUBRIKEN<br />
3 Editorial<br />
8 Firmen- und<br />
Personenverzeichnis<br />
8 Impressum<br />
82 Privat gefragt<br />
Steckbrief von Markus Drews,<br />
Managing Director, Canada Life<br />
66 Erst Gründung, dann Pleite?! Die<br />
Corona-Krise brachte bereits zwei<br />
bekannte InsurTechs ins Straucheln.<br />
Wie krisenfest sind die Startups<br />
wirklich?<br />
76 Auf geht‘s nach JWD Die Preisentwicklung<br />
in Großstädten und die<br />
Corona-Pandemie verstärken die<br />
Flucht aufs Land, um die Wohneigentumspreise<br />
noch stemmen zu<br />
können.<br />
»Unsere Branche ist<br />
besser als ihr Ruf.«<br />
MARKUS DREWS<br />
Canada Life<br />
80 Kennste einen, kennste alle! Vier<br />
Kundentypen in der Beratung zur<br />
Baufinanzierung, zu deren unterschiedlichen<br />
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A<br />
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Alte Leipziger....................................................42<br />
Amazon................................................................56<br />
AmexPool............................................................58<br />
Arag.........................................................................40<br />
Artekuranz..........................................................63<br />
ASC..........................................................................58<br />
Assekurata......................................................37 f.<br />
B<br />
Bank 1 Saar..........................................................18<br />
Bank of America..............................................71<br />
Barmenia.............................................................45<br />
Basler.....................................................................48<br />
Bavaria Direkt..................................................34<br />
Bayerische.........................................................35<br />
biallo..........................................................................18<br />
blau direkt.....................................42, 56, 58 f.<br />
BMO............................................................................16<br />
BNP Paribas......................................................26<br />
C<br />
Check24...................................................58, 67 f.<br />
Claimsforce.........................................................67<br />
Clark........................................................................69<br />
Continentale........................................................41<br />
D<br />
Danone................................................................. 27<br />
Debeka.................................................14, 43, 45<br />
Digital+....................................................................67<br />
Dr. Klein.........................................70, 72, 75, 77<br />
DWS...........................................................................17<br />
E<br />
E&P Pensionsmanagement...................15<br />
Earlybird................................................................67<br />
Element..............................................................67 f.<br />
ePension................................................................15<br />
Ergo............................................................................14<br />
Ernst & Young....................................................17<br />
Ethenea..................................................................21<br />
EthikBank............................................................ 75<br />
Europace.........................................................80 f.<br />
F<br />
Ficon.......................................................................24<br />
finleap..........................................................10, 67 f.<br />
Fonds Finanz.......................................... 23, 56<br />
Fondsnet..............................................................58<br />
Funk........................................................................ 47<br />
G<br />
Getsafe..................................................................69<br />
Getsurance............................................... 55, 67<br />
Global-Finanz...................................................24<br />
Golfass Golf-Assecuranz....................63 f.<br />
Gothaer.......................................15, 42, 45, 63<br />
Götte-Gruppe...............................................63 f.<br />
H<br />
HanseMerkur.............................................40 ff.<br />
HDI............................................................................45<br />
Helvetia.................................................................... 11<br />
Heubeck...............................................................45<br />
Hiscox....................................................................63<br />
Holtzbrinck Ventures...................................67<br />
Huk-Coburg.......................................................45<br />
Hypoport......................................................15, 58<br />
I<br />
ING..............................................................................18<br />
insuro.....................................................................42<br />
iShares..................................................................26<br />
J<br />
Joonko......................................................55, 67 f.<br />
Jung, DMS & Cie......................... 23, 56, 59<br />
K<br />
Knip..........................................................................58<br />
KPMG........................................................................17<br />
KV-Werk..................................................... 40, 42<br />
M<br />
Maiestas..............................................................24<br />
Marsh..................................................................... 47<br />
Martens & Prahl.............................................48<br />
Maxpool................................................................56<br />
Morningstar................................................16, 27<br />
N<br />
Neodigital............................................................34<br />
Nestlé..................................................................... 27<br />
Netfonds...................................................... 18, 56<br />
INDEX<br />
P<br />
Pepsico................................................................. 27<br />
Pictet.......................................................................26<br />
Ping An..................................................................56<br />
Prohyp................................................................... 70<br />
Project A................................................................67<br />
PSD Bank............................................................. 75<br />
Q<br />
Qualitypool.........................................................58<br />
Quantron..............................................................34<br />
S<br />
Scope...........................................................27, 71 f.<br />
Sirius Campus................................................. 57<br />
Stuttgarter................................................ 34, 45<br />
T, U<br />
Talanx........................................................... 34, 45<br />
Tesla........................................................................34<br />
UBS............................................................................16<br />
V<br />
V-Bank...................................................................24<br />
V-Check...............................................................24<br />
Veolia...................................................................... 27<br />
Verti............................................................................12<br />
W, Z<br />
W. Fischer............................................................64<br />
Wetterheld..........................................................69<br />
Wifo..........................................................................42<br />
Willis Towers Watson...................................67<br />
Wirecard........................................17, 21, 47, 55<br />
Wirth Rechtsanwälte..................................24<br />
Zurich.....................................................................45<br />
PERSONENVERZEICHNIS<br />
A<br />
Amelang, Mike.................................................36<br />
Aslanidis, Georgios........................................17<br />
B<br />
Bader, Guido......................................................38<br />
Beenken, Matthias.......................................32<br />
Biden, Joe.............................................................. 11<br />
Bohnhorst, Norbert..................................63 f.<br />
Bortenlänger, Christine...............................21<br />
Brodesser, Carsten......................................55<br />
D, E<br />
Dittmar, Sabine................................................36<br />
Dördrechter, Nikolai........................55, 67 ff.<br />
Drewes, Oliver..................................................56<br />
Eschbach, Edgar.............................................15<br />
F<br />
Faber, Christian..................................... 40, 42<br />
Fischer, Matthias...........................................64<br />
G<br />
Gabor, Carolin....................................................67<br />
Gnam, Christian................................55, 67 ff.<br />
Götte, Carl-Michael..................................63 f.<br />
Grabmaier, Sebastian..........23 f., 56, 59<br />
H<br />
Haffner, Jörg.....................................................58<br />
Härtel, André..................................................... 27<br />
Hasberg, André................................................77<br />
Haukje, Thomas..........................................47 f.<br />
Heinz, Michael H................................ 54, 57 f.<br />
Henger, Ralph................................................... 78<br />
Hillegaart, Yorck............................................. 47<br />
Hofmeister, Helmut.....................................41 f.<br />
J, K<br />
Jenssen, Hans-Georg...............................54<br />
Kleinlein, Axel...............................................32 f.<br />
Klüttgens, Michael.........................................67<br />
Knorr, Sonja..................................................... 71 f.<br />
Kostolany, André............................................20<br />
L<br />
Lang, Oliver........................................................59<br />
Larrouturou, Pierre.........................................18<br />
Lichner, André.................................................. 70<br />
M<br />
Masarwah, Ali.................................................. 27<br />
Meissner, Henriette............................ 34, 45<br />
Merkel, Angela....................................... 20, 36<br />
Meyer, Beate.......................................................16<br />
Meyer, Rainald.................................................45<br />
Michaelis, Stephan...................................... 37<br />
Mosch, Sebastian........................................ 78<br />
Müller, Nelson...................................................... 11<br />
N, O<br />
Naumer, Hans-Jörg.................................11, 18<br />
Neumann, Michael...............................70, 72<br />
Neumann, Ulrich............................................63<br />
Niroumand, Ramin................................ 10, 68<br />
Olyanig, Thomas............................................ 47<br />
P, Q<br />
Pack, Hansjörg..................................................17<br />
Pillath, Peter......................................................63<br />
Pradetto, Oliver...................................... 56, 58<br />
Quarles, Randal................................................19<br />
R<br />
Rau, Andreas......................................................16<br />
Reuther, Florian.................................................41<br />
S<br />
Schäfer, Roland..............................................40<br />
Schellack, Julie..............................................48<br />
Schick, Jürgen Michael.......................... 71 f.<br />
Schindler, Alexander...................................23<br />
Schindler, Tanja...............................................74<br />
Schmitt, Christian...........................................21<br />
Scholz, Olaf..........................................................18<br />
Schrehardt, Alexander..............................38<br />
Spahn, Jens.....................................................33<br />
Steinmeyer, Martin............................... 18, 56<br />
T<br />
Tolckmitt, Jens.............................................77 f.<br />
Trump, Donald.................................................... 11<br />
V<br />
von Löbbecke, Fabian................................45<br />
Voss, Stephen.................................................34<br />
W, Z<br />
Wende, Andreas............................................ 73<br />
Wilke, Rainer...................................................... 75<br />
Willi, Christoph.................................................48<br />
Wimmer, Andreas..........................................32<br />
Wirth, Norman....................................23 f., 54<br />
Wittkamp, Dennis.......................................... 37<br />
Ziegenrücker, Bernd....................................63<br />
VERLAG UND REDAKTION<br />
Alsterspree Verlag GmbH<br />
Firmensitz: Großer Burstah 50-52, 20457 Hamburg<br />
Postanschrift: Kurfürstendamm 173 / 174, 10707 Berlin<br />
Telefon: +49 (0 30) 232 56 27 00<br />
Fax: +49 (0)30 232 56 27 49<br />
Web: www.<strong>procontra</strong>-online.de<br />
HERAUSGEBER<br />
Philipp B. Siebert<br />
CHEFREDAKTEUR<br />
Matthias Hundt<br />
ART DIRECTOR<br />
Niels Flender<br />
LAYOUT UND INFOGRAFIK<br />
Sabine Müller<br />
BILDREDAKTION<br />
Roman Kulon, Eleonora Mavromati, Jakob Bettin<br />
LEKTORAT<br />
TextSchleiferei.de<br />
TEXTBEITRÄGE<br />
Mailin Bartknecht, Florian Burghardt, Carla Fritz, Anne<br />
Hünninghaus, Matthias Hundt, Alexandra Jegers, Martin<br />
Lechtape, Dr. Hans-Jörg Naumer, Nina Müller-Peltzer,<br />
Uwe Schmidt-Kasparek, Stefan Terliesner, Martin Thaler<br />
ANZEIGENBERATUNG<br />
Nadin Prüwer<br />
n.pruewer@alsterspree.de<br />
+49 (0)40 6 07 71 29 24<br />
ANZEIGENDISPOSITION<br />
Marcel Berno<br />
m.berno@alsterspree.de<br />
Verlagsgeschäftsführer: Philipp B. Siebert,<br />
Tilman J. Freyenhagen<br />
Verantwortlich für diese <strong>Ausgabe</strong> i. S. d. P.:<br />
Matthias Hundt<br />
IMPRESSUM<br />
DRUCKEREI<br />
Möller Druck und Verlag GmbH<br />
Zeppelinstraße 6<br />
16356 Ahrensfelde OT Blumberg<br />
www.moellerdruck.de<br />
LESERSERVICE<br />
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ABONNEMENT<br />
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© <strong>2020</strong> für alle Beiträge: <strong>procontra</strong>, <strong>procontra</strong> Spezial,<br />
<strong>procontra</strong>Thema, <strong>procontra</strong>-Sonderteile, <strong>procontra</strong>-<br />
Sonderdrucke (im Heft, Beileger, Beihefter). Alle Rechte<br />
vorbehalten. Nachdruck, Aufnahme in Online-Dienste,<br />
Internet und Vervielfältigung auf Datenträger oder<br />
durch andere Verfahren (auch auszugsweise) nur mit<br />
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Hinweis: Den Artikeln, Empfehlungen, Charts, Tabellen<br />
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die Redaktion für verlässlich hält. Trotz sorgfältiger<br />
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gemachten Angaben dienen der Unterrichtung und<br />
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Für Mitglieder der nachfolgend aufgeführten Verbände<br />
ist der Bezugspreis im Mitgliedsbeitrag enthalten:<br />
AfW Bundesverband Finanzdienstleistungen e. V.<br />
Votum Verband Unabhängiger Finanzdienstleistungsunternehmen<br />
in Europa e. V.<br />
Unser Druck ist zu 100 % klimaneutral.<br />
8 <strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|20
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PANORAMA Notiert<br />
PANORAMA<br />
BÖSE VORAHNUNG?!<br />
In der Jahresendausgabe 2019 beleuchtete <strong>procontra</strong><br />
im Beitrag „Medizin statt Placebo“ die langfristigen<br />
Chancen von Investments in die Healthcare-Branche.<br />
Übernahmen von Pharmakonzernen sorgten für heftige<br />
Kurssprünge bei Biotech-Firmen. Die wachsende<br />
Weltbevölkerung und mit ihr die steigenden Gesundheitsausgaben<br />
lieferten weitere Argumente. Auch die<br />
ungewisse Wirtschaftsentwicklung sprach für ein<br />
Investment in die weitestgehend konjunkturunabhängige<br />
Branche.<br />
Zwei Monate später brach Covid-19 über die Welt herein<br />
und sollte der Beitragsempfehlung eine unschöne,<br />
wenngleich renditebringende Kurzfristigkeit verleihen.<br />
Eine Bestätigung, die selbst reine Biotech-Anleger nicht<br />
gebraucht hätten.<br />
»Manchmal gehen<br />
große Wetten<br />
einfach nicht auf.«<br />
Ramin Niroumand ist<br />
Gründer und CEO von<br />
finleap. Wir sprachen mit<br />
ihm und anderen Insidern<br />
für den Artikel „Erst<br />
Gründung, dann Pleite?!“<br />
(ab Seite 66), in dem die<br />
jüngsten Ereignisse und<br />
eine mögliche Pleitewelle<br />
unter den InsurTechs<br />
beleuchtet werden.<br />
RIESTER-<br />
GEBÜHREN DER<br />
SPARKASSE<br />
UNZULÄSSIG<br />
Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg ist erfolgreich vor Gericht<br />
gegen unzulässige Klauseln in Riester-Verträgen vorgegangen.<br />
Zwei Sparkassen haben von Kunden Extragebühren beim Übergang<br />
in die Rentenphase verlangt – zu Unrecht.<br />
Die Klauseln betrafen Riester-Banksparverträge von Kunden der<br />
Sparkasse Kaiserslautern und der Sparkasse Westmünsterland. Außerdem<br />
seien Riester-Sparverträge „VR-Rente Plus“ der Volks- und<br />
Raiffeisenbanken betroffen. Die VZ Baden-Württemberg will gerichtlich<br />
gegen all diese Verträge vorgehen und bietet einen Musterbrief<br />
an, mit dem man sich gegen die zusätzlichen Kosten wehren kann.<br />
10 <strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|20
Notiert PANORAMA<br />
Die zweite Welle<br />
DR. HANS-JÖRG NAUMER<br />
leitet Global Capital Markets & Thematic Research<br />
von Allianz Global Investors<br />
STARKOCH STREITET<br />
MIT HELVETIA<br />
Gastronomen zählen zu den Hauptleidtragenden der Corona-<br />
Krise. Die Einschränkungen machen auch vor einem Starkoch<br />
wie Nelson Müller nicht halt. Er musste seine Restaurants im<br />
ersten Lockdown schließen und verlangte aus seiner Betriebsschließungsversicherung<br />
bei der Helvetia eine Entschädigung<br />
von 360.000 Euro.<br />
Der Versicherer verweigerte die Zahlung, da Covid-19 beim<br />
Abschluss der Police nicht im Infektionsschutzgesetz gelistet<br />
war. Ein Vergleich über 15 Prozent der Summe lehnte Müller ab.<br />
Ob er in höherer Instanz mehr Chancen hat, hängt auch von<br />
der Transparenz der Vertragsklausel ab. Andere Gastronomen<br />
waren hier erfolgreich, da Gerichte die Klauseln für unwirksam<br />
erklärten.<br />
Während die zweite Welle der Corona-Pandemie über die<br />
Welt schwappt – in den USA kann, gemessen an den Neuinfektionen<br />
und Todesfällen, bereits von einer dritten Welle<br />
gesprochen werden –, stellt sich die Frage: Wird 2021 ein<br />
„back to normal“, ein Zurück zur Normalität, bringen?<br />
Im Kampf gegen das Corona-Virus ist dies zu hoffen.<br />
Der Fortschritt bei den entwickelten Impfstoffen macht<br />
Hoffnung. Bei der Konjunktur ist mehr Skepsis angebracht,<br />
zumindest wenn man unter Normalität das Wachstumsniveau<br />
von vor dem Ausbruch versteht. Im Frühjahr des<br />
abgelaufenen Jahres war der Konjunkturpfad bereits<br />
brüchig, und vom weiteren Verlauf ist mehr ein umgekehrtes<br />
Wurzelzeichen (Erholung, aber keine dauerhafte<br />
und sofortige Rückkehr auf das vorherige Niveau) denn<br />
eine v-förmige Erholung zu erwarten. Corona-bedingte<br />
Unsicherheiten bleiben, trotz massiver geldpolitischer und<br />
fiskalischer Gegenmaßnahmen. Und die Geopolitik? Von<br />
dem neuen US-amerikanischen Präsidenten Joe Biden ist<br />
zu erwarten, dass seine Außenpolitik weniger erratisch<br />
ist, aber eine vollständige Abkehr vom Handelskonflikt<br />
ist auch hier nicht zu erwarten. Und während bei Biden<br />
größere Investitionsprogramme anstehen, als dies von<br />
Donald Trump zu erwarten war, müssen sich die Märkte<br />
auf eine Anhebung der Unternehmenssteuern einstellen.<br />
Kein gutes Signal für die ohnehin schon hoch bewerteten<br />
US-Aktienmärkte.<br />
Bei der Geldpolitik auf beiden Seiten des Atlantiks ist eine<br />
Abkehr von der neuen Normalität nicht zu erwarten, und<br />
die lautet: im Zweifel mehr Liquidität. Corona hat dazu<br />
geführt, dass die zweite Welle der finanziellen Repression<br />
angelaufen ist. Der Anlagenotstand wird uns noch länger<br />
begleiten. Für Anleger heißt das: Sachwerte (also Aktien)<br />
sollten auch weiter begünstigt werden, über alle zu erwartende<br />
Volatilität hinweg.<br />
+ 30.000 €<br />
Gender-Pay-Gap? Nicht im DAX! Die Top-Managerinnen<br />
der DAX-Konzerne verdienten 2019<br />
durchschnittlich mehr als ihre männlichen Pendants.<br />
Ihr Jahresschnitt lag mit 2,93 Millionen<br />
Euro rund 30.000 Euro höher. Im MDAX lag der<br />
Mehrverdienst sogar bei 115.000 Euro.<br />
<strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|20<br />
11
PANORAMA Fakten für Vertrieb und Stammtisch<br />
Schöne<br />
Bescherung<br />
ALLEIN, ALLEIN …<br />
Corona zum Trotz: Auch in diesem Jahr wird der überwiegende<br />
Teil der Tarifbeschäftigten (87,4 Prozent) ein<br />
Weihnachtsgeld ausgezahlt bekommen. Durchschnittlich<br />
stehen den Beschäftigten 2.661 Euro brutto für Weihnachtsgeschenke<br />
oder andere Anschaffungen zur Verfügung, im<br />
Westen der Republik fällt das Festtagssalär durchschnittlich<br />
um 181 Euro höher aus. Beschäftigte der Finanz- und Versicherungsbranche<br />
dürfen sich übrigens über Zahlungen von<br />
im Schnitt knapp 4.200 Euro zum Jahresende freuen.<br />
GEFÄHRLICHE LIEFERUNG<br />
Dringende Termine, Übermüdung oder Zeitdruck? Die Gründe<br />
sind unbekannt, doch die Unfallwahrscheinlichkeit ist für<br />
Lieferwagen höher als für normale Pkw. Zu diesem Ergebnis<br />
kommt eine Auswertung von insgesamt 978 Unfallschäden<br />
des Kfz-Direktversicherers Verti: Demnach kam es bei Lieferwagen<br />
durchschnittlich<br />
alle 64.900 gefahrenen<br />
Kilometer zu einem versicherten<br />
Schaden, ein Pkw<br />
legt im Schnitt hingegen<br />
87.200 Kilometer zurück,<br />
bevor es kracht.<br />
Kevin war bekanntlich nur zu Weihnachten allein zu Haus – Millionen<br />
Deutsche sind es das ganze Jahr über. Nach aktuellen Zahlen<br />
des Statistischen Bundesamts lebte mehr als jede fünfte Person<br />
(17,6 Millionen) 2019 in einem Einpersonenhaushalt. Vor allem<br />
jüngere Männer und ältere Frauen teilen sich Wohnung beziehungsweise<br />
Haus mit niemand anderem. Insgesamt leben mehr Frauen<br />
als Männer allein, was unter anderem an der höheren Lebenserwartung<br />
der Frauen liegt.<br />
COMPUTER,<br />
BITTE<br />
ÜBERNEHMEN!<br />
Rund um die Uhr erreichbar, keine Wehwehchen und immer auskunftsbereit:<br />
Immer mehr Unternehmen setzen laut einer Umfrage<br />
des Digitalverbands Bitkom auf Chatbots, um Anfragen von Kunden<br />
und Geschäftspartnern zu beantworten. Mittlerweile antwortet<br />
bereits bei 27 Prozent der Unternehmen der Computer am anderen<br />
Ende der Leitung, weitere 13 Prozent der Unternehmen planen den<br />
Einsatz der intelligenten, selbstlernenden Programme.<br />
BELASTENDE SITUATION DURCH CORONA<br />
Die Corona-Krise trifft Menschen mit Depressionen besonders<br />
stark: Das geht aus dem diesjährigen „Deutschland-Barometer<br />
Depression“ der Stiftung Deutsche Depressionshilfe<br />
hervor. 74 Prozent der depressiven Deutschen empfanden<br />
den Frühjahrs-Lockdown als bedrückend, in der Allgemeinbevölkerung<br />
bejahten dies nur 59 Prozent. Besonders litten die<br />
Menschen dabei unter einer fehlenden Tagesstruktur (75 Prozent)<br />
und Grübeleien (89). Insgesamt sind hierzulande fünf<br />
Millionen Menschen depressiv<br />
erkrankt.<br />
Wichtige Zusatzeinkommen Ehepaaren über 65 Jahren<br />
stehen bundesweit im Durchschnitt 2.907 Euro zur Verfügung – dies besagt der aktuelle Alterssicherungsbericht<br />
der Bundesregierung. Berücksichtigt werden hierbei nicht nur Renten und Pensionen, sondern auch<br />
Einkünfte wie Zinsen und Mieten. Für viele Paare ist dieser Punkt mittlerweile ein entscheidender Faktor: So<br />
beziehen 61 Prozent der westdeutschen Rentnerpaare durchschnittlich 1.539 neben Rente und Pension, im<br />
Osten Deutschlands gibt es für 49 Prozent der Menschen immerhin noch im Schnitt 1.080 Euro obendrauf.<br />
12 <strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|20
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PANORAMA Leserbriefe<br />
KOMMENTIERT<br />
»Deal?«<br />
Marktführer Allianz macht es vor und bietet<br />
schon ab nächstem Jahr keine Lebensversicherungen<br />
mehr an, die eine 100-prozentige<br />
Beitragsgarantie beinhalten. Mittlerweile<br />
stellt auch die Ergo Produkte mit kompletter<br />
Beitragsgarantie öffentlich infrage. Der sich<br />
abzeichnende Umsturz stößt bei <strong>procontra</strong>-<br />
Lesern auf Verständnis und Kritik.<br />
Tolle Idee: Du gibst mir ’nen Hunni, ich<br />
kann aber nicht garantieren, dass ich in der<br />
Lage bin, mehr daraus zu machen. Vielleicht<br />
gebe ich dir weniger zurück. Deal?<br />
ANDREAS RIESEBECK<br />
via Facebook<br />
OB RIESTER NOCH MAL SCHMECKEN WIRD?<br />
Weder Zeit- noch Zutatenplan stehen für die gewollte Riester-Reform-Suppe.<br />
Garantien kosten Geld. Auch eine 100-Prozent-Garantie.<br />
Durch die Absenkung wird<br />
mehr erwirtschaftet, als jetzt möglich ist.<br />
Das Geld kann flexibler angelegt werden.<br />
DANIEL ZIENERT<br />
via Facebook<br />
»Leistung statt Preis«<br />
In der alljährlichen Kfz-Wechselsaison werden<br />
viele Verträge nur über den günstigsten<br />
Preis verkauft. Das kann dazu führen, dass<br />
Kunden im Schadensfall über das „Kleingedruckte“<br />
stolpern. Wer beispielsweise in<br />
der Teilkasko weniger verschiedene Tiere<br />
in die Unfallliste mit aufnimmt, kann einen<br />
günstigeren Preis aufrufen als bei Kfz-Versicherern<br />
mit einer breiten Artenliste.<br />
Diese Themen sind das A und O im Vermittlungsgespräch,<br />
wie so viele andere auch.<br />
Erweiternd muss man aber auch erklären,<br />
dass nicht nur der Marderbiss, sondern der<br />
Tierbiss als solcher versichert werden kann,<br />
der Folgeschaden dann aber oft nur bei<br />
3.000 Euro mitversichert ist und hier dann<br />
oft eine erhebliche Lücke für den Geschädigten<br />
besteht. Makler müssen sich Tarife<br />
und Leistungen extrem gut ansehen und<br />
dann statt über den Preis über die Leistung<br />
vermitteln. Wer über den Preis kommt,<br />
geht über den Preis. Wer bei mir billig will,<br />
bekommt es nicht.<br />
FRANK DUFEU<br />
via Facebook<br />
»Von den Mitbewerbern lernen«<br />
Früher wurden Vergleichsportale für Versicherungen<br />
von den persönlichen Vermittlern<br />
verspottet, später verteufelt. Heute ist die<br />
Kritik noch leiser geworden, man beobachtet<br />
das Treiben aber weiterhin aufmerksam<br />
– auch aus Eigennutz. Schließlich<br />
können auch Makler heute relativ einfach<br />
Vergleichsrechner auf ihren Internetseiten<br />
einbinden und damit dem weitverbreiteten<br />
ROPO-Effekt (online informieren, offline<br />
abschließen) Rechnung tragen.<br />
Der Fehler, den viele Makler machen, ist,<br />
Vergleichsportale zu verfluchen. Besser wäre<br />
es, aus den Erfolgen dieser Mitbewerber<br />
zu lernen und die Dinge, die möglich sind<br />
(und da ist einiges möglich), auf das eigene<br />
Geschäftsmodell zu übertragen.<br />
PETER PIASECKI<br />
via Facebook<br />
»Erhöhung nach vier Jahren schlimm?«<br />
Die Debeka, Deutschlands größter privater<br />
Krankenversicherer, erhöht 2021 die<br />
Beiträge fast aller seiner 2,4 Millionen privat<br />
Krankenvollversicherten um durchschnittlich<br />
17,6 Prozent. Die Beitragsanpassungen<br />
in der PKV bleiben von den <strong>procontra</strong>-Lesern<br />
selten unkommentiert. Allerdings äußerten<br />
auch zahlreiche Leser Verständnis für das<br />
Vorgehen der Krankenversicherer. Die Anbieter<br />
dürfen ihre Beiträge erst erhöhen, wenn<br />
Leistungsausgaben oder Sterbewahrscheinlichkeit<br />
um 5 Prozent oder 10 Prozent von<br />
der ursprünglichen Kalkulation abweichen.<br />
Gibt es angesichts von mathematisch grob<br />
geschätzten circa 4,4 Prozent Beitragsanpassung<br />
pro Jahr – also auf gut Deutsch:<br />
Aktualisierung der Umlage für gestiegene<br />
Leistungsausgaben inklusive seit über<br />
zehn Jahren notwendiger fremdgesteuerter<br />
Zinsanpassung – bei dieser PKV wirklich<br />
irgendeinen sachlichen Grund für irgendwelche<br />
Skandalisierungsreflexe? Wie<br />
nachhaltig ist denn die GKV und die dortige<br />
Entwicklung des Höchstbeitrags über diese<br />
vier Jahre? Und wie lange wird die Debeka-<br />
Beitragsaktualisierung dann halten? Wieder<br />
vier Jahre: Wäre das okay oder schlimm?<br />
Bin dort nicht beschäftigt und mag dieses<br />
Versicherungsunternehmen nicht mal<br />
besonders. Dennoch und gerade darum: Wo<br />
ist wenigstens brancheninterner Respekt vor<br />
der Kalkulation?<br />
MICHAEL STURHANN<br />
via Facebook<br />
14 Illustration: Marion Lindner
Richtigstellung PANORAMA<br />
RICHTIGSTELLUNG ZUR AUSSAGE ÜBER ePENSION<br />
Im Artikel „Die digitalen Vier“ in der <strong>procontra</strong>-<strong>Ausgabe</strong> 05/<strong>2020</strong>, Seite 51, wurden Sachverhalte falsch<br />
dargestellt, was einen irreführenden Eindruck zur Folge hatte. Das wollen wir richtigstellen.<br />
1. RICHTIGSTELLUNG<br />
Falsch (bezogen auf die Eigentumsverhältnisse<br />
von ePension):<br />
„Die Mehrheit liegt beim Finanzanlagenvermittler<br />
und Versicherungsmakler E&P Pensionsmanagement.“<br />
Richtig: Der Finanzanlagenvermittler und Versicherungsmakler<br />
E&P Pensionsmanagement ist<br />
nicht Gesellschafter der ePension und war es<br />
auch zu keiner Zeit. Hypoport hat im März <strong>2020</strong><br />
49 Prozent der Anteile der ePension vom Gründer<br />
und bisherigen Alleingesellschafter Edgar Eschbach<br />
übernommen. Weitere Gesellschafter gibt<br />
es nicht.<br />
2. RICHTIGSTELLUNG<br />
Falsch (bezogen auf die Zusammenarbeit<br />
zwisch en ePension und den Versicherungsunternehmen):<br />
„Produktgeberseite ist die Gothaer.“<br />
Richtig: Über die cloudbasierte Plattform ePension<br />
für die Beratung und Verwaltung betrieblicher<br />
Vorsorgeprodukte können Vermittler die Verträge<br />
sämtlicher Versicherer aller Durchführungswege<br />
unabhängig vom Digitalisierungsgrad der einzelnen<br />
Versicherer verwalten.<br />
Darüber hinaus stellt ePension in einem zweiten<br />
Geschäftssegment einzelnen Versicherern<br />
eine Portal-Lösung bereit, über die diese ihren<br />
Vermittlern und Arbeitgeberkunden die Verwaltung<br />
der Verträge des jeweiligen Versicherers<br />
anbieten können. In diesem Segment ist – neben<br />
anderen Versicherern – auch die Gothaer Kunde<br />
der ePension.<br />
In dem Bericht ist anschließend der Eindruck entstanden,<br />
dass die Geschäftsvorfälle-Rechte-Matrix<br />
exklusiv im Portal der Gothaer zur Verfügung<br />
stehe. Hierüber kann der Makler für jede Art von<br />
Geschäftsvorfällen festlegen, ob sie nur vom Arbeitgeber,<br />
nur vom Makler selbst oder von beiden<br />
Nutzern durchgeführt werden kann. Tatsächlich<br />
steht diese Funktionalität auch in allen anderen<br />
ePension-Portalen zur Verfügung.<br />
Wir bitten den Fehler zu entschuldigen und<br />
wünschen weiterhin viel Erfolg bei der Beratung.<br />
Ihre <strong>procontra</strong>-Redaktion<br />
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<strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|20<br />
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15
INVESTMENTFONDS Steile Thesen 2021<br />
STEILE THESEN 2021<br />
DAX springt über 15.000 Punkte +++ Nachhaltigkeit dominiert Neugeschäft +++ Nachspiel<br />
für EY im Wirecard-Skandal +++ Banken verlieren alle Hemmungen bei Strafzinsen +++<br />
Finanztransaktionssteuer in Aussicht +++ Schattenbanken endlich strenger reguliert<br />
STEILE THESE<br />
»Nachhaltige<br />
Investmentfonds mit<br />
Rekord zuflüssen.«<br />
Laut der Morningstar-Analyse „Global Sustainable<br />
Fund Flows“ legten nachhaltige Fonds nach<br />
dem Corona-Crash wieder kräftig zu. Im zweiten<br />
Quartal <strong>2020</strong> stiegen die weltweiten Zuflüsse in<br />
die untersuchten 3.400 globalen offenen ESG-<br />
Fonds und börsengehandelten Fonds um satte<br />
72 Prozent auf 71,1 Milliarden US-Dollar. Dabei<br />
erreichten Anlagen in nachhaltigen Fonds ein<br />
Rekordhoch von 1,<strong>06</strong> Billionen US-Dollar. Das bedeutet<br />
einen Anstieg von 23 Prozent gegenüber<br />
dem vorangegangenen Quartal.<br />
Der allgemeine Trend bekommt einen wichtigen<br />
Impuls. „Ab 2021 greifen neue, von der EU getriebene,<br />
regulatorische Maßnahmen, nach denen<br />
Berater ihren Kunden verpflichtend auch eine<br />
nachhaltige Alternative aufzeigen müssen. Das<br />
wird das Thema Nachhaltigkeit endgültig am<br />
Finanzmarkt verankern“, ist sich Beate Meyer,<br />
HINTERGRUND: Nachhaltigkeit<br />
rückt nicht nur vermehrt<br />
ins Zentrum vieler Unternehmen.<br />
Auch Privatanleger und<br />
Fondsgesellschaften setzen<br />
immer stärker auf nachhaltige<br />
Geldanlagen.<br />
Leiterin Wholesale Vertrieb Deutschland bei<br />
UBS Asset Management, sicher. Andreas Rau,<br />
Director Wholesale (Germany & Austria) bei BMO<br />
Global Asset Management, ergänzt: „Kunden<br />
ziehen bereits jetzt nachhaltige Produkte den<br />
klassischen vermehrt vor. Was vor etwa zehn<br />
Jahren noch als kurzfristiger Trend galt, ist<br />
heute etablierte Investmentkultur.“<br />
Rau mahnt, dass der langfristige Erfolg auch<br />
stark von den Gesellschaften selbst abhänge:<br />
„Wichtig ist, wie glaubwürdig und transparent<br />
die Asset-Management-Industrie ihre Strategien<br />
dem Kunden präsentiert – sonst wächst die<br />
Kritik in Bezug auf Greenwashing. Manche Player<br />
bezeichnen ihre Fonds zwar als nachhaltig,<br />
denken aber nicht unbedingt ganzheitlich über<br />
ihren Ansatz nach.“ <br />
»Die kommende Berater-<br />
Verpflichtung zum<br />
Aufzeigen nachhaltiger<br />
Alternativen wird das<br />
Thema endgültig am<br />
Finanzmarkt verankern.«<br />
Beate Meyer, Leiterin Wholesale Vertrieb Deutschland,<br />
UBS Asset Management<br />
PROGNOSE: Die Anbieter rücken<br />
ihre grünen Lösungen weiter<br />
nach vorn ins Schaufenster. Auch<br />
um bei der neuen Beraterpflicht<br />
ab März 2021 gesehen zu werden.<br />
Das dürfte dem Segment sehr<br />
wahrscheinlich zu neuen Rekorden<br />
verhelfen.<br />
95<br />
16 <strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|20
Steile Thesen 2021 INVESTMENTFONDS<br />
STEILE THESE<br />
»DAX<br />
notiert über<br />
15.000 Punkten.«<br />
HINTERGRUND: Vor Corona kratzte der DAX an<br />
der 14.000-Punkte-Marke, nach dem Crash liegt er<br />
zum Jahresende annähernd wieder auf Vorkrisenniveau.<br />
Wie geht’s mit der deutschen Wirtschaft weiter?<br />
Eine Frage, die sich nicht nur Privatanleger<br />
stellen und deren Beantwortung vor allem vom<br />
weiteren Verlauf der Corona-Pandemie abhängen<br />
wird. Die Wirtschaft wird sich erholen, aber<br />
wie wahrscheinlich ist ein DAX-Stand von 15.000<br />
Punkten? Neben der wirtschaftlichen Entwicklung<br />
könnte auch die Reform des Leitindex eine<br />
Rolle spielen. Die Aufstockung auf 40 Unternehmen<br />
mindert Klumpenrisiken und erhöht<br />
die Branchenvielfalt. „Die Aufstockung kann<br />
außerdem je nach Verschiebung zu mehr oder<br />
weniger zyklischen Aktien, Wachstumswerten,<br />
Finanz- oder Immobilientiteln führen, was nicht<br />
zuletzt auch signifikante Auswirkungen auf das<br />
Multiple, mit dem Investoren die DAX-Gewinne<br />
bewerten, hätte“, schätzt Hansjörg Pack, Portfolio<br />
Manager deutsche Aktien bei der DWS, die<br />
Folgen ein.<br />
Auch wenn das hausinterne Kursziel für den<br />
DAX bis Ende September bei knapp 12.700 Punkten<br />
liegt, sieht Pack durchaus Szenarien für<br />
ein Erreichen der 15.000er-Marke: „Die massive<br />
Unterstützung der Geldpolitik, gekoppelt mit nie<br />
dagewesenen <strong>Ausgabe</strong>nprogrammen der Regierungen<br />
zur Unterstützung der Wirtschaft, ein<br />
möglicher Covid-19-Impfstoff sowie abebbende<br />
Corona-Fallzahlen und ein steiler Gewinnanstieg<br />
bei den Unternehmen sollten hohe Aktienbewertungen<br />
weiter unterstützen.“<br />
Nachteilig seien neben dem fraglichen Ausgang<br />
der Pandemie eine Zuspitzung des Handelskonflikts<br />
zwischen USA und China sowie die<br />
Corona-bedingte Schuldenlast der Staaten.<br />
PROGNOSE: Vieles hängt am<br />
Fortlauf der Pandemie. Bleiben<br />
Rückschläge aus, sind 15.000<br />
Punkte im DAX Ende 2021 nicht<br />
illusorisch und vom aktuellen<br />
Niveau rund 15 Prozent entfernt.<br />
60<br />
HINTERGRUND: Nachdem eine 1,9 Milliarden Euro schwere<br />
Bilanzlücke aufgedeckt wurde, meldete der DAX-Konzern Wirecard<br />
im Sommer Insolvenz an. Tausende Aktionäre wurden um ihr Geld<br />
gebracht. Eine Sammelklage richtet sich nun gegen die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft<br />
Ernst & Young (EY).<br />
STEILE THESE<br />
»Wirecard:<br />
Prozesslawine<br />
rollt auf EY zu.«<br />
Es gilt als der größte deutsche Finanzskandal:<br />
Offenbar über mehrere Jahre hat der DAX-Konzern<br />
Wirecard Bilanzen gefälscht. Die zuständige<br />
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY will davon<br />
nichts gewusst haben und ist inzwischen selbst<br />
ins Kreuzfeuer geraten. Denn der Konkurrent<br />
KPMG spürte indes die leeren Treuhandkonten in<br />
kurzer Zeit auf. Da es bei Wirecard nichts mehr<br />
zu holen gibt, richten sich die Hoffnungen vieler<br />
geprellter Aktionäre nun auf die sich ahnungslos<br />
gebenden Prüfer: „EY ist für geschädigte<br />
Anleger der richtige Gegner ‚mit den tiefen<br />
Taschen‘“, sagt Georgios Aslanidis, Fachanwalt<br />
für Bank- und Kapitalmarktrecht sowie Partner<br />
der AKH-H Rechtsanwälte.<br />
Die Kanzlei hat daher nun Pilotklagen gegen<br />
EY und die verantwortlichen Wirtschaftsprüfer<br />
persönlich wegen vorsätzlicher sittenwidriger<br />
Schädigung sowie Bilanzfälschungsdelikten<br />
eingereicht, dahinter stehen mehrere Hundert<br />
Aktionäre. Eine mittlere dreistellige Zahl weiterer<br />
Kläger könnte unmittelbar folgen.<br />
EY gilt tatsächlich derzeit als der einzige<br />
finanzkräftige Anspruchsgegner rund um den<br />
Finanzskandal. „Für ein Vorgehen gegen EY<br />
sprechen sowohl wirtschaftliche Aspekte wie<br />
auch rechtliche Gesichtspunkte. Die bisherige<br />
Rechtsprechung ist als sehr anlegerfreundlich<br />
zu qualifizieren und kann auch als bereits gefestigt<br />
angesehen werden“, so Aslanidis. Klagen<br />
gegen die BaFin, wie von mancher Seite gefordert,<br />
sind indes schon aus rechtlichen Gründen<br />
wenig Erfolg versprechend.<br />
PROGNOSE: Gegen EY<br />
vorzugehen, scheint innerhalb<br />
der begrenzten Möglichkeiten die<br />
beste für Wirecard-Aktionäre zu<br />
sein. Das werden Geschädigte<br />
sicher 2021 in Betracht ziehen,<br />
auch wenn ein Prozess damit<br />
höchstens erst in Gang gesetzt<br />
und noch lange nicht entschieden<br />
ist.<br />
85<br />
<strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|20<br />
17
INVESTMENTFONDS Steile Thesen 2021<br />
HINTERGRUND: Mehr als<br />
200 Kreditinstitute verlangen<br />
bereits Strafzinsen bei privaten<br />
Giro- oder Tagesgeldkonten. Allein<br />
im Oktober kamen 20 neue Institute<br />
dazu. Auch die ING erhebt<br />
neuerdings ein Verwahrentgelt.<br />
Die anhaltende Zinssituation führte zu einem<br />
Paradoxon in der Finanzwelt: dem Negativzins.<br />
Er bewirkt auf Schuldnerseite, dass Kredite nicht<br />
vollständig zurückgezahlt werden müssen. Auf<br />
der anderen Seite werden Sparer abgestraft,<br />
wenn sie zu viel Geld auf ihrem Giro- oder<br />
Tagesgeldkonto horten. Hier erheben immer<br />
mehr Banken ein sogenanntes „Verwahrentgelt“,<br />
vorrangig für Neukunden und ab einem<br />
bestimmten Guthaben. Damit geben die Geldhäuser<br />
ihre eigene Belastung an ihre Kunden<br />
weiter. Seit 2019 liegt ihr Einlagenzins bei der EZB<br />
bei minus 0,5 Prozent. Das halten immer weniger<br />
Banken aus. Zuletzt reihte sich sogar die ING als<br />
Deutschlands größte Direktbank mit ein. 0,5 Prozent<br />
pro Jahr sind für ING-Neukunden seit dem<br />
4. November <strong>2020</strong> fällig, wenn sie über 100.000<br />
Euro auf ihrem Girokonto haben.<br />
Angeführt wird die Liste der mittlerweile über 214<br />
Banken von der Bank 1 Saar, die ein Verwahrentgelt<br />
in Höhe von 0,75 Prozent pro Jahr, für Neukunden<br />
bereits ab einem Freibetrag von 10.000<br />
Euro und für Bestandskunden ab 100.000 Euro,<br />
erhebt. Das ermittelte eine biallo-Untersuchung<br />
unter 1.300 Banken und Sparkassen.<br />
Die Zinssituation bleibt unverändert. Kredite<br />
werden aufgrund der unsicheren Corona-Folgen<br />
restriktiver vergeben, was die Tresore der Banken<br />
weiter füllt.<br />
STEILE THESE<br />
»Großteil der Banken<br />
erhebt Strafzinsen<br />
bereits ab<br />
25.000 Euro.«<br />
PROGNOSE: Das bislang verbreitete Kriterium für Strafzinsen „Neukunden ab 100.000<br />
Euro“ wackelt. 2021 könnte es vermehrt Bestandskunden und geringere Guthaben treffen.<br />
Eine Absenkung des Freibetrags auf 25.000 Euro erscheint drastisch, aber nicht unwahrscheinlich.<br />
In Einzelfällen ist sie bereits Realität.<br />
65<br />
STEILE THESE<br />
»EU-weite<br />
Finanztransaktionssteuer<br />
wird<br />
eingeführt.«<br />
0,2 Prozent von jeder Finanztransaktion, um<br />
damit andere <strong>Ausgabe</strong>ntöpfe, wie zum Beispiel<br />
für Altersversorgung, Bildung, Infrastruktur oder<br />
Digitalisierung, zu finanzieren. Die Liste der Ideen<br />
zur Verwendung einer Finanztransaktionssteuer<br />
ist mindestens so lang wie die Debatte selbst.<br />
Der Europa-Abgeordnete Pierre Larrouturou will<br />
damit den Klimaschutz und die Gesundheitspolitik<br />
stärken und wollte Ende Oktober über einen<br />
Hungerstreik eine Finanztransaktionssteuer sogar<br />
erzwingen. Der Streik wurde nach 18 Tagen<br />
beendet, zeigt aber die Brisanz des Themas.<br />
Auch die steigende Staatsverschuldung infolge<br />
der Corona-Pandemie lässt die Einnahmequelle<br />
HINTERGRUND: Die Debatte um eine Finanztransaktionssteuer reißt nicht ab. Ein Europa-Abgeordneter<br />
ging dafür Ende November sogar in den Hungerstreik. Kritiker mahnen, dass vor allem Kleinanleger belastet<br />
würden.<br />
„Finanzmarkt“ attraktiver erscheinen.<br />
Doch eine einheitliche Umsetzung auf EU-Ebene<br />
ist nicht in Sicht. Zudem steht der gewünschte<br />
Effekt – eine Eindämmung des Hochfrequenzhandels<br />
– infrage.<br />
„Von ihrer Konstruktion her ist die Finanztransaktionssteuer<br />
eine Steuer auf den Vermögensaufbau<br />
der kleinen Leute und eben nicht der<br />
Hochfrequenzhändler, die sich dieser sehr<br />
einfach entziehen können“, erklärt Dr. Hans-<br />
Jörg Naumer, Volkswirt und Leiter Global Capital<br />
Markets & Thematic Research bei Allianz Global<br />
Investors. Auch die fiskalische Wirkung sei zu<br />
bezweifeln: „Die meisten europäischen Länder<br />
haben nur wenige, wenn überhaupt, Aktien<br />
mit einer für die Finanztransaktionssteuer relevanten<br />
Marktkapitalisierung. Auch in Deutschland<br />
fielen die Einnahmen in den Bereich der Bagatellsteuern“,<br />
so Naumer weiter. Finanzminister<br />
Scholz bleibt aber beharrlich, trotz Gegenwind<br />
in Europa. Sollte es keine europäische Einigung<br />
geben, droht eine deutschlandweite Aktiensteuer<br />
– zum Leidwesen der deutschen Aktienkultur.<br />
Das sieht auch Martin Steinmeyer, Vorstand der<br />
Netfonds AG: „Eine Finanztransaktionssteuer<br />
würde faktisch eine Aktiensteuer darstellen<br />
und von den privaten Aktionären und Anlegern<br />
bezahlt werden.“<br />
In Zeiten niedriger Zinsen sind die Alternativen<br />
ohnehin rar. Bei steigender Notwendigkeit, privat<br />
vorzusorgen, wäre eine Steuer, die vor allem<br />
Kleinanleger träfe, kontraproduktiv. <br />
PROGNOSE: EU-weit ist die<br />
Interessenlage zu uneinheitlich,<br />
was eine Umsetzung im kommenden<br />
Jahr nahezu ausschließt. In<br />
Deutschland fehlt dem Projekt<br />
ebenfalls die stabile Mehrheit,<br />
sodass es unwahrscheinlich<br />
ist, dass es Scholz noch vor den<br />
Bundestagswahlen durchgeboxt<br />
bekommt.<br />
5<br />
18 <strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|20
Steile Thesen 2021 INVESTMENTFONDS<br />
HINTERGRUND: Großanleger hätten den<br />
Börsen-Crash im Frühjahr verstärkt, klagt der<br />
internationale Finanzstabilitätsrat an. Schärfere<br />
Spielregeln könnten die Konsequenz sein.<br />
Bereits im Sommer <strong>2020</strong> gerieten Schattenbanken<br />
ins Visier der Finanzaufseher, als<br />
eine erste Auswertung der Marktturbulenzen<br />
während des Corona-Crashs vorlag. Die US-<br />
Notenbank fungierte mit ihrem Ankaufprogramm<br />
wieder mal als Retter und Stabilisator der<br />
Wirtschaft. Mit im Rettungsboot waren damit<br />
zwangsläufig auch Hedgefonds, die sich mit<br />
riskanten Wetten auf US-Staatsanleihen verzockten<br />
und dafür eigentlich auch die Konsequenzen<br />
tragen müssten.<br />
Mitte November legte der internationale<br />
Finanzstabilitätsrat (Financial Stability Board,<br />
FSB) einen weiteren Bericht über die Marktturbulenzen<br />
in der Corona-Krise vor, der bestätigte,<br />
dass Großanleger den Crash verstärkt hätten.<br />
Angesichts ihrer zur Systemrelevanz gewachsenen<br />
Marktbedeutung – Ende 2018 stand der<br />
STEILE THESE<br />
»Schatten -<br />
banken werden<br />
stärker<br />
reguliert.«<br />
Schattenbanksektor mit 115 Billionen US-Dollar<br />
bereits für 30 Prozent des globalen Finanzvermögens<br />
– sei es an der Zeit, dass diese Akteure<br />
auch strenger reguliert werden.<br />
Erste Vorschläge für eine stärkere Regulierung<br />
will der FSB im nächsten Jahr vorlegen. Damit<br />
sollen zunächst Geldmarktfonds widerstandsfähiger<br />
gemacht werden. „Es ist klar, dass wir etwas<br />
unternehmen müssen, um diese Probleme<br />
anzugehen“, betont der FSB-Vorsitzende Randal<br />
Quarles. Das Finanzsystem bleibe verletzlich,<br />
weil die Strukturen und Mechanismen, die die<br />
Turbulenzen verstärkt hätten, weiterexistierten.<br />
2022 sollen neue Regeln für andere Teile<br />
der Finanzwirtschaft abseits der klassischen<br />
Banken folgen. Als Schattenbanken gelten zum<br />
Beispiel Hedge- und Kreditfonds, Geldmarktfonds<br />
und Vermögensverwalter. Ihr Einfluss auf<br />
den Finanzmarkt kommt dem der klassischen<br />
Banken gleich, nur der regulatorische Rahmen<br />
ist deutlich größer. Noch.<br />
PROGNOSE: Die Lehren aus<br />
der Finanzkrise 2007 führten<br />
in den USA zu einer Systemreform,<br />
die seit 2010 positiv und<br />
stabilisierend wirkt. Es ist sehr<br />
wahrscheinlich, dass noch<br />
<strong>2020</strong> konkrete Vorschläge zur<br />
Regulierung von Schattenbanken<br />
vorgetragen und dann 2021/22<br />
umgesetzt werden.<br />
80<br />
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Cyber-Angriff abgewehrt.<br />
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Teehandelsgesellschaft mbH in Hannover<br />
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einen starken Partner: so wie Sevtap Lorbach. Im stressigen<br />
Weihnachtsgeschäft stand ihr Tee-Großhandel aufgrund<br />
eines plötzlichen Cyber-Angriffs still. Dank gezielter Hilfe<br />
von AXA konnte das Tagesgeschäft sicher und schnell wieder<br />
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<strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|20<br />
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19
INVESTMENTFONDS Anlegerpsychologie<br />
DEM FLUCHTREFLEX WIDERSTEHEN<br />
Ein Börsen-Crash verursacht<br />
oft Panik bei Privatanlegern.<br />
Die spontane Abkehr vom<br />
Investment und den einstigen<br />
Anlagezielen sind die Folge.<br />
Dabei zeigt die Historie, dass<br />
ein kühler Kopf sich auszahlt<br />
– wie Berater nervöse Kunden<br />
jetzt beruhigen können.<br />
– TEXT: ALEXANDRA JEGERS –<br />
„Aktien kaufen, Schlaftabletten nehmen,<br />
nach vielen Jahren aufwachen und feststellen,<br />
dass man reich geworden ist.“ Glaubt<br />
man Börsenguru André Kostolany, dann<br />
kann Erfolg bei der Geldanlage so einfach<br />
sein. In der Praxis dürfte es aber den wenigsten<br />
Menschen gelingen, nach dem Kauf<br />
einfach nicht mehr ins Depot zu schauen.<br />
Gerade in Krisen erleben Berater oft sogar<br />
das Gegenteil. Kunden geraten angesichts<br />
fallender Kurse in Panik und tun dann genau<br />
das, wovon Profis wie Kostolany so<br />
dringend abraten: am Tiefpunkt verkaufen,<br />
um vermeintliche Verluste zu begrenzen.<br />
Auch die Corona-Krise hat Anleger das<br />
Fürchten gelehrt. Als die Regierung um<br />
Bundeskanzlerin Angela Merkel im März<br />
einen bundesweiten Lockdown verhängte,<br />
brach der deutsche Leitindex DAX zeitweise<br />
so stark ein wie seit dem 11. September<br />
2001 nicht mehr.<br />
Noch immer drückt die Ungewissheit<br />
über den weiteren Verlauf der Pandemie<br />
vielen Deutschen aufs Gemüt – einigen so<br />
stark, dass sie gar nicht erst an Geldanlage<br />
denken mögen. Wer weiß schließlich, was<br />
noch kommt.<br />
Allein: Wer nun aus Angst verkauft oder<br />
Aktien und Fonds bis auf Weiteres den Rücken<br />
zukehrt, tut genau das Falsche. „Egal<br />
ob Dotcom-Bubble oder Finanzkrise: Die<br />
Märkte haben sich immer wieder erholt<br />
20 Illustration: Eleonora Mavromati
Anlegerpsychologie INVESTMENTFONDS<br />
und deutlich zugelegt“, unterstreicht Christine<br />
Bortenlänger, Vorstand des Deutschen<br />
Aktieninstituts (DIA).<br />
HISTORIE SOLLTE BERUHIGEN<br />
Um ängstliche Kunden zu beruhigen, empfiehlt<br />
Bortenlänger einen Blick auf das<br />
Rendite-Dreieck, das das DIA regelmäßig<br />
aktualisiert. Es zeigt plakativ die Wertentwicklung<br />
der Aktien im DAX seit 1986.<br />
Zeiträume mit Verlusten sind rot unterlegt,<br />
Zeiträume mit positiven Erträgen grün. Das<br />
Ergebnis dürfte auf nervöse Investoren wie<br />
Baldrian wirken: vor allem auf lange Sicht<br />
dominiert im Dreieck klar das Grün. Wer<br />
Aktien mindestens 20 Jahre hält, konnte in<br />
der Vergangenheit im Schnitt eine Rendite<br />
von 8,8 Prozent jährlich erwirtschaften.<br />
Selbst im schlechtesten Fall lag die Rendite<br />
bei 3,3 Prozent pro Jahr. Bestenfalls waren<br />
es 15,2 Prozent. Das ist mehr, als Investoren<br />
bei fast jeder anderen Anlageform<br />
erwarten können.<br />
Das Rendite-Dreieck zeigt auch: Börsen-<br />
Crashs bremsen den Aufwärtstrend des<br />
DAX allenfalls kurzzeitig aus. Nach dem<br />
Platzen der Dotcom-Blase im Jahr 2000<br />
»Egal ob Dotcom-<br />
Bubble oder Finanzkrise:<br />
Die Märkte<br />
haben sich immer<br />
wieder erholt und<br />
deutlich zugelegt.«<br />
CHRISTINE BORTENLÄNGER,<br />
DEUTSCHES AKTIENINSTITUT (DIA)<br />
dauerte es laut DIA rund 7,3 Jahre, bis der<br />
Index wieder auf Vorkrisenniveau notierte.<br />
Von der letzten Finanzkrise im Jahr 2008<br />
hat sich der DAX bereits nach 5,8 Jahren<br />
wieder erholt. Jedes Mal erklomm er nach<br />
einem Crash neue Höchststände, nie fiel er<br />
auf alte Tiefs zurück. Voraussetzung für<br />
positive Renditen ist freilich, dass Anleger<br />
langfristig in Aktien investieren, dass sie<br />
breit über mehrere Branchen und Regionen<br />
streuen – und dass sie dem Fluchtreflex widerstehen<br />
und im Crash eben nicht verkaufen,<br />
sondern im Gegenteil sogar zugreifen.<br />
14.000<br />
12.000<br />
10.000<br />
8.000<br />
6.000<br />
4.000<br />
2.000<br />
0<br />
DIE ZEIT HEILT ALLE WUNDEN<br />
Ob Dotcom- oder Russlandkrise:<br />
Aus jedem Crash ist der DAX gestärkt hervorgegangen.<br />
1998/1999<br />
Russlandkrise<br />
Erholung in 1,4 Jahren<br />
DIVERSIFIKATION IST TRUMPF<br />
Antizyklisches Investieren kostet viel Mut,<br />
den gerade die Deutschen oft nicht mitbringen.<br />
Nur rund 6 Prozent aller Bundesbürger<br />
investieren überhaupt in Aktien, das<br />
sind gerade einmal 4 Millionen von rund<br />
83 Millionen. Skandale wie der um den<br />
Zahlungsdienstleister Wirecard, dessen Aktienkurs<br />
innerhalb weniger Tage von knapp<br />
100 auf unter 10 Euro zusammenschmolz,<br />
haben das Misstrauen der Deutschen weiter<br />
genährt.<br />
Selbst wenn Anleger Erfahrung mit Aktien<br />
mitbringen, werden sie sich hüten, „in<br />
fallende Messer zu greifen“, sagt Christian<br />
Schmitt, Portfoliomanager beim Fondsanbieter<br />
Ethenea. Das gilt umso mehr, je<br />
länger Kunden den freien Fall bei Aktien<br />
bereits mit eigenem Geld begleiten. „Unbehagen<br />
ist eine milde Beschreibung für<br />
das, was die menschliche Psyche in Phasen<br />
erhöhter Volatilität an den Aktienmärkten<br />
aushalten muss“, führt der Anlageprofi aus.<br />
Tatsächlich ist bei einzelnen Aktien<br />
grundsätzlich alles möglich, erklärt Schmitt.<br />
Sie schlagen immer mal wieder wie ein Küchenmesser<br />
auf den Boden auf, jegliche<br />
Auffangversuche auf dem Weg Richtung<br />
null enden zwangsläufig blutig. Der Gesamtmarkt,<br />
vor allem auf globaler Ebene,<br />
habe aber bisher noch jedes Mal die Wende<br />
geschafft, betont Schmitt. Darauf sollten<br />
sich Berater im Kundengespräch fokussieren<br />
– im Crash, aber auch schon vorher.<br />
Die besten Renditechancen haben Anleger,<br />
wenn sie auf breit streuende Akti-<br />
2000<br />
Dotcom-Bubble<br />
Erholung in 7,3 Jahren 2008<br />
Finanzkrise<br />
Erholung in 5,8 Jahren<br />
Quelle: Deutsches Aktieninstitut (DIA)<br />
enfonds setzen. Sie können entweder auf<br />
ETFs setzen, die einen globalen Index wie<br />
den MSCI World abbilden. Dann müssen<br />
sie damit leben, dass der Fonds im Crash<br />
auf dem Papier erst mal an Wert verliert,<br />
ehe es für den Gesamtmarkt wieder aufwärts<br />
geht. Oder sie vertrauen ihr Geld<br />
einem professionellen Investor an, der für<br />
sie die Portfoliozusammensetzung übernimmt.<br />
Zwar sind auch Fondsmanager<br />
nicht vor den Effekten gefeit, die bei einem<br />
Crash auf die menschliche Psyche wirken.<br />
Sie verfügen aber in der Regel über langjährige<br />
Erfahrung und wissen: Ein Crash ist<br />
nicht das Ende, sondern im Gegenteil immer<br />
auch eine Chance, günstig in hochprofitable<br />
Unternehmen zu investieren. <br />
PRO<br />
SOLLTEN ANLEGER IM<br />
CRASH VERKAUFEN?<br />
Vermögen in<br />
sichere Häfen bringen<br />
Einzelaktien bergen<br />
Risiko eines Totalausfalls<br />
Markt erholt sich<br />
erst nach Jahren<br />
CONTRA<br />
<strong>2020</strong><br />
Corona-Krise<br />
11/1988 11/1992 11/1996 11/2000 11/2004 11/2008 11/2012 11/2016 11/<strong>2020</strong><br />
Auf lange Sicht<br />
konkurrenzlos<br />
hohe Rendite<br />
Verlustrisiko bei<br />
breiter Streuung<br />
überschaubar<br />
Gesamtmarkt<br />
geht gestärkt aus<br />
der Krise hervor<br />
<strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|20<br />
21
INVESTMENTFONDS Finanzanlagenvermittlung<br />
FONDSGESCHÄFT AUCH OHNE 34F<br />
Als Tippgeber kann jeder Versicherungsmakler seine Kunden zu Aktienanlegern machen.<br />
Digitale Lösungen gemeinsam mit Vermögensverwaltern ebnen den Weg.<br />
– TEXT: STEFAN TERLIESNER –<br />
22 Illustration: Eleonora Mavromati
Finanzanlagenvermittlung INVESTMENTFONDS<br />
Es geht. Jeder Versicherungsmakler kann<br />
Einnahmen erzielen, wenn ein Kunde den<br />
Wunsch äußert, Geld in Aktienfonds zu investieren.<br />
Das dürfte angesichts des Nullzinsniveaus<br />
an den Kapitalmärkten immer<br />
häufiger vorkommen. Kann der Makler<br />
dem Kunden hier nichts bieten, wandert<br />
dieser vielleicht zur Konkurrenz ab.<br />
3.500.000<br />
3.000.000<br />
FONDS IMMER WICHTIGER<br />
Verwaltetes Vermögen der deutschen Investmentbranche<br />
3.397.801<br />
ABKEHR VON VERSICHERUNGEN<br />
Bisher standen viele Bundesbürger in Nibelungentreue<br />
zu Versicherungen und Fondspolicen,<br />
wenn sie für ihre Altersvorsorge<br />
sparen wollten. Doch die Konkurrenz für<br />
den langfristigen Vermögensaufbau wächst.<br />
Das ahnen immer mehr Vorsorgesparer.<br />
Erst vor wenigen Tagen sagte der neue<br />
Präsident des Bundesverbands Investment<br />
und Asset Management (BVI), Alexander<br />
Schindler, der Fondsbranche rosige Zeiten<br />
voraus.<br />
Wie er im Interview der „Börsen-Zeitung“<br />
ausführt, hält er eine Verdopplung<br />
des verwalteten Vermögens innerhalb des<br />
Jahrzehnts für möglich – so wie es in der<br />
Dekade zuvor schon der Fall war. Angesichts<br />
der niedrigen Zinsen, steigender Vermögen<br />
und des zunehmenden Interesses<br />
von Privatanlegern an der Altersvorsorge<br />
„steht unserer Branche eine positive Entwicklung<br />
bevor“.<br />
Bereits im zurückliegenden Jahrzehnt<br />
hatten steigende Börsenkurse und ein hohes<br />
Neugeschäft das verwaltete Vermögen der<br />
Branche von 1,7 Billionen auf 3,4 Billionen<br />
Euro anschwellen lassen (siehe Grafik).<br />
Dieses Tempo beibehaltend, wären Ende<br />
2029 an die 7 Billionen Euro realistisch.<br />
„Wir sind eine Wachstumsbranche innerhalb<br />
der Finanzwelt“, so Schindler.<br />
TEILHABE AM FONDSBOOM<br />
Wer als Versicherungsmakler an diesem erwartbaren<br />
Boom teilhaben möchte, muss<br />
sich für die Aktienanlage öffnen. <strong>procontra</strong><br />
warf daher bereits in der <strong>Ausgabe</strong> 01/<strong>2020</strong><br />
die Frage „34f als Problemlöser?“ auf. Wer<br />
freilich immer noch ohne eine Zulassung<br />
für die Vermittlung von Finanzanlagen unterwegs<br />
ist, muss dennoch keinen Kunden<br />
mit Aktienanlagewunsch ohne jegliche Unterstützung<br />
abweisen. Versicherungsmakler<br />
können zumindest einen Tipp geben, und<br />
zwar den Verweis auf einen Vermögensverwalter,<br />
mit dem der Makler kooperiert.<br />
Im Gegenzug für den Tipp zahlt der Verwalter<br />
dem Makler ein Entgelt. Die Höhe<br />
2.500.000<br />
2.000.000<br />
1.500.000<br />
1.000.000<br />
500.000<br />
0<br />
Volumen in Mio. Euro <br />
1 1.622<br />
1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010 2019<br />
UNTERSCHIEDLICHE STRATEGIEN<br />
Ähnliche Angebote gibt es bei anderen<br />
Pools. So bietet Jung, DMS & Cie. eine<br />
Vermögensverwaltungslösung an, auf die<br />
ein Vermittler ohne 34f-Zulassung seinen<br />
Kunden „hinweisen kann“, wie Pool-Chef<br />
Sebastian Grabmaier betont. Der Vermittler<br />
dürfe den Kunden auch noch „rein<br />
technisch“ unterstützen. Die eigentliche<br />
Anlageberatung und -betreuung erfolge<br />
dann vom Vermögensverwalter. Für dem<br />
Pool angeschlossene Vermittler habe man<br />
daher schon 2018 das digitale Roboist<br />
Verhandlungssache. In der Branche werden<br />
zum Beispiel 50 bis 60 Basispunkte<br />
genannt. Bei einem langfristigen Vermögensverwaltungsvertag<br />
kann ein ansehnlicher<br />
Betrag für den Makler herausspringen.<br />
Doch ohne Risiko ist das Ganze für<br />
den Tippgeber nicht. Jegliche Beratung in<br />
Sachen Finanzanlage ist für 34d-Vermittler<br />
tabu, wie Rechtsanwalt Norman Wirth<br />
gegenüber <strong>procontra</strong> betont (siehe Interview).<br />
»Im Zuführungsgeschäft<br />
steckt<br />
großes Potenzial<br />
für alle Seiten.«<br />
CORINNA GESER, V-CHECK<br />
5.375<br />
»INTERESSANTES ZUSATZGESCHÄFT«<br />
Der Maklerpool Fonds Finanz berichtete<br />
Anfang November auf einer Internetseite<br />
über die wachsende Bedeutung zulassungsfreier<br />
Anlageprodukte für Makler ohne<br />
34f Gewerbeordnung (GewO). Das sei ein<br />
„interessantes Zusatzgeschäft“. Seit einem<br />
Beschluss des Europäischen Gerichtshofs<br />
im Jahr 2017 sei für die Vermittlung von<br />
Vermögensverwaltungsverträgen keine Er-<br />
23.991<br />
128.876<br />
949.437<br />
1.832.278<br />
Quelle: BVI<br />
laubnis nach Paragraf 34f GewO mehr nötig.<br />
Die Rolle des Maklers beschränke sich<br />
dabei auf die Abschlussvermittlung. Empfehlungen<br />
in Bezug auf einzelne Anlagen<br />
dürften keine ausgesprochen werden. Das<br />
Anlagemanagement sei ausschließlich Sache<br />
der Vermögensverwaltungen.<br />
Unter die Kategorie der Vermögensverwaltungsverträge<br />
fielen Anlagen in Portfolios<br />
und Investmentfonds. Hier biete Fonds<br />
Finanz die hauseigene Online-Vermögensverwaltung<br />
easyInvesto mit voll digitaler<br />
Abschlussstrecke und laufender Vergütung.<br />
Der Vermittler erstelle über die Homepage<br />
der Fonds Finanz einen personalisierten<br />
Link, über den der Kunde easyInvesto<br />
selbstständig starten und ein Depot eröffnen<br />
könne. Aber auch drei klassische<br />
Fonds-Vermögensverwaltungen mit einmaliger<br />
sowie laufenden Vergütungen stünden<br />
den Vermittlern zur Verfügung.<br />
<strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|20<br />
23
INVESTMENTFONDS Finanzanlagenvermittlung<br />
»Ein schmaler Grat für Makler«<br />
NORMAN WIRTH, Fachanwalt für Versicherungsrecht bei der Kanzlei Wirth Rechtsanwälte in Berlin.<br />
Advisor-Angebot easyRobi bereitgestellt,<br />
mit dem Kunden direkt online ein<br />
Vermögensverwaltungsmandat abschließen<br />
und aus drei Strategien entsprechend ihrem<br />
Rendite-Risiko-Profil wählen könnten.<br />
Laut Grabmaier nutzen die 34d-Vermittler<br />
des Pools den digitalen Anlageroboter zunehmend.<br />
Interessant für Makler dürfte auch das<br />
neue Angebot der V-Bank sein. Deren<br />
Tochter V-Check hat im Oktober <strong>2020</strong><br />
gemeinsam mit den Vermögensverwaltern<br />
Ficon und Maiestas sowie dem Finanzbetrieb<br />
Global-Finanz ein Pilotprojekt zum<br />
Vertrieb von Einzelwertdepots gestartet.<br />
Laut V-Check erweitern unter anderem<br />
Versicherungsmakler „als Tippgeber ihr<br />
Vertriebsspektrum und können ihren Kunden<br />
eine auf Einzelwerten basierende Ver<strong>procontra</strong>:<br />
Welche Optionen der Anlagevermittlung<br />
haben Versicherungsmakler?<br />
Norman Wirth: Hat ein Makler nur eine Zulassung<br />
nach Paragraf 34d GewO, sind seine<br />
Möglichkeiten limitiert. Grundsätzlich darf er<br />
Versicherungsanlageprodukte vermitteln, also<br />
regelmäßig fondsgebundene Versicherungsprodukte.<br />
Ansonsten bliebe das Ausweichen auf<br />
unregulierte Produkte wie Edelmetalle oder reine<br />
Empfehlungen in Richtung zum Beispiel einer<br />
Vermögensverwaltung. Gerade bei Edelmetallsparplänen<br />
ist zu beachten, dass hier eine<br />
Regulierung ansteht, soweit die Gestaltung als<br />
Vermögensanlage im Sinne des Vermögensanlagengesetzes<br />
eingestuft wird.<br />
<strong>procontra</strong>: Viele Makler besitzen auch eine<br />
Zulassung gemäß 34f GewO.<br />
Wirth: Diese Vermittler dürfen auch Investmentfonds,<br />
geschlossene Sachinvestments und<br />
Vermögensanlagen vermitteln. Das ist schon<br />
ein sehr breites Spektrum. Wer aber auch<br />
zu einzelnen Aktien, Anleihen oder Optionen<br />
beraten oder sie vermitteln will, kommt an einem<br />
Haftungsdach oder einer eigenen KWG-Lizenz<br />
nicht vorbei.<br />
<strong>procontra</strong>: Das war’s schon in Sachen Kapitalanlage?<br />
Wirth: Ein einzelner Makler könnte zum Beispiel<br />
noch direkt oder auch über einen Maklerpool<br />
mit Vermögensverwaltern zusammenarbeiten<br />
und Kunden mit Kapitalanlagewunsch an sie<br />
weiterleiten. Das ginge dann als Tippgebermodell.<br />
Solche Kooperationen haben inzwischen<br />
viele Pools, sie sind tatsächlich eine attraktive<br />
Alternative zur eigenen 34f-Zulassung.<br />
<strong>procontra</strong>: Worauf müssen Makler dabei achten?<br />
Wirth: Versicherungsmakler ausschließlich mit<br />
34d-Zulassung müssen strikt darauf achten,<br />
wirklich nur als Tippgeber zu agieren. Sie dürfen<br />
lediglich den Kontakt herstellen, also den Kunden<br />
namhaft machen – mehr nicht, keine eigene<br />
Anlageberatung davor und keine danach. Das<br />
ist ein schmaler Grat für Vermittler. Ich kann nur<br />
dringend dazu raten, sich wirklich aus jeglicher<br />
Beratung beim Kunden herauszuhalten.<br />
<strong>procontra</strong>: Welches Risiko besteht für 34d-<br />
Makler?<br />
Wirth: Die Vermögensschadens-Haftpflichtversicherung<br />
des Versicherungsmaklers würde<br />
nicht aufkommen, falls ein Kunde in einem<br />
solchen Fall Schadensersatz geltend macht.<br />
Es wäre schon zu viel, wenn der Makler dem<br />
Kunden nahelegt, seine Aktien zu verkaufen<br />
und die frei gewordenen Mittel von einem Dritten<br />
verwalten zu lassen. Hier wäre die Aufforderung<br />
zum Verkauf der Aktien bereits eine unzulässige<br />
Beratung. Vielleicht steigt ja der Kurs dieser Aktien<br />
anschließend stark und der Kunde könnte<br />
diesen Gewinn dann nicht mitnehmen. Das wäre<br />
ein potenzieller Haftungsfall, den der Makler<br />
dann eventuell selbst ausgleichen müsste. Also:<br />
Keinesfalls selbst beraten, sondern die Vermögensverwalter<br />
machen lassen – dann besteht<br />
auch kein Risiko. <br />
mögensverwaltung bereits ab 25.000 Euro<br />
anbieten“.<br />
JETZT AUCH ALS EINZELWERTANLAGE<br />
Bislang sei eine klassische Vermögensverwaltung<br />
mit Einzelwerten erst ab einem<br />
Vermögen von 500.000 Euro zugänglich<br />
gewesen. Ficon und Maiestas würden unterschiedliche<br />
Strategiedepots zusammenstellen<br />
und anschließend verwalten. Über<br />
die Internetseite des Maklers könnten die<br />
Strategien von Kunden eingesehen und digital<br />
abgeschlossen werden. Für die Zuführung<br />
als Tippgeber erhalte der Makler vom<br />
Verwalter eine vorher festgelegte Provision.<br />
„Gerade im Zuführungsgeschäft steckt<br />
großes Potenzial für alle Seiten“, hebt V-<br />
Check-Geschäftsführerin Corinna Geser<br />
hervor. <br />
PRO<br />
TIPPGEBER IN DER AKTIENWELT?<br />
Renditestarker<br />
Vermögensaufbau<br />
möglich<br />
Kunden fragen<br />
zunehmend Investmentfonds<br />
nach<br />
34d-Makler können<br />
als Tippgeber ihren<br />
Kundenbestand<br />
sichern<br />
CONTRA<br />
Das Haftungsrisiko<br />
als Tippgeber ist hoch<br />
Aktienanlagen<br />
bergen kurzfristig<br />
ein hohes Risiko<br />
Auch Fonds -<br />
policen bieten gute<br />
Renditechancen<br />
24 <strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|20
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INVESTMENTFONDS Wasserfonds<br />
WASSER MARSCH<br />
Sauberes Wasser wird knapper und damit wertvoller. Das bietet Chancen für Investoren,<br />
die Rendite und Nachhaltigkeit miteinander verbinden wollen. Berater sollten aber<br />
sehr genau hinschauen: So manche Aktie verschlimmert die Wasserknappheit noch.<br />
– TEXT: ALEXANDRA JEGERS –<br />
Im niedersächsischen Lauenau musste im<br />
August die Feuerwehr ausrücken, weil<br />
nicht mehr genug Wasser aus dem Hahn<br />
kam. Im nordrhein-westfälischen Borgholzhausen<br />
ordnete die Stadt die Schließung<br />
eines Freibads an, weil die Wasserreserven<br />
einen bedrohlichen Tiefstand erreicht hatten.<br />
Und im rheinland-pfälzischen Simmern-Rheinböllen<br />
durften die Bewohner<br />
vorübergehend ihren Rasen nicht mehr<br />
wässern. Diese drei Szenen aus dem Hitzesommer<br />
<strong>2020</strong> zeigen: Sauberes Wasser<br />
ist auch hierzulande längst nicht mehr im<br />
Überfluss vorhanden. Das Problem dürfte<br />
sich in Zukunft weiter verschärfen. „Der<br />
Klimawandel verändert die Verfügbarkeit<br />
von Wasser, in Qualität und Menge, für<br />
menschliche Grundbedürfnisse. Milliarden<br />
Menschen können deshalb womöglich ihre<br />
Menschenrechte auf Wasser und Sanitärversorgung<br />
nicht mehr ausüben“, schreibt<br />
die UNESCO in ihrem Weltwasserbericht<br />
<strong>2020</strong>.<br />
Überall, wo Ressourcen knapper werden<br />
und die Nachfrage unverändert bleibt<br />
oder sogar steigt, wittert die Fondsindustrie<br />
ein lukratives Geschäft. Trinkwasser ist<br />
keine Ausnahme: Anleger haben allein in<br />
Deutschland die Wahl aus 20 Aktienfonds,<br />
die Rendite mit Dienstleistungen rund um<br />
die Trinkwasserversorgung erzielen wollen.<br />
Der älteste und wohl bekannteste aktive<br />
Wasserfonds stammt vom Schweizer<br />
Fondsanbieter Pictet und kam im Jahr 2000<br />
auf den Markt. Das Management verwaltet<br />
derzeit 5,5 Milliarden Euro. Im Fonds<br />
BNP Paribas Aqua stecken immerhin zwei<br />
Milliarden Euro. Auch bei passiven Fonds<br />
ist sauberes Wasser zum Trend avanciert –<br />
etwa beim iShares Global Water ETF, der<br />
den Index S&P Global Water nachbildet.<br />
26 Illustration: Eleonora Mavromati
Wasserfonds INVESTMENTFONDS<br />
DIVERSIFIZIERUNG IST SCHWIERIG<br />
Die Fondsindustrie bewirbt ihre Produkte<br />
gern damit, dass das Anlegergeld in Zielfirmen<br />
fließe, die etwas gegen die Trinkwasser-Knappheit<br />
unternehmen. Investoren<br />
sollen mit ihrem Geld also nicht nur Rendite<br />
erwirtschaften, sondern zugleich ein<br />
globales Problem angehen. Als Vorzeige-<br />
Investment vieler Fonds gelten denn auch<br />
Aktien von Wasserversorgern wie Veolia.<br />
Das Unternehmen mit Sitz in Paris sorgt<br />
dafür, dass sauberes Wasser aus dem Hahn<br />
kommt und Abwasser in der Kanalisation<br />
verschwindet. Ebenfalls beliebt sind<br />
Aktien von Unternehmen, die sich um die<br />
Instandhaltung von Rohren und Kanälen<br />
kümmern oder an Innovationen forschen,<br />
die für mehr sauberes Wasser auf der Welt<br />
sorgen sollen.<br />
Das Problem: Von diesen sogenannten<br />
„Pure Play“-Titeln, die nah am eigentlichen<br />
Thema des Fonds sind, gibt es auf<br />
dem Markt nur sehr wenige. Damit allein<br />
ein diversifiziertes Portfolio aufzubauen ist<br />
schwierig. „Viele Fondsanbieter fassen das<br />
Anlageuniversum deshalb breiter und investieren<br />
auch in Konzerne, die nur am Rande<br />
mit Wasser zu tun haben“, erklärt André<br />
»Viele Fonds investieren<br />
in Konzerne,<br />
die nur am Rande<br />
etwas mit Wasser<br />
zu tun haben.«<br />
ANDRÉ HÄRTEL, SCOPE<br />
Härtel, Analyst bei der Fondsratingagentur<br />
Scope. Lange fanden sich in vielen Wasserfonds<br />
sogar Anteilsscheine von Lebensmittelunternehmen<br />
wie Pepsico, Nestlé oder<br />
Danone. Mit Wasser haben diese nur insoweit<br />
zu tun, als sie es in Flaschen abfüllen<br />
und verkaufen. Und dafür immer wieder in<br />
der Kritik stehen: Mit ihrem Streben nach<br />
Absatz und höheren Margen verschärfen<br />
die Konzerne die Trinkwasser-Knappheit<br />
auf der Welt sogar noch, mahnen Wasser-<br />
Aktivisten. Von solcherlei Investments haben<br />
sich die meisten Wasserfonds-Manager<br />
aber mittlerweile distanziert, auch in den<br />
großen Branchenindizes sind sie nicht mehr<br />
vertreten.<br />
REIN IST NICHT GLEICH GUT<br />
Umgekehrt gilt aber auch: Nur weil ein<br />
Fonds „rein“ ist, also bei seinen Investments<br />
sehr nah am Thema bleibt, ist er nicht<br />
gleich ein Kaufkandidat. Ein Problem von<br />
Wasserfonds, die sich etwa auf Meerwasserentsalzung<br />
& Co. spezialisieren, ist, dass<br />
sie – logischerweise – oft Aktien kleiner,<br />
hochspezialisierter Unternehmen enthalten.<br />
„Wer in einen Themenfonds investiert, geht<br />
faktisch eine Wette gegen den Markt ein“,<br />
führt Ali Masarwah, Deutschland-Chefredakteur<br />
des Fondsanalysehauses Morningstar,<br />
aus. „Er spekuliert darauf, dass<br />
ein oftmals sehr spezielles Kapitalmarktsegment<br />
in Zukunft eine deutlich größere Bedeutung<br />
haben wird.“ Doch bis Investoren<br />
auf ein Thema aufmerksam geworden sind<br />
RENDITE MIT WASSER<br />
Diese Fonds haben sich in den vergangenen 5 Jahren am besten entwickelt.<br />
Fonds ISIN Emission Wertentwicklung<br />
1 Jahr in %<br />
und es genug börsennotierte Konzerne gibt,<br />
sei die Zeit der größten Wertsteigerungen<br />
oft schon vorüber.<br />
Zumindest in der Corona-Krise haben<br />
sich Wasserfonds wacker geschlagen. Der<br />
Wasserindex S&P Global Water hat in den<br />
vergangenen fünf Jahren – bis Ende Oktober<br />
<strong>2020</strong> – um knapp 65 Prozent zugelegt.<br />
Der US-Index S&P 500 liegt mit einem Plus<br />
von rund 55 Prozent im selben Zeitraum<br />
etwas darunter. Die bessere Performance<br />
des Wasser-Index ist aber weniger dem<br />
Trendthema Trinkwasser zu verdanken als<br />
vielmehr dem Branchenschwerpunkt: Versorger<br />
verfügen durch ihre lang laufenden<br />
Verträge in der Regel über einen hohen und<br />
stabilen Cashflow. Damit halten sie sich<br />
in Krisenzeiten meist besser als der breite<br />
Markt.<br />
PRO<br />
Krisenfest dank<br />
Fokus auf Versorger<br />
Investment in<br />
Wachstumsmarkt<br />
Kapital kann Gutes<br />
bewirken<br />
Wertentwicklung<br />
5 Jahre p. a. in %<br />
WIE ATTRAKTIV SIND<br />
WASSERFONDS?<br />
CONTRA<br />
Laufende Kosten<br />
in %<br />
FBG 4Elements LU0298627968 2007 14,38 9,87 2,62<br />
RobecoSAM Sustainable Water LU0805493185 2012 6,81 9,14 1,10<br />
BNP Paribas Aqua LU1165135440 2015 5,69 8,62 2,20<br />
RobecoSAM Sustainable Water LU0133<strong>06</strong>1175 2001 6,02 8,33 1,85<br />
Pictet-Water LU0104884860 2000 6,34 8,13 2,00<br />
Allianz Global Water LU1858969279 2018 5,79 7,81 1,23<br />
SWC (LU) EF Sustainable Global Water LU0302976872 2007 9,23 7,23 1,86<br />
KBC Eco Fund Water BE0175479<strong>06</strong>3 2000 –0,21 6,70 1,84<br />
Variopartner Tareno GlbWaterSolu LU0319773635 2008 6,86 6,68 1,55<br />
JSS Sustainable Equity Water LU0950593250 2013 10,69 6,36 1,64<br />
Quelle: Morningstar Direct, Stand: 4.11.<strong>2020</strong><br />
Klumpenrisiken<br />
Anleger jagen<br />
Trend hinterher<br />
Gefahr von<br />
Greenwashing<br />
<strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|20<br />
27
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ING FOKUS<br />
FOKUS<br />
ING DEUTSCHLAND<br />
Top-Vertriebschancen<br />
in der Baufinanzierung<br />
Die Zinsen für die Baufinanzierung<br />
sind immer noch historisch niedrig.<br />
Bei einem Kredit in Höhe von 200.000<br />
Euro für einen Immobilienwert von<br />
350.000 Euro und einem Tilgungssatz<br />
von 2 Prozent liegt der Effektivzins<br />
derzeit je nach Zinsbindungsspanne<br />
zwischen 0,35 und 0,81 Prozent. Die<br />
Nachfrage nach Wohneigentum ist weiterhin<br />
ungebrochen und übersteigt das<br />
Marktangebot deutlich. Auch die anhaltende<br />
Corona-Pandemie hat bislang nicht<br />
zu einem Einbruch der Immobilienpreise<br />
geführt. Versicherungsvermittler erhalten<br />
daher von ihren Kunden immer häufiger<br />
Anfragen zu einer günstigen Bau- und<br />
Immobilienfinanzierung.<br />
Früher eine klare Domäne der klassischen<br />
Hausbanken, haben sich unabhängige<br />
Vermittler über zielführende Kooperationen<br />
einen wichtigen Marktanteil in der<br />
Baufinanzierungsvermittlung erobert. In<br />
der aktuellen Situation sind insbesondere<br />
Direktbanken mit ihrem hohen Digitalisierungsgrad<br />
einen entscheidenden Schritt<br />
voraus und ersparen dem Kunden den Weg<br />
in die Bank. Über die Zusammenarbeit mit<br />
externen Vertriebspartnern ergibt sich eine<br />
besonders schlagkräftige Vertriebspower.<br />
Foto: iStock / Skynesher<br />
Die ING Deutschland, Tochter der niederländischen<br />
ING Groep, ist mit rund 9,5<br />
Millionen Kunden die drittgrößte Bank<br />
und die größte Direktbank Deutschlands<br />
und zudem einer der größten Baufinanzierungs-Dienstleister<br />
auf dem hiesigen<br />
Markt. Ein Großteil ihrer Baufinanzierungsprodukte<br />
vertreibt die ING Deutschland<br />
über rund 10.000 Vertriebspartner.<br />
Und dies ohne Kannibalisierung der Vertriebswege,<br />
denn während die Bank selbst<br />
eher von onlineaffinen und gut vorinformierten<br />
Kunden kontaktiert wird, wenden<br />
sich diejenigen Kunden, die deutlich mehr<br />
Expertise und Unterstützung bei der<br />
Auswahl des besten Kredittarifs benötigen,<br />
bevorzugt an Vermittler.<br />
Lesen Sie im Interview auf den nächsten<br />
Seiten, wie die ING Deutschland die aktuelle<br />
Lage auf dem Baufinanzierungsmarkt<br />
beurteilt, mit welchen neuen Maßnahmen<br />
der Vertrieb ausgebaut wird und worauf es<br />
speziell in Zeiten der Corona-Krise in der<br />
Baufinanzierungsberatung ankommt.<br />
Der Wunsch nach<br />
einer eigenen<br />
Immo bilie ist<br />
ungebrochen und<br />
sorgt für einen Baufinanzierungs-Boom.<br />
<strong>procontra</strong> FOKUS in Zusammenarbeit mit ING<br />
Advertorial<br />
29
FOKUS ING<br />
»Cross-Selling wird<br />
immer wichtiger«<br />
Thomas Hein, Leiter Vertrieb Immobilienfinanzierung der ING, über die Weiterentwicklung<br />
des Baufinanzierungsvertriebs und eine erfolgreiche Beratung in Zeiten der Pandemie<br />
– TEXT: OLIVER LEPOLD –<br />
<strong>procontra</strong>: Welche Folgen hatte die<br />
Corona-Krise auf Ihr Geschäft mit der<br />
Baufinanzierung <strong>2020</strong>?<br />
Thomas Hein: Da bei uns schon immer die<br />
Digitalisierung im Fokus stand, waren wir<br />
für die aktuelle Situation gut gerüstet. Im<br />
ersten Halbjahr <strong>2020</strong> konnten wir in der<br />
Baufinanzierung sogar einen deutlichen<br />
Zuwachs gegenüber dem Vorjahr verzeichnen.<br />
Das liegt zum einen an unserem<br />
hohen Digitalisierungsgrad, zum anderen<br />
aber auch daran, dass wir unsere Kreditkriterien<br />
nicht stark anpassen mussten.<br />
<strong>procontra</strong>: Wie haben Kunden die Umstellung<br />
auf kontaktferne Kommunikationsformen<br />
wie Videoberatung und digitale<br />
Signatur bewerkstelligt?<br />
Hein: Kunden und auch unsere Vertriebspartner<br />
haben sich schnell auf die neue<br />
Situation eingestellt und nutzen unsere<br />
Features wie Screen-Sharing in der Beratung<br />
und Upload-Services für die Dokumenten-Zusendung<br />
noch intensiver. Auch<br />
die Einbindung unseres Beraters Digitale<br />
Immobilienfinanzierung bei unseren Vertriebspartnern<br />
hat an Bedeutung gewonnen.<br />
Hier konnten wir unseren Partnern<br />
wichtige Hilfestellungen und individuelle<br />
Tipps geben, um sich in dieser Zeit gut<br />
aufzustellen.<br />
<strong>procontra</strong>: Wie weit ist die Digitalisierung<br />
bei Ihnen fortgeschritten?<br />
Hein: Wir haben viele neue Themen umgesetzt,<br />
die sich unsere Partner gewünscht<br />
haben und die das Tagesgeschäft transparenter<br />
und schneller machen sowie die<br />
papierlose Zusammenarbeit vereinfachen.<br />
In der Kundenecke haben wir den Auszahlungsprozess<br />
deutlich optimiert und<br />
ermöglichen unseren Kunden, ihre Kosten<br />
noch besser selbst im Griff zu haben. Da<br />
Events und Seminare weniger möglich<br />
sind, setzen wir nun auch verstärkt auf<br />
Webinare, Videos und Social Media. Unser<br />
aktuell eingeführter Podcast „Backstage<br />
Baufinanzierung“ kommt ebenfalls gut an.<br />
<strong>procontra</strong>: Sie haben Ihr Key-Account-Management<br />
regionalisiert. Welche Vorteile<br />
haben Kunden dadurch?<br />
Ȇber McMakler nutzen<br />
unsere Partner<br />
exklusiven Infoservice<br />
und verdienen nebenbei<br />
als Tippgeber.«<br />
Hein: Wir sind nun bundesweit mit über 20<br />
Key-Account-Managern vor Ort. Meine<br />
Kollegen verfügen damit über regionale<br />
Marktkenntnisse und bieten den Partnern<br />
Netzwerke, Austauschplattformen und<br />
digitalen Support. Damit sind unsere Vermittler<br />
noch besser informiert, und davon<br />
profitieren die Kunden. Aktuelle Themen<br />
werden noch schneller und bedarfsgerechter<br />
mit den Key-Account-Managern<br />
erarbeitet und Kundenanfragen schnell<br />
erledigt. Aber auch in der Produktentwicklung<br />
profitieren die Kunden davon.<br />
Durch den ständigen Kontakt unserer<br />
Key-Account-Manager mit den Vermittlern<br />
wissen wir – neben den Punkten, die wir<br />
in unserem Eigenvertrieb hören – ziemlich<br />
genau, was Kunden zum Beispiel an Flexibilität<br />
im Produkt möchten, und können<br />
dann zügig auf diese Wünsche reagieren.<br />
<strong>procontra</strong>: Welche Bedeutung haben Vergleichsportale<br />
für das Geschäft?<br />
Hein: Vergleicher sind für uns sehr wichtig.<br />
Sie bieten ein weiteres „Schaufenster“, um<br />
Interessenten unsere guten Konditionen zu<br />
zeigen, und sind ein wettbewerbsfähiger<br />
Kanal für die Aktivierung und Leadgenerierung.<br />
Zudem helfen sie uns, den Markt<br />
zu beobachten. Wir sehen dort genau, an<br />
welchen Punkten wir optimieren sollten<br />
und wie der Wettbewerb gerade unterwegs<br />
ist.<br />
<strong>procontra</strong>: Sie haben eine Kooperation<br />
mit dem Immobilienvermittler McMakler<br />
geschlossen. Welche Ziele verfolgen Sie<br />
damit?<br />
Hein: Sowohl auf der Kundenseite als auch<br />
beim Vertriebspartner zeigte sich vermehrt<br />
ein Bedarf an Unterstützung beim Immobilienkauf<br />
und -verkauf. Diese Lücke<br />
haben wir mit McMakler geschlossen.<br />
Unsere Kunden profitieren dadurch von<br />
der kostenlosen Immobilienbewertung<br />
und professionellen Vermarktung ihrer<br />
Immobilie mit überdurchschnittlich hoher<br />
Abschlusssicherheit. Unsere Partner nutzen<br />
<strong>procontra</strong> FOKUS in Zusammenarbeit mit ING<br />
30 Advertorial
ING FOKUS<br />
Thomas Hein,<br />
Leiter Vertrieb<br />
Immobilienfinanzierung<br />
einen exklusiven Infoservice und verdienen<br />
nebenbei als Tippgeber. Gleichzeitig<br />
führt McMakler ja auch Finanzierungsberatungen<br />
durch und vermittelt Kunden<br />
an uns. Somit profitieren alle Seiten von<br />
der Zusammenarbeit: der Kunde, unser<br />
Vertriebspartner und natürlich McMakler<br />
und wir.<br />
<strong>procontra</strong>: Welche Rolle spielt das Cross-<br />
Selling bei der Baufinanzierung? Welche<br />
Produkte werden dabei besonders häufig<br />
nachgefragt?<br />
Hein: Cross-Selling wird immer wichtiger:<br />
Gerade unser Girokonto bietet sich als<br />
sinnvolle Ergänzung zur Baufinanzierung<br />
an – mit vielen Services online und in der<br />
App wird Banking so zum Kinderspiel.<br />
Aber auch die ING-Ratenkredite und Firmenfinanzierungen<br />
über Lendico ermöglichen<br />
unseren Vermittlern gute Zusatzgeschäfte.<br />
Eine breite Produktpalette hilft<br />
unseren Vertriebspartnern, auch während<br />
der Zinsbindung der Baufinanzierung mit<br />
ihren Kunden in Kontakt zu bleiben und<br />
dann auch bei der Prolongation der Baufinanzierung<br />
zum Zuge zu kommen.<br />
<strong>procontra</strong>: Vergangenes Jahr sind Sie eine<br />
Kooperation mit der Axa eingegangen und<br />
bieten einen speziellen Baufinanzierungs-<br />
Schutz an. Was zeichnet dieses Produkt<br />
aus?<br />
Hein: Gerade in der jetzigen Zeit wollen<br />
Kunden ihre Zahlungsfähigkeit optimal<br />
absichern. Durch das neue Versicherungsangebot<br />
mit der Axa haben sie dazu bei<br />
uns die Möglichkeit, dies einfach direkt<br />
mit der Baufinanzierung abzuschließen.<br />
Unsere Vertriebspartner benötigen zum<br />
Verkauf keine Lizenz nach Paragraf 34d<br />
GewO und schätzen die einfache Prüfung<br />
direkt in der Antragsstrecke. Das Produkt<br />
ist bereits einige Zeit am Laufen, sodass<br />
wir derzeit die Produkt-Features und<br />
Prozesse im Hinblick auf die Feedbacks<br />
unserer Partner und Kunden optimieren.<br />
<strong>procontra</strong>: Sie haben im Bereich der<br />
Zusatzprodukte Ihren Vertrieb deutlich<br />
aufgesattelt. Auf welchen weiteren neuen<br />
Angeboten liegt nun ein Fokus?<br />
Hein: Neben den Ratenkrediten der ING<br />
können unsere Partner nun auch Lendico-<br />
Produkte vertreiben und sich vom riesigen<br />
Markt der Unternehmensfinanzierungen<br />
ein Stück abschneiden. Da passt Lendico<br />
genau zur ING: Hier stehen Schnelligkeit,<br />
Einfachheit und attraktive Konditionen<br />
ebenso im Vordergrund wie bei unseren<br />
anderen Produkten.<br />
<strong>procontra</strong>: Welche Rolle spielen KfW-Förderdarlehen<br />
beim Abschluss?<br />
Hein: Das Angebot der KfW spielt bei einigen<br />
unserer Kunden eine wichtige Rolle,<br />
weil es bestimmte Bauweisen der Zukunft<br />
fördert. Gerade die Nutzung ökologischer<br />
Heizsysteme sowie weitere energieeffiziente<br />
Aspekte sind heute oft gefragt. Da die<br />
Berücksichtigung dieser Punkte sowohl im<br />
Neu- als auch beim Umbau kostenintensiv<br />
ist, werden die entsprechenden Förderungen<br />
gerne in die Finanzierung eingebaut.<br />
Aktuell sind wir auch in Planung,<br />
wie wir unsere Kunden in diesem Punkt<br />
noch mehr unterstützen können, um die<br />
Awareness für die Nachhaltigkeit beim<br />
Bau noch mehr zu schärfen und damit<br />
auch eine entsprechend stabile Wertbasis<br />
des Objekts aus Kundensicht zu erhalten.<br />
<strong>procontra</strong>: Wie lautet ihr Ausblick für die<br />
Baufinanzierung für das bald beginnende<br />
Jahr 2021?<br />
Hein: Wir gehen aktuell weiterhin von<br />
einem niedrigen Zinsniveau aus. Die<br />
Gründe liegen im gesamtwirtschaftlichen<br />
Umfeld sowie in der Staatsverschuldung<br />
in Europa. Im Moment sehen wir keinen<br />
Anlass dafür, dass die EZB den Zins in<br />
nächster Zeit umfangreicher anpassen<br />
wird. Wir schauen positiv Richtung 2021.<br />
Aktuelle Kundentrends wie das Arbeiten<br />
von zu Hause werden die Nachfrage<br />
weiter beleben. Zudem planen wir eine<br />
deutliche Ausweitung unserer Angebote,<br />
Vertriebsaktivitäten und Aktionen. <br />
BAUFI-PODCAST FÜR MAKLER<br />
Sie möchten mehr über den Baufinanzierungsmarkt<br />
und zu den Vertriebsaktivitäten der ING<br />
erfahren? Abonnieren Sie kostenlos den Podcast<br />
„Backstage Baufinanzierung“ über eine Podcast-<br />
App wie zum Beispiel Spotify.<br />
ING-DiBa AG Vertrieb Immobilienfinanzierung Theodor-Heuss-Allee 2 60486 Frankfurt ing.de/partner<br />
Advertorial<br />
31
VERSICHERUNGEN Steile Thesen 2021<br />
STEILE THESEN 2021<br />
Abschied von der 100-Prozent-Garantie +++ Riester-Rente abgeschafft +++ Pflegezusatz wird<br />
zur Pflicht +++ Wohngebäudeschutz teuer wie nie +++ Obligatorium in der bAV +++ Tesla<br />
etabliert Kfz-Policen +++ Cyber mit ersehntem Durchbruch +++ ZZR knackt 100 Milliarden<br />
STEILE THESE<br />
»Mehrheit der<br />
Lebens versicherer<br />
schafft<br />
100-prozentige<br />
Beitragsgarantie ab.«<br />
Seit Jahren ächzen die Lebensversicherer unter<br />
dem Niedrigzinsniveau. Nun zog ausgerechnet<br />
der Branchenprimus die Reißleine und kickte<br />
die 100-prozentige Beitragsgarantie aus dem<br />
Produktregal. Die Reaktionen waren heftig: „Tabubruch“<br />
und „Auslöser eines Dominoeffekts“,<br />
hieß es.<br />
Dabei kehren schon seit Längerem Anbieter der<br />
klassischen Beitragsgarantie den Rücken. „Sie<br />
ist bei faktischen Nullzinsen auch nicht mehr<br />
darstellbar“, meint Prof. Matthias Beenken von<br />
der Fachhochschule Dortmund. „Es spricht<br />
vieles dafür, dass sich der Markt von der vollen,<br />
laufenden Beitragsgarantie verabschiedet“,<br />
prognostiziert er. Axel Kleinlein vom Bund der<br />
Versicherten mutmaßt, dass zwar fast alle<br />
Versicherer die 100-Prozent-Beitragsgarantie<br />
streichen wollen würden, angesichts veralteter<br />
IT-Strukturen aber nicht können. „Unternehmen,<br />
HINTERGRUND: Anfang<br />
Oktober gab die Allianz bekannt,<br />
ab 2021 bei Neuverträgen ihrer<br />
„Perspektive“-Lösung zur Altersvorsorge<br />
die Beitragsgarantie von<br />
100 Prozent zu streichen.<br />
die gut aufgestellt sind, werden die 100-Prozent-<br />
Beitragsgarantie abschaffen, die schlechter<br />
organisierten Anbieter werden erst mal bei der<br />
Garantie bleiben oder in den Run-off gehen“, so<br />
Kleinlein.<br />
Die Allianz erkennt eine zunehmende Bereitschaft,<br />
zugunsten höherer Chancen auf Garantien<br />
zu verzichten: „Viele Kunden sehen den<br />
Zusammenhang von Rendite und Garantie differenzierter<br />
in Zeiten, in denen sie für ihr Erspartes<br />
kaum noch Zinsen oder teilweise Negativzinsen<br />
bekommen“, so Vorstand Andreas Wimmer.<br />
Trotz des Umdenkens der Versicherten wird<br />
es ganz ohne Garantien auch in Zukunft nicht<br />
funktionieren. Dafür ist der Wunsch nach<br />
Sicherheit zu tief verankert. Andererseits kann<br />
der Kunde auch nur das abschließen, was<br />
angeboten wird. Weniger Garantien helfen den<br />
Anbietern das Zinstal durchzustehen. Diese sind<br />
»Es spricht vieles dafür,<br />
dass sich der Markt von<br />
der vollen, laufenden<br />
Beitragsgarantie<br />
verabschiedet.«<br />
Prof. Matthias Beenken,<br />
Fachhochschule Dortmund<br />
sich aber auch bewusst, dass es ihr Alleinstellungsmerkmal<br />
in der Altersvorsorgelandschaft<br />
ist, an dem sie sägen. <br />
PROGNOSE: 2021 wird der<br />
Großteil der Lebensversicherer<br />
die laufende Beitragsgarantie<br />
aus dem Angebot streichen und<br />
entweder auf rein endfällige<br />
100-Prozent-Garantien oder auf<br />
laufende Garantien unter 100<br />
Prozent umstellen.<br />
87<br />
32 <strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|20
Steile Thesen 2021 VERSICHERUNGEN<br />
HINTERGRUND: Die Pflegeversicherung steht vor enormen<br />
Herausforderungen. Zu deren Bewältigung schlägt der Wirtschaftsflügel<br />
von CDU/CSU die Einführung einer verpflichtenden<br />
betrieblichen Pflegezusatzversicherung für Arbeitnehmer vor.<br />
Die Pflege soll nach Auffassung von Gesundheitsminister<br />
Jens Spahn gestärkt werden.<br />
Ein Mehr an Leistungen sowie die bessere<br />
Entlohnung der Pflegekräfte müssen jedoch<br />
bezahlt werden – und zwar von den Pflegebedürftigen.<br />
Schon heute ächzen diese unter den<br />
steigenden Eigenanteilen. Da private Pflegeversicherungen<br />
bisher kaum nachgefragt werden,<br />
könnte der Unions-Vorstoß durchaus Früchte<br />
tragen. Angelehnt an die Pflegezusatzversicherung<br />
CareFlex Chemie fordern die CDU/CSU-<br />
Wirtschaftspolitiker eine staatlich geförderte<br />
betriebliche Pflegeversicherung für alle Arbeitnehmer<br />
– und zwar verpflichtend. Zwar würde<br />
die Möglichkeit bestehen, sie abzulehnen, dann<br />
müssten die Arbeitnehmer für die Eigenanteile<br />
aber selbst aufkommen.<br />
„Ziel muss es sein, die private Pflegevorsorge in<br />
möglichst allen Schichten der Gesellschaft zu<br />
STEILE THESE<br />
»Pflicht zur<br />
Pflegezusatzversicherung<br />
kommt.«<br />
verankern. Je größer die Versichertengemeinschaft,<br />
desto günstiger ist der Schutz für jeden<br />
Einzelnen“, merkt der PKV-Verband hierzu an.<br />
Mit einer Pflichtversicherung ließe sich dieser<br />
Effekt folglich erzielen. Doch auch freiwillige Lösungen,<br />
wie die für die Chemiebranche, könnten<br />
zum Erfolg führen.<br />
PROGNOSE: Nach der<br />
angekündigten Pflegereform von<br />
Gesundheitsminister Spahn dürfte<br />
ein schnelles Nachfassen eher<br />
unwahrscheinlich sein, dennoch<br />
könnten nach der Bundestagswahl<br />
die Karten neu gemischt<br />
werden.<br />
50<br />
STEILE THESE<br />
»Axel Kleinlein<br />
wechselt in den<br />
Allianz-<br />
Vorstand.«<br />
HINTERGRUND: Seit Jahren poltert Verbraucherschützer Axel Kleinlein<br />
gegen die deutschen Lebensversicherer. Mit einem Engagement bei der Allianz<br />
könnte er endlich zeigen, wie es besser geht.<br />
konstruktive Vorschläge, die die Versorgungslücken<br />
der Verbraucher schließen könnten.<br />
Da wäre ein Seitenwechsel doch eine spannende<br />
Herausforderung, um eine verbraucherfreundliche<br />
Altersvorsorge zu konzipieren.<br />
Kriterien: Absicherung des Langlebigkeitsrisikos,<br />
Befriedigung des Sicherheitsbedürfnisses,<br />
Als die Allianz bekannt gab, die 100-Prozent- Vermögensaufbau im Niedrigzinsumfeld. All das<br />
Beitragsgarantie aus dem Angebot zu streichen, funktioniert garantiert nicht mit der Kopfkissenwar<br />
das Öl auf das Feuer, das Axel Kleinlein seit Vorsorge, die der BdV oftmals bevorzugt. <br />
Jahren am Lodern hält. Das Geschäftsmodell<br />
der deutschen Lebensversicherer wandelt aus<br />
seiner Sicht ohnehin am Rande der Legalität,<br />
nun titelte er in seiner Kolumne im „managermagazin“:<br />
„Die Allianz gibt auf.“ An polemischer<br />
PROGNOSE: Die These ist zu steil, um wahr zu werden. Beide Seiten denken darüber<br />
auch nicht ernsthaft nach. Es wäre aus Verbrauchersicht aber wünschenswert,<br />
wenn beide Seiten mehr über Lösungen reden würden.<br />
Kritik spart der Bund der Versicherten (BdV)<br />
traditionell selten. Leider kommen auch selten 0,000001<br />
<strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|20<br />
33
VERSICHERUNGEN Steile Thesen 2021<br />
HINTERGRUND: Die betriebliche Altersversorgung<br />
soll weiter gestärkt und in die breite Bevölkerung<br />
gebracht werden. Das Sozialpartnermodell<br />
entfaltet nicht die gewünschte Wirkung.<br />
Im Zuge des Betriebsrentenstärkungsgesetzes<br />
(BRSG) wurde bereits viel über ein Obligatorium<br />
beziehungsweise Opting-out in der betrieblichen<br />
Altersversorgung diskutiert. 2023 wird<br />
das Gesetz auf seine Wirksamkeit geprüft. Die<br />
Bundesregierung macht kein Geheimnis daraus,<br />
notfalls auch ein Obligatorium zu beschließen,<br />
sollte der gewünschte höhere Verbreitungsgrad<br />
ausbleiben. Für viele Experten hängt diese<br />
Drohgebärde vor allem vom Erfolg des Sozialpartnermodells<br />
ab. Dieser ist bislang bescheiden,<br />
wenngleich jüngst die Talanx und ver.di<br />
konkretere Pläne bekannt gaben. Der Druck auf<br />
die Tarifpartner sei dennoch anscheinend noch<br />
nicht hoch genug, heißt es aus Fachkreisen<br />
insgesamt. Bekommt es die Branche auch ohne<br />
Obligatorium geregelt?<br />
„Fakt ist, dass rund zwei Drittel der Bevölkerung<br />
gut versorgt sind. Mit einem Obligatorium<br />
müssten also gleichzeitig ‚Ventillösungen‘ für<br />
diejenigen eingeführt werden, die schon genug<br />
vorgesorgt haben. Das löst in Deutschland<br />
erfahrungsgemäß hohe Bürokratie-Aufwände<br />
aus“, meint Dr. Henriette Meissner, Geschäftsführerin<br />
der Stuttgarter Vorsorge-Management<br />
GmbH und Generalbevollmächtigte für die bAV<br />
der Stuttgarter Lebensversicherung a. G. Das<br />
restliche Drittel hätte schon heute zu wenig Geld<br />
für Eigenvorsorge. „Ein Obligatorium in ausreichender<br />
Höhe ist in dieser Zielgruppe deplatziert,<br />
weil unbezahlbar“, so die bAV-Expertin, die<br />
stattdessen eine direkte staatliche Förderung,<br />
zum Beispiel über ein Riester-Standardprodukt,<br />
das spezifisch für diese Zielgruppe greift,<br />
favorisiert.<br />
Prinzipiell wäre es zielführender, an einem<br />
Strang zu ziehen. Wenn Politik und Verbraucherschutz<br />
jede Idee und Lösung zerreden, braucht<br />
man sich nicht zu wundern, wenn die Bereitschaft<br />
zur Vorsorge bescheiden bleibt. <br />
STEILE THESE<br />
»Debatte um ein<br />
Obligatorium in<br />
der bAV entflammt<br />
erneut.«<br />
PROGNOSE: Corona hat viele wichtige Themen in den Hintergrund gedrängt. Darunter<br />
auch die betriebliche Altersversorgung. Die Diskussion um ein Obligatorium wird 2021 sehr<br />
wahrscheinlich fortgeführt, mit Blick auf die Bundestagswahl und auf die Überprüfung des<br />
BRSG zwei Jahre später.<br />
75<br />
STEILE THESE<br />
»E-Auto-Bauer<br />
forcieren eigenes<br />
Kfz-Versicherungsgeschäft.«<br />
Über Elektroautos wird viel gesprochen und<br />
geschrieben – auf deutschen Straßen sind sie<br />
bislang aber rar: Laut Kraftfahrzeugbundesamt<br />
machen E-Autos gerade einmal 0,3 Prozent<br />
(136.617) am Gesamt-Pkw-Bestand von rund<br />
47,7 Millionen Fahrzeugen aus. Die Tendenz ist<br />
allerdings steigend. Für den Versicherungsmarkt<br />
scheint das Thema bisher dennoch nicht allzu<br />
lukrativ zu sein. Komplexe Technik, hochpreisige<br />
Hochleistungsbatterien und eine grundlegend<br />
andere Bauweise führen zu erhöhten Prämien<br />
– und das trotz der von Herstellern durch den<br />
HINTERGRUND: Nach Tesla hat mit dem bayerischen Unternehmen Quantron in diesem Jahr bereits<br />
der zweite Hersteller von E-Fahrzeugen angekündigt, künftig auch in Deutschland Versicherungspolicen<br />
anzubieten. Ihre Eigeninitiative begründen die Autobauer damit, dass das Portfolio traditioneller Versicherer<br />
für diesen speziellen Markt nicht ausgereift sei.<br />
technischen Vorsprung versprochenen Minderung<br />
des Unfallrisikos. Hierzu wiederum fehlt es<br />
in Deutschland noch an Erfahrungswerten, auf<br />
die Versicherer bauen können.<br />
Könnte sich die Idee, die maßgeschneiderte<br />
Versicherung zum Auto aus demselben Haus<br />
anzubieten, also weiter durchsetzen? Stephen<br />
Voss, Chef des InsurTechs Neodigital, kann sich<br />
das vorstellen: „Für Hersteller, deren Klientel<br />
eine hohe Markenaffinität besitzt, sehen wir<br />
hier großes Potenzial. Zum einen, weil der Kunde<br />
dann noch enger mit der eigenen Marke durch<br />
die zusätzliche Dienstleistung verbunden<br />
wird, und zum anderen, weil sich das Thema<br />
Versicherung sehr kundenfreundlich in den<br />
Sales-Prozess einbauen lässt.“ Die Kunden in<br />
einem so geschaffenen eigenen Ökosystem –<br />
inklusive Versicherungsleistung – zu halten, wird<br />
Voss zufolge für viele Autohersteller wichtiger.<br />
Allerdings baut Tesla – trotz Stellenausschreibungen<br />
für Aktuare und Ankündigung einer<br />
Versicherungsrevolution – nach wie vor bislang<br />
ganz traditionell auf die Zusammenarbeit mit der<br />
Bavaria Direkt.<br />
PROGNOSE: Es besteht<br />
durchaus die Chance, dass Tesla<br />
der Einstieg in den deutschen<br />
Versicherungsmarkt gelingt –<br />
allerdings kann das noch einige<br />
Zeit kosten. Und bis sich Nachahmer<br />
hervorwagen, werden<br />
wahrscheinlich auch etablierte<br />
Versicherer ihre Angebote für<br />
den wachsenden E-Auto-Markt<br />
verfeinert haben.<br />
35<br />
34 <strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|20
Steile Thesen 2021 VERSICHERUNGEN<br />
HINTERGRUND: Der Bestand an Riester-Renten ist seit einiger Zeit rückläufig.<br />
Das einst mit der Einführung verbundene Ziel, die Altersvorsorge in die<br />
Eigenverantwortung der Bürger zu legen, scheint somit kaum noch umzusetzen<br />
zu sein.<br />
Maue Rendite, zu hohe Abschlusskosten,<br />
undurchsichtige Bedingungen: Kritik an der<br />
Riester-Rente ist nicht neu, gewinnt durch den<br />
stagnierenden, zuletzt gar rückläufigen Bestand<br />
aber neu an Fahrt. Die Bundesregierung hat<br />
sich des Problems angenommen und einen<br />
Reformprozess lanciert, doch Rufe nach einer<br />
Abschaffung der Riester-Rente zugunsten der<br />
gesetzlichen Rente oder nach Einführung eines<br />
Standardprodukts ohne Mitwirken der Versicherer<br />
werden lautstark vorgetragen.<br />
Dass die Riester-Rente in Teilen der Politik<br />
mittlerweile einen schweren Stand hat, sieht<br />
man auch bei der Bayerischen. Zudem bestehe<br />
die Gefahr, dass sich die Politik die kostspielige<br />
Förderung sparen möchte, um Finanzmittel<br />
für die Corona-Krise frei machen zu können.<br />
Dennoch ist man beim bayerischen Versicherer<br />
nicht von einer Abschaffung im kommenden<br />
STEILE THESE<br />
»Riester-<br />
Rente wird<br />
abgeschafft.«<br />
Jahr überzeugt – schließlich beteiligten sich<br />
weiterhin viele Akteure am besagten Reformprozess.<br />
Die Bundestagswahl im kommenden Jahr<br />
mache eine kurzfristige Abschaffung ebenfalls<br />
unwahrscheinlich. Zudem spreche der hohe<br />
Vertragsbestand dafür, dass die Riester-Rente<br />
eines der weltweit erfolgreichsten Instrumente<br />
zur Förderung der privaten Altersvorsorge sei.<br />
Eine Reform sei somit sachdienlich, eine Abschaffung<br />
hingegen nicht.<br />
PROGNOSE: Die Abschaffung<br />
der Riester-Rente hat zwar durchaus<br />
ihre Fürsprecher, dürfte in<br />
Regierungskreisen aktuell jedoch<br />
keine Mehrheit finden.<br />
20<br />
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35
VERSICHERUNGEN Steile Thesen 2021<br />
STEILE THESE<br />
»Cyberversicherung<br />
gelingt der<br />
Durchbruch.«<br />
HINTERGRUND: Die Cyberversicherung sei die<br />
Feuerversicherung des 21. Jahrhunderts, werden<br />
Experten nicht müde zu betonen. Allein für Deutschland<br />
wurde das Prämienvolumen auf 15 bis 26 Milliarden<br />
Euro bis 2036 geschätzt. Laut GDV betrug der<br />
Gesamtbestand 2019 aber insgesamt nur 60.000<br />
Policen – lediglich 10.000 mehr als im Vorjahr. Angesichts<br />
von 3,5 Millionen Betrieben in Deutschland<br />
fällt die Entwicklung bislang enttäuschend aus.<br />
Virtuelle Meetings, Homeoffice-Kultur, aber auch<br />
die kommende elektronische Patientenakte zeigen,<br />
dass die Digitaldynamik inzwischen weite<br />
Teile des Lebens erfasst hat. Damit wächst auch<br />
die Zahl der Cyberkriminellen, die sich Lücken<br />
im System zunutze machen. Laut Bundesamt<br />
für Sicherheit in der Informationstechnik bilden<br />
sie inzwischen die weltweit umsatzstärkste<br />
Kriminalitätssparte und sorgen allein in Deutschland<br />
jährlich für einen Schaden von mehr als<br />
50 Milliarden Euro. Die Bedrohung ist da – und<br />
kann Unternehmen wie Privatleute in tiefe Krisen<br />
stürzen. Laut „Allianz Risk Barometer <strong>2020</strong>“, für<br />
das mehr als 2.700 Risikoexperten befragt wurden,<br />
nehmen Hackerangriffe, Schadsoftware &<br />
Co. den zweiten Platz hinter Betriebsunterbrechungen<br />
ein. Dafür wäre in Form der Cyberversicherung<br />
eigentlich ein Impfstoff gefunden – nur<br />
wird er bislang wenig genutzt.<br />
„Unlängst berichtete ein Hochschuldozent<br />
davon, dass 95 Prozent seiner Informatikstudenten<br />
den Begriff Cyberversicherung noch<br />
nicht einmal kannten, geschweige denn sich ein<br />
Bild über mögliche Leistungen machen konnten.<br />
Die Vermittler berichten von einem völlig<br />
fehlenden Verständnis über die Gefahren und<br />
damit verbundenen Risiken der Digitalisierung in<br />
Unternehmen und bei Privatpersonen“, berichtet<br />
der auf das Thema spezialisierte Makler Mike<br />
Amelang. Sind zumindest Großkonzerne und<br />
Staat in der Abwehr aktiv, ist die Dringlichkeit<br />
bei Kleinunternehmen und Mittelständlern noch<br />
nicht angekommen. Amelangs Vorschlag: „Der<br />
Staat sollte Schutzmaßnamen beim Umgang mit<br />
der Digitalisierung vorgeben und prüfen.“ Über<br />
einen solchen Zwang – verbunden mit Bußgeldern<br />
bei Nichtbeachtung – habe sich einst<br />
auch die Anschnallpflicht im Auto als selbstverständlich<br />
etabliert. Dass eine solche Pflicht im<br />
kommenden Jahr eingeführt wird: äußerst unwahrscheinlich.<br />
Aber die Corona-Krise vervielfältigt<br />
die Schadensfälle und führt immerhin dazu,<br />
dass sich auch kleine Unternehmen zunehmend<br />
mit dem Thema auseinandersetzen. <br />
PROGNOSE: Leichte Anstiege<br />
bei Cyberschutzpolicen sind<br />
realistisch. Der Nutzen und das<br />
Leistungsspektrum bleiben aber<br />
schwer zu vermitteln, auch die<br />
Tarifwelt ist noch nicht ausgereift.<br />
Hinzu kommen finanzielle<br />
Engpässe durch die Corona-Folgen.<br />
Zum Kassenschlager werden<br />
Cyberpolicen im kommenden<br />
Jahr noch nicht.<br />
10<br />
HINTERGRUND: 2021 ist Bundestagswahl. Für die Zeit nach<br />
Angela Merkel erscheint vieles möglich, aber auch die Abwahl<br />
des dualen Krankenversicherungssystems? Die Unterstützer der<br />
Bürgerversicherung bauen vor allem auf die Angst vor Beitragssprüngen<br />
in der PKV.<br />
Ihre Befürworter versprechen sich von der Bürgerversicherung<br />
eine verbesserte Versorgung<br />
und geringere Beiträge im Vergleich zur GKV. Bei<br />
der Bundestagswahl könnte der Systemwechsel<br />
erneut auf den Tisch kommen. Stehen die Chancen<br />
diesmal gut für eine Durchsetzung?<br />
Aus Sicht von Sabine Dittmar, gesundheitspolitische<br />
Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion,<br />
ist die PKV über kurz oder lang ein Auslaufmodell.<br />
Das liege an den Beitragsanpassungen, die<br />
auf lange Sicht nicht absehbar seien. „Mit jeder<br />
neuen Welle von Prämiensteigerungen zum Jahresende<br />
erreichen mich Briefe von verzweifelten<br />
Privatversicherten, die angesichts davongaloppierender<br />
Versicherungsbeiträge nicht mehr<br />
wissen, wie sie diese bezahlen sollen“, sagte<br />
STEILE THESE<br />
»Bürgerversi cherung<br />
wird beschlossen.«<br />
Dittmar gegenüber <strong>procontra</strong>.<br />
Dagegen spricht, dass sich dieses System<br />
schon seit Jahrzehnten etabliert hat und die Anbieter<br />
auch immer mehr auf Tarife mit Beitragsstabilität<br />
im Alter setzen. So argumentiert auch<br />
der PKV-Verband mit einer Pferde-Metapher:<br />
„Das Ideologie-getriebene Konzept der Einheitsversicherung<br />
ist so eine Art ‚reitende Leiche‘, die<br />
alle Jahre wieder im Wahlkampf aus der Gruft<br />
geholt wird. Doch sie war für ihre Protagonisten<br />
noch nie ein Gewinnerthema bei der Wahl.“ Zudem<br />
habe sich das duale Gesundheitssystem in<br />
der Corona-Krise bislang als leistungsfähig und<br />
gerecht bewährt. <br />
PROGNOSE: Die Bürgerversicherung<br />
ist griffig, anders – und<br />
eignet sich deshalb gut für den<br />
Wahlkampf. Dass sie sich angesichts<br />
wachsender Bereitschaft<br />
zur privaten Vorsorge durchsetzt,<br />
erscheint aber unwahrscheinlich.<br />
10<br />
36 <strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|20
Steile Thesen 2021 VERSICHERUNGEN<br />
HINTERGRUND: Viele Wohngebäudeversicherer<br />
wirtschafteten in den vergangenen<br />
Jahren defizitär, die steigende<br />
Unwetterwahrscheinlichkeit droht das<br />
Geschäft zusätzlich zu verhageln.<br />
STEILE THESE<br />
»Prämien explosion<br />
in der Wohngebäudeversicherung.«<br />
belasten, sodass Versicherer dieses Instrument<br />
eher umsichtig anwenden und es vermeiden,<br />
massive Anpassungen auf einmal durchzuführen,<br />
sondern nach Möglichkeit in kleineren<br />
Schritten“, merkt Wittkamp an.<br />
Die Wohngebäudeversicherung gilt allgemein<br />
als Sorgenkind der Versicherer: Seit Jahren<br />
arbeitet ein Großteil nicht profitabel: Nur 15 der<br />
50 größten Anbieter konnten zwischen 2013<br />
und 2018 Gewinne erwirtschaften, auch zuletzt<br />
sah es trotz verbesserter Combined Ratio nicht<br />
viel besser aus. Das sich mit dem Klimawandel<br />
verschärfende Unwetterrisiko und marode<br />
Wasserleitungen in vielen Häusern setzen die<br />
Versicherer zusätzlich unter Druck, was zum Teil<br />
hohe Beitragsanpassungen nach sich ziehen<br />
könnte.<br />
Eine marktweite, drastische Verteuerung der<br />
Versicherungsprämien hält Dennis Wittkamp,<br />
Fachkoordinator Schaden- und Unfallversicherungen<br />
bei der Ratingagentur Assekurata,<br />
dennoch für komplett unwahrscheinlich.<br />
Schließlich erwirtschaftet ein Teil der Versicherer<br />
sehr wohl Gewinne, das unwetterarme Jahr<br />
<strong>2020</strong> dürfte sich zudem stabilisierend auf die<br />
Ertragssituation auswirken. „Darüber hinaus<br />
gilt es zu bedenken, dass hohe Beitragsanpassungen<br />
immer auch die Beziehung zum Kunden<br />
PROGNOSE: Zwar ist es<br />
durchaus wahrscheinlich, dass<br />
einzelne Verträge hohe Anpassungen<br />
erfahren werden, eine<br />
flächendeckende Prämienexplosion<br />
ist aber höchst unwahrscheinlich.<br />
15<br />
HINTERGRUND: Die Regierung ordnet Corona-bedingte Massenschließungen<br />
von Betrieben an. Die Versicherer kämpfen an breiter Front gegen die Übernahme<br />
dieser gewaltigen Schadenslast. Der Imageschaden war so vorprogrammiert. Hat die<br />
Betriebsschließungsversicherung (BSV) überhaupt noch eine Zukunft?<br />
STEILE THESE<br />
»Versicherer<br />
ziehen sich aus<br />
der Betriebsschließungsversicherung<br />
zurück.«<br />
Das BSV-Dilemma hat dem Image der Versicherungsbranche<br />
bereits geschadet. Ob<br />
in Satireshows oder auf reichweitenstarken<br />
Social-Media-Kanälen, überall wird über die<br />
Betriebsschließungsversicherer hergezogen, die<br />
im Schadensfall nicht leisten. Solche negativen<br />
Einschläge könnten sich in weiteren Pandemie-<br />
Wellen wiederholen. Immer neue Rechtsstreits,<br />
immer neue Shitstorms. Also lieber ein Ende mit<br />
Schrecken als ein Schrecken ohne Ende? Raus<br />
aus dem Portfolio mit der BSV, die ja nur Ärger<br />
macht?<br />
Tatsächlich kündigen einige Versicherer<br />
die Verträge ihrer Kunden. Beim genaueren<br />
Hinsehen werden dann häufig postwendend<br />
Ersatzverträge angeboten – allerdings mit<br />
dem klaren Ausschluss allgemein verfügter<br />
Schließungen oder gar dem kompletten Verzicht<br />
auf Corona-bedingte oder andere pandemische<br />
Schäden. Im Zuge der Änderungskündigungen<br />
hatte Fachanwalt Stephan Michaelis manchen<br />
Anbietern bereits die Erpressung ihrer Kunden<br />
vorgeworfen. Seine Einschätzung: „Die BSV wird<br />
im Wesentlichen einen Leistungsanspruch darauf<br />
reduzieren, dass sich der Versicherungsfall<br />
‚aus dem Betrieb heraus‘ definiert und nur die<br />
einzelfallbezogenen, hoheitlich angeordneten<br />
Betriebsschließungen Versicherungsschutz<br />
genießen.“<br />
PROGNOSE: Durch den aktuellen<br />
Wandel wird die BSV, wie<br />
sie lange Jahre verkauft wurde,<br />
quasi vollständig verschwinden.<br />
Die meisten Versicherer werden<br />
die BSV behalten, aber anpassen.<br />
Allerdings wird sich mittelfristig<br />
zeigen, ob sie nach Imageschäden<br />
und Ausschlüssen noch eine<br />
große Zukunft hat.<br />
15<br />
<strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|20<br />
37
VERSICHERUNGEN Steile Thesen 2021<br />
HINTERGRUND: Das Zinsniveau<br />
bleibt dauerhaft niedrig.<br />
Ende 2019 notierte die Zinszusatzreserve<br />
bereits bei über 70<br />
Milliarden Euro.<br />
Seit 2011 müssen die deutschen Lebensversicherer<br />
eine Zinszusatzreserve (ZZR) bilden,<br />
um ihre Garantieversprechen früherer Tage<br />
abzusichern. Seitdem sank das Zinsniveau<br />
stetig auf ein Dauer-Rekordtief, wodurch auch<br />
der Referenzzinssatz der Zinszusatzreserve<br />
weiter fiel. 2018 erlaubte der Gesetzgeber dann<br />
zwar einen verlangsamten Aufbau der ZZR, um<br />
den jährlichen Finanzierungsdruck zu mildern.<br />
Absolut gesehen wächst sie jedoch weiter: Bis<br />
Ende 2019 bauten die 65 Lebensversicherer im<br />
<strong>procontra</strong>-LV-Check bereit 70,1 Milliarden Euro<br />
an ZZR auf. Allein 14,8 Milliarden davon muss die<br />
Allianz „auf Reserve halten“.<br />
Dr. Guido Bader, Vorstand der Deutschen Aktuarvereinigung,<br />
schätzt die 100-Milliarden-These als<br />
durchaus realistisch ein: „Es gibt keine Indikatoren<br />
dafür, dass der Zehn-Jahres-Euro-Swap-<br />
Satz in den nächsten Monaten deutlich steigen<br />
wird. Daher ist mit einem weiteren Absinken des<br />
Referenzzinses für die Zinszusatzreserve zu<br />
rechnen. Bewegt sich dies im aktuellen Rahmen,<br />
so wird die ZZR in den Bereich von 100 Milliarden<br />
Euro bis Ende 2021 ansteigen.“<br />
Die Analysten von Assekurata rechnen bis<br />
2030 in ihren Hochrechnungen sogar mit einer<br />
Zinszusatzreserve von über 150 Milliarden Euro.<br />
Noch verfügen die Lebensversicherer über ausreichend<br />
stille Reserven, um die ZZR finanzieren<br />
zu können.<br />
STEILE THESE<br />
»Zinszusatz reserve<br />
steigt auf über<br />
100 Milliarden Euro.«<br />
PROGNOSE: Die Corona-Krise zementiert die Zinsen auf Jahre am Nullpunkt. Eine Zinswende<br />
ist nicht in Sicht. Weiterer und hoher Finanzierungsbedarf der ZZR ist die Folge.<br />
96<br />
STEILE THESE<br />
»Biometrie-<br />
Zuschläge bei überstandener<br />
Corona-<br />
Erkrankung.«<br />
HINTERGRUND: Die Spätfolgen einer Corona-Erkrankung sind trotz angestrengter<br />
Forschung noch sehr ungewiss. Wie wirkt sich das auf die Zusage biometrischen<br />
Versicherungsschutzes aus? Ein Experte spricht von Risikozuschlägen und zurückgestellten<br />
Anträgen.<br />
Weltweit wird nicht nur angestrengt nach Impfstoffen<br />
und Medikamenten gegen das Corona-<br />
Virus geforscht. Auch die noch recht unklaren<br />
Spätfolgen einer durchgestandenen Corona-<br />
Erkrankung werden erkundet. Doch bis diese<br />
feststehen, ist es für Lebens- und Krankenversicherer<br />
nahezu unmöglich, das gesundheitliche<br />
Risiko genesener Neukunden einzuschätzen.<br />
Sollte sich beispielsweise herausstellen, dass<br />
eine Corona-Erkrankung die Lebenserwartung<br />
deutlich senkt, so müssten Risikolebensversicherer<br />
deutlich höhere Beiträge für diese<br />
Kundengruppe aufrufen. Ähnliches wäre bei<br />
Berufsunfähigkeits- und PKV-Policen der Fall,<br />
sollte das Virus die Belastbarkeit des Patienten<br />
langfristig senken oder eine teure, lebenslange<br />
Medikation bedingen.<br />
Laut Biometrie-Experte Alexander Schrehardt<br />
wurden bereits BU-Anträge von Menschen mit<br />
einer Infektion in der medizinischen Vita zurückgestellt.<br />
„Die Bemessung von Risikozuschlägen<br />
kann auf der Grundlage des aktuell noch<br />
unzureichenden Datenmaterials nur wahlweise<br />
aus dem Kaffeesatz gelesen oder gewürfelt<br />
werden“, schätzt Schrehardt. Sein Vorschlag,<br />
um Anträge nicht jahrelang zurückzustellen:<br />
zeitlich auf ein bis zwei Jahre befristete Risikozuschläge.<br />
Schließlich dürfte die eindeutige<br />
Zuordnung von Erkrankungen mit der Zeit immer<br />
schwieriger werden. <br />
PROGNOSE: Solche Risikozuschläge<br />
wären aus Sicht der<br />
Versicherer nachvollziehbar.<br />
Aufgrund der vagen Grundlage<br />
könnten sie aber Klagen nach<br />
sich ziehen und rechtlich nicht<br />
haltbar sein. Jedenfalls müssen<br />
die Versicherer einen Weg finden,<br />
auch „Corona-Anträge“ zeitnah<br />
zu policieren.<br />
25<br />
38 <strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|20
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VERSICHERUNGEN Gesundheitsvorsorge<br />
PKV-KÖCHER GUT GEFÜLLT<br />
In der Pandemie steigt das Gesundheitsbewusstsein der Menschen spürbar,<br />
viele öffnen sich dem privaten Zusatzschutz.<br />
Weitere Vertriebschancen für Makler kommen hinzu. Doch ein Ärgernis bleibt.<br />
– TEXT: STEFAN TERLIESNER –<br />
Makler mit Fokus auf die private Krankenversicherung<br />
(PKV) haben alle Hände<br />
voll zu tun. Ein mächtiger Treiber ist die<br />
Corona-Pandemie. Vermittler müssten ihr<br />
Büro digitalisieren, Kunden mit Zahlungsschwierigkeiten<br />
beraten und eine erhöhte<br />
Nachfrage bewältigen, berichtet Christian<br />
Faber vom Maklerdienstleister KV-Werk<br />
(siehe Interview). „Wir stellen fest, dass<br />
das Bewusstsein der Bevölkerung für einen<br />
leistungsfähigen Versicherungsschutz gewachsen<br />
ist“, heißt es etwa bei der Hanse-<br />
Merkur.<br />
Die ersten Versicherer berichten bereits<br />
von beeindruckenden Wachstumszahlen.<br />
So meldete die Arag Krankenversicherung<br />
eine Verdopplung des Neugeschäfts nach<br />
Beiträgen. Daran mitgewirkt hätten auch<br />
die neuen Vollversicherungstarife Med-<br />
Extra und MedBest. Laut Arag-Vorstand<br />
Roland Schäfer „haben sich die beiden<br />
leistungsstarken Produkte zu weiteren Verkaufsschlagern<br />
entwickelt“.<br />
NEGATIVTREND GEBROCHEN<br />
In der Krise nehmen viele Menschen die<br />
Vorzüge einer privaten Absicherung wieder<br />
wahr; zum Beispiel schnelle Terminvergabe<br />
beim Arzt und kein langes Warten in<br />
überfüllten Wartezimmern. Das gilt sowohl<br />
40 Illustration: Eleonora Mavromati
Gesundheitsvorsorge VERSICHERUNGEN<br />
WACHSTUMSSTARKE VERSICHERER<br />
PKV-Anbieter mit dem größten Plus an Vollversicherten 2019<br />
+<br />
41.243<br />
+<br />
7.728<br />
+<br />
3.933<br />
+<br />
1.795<br />
+<br />
1.574<br />
+<br />
1.255<br />
+<br />
1.125<br />
+<br />
716<br />
+<br />
551<br />
+<br />
2<strong>06</strong> +<br />
8<br />
Debeka<br />
Hanse<br />
Merkur<br />
Axa<br />
Huk-<br />
Coburg<br />
Signal<br />
Iduna<br />
Concordia Barmenia Alte<br />
Oldenburger<br />
LVM<br />
Nürnberger<br />
Provinzial<br />
Hannover<br />
Angaben in absoluten Zahlen<br />
Quelle: Versicherungsforen Leipzig<br />
für das Geschäft mit Zusatz- wie für das mit<br />
Vollversicherungen. In diesem Jahr dürfte<br />
sogar ein Negativtrend gebrochen werden.<br />
Erstmals seit 2011 könnte die Zahl der<br />
Vollversicherten in der PKV wieder steigen.<br />
Genaues wird man erst in einigen Monaten<br />
wissen, wenn die Daten für <strong>2020</strong> vorliegen.<br />
Denn die Corona-Pandemie zwingt vermutlich<br />
etliche Selbstständige, deren Einnahmen<br />
wegen der staatlich angeordneten<br />
Geschäftsschließungen wegbrechen, zu<br />
einem Austritt aus der PKV. Wie der Saldo<br />
letztlich aussieht, bleibt also abzuwarten.<br />
Schwung ins Vollversicherungsgeschäft<br />
bringt auch eine Sonderöffnungsaktion des<br />
Verbands der Privaten Krankenversicherung.<br />
Noch bis zum 31. März 2021 bieten<br />
die Mitgliedsunternehmen allen gesetzlich<br />
versicherten Beamten mit Vorerkrankungen<br />
oder Behinderungen einen erleichterten Zugang<br />
ins PKV-System an. Auch für Angehörige<br />
gilt das Angebot, sofern sie Anspruch<br />
auf Beihilfe haben und nicht versicherungspflichtig<br />
in der GKV sind. Bereits heute sind<br />
mehr als die Hälfte der PKV-Vollmitglieder<br />
Beihilfeberechtigte, das heißt, für die Kosten<br />
der Krankenversicherung erhalten<br />
sie einen Zuschuss von ihrem jeweiligen<br />
Dienstherrn. Mit der Öffnungsaktion haben<br />
Staatsdiener, die bisher versäumt haben,<br />
sich privat zu versichern, noch einmal<br />
die Chance dazu. „Wir setzen damit ein<br />
Signal, dass Beamte und PKV zusammengehören“,<br />
sagt PKV-Verbandsdirektor Florian<br />
Reuther.<br />
GELEGENHEIT ZUR ANSPRACHE<br />
Für Makler bietet die Kampagne eine gute<br />
Gelegenheit, entsprechende Kunden auf die<br />
Wechselmöglichkeit anzusprechen. Versicherer<br />
wie zum Beispiel HanseMerkur<br />
haben bereits im Vorfeld der Aktion neue<br />
Tarife für Beamte auf den Markt gebracht.<br />
„Jetzt geben wir auch im Markt der Beihilfetarife<br />
mehr Gas“, betont ein Unternehmenssprecher.<br />
Das Beihilfegeschäft sei<br />
wichtig, weil es bislang keinen Änderungen<br />
in der Sozialversicherung unterworfen war.<br />
Im Selbstständigen-Segment dagegen würden<br />
die „Dumpingpreise der GKV das Geschäft<br />
verkleinern“. Und im Angestellten-<br />
Sektor komme die PKV regelmäßig durch<br />
die Erhöhung der Versicherungspflichtgrenze<br />
unter Druck. Derzeit dürfen Arbeitnehmer<br />
nur in die PKV wechseln, wenn sie<br />
mehr als 62.550 Euro im Jahr verdienen.<br />
Für 2021 erhöht sich diese Jahresarbeitsentgeltgrenze<br />
auf 64.350 Euro. Seit Jahren<br />
steigt sie um 2 bis 3 Prozent.<br />
»Das Bewusstsein der<br />
Bevölkerung für leistungsfähigen<br />
Schutz<br />
ist gewachsen.«<br />
SPRECHER DER HANSEMERKUR<br />
Im Gegensatz zur lange schwächelnden<br />
Vollversicherung wächst das Zusatzgeschäft<br />
seit Jahren kontinuierlich um 2 bis<br />
3 Prozent. Aktuell dürfte es einen Bestand<br />
von fast 28 Millionen Zusatzpolicen geben.<br />
Bei Kunden beliebt ist insbesondere Zahnzusatz.<br />
Aber auch die betriebliche Krankenversicherung<br />
erweist sich als Zugpferd<br />
innerhalb des Zusatzgeschäfts. Zwar ist die<br />
Durchdringungsquote noch gering – laut<br />
Versicherungsforen Leipzig bieten aktuell<br />
7 Prozent der Unternehmen eine Absicherung<br />
über den Betrieb an –, indes stiegen<br />
Interesse und Angebot stark an.<br />
SCHUTZ ÜBER DEN BETRIEB<br />
Branchenkenner halten die Absicherung<br />
über den Betrieb zusätzlich zur gesetzlichen<br />
Kasse für einen Wachstumsmarkt.<br />
Argumente wie Fachkräftemangel und ein<br />
steigendes Durchschnittsalter der Beschäftigten<br />
respektive ein erhöhtes Risiko krankheitsbedingter<br />
Ausfälle würden immer<br />
mehr Arbeitgeber bewegen, einen zusätzlichen<br />
Krankenschutz für ihre Mitarbeiter<br />
anzubieten. Immer häufiger stimmten Unternehmen<br />
dabei einer arbeitgeberfinanzierten<br />
Absicherung zu. Das wiederum eröffne<br />
den Produktgebern viel Spielraum bei<br />
der Tarifgestaltung.<br />
Seit November <strong>2020</strong> zum Beispiel ist die<br />
Continentale mit dem Angebot ConCept<br />
Choose auf dem Markt. Für die Dortmunder<br />
bildet der Tarif den Einstieg in die betriebliche<br />
Krankenversicherung. Weitere<br />
Tarife sollen folgen.<br />
„Mit Choose“, sagt Helmut Hofmeister,<br />
Vorstand bei der Continentale Krankenversicherung,<br />
„können Vermittler Unternehmen<br />
immer eine passende Absicherung für<br />
deren Mitarbeiter anbieten, die auch deren<br />
Familienangehörigen zur Verfügung steht.“<br />
Das Prinzip: Der Arbeitgeber wählt ein<br />
jährliches Gesundheitsbudget für die Beschäftigten<br />
aus: 400, 800 oder 1.200 Euro<br />
pro Jahr und Mitarbeiter. Mindestens zehn<br />
Arbeitnehmer müssen versichert werden.<br />
Der einzelne Mitarbeiter bestimmt dann,<br />
welche Leistungen des Versicherers er innerhalb<br />
dieses Finanzrahmens und der<br />
versicherbaren Leistungen in Anspruch<br />
<strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|20<br />
41
VERSICHERUNGEN Gesundheitsvorsorge<br />
nehmen möchte – und zwar ambulant,<br />
stationär oder beim Zahnarzt.<br />
FLEXIBILITÄT FÜR ARBEITGEBER<br />
„Damit bieten Arbeitgeber immer den richtigen<br />
Schutz und machen Vermittler immer<br />
das richtige Angebot“, unterstreicht Hofmeister.<br />
Das Produkt sei arbeitgeberfinanziert.<br />
Eine Innovation im Markt sei das<br />
Ansparen von Mitteln bei Leistungsfreiheit.<br />
Nimmt ein Arbeitnehmer in einem Jahr<br />
keine Leistungen in Anspruch, kann er jeweils<br />
10 Prozent über 5 Jahre ansparen. In<br />
der Spitze kann er also auf ein Budget von<br />
1.800 Euro kommen. „Gerade bei größeren<br />
Behandlungen wie bei Zahnersatz kann<br />
dies sinnvoll sein“, meint Hofmeister. Solche<br />
flexiblen und individualisierbaren Lösungen<br />
gibt es auch von anderen Versicherern.<br />
Die Gothaer zum Beispiel bietet seit<br />
Sommer <strong>2020</strong> drei Töpfe mit 300, 500 und<br />
750 Euro jährlich. Die Alte Leipziger kam<br />
als einer der ersten Anbieter 2019 mit Feelfree<br />
als Budgettarif auf den Markt.<br />
Als weiteres Beispiel für neue Tarife in<br />
der betrieblichen Krankenversicherung sei<br />
noch einer der HanseMerkur genannt. Seit<br />
Juli <strong>2020</strong> ist der Versicherer mit dem bKV-<br />
Tarif BKA am Markt, wie ein Sprecher auf<br />
Anfrage sagte. Und weiter: „Dabei handelt<br />
es sich um eine ambulante Krankenversicherung<br />
mit dem Kernziel der individuellen<br />
Absicherung der unterschiedlichen<br />
Bedürfnisse der Mitarbeiter einer Firma im<br />
Rahmen nur eines Tarifs.“ Neben Vorsorgeleistungen<br />
und Prävention biete dieser<br />
ein Spektrum an ambulanten Leistungen<br />
an, die der Mitarbeiter je nach Bedarf frei<br />
wählen könne. Der Arbeitgeber profitiere<br />
durch die Flexibilität, da die unterschiedlichen<br />
Bedürfnisse seiner Arbeitnehmer<br />
mit nur einem Tarif erfüllt würden. Laut<br />
HanseMerkur „wird der Tarif sehr gut vom<br />
Vertrieb angenommen“. Solche Ideen jedenfalls<br />
sollen daran mitwirken, die noch<br />
niedrige Durchdringungsquote in den Betrieben<br />
zu steigern. Dann befände sich das<br />
Zusatzgeschäft weiterhin auf einem Wachstumskurs.<br />
BEITRAGSSPRÜNGE ALS PROBLEM<br />
Nach so vielen guten Aussichten für das<br />
PKV-Geschäft muss an dieser Stelle auch<br />
auf aufziehende Gewitterwolken hingewiesen<br />
werden – und wieder ist Corona die Ursache.<br />
Zur Ankurbelung der Investitionsund<br />
Konsumnachfrage hat die Europäische<br />
Zentralbank das Zinstief am Kapitalmarkt<br />
zementiert. Damit fällt es Versicherern mit<br />
Fokus auf festverzinsliche Anleihen immer<br />
schwerer, ausreichende Erträge zu erzielen.<br />
Das wiederum erhöht bei den einzelnen Unternehmen<br />
den Druck zur Absenkung des<br />
»Makler bei der bKV zu zaghaft«<br />
CHRISTIAN FABER, Teamleiter PKV-Kompetenzcenter beim Maklerdienstleister KV-Werk<br />
<strong>procontra</strong>: Wie attraktiv ist das PKV-Geschäft<br />
aktuell für Makler?<br />
Christian Faber: Die PKV hat mit Einführung der<br />
Unisex-Tarife die Weichen richtig gestellt, und<br />
so langsam macht sich das in den Abschlusszahlen<br />
bemerkbar. Zusatz, insbesondere<br />
Zahn, ist quasi ein Selbstläufer. Die bKV ist der<br />
Wachstumsmarkt der Zukunft, wird aber seitens<br />
der Makler noch zu zaghaft angegangen. Die<br />
Provisionen sind nach wie vor hoch attraktiv. Die<br />
verlängerte Stornohaftung hat ebenfalls Positives<br />
bewirkt, da sie einige „schwarze Schafe“<br />
aus dem Markt gedrängt hat.<br />
<strong>procontra</strong>: Eine Sonderöffnungsaktion für<br />
Beamte, die noch in der GKV sind, soll für mehr<br />
Schwung in der Vollversicherung sorgen. Wie<br />
kommt das im Markt an?<br />
Faber: Es ist richtig, die Tür zur PKV für diesen<br />
Personenkreis noch mal zu öffnen. Die große<br />
Antragswelle konnten wir aber bei uns deshalb<br />
noch nicht feststellen. Das liegt sicher auch<br />
daran, dass die Aktion nur vom PKV-Verband<br />
und der Fachpresse beworben wird und die<br />
Unternehmen selbst hier sehr zurückhaltend<br />
agieren.<br />
<strong>procontra</strong>: Haben Makler in der Corona-Pandemie<br />
eigentlich mehr zu tun?<br />
Faber: Allein die Arbeitsweise hin zur digitalen<br />
Beratung hat den Arbeitsalltag von vielen auf<br />
den Kopf gestellt. Hier merken wir durch unsere<br />
Kooperation mit Maklerpools wie blau direkt,<br />
insuro und Wifo, welche Vorteile und Erleichterung<br />
die Digitalisierung mitbringen kann, wenn<br />
man es richtig angeht. Themen wie Zahlungs-<br />
schwierigkeiten oder Stornos kamen natürlich<br />
häufiger als sonst vor, aber auch nicht in der<br />
Masse, wie man es zu Anfang der Pandemie befürchtet<br />
hat. Und: Das Bewusstsein der Kunden<br />
für das Thema Gesundheit ist weiter gestiegen,<br />
was sich auch an der Zahl der Abschlüsse<br />
ablesen lässt.<br />
<strong>procontra</strong>: Die nochmals tieferen Kapitalmarktzinsen<br />
zwingen Anbieter zu Beitragserhöhungen.<br />
Rufen bald verärgerte Kunden bei<br />
Maklern an?<br />
Faber: Die Verärgerung der Kunden beruht ja zumeist<br />
auf der Tatsache, dass die Anpassungen<br />
häufig im zweistelligen Bereich stattfinden. Hier<br />
ist die Politik gefragt, dies zu ändern, und der<br />
PKV-Verband drängt ja auch bereits seit Jahren<br />
auf eine Änderung der Kalkulationsverordnung.<br />
Das Zinsniveau ist natürlich ein Thema, welches<br />
insbesondere langjährige Bestandskunden<br />
betrifft, deren Verträge noch mit 3,5 Prozent<br />
oder mehr kalkuliert wurden. Der Einfluss des<br />
Rechnungszinses auf den Beitrag wird von<br />
vielen Maklern unterschätzt. Hier ist sicherlich<br />
auch Aufklärung und Transparenz vonseiten der<br />
Gesellschaften wünschenswert.<br />
42 <strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|20
»Mit der Wahl eines<br />
Gesundheitsbudgets<br />
machen Vermittler<br />
in der bKV immer das<br />
richtige Angebot.«<br />
HELMUT HOFMEISTER,<br />
CONTINENTALE KRANKENVERSICHERUNG<br />
Rechnungszinses in der Vollversicherung,<br />
was steigende Beiträge zur Folge hat. Beitragsanpassungen<br />
dürfen die Versicherer<br />
aber nur vornehmen, wenn bei zwei sogenannten<br />
auslösenden Faktoren bestimmte<br />
Schwellenwerte überschritten werden. Das<br />
dauert mitunter ein paar Jahre. Dann aber<br />
ist die Anpassung umso größer.<br />
Marktführer Debeka hat nach vier Jahren<br />
Beitragsstabilität jetzt einen Anstieg um<br />
17,6 Prozent für 2021 angekündigt. Andere<br />
Versicherer werden nachziehen; wenn auch<br />
nicht alle in diesem Ausmaß. Der Verband<br />
der Privaten Krankenversicherung rechnet<br />
branchenweit mit einer durchschnittlichen<br />
Beitragserhöhung in der Vollversicherung<br />
um 8,1 Prozent. Den Ärger der Kunden über<br />
höhere Beiträge bekommen auch Makler zu<br />
spüren. Sie müssen dann erklären, weshalb<br />
es zu solchen Sprüngen kommt. Auch aus<br />
diesem Grund dürften sie 2021 alle Hände<br />
voll zu tun haben.<br />
DAMIT IHRE<br />
KUNDEN IM NEUEN<br />
JAHR NICHT ALT<br />
AUSSEHEN.<br />
Gesundheitsvorsorge VERSICHERUNGEN<br />
Mit EUROPA kräftig sparen:<br />
Noch bis Jahresende eine<br />
Risikolebensversicherung für<br />
Ihre Kunden mit Beginndatum<br />
01.12.<strong>2020</strong> abschließen. *<br />
* Durch das niedrigere Eintrittsalter im Jahr <strong>2020</strong> statt 2021 zahlt ein/-e 40-jährige/-r<br />
Bankangestellte/-r, Nichtraucher/-in seit mindestens 10 Jahren, Tarif E-RL bei einer<br />
Versicherungssumme von 200.000 EUR statt 14,67 € monatlich 13,24 €. (Zahlbeitrag<br />
nach Sofortverrechnung der Überschussbeteiligung. Diese ist für <strong>2020</strong> garantiert, nicht<br />
jedoch für die gesamte Laufzeit). Umgerechnet auf eine Laufzeit von 20 Jahren werden<br />
dadurch 343,20 € gespart. Diese Summe entspricht 25,9 Monatsbeiträgen.<br />
Bis zu<br />
25 Monatsbeiträge<br />
sparen. *<br />
PKV: WACHSTUM ZU ERWARTEN?<br />
PRO<br />
Die Corona-Pandemie<br />
belebt das<br />
Interesse an privater<br />
Absicherung<br />
Zusatzversicherungen<br />
schließen<br />
weiterhin gezielt<br />
Lücken im gesetzlichen<br />
Schutz<br />
Arbeitgeber entdecken<br />
gerade erst<br />
die bKV<br />
CONTRA<br />
Sonderöffnungsaktion<br />
unterbricht nur<br />
den Negativtrend in<br />
der Vollversicherung<br />
Dauerzinstief wirkt<br />
wie ein Sprengsatz im<br />
PKV-System<br />
Beitragssprünge<br />
schaden letztlich<br />
auch dem Image der<br />
Vermittler<br />
WWW.EUROPA-VERTRIEBSPARTNER.DE ODER 0221 5737-300<br />
<strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|20<br />
43
VERSICHERUNGEN Betriebliche Altersversorgung<br />
WENIGER IST MEHR<br />
In der betrieblichen Altersversorgung wird offen über eine<br />
weitere Absenkung des Garantieniveaus diskutiert.<br />
Gleichzeitig kommt Bewegung in das bisher verschmähte Sozialpartnermodell.<br />
– TEXT: STEFAN TERLIESNER –<br />
Lobbyisten beschreiben ein Problem gerne<br />
größer, als es ist, um ihrer Klientel einen<br />
Vorteil zu verschaffen. Die aktuelle Forderung<br />
der Deutschen Aktuarvereinigung<br />
(DAV) in Bezug auf die betriebliche Altersversorgung<br />
(bAV) sollte aber ernst genommen<br />
werden. In einer Publikation trommelt<br />
die DAV für neue Garantiekonzepte. Viele<br />
Anbieter agierten bereits mit reduzierten<br />
Beitragsgarantien. Im Fall der Beitragszusage<br />
mit Mindestleistung sei dies aber nicht<br />
selbst dann nicht mehr darstellbar, „wenn<br />
der Versorgungsträger die Beiträge in den<br />
Tresor einschließt“, meinen die Aktuare.<br />
Schließlich müssten die Anbieter am Kapitalmarkt<br />
auch noch ihre Verwaltungskosten<br />
erwirtschaften. Ausreichend Erträge zu<br />
erzielen, sei schwierig, weil das Aufsichtsrecht<br />
die Versorgungsträger verpflichte, die<br />
Sparbeiträge so anzulegen, dass die Kosten<br />
bis zum Erreichen der Altersgrenze sicher<br />
zurückverdient werden. Unter diesen Beerlaubt.<br />
Bei dieser Zusage muss der Versorgungsträger<br />
dem Arbeitnehmer per Gesetz<br />
garantieren, zu Rentenbeginn mindestens<br />
dessen unverzinslich eingezahlte Beiträge<br />
abzüglich der Risikobeiträge zu erhalten.<br />
Das Anlagerisiko für den Arbeitnehmer ist<br />
also insofern begrenzt, als er in jedem Fall<br />
diese Mindestleistung erwarten kann.<br />
IST BEITRAGSERHALT EINE ILLUSION?<br />
Im Dauerzinstief sei der Beitragserhalt aber<br />
44 Illustration: Eleonora Mavromati
Betriebliche Altersversorgung VERSICHERUNGEN<br />
dingungen sei ein garantierter Inflationsausgleich<br />
nicht mehr darstellbar. Die DAV<br />
fordert, eine Beitragsgarantie von unter<br />
100 Prozent zuzulassen; im Übrigen auch<br />
bei der Riester-Rente.<br />
Die DAV geht auch auf die reine Beitragszusage<br />
ein, die seit Anfang 2018 möglich<br />
ist, wenn sie von den Tarifparteien gemeinschaftlich<br />
organisiert wird. In diesem<br />
Fall verspricht der Arbeitgeber nur einen<br />
bestimmten Beitrag. Das Risiko trägt der<br />
Arbeitnehmer; der Arbeitgeber hat keine<br />
Einstandspflicht. Laut DAV eröffnet der<br />
Garantieverzicht zwar Renditechancen. Die<br />
Organisation durch die Tarifpartner verhindere<br />
bisher aber, dass diese Zusageart in<br />
der Praxis umgesetzt wird. Damit werde die<br />
Chance vertan, die in der Bevölkerung vorherrschende<br />
Garantiefixierung aufzubrechen<br />
und dem Gedanken zum Durchbruch<br />
zu verhelfen, dass weniger Garantie auch<br />
mehr Leistung bedeuten kann. Der Vorteil<br />
der reinen Beitragszusage liegt bekanntlich<br />
darin, dass die Versorgungsträger wegen<br />
des vollständigen Garantieverzichts massiv<br />
in renditestärkere Kapitalanlagen wie Aktien<br />
investieren können.<br />
VER.DI IN DEN STARTLÖCHERN<br />
Doch jetzt kommt offenbar Bewegung in<br />
die Sache. Wie <strong>procontra</strong> bei ihren Recherchen<br />
zu diesem Artikel erfahren hat, könnte<br />
nach <strong>2020</strong> das erste Sozialpartnermodell<br />
an den Start gehen. Der Versicherer Talanx<br />
steht nach Angaben einer Sprecherin „für<br />
einen Haustarifvertrag in fortgeschrittenen<br />
Verhandlungen mit ver.di“. Kommt es zu<br />
einer Einigung, stünden allen Talanx-Mitarbeitern<br />
im kommenden Jahr die Pforten<br />
für „Die Deutsche Betriebsrente“ offen.<br />
Das Beispiel solle Mut machen und Nachahmer<br />
finden. Bei ver.di hieß es dazu: „Wir<br />
sind zuversichtlich, in den kommenden Monaten<br />
entsprechende Vereinbarungen mit<br />
einer Reihe von Tarifpartnern abschließen<br />
zu können.“ Talanx und Zurich bilden das<br />
Konsortium für „Die Deutsche Betriebsrente“.<br />
Daneben gibt es weitere Anbieter mit<br />
Produktlösungen in Form von Konsortien.<br />
Ein Beispiel ist „Das Rentenwerk“, bestehend<br />
aus Gothaer, Debeka, Huk-Coburg,<br />
Stuttgarter und Barmenia.<br />
Ob die reine Beitragszusage im Korsett<br />
der Tarifparteien tatsächlich vor einem<br />
Durchbruch steht, bleibt abzuwarten. Generell<br />
sind sich Branchenexperten wie Rainald<br />
Meyer, Vorstand beim bAV-Berater<br />
»Wir brauchen<br />
ein Umdenken hin<br />
zu kapitalmarktorientierten<br />
Lösungen<br />
mit höheren<br />
Renditechancen.«<br />
DR. HENRIETTE MEISSNER,<br />
STUTTGARTER VORSORGEMANAGEMENT GMBH<br />
Heubeck, sicher: „Im Dauerzinstief lassen<br />
sich Garantien kaum noch gestalten.“ Neue<br />
Produkte basierten auf drei Ansätzen: Erstens<br />
die Renditechancen des konventionellen<br />
Deckungsstocks mit reduzierten oder<br />
ohne Garantien zu nutzen, immerhin seien<br />
Anlagen bis 30 Prozent in Aktien grundsätzlich<br />
möglich. Zweitens alternative Anlagen<br />
für die Überschüsse einzusetzen. Ein<br />
Beispiel seien indexorientierte Produkte.<br />
Und drittens Anlagen außerhalb des Sicherungsvermögens<br />
wie Fondspolicen zu nutzen.<br />
Meyer weist auch darauf hin, dass die<br />
Renditen in der bAV zwar gesunken seien,<br />
zugleich die Inflationsrate aber so niedrig<br />
liege, dass immer noch ein realer Zugewinn<br />
möglich war.<br />
ZINSEN NOCH LANGE IM KELLER<br />
Das freilich ist der Blick in die Vergangenheit.<br />
Im Corona-Jahr <strong>2020</strong> ist das Zinsniveau<br />
nochmals abgesackt und könnte für<br />
Jahre im Keller verharren. Und dass die<br />
Inflationsrate dauerhaft nur 0 bis 2 Prozent<br />
beträgt, ist aus Sicht eines Arbeitnehmers,<br />
der im Ruhestand auf seine Betriebsrente<br />
angewiesen ist, eine gewagte Wette. Auch<br />
deshalb wird im Markt über Beitragsgaran-<br />
tien von 75 bis 80 Prozent zum Rentenbeginn<br />
gesprochen. In der Kapitalanlage wiederum<br />
investieren Versicherer zum Beispiel<br />
verstärkt in kostengünstige Indexfonds.<br />
Und was die Verwaltungskosten betrifft, so<br />
digitalisieren die Versicherer ihre Prozesse,<br />
um in die Tarife einkalkulierte Kosten zu<br />
senken und somit die Nettorendite eines<br />
Produkts zu erhöhen. „Wir brauchen ein<br />
Umdenken hin zu kapitalmarktorientierten<br />
Lösungen mit höheren Renditechancen“,<br />
meint auch Dr. Henriette Meissner, Geschäftsführerin<br />
der Stuttgarter Vorsorgemanagement<br />
und Generalbevollmächtigte<br />
für die bAV der Stuttgarter Leben.<br />
Vor diesem Hintergrund sehen alle angefragten<br />
Versicherer weiterhin gute Chancen<br />
für die Betriebsrente. Fabian von Löbbecke,<br />
Chef von HDI Pensionsmanagement und<br />
bAV-Vorstand der HDI Leben, erinnert daran,<br />
„dass die bAV aus mehr Renditequellen<br />
schöpfen kann als jede andere Vorsorgeform“.<br />
Dazu zählten vor allem Steuer- und<br />
Sozialabgabenersparnisse, Kollektivkonditionen<br />
und Arbeitgeberzuschuss. Im Ergebnis<br />
habe ein Arbeitnehmer die Chance<br />
auf einen realen Zugewinn. Und wenn der<br />
bAV-Vertrag dies zulässt, könne auch die<br />
Riester-Förderung in die bAV integriert<br />
werden. Meissner streicht heraus, dass die<br />
bAV als Rentenversicherung Monat für<br />
Monat ein Einkommen bis zum Lebensende<br />
sichere. Der Versorgungsgedanke stehe<br />
im Vordergrund. Tatsächlich ist dies ein<br />
starkes Vertriebsargument für Vermittler. <br />
PRO<br />
WENIGER GARANTIE IN DER BAV?<br />
Je weniger Garantie<br />
in der Kapitalanlage<br />
dargestellt werden<br />
muss, desto höher die<br />
Renditechance<br />
Arbeitnehmer<br />
sollten zumindest die<br />
Chance auf einen realen<br />
Zugewinn haben<br />
Versicherer können<br />
über Ausgleichs- und<br />
Glättungsmechanismen<br />
das Anlagerisiko<br />
reduzieren<br />
CONTRA<br />
Viele Kunden<br />
möchten zumindest<br />
eine Garantie auf die<br />
eingezahlten Beiträge<br />
Versicherer sollten<br />
eher die in die<br />
Tarife einkalkulierten<br />
Verwaltungskosten<br />
reduzieren<br />
Im konventionellen<br />
Deckungsstock sind<br />
bereits 30 Prozent<br />
Aktien grundsätzlich<br />
möglich<br />
<strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|20<br />
45
VERSICHERUNGEN Firmenkundenberatung<br />
HARTES GEWERBE<br />
Im Gewerbemarkt stehen die Zeichen auf Sturm. Die Assekuranzen verlangen höhere<br />
Prämien und Selbstbeteiligungen und schränken die Versicherungsdeckungen massiv ein.<br />
Wie Versicherungsmakler den harten Markt meistern können<br />
– TEXT: UWE SCHMIDT-KASPAREK –<br />
46 Illustration: Roman Kulon
Firmenkundenberatung VERSICHERUNGEN<br />
„Die Industrieversicherer haben einen hohen<br />
Bedarf, ihr Geschäft zu sanieren“, erklärt<br />
Thomas Olaynig vom internationalen<br />
Versicherungsmakler Marsh aus Frankfurt.<br />
Viele Assekuranzen lägen in ihrer Schaden-<br />
Kosten-Quote bereits nahe oder über 100<br />
Prozent. Also in der Verlustzone. Nun<br />
kommt noch die Corona-Pandemie hinzu.<br />
Dabei sei der Markt schon vorher „hart“<br />
gewesen. „Corona wirkt nun wie ein Turbolader<br />
für die Bestandsoptimierung der<br />
Versicherer“, sagt Thomas Haukje, Präsident<br />
des Bundesverbands Deutscher Versicherungsmakler<br />
(BDVM).<br />
So gebe es in der Sachversicherung deutliche<br />
Prämiensanierungen und auch branchenbezogene<br />
Kapazitätsengpässe. „Ich<br />
nenne das eine Risikodiskriminierung, die<br />
an Schärfe zunimmt“, kritisiert Haukje die<br />
Assekuranzen. Betroffen seien vor allem die<br />
Branchen Fleisch, Holz, Galvanik, Chemie,<br />
Petro und Recycling.<br />
Zudem würden über Pandemie- und<br />
Cyberausschluss die Deckungen zusätzlich<br />
ausgehöhlt. In der Directors-and-Officers-<br />
Versicherung (D&O) habe der Skandal um<br />
die Wirecard AG „das Fass zum Überlaufen<br />
gebracht“. Nun gebe es Prämienverdopplungen,<br />
Reduzierung der Kapazitäten oder<br />
die gesamte Einstellung des Neugeschäfts.<br />
Außerdem werde die Zeichnungspolitik der<br />
Versicherer bei D&O immer strenger und<br />
es gebe vorbeugende Ausschlüsse des Insolvenzrisikos.<br />
Ähnlich problematisch entwickelt sich<br />
derzeit die Cyberversicherung, der bisherige<br />
Hoffnungsträger der Industrie- und<br />
Gewerbeversicherung. So reagieren die<br />
Versicherer nach Angaben des BDVM sehr<br />
restriktiv darauf, dass ganze Belegschaften<br />
aufgrund der Pandemie ins Homeoffice geschickt<br />
wurden und damit nicht immer die<br />
sicherere IT-Umgebung des Büros nutzen<br />
können. Nach Einschätzung des BDVM<br />
müssen sich die Versicherungsmakler für<br />
längere Zeit auf einen „harten“ Markt einstellen.<br />
Stillschweigende Vertragsverlängerungen<br />
gebe es derzeit beim Firmenschutz<br />
nicht mehr. Auch der Versuch, Mehrjahresverträge<br />
mit festgelegten Erhöhungsraten<br />
zu vereinbaren, werde vielfach von den Versicherern<br />
regelrecht „vom Tisch gewischt“.<br />
INTENSIVE KOMMUNIKATION NOTWENDIG<br />
Die Versicherungsmakler sind nun als kompetente<br />
Berater und Kommunikatoren besonders<br />
gefordert. Daher plädiert Yorck<br />
PREISEXPLOSION FÜR FIRMENSCHUTZ<br />
Durchschnittliche Prämiensteigerungen für gewerblichen und industriellen Schutz<br />
13<br />
18<br />
4. Quartal 2019 1. Quartal <strong>2020</strong> 2. Quartal <strong>2020</strong> 3. Quartal <strong>2020</strong><br />
Sachversicherung Financial Lines *<br />
Angaben in %, * Financial Lines umfasst u. a. die Vermögensschadenhaftpflicht- für Unternehmensleiter (D&O),<br />
die Vertrauensschadens-, Cyber-/IT-Haftpflicht- und Prospekt-Versicherung Quelle: Marsh GmbH; Stand 10.11.<strong>2020</strong><br />
Hillegaart vom Versicherungsmakler Funk<br />
aus Hamburg dafür, dass die Versicherungsmakler<br />
gegenüber den Assekuranzen<br />
„die Zügel nicht aus der Hand geben dürften“.<br />
Auch kleinere Unternehmen sollten<br />
»Ist der Kunde bereit,<br />
ein höheres Risiko<br />
selbst zu tragen,<br />
findet er aktuell<br />
mehr Gehör bei den<br />
Assekuranzen.«<br />
YORCK HILLEGAART, FUNK-GRUPPE, HAMBURG<br />
frühzeitig mit den Versicherern in die Verhandlungen<br />
einsteigen, um festzustellen,<br />
in welche Richtung eine Sanierung laufen<br />
könnte.<br />
Der Rat: Schon vor den Sommerferien<br />
sollten die Versicherer angesprochen werden.<br />
Dann gebe es ausreichend Zeit, die<br />
Risiken der Kunden besser zu managen.<br />
Dabei sei es wichtig, schon vorab „Selbstbehalt-Modelle“<br />
zu entwickeln. „Ist der<br />
15<br />
16<br />
19<br />
37<br />
21<br />
Kunde bereit, mehr Risiko zu übernehmen,<br />
findet er in der aktuellen schwierigen Situation<br />
mehr Gehör bei den Assekuranzen.“<br />
Damit würde die Attraktivität des Kunden<br />
verbessert.<br />
MEHR RISIKO- UND SCHADENSMANAGEMENT<br />
Gleichzeitig sollte ein aktives Risikomanagement<br />
eine größere Rolle spielen und<br />
gemeinsam mit den Kunden ein umfassendes<br />
Schadensverhütungsprogramm entwickelt<br />
werden. Dabei geht es darum, eine<br />
„Was wäre, wenn“-Simulation zu erstellen.<br />
So könnten beispielsweise Kunden mit<br />
Flotten, die viele Parkschäden haben, ihren<br />
Fuhrpark mit Rückfahrkameras ausrüsten.<br />
Bei Unfällen aus dem fließenden Verkehr<br />
sei eine wortgesteuerte Freisprechanlage<br />
sinnvoll, wenn Unfälle immer wieder beim<br />
Telefonieren passieren.<br />
Alle technischen Schadensverhütungsmaßnahmen<br />
kosten natürlich Geld. Weniger<br />
direkten Aufwand verursacht es, wenn<br />
die Mitarbeiter stärker in die Schadensverhütung<br />
eingebunden werden. Die Experten<br />
raten beispielsweise dazu, eine höhere<br />
Eigenbeteiligung am Schadensrisiko durch<br />
das Unternehmen öffentlich in der Belegschaft<br />
zu kommunizieren.<br />
Als sehr Erfolg versprechend gilt ein Bonussystem,<br />
das positive Reize setzt, wenn<br />
Schäden oder Unfälle für eine längere<br />
40<br />
<strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|20<br />
47
VERSICHERUNGEN Firmenkundenberatung<br />
»BSV war für Pandemie nicht gedacht«<br />
CHRISTOPH WILLI, Vorstand Schadenversicherung der Basler Versicherung<br />
<strong>procontra</strong>: Wie entwickelt sich der Gewerbeund<br />
Industrieversicherungsmarkt derzeit?<br />
Christoph Willi: In den industriellen Segmenten<br />
und vor allem in der Sachversicherung erwarten<br />
wir weiterhin steigende Prämien. Dabei bieten<br />
wir den Vertriebspartnern für Firmenkunden<br />
planbare, auf mehrere Jahre ausgelegte<br />
Vertragsverlängerungs-Optionen. Auch im Gewerbemarkt<br />
sind Preiserhöhungen im Markt zu<br />
beobachten. Die Dynamik ist je nach Versicherungssparte<br />
und Geschäftstätigkeit der Kunden<br />
unterschiedlich ausgeprägt. Das individuelle<br />
Risikomanagement und die Präventionsmaßnahmen<br />
in den Betrieben spielen eine wichtige<br />
Rolle, was in der Vergangenheit im Markt leider<br />
nicht immer der Fall war.<br />
<strong>procontra</strong>: Wie stark leidet das Image unter dem<br />
Streit um die Betriebsschließungsversicherung?<br />
Willi: Als „leistender“ Versicherer kommt bei<br />
uns gutes Feedback von Vertriebspartnern,<br />
Kunden und Verbänden an. Die Bedingungen<br />
und Produkte im Markt sind aber unterschiedlich<br />
ausgestaltet und werden entsprechend<br />
unterschiedlich ausgelegt. Die Betriebsschließungsversicherungen<br />
waren auch nicht für den<br />
Fall einer Pandemie, wie wir sie jetzt durchleben,<br />
gedacht. Eine komplexe Situation, bei der das<br />
Image der Versicherer in der Breite natürlich<br />
nicht gewinnt. An Zusammenarbeitsmodellen<br />
zwischen Staat und Privatwirtschaft wird bekanntlich<br />
gearbeitet.<br />
<strong>procontra</strong>: Wie ist Ihre Kundenerfahrung als<br />
„BSV-Leister“?<br />
Willi: Wir haben Schadenfälle aus Betriebsschließungsversicherungen<br />
im Kontext von<br />
Covid-19 bedingungsgemäß reguliert. Insbesondere<br />
Kunden aus dem Gastgewerbe bekamen<br />
somit früh die vereinbarten Versicherungsleistungen.<br />
Notwendige Anpassungen der Bedingungen<br />
für die Zukunft sind von Kunden und<br />
Vertriebspartnern gut aufgenommen worden.<br />
Es haben uns viele positive Reaktionen durch<br />
unsere Schadenregulierung aus dem Markt<br />
erreicht.<br />
<strong>procontra</strong>: Welche Produkte im Gewerbebereich<br />
werden derzeit stark nachgefragt?<br />
Willi: Der Markt ist im Bereich der gewerblichen<br />
Haftpflicht- und Sachversicherung besonders<br />
stark umkämpft. Hier entwickelt sich auch zusätzlicher<br />
Wettbewerb durch Vergleicher. Auch<br />
das Risikobewusstsein zum Thema Cyber steigt<br />
bei immer mehr Gewerbetreibenden. Es gibt mittlerweile<br />
sehr gute Produkte zur Absicherung, mit<br />
denen sich Gewerbekunden wirksam schützen<br />
können. Wir sind im Weiteren in der technischen<br />
Versicherung für erneuerbare Energien sehr gut<br />
positioniert und nachgefragt.<br />
<strong>procontra</strong>: Wo liegt bei erneuerbaren Energien<br />
der Schwerpunkt?<br />
Willi: Hier werden vor allem Windkraft- und<br />
Photovoltaikanlagen versichert. Immer mehr<br />
Gewerbetreibende setzen auf grüne Energie.<br />
Es werden nicht nur Sachschäden erfasst,<br />
sondern zusätzlich wird der Ertragsausfall<br />
abgesichert.<br />
Zeit vermieden werden. „Mit dem Versicherer<br />
sollte dann aber klar vereinbart<br />
werden, wie sich die Investments über die<br />
Zeit für den Kunden auszahlen“, fordert<br />
BDVM-Präsident Haukje. Sein aktueller<br />
Geheimtipp sind die öffentlichen Regionalversicherer.<br />
Sie hätten ihre Kapazitäten für<br />
den Firmenschutz per eigenem Rückversicherer<br />
erweitert.<br />
CHECKLISTE NUTZEN<br />
Auf Basis der Studie „Risikomanagement<br />
und Risikoberatung von kleinen und mittelständischen<br />
Unternehmen (KMU)“ hat<br />
der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute<br />
(BVK) eine Checkliste herausgegeben.<br />
Damit kann transparent beraten<br />
werden. Erläutert werden wichtige<br />
Schritte wie die Identifikation, Analyse und<br />
Bewertung des Risikos von Unternehmen.<br />
Im Gewerbebereich landen vor allem kleinere<br />
Versicherungsmakler immer wieder<br />
in einer Telefonschleife. „Die Versicherer<br />
haben hier massiv Personal eingespart“,<br />
moniert Julie Schellack vom Versicherungsmakler<br />
Martens & Prahl aus Lübeck. Da<br />
digitale Prozesse vonseiten der Gewerbeund<br />
Industrieversicherer immer noch ein<br />
echter „Flickenteppich“ seien, sollten Vermittler<br />
technisch fortschrittliche Verbünde<br />
und Kooperationen nutzen. Dabei sollten<br />
sie prüfen, ob das von ihnen genutzte Maklerverwaltungsprogramm<br />
dort direkt auf<br />
einen Vergleich von Gewerbepolicen zugreifen<br />
kann und so ein weitgehend automatischer<br />
Abschluss möglich ist.<br />
PRO<br />
HERAUSFORDERUNG<br />
»GEWERBEMARKT« ANNEHMEN?<br />
Beratungskompetenz<br />
kann unter Beweis<br />
gestellt werden<br />
Höhere Selbstbeteiligungen<br />
und mehr<br />
Schadensverhütung<br />
helfen<br />
Höhere Honorare<br />
oder Courtagen sind<br />
möglich<br />
CONTRA<br />
Vermittlungsaufwand<br />
steigt enorm<br />
Honorierung wird<br />
bei kriselnden Kunden<br />
schwieriger<br />
Kleinere Makler<br />
benötigen technische<br />
Hilfe und Kooperationen<br />
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HDI FOKUS<br />
FOKUS<br />
HDI<br />
Das Top-Renditepotenzial der bAV<br />
Ab Anfang 2021 haben viele Arbeitnehmerinnen<br />
und Arbeitnehmer<br />
mehr Geld in den Taschen. Dann fällt für<br />
die meisten Steuerpflichtigen der Solidaritätszuschlag<br />
(Soli) weg. Zugleich stellt<br />
sich die Frage: Was tun mit dem Einkommensplus?<br />
Für den Konsum ausgeben?<br />
Oder in die Altersvorsorge investieren,<br />
zum Beispiel in eine Betriebsrente? Ein<br />
Brutto-Netto-Vergleich zeigt, warum die<br />
betriebliche Altersversorgung (bAV) für<br />
Arbeitnehmer den größeren Mehrwert<br />
bietet. Dabei ist die betriebliche Altersversorgung<br />
auch ohne die Rückführung<br />
des Soli hochattraktiv. Dafür sorgte<br />
zuletzt das Betriebsrentenstärkungsgesetz<br />
(BRSG), das die bAV um interessante<br />
neue Facetten und Optionen ergänzt.<br />
Seit 2018 profitieren Arbeitnehmer bei<br />
neuen Entgeltumwandlungen von einem<br />
obligatorischen Arbeitgeberzuschuss.<br />
Zudem hat die Riester-Förderung in der<br />
bAV durch den Wegfall der Doppelverbeitragung<br />
an Bedeutung gewonnen. Darüber<br />
hinaus wurde zu Jahresbeginn <strong>2020</strong> ein<br />
Freibetrag in der gesetzlichen Krankenversicherung<br />
der Rentner für Betriebsrenten<br />
eingeführt. Vielen Maklern fällt es schwer,<br />
hier den Überblick zu behalten. Insbesondere<br />
die Kombination Riester und bAV ist<br />
für viele Makler immer noch Neuland. Die<br />
Vorteile dieser Option werden häufig völlig<br />
unterschätzt. Dies wird durch ein unabhängiges<br />
Gutachten bestätigt, das die HDI<br />
Pensionsmanagement AG beauftragt hat.<br />
Das Institut für Vorsorge und Finanzplanung<br />
(IVFP) hat Anfang <strong>2020</strong> im Rahmen<br />
einer umfassenden und komplexen<br />
Analyse die Wirtschaftlichkeit einer bAV<br />
für verschiedene Alters- und Einkommensgruppen<br />
untersucht.<br />
Dabei wurden die einzelnen Wirkungshebel<br />
in der bAV analysiert – von der<br />
nachgelagerten Besteuerung über die<br />
Foto: iStock / Alvarez<br />
nachgelagerte SV-Verbeitragung, den Arbeitgeberzuschuss,<br />
den KV-Freibetrag für<br />
Betriebsrenten und Kollektivkonditionen<br />
bis hin zur möglichen Riester-Förderung in<br />
der bAV.<br />
Lesen Sie hier im Interview mit dem<br />
Vorstandsvorsitzenden der HDI Pensionsmanagement<br />
AG, wie Sie als Makler<br />
das Top-Renditepotenzial der bAV von<br />
6 Prozent und mehr aufzeigen sowie die<br />
Effizienz der Entgeltumwandlung in der<br />
Beratung darstellen können.<br />
Makler gefragt:<br />
Mittelständische<br />
Betriebe haben<br />
noch viel Beratungsbedarf<br />
in Fragen<br />
zur betrieblichen<br />
Altersversorgung.<br />
<strong>procontra</strong> FOKUS in Zusammenarbeit mit HDI<br />
Advertorial<br />
51
FOKUS HDI<br />
»Der Königsweg der<br />
Altersversorgung«<br />
Fabian von Löbbecke, Vorstandsvorsitzender der HDI Pensionsmanagement AG,<br />
über die optimale Nutzung der Fördermöglichkeiten und zielführende Beratungsansätze<br />
in der betrieblichen Altersversorgung (bAV)<br />
– TEXT: OLIVER LEPOLD –<br />
<strong>procontra</strong>: Laut der von Ihnen lancierten<br />
IVFP-Studie ist die bAV der privaten Vorsorge<br />
deutlich überlegen. Woran liegt das?<br />
Fabian von Löbbecke: Die bAV bietet<br />
Ertragsquellen und Förderoptionen, die<br />
sich positiv auf die Rendite dieser Vorsorgeform<br />
auswirken können. Die Beiträge<br />
können in der Ansparphase steuer- und<br />
sozialversicherungsfrei investiert werden.<br />
Erst die fälligen Leistungen sind nachgelagert<br />
steuer- und abgabenpflichtig. Durch<br />
das Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG)<br />
wurden die gesetzlichen Rahmenbedingungen<br />
verbessert. Hierzu zählen insbesondere<br />
die Einführung eines verpflichtenden<br />
Arbeitgeberzuschusses zur Entgeltumwandlung<br />
sowie die Erhöhung der Attraktivität<br />
der Riester-Förderung im Rahmen<br />
der bAV. Zusätzlich wurde zum 1. Januar<br />
<strong>2020</strong> ein Freibetrag in der gesetzlichen<br />
Krankenversicherung der Rentner für Betriebsrenten<br />
eingeführt. Diese Faktoren sowie<br />
vorteilhafte Kollektivkonditionen sind<br />
in Summe entscheidend dafür, dass in der<br />
bAV bei gleichem Nettoaufwand höhere<br />
Versorgungsleistungen erreicht werden<br />
können als bei einer privaten Vorsorge.<br />
<strong>procontra</strong>: Wovon hängt konkret ab, wie<br />
hoch der Vorteil der bAV ausfällt?<br />
von Löbbecke: Von den persönlichen Rahmenbedingungen<br />
des Arbeitnehmers wie<br />
etwa Alter, Einkommen, Familienstand,<br />
Kinder oder Versicherungsstatus. Zusätzlich<br />
ist zu beachten, dass bei Direktversicherungen<br />
(Pensionsfonds/Pensionskassen)<br />
nicht nur die Möglichkeit besteht, die bAV<br />
steuer- und abgabenfrei aus dem Bruttoeinkommen<br />
zu finanzieren. Alternativ kann<br />
die bAV hier auch aus dem versteuerten<br />
Nettoeinkommen heraus mit Riester-Zulagen<br />
und Sonderausgabenabzug gefördert<br />
werden. Unsere Studie hat verschiedene<br />
Altersgruppen in allen relevanten Einkommensclustern<br />
systematisch untersucht<br />
und dabei alle Parameter und Interdependenzen<br />
wie zum Beispiel den Verlust in der<br />
gesetzlichen Rente infolge der Entgeltumwandlung<br />
berücksichtigt. Im Ergebnis hat<br />
die aus dem Bruttoeinkommen finanzierte<br />
bAV in allen Fällen bei gleichem Nettoaufwand<br />
eine höhere Rendite erzielt als eine<br />
private Vorsorge (siehe Tabelle).<br />
<strong>procontra</strong>: Sie haben zudem analysiert,<br />
wann eine bAV mit Riester-Förderung zu<br />
»Die aus dem Bruttoeinkommen<br />
finanzierte<br />
bAV erzielt in<br />
allen Fällen bei<br />
gleichem Nettoaufwand<br />
eine höhere<br />
Rendite als eine<br />
private Vorsorge.«<br />
einem noch besseren Ergebnis führt als die<br />
klassische steuerfreie Entgeltumwandlung.<br />
Können Sie hier eine allgemeingültige<br />
Regel formulieren?<br />
von Löbbecke: Die bAV mit Riester-Förderung<br />
lohnt sich insbesondere für Bezieher<br />
niedrigerer Einkommen, für Arbeitnehmer<br />
mit zwei oder mehr kindergeldberechtigten<br />
Kindern, aufgrund des Berufseinsteiger-<br />
Zuschusses gegebenenfalls auch für junge<br />
Berufstätige und in vielen Fällen auch<br />
für Spitzenverdiener. Ob ein Wechsel<br />
der Förderung vorteilhaft wäre, können<br />
Arbeitnehmer bei Bedarf selbst ermitteln.<br />
Dazu stellt HDI mit dem bAV FörderFinder<br />
ein selbsterklärendes Onlinetool zur<br />
Verfügung.<br />
<strong>procontra</strong>: Welche neuen Beratungsansätze<br />
bieten sich an?<br />
von Löbbecke: Makler und Vermittler<br />
sollten in der Beratung zur Altersvorsorge<br />
auf die Systemrendite und die Förder-<br />
Effizienz in der bAV setzen. Keine andere<br />
Vorsorgeform kann aus so vielen Ertragsquellen<br />
schöpfen und dabei eine sichere<br />
und lebenslange Versorgung garantieren.<br />
Das gilt auch in der Niedrigzinsphase.<br />
Gleichzeitig sollten Berater die Förderoption<br />
der Riester-Zulagen in der bAV<br />
aktiv in die Beratung aufnehmen und als<br />
Paketlösung anbieten. Denn dadurch kann<br />
die Rendite für den Kunden je nach persönlichen<br />
Rahmenbedingungen nochmals<br />
gehebelt werden. Außerdem hebt sich der<br />
Vermittler am Markt ab, bietet seinen<br />
Kunden maximale Flexibilität und berät<br />
<strong>procontra</strong> FOKUS in Zusammenarbeit mit HDI<br />
52 Advertorial
HDI FOKUS<br />
BAV SCHLÄGT PRIVATE VORSORGE<br />
Alter Bruttoeinkommen bAV-Rendite im Rahmen<br />
der steuerfreien Entgeltumwandlung<br />
bAV-Rendite inkl.<br />
Riester-Förderung<br />
Rendite einer vergleichbaren<br />
privaten Vorsorge<br />
25 25.000 4,36 5,46 2,74<br />
35 40.000 5,15 keine Verbesserung 2,58<br />
45 65.000 6,37 keine Verbesserung 2,41<br />
45 90.000 5,66 5,8 2,41<br />
Annahmen: 200 Euro mtl. Beitrag bzw. Riester-Zulagen-optimierter Beitrag, zwei Kinder, Gehalt dynamisiert sich mit 2 %, 15 % Arbeitgeberzuschuss (spitz abgerechnet),<br />
Kollektiv-Konditionen, Tarif TwoTrust Selekt (3 % Wertentwicklung), mit Wegfall des Solidaritätszuschlags Quelle: IVFP-Studie <strong>2020</strong><br />
Fabian von Löbbecke ist Vorstandsvorsitzender<br />
der HDI Pensionsmanagement AG, Vorstand der<br />
HDI Lebensversicherung AG und gleichzeitig<br />
Leiter des Fachbereichs bAV.<br />
haftungssicher. Zum Jahreswechsel bietet<br />
der Wegfall des Solidaritätszuschlags für<br />
viele Arbeitnehmer einen aktuellen Anlass<br />
zur Altersvorsorgeberatung. Wer die Soli-<br />
Ersparnis in die bAV steckt, kann ohne<br />
einen Cent zusätzlichen Aufwand seinen<br />
Vorsorgebeitrag deutlich erhöhen.<br />
<strong>procontra</strong>: Können Sie dies anhand eines<br />
Praxisbeispiels verdeutlichen?<br />
von Löbbecke: Ein heute 35-jähriger angestellter<br />
Ingenieur, verheiratet, ein Kind,<br />
verdient 6.000 Euro brutto pro Monat.<br />
Ohne Soli hat er ab Januar 2021 jeden<br />
Monat rund 38 Euro mehr in der Tasche.<br />
Wenn er diese Ersparnis in eine Betriebsrente,<br />
etwa in eine Direktversicherung,<br />
investiert, maximiert er den Nutzen, weil<br />
er die Hebelwirkung des Bruttosparens<br />
nutzt. Bei einer Entgeltumwandlung spart<br />
er 17 Euro an Steuern und 7 Euro an Sozialabgaben.<br />
Schlägt man noch den pauschalen<br />
Arbeitgeberzuschuss von 15 Prozent in<br />
Höhe von rund 9 Euro obendrauf, kommt<br />
ein Altersvorsorgebeitrag von 71 Euro<br />
zusammen. Im Tarif TwoTrust Selekt von<br />
HDI kann der Ingenieur mit 67 Jahren<br />
bei einer angenommenen Wertentwicklung<br />
von 4 Prozent eine Betriebsrente von<br />
153 Euro erwarten – monatlich bis zum<br />
Lebensende.<br />
<strong>procontra</strong>: Wie ist die Haftungssituation<br />
für Makler in der Altersvorsorgeberatung?<br />
von Löbbecke: Arbeitgeber und Vermittler<br />
müssen darauf achten, dass sie ihre<br />
Auskunfts-, Informations- und Beratungspflichten<br />
im Zusammenhang mit der<br />
Einführung und dem Abschluss einer bAV<br />
sorgfältig erfüllen. Wer diese Pflichten<br />
verletzt, kann sich schadenersatzpflichtig<br />
machen. Vermittler müssen Arbeitgeber<br />
explizit darauf hinweisen, dass Arbeitnehmer<br />
einen Rechtsanspruch auf Riester-<br />
Förderung in der bAV haben und bAV-Produkte<br />
mit flexibler Förderung existieren.<br />
Zugleich ist ihnen dringend anzuraten, den<br />
Verwaltungsaufwand solcher Lösungen<br />
beim Arbeitgeber wahrheitsgemäß darzustellen<br />
– sonst machen sie sich rechtlich<br />
angreifbar. Über gängige Produktlösungen,<br />
bei denen der Versicherer die gesamte<br />
Förder-Administration übernimmt, steigt<br />
der Aufwand nämlich nicht.<br />
<strong>procontra</strong>: Was zeichnet in diesem gesetzlichen<br />
Rahmen Ihre beiden Direktversicherungstarife<br />
HDI TwoTrust Selekt und HDI<br />
TwoTrust Kompakt aus?<br />
von Löbbecke: HDI ermöglicht als einziger<br />
Lebensversicherer am Markt mit den<br />
Direktversicherungen TwoTrust Selekt<br />
und TwoTrust Kompakt die flexible<br />
Nutzung beider Fördertöpfe in der bAV:<br />
steuerfreie Entgeltumwandlung nach<br />
Paragraf 3 Nummer 63 EStG und Entgeltumwandlung<br />
aus dem Nettoeinkommen<br />
mit Riester-Förderung gemäß Paragraf<br />
10a EStG. Der Kunde kann – je nach<br />
Lebensphase und finanzieller Situation –<br />
zwischen beiden Förderwegen innerhalb<br />
einer Police flexibel hin und her schalten<br />
und profitiert so immer von der maximalen<br />
Förderung. Mit HDI werden beide<br />
Rechtsansprüche auf einen Schlag erfüllt.<br />
Das schafft Rechtssicherheit und hält die<br />
bAV-Vertragslandschaft im Unternehmen<br />
übersichtlich. Die Betriebsrente lohnt sich<br />
durch das Förder-Hopping für viel mehr<br />
Arbeitnehmer als früher.<br />
<strong>procontra</strong>: Welche Hilfsmittel und Beratungstools<br />
stellen Sie zur Verfügung?<br />
von Löbbecke: Support und Digitalisierung<br />
werden bei HDI großgeschrieben. Wir<br />
bieten Maklern viele praxistaugliche und<br />
intelligente Tools an, wie zum Beispiel<br />
den HDI bAVBerater. Hierüber kann der<br />
Vermittler für eine erste schnelle Selbstinformation<br />
mit wenigen Klicks auch<br />
ein kostenfreies Arbeitnehmer-InfoPortal<br />
aufbauen. Die Plattform wird den bAV-<br />
Konditionen des jeweiligen Unternehmens<br />
angepasst, und schon kann sich der<br />
Arbeitnehmer ein individuelles Angebot<br />
erstellen und sich zu seinem Berater routen<br />
lassen. Im persönlichen Kontakt kann der<br />
Vermittler mit dem Tool HDI bAVBerater<br />
umfassend und strukturiert zur bAV beraten<br />
und die persönlichen Auswirkungen im<br />
Look & Feel der eigenen Gehaltsabrechnung<br />
transparent darstellen. Die Auswahl<br />
der optimalen Förderoption erfolgt in der<br />
Beratungssoftware dabei auf Wunsch automatisch.<br />
Die Beratung und der Abschluss<br />
können auch unter Verwendung eines<br />
e-Signatur-Konzepts vollständig digital<br />
durchgeführt werden.<br />
HDI Lebensversicherung AG Charles-de-Gaulle-Platz 1 5<strong>06</strong>79 Köln fachcenter-bAV@hdi.de www.hdi.de<br />
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53
BERATER Steile Thesen 2021<br />
STEILE THESEN 2021<br />
Verbände vereinen sich +++ BaFin-Aufsicht abgewendet +++ Qualitypool kauft blau direkt<br />
+++ InsurTechs vor Pleitewelle +++ LV-Provisionsdeckel kommt +++ Großpools fusionieren<br />
+++ Imageschub für die Branche +++ Check24 im BVK +++ JDC wird verkauft<br />
STEILE THESE<br />
»Fusion: Vermittlerverbände<br />
bündeln<br />
ihre Kräfte.«<br />
Mit der stetig wachsenden Bedeutung der<br />
privaten Alters- und Gesundheitsvorsorge steigt<br />
die Bedeutung der unabhängigen Finanzberatung.<br />
Statt diese zu stärken und den Verbrauchern<br />
nahezulegen, debattiert die Politik über<br />
Provisionsdeckel und die nächsten Regulierungshürden.<br />
Dabei trommelt eine Vielzahl<br />
von Verbänden für die Beraterinteressen auf<br />
politischer Ebene. Doch wäre es nicht wirkungsvoller,<br />
wenn sich die Verbände zusammentäten<br />
und gemeinsam mit starker Stimme bei den Entscheidungsträgern<br />
vorsprächen? Größe hat in<br />
der Lobbyarbeit schließlich noch nie geschadet.<br />
Im Gespräch mit den Verbänden über diese<br />
Frage wird klar, dass die Interessen doch<br />
nicht so einheitlich sind, wie man annehmen<br />
könnte. „Jeder der politisch aktiven Verbände<br />
hat eine eigene Mitgliederstruktur und eigene<br />
Ziele. So steht der AfW klar für die Unabhän-<br />
HINTERGRUND: Mit AfW,<br />
BVK, BDVM und Votum existieren<br />
große Verbände, die alle für die<br />
vermeintlich gleichen Interessen<br />
der Vermittler und Finanzdienstleister<br />
einstehen. Dazu gesellen<br />
sich viele kleinere Verbünde. Eine<br />
Zusammenlegung wurde schon<br />
oft diskutiert.<br />
gigkeit“, erklärt Vorstand Norman Wirth. Auch<br />
BDVM-Vorstand Dr. Hans-Georg Jenssen hält<br />
eine Fusion weder für wahrscheinlich noch für<br />
notwendig: „Die profilierten Verbände schöpfen<br />
ihre Kraft gerade daraus, dass sie eine<br />
unterschiedliche Klientel ansprechen und sich<br />
auch entsprechend positioniert haben. Wir<br />
stehen für Gewerbe- und Industriemakler und<br />
sind nicht der Verband, der für die Mehrzahl von<br />
Finanzmaklern oder Agenten sprechen könnte<br />
und wollte.“ Auch BVK-Präsident Michael H.<br />
Heinz hält einen Zusammenschluss – „so wünschenswert<br />
er wäre, um den Berufsstand noch<br />
gewichtiger vertreten zu können“ – aufgrund zu<br />
starker singulärer Interessen für unrealistisch.<br />
Er zeigt sich aber offen: „Wir stehen für einen<br />
Zusammenschluss unter der Führung des BVK<br />
gerne bereit.“ Die Führungsfrage wäre sicherlich<br />
eine noch größere Hürde bei einer Fusion auf<br />
»Wir stehen für einen<br />
Zusammenschluss mit<br />
anderen Verbänden unter<br />
der Führung des BVK<br />
gerne bereit.«<br />
Michael H. Heinz, BVK-Präsident<br />
höchster Ebene. Daher spricht wohl Wirth, bezogen<br />
auf die Interessenvertretungen, für alle:<br />
„Getrennt marschieren – vereint schlagen!“<br />
PROGNOSE: Wünschenswert<br />
ja. Notwendigkeit vielleicht, da<br />
spezifische Interessen auch spezifisch<br />
vertreten werden müssen,<br />
um nicht in einem Einheitsbrei zu<br />
verwässern. Wahrscheinlichkeit<br />
daher gleich null.<br />
0<br />
54 <strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|20
Steile Thesen 2021 BERATER<br />
HINTERGRUND: Der Koalitionsvertrag sieht einen<br />
Aufsichtswechsel für 34f-Vermittler hin zur BaFin vor.<br />
Doch der Widerstand wächst. Zudem gibt es innerhalb<br />
der Koalition Uneinigkeit über das Vorgehen und spätestens<br />
seit dem Wirecard-Skandal auch Zweifel an der<br />
Eignung der BaFin.<br />
Der Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und<br />
SPD sieht vor, die Aufsicht über die freien<br />
Finanzanlagenvermittler schrittweise auf die<br />
BaFin zu übertragen. Davon verspricht sich die<br />
GroKo eine einheitliche und qualitativ hochwertige<br />
Beaufsichtigung der Berater. Aktuell liegt<br />
diese Aufgabe, je nach Bundesland, entweder<br />
bei den Gewerbeämtern oder den Industrie- und<br />
Handelskammern. Dies würden die Vermittler<br />
gerne beibehalten. Sie fürchten vor allem<br />
deutliche jährliche Mehrkosten als Abgaben für<br />
die 34f-GewO-Lizenz und die Aufsicht. Umfragen<br />
der Vermittlerverbände haben gezeigt,<br />
dass etwa die Hälfte der 38.000 Finanzanlagenvermittler<br />
bei einem Aufsichtswechsel ihre<br />
STEILE THESE<br />
»Finanzan lagenvermittler<br />
entkommen<br />
doch noch der<br />
BaFin-Aufsicht.«<br />
Lizenz abgeben würden. Durch diesen starken<br />
Rückgang des Beratungsangebots könnte den<br />
Verbrauchern ein größerer Nachteil entstehen,<br />
als eine schärfere Kontrolle an Vorteil bringen<br />
könnte.<br />
In der GroKo herrscht derzeit Uneinigkeit über<br />
die genaue Umsetzung der immer näher<br />
rückenden Aufgabe. „Das BMF möchte zum<br />
Stichtag 1.1.2021 alle Finanzanlagenvermittler<br />
auf die BaFin übertragen, während die Union in<br />
einem ersten Schritt Vermittler, die Vermögensanlagen<br />
gemäß Paragraf 34f Absatz 1 Ziffer 3<br />
vermitteln, in ihrer Beaufsichtigung auf die BaFin<br />
übertragen möchte“, führt der Finanzexperte<br />
der Union, Dr. Carsten Brodesser, auf Nachfrage<br />
aus. Ein Kompromiss sei derzeit nicht in Sicht<br />
und der anvisierte Termin nicht zu halten. Dazu<br />
kommt das Versagen der BaFin im Wirecard-<br />
Skandal. Nicht gerade eine Empfehlung für eine<br />
große zusätzliche Aufgabe.<br />
PROGNOSE: Die Kritik der<br />
Vermittler ist nicht ungehört<br />
verhallt. Dazu kommt ungewollte<br />
Unterstützung durch den<br />
Wirecard-Skandal und Corona-<br />
Verzögerungen. Gut möglich also,<br />
dass der Aufsichtswechsel für<br />
alle 34f-Vermittler zumindest<br />
2021 noch nicht klappt.<br />
80<br />
STEILE THESE<br />
»Corona führt zur<br />
InsurTech-<br />
Pleitewelle.«<br />
HINTERGRUND: Mit dem Vergleichsportal Joonko ist in diesem Herbst bereits das zweite bekannte<br />
InsurTech ins Straucheln geraten. Kurz davor hatte Getsurance das Insolvenzverfahren beantragt. Das legt die<br />
Vermutung nahe, dass es in Krisenzeiten an Kapital fehlt und junge Unternehmen am Markt stärker gefährdet<br />
sind.<br />
Im zweiten Lockdown verstärkt sich aktuell das<br />
große Zittern. Laut einer Studie des Digitalverbands<br />
Bitkom hat die Corona-Krise Start-ups in<br />
Deutschland hart getroffen. Fast jedes zweite<br />
gibt an, dass die Krise seine Existenz bedrohe.<br />
Drei Viertel der Jungunternehmer (78 Prozent)<br />
erwarten sogar eine Pleitewelle. Auch der<br />
InsurTech-Landschaft könnte die Krise eine<br />
Zäsur verpassen. Zwei Unternehmen haben in<br />
diesem Jahr bereits Insolvenz angemeldet.<br />
Dass noch weitere in den Abwärtsstrudel hineingeraten,<br />
ist natürlich nicht auszuschließen.<br />
Zumal die Kapitalgeber in diesem Jahr zöger-<br />
licher handeln dürften, als sie es in Deutschland<br />
ohnehin tun. Allerdings: „Wir beobachten bei<br />
den Versicherern eine Entscheidungsfreude und<br />
Schnelligkeit, wie sie in der Branche bisher nicht<br />
üblich war“, berichtet Christian Gnam, Managing<br />
Director beim InsurTech Hub Munich. Branchenexperte<br />
Dr. Nikolai Dördrechter glaubt ebenfalls<br />
nicht an Corona-bedingte Masseninsolvenzen:<br />
„Ich bin zuversichtlich, dass die große Pleitewelle<br />
ausbleibt. Aber es wird vereinzelte Unternehmen<br />
geben, die aufgeben müssen.“<br />
Tatsächlich könnte sich eine alte Anleger-Weisheit<br />
bewahrheiten: Mutige kaufen sich in Krisenzeiten<br />
oft günstiger als sonst ein, das gilt auch<br />
bei Geschäftsmodellen, deren Potenzial sich<br />
erst in der Post-Corona-Zeit offenbaren könnte.<br />
Außerdem verdeutlicht die Krise, wie wichtig<br />
Digitalkompetenz in der Versicherungswirtschaft<br />
ist, viele der Großen holen sich also nur zu gern<br />
die Expertise der Digitalos an Bord. Am Ende<br />
gilt es aber auch mit Blick auf InsurTechs nach<br />
Sparten zu differenzieren: Während digitale<br />
Gesundheitslösungen oder Nischenprodukte<br />
wie die Fahrradversicherung Pandemie-befeuert<br />
Hochkonjunktur schreiben, wird sich beispielsweise<br />
die Lage für digitale Reiseversicherer 2021<br />
weiter zuspitzen.<br />
PROGNOSE: Die Gefahr<br />
schmelzender Investmentvolumina<br />
ist real – allerdings gibt es<br />
gegenläufige Trends, die diese<br />
ausgleichen könnten. Es kommt<br />
vor allem auf die Sparten an und<br />
die Flexibilität, sich auf neue<br />
Bedürfnisse einzustellen, die im<br />
Krisenverlauf entstehen.<br />
25<br />
<strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|20<br />
55
BERATER Steile Thesen 2021<br />
HINTERGRUND: Die unausweichliche Konsolidierung<br />
des Poolmarktes wird seit Jahren als Sau<br />
durchs Dorf getrieben. Passiert ist bislang wenig.<br />
Doch der steigende Digitalisierungsdruck und die<br />
wachsende Tech-Konkurrenz durch Amazon, Google<br />
& Co. wird selbst für große Pools immer mehr zur<br />
Kraftprobe.<br />
Rund 30 Pools, Verbünde und Servicedienstleister<br />
buhlen um die Gunst der freien Makler<br />
und Vermittler. Die Angebote haben sich in den<br />
vergangenen Jahren dabei immer mehr angeglichen<br />
und sind marktweit auf einem hohen Niveau.<br />
Eine Konsolidierung ist naheliegend, lässt<br />
aber seit Jahren auf sich warten. Meist verweisen<br />
die großen Pools auf die kleineren Marktteilnehmer,<br />
die den Anforderungen der Branche,<br />
vor allem hinsichtlich der Digitalisierung, weniger<br />
gewachsen seien. Doch wie groß sind selbst<br />
Fonds Finanz, Jung, DMS & Cie. (JDC) oder<br />
Netfonds, wenn die Tech-Giganten Amazon und<br />
Google den Markt betreten? Eine Fusion könnte<br />
also auch die großen Pools zunehmend beschäftigen,<br />
um nicht selbst zur Maus zu werden.<br />
„Eine große Fusion würde zwar der Industrielo-<br />
gik folgen, da große Synergien gehoben werden<br />
könnten. Ich bin mir dennoch sicher, dass dies<br />
nicht passieren wird. Die Gesellschafterstrukturen<br />
der marktführenden Pools sind derzeit so,<br />
dass keiner die Führung abgeben will“, begründet<br />
Dr. Sebastian Grabmaier, Vorstand bei JDC.<br />
Maxpool-Vorstand Oliver Drewes sagt „niemals<br />
nie“, sieht aber alle großen Poolgesellschaften<br />
solide und wachstumsstark unterwegs und<br />
keine Fusionen in Sicht. blau-direkt-Chef Oliver<br />
Pradetto glaubt jedoch, „dass kein Pool oder<br />
Vertrieb in Deutschland aktuell allein die digitale<br />
Aufstellung und erforderliche Größe hat, um<br />
allein gegen neue Herausforderer wie Amazon<br />
oder Ping An zu bestehen“. Daher brauche es<br />
eine Konsolidierung des Marktes, in der sich<br />
verschiedene Pools zusammenschließen. „Das<br />
kann in Kooperationen, wie wir diese mit der<br />
Pool-EU vorantreiben, oder durch Zusammenschlüsse<br />
oder Übernahmen geschehen“, so<br />
Pradetto. Netfonds-Vorstand Martin Steinmeyer<br />
rechnet kurzfristig mit gravierenden Veränderungen<br />
der Poollandschaft, hält sich bezüglich<br />
einer Fusion aber neutral: „Man sollte generell<br />
sinnvolle Opportunitäten prüfen. Das trifft auch<br />
auf die Poolbranche zu. Alles Weitere wird sich<br />
ergeben.“<br />
STEILE THESE<br />
»Großfusion<br />
unter den Top-<br />
Maklerpools.«<br />
PROGNOSE: 2021 werden<br />
kleinere Pools ihre Kräfte bündeln.<br />
Für eine Fusion unter den<br />
Top-Pools müssten die Chefs ihre<br />
Alphapositionen teilen. Das ist<br />
nicht in Sicht. Hoffentlich steht<br />
man sich nicht selbst im Weg,<br />
wenn Google & Co. irgendwann<br />
ernst machen.<br />
5<br />
STEILE THESE<br />
»Provisionsdeckel<br />
in der<br />
Lebensversicherung<br />
wird<br />
beschlossen.«<br />
Gerade als eine endgültige Entscheidung zum<br />
Provisionsdeckel in Aussicht stand, trat Corona<br />
in unser Leben und ließ alle anderen Themen<br />
nur noch nebensächlich erscheinen. 2021 dürfte<br />
wieder Platz sein, um auch andere – wahlkampfstärkere<br />
– Themen wieder hervorzuholen. Die<br />
Wahrscheinlichkeit, dass es eine Entscheidung<br />
zum Provisionsdeckel geben wird, ist hoch.<br />
Doch wie fällt sie aus?<br />
Es liegen weiterhin keine belastbaren Zahlen<br />
HINTERGRUND: Die Debatte um den Provisionsdeckel in der Lebensversicherung wurde aufgrund der<br />
Corona-Pandemie ausgesetzt. 2021 könnte sie wieder auf den Tisch kommen.<br />
vor, aus denen sich ein strukturelles Missverhältnis<br />
auf den Märkten für Vertriebsentgelte in<br />
der Lebensversicherung ablesen ließe. „Auch<br />
existieren weder Fehlanreize noch Provisionsexzesse,<br />
die als Grund dafür herhalten könnten,<br />
die Vertriebsentgelte zu senken, und die als<br />
Marktversagen angesehen werden könnten“,<br />
ergänzt AfW-Vorstand Norman Wirth und ist<br />
sich daher sicher: „Der Provisionsdeckel in der<br />
Form, wie er in dem vorliegenden Gesetzesentwurf<br />
geplant ist, wird in dieser Legislaturperiode<br />
nicht kommen.“<br />
Prof. Matthias Beenken von der Fachhochschule<br />
Dortmund sieht den Markt nicht gänzlich so<br />
frei von Exzessen: „In der Restschuldversicherung<br />
gibt es einen dokumentierten Missstand<br />
bei der Provisionshöhe. Ich halte daher einen<br />
differenzierten Deckel nur für Restschuldversicherungen<br />
für wahrscheinlich.“ In der normalen,<br />
kapitalbildenden Lebensversicherung würde der<br />
Provisionsdeckel hingegen ein empirisch nicht<br />
belegbares Problem bekämpfen. „In der vom<br />
BMF vorgeschlagenen Variante ist er zudem<br />
nicht umsetzbar. Insofern bleibt zu hoffen, dass<br />
sich der nüchterne Verstand gegen die Ideologie<br />
durchsetzt“, so Beenken.<br />
PROGNOSE: In dieser<br />
Legislaturperiode passiert nichts<br />
mehr. Ein differenzierter Deckel<br />
für Restschuldversicherungen<br />
scheint ein möglicher Kompromiss<br />
zu sein. Dem würde sich die<br />
Branche beugen, um die Debatte<br />
zu beenden. Der pauschale<br />
Deckel ist nicht nur zeitlich (Bundestagswahlen),<br />
sondern auch<br />
aufgrund verfassungsrechtlicher<br />
Bedenken 2021 unwahrscheinlich.<br />
10<br />
56 <strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|20
Steile Thesen 2021 BERATER<br />
HINTERGRUND: Seit Jahren landen Versicherungsvertreter<br />
im Image-Ranking auf dem letzten<br />
Platz. Auch <strong>2020</strong> gaben lediglich 8 Prozent der<br />
insgesamt 2.0<strong>06</strong> Befragten an, eine hohe Meinung<br />
von ihnen zu haben.<br />
Woran genau es beim Image hakt, geht aus der<br />
jährlichen Studie des Beamtenbundes nicht<br />
hervor. Fakt ist, dass die Mehrzahl der Vertreter,<br />
Vermittler und Makler einen guten Job machen.<br />
Einiges spricht auch für ein höheres Wertschätzungspotenzial.<br />
So sind laut der Studie „Kundenmonitor<br />
Assekuranz“ von Sirius Campus<br />
zwei Drittel aller Versicherten hochzufrieden mit<br />
ihrem Vermittler. Auch das geringe Beschwerdeaufkommen<br />
beim Versicherungsombudsmann<br />
spricht für die Berufsvertreter: Gegenüber dem<br />
Vorjahr sank die Zahl der Beschwerden um 7,8<br />
Prozent auf 116. Doch medienwirksamere Skandale<br />
sind tiefer verankert als die Masse an fairen<br />
Beratungen.<br />
BVK-Präsident Michael H. Heinz nimmt eine<br />
Imagedifferenz zwischen der Nah- und<br />
STEILE THESE<br />
»Versicherungsvertreter<br />
klettern im<br />
Image-Ranking.«<br />
Fernsicht auf Vermittler wahr: „Das mag damit<br />
zusammenhängen, dass man auf allgemeiner<br />
– und unpersönlicher – Ebene eher bereit ist,<br />
überkommenen Klischees zu folgen.“ Gerade in<br />
Zeiten der Corona-Pandemie erführen Vermittler<br />
aber viel Anerkennung im direkten Kontakt.<br />
„Kunden schätzen es sehr, dass ihre Berater<br />
für sie da sind und ihre Betreuung schnell und<br />
unkompliziert auf digital umgestellt haben, um<br />
ihnen die bestmögliche Absicherung anzubieten.“<br />
Der Berufsverband feilt seit Jahren an einer<br />
Umgestaltung des Berufsbilds des Versicherungsvermittlers.<br />
Man baut auf drei Komponen-<br />
ten: Kaufmannstugenden, Qualifizierung und<br />
Unternehmertum.<br />
Wichtig wäre zudem, dass der Unterschied<br />
zwischen einem Vertreter und einem Makler<br />
besser kommuniziert wird. Mit diesem Wissen<br />
würden sich mehr Verbraucher einer unabhängigen<br />
Beratung zuwenden und auch pauschale<br />
Klischees hinterfragen. Die Studie des Beamtenbundes<br />
kann hier mit einer differenzierteren<br />
Befragung dazu beitragen.<br />
PROGNOSE: Die Chance<br />
besteht, dass sich das hohe<br />
Beratungsaufkommen in der<br />
derzeitigen Krise positiv im<br />
nächsten Ranking niederschlägt.<br />
Ob es dann wenigstens für den<br />
vorletzten Platz (vor Werbeleuten)<br />
reicht, ist fraglich.<br />
15<br />
G L Ü C K S<br />
STRASSENKIND<br />
<br />
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<br />
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<strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|20<br />
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Götz Lebuhn, Kai Säland, Volker Booten,<br />
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Internet: www.Phoenix-Kinderhaus.de<br />
Registrierung des Vereins:<br />
Amtsgericht Hamburg, VR-Nr.: 18 63 9<br />
Finanzamt Hamburg, St.Nr.: 17/441/16186<br />
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Deutsche Bank Hamburg<br />
Spendenkonto: 0 36 36 <strong>06</strong><br />
BIC: DEUTDEDBHAM<br />
IBAN: DE83 2007 0024 0036 36<strong>06</strong> 00<br />
57
BERATER Steile Thesen 2021<br />
HINTERGRUND: Konzernmutter Hypoport<br />
könnte Qualitypool mit genügend Kapital ausstatten,<br />
um die Einkaufstour (<strong>2020</strong> AmexPool) fortzusetzen.<br />
Mit blau direkt könnte man sogar in derselben Stadt<br />
bleiben.<br />
Mit Provisionserlösen von 59 Millionen Euro<br />
im Jahr 2019 zählt Qualitypool noch nicht<br />
zu den Top 5 der Branche. Angesichts der<br />
Steigerung um 80 Prozent im Vergleich zu 2018<br />
(32,7 Millionen) ist Qualitypool aber einer der<br />
interessantesten Pools. Mit der Finanzstärke<br />
der Konzernmutter Hypoport im Rücken scheint<br />
alles möglich, und Geschäftsführer Jörg Haffner<br />
macht keinen Hehl daraus, in die Riege der Top-<br />
Gesellschaften vorstoßen zu wollen. Gelingen<br />
soll das auch durch anorganisches Wachstum.<br />
Mit dem Kauf von ASC vor zwei Jahren und<br />
dem Erwerb von 49,99 Prozent der Anteile an<br />
AmexPool in diesem Frühjahr steht man für die<br />
größten Deals der jüngsten Poolvergangenheit.<br />
Über weitere Käufe könnte das definierte Ziel<br />
schneller erreicht werden als gedacht. Kommt<br />
blau direkt dafür infrage? Bei den Provisionserlösen<br />
im Jahr 2019 liegen beide Unternehmen<br />
STEILE THESE<br />
»Qualitypool<br />
kauft<br />
blau direkt.«<br />
nahezu gleichauf (blau direkt: 60,2 Millionen<br />
Euro). Beide Büros trennen keine drei Kilometer in<br />
Lübeck. Doch reicht das?<br />
„Zumindest in geografischer Hinsicht könnte<br />
sich eine Konsolidierung einfach gestalten“,<br />
meint Haffner. blau direkt sei zudem ein attraktiver<br />
Partner für eine Kooperation. Dennoch<br />
wäre es auch für Qualitypool eine vergleichsweise<br />
„großvolumige“ Fusion. „Zudem wurde<br />
mit AmexPool eine Option vereinbart, in den<br />
nächsten Jahren die Mehrheit an der Gesellschaft<br />
zu erwerben. Hier besteht also noch viel<br />
Zukunftspotenzial und Integrationsbedarf.“ Die<br />
Prüfung von Übernahmen und Anteilskäufen gehöre<br />
zum „daily business“, blau direkt spiele in<br />
solchen Überlegungen aktuell aber keine Rolle.<br />
Das beruht auf Gegenseitigkeit, spricht man<br />
mit blau-direkt-Chef Oliver Pradetto, dessen<br />
Pool jüngst die neue Kooperation mit Fondsnet<br />
bekanntgab: „Wenn Hypoport Gespräche über<br />
einen Kauf oder Kooperationen führen wollte,<br />
würden wir diese selbstverständlich führen.<br />
Tatsächlich gab es dazu nie ein Gespräch, es<br />
ist keins geplant und ich halte das für weniger<br />
wahrscheinlich.“ <br />
PROGNOSE: Beide Unternehmen<br />
schätzen und wissen um die<br />
Stärken des jeweils anderen. Perspektivisch<br />
werden Pools immer<br />
stärker über Kooperationen und<br />
Zusammenschlüsse funktionieren.<br />
Der skizzierte Kauf im Jahr<br />
2021 ist aber ausgeschlossen.<br />
1<br />
STEILE THESE<br />
»Check24 wird<br />
Mitglied im BVK.«<br />
HINTERGRUND: Schon seit Jahren<br />
liegen das als Versicherungsmakler tätige<br />
Vergleichsportal und der Vermittlerverband<br />
im Clinch. Ein ähnlicher Fall aus der<br />
Vergangenheit zeigt: Aus Feinden können<br />
auch Freunde werden.<br />
Mängel bei Erstinformation und Beratung, dazu<br />
Verstöße gegen das Provisionsabgabeverbot. In<br />
den vergangenen Jahren hatte der Bundesverband<br />
Deutscher Versicherungskaufleute (BVK)<br />
einige große Kritikpunkte gegen das Versicherungsvergleichsportal<br />
Check24 hervorgebracht.<br />
Diese hatten sich in mehreren Gerichtsverfahren<br />
auch überwiegend als wahr erwiesen und<br />
die Münchner zum Einlenken verdonnert. Das<br />
Verhältnis zwischen den beiden Parteien ist,<br />
gelinde gesagt, eisig.<br />
Aber können aus Feinden auch Freunde werden?<br />
Oder zumindest Verbündete im Kampf für<br />
eine verbraucherfreundliche Beratung und gute<br />
Arbeitsbedingungen für Versicherungsvermittler?<br />
Ein symbolischer Schritt wäre die Mitgliedschaft<br />
von Check24 im BVK.<br />
Die Vergangenheit zeigt, dass ein solches<br />
Aufeinander-Zugehen nicht ausgeschlossen ist.<br />
So wurde der Onlinemakler Knip nach seinem<br />
Eintritt in den deutschen Markt auch lange Zeit<br />
von den persönlichen Vermittlern missachtet<br />
und als Bestandsräuber bezeichnet. Doch 2016<br />
wurde Knip Mitglied im BVK und lenkte bei seinen<br />
aggressiven Geschäftspraktiken ein. Ist das bei<br />
dem Vergleichsportal auch möglich? „Aufgrund<br />
der Vorgeschichte halten wir einen Aufnahmeantrag<br />
von Check24 in den BVK für sehr unwahrscheinlich.<br />
Wenn sich das Vergleichsportal<br />
bessert, wären wir sogar für eine Aufnahme<br />
offen“, erklärte BVK-Präsident Michael H. Heinz<br />
auf <strong>procontra</strong>-Nachfrage. Check24 wollte die<br />
These indes nicht kommentieren.<br />
PROGNOSE: Der BVK ist nicht<br />
vollends abgeneigt. Doch viel<br />
wahrscheinlicher als eine Annäherung<br />
der beiden ist die nächste<br />
gerichtliche Auseinandersetzung. 5<br />
58 <strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|20
Steile Thesen 2021 BERATER<br />
HINTERGRUND: Vorstand Oliver Lang verließ den Pool Mitte <strong>2020</strong>. Die<br />
Wechselprämie zur Maklergewinnung stieß auf geteiltes Echo.<br />
Jung, DMS & Cie. gehört eher zu den Pools, die<br />
leisere Töne anschlagen. Das große Trommeln<br />
oder die Omnipräsenz auf allen Kanälen<br />
überlässt man der Konkurrenz. <strong>2020</strong> schaute<br />
man dennoch ungewohnt oft nach München.<br />
Zunächst einer Marketingaktion zur Maklergewinnung<br />
(Wechselprämie) geschuldet, kurz<br />
danach folgte der überraschende Abgang von<br />
Oliver Lang in Richtung Lübeck zu blau direkt.<br />
Eine These ging in der Gerüchteküche daher<br />
steil: Steht ein baldiger Verkauf an? „Jung, DMS<br />
& Cie. ist das Kerngeschäft der JDC Group,<br />
sämtliches Geschäft der Gruppe läuft über die<br />
Jung-DMS-Plattform. Jung, DMS & Cie. ist schon<br />
deshalb unverkäuflich. Zudem fängt die neue<br />
STEILE THESE<br />
»Jung, DMS & Cie.<br />
wird verkauft.«<br />
Digitalplattform eben erst an zu skalieren und<br />
ihren marktführenden Wert zu zeigen, daher<br />
wäre 2021 der schlechteste Zeitpunkt für einen<br />
Verkauf“, stellt JDC-Vorstand Dr. Sebastian Grabmaier<br />
klar.<br />
PROGNOSE: Der Verkauf<br />
von JDC ist laut Aussagen des<br />
Vorstands ausgeschlossen.<br />
0<br />
<strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|20<br />
59
BERATER So ist’s Recht!<br />
SO IST’S<br />
RECHT!<br />
Relevante Urteile,<br />
die Makler kennen sollten<br />
– TEXT: MARTIN THALER –<br />
Obliegenheiten<br />
GLEICHE BEDINDUNGEN AN JEDEM ORT<br />
Die im Rahmen einer Inhaltsversicherung vereinbarten Vertragsobliegenheiten gelten auch, wenn<br />
der Versicherungsort gewechselt wird – dies legte das Landgericht Köln fest. Geklagt hatte der<br />
Besitzer eines Unternehmens, in dessen Lagerhalle eingebrochen worden war. In seiner Inhaltsversicherung<br />
war festgeschrieben, dass die Lagerhalle bestimmte Sicherheitskriterien zu erfüllen<br />
habe. Im Laufe der Zeit hatte das Unternehmen jedoch eine andere Lagerhalle bezogen, die den<br />
geforderten Kriterien nicht entsprach. Bei der Umdeckung war der Unternehmer jedoch nicht vom<br />
Vermittler explizit darauf hingewiesen worden, dass die vertraglich vereinbarten Obliegenheiten<br />
auch für den neuen Versicherungsort gelten. Da dies aus Sicht des Gerichts aber offensichtlich war,<br />
liegt keine Pflichtverletzung des Vermittlers vor.<br />
20 O 355/19, Landgericht Köln<br />
Regress<br />
DER BRENNENDE LKW<br />
Haftpflicht<br />
LEISTUNGEN FÜR LEASINGNEHMER<br />
Ein Lkw war über Nacht in einer Werkstatt in<br />
Brand geraten, wodurch auch die Werkstatt in<br />
Mitleidenschaft gezogen wurde. Den Schaden<br />
sollte die Kfz-Haftpflichtversicherung bezahlen,<br />
die sich aber weigerte – schließlich sei der<br />
für den Brand verantwortliche Lkw nicht in<br />
Betrieb gewesen. Das ist unerheblich, befand<br />
allerdings der Bundesgerichtshof. Für den Regressanspruch<br />
reicht es aus, dass die Brandentstehung<br />
in einem ursächlichen Zusammenhang<br />
mit einer Betriebseinrichtung des<br />
Lkw steht. Diese Einrichtung muss dabei nicht<br />
unmittelbar für die Transport- beziehungsweise<br />
Fortbewegungsfunktion verantwortlich sein.<br />
VI ZR 158/19, BGH<br />
»Reißt der Täter dem<br />
Versicherungsnehmer<br />
eine Schmuckkette<br />
vom Hals und nutzt<br />
dabei lediglich das<br />
Überraschungsmoment<br />
dieser Handlung,<br />
dann besteht kein<br />
Versicherungsschutz.«<br />
OLG HAMM<br />
Bekommt ein Leasingunternehmen nach einem<br />
Unfall Leistungen von einer Versicherung, muss<br />
sie diese dem Leasingnehmer zugutekommen<br />
lassen – das entschied nun der BGH. Im konkreten<br />
Fall hatte eine Frau mit ihrem Leasing-<br />
Fahrzeug mehrere Unfälle gebaut, sodass der<br />
Wert des Fahrzeugs geringer ausfiel als bei<br />
Vertragsschluss geschätzt. Bei der Berechnung<br />
des Restwertausgleichs muss der Frau<br />
allerdings der gezahlte Minderwertausgleich<br />
der Haftpflichtversicherung angerechnet werden,<br />
befand der Bundesgerichtshof und hob<br />
damit das Urteil der Vorinstanz auf, das das<br />
Geld der Leasingfirma zugestanden hatte.<br />
VIII ZR 48/1, BGH<br />
BAV<br />
DIE VERGESSENE BETRIEBSRENTE<br />
Ein Mann, der in den 1970er-Jahren bei einem großen Computerhersteller<br />
arbeitete, hatte dort eine Betriebsrente in beträchtlicher Höhe<br />
zugesagt bekommen, diese aber nach zahlreichen Arbeitgeberwechseln<br />
vergessen zu beantragen. Nach seinem Tod wurden seine<br />
Erben hierauf aufmerksam. Da sie das Erbe mit allen Rechten und<br />
Pflichten angetreten hatten, stellte sich die Frage, ob sie nun auch<br />
die Betriebsrente an sich auszahlen lassen können. Mit Antritt der<br />
Gesamtrechtsnachfolge steht ihnen auch das Recht auf Auszahlung<br />
der Betriebsrente des Vaters zu, entschied das Arbeitsgericht<br />
Hannover. Per Vergleich einigten sich die Parteien, dass die Erben die<br />
Betriebsrente noch für drei Jahre geltend machen können. Insgesamt<br />
erhalten sie somit eine Summe in Höhe von 32.940 Euro.<br />
9 Ca 276/18 B, Arbeitsgericht Hannover<br />
Hausratversicherung<br />
EINE FRAGE DES WIDERSTANDS<br />
Wenn einem eine Kette vom Hals gerissen wird, ist dies nicht zwingend ein<br />
Fall für die Hausratversicherung – zumindest wenn diese in ihren Allgemeinen<br />
Vertragsbedingungen festhält, dass ein Raub außerhalb des Versicherungsorts<br />
nicht versichert ist, wenn Sachen „ohne Überwindung eines<br />
bewussten Widerstandes entwendet werden“. Doch was ist als Widerstand<br />
zu werten? Das OLG Hamm urteilte, dass das Verschließen der Halskette nicht<br />
als „vorbeugender Widerstand“ zu werten ist. Auch reicht es nicht, wenn<br />
sich die ausgeübte Gewalt allein auf das Ausnutzen eines Überraschungsmoments<br />
beschränkt. Unerheblich ist hingegen die Frage, ob das Opfer – im<br />
vorliegenden Fall ein älterer Mann – aufgrund seines körperlichen Zustands<br />
überhaupt Widerstand hätte leisten können. Ein Schritt nach hinten wäre<br />
schon ausreichend gewesen, so die Richter.<br />
20 U 4/20, OLG Hamm<br />
60 <strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|20
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<strong>Ausgabe</strong> <strong>2020</strong>
BERATER Spezialmakler<br />
IN DER NISCHE WACHSEN<br />
Als Generalist von A bis Z alles abdecken, den Überblick behalten: Das wird für Makler in der<br />
komplexen Produkt- und Tariflandschaft immer schwieriger. Das ruft nach Spezialisten.<br />
Ein Zukunftsmodell, das schon sehr gegenwärtig ist. Wie es gehen kann und was es bringt<br />
– TEXT: CARLA FRITZ –<br />
62 Illustration: Roman Kulon
Spezialmakler BERATER<br />
„Makler als Generalisten leben noch<br />
stark von den Beständen, sind aber ob<br />
der Komplexität oftmals am Rande ihrer<br />
Kapazitäten“, bringt Ulrich Neumann,<br />
Leiter Partnervertrieb bei der Gothaer, die<br />
Herausforderung auf den Punkt. Sich neu<br />
orientieren, das nehmen zunehmend mehr<br />
Makler erfolgreich in Angriff. Wie man<br />
sich in der Nische einen Namen macht und<br />
wächst, illustrieren die folgenden Beispiele.<br />
<strong>procontra</strong> machte sich auf die Suche<br />
nach einigen Erfolgsstorys. Beispiel Artekuranz.<br />
Mit diesem Firmennamen wird<br />
Bernd Ziegenrücker im Internet schnell von<br />
seiner Klientel gefunden: Kunstsammler,<br />
Restauratoren, Rahmenmacher, Spediteure.<br />
Im Kunstbereich ist der Spezialmakler aus<br />
Berlin breit aufgestellt. Auch viele international<br />
operierende Galerien gehören zum<br />
Portfolio. „Da geht man nicht eben mal<br />
hin und fragt, ob man sie versichern kann.“<br />
Das meiste läuft über Empfehlungen – von<br />
Sammlern untereinander. Oder über Anwälte,<br />
die beispielsweise Stiftungen betreuen.<br />
Vor allem langjährige persönliche<br />
Kontakte – auch aus seiner Zeit bei einem<br />
namhaften Kunstversicherer – waren und<br />
sind für den Spezialmakler hilfreich. „Aber<br />
dieses Netz muss man aufbauen.“<br />
KUNST KOMMT VON KÖNNEN<br />
Ahnung vom Kunstmarkt sollte man natürlich<br />
haben, so der Kunsthistoriker, der<br />
während seiner Studienzeit auch nebenher<br />
in Galerien gejobbt hat. „Die Akzeptanz<br />
und die Diskussionsgrundlage ist eine ganz<br />
andere, wenn man den Kunden da abholt,<br />
wo er sammelt.“ Das können neben Grafiken<br />
oder Installationen dann auch mal<br />
Armbanduhren, Whiskey oder Weine sein.<br />
Gute Arbeit als Visitenkarte öffnet auch<br />
hier neue Türen. „Insbesondere wenn eine<br />
Schadenabwicklung sehr gut gelaufen ist.“<br />
Durchschnittlich 150 Schäden – überwiegend<br />
durch Transport – begleitet Ziegenrücker<br />
im Jahr. Seine Deckungskonzepte<br />
stimmt er mit Verbänden aus dem Kunsthandel<br />
und Kunstvereinen ab. Dieses zehnte<br />
Jahr seit Bestehen der Firma – zugleich<br />
sein bisher bestes. „Wir werden auch weiter<br />
zu tun haben“, so der Makler. „Die<br />
Auktionsergebnisse im Herbst waren trotz<br />
Pandemie gut.“ Es wird immer noch Kunst<br />
gekauft, beispielsweise von Firmenkunden<br />
nach einem guten Geschäftsjahr. „Während<br />
das Massengeschäft immer mehr ins Internet<br />
wandert, wird es in anderen Bereichen<br />
»Spezialisierung ist<br />
für mich ein zweites<br />
starkes Standbein<br />
neben dem klassischen<br />
Geschäft. Ein Standbein<br />
kann immer<br />
mal wegbrechen.«<br />
NORBERT BOHNHORST, GOLFASS GOLF-ASSECURANZ<br />
VERSICHERUNGSVERMITTLUNG GMBH<br />
IM GRÜNEN BEREICH<br />
Spezialisierung als starkes zweites Standbein,<br />
das ergänzend zum klassischen Geschäft<br />
Umsatzwachstum bringt: Das spielte<br />
auch in den Überlegungen von Makler Norbert<br />
Bohnhorst eine wesentliche Rolle. „Ein<br />
Standbein kann immer mal wegbrechen“,<br />
so der Makler aus Niedersachsen, der bisher<br />
vorrangig im Firmenkundengeschäft<br />
unterwegs war und nun auch Golfplätze<br />
versichert. „Eine Marktlücke.“ Golfplätze<br />
seien in vielen Bereichen gar nicht oder<br />
überversichert, hat er festgestellt. „Dabei<br />
sind allein die Rasenflächen schon einer<br />
kleinen Neun-Loch-Anlage um die eineinhalb<br />
bis zwei Millionen Euro wert.“ Dazu<br />
kommt der Maschinenpark für die Pfleweiterhin<br />
sehr viel Beratungsbedarf geben“,<br />
ist sich Ziegenrücker sicher. Überall<br />
da, wo es um persönliche Dinge geht, an<br />
denen man hängt und deren Wert man zum<br />
Beispiel als Erbe nicht kennt. „Das berührt<br />
auch Themen, wo wir zusätzlich beraten<br />
können, damit man die richtigen Gutachter,<br />
Schätzer und Restauratoren findet und wie<br />
man die Sammlerstücke vermarkten kann.<br />
Dafür sind Kunden dankbar.“<br />
MUT GETANKT<br />
Tankstellen versichern – eine der Spezialitäten<br />
der Götte-Gruppe. Schon als man<br />
dort nur tanken konnte. „Später kamen<br />
Shops dazu – erst nur Kfz-Zubehör, später<br />
dann Zigaretten und Süßigkeiten. Schließlich<br />
das Waschgeschäft“, skizziert Carl-Michael<br />
Götte die Entwicklung, die die Maklerfirma<br />
dann auch versicherungstechnisch<br />
begleitete. Von den ersten Waschanlagen<br />
bis hin zur Einführung neuer elektronischer<br />
Kassensysteme. „Die Risiken kamen peu<br />
à peu.“ So ist der Maklerbetrieb in Köln<br />
mit dem Wachstum der Branche organisch<br />
in die Thematik hineingewachsen. „Wenn<br />
es Anfragen gab, wussten wir schon: Wie<br />
funktioniert eine Tankstelle? Wo liegen<br />
die Risiken?“ Auch Existenzgründern – in<br />
dieser Nische oft Seiteneinsteiger – konnte<br />
man dergestalt, durch Vorwegnahme bestimmter<br />
Problematiken, Hilfe anbieten.<br />
„Am Puls der Zeit bleiben“, das ist für<br />
den Makler aus Köln auch aus dieser Erfahrung<br />
heraus unverzichtbar: Was kommt<br />
mit neuen Geschäftsmodellen und bargeldlosem<br />
Zahlungsverkehr heute auf uns zu?<br />
Was ist mit Ladesäulen? Wie müssen die<br />
Konzepte der Maklerfirma angepasst werden?<br />
Vor circa 20 Jahren hat die Götte-<br />
Gruppe ihr erstes Wording für Tankstellen<br />
aufgesetzt. Ein großer Schritt damals für<br />
das mittelständische Unternehmen, gestützt<br />
nicht zuletzt auf den guten Leumund bei<br />
Partnern und Kunden.<br />
„Wir sind aber auch nach wie vor<br />
grundsätzlich der Gemischtwarenladen“,<br />
so Götte. „Das heißt der klassische Makler,<br />
der von A bis Z im Grunde alles abdecken<br />
kann, aber nicht unbedingt muss<br />
und will“, macht er zugleich einen wichtigen<br />
Unterschied klar. „Wenn man ein<br />
Unternehmen gründet, versucht man als<br />
Generalist möglichst viel an Aufträgen und<br />
Umsatz zu generieren. Ich muss nicht alles<br />
machen, um zu überleben.“ Käme morgen<br />
ein Krankenhaus auf ihn zu, er würde<br />
dankend ablehnen. „Da gibt es sicherlich<br />
Kollegen mit mehr Marktkenntnis und Expertise.“<br />
Andere Spezialisten eben, aber mit<br />
der gleichen „Möglichkeit, einen größeren<br />
Mehrwert zu schaffen und einem weniger<br />
harten Preiskampf ausgesetzt zu sein“, so<br />
Peter Pillath, Underwriting Manager beim<br />
Spezialversicherer Hiscox.<br />
<strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|20<br />
63
BERATER Spezialmakler<br />
»Im Grunde ist jeder<br />
Makler ein Spezialist«<br />
CARL-MICHAEL GÖTTE, Geschäftsführer der Götte-Gruppe, Köln<br />
<strong>procontra</strong>: Spezialisierung – wie kommt man<br />
und was braucht man dazu?<br />
Carl-Michael Götte: Es gehört immer eine<br />
gewisse Leidenschaft für die Klientel dazu,<br />
die man als Makler im Auge hat. Manchmal<br />
ist es das eigene Hobby, beispielsweise als<br />
Golfer oder Wassersportler. Manchmal muss<br />
man vielleicht auch die Gelegenheit nutzen,<br />
die sich bietet. Bei uns war es der Zufall – in<br />
Form eines Transportschadens –, der uns zum<br />
Mineralölsektor und letztlich zu Tankstellen<br />
geführt hat, und auf der anderen Seite harte<br />
Arbeit: Tankstellen sind unerwünschte Risiken.<br />
Aber: Was einem Spaß macht, da hängt man<br />
sich rein und wird dann auch weiterempfohlen.<br />
<strong>procontra</strong>: Um Risikoschutz für Geldautomaten<br />
in Einkaufszentren, Hotels oder Spielhallen<br />
reißt sich vermutlich auch keiner. Auch da<br />
haben Sie aber für Ihr Konzept Partner in der<br />
Assekuranz gefunden. Man wüsste gern, wie.<br />
Götte: Unsere Konzepte sind in sich tragfähig.<br />
Für ein Scheitern gibt es andererseits immer<br />
zwei Möglichkeiten: Entweder der Kunde<br />
springt ab oder der Versicherer – weil sie<br />
unzufrieden sind. Wir suchen den Interessenausgleich<br />
und haben das bisher auch immer<br />
geschafft.<br />
<strong>procontra</strong>: Heißt konkret?<br />
Götte: Nur auf den maximalen Rabatt zu<br />
setzen und den maximalen Versicherungsumfang<br />
ist kurzsichtig. Dann wird das Konzept<br />
möglicherweise schneller notleidend, als man<br />
denkt. Die Versicherbarkeit sollte langfristig<br />
gewährleistet bleiben.<br />
<strong>procontra</strong>: Wie bringt man das als Makler<br />
seinen Kunden bei?<br />
Götte: Wir haben im Kundeninteresse den<br />
Versicherer durchaus schon mal wechseln<br />
müssen. Aber eben nicht exzessiv, wie man<br />
das teils sieht: Mit einem Konzept durch<br />
den Markt gehen, um auf Teufel komm raus<br />
Kunden zu gewinnen. Schadenquoten egal.<br />
Und nächstes Jahr nächster Versicherer,<br />
Schadenquoten immer noch egal. Ex und<br />
hopp, das ist nicht unser Geschäftsprinzip.<br />
Sonst wären wir nicht Makler in dritter Generation.<br />
Unser Erfolg liegt im gesunden Mittelweg,<br />
sodass Kunden bei gutem Versicherungsschutz<br />
eine angemessene Prämie zahlen und<br />
der Versicherer auch mal ein schlechtes Jahr<br />
durchsteht. Das wird akzeptiert.<br />
<strong>procontra</strong>: Zielgruppen – ein Zukunftsmodell<br />
für Makler. Würden Sie das so unterschreiben?<br />
Götte: Es ist ein Zukunftsmodell, ja, vielfach<br />
aber schon sehr gegenwärtig. In gewisser<br />
Weise ist doch bereits heute jeder Makler ein<br />
Spezialist. Aus jedem Kundengespräch nimmt<br />
man etwas mit und entwickelt sich so in eine<br />
Nische hinein, Richtung Privatkunden oder<br />
Einzelhändler zum Beispiel. Weil das Thema<br />
häufiger auftaucht. Weil man sich darin vertieft.<br />
Wenn man als Makler zwei Buchhändler<br />
oder eben auch Tankstellenpächter betreut<br />
und ein dritter kommt hinzu, dann kann<br />
man mit dem vierten schon wieder über die<br />
Probleme, die man beim ersten Kunden gelöst<br />
hat, noch einmal ganz anders reden.<br />
ge. Und nicht zuletzt Schutzhütten im<br />
Gelände. Wildschweinplage, Starkregen,<br />
was muss alles abgedeckt sein, um einen<br />
Golfplatz vor dem Super-GAU zu retten?<br />
Bohnhorst hat sich umgehört bei Vereinen,<br />
Betreibern, Verbänden, Vereinbarungen<br />
mit Versicherern getroffen und dann sein<br />
Golfpaket geschnürt – „mit einer Prämienersparnis<br />
zwischen 30 und 50 Prozent und<br />
mindestens gleichen, wenn nicht sogar<br />
besseren Bedingungen“. Ein Umstand, der<br />
ihm vor allem anfangs vieles erleichtert<br />
hat: Bohnhorst, Inhaber der Golfass Golf-<br />
Assecuranz – nomen est omen –, ist auch<br />
Präsident eines Golfklubs.<br />
PARCOURS GEMEISTERT<br />
Grundsätzlich, aber nicht ausschließlich,<br />
sieht auch Matthias Fischer aus Glashütten<br />
bei Bayreuth, zumindest für die eigene<br />
Makler-Firma W. Fischer, „das Heil in<br />
der Spezialisierung“. Die Neukundengewinnung<br />
laufe auf dieser Schiene deutlich<br />
besser als im klassischen gewerblichen Geschäft.<br />
Der Kundenstamm, den sein Vater<br />
dort aufgebaut hat, bleibt für ihn zugleich<br />
eine feste Bank. Der Anstoß zur Zielgrup-<br />
»Die Neukundengewinnung<br />
läuft auf der<br />
Spezialisierungsschiene<br />
deutlich besser als<br />
im klassischen gewerblichen<br />
Geschäft.«<br />
MATTHIAS FISCHER, VERSICHERUNGSMAKLER,<br />
GLASHÜTTEN BEI BAYREUTH<br />
64 Foto Interview: Edmund Götte GmbH
Spezialmakler BERATER<br />
»Das Massengeschäft<br />
wandert immer mehr<br />
ins Internet. In persönlichen<br />
Bereichen<br />
wird es weiter<br />
hohen Beratungs -<br />
bedarf geben.«<br />
BERND ZIEGENRÜCKER,<br />
ARTEKURANZ GMBH & CO. KG, BERLIN<br />
penspezialisierung kam vor zehn Jahren<br />
im Austausch mit Kollegen, die konkrete<br />
Idee von seiner Frau, passionierte Reiterin:<br />
„Dann mach Hufpfleger. Um die kümmert<br />
sich noch keiner.“ In diesen Wochen<br />
wird Fischer wahrscheinlich seinen 1.500<br />
Betrieb im Dienstleistungsmetier rund um<br />
Pferde nach eigenem Deckungskonzept versichern<br />
– Hufschmiede, -techniker, -pfleger,<br />
Pferde-Osteopathen und -Heilpraktiker.<br />
Anfänglich musste er sich mit bestehenden<br />
Produkten behelfen, garniert mit<br />
„zwei, drei Schleifchen“, abgesegnet vom<br />
Underwriter. Mit den ersten Vertriebserfolgen<br />
wurden auch die Versicherer hellhörig.<br />
„Die Zeichnungsbereitschaft war dann<br />
schon wesentlich größer.“ Was sich in dem<br />
Zusammenhang als cleverer Schachzug erwies:<br />
„Wir haben von Anfang an nur diejenigen<br />
versichert, die auch eine entsprechende<br />
Ausbildung vorweisen konnten,<br />
also nicht die selbst ernannten Hufpfleger.“<br />
Das wiederum beeinflusste die ohnehin geringe<br />
Schadensquote seiner Kundschaft und<br />
verschaffte dem Maklerbetrieb zudem ein<br />
gutes Standing bei den Ausbildungsstätten.<br />
Die Courtageeinnahmen pro Kunde sind<br />
eher bescheiden. „Die Menge macht es.“<br />
Ein Großteil der Anträge kommt inzwischen<br />
online. Der Erstkontakt geht immer<br />
über die Betriebshaftpflicht. Teils kommen<br />
dann auch Anfragen zu privaten Versicherungen.<br />
„Aber wir legen es nicht vordergründig<br />
darauf an. Wir wollen langsam mit<br />
den Kunden zusammen wachsen.“ Darin<br />
sieht er die Zukunft.<br />
SPEZIALISIERUNG –<br />
EIN ZUKUNFTSMODELL FÜR MAKLER?<br />
PRO<br />
Im Fokus eigene<br />
Stärken – man muss<br />
nicht alles annehmen<br />
Man ist hartem<br />
Preiskampf weniger<br />
ausgesetzt<br />
Ggf. starkes zweites<br />
Standbein für Neukundengewinnung<br />
CONTRA<br />
Geringere Risikostreuung<br />
macht<br />
stärker abhängig<br />
Anfälligkeit in Krisenzeiten<br />
besonders<br />
hoch (Pandemie)<br />
Spezialisierte Mitarbeiter<br />
muss man ggf.<br />
erst heranziehen<br />
SPENDENKONTO IBAN: DE65 3705 0299 0000 9191 91<br />
Jeder neue Tag ist<br />
bunt und wunderschön.<br />
Melanie, mit 32 an Krebs erkrankt<br />
<strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|20<br />
65
BERATER InsurTechs<br />
ERST GRÜNDUNG,<br />
DANN PLEITE?!<br />
Die Corona-Krise brachte bereits zwei bekannte InsurTechs mangels Kapital ins Straucheln.<br />
Wie düster wird 2021, wie krisenfest sind die Jungunternehmen tatsächlich?<br />
Eine Bestandsaufnahme<br />
– TEXT: ANNE HÜNNINGHAUS –<br />
66 Illustration: Roman Kulon
InsurTechs BERATER<br />
Die Ambitionen waren groß, die Idee<br />
durchaus reizvoll: Joonko wollte dem branchenweit<br />
ungeliebten Platzhirsch Check24<br />
Konkurrenz machen. Doch ziemlich genau<br />
ein Jahr nachdem das Berliner InsurTech<br />
mit einer Betaversion für den Vergleich von<br />
Kfz-Policen gestartet war, löst die einstige<br />
Vision sich wieder in Luft auf. „Die Pandemie<br />
hat uns gezeigt, dass mehr Kapitalpuffer<br />
nötig ist. Eine ausreichende Finanzierung<br />
konnten wir mit unseren Investoren<br />
leider zu diesem Zeitpunkt nicht realisieren“,<br />
erklärte CEO Dr. Carolin Gabor<br />
Ende Oktober. Die 43 Mitarbeiter sollen<br />
neue Job-Angebote von der finleap-Gruppe<br />
bekommen, die Joonko mit aufgebaut hat<br />
(siehe Interview auf Seite 68). Ebenfalls<br />
schlechte Neuigkeiten hatte es nur wenige<br />
Tage zuvor vom 2016 gegründeten BU-Anbieter<br />
Getsurance gegeben, der nach Zahlungsschwierigkeiten<br />
einen Insolvenzantrag<br />
stellen musste. Nun sei man auf der Suche<br />
nach einem neuen Investor, der zum Jahreswechsel<br />
einsteigen könnte, um das Ruder<br />
noch einmal herumzureißen.<br />
Dass junge Firmen aufgeben müssen, ist<br />
erst einmal kein Corona-Spezifikum. Generell<br />
gilt: Über 80 Prozent aller Start-ups<br />
scheitern innerhalb der ersten drei Jahre,<br />
wirklich erfolgreich wird nur jedes zehnte.<br />
Trotz visionärer Ansätze gehört das<br />
hohe Risiko des Scheiterns dazu – einen<br />
Gesichtsverlust für Gründer bedeutet das<br />
nicht. Im Bereich InsurTechs gibt es laut<br />
Branchenexperte Dr. Nikolai Dördrechter<br />
sogar „unproportional wenige Pleiten“.<br />
DIE INVESTITIONSBEREITSCHAFT SCHWANKT<br />
Mehr Kapital hätte Joonko und auch Getsurance<br />
helfen können. Die jungen Digitalaffinen<br />
stellen eine hart umkämpfte und<br />
dabei wechselwillige Zielgruppe dar, die<br />
Akquisitionskosten sind für InsurTechs<br />
entsprechend hoch – und bis der Wert des<br />
Kunden im Laufe der Zeit gehoben wurde,<br />
ist schon viel Geld geflossen. „In Wachstum<br />
zu investieren, ist teuer – das hat aber mit<br />
Corona nichts zu tun“, ordnet Dördrechter<br />
ein. Ein grundsätzliches Problem liege in<br />
ambitionierten Businessplänen mit maximal<br />
ausgereizten Unternehmensbewertungen.<br />
So werde im prognostizierten<br />
Kundenwachstum oft zu hoch gepokert:<br />
„50.000 Neukunden in einem Jahr sind eigentlich<br />
ein toller Erfolg – wenn den Investoren<br />
aber 300.000 versprochen wurden,<br />
reicht das schlichtweg nicht aus.“<br />
7.000<br />
6.000<br />
5.000<br />
4.000<br />
3.000<br />
2.000<br />
1.000<br />
0<br />
48<br />
348<br />
TROTZ CORONA WIRD KRÄFTIG INVESTIERT<br />
Jährlicher InsurTech-Investitionstrend von Willis Towers Watson:<br />
Anzahl der Deals und Höhe der Investments<br />
66<br />
276<br />
2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 <strong>2020</strong><br />
Angaben 2012 bis <strong>2020</strong> (bis einschließlich drittem Quartal) <br />
»Investoren haben<br />
sich für Monate abgemeldet<br />
und sich nur<br />
mit dem bestehenden<br />
Portfolio beschäftigt.«<br />
DR. NIKOLAI DÖRDRECHTER<br />
Durchaus der Corona-Krise zuzuschreiben<br />
ist aber die zeitweilige Zurückhaltung der<br />
Investoren. „Auch wenn das niemand offiziell<br />
zugegeben hat: In diesem Jahr haben<br />
sich Investoren für zwei bis drei Monate<br />
abgemeldet und in dieser Zeit nur mit dem<br />
bestehenden Portfolio beschäftigt“, weiß<br />
Dördrechter. Vermeintlich neue Deals waren<br />
mehrheitlich schon im vergangenen<br />
Jahr angeleiert worden. Statt neuer Pitches<br />
und offizieller Kapitalrunden haben bestehende<br />
Investoren InsurTechs in diesem<br />
Jahr vielfach im Stillen zu einer Brückenfinanzierung<br />
verholfen. Ob bei Project A,<br />
Holtzbrinck Ventures, Digital+ oder Earlybird:<br />
Venture Capital sei trotz der Krise<br />
ausreichend vorhanden, so Dördrechter.<br />
Auch gab es einige Positivbeispiele in diesem<br />
Jahr: Das Hamburger Schadensregulie-<br />
94<br />
868<br />
132<br />
2.721<br />
176<br />
1.742<br />
US-Dollar in Mio. Deals<br />
218<br />
2.274<br />
262<br />
4.167<br />
6.348<br />
5.028<br />
Quelle: Willis Towers Watson<br />
rungs-InsurTech Claimsforce sammelte im<br />
Sommer satte sieben Millionen Euro von<br />
Investoren ein, der Berliner White-Label-<br />
Versicherer Element polsterte sein Kapital<br />
um zehn Millionen Euro auf.<br />
„Für die Venture-Capital-Geber könnte<br />
jetzt eine alte Anlegerweisheit Bestand<br />
haben: In Krisenzeiten steigen Mutige oft<br />
günstiger als sonst ein – auch bei Geschäftsmodellen,<br />
deren Potenzial sich erst in der<br />
Post-Corona-Zeit zeigen wird“, beobachtet<br />
Christian Gnam, Managing Director des<br />
InsurTech Hub München. Es geht wieder<br />
bergauf, das belegen aktuelle Zahlen, die<br />
Willis Towers Watson erhoben hat. Nachdem<br />
die Investments im ersten Quartal dieses<br />
Jahres Pandemie-bedingt geschrumpft<br />
waren, haben sie ein halbes Jahr später<br />
einen neuen Höchststand erreicht (siehe<br />
Grafik). Laut Michael Klüttgens, Leiter<br />
der Versicherungsberatung des Beratungsunternehmens,<br />
zeigen die Daten, „dass<br />
Investoren trotz der Covid-19-bedingten<br />
Umwälzungen großes Wachstumspotenzial<br />
für InsurTechs erkennen“. Obwohl sich im<br />
dritten Quartal keine Mega-Deals ergaben,<br />
machten Finanzierungen in deutsche Insur-<br />
Techs demnach 5 Prozent aller weltweiten<br />
Transaktionen aus – und liegen damit sogar<br />
leicht über dem Durchschnitt der vergangenen<br />
Jahre von 4 Prozent.<br />
314<br />
275<br />
KOOPERATIONEN SIND GEFRAGT<br />
Statt Risikokapital in Start-ups zu pum-<br />
350<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
0<br />
<strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|20<br />
67
BERATER InsurTechs<br />
»Manchmal gehen große<br />
Wetten einfach nicht auf«<br />
<strong>procontra</strong>: Mit Joonko brachten Sie ein<br />
vielversprechendes Projekt an den Start, mit<br />
dem man der steigenden Marktmacht von<br />
Check24 hätte begegnen können. Trotzdem<br />
fehlte es an Investoren – wie erklären Sie sich<br />
das?<br />
Ramin Niroumand: Es war ein sehr ambitioniertes<br />
Ziel, das wir uns hier gesetzt hatten,<br />
aber manchmal gehen große Wetten einfach<br />
nicht auf. Ein entscheidender Faktor für den<br />
Erfolg ist das richtige Timing – hier hat uns<br />
die Corona-Krise nicht in die Karten gespielt.<br />
Zum einen hat sie die Risikobereitschaft von<br />
Investoren gegenüber jungen Unternehmen<br />
beeinträchtigt. Zum anderen ist durch die Pandemie<br />
auch der Absatz von Autos und damit<br />
auch von Autoversicherungen weit hinter<br />
den Erwartungen zurückgeblieben. Meiner<br />
Meinung nach wäre der Markt letztlich gekommen,<br />
doch die Investorenbereitschaft – auch<br />
unter den Versicherern – war nicht gegeben.<br />
Das Feld der Aggregatoren wird in Deutschland<br />
damit weiter Check24 überlassen.<br />
<strong>procontra</strong>: Laut Umfragen sieht sich jedes<br />
zweite Start-up in Deutschland aufgrund von<br />
RAMIN NIROUMAND, Gründer und CEO von finleap<br />
Corona in seiner Existenz bedroht. Kommt<br />
nach dem Gründerboom jetzt der Gründerkrach?<br />
Niroumand: Unabhängig von Corona fühlen<br />
sich neun von zehn Start-ups permanent in<br />
ihrer Existenz bedroht, da in der Regel nur<br />
eines von zehn Unternehmen den Durchbruch<br />
schafft. Allerdings wirkt sich Corona natürlich<br />
auf die Start-ups aus, positiv wie negativ.<br />
<strong>procontra</strong>: Beginnen wir mit der schlechten<br />
Nachricht.<br />
Niroumand: Wir stellen fest, dass die Bereitschaft<br />
gesunken ist, junge und mutige Ideen<br />
entsprechend zu fördern – das haben wir<br />
ja mit Joonko am eigenen Leib zu spüren<br />
bekommen. Gleichzeitig hat Corona zu einem<br />
echten Digitalisierungsschwung geführt und<br />
lang gepflegte Gewohnheiten, wie beispielsweise<br />
die Vorliebe der Deutschen für das<br />
Bargeld, überwunden. Da viele Start-ups im<br />
B2B-Bereich tätig sind und Unternehmen bei<br />
der Prozessverbesserung und Digitalisierung<br />
unterstützen, verleiht Corona diesen Start-ups<br />
zusätzlichen Schwung.<br />
<strong>procontra</strong>: Wie testen Sie bei finleap, welche<br />
Geschäftsidee tatsächlich Potenzial<br />
besitzt?<br />
Niroumand: Es gibt Ideen, an die muss<br />
man in erster Linie glauben. Wenn Sie<br />
eine digitale Versicherung wie Element<br />
aufbauen, kann man diese nicht einfach<br />
mal am Markt testen. Sie müssen<br />
vielmehr ein Gespür für den Markt<br />
und das komplexe Zusammenspiel<br />
von Unternehmertum, Regulatorik und<br />
Technologie haben. Für B2C-Modelle,<br />
die Finanzdienstleistungen im bewussten<br />
Kontext anbieten, versuchen<br />
wir über Zielgruppenansprachen auf<br />
den verschiedenen Vertriebskanälen<br />
– momentan insbesondere Social-<br />
Media-Plattformen wie TikTok und<br />
Instagram – herauszufinden, welche<br />
Finanzprodukte für die sogenannte<br />
Generation Z passen. <br />
pen, setzen die großen Versicherungen<br />
derweil eher auf Kooperationen. „Beim<br />
klassischen Corporate Venture Capital sind<br />
wir im Bereich InsurTechs – Corona-unabhängig<br />
– bereits über den Zenit hinaus“,<br />
schätzt Dördrechter ein. Dass Versicherer<br />
tendenziell in puncto Investments sparsamer<br />
werden, liegt nicht zuletzt daran,<br />
dass es oft knirscht, wenn beide Welten<br />
aufeinandertreffen. Wird eine junge dynamische<br />
Einheit in einen solchen Tanker hineingehängt,<br />
funktioniert das naturgemäß<br />
nicht immer reibungslos.<br />
Ein wichtiges Thema: Über die Digitalisierung<br />
von Geschäftsmodellen wurde in<br />
diesem Jahr viel gesprochen. Die Krise und<br />
der Zwang zum Social Distancing führten<br />
auch dem letzten Verfechter des analogen<br />
Alltags vor Augen, wie wichtig wachsende<br />
Digitalkompetenz ist. Auch in einer Branche,<br />
die oft als extrem schwerfällig gescholten<br />
wurde? „Wir beobachten bei den<br />
Versicherern eine Entscheidungsfreude und<br />
Schnelligkeit, wie sie bisher nicht üblich<br />
waren“, sagt Gnam vom InsurTech Hub.<br />
Viele der etablierten Versicherer holten jetzt<br />
die in der Vergangenheit versäumte Digitalisierung<br />
im Vertrieb im Laufschritt nach.<br />
Der eigene Vertrieb fordert nun die Lösungen<br />
ein, denen man vorher oft skeptisch<br />
gegenüberstand, denn selbst die Kunden,<br />
die vor der Corona-Krise wenig onlineaffin<br />
waren, verlangen nun nach digitalen Lösungen.<br />
Große Sprünge sieht Dördrechter<br />
indes nicht bei allen. „Jenseits der Homeoffice-Kultur<br />
haben viele Versicherer seit<br />
Ausbruch der Pandemie kein Feuerwerk an<br />
neuen Digitalisierungsprojekten gestartet,<br />
sondern setzen nur ihre schon eingeschlagene<br />
Marschrichtung fort.“ Zwar habe es<br />
zweifelsohne einen Boost der digitalen Vertriebsinfrastrukturen<br />
gegeben, neue Ideen<br />
für Produkte und Disruptionen der Branche<br />
hätten die vergangenen Monate aber<br />
vermissen lassen.<br />
AUF DIE SPARTE KOMMT ES AN<br />
Wie gut junge Unternehmen der Branche<br />
durch die Krise kommen, ist derweil eng<br />
an ihr Geschäftsfeld geknüpft. Digitale<br />
Gesundheitslösungen haben aktuell naheliegenderweise<br />
Hochkonjunktur, neben der<br />
Herausforderung Corona wirkt auch das<br />
Digitale-Versorgung-Gesetz als wichtiger<br />
Katalysator. Die Telemedizin ist einer der<br />
Techsektoren, die am stärksten von der Krise<br />
profitiert haben. Ähnliches dürfte bald<br />
68 Foto: Boris Breuer
InsurTechs BERATER<br />
auch für das Thema Enterprise 2.0 gelten:<br />
„Es ist schon jetzt offensichtlich, dass die<br />
Prozesse in der Arbeitswelt, die Interaktion<br />
mit Kunden, die betrieblichen IT-Systeme<br />
nach der Krise nicht zum Vor-Corona-Status<br />
zurückkehren werden“, so Gnam. Aber<br />
auch das Thema Fahrradversicherung hat<br />
durch den Fahrradboom als Sondereffekt<br />
der Krise an Potenzial gewonnen – nachdem<br />
es hier jahrelange Stagnation gegeben<br />
hatte. Das ohnehin langsame, aber stetige<br />
Schwinden des deutschen Autoenthusiasmus<br />
– vor allem innerhalb der Städte<br />
– wurde indessen in diesem Jahr beschleunigt.<br />
„Kfz wird perspektivisch weiter an<br />
Stückzahl verlieren, darauf stellen sich die<br />
Hersteller bereits ein“, sagt Dördrechter.<br />
Warum das InsurTech Getsafe ausgerechnet<br />
jetzt das hart umkämpfte Kfz-Geschäft<br />
entert, mag da verwundern.<br />
DIE KRISE INSPIRIERT ZU ZWEI TRENDS<br />
Dient diese Krise womöglich auch als Initialzündung<br />
für neue Ideen im Versicherungsbereich?<br />
Dördrechter beobachtet hier<br />
zwei Effekte. Zum einen habe man beim<br />
konfliktreichen Thema „Betriebsschließung“<br />
große Verunsicherung gesehen. Dass<br />
sie im Falle eines nationalen Notstands<br />
nicht entsprechend abgesichert sind, war<br />
den wenigsten Kunden bewusst. Das Learning<br />
daraus: „Wir benötigen mehr Klarheit<br />
darüber, welcher exakte, messbare Umstand<br />
eine Versicherungsleistung auslöst.<br />
Ich erwarte den Trend, dass es mehr Startups<br />
geben wird, die den Versicherungsfall<br />
an objektive Triggerevents knüpfen.“ Im<br />
Kleinen gibt es solche sogenannten parametrischen<br />
Versicherungen schon. InsurTechs<br />
wie Wetterheld koppeln die Leistung nicht<br />
mehr an die subjektive Einschätzung der<br />
Versicherungsmitarbeiter, sondern legen<br />
messbare Kriterien zugrunde. Als zweiten<br />
krisenbefeuerten Trend nimmt Dördrechter<br />
den Bereich „Predictive Insurance“ wahr,<br />
also das datengestützte vorsorgliche Handeln<br />
aufgrund einer zuverlässigeren, auf<br />
künstlicher Intelligenz basierenden Vorhersehbarkeit<br />
von Ereignissen, um Schadensfälle<br />
vor deren Eintreten zu verhindern.<br />
INSURTECHS PROFITIEREN VOM<br />
GESELLSCHAFTLICHEN WANDEL<br />
Der Kreis der digitalaffinen Kunden wächst<br />
durch alle Bevölkerungsschichten, Insur-<br />
Techs profitieren von diesem gesellschaftlichen<br />
Wandel. Das sieht auch Dördrechter<br />
so: „Der Trend hin zum digitalen Vertriebsapparat<br />
ist nicht umkehrbar.“ Davon<br />
zehren unter anderem Anbieter wie Clark,<br />
White-Labeling-Lösungen sind gefragt wie<br />
selten zuvor.<br />
„Ich bin zuversichtlich, dass es nicht<br />
zu einer großen Pleitewelle kommt. Aber<br />
es wird vereinzelte Unternehmen geben,<br />
die aufgeben müssen“, so seine Prognose.<br />
Selbst der zweite Lockdown sei verkraftbar,<br />
da sich nun zumindest das Gros der Anbieter<br />
auf die Sondersituation der Pandemie<br />
einstellen konnte. Die entstandene Delle im<br />
stationären Vertrieb und bei den Neuabschlüssen<br />
führt in seinen Augen lediglich zu<br />
einer zeitlichen Verschiebung in ursprünglich<br />
ambitionierteren Wachstumsplänen der<br />
InsurTechs.<br />
Statt einer weiteren Bedrohung für<br />
Jungunternehmen durch Corona sieht der<br />
Experte derweil etwas anderes gefährdet,<br />
nämlich deren Beschreibung selbst: „Der<br />
Terminus InsurTech wird als differenzierendes<br />
Merkmal für Start-ups in der Versicherungsbranche<br />
immer mehr an Bedeutung<br />
verlieren, weil der ‚Tech‘-Part für alle<br />
etablierten Versicherer selbstverständlich<br />
geworden sein wird.“ <br />
PRO<br />
FÜHRT CORONA ZUR<br />
INSURTECH-PLEITEWELLE?<br />
Risikoscheue<br />
Investoren: ausgesetzte<br />
Kapitalrunden<br />
Einzelne Sparten<br />
(Reise, Kfz) sind zunehmend<br />
unattraktiv<br />
Jungunternehmen<br />
sind weniger krisenfest<br />
CONTRA<br />
Wachsende<br />
Zielgruppe: Bedürfnis<br />
nach Digitalprodukten<br />
nimmt zu<br />
Versicherungen<br />
suchen Kooperationspartner<br />
mit Digital-<br />
Know-how<br />
InsurTechs können<br />
besonders flexibel<br />
auf neue Situationen<br />
reagieren<br />
Deutscher<br />
bAV-Preis<br />
2021<br />
Informationen unter<br />
deutscher-bav-preis.de<br />
<strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|20<br />
69
SACHWERTE Steile Thesen 2021<br />
STEILE THESEN 2021<br />
Negative Bauzinsen +++ Goldpreis knackt 3.000-Dollar-Marke +++ Wohnimmobilien mit<br />
Preisverfall +++ Bundesverfassungsgericht kippt Mietendeckel +++ Ein Jahr ohne AIF-<br />
Neuemissionen +++ Entbürokratisierung bei veränderter Immobiliennutzung<br />
STEILE THESE<br />
»Häuslebauer<br />
freuen sich<br />
über negative<br />
Bauzinsen.«<br />
Es klingt paradox: eine Baufinanzierung mit<br />
negativem Sollzins. Nach dem Motto: Bevor<br />
die Bank Strafzinsen für ihre Einlagen bei der<br />
EZB bezahlt, reduziert sie ihren Schaden durch<br />
negative Zinsen bei der Baufinanzierung.<br />
Technisch wäre das darstellbar, aber auch<br />
realistisch im Baufibereich? Im Privatkundensegment<br />
kennt man die Marketingaktionen mit<br />
Minuszinsen bereits. Meist gedeckelt auf 1.000<br />
Euro, müssen nach einem Jahr nur 997 Euro<br />
zurückgezahlt werden – macht einen Minuszins<br />
von 0,3 Prozent.<br />
Für André Lichner, Geschäftsführer der Prohyp<br />
GmbH, hängt das Szenario negativer Bauzinsen<br />
vor allem von der Zinsentwicklung alternativer<br />
Anlagen ab. „Rutschen die Renditen von als<br />
sicher geltenden Staatsanleihen und Pfandbriefen<br />
aufgrund einer schwachen Konjunktur noch<br />
HINTERGRUND: Corona<br />
zementiert die Zinsen am Nullpunkt.<br />
Banken leiden immer<br />
stärker unter ihrer Einlagenfazilität<br />
bei der EZB von<br />
minus 0,5 Prozent.<br />
deutlicher ins Negative als bisher schon, ist eine<br />
Weitergabe auch an Baufinanzierungskunden<br />
prinzipiell vorstellbar.“ Für Lichner sind minimale<br />
Positivzinsen jedoch wahrscheinlicher.<br />
An ein Massenphänomen glaubt auch Dr.-Klein-<br />
Vorstand Michael Neumann nicht: „Für negative<br />
Bauzinsen in 2021 müsste das Zinsniveau noch<br />
einmal deutlich fallen. Selbst wenn die Pfandbriefrenditen<br />
noch weiter sinken, müssen noch<br />
verschiedene Kosten und die Marge der Banken<br />
eingepreist werden. Eine Ausnahme stellen KfW-<br />
Kredite dar, wo es bereits negative Zinsen gibt,<br />
etwa beim Programm 151/152. Durch staatliche<br />
Tilgungszuschüsse müssen Darlehensnehmer,<br />
die ihre Immobilie energieeffizient sanieren,<br />
weniger Darlehen zurückzahlen, als sie beansprucht<br />
haben. Der Effektivzins ist dadurch<br />
negativ.“<br />
»Rutschen die Renditen<br />
von als sicher geltenden<br />
Staatsanleihen und<br />
Pfandbriefen noch deutlicher<br />
ins Negative, ist<br />
eine Weitergabe auch an<br />
Baufinanzierungskunden<br />
prinzipiell vorstellbar.«<br />
André Lichner, Geschäftsführer Prohyp GmbH<br />
PROGNOSE: Marktweit negative<br />
Bauzinsen sind 2021 eher<br />
unwahrscheinlich, da es noch<br />
alternative Investments gibt, die<br />
den Strafzins für Verbindlichkeiten<br />
ausgleichen können. 5<br />
70 <strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|20
Steile Thesen 2021 SACHWERTE<br />
STEILE THESE<br />
»Goldpreis<br />
steigt über<br />
3.000 US-Dollar<br />
je Unze.«<br />
Das war schon eine spektakuläre Prognose,<br />
die die Analysten der Bank of America im April<br />
<strong>2020</strong> wagten: ein Goldpreis von über 3.000<br />
US-Dollar bis Ende 2021. Damals notierte die<br />
Feinunze bei gerade mal 1.700 US-Dollar. Wie so<br />
oft beim Thema Gold, sieht man den Preistreiber<br />
in der Geldpolitik der Notenbanken. Auch die<br />
steigenden Staatsverschuldungen aufgrund<br />
der Corona-Krise seien für einen Anstieg des<br />
Goldpreises eher förderlich.<br />
HINTERGRUND: ein Preisanstieg im Jahr <strong>2020</strong> von rund 1.500 auf<br />
zwischenzeitlich über 2.000 US-Dollar im August. Die Frühjahrs-Studie der Bank<br />
of America prognostizierte einen Goldpreis von 3.000 US-Dollar innerhalb der<br />
kommenden 18 Monate.<br />
Das Zinsniveau dürfte tatsächlich weiter an<br />
der Nulllinie haften bleiben. Über Jahre. Auch<br />
Maßnahmen, um die wirtschaftlichen Folgen der<br />
Pandemie aufzufangen, werden die Verschuldungsquoten<br />
der Länder weiter erhöhen. Aber<br />
rechtfertigt das einen Goldpreis jenseits der<br />
3.000 US-Dollar?<br />
Seit der gewagten Prognose im April knackte<br />
der Goldpreis immerhin im August einmal die<br />
2.000-US-Dollar-Marke. Kein Durchbruch, denn<br />
danach ging es erst mal wieder abwärts auf<br />
aktuell etwas über 1.900 US-Dollar. Es bräuchte<br />
jetzt einen Anstieg von über 60 Prozent binnen<br />
14 Monaten, damit die BoA-Studie recht behält.<br />
Seit der Finanzkrise 2008 lag der höchste Jahresanstieg<br />
allerdings nur bei knapp 30 Prozent<br />
(2010). <br />
PROGNOSE: Trotz aller<br />
geldpolitischen und wirtschaftlichen<br />
Vorzeichen erscheint ein<br />
Goldpreis von 3.000 US-Dollar<br />
zum Ende 2021 sehr unwahrscheinlich.<br />
15<br />
HINTERGRUND: Der Preisanstieg deutscher Wohnimmobilien kennt kein<br />
Halten. Seit 2015 stieg der Häuserpreisindex des Statistischen Bundesamts<br />
um 36 Prozent. Der Anstieg in Q2 <strong>2020</strong> betrug fast 7 Prozent gegenüber dem<br />
Vorjahreszeitraum.<br />
Auch die Corona-Pandemie kann den Preisanstieg<br />
deutscher Wohnimmobilien nicht stoppen.<br />
Die Preise für Wohnungen sowie für Ein- und<br />
Zweifamilienhäuser stiegen laut Statistischem<br />
Bundesamt (Destatis) von April bis Ende Juni<br />
gegenüber dem Vorquartal um weitere 2 Prozent.<br />
Damit verteuerten sich Wohnimmobilien trotz<br />
Corona-Krise weiterhin sowohl in der Stadt als<br />
auch auf dem Land. Seit 2015 stieg der Häuserpreisindex<br />
damit bereits um über 36 Prozent. Bei<br />
einer so permanenten Bewegung stellt sich die<br />
Frage, ab wann der Markt als „zu teuer“ gilt und<br />
ob er sich plötzlich entlädt.<br />
Von einem Platzen einer Immobilienblase, falls<br />
es eine solche in Deutschland überhaupt gibt,<br />
kann jedoch keine Rede sein. Die Preisentwicklung<br />
der Vergangenheit ist geprägt von demografischen<br />
Wanderungen in Schwarmstädte<br />
und Ballungsräume sowie einem Mangel an<br />
alternativen Investmentmöglichkeiten, nicht von<br />
spekulativen Übertreibungen. „Die Nachfrage<br />
nach Wohnimmobilien verblieb bislang, trotz<br />
Corona-Krise, auf hohem Niveau. Das kann sich<br />
fortsetzen. Sollte die Fortdauer der Pandemie<br />
die Nachfrage dämpfen, wird sich die Preisentwicklung<br />
lediglich verlangsamen“, meint Jürgen<br />
Michael Schick, Präsident des Immobilienverbands<br />
Deutschland IVD.<br />
Sonja Knorr, Leiterin Alternative Investments<br />
bei der Scope Analysis, ergänzt: „Aufgrund des<br />
niedrigen Zinsumfelds wird der Investitionsdruck<br />
auf Investorenseite anhalten. Hiervon<br />
profitiert vor allem Deutschland, da es – auch für<br />
ausländische Investoren – der sichere Hafen in<br />
der Eurozone ist und bleibt. Hinzu kommt, dass<br />
Wohnimmobilien unterhalb des Luxussegments<br />
kaum von Konjunkturzyklen abhängig sind.“<br />
Die hohe Nachfrage nach bezahlbarem<br />
Wohnraum bleibt bestehen und stabilisiert das<br />
mittlere Preissegment. Lediglich die Preise für<br />
Luxus-Eigentumswohnungen können, aufgrund<br />
der vergangenen Übertreibungen, sinken.<br />
STEILE THESE<br />
»Preisverfall<br />
am Markt für<br />
Wohn immobilien.«<br />
PROGNOSE: Das Platzen der<br />
Immobilienblase ist seit Jahren<br />
eine beliebte These. Wahrscheinlicher<br />
ist sie für 2021 aber nicht<br />
geworden.<br />
5<br />
<strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|20<br />
71
SACHWERTE Steile Thesen 2021<br />
HINTERGRUND: Im Februar <strong>2020</strong> trat der Mietendeckel in Berlin in Kraft.<br />
Seitdem steht er auf dünnem rechtlichen Eis und zwischen Ideologie und<br />
Problemlösung.<br />
Kaum ein Instrument in der Wohnimmobilienbranche<br />
wurde und wird so heftig diskutiert<br />
wie der Mietendeckel. Am 20. Februar <strong>2020</strong><br />
traten die Mietpreisobergrenzen des Mietendeckels<br />
in Berlin in Kraft. Einige Parteien halten<br />
ihn für rechtswidrig (CDU) und dem Ziel einer<br />
Entlastung für Mieter nicht zuträglich (FDP). Der<br />
Berliner Mieterverein sieht den Mieterschutz hingegen<br />
deutlich gestärkt, da Mieter zukünftig bei<br />
Forderungen der Vermieter „den Staat in ihrem<br />
Rücken wissen“.<br />
Die Frage ist jedoch, ob das Grundproblem „ausreichend<br />
bezahlbarer Wohnraum“ mit einem Mietendeckel<br />
überhaupt angegangen wird. Michael<br />
Neumann, Vorstand beim Baukreditspezialisten<br />
Dr. Klein, ist skeptisch: „Die Lösung wäre, durch<br />
Anreize den Neubau massiv anzukurbeln. Der<br />
Mietendeckel verhindert aber Neubau und die<br />
Instandhaltung von Bestandswohnungen, da<br />
die Kosten nicht refinanziert werden können.<br />
Das führt perspektivisch zu noch weniger Angebot<br />
und verschärft die Situation zusätzlich.“<br />
Der Mietendeckel als Investorenschreck. Neben<br />
der Wirkungsdebatte wandelt der Mietendeckel<br />
auch auf einem schmalen rechtlichen Grat. „Das<br />
Mietpreisrecht ist Gegenstand konkurrierender<br />
Gesetzgebungskompetenz zwischen Bund<br />
und Ländern. Da der Bund seine Kompetenz<br />
bereits seit Jahrzehnten im BGB ausgeübt hat<br />
und auch weiterhin ausüben wird, hat das Land<br />
Berlin grundgesetzlich keine Gesetzgebungskompetenz“,<br />
urteilt Jürgen Michael Schick,<br />
Präsident des Immobilienverbands Deutschland<br />
IVD. Schlechte Vorzeichen für den Mietendeckel;<br />
zielführender erscheinen eine Entbürokratisierung<br />
und Anreize für Investoren, Neubauprojekte<br />
zu realisieren, um der Knappheit an Wohnraum<br />
zu begegnen.<br />
STEILE THESE<br />
»Der Mieten -<br />
deckel wird<br />
gekippt.«<br />
PROGNOSE: Beide Experten, Neumann und auch Schick, gehen aufgrund der dünnen<br />
rechtlichen Lage davon aus, dass das Bundesverfassungsgericht den Mietendeckel kippen<br />
wird.<br />
90<br />
STEILE THESE<br />
»2021 –<br />
ein Jahr<br />
ohne AIF-<br />
Neuemission.«<br />
Zwar gab es in den ersten neun Monaten des<br />
Jahres mit 20 zum Vertrieb zugelassenen<br />
Publikums-AIFs eine Neuemission mehr als<br />
im Vorjahreszeitraum. Doch das prospektierte<br />
Eigenkapitalvolumen halbierte sich beinahe<br />
(–46 Prozent). Die 20 Fonds emittierten nur<br />
noch 590 Millionen Euro, im Gegensatz zu den<br />
1.093 Millionen, die die 19 Fonds aus dem Vorjahr<br />
versuchen einzusammeln. Scope Analysis zu<br />
HINTERGRUND: Das Emissionsvolumen ging in den ersten drei Quartalen <strong>2020</strong> im Vergleich zum Vorjahreszeitraum<br />
bei den Publikums-AIFs um rund 46 Prozent und bei den Vermögensanlagen um rund 24 Prozent<br />
zurück.<br />
den Aktivitäten der Emittenten: „Der Rückgang<br />
des Angebotsvolumens ist neben dem Fehlen<br />
großvolumiger Fonds auch auf die Covid-19-Krise<br />
zurückzuführen. Geplante oder bereits strukturierte<br />
AIF werden nicht zum Vertrieb angemeldet<br />
und Produkte mit bereits erhaltener Vertriebszulassung<br />
werden nicht in diesen gegeben“,<br />
erklärt Sonja Knorr, Leiterin Alternative Investments<br />
bei der Scope Analysis.<br />
Da ein Ende der Pandemie nicht in Sicht ist,<br />
wäre es also durchaus denkbar, dass die<br />
Emittenten ihre Zurückhaltung beibehalten und<br />
keine neuen AIFs auf den Markt kommen. Doch<br />
der Investitionsdruck durch den Niedrigzins<br />
erscheint größer als die Unsicherheit durch<br />
Covid-19. „Anleger suchen weiterhin nach<br />
alternativen Anlagemöglichkeiten besonders im<br />
Sachwertebereich. Fondsanbieter werden diese<br />
Nachfrage bedienen. Gerade die Mittelzuflüsse<br />
der offenen Immobilienfonds belegen eindrucksvoll,<br />
dass weiterhin großes Interesse besonders<br />
an Immobilienprodukten besteht. Lediglich Publikumsfonds<br />
im Bereich Hotel erwarten wir derzeit<br />
nicht.“<br />
PROGNOSE: Die Anzahl neuer<br />
Publikums-AIFs wird in Summe<br />
gegenüber <strong>2020</strong> zurückgehen.<br />
Doch Emittenten werden sich<br />
nicht gänzlich fernhalten. Vor<br />
allem nicht in den krisenresistenteren<br />
Nutzungsarten Wohnen und<br />
Lebensmittel-Einzelhandel. Ein<br />
Jahr ohne Neuemission ist daher<br />
unwahrscheinlich.<br />
15<br />
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Steile Thesen 2021 SACHWERTE<br />
HINTERGRUND: Der Wohnungsmarkt treibt<br />
auch im Corona-Jahr zuweilen groteske Blüten.<br />
Während der Bedarf steigt, kündigen immer mehr<br />
Unternehmen an, langfristig auf die Homeoffice-<br />
Kultur umzusatteln. Eine Umnutzung leer stehender<br />
Büroburgen in Bestlage klingt naheliegend.<br />
STEILE THESE<br />
»Gewerbe immobilien<br />
werden<br />
unbürokratisch in<br />
Wohnraum<br />
umgewandelt.«<br />
so die Prognose: „Die Themen Corporate Identity,<br />
aktivitätsbasierte und gesundheitsorientierte<br />
Flächenkonzepte, Kollaborationsmodelle und<br />
Quartiersgedanken werden zukünftig mehr im<br />
Fokus stehen. Und hier spielen Büroflächen die<br />
entscheidende Rolle.“ Bevor die Unternehmen<br />
ihre Immobilien dem Markt zur Verfügung stellen,<br />
wird sich die neue Arbeitskultur aber ohnehin<br />
erst weiter etablieren müssen, mit Schnellschüssen<br />
ist kaum zu rechnen. <br />
Längerfristig würden bis zu 40 Prozent der<br />
weltweit 150.000 Allianz-Mitarbeiter im Homeoffice<br />
arbeiten, verkündete der DAX-Konzern<br />
im Herbst. Eine Corona-Folge, die sich in vielen<br />
Unternehmen wiederfindet. Auch haben viele<br />
Einzelhändler ihr Geschäft digital umgemünzt.<br />
Gleichzeitig herrscht Wohnungsknappheit. Eine<br />
Umnutzung läge nahe: Leere Ladenzeilen oder<br />
Bürokomplexe liegen oft in Top-Lage und wären<br />
bei Anlegern wie Wohnungssuchenden begehrt.<br />
zum Nachbarhaus, erweiterten Brandschutz<br />
und ein oft langwieriges Genehmigungsverfahren.<br />
Wie realistisch ist also die Möglichkeit,<br />
aufgrund der aktuellen Situation das Unterfangen<br />
zu entbürokratisieren? Andreas Wende,<br />
Vorsitzender des ZIA-Ausschusses Büroimmobilien,<br />
hält das weder für wahrscheinlich noch<br />
Wenn da nicht die hohen rechtlichen Hürden für wünschenswert: „Wir brauchen in unseren<br />
PROGNOSE: Mit einer<br />
wären: Eine Umnutzung regelt die Bundeslandspezifische<br />
Bauordnung, Industrie- und<br />
aller Assetklassen.“ Abgesehen davon, dass es<br />
Städten einen ausgewogenen Nutzungsmix<br />
Entbürokratisierung und neuen<br />
Gewerbegebiete sind von der Umwandlung aktuell ohnehin kaum leer stehende Büroflächen rechtlichen Regelungen ist<br />
ausgeschlossen („nur in Wohn- und Mischgebieten“),<br />
es braucht einen gewissen Abstand<br />
gebe, werde deren Relevanz im Zuge einer<br />
modernen Stadtentwicklung eher noch steigen,<br />
im kommenden Jahr kaum zu<br />
rechnen.<br />
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73
SACHWERTE Alternativer Wohnraum<br />
»ZUM MITNEHMEN, BITTE«<br />
Minihäuser ermöglichen auch Stadtmenschen eine Auszeit im Grünen.<br />
Banken bieten schon spezielle Tiny-House-Kredite. Doch die Finanzierung hat ihre Tücken.<br />
– TEXT: MARTIN LECHTAPE –<br />
Lärmende Nachbarn, schreiende Kinder<br />
– in Großstädten kann das Homeoffice<br />
schnell zur Qual werden. Das Häuschen<br />
im Grünen kostet mittlerweile aber selbst<br />
im Speckgürtel so viel, dass sich immer<br />
mehr Menschen diesen Luxus schlicht nicht<br />
leis ten können. Und so harrten Millionen<br />
Deutsche während der Corona-Pandemie<br />
in ihren miefigen Stadtwohnungen und<br />
träumten sich ins Grüne: ein kleines Haus<br />
irgendwo im Wald, zwischen Bäumen und<br />
singenden Vögeln.<br />
Tiny Houses sollen genervten Städtern<br />
genau diese Auszeit ermöglichen – und<br />
zwar für deutlich weniger Geld als das<br />
klassische Eigenheim. Es handelt sich um<br />
kleine Wohnhäuser mit meist weniger als<br />
20 Quadratmetern, die Bewohner überall<br />
aufstellen und schnell wieder abtransportieren<br />
können. Seit Ausbruch der Pandemie<br />
erlebt dieser Minimalismus einen Boom.<br />
„Es ist Wahnsinn, wie das Interesse seit Corona<br />
gestiegen ist“, berichtet Tanja Schindler.<br />
Sie baut und verkauft nachhaltige Tiny<br />
Houses. Seit dem ersten Lockdown im<br />
Frühjahr verzeichnet sie deutlich mehr Anfragen<br />
nach ihren kleinen Holzbungalows.<br />
Doch trotz steigender Nachfrage scheitern<br />
viele ihrer Bauprojekte. Das liege vor<br />
allem an der Finanzierung, führt Schindler<br />
aus. Denn den Kaufpreis müssen die Käufer<br />
der Häuschen oft aus eigener Tasche zahlen<br />
– Banken reagieren bisher eher verhalten<br />
auf die Träumereien der Großstädter. Für<br />
die Geldhäuser ist eine Immobilie immer<br />
an ein Grundstück gebunden, mit einem<br />
festen Fundament aus Stein und Beton. Die<br />
Tiny Houses sind aber beweglich. Sie können<br />
abgebaut, auf einen Truck geladen und<br />
an anderer Stelle wiederaufgebaut werden.<br />
Banken reichen die kleinen Holzwagen auf<br />
Rädern als Kreditsicherheit daher oft nicht<br />
aus. „Deshalb fordern Banken meist höhere<br />
Zinsen für die Finanzierung von Tiny<br />
74 Illustration: Roman Kulon
Alternativer Wohnraum SACHWERTE<br />
»Es ist Wahnsinn,<br />
wie das Interesse seit<br />
Corona gestiegen ist.«<br />
TANJA SCHINDLER BAUT UND VERKAUFT TINY HOUSES<br />
Houses“, erklärt Rainer Wilke, Immobilienexperte<br />
des Finanzvermittlers Dr. Klein.<br />
RABATTE FÜR NACHHALTIGKEIT<br />
Die PSD Bank Hannover bietet ihren Kunden<br />
etwa einen Tiny-House-Kredit mit<br />
einem Sollzins von 3,15 Prozent. Zum<br />
Vergleich: Für einen klassischen Immobilienkredit,<br />
ebenfalls mit einer Zinsbindung<br />
von zehn Jahren, berechnet die Bank nur<br />
0,90 Prozent. Alternativ können Kunden<br />
auch Konsumentenkredite beantragen, um<br />
den Bau ihres Tiny House zu finanzieren.<br />
Aber: „Bei Konsumentenkrediten muss das<br />
Geld häufig viel schneller zurückgezahlt<br />
werden“, betont Wilke. „Oft innerhalb<br />
von sieben Jahren.“ Die monatlichen Raten<br />
würden dementsprechend höher ausfallen.<br />
Eine Möglichkeit, die Raten etwas zu<br />
senken, bietet die EthikBank mit ihrem<br />
„Tiny-House-Plus-Kredit“: Die Bank honoriert<br />
Investitionen in umweltfreundliche<br />
Technik und nachhaltige Materialien mit<br />
einem Rabatt auf den Zins. Je grüner das<br />
Tiny House, umso geringer sind die Kreditkosten.<br />
Bis auf 2,72 Prozent können nachhaltige<br />
Bauherren bei der EthikBank ihren<br />
Zins so drücken. Dafür zahlt die Bank ihren<br />
Öko-Kredit erst ab einem Kreditwert in<br />
Höhe von 50.000 Euro aus – diese Schwelle<br />
erreichen längst nicht alle Miniholzhäuser.<br />
Hier ist die PSD-Bank etwas kulanter:<br />
Sie vergibt auch schon kleine Kredite ab<br />
10.000 Euro.<br />
Doch selbst wenn das Tiny House steht<br />
und der Kredit auf dem Konto ist – das<br />
Bullerbü-Leben hat noch weitere Tücken.<br />
Neben den monatlichen Kredittilgungen<br />
gesellen sich auf den Kontoauszug auch<br />
Mietkosten für den Stellplatz. Wer kein eigenes<br />
Grundstück hat, muss für sein Tiny<br />
House eines mieten oder pachten. Falls der<br />
Eigentümer den Mietvertrag nicht verlängert,<br />
müssen die Bewohner ihre Häuser auf<br />
Trucks laden und einen neuen Standort für<br />
ihre Auszeit im Grünen suchen. <br />
PRO<br />
TINY HOUSES ALS ALTERNATIVE<br />
ZUM KLASSISCHEN EIGENHEIM?<br />
Günstige<br />
Anschaffungskosten<br />
Rückkehr zum<br />
Minimalismus<br />
Standort frei<br />
wählbar<br />
CONTRA<br />
Schlechtere<br />
Konditionen für Kredite<br />
Schwierige<br />
Stellplatzsuche<br />
Unerwartete Kosten<br />
<strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|20<br />
75
SACHWERTE Wohnimmobilien<br />
AUF GEHT’S NACH JWD<br />
Weil Wohnen in deutschen Großstädten für immer mehr Menschen unbezahlbar wird, zieht es<br />
sie immer mehr nach „janz weit draußen“. Die Corona-Pandemie verstärkt diese Entwicklung.<br />
– TEXT: STEFAN TERLIESNER –<br />
76 Illustration: Roman Kulon
Wohnimmobilien SACHWERTE<br />
Immer höher steigen die Preise von Wohnimmobilien<br />
in Deutschland. Für ein Haus<br />
oder eine Wohnung in einer der großen<br />
Metropolen zahlen Käufer heute mehr als<br />
doppelt so viel wie vor zehn Jahren. Doch<br />
auch anderswo steigen die Werte kräftig<br />
an. Ein Grund sei die Abwanderung von<br />
Städtern ins Umland, wie Jens Tolckmitt,<br />
Hauptgeschäftsführer des Verbands deutscher<br />
Pfandbriefbanken (vdp), im Interview<br />
mit <strong>procontra</strong> erklärt (siehe nächste Seite).<br />
14<br />
12<br />
10<br />
8<br />
ZENIT ÜBERSCHRITTEN<br />
Zuletzt verlangsamte sich die Preissteigerung der Top-7-Städte.<br />
8,1 8,3<br />
8,7<br />
10,9<br />
11,7<br />
13,7<br />
9,9<br />
VORSICHT BEI DER GELDANLAGE<br />
Von einer flächendeckenden Stadtflucht zu<br />
sprechen, wäre gewiss nicht angebracht.<br />
Allerdings entfaltet eine infrastrukturmäßig<br />
gut an eine Metropole angeschlossene<br />
Region schon eine gewisse Sogwirkung.<br />
Vereinzelt registrieren Beobachter sogar<br />
einen Andrang auf günstige Häuser und<br />
Wohnungen auf dem Land. Und weil der<br />
Kauf einer Immobilie in der Regel die größte<br />
Investition im Leben eines Menschen ist,<br />
gebietet es sich für Finanzberater, solchen<br />
Hinweisen nachzugehen. Für Selbstnutzer<br />
hat eine Immobilie auch einen ideellen<br />
Wert. Für viele andere Käufer aber ist sie<br />
eine reine Geldanlage – und zwar eine riskante.<br />
Die Rendite resultiert vor allem aus<br />
dem frühzeitigen Erkennen langfristiger<br />
Trends – und aktuell könnte sich eine neue<br />
Entwicklung etablieren. Bemerkenswert<br />
ist eine nachhaltige Umkehr der Dynamik<br />
bei der Preisentwicklung von Wohnimmobilien.<br />
Zogen lange Zeit insbesondere die<br />
Preise in den Top-7-Städten stärker an als<br />
im Bundesgebiet, gilt dies nun nicht mehr.<br />
Laut vdp-Immobilienpreisindex, der auf<br />
realen Transaktionen basiert und daher besonders<br />
aussagekräftig ist, verteuerten sich<br />
die durchschnittlichen Preise in Deutschland<br />
im dritten Quartal <strong>2020</strong> im Vergleich<br />
zum dritten Quartal 2019 um 7,1 Prozent<br />
– freilich von niedriger Basis aus. In<br />
den Städten Berlin, Hamburg, München,<br />
Köln, Frankfurt, Düsseldorf und Stuttgart<br />
mussten Käufer dagegen „nur“ 3,8 Prozent<br />
mehr berappen. Bereits vor Ausbruch der<br />
Corona-Pandemie sei diese Entwicklung zu<br />
beobachten gewesen. Die verbreitete Angst,<br />
sich in der Enge einer Großstadt besonders<br />
schnell mit dem Virus anzustecken, könnte<br />
die Flucht aufs Land noch verstärken.<br />
KLEINES MINUS IN DÜSSELDORF<br />
Vermutlich wichtiger für die Motivation,<br />
ein Häuschen im Grünen zu erwerben,<br />
6<br />
4<br />
2<br />
0<br />
2,2<br />
6,3<br />
2010 * 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019<br />
Veränderung in % gegenüber Vorjahr, * Index 100 <br />
NICHT UM JEDEN PREIS<br />
Im Umland der großen Städte sind die Objekte<br />
da schon deutlich günstiger. André<br />
Hasberg, Spezialist für Baufinanzierung von<br />
Dr. Klein in Köln, hat festgestellt: „Die Leute<br />
sind in der aktuellen Situation nicht mehr<br />
bereit, jeden Preis zu bezahlen.“ Zwar bekomme<br />
nach wie vor oft der Schnellste und<br />
der Höchstbietende den Zuschlag für eine<br />
Immobilie. Aber viele Käufer seien vorsichtig<br />
geworden. Hasberg kennt den Markt in<br />
und um Köln. Während in der Domstadt<br />
Eigentumswohnungen im zweiten Quartal<br />
<strong>2020</strong> „nur noch“ 1,5 Prozent mehr als<br />
im Vorquartal kosteten, steigen die Preise<br />
in der Kölner Region um 2 Prozent. Auch<br />
das ist ein Zeichen für eine möglicherweise<br />
länger anhaltende Verschiebung im Preisgefüge.<br />
Das Wort „Stadtflucht“ verwenden die<br />
Fachleute von Dr. Klein beim Blick auf die<br />
Immobilienmärkte im Norden und Osten<br />
der Republik. Zwischen Hamburg, Hannover,<br />
Berlin und Dresden gebe es zwar<br />
große Unterschiede bei den Preisen. Eine<br />
Gemeinsamkeit hätten die Märkte aber:<br />
Die Hauspreise würden stärker steigen als<br />
die Wohnungspreise. Der Dresdner Imdürfte<br />
für die meisten Menschen das inzwischen<br />
erreichte hohe Niveau bei den<br />
Preisen in den Metropolen sein. Wie der Finanzdienstleister<br />
Dr. Klein berichtet, zahlen<br />
Käufer in Berlin in der Spitze bereits 14.359<br />
Euro pro Quadratmeter für ein Haus – ein<br />
Rekordwert. Auch in Köln müssen Käufer<br />
inzwischen bis zu 14.000 Euro für einen<br />
»Die Leute sind in der<br />
aktuellen Situation<br />
nicht mehr bereit,<br />
jeden Preis<br />
zu bezahlen.«<br />
ANDRÉ HASBERG,<br />
SPEZIALIST FÜR BAUFINANZIERUNG IN KÖLN<br />
Quadratmeter Eigenheim auf den Tisch<br />
legen. Bundesweit weiterhin am teuersten<br />
sind Ein- und Zweifamilienhäuser in München<br />
mit maximal 15.764 Euro pro Quadratmeter.<br />
Ausgereizt scheint der Markt auch bei<br />
Eigentumswohnungen in deutschen Großstädten.<br />
Hier liegen die Spitzenpreise zum<br />
Beispiel bei 18.990 Euro pro Quadratmeter<br />
in München sowie auch schon 7.316<br />
Euro in Dresden und 5.327 Euro in Dortmund.<br />
Laut Dr. Klein ist die Dynamik in<br />
Köln mittlerweile „gedämpft“; in Düssel-<br />
4,2<br />
Quelle: VDP<br />
dorf seien Wohnungen zuletzt sogar wieder<br />
günstiger geworden. Dortmund dagegen<br />
scheint von Immobilienkäufern entdeckt<br />
worden zu sein. In keiner anderen Metropolregion<br />
steigen die Preise für Eigentumswohnungen<br />
derzeit so stark, berichtet der<br />
Finanzdienstleister.<br />
<strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|20<br />
77
SACHWERTE Wohnimmobilien<br />
»Nachfrage ist unverändert hoch«<br />
JENS TOLCKMITT, Hauptgeschäftsführer des Verbands deutscher Pfandbriefbanken (vdp)<br />
<strong>procontra</strong>: Welchen Einfluss hat die Corona-<br />
Pandemie auf den Immobilienmarkt?<br />
Jens Tolckmitt: Die Immobilienpreise sind<br />
jahrelang gestiegen, und sie tun das – insgesamt<br />
betrachtet – weiterhin, das zeigt der<br />
vdp-Immobilienpreisindex. Für das dritte Quartal<br />
<strong>2020</strong> weist der Index einen Anstieg in Höhe von<br />
6,1 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal<br />
aus. Schon vor Beginn der Pandemie hat die<br />
Dynamik jedoch nachgelassen, ab dem zweiten<br />
Quartal dann in verstärkter Form.<br />
<strong>procontra</strong>: Gibt es regionale Unterschiede?<br />
Tolckmitt: Während sich Wohnimmobilien<br />
deutschlandweit um 7,1 Prozent verteuerten,<br />
stiegen die Preise in den Top-7-Städten im<br />
Durchschnitt um 3,8 Prozent. Diese unterschiedliche<br />
Dynamik war schon vor der Covid-19-Krise<br />
zu beobachten.<br />
<strong>procontra</strong>: Was ist der Grund?<br />
Tolckmitt: Das hohe Preisniveau in den großen<br />
Städten lässt Menschen zunehmend ins Umland<br />
ziehen. Somit verringert sich die Nachfrage<br />
nach Wohnraum in den Metropolen, was<br />
wiederum preisdämpfende Effekte hat. Hinzu<br />
kommen regional auch regulatorische Eingriffe<br />
wie der Mietendeckel in Berlin, auf die Investoren<br />
mit größerer Zurückhaltung reagieren.<br />
<strong>procontra</strong>: Wie lange könnten die Preise noch<br />
steigen?<br />
Tolckmitt: Der Hauptgrund für den Aufschwung<br />
im vergangenen Jahrzehnt war das geringe<br />
Angebot an Immobilien, das mit der hohen<br />
Nachfrage nicht Schritt halten konnte. Das ist<br />
ein fundamentaler Faktor, der die Preise steigen<br />
lässt. Auch die Niedrigzinsen haben zu der<br />
Entwicklung beigetragen. Der Nachfrageüberhang<br />
besteht im Bereich der Wohnimmobilien<br />
unverändert fort – diese könnten sich also weiter<br />
verteuern. Gewerbeimmobilien sind dagegen<br />
deutlich stärker von den Beschränkungen im<br />
Zuge der Pandemie betroffen.<br />
<strong>procontra</strong>: Sind die Geschäftsbanken vorsichtiger<br />
bei der Kreditvergabe geworden?<br />
Tolckmitt: Die vdp-Mitgliedsinstitute haben in<br />
den ersten neun Monaten des Jahres <strong>2020</strong><br />
Darlehen in Höhe von 120,7 Milliarden Euro<br />
zugesagt, 3,3 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum,<br />
bedingt durch die geringere<br />
Vergabe von Gewerbeimmobiliendarlehen. Das<br />
Finanzierungsvolumen für Wohnimmobilien hat<br />
sich hingegen weiter erhöht. Die Kreditvergabe<br />
folgt somit der Marktentwicklung. Angesichts<br />
der Unsicherheit über den weiteren Verlauf der<br />
Pandemie und deren Folgen agieren Banken in<br />
der Gewerbeimmobilienfinanzierung weiterhin<br />
umsichtig und risikobewusst.<br />
mobilienmarkt sei ein Paradebeispiel<br />
für die Auswirkungen der Corona-Pandemie.<br />
„In Zeiten des Lockdowns wurde das<br />
Wohnen neu bewertet“, berichtet Finanzierungspezialist<br />
Sebastian Mosch. Und weiter:<br />
„Wir haben seither viele Kunden, die<br />
sich erstmals zu ihrem Budget beim Immobilienkauf<br />
beraten lassen wollen.“<br />
DIGITALISIERUNG UND REGULIERUNG<br />
ALS TREIBER<br />
Insbesondere Familien suchten nun verstärkt<br />
die eigenen vier Wände mit mehr<br />
Platz drinnen und draußen – und fänden<br />
dies im Speckgürtel der Stadt. In Dresden<br />
hätten sich Bestandsimmobilien binnen<br />
Jahresfrist um 8,4 Prozent verteuert. Dies<br />
sowie die begrenzten Neubaumöglichkeiten<br />
in der Enge der Dresdner Kessellage seien<br />
Faktoren, weswegen Haussuchende raus<br />
aus der Stadt ziehen. Dabei hilfreich sei<br />
die zunehmende Digitalisierung auch im<br />
Umland, die Homeoffice im Arbeitsalltag<br />
ermögliche. In Dresden gebe es viele IT-<br />
Firmen, die ihre Mitarbeiter von daheim<br />
arbeiten ließen.<br />
Nicht unerwähnt bleiben soll eine wachsende<br />
Verunsicherung von Immobilieninvestoren<br />
durch eine zunehmende Regulierung<br />
der Wohnungsmärkte in Großstädten.<br />
Hierauf weist Ralph Henger, Senior Economist<br />
für Wohnungspolitik und Immobilienökonomik<br />
beim IW Köln, hin. Beispielhaft<br />
nennt er den als Investorenschreck<br />
geltenden Berliner Mietendeckel sowie die<br />
Ausweitung des Umwandlungsverbots von<br />
Miet- in Eigentumswohnungen. Letzteres<br />
wurde Anfang November <strong>2020</strong> vom Bundeskabinett<br />
beschlossen. Es gilt zunächst<br />
bis Ende 2025 für Gebiete, in denen der<br />
Wohnungsmarkt als angespannt gilt – de<br />
facto also für Großstädte. Ein Grund mehr<br />
für Investoren, sich mal im Umland nach<br />
Objekten umzuschauen.<br />
PRO<br />
WOHNEIGENTUM AUSSERHALB<br />
DER STADT?<br />
Die Luft ist besser<br />
und viele Wege kürzer<br />
Die Immobilienpreise<br />
in der Stadt sind<br />
einfach zu hoch<br />
Wohn- und Arbeitsplatz<br />
liegen oft weit<br />
auseinander<br />
CONTRA<br />
Das Infrastrukturangebot<br />
ist schlechter<br />
als in der Stadt<br />
Die demografische<br />
Entwicklung spricht<br />
gegen das Land<br />
Die Preisentwicklung<br />
auf dem Land ist<br />
nicht abschätzbar<br />
78 <strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|20
In fallende<br />
Messer<br />
greift man<br />
nicht.<br />
Diese und weitere Weisheiten im<br />
täglichen <strong>procontra</strong>-Nachrichtenupdate.<br />
<strong>procontra</strong>-online.de/newsletter<br />
<strong>procontra</strong> – Das freie Finanzmagazin
SACHWERTE Immobilienkompass<br />
KENNSTE EINEN,<br />
KENNSTE ALLE!<br />
Wer heute seine Kunden zum Abschluss abholen will, konzentriert sich nicht auf das Wer,<br />
sondern das Warum. Wer die vier Kundentypen der Baufinanzierung kennt,<br />
kann gezielter auf deren Bedürfnisse eingehen.<br />
– TEXT: NINA MÜLLER-PELTZER –<br />
DIE VIER BAUFINANZIERUNGS-TYPEN<br />
Charakteristisch für jeden Typ sind der Baufi-Wissensaufbau und die Berateraffinität.<br />
Marktanalysen und Zielgruppendefinitionen<br />
gehören zum Einmaleins einer fundierten<br />
Beratung. Doch die Einteilung der<br />
Menschen in Archetypen und Persönlichkeitsbilder<br />
greift oft zu kurz. Sie verrät dem<br />
Berater zwar viel über den Charakter seiner<br />
Kunden, aber nicht das, was er wissen<br />
muss, nämlich: was sie wirklich wollen. Für<br />
eine genauere Kundensegmentierung hat die<br />
Europace AG 474 Personen zu ihren Bedürfnissen<br />
und Verhaltensweisen im Informations-<br />
und Entscheidungsprozess einer<br />
Baufinanzierung befragt und konnte daraufhin<br />
vier Verbrauchertypen identifizieren.<br />
DIE INVOLVIERTEN<br />
Als größtes Segment der potenziellen Baufinanzierungskunden<br />
stellte sich dabei die<br />
Gruppe der sogenannten Involvierten dar.<br />
Sie informieren sich umfangreich und bauen<br />
gleichzeitig stark auf die Expertise ihres<br />
Beraters. Mit ihm suchen sie den Austausch<br />
auf Augenhöhe, um gemeinsam das beste<br />
Gesamtpaket zu finden. Sie verlassen sich<br />
auf den Berater und erwarten eine exzellente<br />
Beratung. Gleichzeitig setzen sie für<br />
sich voraus, den Prozess der Finanzierung<br />
zu verstehen und sich innerhalb dessen sicher<br />
bewegen zu können. Ihr Schwerpunkt<br />
liegt oft auf einer flexiblen Finanzierung.<br />
Ihr stärkstes Bedürfnis ist, die Situation in<br />
der Rentenzeit möglichst genau abzuklären.<br />
n = 474 (potenzielle) Baufi-Kunden Quelle: Onlinebefragung Verbrauchersegmentierung (<strong>2020</strong>)<br />
DIE BERATUNGSSUCHENDEN<br />
Zweiter Kundentyp sind die Beratungssuchenden.<br />
Sie verlassen sich mit großem Vertrauen<br />
auf den Berater und Empfehlungen<br />
aus dem persönlichen Umfeld. Sie sind<br />
nicht gewillt, viel Zeit in das Thema Baufi-<br />
80 Illustration: Marion Lindner
Immobilienkompass SACHWERTE<br />
Was sind die tatsächlichen<br />
Kundenbedürfnisse<br />
und wie werden<br />
sie zur Triebfeder<br />
einer Entscheidung?<br />
nanzierung zu stecken, im Prozess liegt der<br />
Fokus vor allem auf der Immobilie. Die Finanzierung<br />
ist Mittel zum Zweck und wird<br />
eher als zu akzeptierendes Übel wahrgenommen.<br />
Die Gruppe handelt intuitiv, hört<br />
vorwiegend auf ihr Bauchgefühl bezieht<br />
bei ihrer Entscheidung höchstens noch die<br />
Höhe des Zinses mit ein.<br />
DIE BAUFI-EXPERTEN<br />
Als dritter Kundentypus wurden die Baufi-<br />
Experten ermittelt. Für sie zählen Zahlen,<br />
Daten und Fakten. In einer ausführlichen<br />
Internetrecherche holen sie erste Vergleichsangebote<br />
ein und bewerten diese nach rein<br />
rationalen Gesichtspunkten. Hier spielt der<br />
Faktor der Gesamtkosten die größte Rolle.<br />
Dafür möchten sie den Prozess vollumfänglich<br />
und detailliert verstehen und nehmen<br />
sich besonders viel Zeit für Recherche und<br />
Vergleich. Ein weiterer zentraler Faktor<br />
ist für sie, unabhängige Informationen zu<br />
erhalten, da sie Beratern eher skeptisch gegenüberstehen.<br />
DIE MINIMALISTEN<br />
Als letzte Gruppe wurden die Minimalisten<br />
identifiziert. Hier handelt es sich vor allem<br />
um jüngere Baufinanzierungskunden. Sie<br />
wollen den Prozess der Baufinanzierung<br />
zwar verstehen, aber dafür möglichst wenig<br />
Zeit investieren. Dabei orientieren sie<br />
sich stark an den Angeboten und Informationen<br />
im Internet. Berater selbst nehmen<br />
Minimalisten eher als Verkäufer der Baufi<br />
wahr. Wenn nicht unbedingt notwendig,<br />
verzichten sie weitestgehend auf Beratung.<br />
Insgesamt wird dem Thema nur so viel Zeit<br />
zugebilligt, wie es der Prozess erfordert. Im<br />
Fokus steht zunächst die Immobilie, erst<br />
wenn sie gefunden wurde, kümmern sich<br />
die Minimalisten um die Finanzierung. Anders<br />
als bei einer klassischen Zielgruppendefinition<br />
ermöglicht es die Verbrauchertypologie,<br />
in der Beratung noch gezielter<br />
auf die Wünsche der Kunden einzugehen.<br />
Denn die schwäbische Unternehmerin und<br />
der Kölner Musiker suchen ziemlich sicher<br />
genau das Gleiche: eine Finanzierung, die<br />
zu ihren Bedürfnissen passt. <br />
EUROPACE-STUDIEN UND -INDIZES<br />
Weitere Informationen zum Thema<br />
Baufinanzierung und Ratenkredit<br />
gibt es unter:<br />
https://report.europace.de/<br />
Würde sollte kein<br />
Konjunktiv sein.<br />
In vielen Ländern, zum Beispiel in Kolumbien, Tschad und Kongo,<br />
werden Menschenrechte mit Füßen getreten. Wir wollen das ändern,<br />
weil jeder Mensch das Recht auf ein würdevolles Leben hat.<br />
brot-fuer-die-welt.de/wuerde<br />
<strong>procontra</strong> 04|20<br />
81
PRIVAT GEFRAGT Markus Drews, Canada Life<br />
»Unsere<br />
Branche ist<br />
besser als<br />
ihr Ruf.«<br />
MARKUS DREWS<br />
Jahrgang 1967, verheiratet, seit 2015<br />
Managing Director, Canada Life<br />
Assurance Europe plc<br />
IHRE MEINUNG, HERR DREWS:<br />
War for Talents: Die<br />
Versicherungsbranche hat ein<br />
Nachwuchsproblem<br />
Die Corona-Krise treibt die Digitalisierung<br />
der Vertriebswege nachhaltig voran<br />
Verbraucher benötigen immer weniger<br />
(persönliche) Versicherungsberatung<br />
Die Versicherungsbranche hat die<br />
Corona-Krise bisher größtenteils<br />
souverän gehandhabt<br />
Das Thema ESG/Nachhaltigkeit wird hinter<br />
der Krise nun erst einmal zurücktreten/an<br />
Relevanz verlieren<br />
Die Krise führt mittelfristig bei den<br />
Menschen zu einem erhöhten Bedarf an<br />
Absicherung<br />
Altersvorsorge: Die Einführung der<br />
Europarente (PEPP) ist ein Erfolg<br />
versprechendes Unterfangen<br />
Zum Frühstück gibt es bei mir<br />
am liebsten Bircher-Müsli mit Joghurt und<br />
Quark (alles Bio – Ehrensache ;)).<br />
Diese neue Kompetenz habe ich mir<br />
(Corona-bedingt) <strong>2020</strong> angeeignet:<br />
am Steh-Schreibtisch zu arbeiten.<br />
Das Radio/Spotify drehe ich lauter bei<br />
Hardrock und Heavy Metal. Momentan<br />
läuft die brandneue AC/DC-Scheibe und die<br />
Spotify-Playlist „Radio CLE – Rockt den Homeoffice-Blues“,<br />
über 16 Stunden bestückt<br />
mit Lieblingstiteln unserer Mitarbeiter aus<br />
Deutschland und Irland!<br />
Meine wahre Leidenschaft sind<br />
Wohnmobil-Touren mit meiner Frau und unserer<br />
Emma (so heißt unser Kastenwagen).<br />
Ursprünglich bin ich gelernter<br />
Versicherungskaufmann. Studiert habe ich<br />
erst danach.<br />
Mein erstes Geld habe ich verdient mit/als:<br />
Ich hatte einige Jobs während der Schulzeit:<br />
im Weinberg gearbeitet, bei Opa nachts<br />
in der Bäckerei, Heizöl geliefert, Zeitungen<br />
ausgetragen, Fenster in einer Fabrik<br />
gereinigt, Lkw repariert, Telefonumfragen<br />
durchgeführt …<br />
Wenn Geld keine Rolle spielte,<br />
würde ich am liebsten<br />
ein tolles Weingut an einem schönen<br />
Fleckchen Erde, z. B. meiner zweiten<br />
Heimat Mallorca, führen.<br />
Meine Film- oder Serienempfehlung:<br />
Ich habe gerade „The Nightmanager“<br />
gesehen – spannende Kurzserie über einen<br />
skrupellosen Waffenhändler.<br />
Das waren meine ursprünglichen Reisepläne<br />
für <strong>2020</strong> und das wurde daraus:<br />
Kanada im Herbst, Indian Summer –<br />
verschoben auf 2021.<br />
Am meisten Überwindung kostete mich<br />
Kaltakquise im Versicherungsaußendienst<br />
Anfang der 90er. Das war echt hart für<br />
mich. Aber effektiv und eine gute Schule.<br />
Die neue Homeoffice-Kultur ist für mich<br />
herausfordernd, aber bereichernd! Wenn<br />
wir am Ball bleiben und die Dinge, die uns<br />
noch nicht so gut gelingen, besser machen,<br />
dann gewinnen viele von uns an Lebensqualität.<br />
Davon bin ich überzeugt.<br />
Der größte Missstand in meiner Branche ist:<br />
Ich finde, wir sind viel besser als unser Ruf.<br />
Leider gelingt es uns als Branche zu selten,<br />
das in der Öffentlichkeit so darzustellen.<br />
Meine beste Entscheidung<br />
in diesem Jahr war<br />
ESG als zentrales Thema in unserer Strategie<br />
für die nächsten Jahre zu verankern.<br />
Die Startseite auf meinem Browser ist<br />
die Suchmaschine Ecosia. Suchen und<br />
dabei Bäume pflanzen – coole Sache!<br />
Der Großteil meiner Altersvorsorge ist<br />
investiert in:<br />
Ich habe sehr früh angefangen mit Versicherungen<br />
– privat und bAV – und Fonds.<br />
Inzwischen sind Immobilien dazugekommen.<br />
Also: ganz gut diversifiziert.<br />
Bezogen auf mein Job-Know-how wollen<br />
Familie und Freunde von mir wissen:<br />
Aktuell: wie es bei uns im Unternehmen<br />
läuft und wie wir die Corona-Krise<br />
managen.<br />
82 <strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|20
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