Städteplanung / Architektur / Religion
ST/A/R
Nr. 10/2006
pierre solages
du
04Z035665M – P.b.b. Verlagspostamt 1060 Wien • Adresse: 1060 Wien Capistrangasse 2/8 • office@star-wien.at • Europa € 3,00
Interview Pierre Soulages
AUTO ST/A/R
Literatur
Design
Aktuelle Architektur
Bildende Kunst
Art/Brut Center Gugging
economy class
ST/A/R PRINTMEDIUM WIEN 3,– Euro
2 Nr. 10/2006
Buch I – Sommer
ST/A/R
Prof. Klaus Weibel
Rede zum 3 Jahres Jubiläum von ST/A/R,
der Zeitung für Städteplanung Architektur Religion
am 8. April 2006 in der Kunsthalle am Karlsplatz, Wien
(Transkription)
_________
Sehr geehrter Staatssekretär Morak,
hochverehrte Exzellenzen,
lieber Heidulf Gerngross, lieber Thomas Redl
und das gesamte Herausgeberagglomerat
sehr verehrte Gäste,
liebe Freundinnen und Freunde:
HERAUSGEBERAGGLOMERAT
Thomas Redl – Künstler
David Staretz - AUTOST/A/R
Rudolf Gerngras - Waran
Dieter Sperl - Literatur
Wladimir Jaremenko Tolstoi - Generalsekretär der apostolischen Kirche
Valie Airport - Flugbegleiterin
Andreas Lindermayr - ST/A/R Tagebuch
Werkstatt Wien - immer dabei
Herbert Wulz - Datenkoordinator
Elisabeth Penker - EP positions
Angelo Roventa - PriesterArchitekt
heidulf gerngross - kleingeschrieben
gesegnet von Arsenik, Bischof von Wien
7 8 9
Vodoo Archiquant Hocker
Wie könnte man eine
Jubiläumsveranstaltung besser eröffnen
als mit dem mir nachhaltig in Erinnerung
gebliebenen Hörbucherlebnis von
Umberto Ecos »Das Foucaultsche Pendel«?
Umberto Eco lässt in seinem Roman seinen
Protagonisten mit einiger Emphase über
die Gedächtniskunst des Mittelalters
und der Renaissance sprechen. Es heißt
dort: »Das hier ist besser als das wahre
Gedächtnis, denn das wahre Gedächtnis
kann bestenfalls lernen, sich zu erinnern,
nicht aber zu vergessen.« Der Protagonist,
der in seiner ironischen Emphase die
Techniken der Gedächtniskunst, wie wir
sie seit Ciceros »De oratore II«, Quintilians
»Institutio oratoria, XI« und der Schrift
»Ad Herennium libri IV« kennen, in
»schnelle Bilder« kleidet, beendet seine
Rede auf die Gedächtniskunst mit einer
sehr sophistischen Bemerkung: »Es gibt
keine Technik des Vergessens, wir sind
immer noch bei den zufallsbestimmten
Naturprozessen: Gehirnverletzungen,
Amnesien, manuelle Improvisationen,
was weiß ich, eine Reise, der Alkohol, die
Schlafkur, der Selbstmord.«
Also wie könnten wir dich vergessen,
Heidulf, wie könnten wir deine
kompilierten Bücher, deine rhizomatischen
Zugangscodes, deine tausend Plateaus je
vergessen?
Wir wollen also die Frage Friedrich
Nietzsches »Wer spricht« aufgreifen und
auf ST/A/R anwenden. Michel Foucault
drückt es folgendermaßen aus: »Für
Nietzsche handelt es sich nicht darum,
was Gut oder Böse in sich seien, sondern
wer bezeichnet wurde oder vielmehr
wer sprach, als man, um sich selbst zu
bezeichnen, agathos sagte, und deilos,
um die anderen zu bezeichnen. Nämlich
in dem, der den Diskurs hält und noch
tiefer das Sprechen besitzt, versammelt
sich die ganze Sprache. Auf jene Frage
Nietzsches: Wer spricht? antwortet
Mallarmé und nimmt seine Antwort
immer wieder auf, indem er sagt, dass das,
was spricht, in seiner Einsamkeit, seiner
zerbrechlichen Vibration, in seinem Nichts
das Wort selbst ist, nicht die Bedeutung
des Wortes, sondern sein rätselhaftes und
prekäres Sein.« Genau dieses rätselhafte
und prekäre Sein des Phänomens, das
wir ST/A/R nennen, interessiert uns, das
unbezeichnete und unvoreingenommene
Sein in den deliriumsartigen Schleifen
und rhizomartigen Wachstumsschüben.
Herzlichen Glückwunsch hierzu.
In seinem berühmten Artikel »Avant-
Garde and Kitsch« aus dem Jahre 1939
vertritt Clement Greenberg die These – und
diese Haltung bringt ST/A/R nachhaltig
zum Ausdruck – , dass Kunst sich dem
Niedergang der Kultur durch Konsumismus
verweigern müsse. Greenberg sah Kitsch
und Konsumismus als Synonym und
Kunst und Kitsch als unvereinbar an. Er
holte gleichfalls zum Angriff auf den
Akademischen Kunstbetrieb aus, wenn er
davon sprach, dass Kitsch grundsätzlich
akademisch sei: »All kitsch is academic,
and conversely, all that is academic is
kitsch.« Während dieser Satz aus dem
Zusammenhang gegriffen, selbst für unsere
an allerlei Polemik gewöhnten Ohren,
problematisch zu sein scheint, wird er dann
einleuchtender, wenn wir erkennen, dass
Greenberg den akademischen Kunstbetrieb
des 19. Jahrhunderts im Auge hat und
dieser polemische Angriff dem ewigen
Konventionalismus und Lehrbetrieb mit
seinen Vorstellungen vom Erlernen der
Kunst galt. Man möchte Agnes Husslein –
»Musée d‘Orsay, Wien« – diesen Essay noch
einmal schenken und sich mit Greenberg
seufzend zurücklehnen: ein Museum für
Kitsch in Wien, endlich! Greenberg glaubte
daran, dass moderne Kunst einen kritischen
Kommentar zur Erfahrung mit und von
Welt beisteuern kann und sollte.
Dies verbindet ihn mit der negativen
Dialektik Theodor Adornos, der zu gleichem
Thema Ähnliches forderte. Nämlich: »Nach
Auschwitz könne man keine Gedichte mehr
schreiben.« Was beide meinen, ist, dass
Kunst immer eine aufgeklärte, kritische,
konstruktive wie dekonstruktive Haltung
gegenüber Gesellschaft spielen sollte.
Der alte Satz der Linken »Wo stehst, du
Kollege?« bekommt Bedeutung. Heidulf:
Unser Herz schlägt links!
Ich könnte Ihnen jetzt weiterhin
stundenlang launische Textversatzstücke
aus anderen Texten aneinander reihen,
indem ich die Namen austausche und sie
leicht umstelle. Das, was ich bisher erzählt
habe, stammt aus einem Aufsatz für eine
Ausstellung in der Kunsthalle Mannheim
und gilt der Einführung eines befreundeten
Künstlers. Aber ich dachte, es passt ganz
schön. Doch ist zynisch, diese gängige
Methode auf jemanden wie Heidulf
Gerngross anzuwenden. Sie passt nicht, sie
ist nicht angemessen, sie ist unehrenhaft
und linkisch.
Als mich Frau Dr. Millner per e-Mail in
Shanghai erreichte und mir dann zwei
Tage später die Zeitung per FED-EX ins
Hotel schickte, stimmte ich umgehend
zu. Ich mag es, von China nach Europa
einzufliegen und entweder in Rom, Paris
oder Wien zu landen. Ich kenne Heidulf
Gerngross schon seit einigen Jahren vom
Sehen, wie man sich halt so kennt. Er war
mir nie unsympathisch, ich mochte ihn für
sein Chaos und seine Konfusion, aber so
richtig ernst habe ich ihn nie genommen
– zu deliriumsartig, zu chaotisch und zu
genial, zu schwierig für Bobos wie mich.
Manche von Ihnen werden sich an das
Buch von David Brooks erinnern. Wir sind
liberal, kreativ und reich. Wir haben eine
erstklassige Ausbildung, Erfolg im Beruf
und tragen den Luxus des Understatements
zur Schau. Wir verbinden den Wohlstand
und Karrierismus der Bourgeoisie mit der
Unkonventionalität und dem Idealismus des
Bohemians.
Ich stand also in meinem Zimmer des Peace
Hotels, über dem pulsierenden Bund, der
spektakulären Uferpromenade Pushis,
Shanghai, und blickte auf Pudong. Ich
rauchte einer der kubanischen Zigarren,
die mir Chris, ein Mädchen, ins Zimmer
gebracht hatte. Kurz bevor sie sich
verabschiedete, steckte ich mir eine dieser
Zigarren an. Ich dachte, ich lese nicht
richtig: Guantanamorino. Ich fragte Chris,
ob sie wisse, was Guantanamo sei? Sie
war bestürzt, fragte, ob sie etwa nicht
schmeckten, es wären kubanische, sehr
gute kubanische, sie hätte mir eine Freude
machen wollen. Ich ließ es – nicht ohne
mich lächelnd bei ihr zu bedanken und
meine Schuld zu begleichen. Jetzt stand ich
also vor dem Fenster, paffte eine Zigarre
aus Guantanamo und dachte an Alexandra
Millner, an Heidulf Gerngross und an ST/A/
R. If you can trust a stranger, follow me!
Lou Reed besingt es einmal für New
York: »You can‘t see any stars in the New
York sky, they are all on the ground.« In
Shanghai sieht man keine Sterne, selbst
wenn nach ein Uhr nachts die Lichter
Pudongs ausgehen. Ich beobachte, wie ein
beleuchtetes Kreuzfahrtschiff am Bund
anlegt. Ich sehe, wie die Passagiere der
»Silver Shadow« das Schiff verlassen – wie
sie den Bund überqueren und in die Lichter
der Nanjing Lu, Shanghais kilometerlange
Shopping-Meile, eintauchen und sich dann
abrupt in der Menschenmenge verlieren.
Schon vor hundert Jahren, als Franzosen,
Briten und Amerikaner im kolonialen
Shanghai das Sagen hatten, galt die
Nanjing Lu als Mischung aus Broadway und
Oxford Street. In den Straßen flaniert eine
gestylte Schickeria, neureiche Chinesinnen
führen tagsüber beim Shopping ihre edle
Designergaderobe aus. Die Kleidung ist
europäisch, das Essen ist chinesisch. Wenn
Sie so lange in China sind, suchen Sie die
Enklaven der Amerikaner im Ritz oder im
Restaurant Element Fresh.
Wenn ich meine China-Eindrücke vor dem
Hintergrund meiner aktuellen Erfahrungen
bedenke, was könnte es für hier und jetzt
bedeuten? Städtebau, in einer Form,
die selbst die kühnen Studien eines Rem
Kohlhaas konservativ erscheinen lassen.
Ich denke an die endlosen Taxifahrten auf
den Autobahnen durch die Stadtlandschaft.
Hier hat man augenscheinlich »Blade
Runner« in der Realität verbaut, mit den
farbig unterstrahlten Autobahntrassen.
»Blade Runner«, erinnerte ich mich,
gilt in vielfacher Weise als Blaupause
für zentrale Aspekte des Großstadt-,
Moderne- beziehungsweise Postmoderne-
Diskurses der letzten zwanzig Jahre. Die
Intimität der Straße, die sich einstellt, wenn
Harrison Ford seinen rituellen Asien-Snack
einnimmt, trifft auf kühne Entwürfe der
Stadtarchitektur. Das Thema »Erinnern«
trifft auf die Frage nach dem künstlichen
Menschen. Vermüllung und Labyrinthisches
treffen auf Erlösungsphantasien und
Gefühlsirritationen. Das Zeichenhafte
der Stadt trifft auf organische Formen
der Architektur. Ich sehe auf den Jin Mao
Tower, wie er – trotz der Fluglichter im
Nebel – seine Spitze in den Wolken verbirgt.
– Religion? Mit großem Erstaunen hatte ich
mit einem Journalisten gesprochen, der mir
unaufgefordert mitteilte, er sei Katholik.
Was bedeutet dies, er sei gläubig und ginge
zur Kirche und die Menschen in Shanghai
würden eben nicht, wie westliche Medien
dies schilderten, zum Gott des Reichtums
beten. Seltsam. »Just be rich« hieß eine
Ausstellung von Kristian Hornsleth.
Seltsame Koinzidenz, manche von Ihnen
werden wissen, was ich meine.
Ich hatte vor einigen Tagen in Beijing mit
einer bezaubernden Sängerin mittags
Nudeln gegessen, zu denen sie mich
einlud, weil ich mal wieder kein Geld
in den Taschen hatte. Wir hatten uns
über ihre Reisen durch Afrika und ihre
anstehende Reise von Tibet bis Pakistan
unterhalten. Wir unterhielten uns auch
über Zhou Xuan, eine legendäre Sängerin
und Schauspielerin, die 1957 mit 37 Jahren
starb und bis heute zu den Kultstars Chinas
gehört. Der Film »Street Angel« von 1937
war einer ihrer frühen großen Erfolge. In
diesem Film singt sie die beiden bis heute
sehr populären Songs »Wandering Singing
Girl« and »Song of the Four Seasons«. Bis
1949 hatte sie bereits über 200 Platten
aufgenommen. Viele von Ihnen werden
sich an den Soundtrack von »In the Mood
for Love« erinnern, dort gibt es ein Lied
von ihr, das durch den Film noch einmal die
Herzen der internationalen Kulturliebhaber
erreichte.
Meine Zigarre glomm ihrem Ende entgegen
und ich hatte an vieles gedacht, aber
nicht an die eigentliche Rede. Vielleicht,
weil Shanghai so überwältigend war,
dass man sich ständig lost in time and
space fühlte, und weil ich beschlossen
hatte, mich diesem ständigen Energiefluss
vollständig auszuliefern. In China besagt
ein Sprichwort: Du musst immer in acht
Richtungen gleichzeitig gehen. Ich dachte
an Heidulf Gerngross, machte mir eine
Notiz und zog mich an. Ich verließ das
Hotelzimmer und ordnete meine Gedanken
– neu, hoffnungslos, planlos, grenzenlos.
Jetzt bekomme ich das Zeichen zum
Aufhören, das ich eigentlich vorhin
erwartet hatte. Ich hoffe, ich habe Sie nicht
allzu sehr gelangweilt. Vielleicht noch ein
letztes akademisches Bonmot:
»Erinnern und Speichern kann nicht
grenzenlos funktionieren. Ist die Kapazität
erreicht, der Speicher des Gehirns oder des
Rechners überfüllt, befreit sich bekanntlich
das Gedächtnis von Mensch und Maschine
von Überflüssigem. Erinnern ohne
Vergessen macht das Leben unmöglich, so
Nietzsche in seiner Frühschrift ›Vom Nutzen
und Nachteil der Historie für das Leben‹,
aber er wusste auch, dass das Gedächtnis
sich dem Willen zu vergessen nicht beugt,
denn gerade, was nicht aufhört weh zu
tun, bleibt in Erinnerung. Im griechischen
Mythos fanden die Menschen Erlösung von
quälenden Erinnerungen in der Lethe, dem
Fluss des Vergessens, und im bedeutendsten
Tempel des antiken Athen stand ein Altar
des Vergessens. Die Erleichterung des
Gedächtnisses galt als göttliche Kunst, wie
sie noch im Aphorismus Nietzsches fortlebt:
Wirf dein Schweres in die Tiefe! Mensch
vergiss, Mensch vergiss! Göttlich ist des
Vergessens Kunst!«
Bevor ich es vergesse, meine Damen und
Herren, der Archiquant! Ob Dreieck,
Würfel, Archiquant oder Kreis, ob eckig,
rund oder oval: Formen erkennen und
unterscheiden für Kinder ab einem Jahr.
Heidulf wird Sie im Anschluss darüber
ausführlich informieren. Nur so viel: Was
Umberto Eco über das Kunstwerk sagt,
würde ich gerne auf den Archiquanten
übertragen: »In diesem Sinne also ist
das Kunstwerk [der Archiquant], eine
in ihrer Perfektion eines vollkommen
ausgewogenen Organismus vollendete und
geschlossene Form, doch auch offen,
kann auf tausend verschiedene Arten
interpretiert werden, ohne dass eine
irreproduzible Einmaligkeit des Phänomens
davon angetastet würde. Jede Rezeption ist
so eine Interpretation und eine Realisation,
da bei jeder Rezeption das Werk in einer
originellen Perspektive neu auflebt.«
Verwendete Literatur:
Umberto Eco. Das Foucaultsche Pendel.
München: Hanser 1989.
Michel Foucault. Die Ordnung der Dinge.
Frankfurt am Main: Suhrkamp 1971.
Barbara Straka: Auf der Suche nach der
verlorenen Zeit oder:Blick zurück nach
vorn? Art of Memory in der finnischen
Kunst Ende der 90er Jahre. http://www.
artists.fi/triennial2/straka2.htm
ST/A/R
Buch I – Sommer
Nr. 10/2006 3
ST/A/R 10
Sommer 2006
Sommerloch
Städteplanung / Hitze / Realität
Die Erde trauert unter dem Asphalt
35 Grad Durchschnittstemperatur / Ozonbelastung in Europas Städten / in Dresden trocknet die Elbe aus /
an der italienischen Adriaküste misst das Wasser 28 Grad / in New York brennt der Asphalt / Hitzestau / Wien
hat zu wenig Bäume / das Kapital pflanzt keine Bäume, baut keine Brunnen / die Politik macht Sommerfrische
und/oder sitzt in klimatisierten Räumen / manch einer aus der Politelite begibt sich zur zwanglosen
Unterhaltung auf Jachten und lächelt permanent / in den Büros, in denen aufgrund des wirtschaftlichen
Druckes durchgearbeitet wird, leiden die arbeitenden Menschen / und der Transit wird nicht reduziert,
die CO 2-Emission nicht verringert //
Wann reagiert man auf die akute Situation? / Wenn Spanien zur Wüstenlandschaft wird und das Mittelmeer
konstant Badewannentemperatur hat? / Der Umgang mit der Erde und die Einstellung zu ihr wird wesentlich
werden für die Möglichkeiten und Gestaltung unserer Zukunft. ///
Gerade wird in einer Werbekampagne Österreich neu erfunden, und dieses Österreich gehört den Frauen oder
genauer formuliert einem Medienkonzern / eine neue Zeitung, die im Titel impliziert, dass sie Österreich
repräsentiert und verkörpert, trifft damit die Aussage, dass alle bisherigen Printmedien Österreich nicht
darstellen / ST/A/R existiert unbeirrt weiter und ist ein medialer Raum des kulturellen Energiefeldes Österreich /
denn nicht alles, was auf Werbeplakaten postuliert wird, hat einen Bezug zur Realität /
ST/A/R wünscht Österreich alles Gute. ////
Diese Nummer ist wie gewohnt ein Gang durch Kunst, Kultur, Architektur, Stadtleben, Betrachtungen
zur Mobilität, Literatur, Jugendkultur, Landleben – ein besonderer Moment war die Begegnung und das
Interview mit Pierre Soulages, einem der wesentlichen Vertreter der klassischen abstrakten Malerei aus
Frankreich, hier in Wien – während des Interviews entstand auch das Coverfoto.
In naher Zukunft wird es eine Kooperation von ST/A/R mit fritz-kola (Hamburg), dem europäischen
Gegenstück zu CocaCola, geben. ST/A/R wird zukünftig in allen Lokalen, in denen fritz-kola serviert wird,
als Lektüre zur Verfügung stehen. Wir starten ab Oktober in Berlin und Hamburg.
Dieser Nummer ist eine Sonderausgabe über die Vorarlberger Architekturszene beigelegt (48 Seiten in
S/W), entstanden in Kooperation mit dem Vorarlberger Architektur Institut.
Thomas Redl, Wien, 07/08/2006
„Die Wunder sind da, in den Momenten, wo wir nicht verschüttet sind.“
Thomas Redl 2005
Andrea Baczynski Bund Shanghai, 2006
ST/A/R Buch I – Sommer Nr. 10/2006 5
ST/A/R HUMAN Architekturpreisverleihung auf der Strosiz im Juni 2006
H
Die ST/A/R HUMAN Skulpturen wurden von
Atelier Kerbler Modellbau in der berühmten
Kerblerpräzison hergestellt.
www.arch-model.at
U
M
AN
I´m not a women
I´m not a man
I´m a human
EP positions
Konrad Frey, 2005 Robert Pretsch, 2004
Solardusche, Strosiz
Kapelle Anna und Jakob
Langenwang, Steiermark
Die das Fest betreuenden Förster:
Max Hochreiter und
Harald Angerer, mit ihren Familien
Fotos © 2006, Gerry Kofler
6 Nr. 10/2006
Buch I – Sommer
ST/A/R
ST/A/R
Buch I – Sommer
Nr. 10/2006 7
LEOPOLD MUSEUM mit 350.000 Jahresbesuchern weiterhin Nr. 1
im Wiener MuseumsQuartier
ein entwurf der st/A/R Art Direktionn
Buch I – Sommer
ST/A/R
8 Nr. 10/2006
Inhaltsangabe
Buch 01 -
Sommer,
Seite 1–8
ST/A/R
Städteplanung / Architektur / Religion
Interview Pierre Soulages
AUTO S/T/A/R
Literatur
Design
Aktuelle Architektur
Bildende Kunst
Art/Brut Center Gugging
economy class
04Z035665M – P.b.b. Verlagspostamt 1060 Wien • Adresse: 1060 Wien Capistrangasse 2/8 • office@star-wien.at • Europa € 3,00
3,– Euro
ST/A/R PRINTMEDIUM WIEN
pierre solages
Nr. 10/2006
du
Buch 02 -
Leben,
Seite 9–16
17
Buch II – Leben
ST/A/R Nr. 10/2006
T homas Redl: Zu Beginn etwas aus
ihrer Biographie, Herr Soulages.
Sie haben 1948 am Salon des Réalités
Nouvelles teilgenommen und an der
Wanderausstellung Große Ausstellung
französischer abstrakter Malerei in
Deutschland ...
Pierre Soulages: Im Salon des Réalités
Nouvelles wollte ich anfangs nicht
ausstellen, weil es vor allem ein Salon
der Geometrischen Abstraktion war. Ich
habe mich aber dann trotzdem beteiligt,
weil es sehr sympathische Leute waren,
die mich darum gebeten haben. Und
bei diesem Salon hat Dr. Domnick aus
Stuttgart 7 oder 8 Maler für die Große
Ausstellung französischer abstrakter
Malerei eingeladen. Für das Plakat
der Ausstellung wurde eines meiner
Bilder ausgewählt. Von den geladenen
Künstlern war ich der Jüngste, da waren
noch Kupka, Doméla, Herbin, Hartung,
Schneider, Francis Bott - Kupka wäre
heute 140 Jahre alt. Meine Kamaraden
aus der Galerie waren Hartung und
Schneider - Schneider wäre jetzt 110
Jahre alt. Ich erinnere mich, dass
mehrere Künstler, darunter Francis Bott
zum Beispiel, zu Domnick gesagt haben:
„Du kannst doch nicht einen so jungen
Künstler nehmen.“ Ich war 27, und nach
dem Krieg war 27 nicht viel, weil dieser
uns ja einige Jahre gekostet hat.
T. R.: Wie war die Stimmung zu dieser
Zeit, welche Strömungen gab es?
P. S.: Zu dieser Zeit gab es alle
möglichen, verschiedenen Strömungen
in Paris. Es gab die figurativen Maler,
die engagierten Maler, wobei ich jene
meine, die von der kommunistischen
Partei unterstützt wurden, eben sehr
politisierte Maler. Dann gab es die
Surrealisten, die in ganz Amerika
bekannt waren, und auch die Abstrakten
Geometrischen. Man sprach nicht viel
von den Abstrakten Geometrischen,
sie waren ein bisschen im Schatten zu
diesem Zeitpunkt. Und da gab es auch
noch die Ecole de Paris. Man erfand den
Begriff ‚Ecole de Paris‘, um ausländischen
Künstlern zu ermöglichen, mit
französischen gemeinsam auszustellen,
mit französischen Malern wie Chagall,
Soutine, Modigliani, Picasso, Juan Gris,
Matisse, Fernand Léger, Bonnard. Man
wollte ja nicht ‚französische Malerei‘ oder
‚Pariser Maler‘ sagen. Und außerdem
denken die Franzosen nicht so, in
Frankreich sind die Museen prinzipiell
für jeden offen, egal ob Ausländer oder
Franzose. Nur in Amerika ist es so, dass
Museen für Inländer reserviert sind, in
Washington wie auch in New York. In
Frankreich waren sie glücklicherweise
immer offen. Also entwarf man das
Konzept der Ecole de Paris. Und mit der
Zeit entwickelten Maler wie Bazaine,
Manessier, Pignon einen Stil, der
aus einer kubistischen, fauvistischen
Tradition erwuchs. Die Maler in der
von Dr. Domnick ausgesuchten Gruppe
kamen nicht aus der Tradition der
Ecole de Paris. Wir waren anders, wir
kamen auch nicht aus der Tradition der
Geometrischen Abstraktion, aus der Zeit
Kreis/Viereck oder Abstraktion/Kreation,
die große Bewegungen vor dem Krieg
waren. Wir waren anders und wurden
ziemlich ignoriert, zu diesem Zeitpunkt
noch nicht sichtbar, aber wir waren Teil
der Abstraktion. Und diese Ausstellung,
die durch Deutschland gewandert ist,
war wichtig für die Deutschen und auch
für uns, weil wir gezeigt haben, was
in der ganzen Periode passiert ist, die
durch den Nationalsozialismus verdeckt
worden war. Kurze Zeit nach dieser
Ausstellung war ich dann Mitglied einer
Gruppe, die ZEN49 hieß.
T. R.: Es hat ja zu Beginn der 50er Jahre
dann auch Kontakte zur Österreichischen
Avantgarde gegeben, also zu Markus
Prachensky, Arnulf Rainer, Monsignore
Otto Mauer.
P. S.: 1953, also 5 Jahre nach der
Wanderausstellung in Deutschland,
bekam ich einen Telefonanruf eines
Herrn Monsignore Otto Mauer, der
mich fragte, ob er mit 3 jungen Künstlern
mein Atelier besuchen könnte, und
das waren Rainer, Prachensky und
Hundertwasser. Ich glaube, sie sind ein
Jahr später, 1954, wiedergekommen,
wieder mit dem Bischof oder Erzbischof
von Wien oder so.
T. R.: In weiterer Folge gelangte ihre
Kunst auch nach Amerika, und sie
lernten die Künstler Kline, Motherwell,
de Kooning, Rothko kennen. Sie hatten
auch 1954 ihre erste Einzelausstellung
in Amerika.
P. S.: Ja, aber ich stellte schon 1949 in
Amerika aus, in der Galerie Betty Parson,
und die Ausstellung hieß Painted in
49. Kline war zu diesem Zeitpunkt
ein figurativer Maler, ganz und gar
nicht abstrakt. Die amerikanischen
Künstler haben alle diese Ausstellung
gesehen, an der 5 französische Maler
beteiligt waren, unter anderem Vasarely,
Hartung, Schneider. Von diesem
Augenblick an hatte ich Kontakte zu
amerikanischen Händlern, und es
folgten auch weitere Ausstellungen,
die in Amerika zirkulierten. In Paris
kannte man damals die amerikanischen
Maler nicht, erst später. Ab 1953/54
hatte ich eine Galerie in New York,
die Galerie Kootz, die sich sehr aktiv
um mich gekümmert hat. Ich habe in
dieser Galerie 12 Jahre lang ausgestellt.
1957 war ich das erste Mal in Amerika
und habe de Kooning, Motherwell und
die meisten der amerikanischen Maler
persönlich kennen gelernt, nur Pollock
nicht, der war schon tot, den konnte
ich nicht treffen. Einmal war ich sehr
erstaunt. Ich sprach mit de Kooning
und sagte zu ihm: „Du musst eine Reise
nach Paris machen.“ Und der sagte
zu mir: „Ich kann nicht. Ich bin kein
Amerikaner, ich habe keine Papiere, ich
bin staatenlos.“
T. R.: Zu Rothko hatten sie lange
Kontakt, und es entwickelte sich auch
eine Freundschaft.
P. S. Ich kann ihnen erzählen, wie ich
Rothko kennen gelernt habe, nämlich
auf einer Party, die der damalige
Konservator des Museum of Modern
Art, für mich gegeben hat. Die meisten
amerikanischen Maler waren anwesend,
und sie waren sehr erstaunt, dass ich
eher groß und kräftig bin. Franzosen
sind ja Zwerge. Wir hatten uns zuerst
nichts zu sagen, und nach 10 Minuten
oder einer viertel Stunde haben wir zu
reden begonnen, und sie haben zu mir
gesagt: „Sie könnten American Football
spielen.“ Daraufhin habe ich geantwortet:
„Nein, ich bin Rugbyspieler.“ Zu dieser
Zeit war ich auch Rugbyspieler. Auch
das verblüffte sie, weil Europa für sie
ein Ort der kultivierten, verfeinerten
Menschen war. Und sie selbst sahen
sich im Gegensatz dazu als stark und
kräftig, sie praktizierten den Kult der
Virilität. Diese Unsinnigkeiten dauerten
ungefähr eine viertel Stunde. Und dann,
Rothko, er saß in einem Sofasessel und
fing mit sonorer Stimme zu sprechen
an, und er sagte: „Ah, Europa. Europa,
das ist ein Alptraum. Ich habe eure
Museen gesehen, wo Männer mit
Nägeln in blutenden Händen gezeigt
werden. Ich habe blutende Männer
gesehen mit Dornenkronen. Ich habe
Männer gesehen mit Pfeilen überall
und Blut. Ich habe Frauen gesehen,
die abgeschnittene Köpfe auf Tabletts
tragen, und überall Blut, das fließt.
Europa, was für ein Alptraum, die
Konzentrationslager, die Gaskammern,
die Krematorien. Europa, das ist ein
Alptraum.“ Und ich, ich fühlte mich als
Europäer angegriffen. Dann hat er etwas
hinzugefügt, was mir gefallen hat: „Was
ich mag, ist das Vogelgezwitscher.“ Und
ich habe geantwortet: „Ich war noch
nicht in allen amerikanischen Museen,
aber ich habe in euren Museen, im
Metropolitan zum Beispiel, Männer mit
Licht, das vom Bild
zu dir kommt
Also was ist ein
Kunstwerk? Es ist ein
Objekt, geschaffen von
einem Menschen, das
fähig ist zu zeigen, was
investiert wurde
Interview mit Pierre Soulages
Buch 03 -
Europa,
Seite 17–24
17
Buch III – Europa
ST/A/R Nr. 10/2006
+ die architektur des würfels
Vortrag, anlässlich der Vernissage des f.e.a.-Würfels
(f.e.a. = forum experimentelle architektur)
Als einfachste Form der dritten Gegenstandsdimension entsteht aus dem
zweidimensionalen Quadrat der dreidimensionale Würfel, lateinisch
Kubus.
Das Verhältnis Oberfläche zu Volumen ist umso besser, je größer der
Würfel ist.
Bei 10-facher Kantenlänge ergibt sich ein 10-fach besseres
Verhältnis.
Bei Gebäuden heisst dies, eine wesentlich bessere
Energieeffizienz.
Seine Ungerichtetheit lässt den Kubus stabil wirken, er ruht
sicher und erhaben auf dem Boden.
Aus diesem Grund wurden immer wieder
Befestigungsanlagen aber auch Grabmäler mit kubischer
Form errichtet.
Wie etwa in Buchara, Usbekistan, das Tor zur Zitadelle
und das Samaniden-Mausoleum.
Aus dem Lösboden gegraben, bestimmen Innenhöfe
eine Bauern-Siedlung in der Nähe von Tonguan in
China.
L-förmige Treppen führen entlang der Hofwände nach
unten, in die Atrium-Wohnungen.
Oben sind Äcker und Wiesen.
Vom Flugzeug aus gesehen wirken die leeren
Volumen in der ebenen Landschaft als kubische
Negativform.
Erhabenheit sugerierende Atribute passen
natürlich auch gut für Kunstbehältnisse, wie hier
im Museumsquartier das Leopold Museum oder
während der Schweizer Expo.02 der Monolith von
Jean Nouvel.
Dieser befand sich während der Landesausstellung auf dem Murtensee, 200m vom Hafen Murten entfernt.
Mit seiner idealen, rostigen Würfelform von 34m Seitenlänge, stand er für die
ausserhalb der Zeit liegende Welt der
Ideen.
Vom Ufer abgesondert und rostig, zeugte er gleichzeitig von der Vergänglichkeit und dem Zerfall der materiellen Welt.
In seinem Inneren wurden drei Panoramen kombiniert:
Hier wurde mit dem bewegten, computergesteuerten Rundbild der Gegenwart, dem historischen Schlachtenbild und dem
inszenierten Rundblick auf die Stadt Geschichte und Fiktion, Zeit und Wahrnehmung in Frage gestellt.
[Martin Tschanz,
Neue Zürcher Zeitung, 13.05.2002
Der Kubus war auch ein wesentlicher Teil der Formensprache von Louis Kahn.
Die freistehende Bibliothek von Exeter in New Hampshire
wirkt durch ihre gewollte Elementarhaftigkeit, die eine zeitlose Gültigkeit verkörpert.
Der Ziegel-Kubus, von einem gleichmäßigen Fensterraster durchbrochen, betont die Massivität des Bauwerkes.
Die zentrale Halle wird von den mit eingeschriebenen Kreisöffnungen durchbrochenen Beton-Seitenflächen eines Würfels
gebildet.
Durch diese riesigen Kreisöffnungen fällt der Blick auf die Holzbrüstungen der Geschoße.
Das Bauwerk kommt in seiner Erscheinung als Volumen zur Geltung.
Zwei leicht zueinander gedrehte Holzkuben, auf unverrückbar im Hang verankerten Sockeln aus Bruchstein, bilden Kahns Haus für
die Familie Norman Fisher, in Hatboro, Pennsylvania.
Sicherheit gebend und keinem Stil verpflichtet, stehen sie als Artefakt der Landschaft gegenüber, zu der über große Eckfenster
der Bezug hergestellt wird. In Rotterdam schaffte Piet Bloom mit seinen auf die Spitzen gestellten, als Pfahlbauten errichteten
Wohnwürfeln eine Touristenattraktion.
Diese Art den Würfeltypus zu verwenden fand jedoch keine Nachahmer.
Sol LeWitt
gestaltete Kunstwerke durch die mehrmalige Verwendung gleicher Einheiten mit standardisierten Dimensionen in absoluter
Symmetrie. Als Pionier der konzeptionellen Kunst, fertigte er würfelförmige Leerräume, die durch schlanke Aluminiumkonturen
definiert werden.
Ein würfelförmige Leerraum
ist auch der den Innenraum erweiternde f.e.a.-Würfel:
eine filigrane, kubische Konstruktion, flexibel mit wechselnder Erscheinungsform und spannenden Schattenwurf
soll durch wechselnde Bespielung von Künstlerinnen und Künstlern, Architektinnen und Architekten, mit Bedeutung gefüllt werden.
ST/A/R zu Besuch im f.e.a. – forum experimenteller architektur
Buch 04 -
Kunst,
Seite 25–32
Buch IV – Kunst
ST/A/R Nr. 10/2006
Am 28. Juni wurde das Museum Gugging als weltweit
einzigartiges Art / Brut Center eröffnet. Das Museum ist als Ort
konzipiert, an dem sich die Art Brut mit anderen Kunstrichtungen
treffen, ergänzen und auch messen wird können, ein Treffpunkt
für Diskussion und Diskurs. Schwerpunkt bleibt dabei die
Präsentation der Werke der Gugginger Künstler. Dem Museum
steht eine Ausstellungsfläche von rund 1.300 m2 zur Verfügung.
Darüber hinaus gibt es eine Bibliothek, ein Bildarchiv, Lager- und
Arbeitsräume für Kuratoren sowie einen Multimediaraum.
Dem Museum wird noch ein Museumsshop angeschlossen sein,
ein Café-Restaurant soll 2007 in Betrieb gehen. Das Museum
ist in das Art / Brut Center Gugging integriert, zu dem noch die
Galerie der Künstler aus Gugging, das Offene Atelier Gugging,
Arbeitsräume sowie eine Veranstaltungshalle, die „Villa“, für
Symposien, Konzerte und Ähnliches zählen.
Die Eröffnungsausstellung
„Blug - vier Jahrzehnte Kunst aus Gugging“
präsentiert rund 650 Arbeiten, Zeichnungen, Malereien, Objekte
und auch Radierungen der international bekannten Art Brut
Künstler August Walla, Oswald Tschirtner und Johann Hauser,
sowie auch jener gegenwärtig im Haus der Künstler lebenden, zu
nennen sind da: Johann Fischer, Johann Garber, Franz Kernbeis,
Johann Korec, Heinrich Reisenbauer, Arnold Schmidt, Günther
Schützenhofer und Karl Vondal. Sowie jene aus den 70er Jahren,
wie Josef Bachler, Josef Blahaut, Anton Dobay, Franz Gableck,
Rudolf Horacek, Franz Kamlander, Fritz Koller, Rudolf Limberger,
Otto Prinz, Philipp Schöpke und Erich Zittra.
„Blug“, der Titel dieser ersten Ausstellung, ist einer Arbeit von
Franz Kernbeis entnommen und bedeutet „Pflug“ - Der Acker
ist bestellt!
Die Ausstellung dauert vom 30. Juni - 14. Jänner 2007.
Anschließend soll sie auf Welttournee gehen.
Zur Schau ist das Buch „Blug. Gugging - ein Ort der Kunst“ im
Brandstätter-Verlag erschienen.
Informationen
Museum Gugging - Art / Brut Center, 3400 Maria Gugging /
Klosterneuburg, Hauptstraße 2,
Ausstellung „Blug“: 30. Juni - 14. Jänner 2007.
Das Museum ist Dienstag bis Sonntag von 10.00 bis 18.00 Uhr (im
Winter bis 17.00 Uhr) geöffnet, die Galerie Dienstag bis Samstag.
Normalität ist der Ausgangspunkt
Art / Brut Center in Gugging eröffnet
Interview mit Johannes Feilacher,
dem Leiter des Museums Gugging
ST/A/R: Seit den 70er Jahren hat sich
unter der Leitung von Dr. Navratil
hier in Gugging ein Künstlerzentrum
entwickelt, das Sie übernommen und
weitergeführt haben. Wie war die
Entwicklung seit dem Beginn und auch
während der letzten fünfzehn Jahre?
Johannes Feilacher: Navratil hat in
den 60er Jahren über Testzeichnungen
zufällig Talente entdeckt, die er Jean
Dubuffet vorgestellt hat, der die
Werke zur Art Brut gezählt und damit
gleichzeitig anerkannt hat. Navratil hat
dann in Richtung Kunst weitergearbeitet,
wobei er stets Psychiatrie und Kunst
verbunden hat. 1965 hat er ein erstes
Buch herausgegeben, das vorwiegend
auf zeitgenössische Künstler gewirkt
hat (Arnulf Rainer, Franz Ringel,
Peter Pongratz, ...), nicht jedoch auf
die Psychiater. 1970 fand die erste
Ausstellung in Wien statt. Danach gab
es einzelne, verstreute Ausstellungen
und ab dem Jahr 1979 auch Tourneen.
Es folgte die erste Präsentation im
Museum des 20. Jahrhunderts.
Schließlich kam es 1971 zur Gründung
des damals so genannten Zentrums
für Kunstpsychotherapie. Navratil
hatte einen alten, kleinen Pavillon
umwidmen können und hat dort jene
Leute angesiedelt, die sich schon vorher
als Talente bewiesen haben und noch
einige andere dazu. Dieser kleine
Pavillon wurde im Jahre 1981 eröffnet.
1983 hat mich Navratil hierher geholt,
weil er einen Nachfolger gesucht hat.
Drei Jahre später ist er in Pension
gegangen. Das erste, was ich getan habe,
war, das Zentrum umzubenennen, in
Haus der Künstler. Mich interessierte
immer das Talent des Einzelnen
und nicht seine private oder sonstige
Krankengeschichte. Wenn jemand eine
Behinderung oder Erkrankung hat,
ist das etwas Privates und hat in der
Öffentlichkeit nichts zu suchen. Das
Haus der Künstler ist eine Institution,
die einzelne Künstler fördert, die
das selber nicht können, einzelne
Talente, die aufgrund irgendwelcher
Schwierigkeiten nicht fähig sind, ihre
eigene Arbeit zu vermarkten oder
sie herzuzeigen. Ich bin im Prinzip
immer ein Helfer der Künstler
gewesen und habe im Laufe der
Zeit verschiedene Institutionen
gegründet. Eine der wesentlichen
war ein Förderverein, um auch
Leute anstellen zu können. Das
zweite war, dass ich einen privaten
Vertrag ausgearbeitet habe, in dem
die Künstler zu Besitzern einer
Kommanditerwerbsgesellschaft
werden konnten. Ich wollte eine
Galerie gründen im Sinne einer
Produzentengalerie, wo die Künstler
selber die Besitzer sind. Das war damals
einmalig und ist es auch heute noch,
dass eine Gesellschaft im Besitz von voll
besachwalteten Personen ist, die alle
nur durch ihre Rechtsanwälte vertreten
sind. Das allein hat drei Jahre gedauert,
bis alles hieb- und stichfest war. Der
nächste Schritt war die Befreiung aus
der Psychiatrie, das Haus war ja noch
ein Pavillon der Klinik. Im Jahre 2000
wurde es völlig unabhängig.
ST/A/R: Mit der Eröffnung des
Museums ist ein bestimmter
Höhepunkt erreicht, und ein einmaliges
europäisches Zentrum für Art Brut
entstanden.
J. F.: Europäisch ist richtig. Es gibt zwar
eine klassische museale Sammlung, die
kleine Ausstellungen zeigt, nicht sehr viel
Platz hat und sehr monoklonal arbeitet,
das heißt, primär klare klassische Art
Brut zeigt und sonst nichts. Dann gibt es
einige Museen zeitgenössischer Art, die
auch kleine Departments dabei haben,
wie in Dublin oder in Lille, dann gibt es
ein Visionary Art Museum in Baltimore,
das war’s. Aber dieses Museum wird das
erste für Art Brut sein, das aber nicht
nur für Art Brut da sein soll, sondern
es soll den Weg, den wir seit 20 Jahren
verfolgen, nämlich die Art Brut mit
Mainstream Art zu mischen und zu
zeigen, dass Art Brut eine Richtung der
Kunst ist, wie viele andere auch, dass sie
weder besser noch schlechter ist, aber
mindestens gleich gut. Das können wir
hier in diesem Haus zeigen. Natürlich
ist der Schwerpunkt Gugging, eine
Hälfte von 1300 - 1400 Quadratmetern
Ausstellungsfläche wird immer
Gugging sein, aber nicht immer die
selben Künstler zeigen, sondern auch
verschiedene Sammlungen und Arbeiten
aus verschiedenen Zeiten. Parallel dazu
kommen z. B. Themenausstellungen,
25
Buch IV – Kunst
ST/A/R Nr. 10/2006
Normalität
Buch 05 -
Design,
Seite 33–40
33
Buch V – Design
ST/A/R Nr. 10/2006
T homas Redl: Für den ‚Twista’, der
von der Firma Eternit produziert
wird, hast du vor kurzer Zeit den ‚red
dot-Designpreis’ bekommen. Wie war
deine Entwicklung als Designer?
Martin Mostböck: Schon während
meines Studiums Mitte der 80er Jahre
habe ich versucht, kleinere Projekte, d.
h. Möbel, gleich selbst umzusetzen. Ein
Möbel zu bauen, kann sehr schnell gehen.
Die Umsetzung - vom Entwurf über die
Skizzen bis zum fertigen Produkt - kann
in wenigen Tagen geschehen. Das war
der Ansatz, so habe ich
begonnen. Dann gab
es eine kontinuierliche
Entwicklung bis zum
Entwurf
serienmäßiger
Möbel.
T. R.: Du hast eigentlich Architektur
studiert. Siehst du deinen
Aufgabenbereich in dem Sinne, wie die
Architekten es früher wahrgenommen
haben, d. h. ein Haus zu bauen und
auch die Möbel dafür zu entwerfen?
Wie siehst du die Verbindung zwischen
Architektur und Design?
M. M.: Architektur und Design ist
im Wesentlichen das selbe. Es wird
nur ein zusätzlicher Begriff benützt,
um das Entwerfen von Möbeln oder
Gebrauchsgegenständen zu definieren.
Wenn man Italien betrachtet, dann
sieht man, dass Designer oder Gestalter,
wie z. B. Sottsass oder Castiglioni,
aus der Architektur kommen. Sie
sind aus unterschiedlichen Gründen
in das Design gegangen. Ich habe
zwischen der Gestaltung eines Hauses
und der Gestaltung eines Sessels nie
sehr viel Unterschied gesehen. Das
Anforderungsprofil bzw. -programm ist
ein anderes. Im Wesentlichen ist es aber
ähnlich.
T. R.: Du hast nach deinem Studium
an der TU-Wien mehrere Jahre bei
COOP-Himmelblau
mitgearbeitet.
Was waren deine Aufgabengebiete
und welche Erfahrungen hast du in
diesem international renommierten
Architekturbüro gemacht?
M. M.: Die Aufgabengebiete waren
vielfältig: Hochbau, Konstruktion,
Städtebau und Design. Ich habe dort
diverse Wohnbauten mitentwickelt: in
Wien ein Hochhaus, den
Gasometer und die
Remise im zweiten Bezirk. Gleichzeitig
habe ich Projekte, wie z. B. ein
Milchglas oder eine Uhr, für einen
amerikanischen Produzenten gemacht.
Von der Großform bis zur Kleinform,
Mikro- und Makrostrukturen.
T. R.: Neben dem ‚Twista’ gibt es
auch andere Sessel, die mit Preisen
ausgezeichnet wurden oder in die
MAK-Designsammlung aufgenommen
worden sind. Wenn man deine
Biographie liest, so erkennt man, dass
es viele glückliche und langfristige
Kooperationen mit Produktionsfirmen
gibt. Das ist ja sehr wesentlich, wenn
man Design realisieren will. Wie
gestaltet sich deine Zusammenarbeit
mit den Produktionsfirmen?
M. M.: In der Biographie stehen aber
nur die gelungenen Kooperationen, es
gibt auch unglückliche. Das Wichtigste
im Umsetzungsprozess eines Produktes
ist der Dialog mit der Firma. Am
besten ist es, wenn man einen direkten
Ansprechpartner im Unternehmen hat,
eine Person, mit der man das Projekt
konkret umsetzen kann, nicht nur in
Bezug auf das Produkt selbst, es muss
darüber hinausgehen. Es sind Gespräche
mit dem Produzenten zu führen, die
außerhalb des Entwurfsprozesses liegen,
eine Auseinandersetzung mit den
beteiligten Personen selbst und vor allem
mit der Philosophie des Unternehmens
ist notwendig. Nur
so kann man Design
erfolgreich umsetzen.
Ich suche die lang-
fristige
Kooperation.
Nicht der schnelle
S c h u s s , s o n d e r n
die
langfristige
Auseinandersetzung
mit einem Unter-
nehmen
interessiert
mich. Der Dialog
ist das Wichtigste
dabei. Wenn man
zum
Beispiel
terminlich
schwer
zusammenkommt,
wird es auch beim Entwerfen schwierig,
man entwirft ja meist in Schüben. Diese
Schübe müssen dann, wenn sie passiert
sind, auch umgesetzt werden. Es geht
um eine Annäherung an das Gegenüber,
weil immer beide Seiten Fragen haben.
Wenn das Produkt beim Start nicht direkt
Interview mit Martin Mostböck
Vom Möbel zum gebauten Haus
Twista, variables Gestaltungselement, produziert von
Eternit, reddot design award winner 2006
Buch 6 -
Literatur,
Seite 41–48
41
Buch VI – Literatur
ST/A/R Nr. 10/2006
Vorwort
Schrift wechSel
D. Sperl
S
prache konstruiert und organisiert das Verhältnis
zu der von uns bewusst wahrgenommenen und
ausserhalb von uns gedachten Wirklichkeit. Dabei
ist und erzeugt Sprache selbst eine eigene Wirklichkeit,
eine selbständige energetische Entität, ein Wesen, mit
Milliarden von Armen, allen Möglichkeiten laufender
Selbst-Setzungen und –überschreitungen, Erweiterungen,
Umformungen. Sprache geht in ihrer allgemeinen
Form als auch in ihren individuellen Ausprägungen
Kooperationen mit anderen ein, sie verliebt sich
gewissermassen oder verweigert sich,
setzt Preferenzen, Machtansprüche und
Grenzen, ist in einem ständigen Fluss
und Austausch mit allem Lebendigen.
Sprache erzeugt bewegliche, fragile
Landschaften, in denen wir uns
durch das Leben bewegen und sie ist
gleichzeitig das Werkzeug, mit dem
wir navigieren. Sprache trennt also
scheinbar, was nicht zu trennen ist, um
funktionale Felder zu erzeugen. Sie
ist ein Teil von uns, sie ist gleichzeitig
vollständig unabhängig von uns.
Denn sämtliche gesprochenen oder
geschriebenen oder auch nur gedachten
Äusserungen leben auch ein von uns
unabhängiges Leben. Wer weiss schon,
wohin sie gehen? Und wer weiss schon,
woher sie gekommen sind? Produziert
ein situatives Umfeld notwendigerweise
die zu sprechenden Sätze und Worte? Inwiefern sind
wir also selbstbestimmt oder benützt uns die Sprache als
Wirt, um zu reisen und sich zu erweitern? Sind Gedanken
Besatzungsmächte?
Wir bestehen aus vielerlei offensichtlichen
Verhaltensaufführungen und Verhaltensverführungen, aus
Programmschwerpunkten, die uns gewohnheitsmässig
durch die Gegend steuern. Von denen wir jedoch kaum
bewusst wissen, nach welchen Gesetzmässigkeiten sie
auftreten, in welchen Wirkungszusammenhängen sie
in der Tat zu uns stehen. Wir fragen uns selten, welche
Programme wir verwenden möchten, in welcher Intensität,
wie folglich unsere Sprache aussehen, aufblühen und
wo sie enden oder hinreichen soll, um was zu erreichen?
Welches sind beispielsweise die von uns selbst am
meisten gestellten Fragen, und wie genau sehen diese
aus? Und wie lauten unsere bevorzugten Antworten
darauf? Fragen und Antworten ergeben gemeinsam die
gegenwärtigen Koordinaten unserer Biografie (= die unter
dem Namen der jeweilen Person gewöhnlich auftretenden
Handlungsmuster, Orientierungspunkte, Verkehrstafeln,
für Funktionszusammenhänge herausgeschnittene
Weg- und Weltzusammenfassungen). Die Grenzen der
Sprache sind die Grenzen unserer Welt, hat Wittgenstein
gesagt, es sind jedoch bloss die Grenzen der von uns
bewusst wahrgenommenen Verhältnisses zu der von
uns (und anderen) selbst erzeugten ausserhalb von uns
gedachten Wirklichkeit. Manchmal weiss die Sprache und
artikuliert sie mehr als der Benützer bewusst weiss, ist
permanent an grössere Felder angeschlossen als an unsere
Wie-bekomme-
ich-einen-
Espresso-aus-dem-
Automaten-Ego-
Cockpit-Fragestellung. Sämtliche sprachlichen
(energetischen) Ausdrücke erzeugen ununterbrochen
ein uns persönlich übersteigendes Gesamtbewusstsein,
eine Art Superorganismus, eine ständige fluktuierende
Bewegung. Um unsere Grenzen zu verstehen, müssen wir
uns unsere Sprachverwendungen genauer ansehen, die
Fensterscheiben, die wir kreieren und alsann benützen.
Operiere ich nun in einem Coaching Diskurs, spreche
ich einem NLP-Practioner ähnlich? Wir sollten eine
Auswahl so bewusst wir nur irgend möglich treffen,
unsere Verhaltens-Programme verstehen, ihre Kräfte,
die ja auch unsere Kräfte sind, sie, wenn notwendig und
möglich, upzudaten, zu vergrössern, sie mit anderen
kurzzuschliessen, um eine grössere Beweglichkeit
unseres Bewusstseins zu erlangen. Die Beweglichkeit des
Bewusstseins erzeugt unsere lebbaren Freiheitsgrade. Die
Literaturseiten im ST/A/R - Schriftwechsel - sind diesem
Wunsch und dieser Vision nach Beweglichkeit und
Erweiterung zugeneigt.
Feel the taste of diversity & celebrate it.
literatur
Von Fragen und
Erinnerungslücken
Gerhard Jaschke
Seneca
Seneca hat recht, nur allzuleicht läßt man sich von einem Wort
verführen, etwas anderes zu schreiben, was man eigentlich wollte.
Manche Wörter sind ja wie Stopschilder, insgesamt handelt es sich
bei ihnen um Verkehrszeichen, Warn- und Gebotstafeln, diesen
oder jenen Weg nicht zu gehen, dieses oder jenes Feld zu meiden.
Wird doch zu leicht aus dem Gras ein Sarg! Stelle Spiegel auf
und neue Wörter fallen wie automatisch aus dem vorhin noch so
scheinbar Ganzen. Leben taucht im Nebel unter, Roma läßt sich
behände gegen den Amor tauschen. Jeder möge es sich richten,
wie er glaubt.
Das Verbotene reizt, das war schon immer so.
Was sagt Montaigne? „Mein Lehrer war so klug, mir Virgil, Lukrez
und Plautus zu verbieten; das steigerte mein Interesse an ihnen
beträchtlich.“
Die fremden Gedanken munden wie Kirschen aus Nachbars
Garten. Laßt uns von diesen Früchten viele mit nach Hause
nehmen.
Ich schloß mit ihm Freundschaft. Er wurde mir zu einem guten
Freund. Auf ihn kann ich mich verlassen. Er ist mir eine Stütze.
Er ist mir stets hilfreich. Auf diese Freundschaft bin ich stolz. Und
was sagt er?
„Der Grund unserer Freundschaft? Weil gerade er es war – weil
gerade ich es war. Alles Übrige geht über meinen Verstand.“
Der Verstand als Horizont unseres Daseins. Das im Unendlichen
auslaufende Meer an Einfällen. Der Schlußstrich unter unsere
Existenz. Ein Ende am Anfang über uns wie der Horizont, der
darüber hinausgeht. Es weht Gesichte herbei. Zu ergründen gibt es
nichts. Was meint Ihr, Montaigne? „Wir suchten uns, ohne uns zu
kennen.“
Von anderen Fragen
Habe ich etwa zu danken, daß ich auf der Welt bin?
Habe ich den Damen Vortritt zu lassen?
Habe ich auf meine Uhr zu schauen, fragt mich irgendjemand
nach der Zeit?
Gewiß, ich stelle mir Fragen.
Gewiß, ich halte Wort.
Gewiß, ich schnüre mir die Schuhe.
Aber sonst?
Bin ich vielleicht ein Hellseher wie Sie?
Oder bin ich gar schon im Bild, um etwas sagen zu müssen?
Bin ich gar so schön wie Sie?
Stehe ich demnach ebenfalls unter Kostümierungszwang?
Hält die Pappnase noch? Sehe ich einigermaßen intelligent aus?
Verkörpere ich also das, was Sie sich vorstellen?
Haben Sie Übung im Beisammensein, im Mitmenscheln?
Tun Sie sich nur keinen Zwang an.
Berühren Sie nur ruhig jede Menge Peinlichkeiten, reden Sie
schlichtweg bloß so vor sich hin.
Kann denn das die Möglichkeit sein?
Wollen Sie um jeden Preis als erster das Ziel erreichen?
Schämen Sie sich nicht? Wer will denn heute schon Sieger sein?
Sie vielleicht?
Von den Erinnerungslücken
Eines Nachts erwachte Kraut und wollte von alldem nichts wissen,
nichts gewußt haben, wollte mit alldem nichts zu tun haben, gar
nichts mehr zu schaffen haben. Ja, war es das? Tatsächlich dachte
er dies und nichts anderes. Aber wann will es schon gelingen?
Wann? Wann denn nur? Er blickte um sich, als hätte er hier etwas
verloren. Aber was hatte er schon hier, hier schon!, verloren? Was
könnte er bloß hier verloren haben? Er wußte es nicht. Absolut
nicht. Irgendwann einmal war hier etwas. An das dachte er. So
eine Art Ausgangspunkt vielleicht? Ein Knotenpunkt für diverse
Grenzüberschreitungen?
Er überlegte. Das muß es gewesen sein! Nichts anderes. An dies
dachte er, als er eines Nachts, mitten in der Nacht, plötzlich
erwachte und von alldem nichts wissen wollte.
Ein Stöckelschuh wanderte über die Leinwand.
Passanten winkten ihm zu.
Gerhard Jaschke, 1949 in Wien geboren. Freischaffende literarischkünstlerische
Tätigkeit seit Beginn der 70er Jahre. Einzelveröffentlichungen
(z.B.: VON MIR AUS, Illusionsgebiet Nervenruh, Schlenzer), Beiträge in
Anthologien u. Zeitschriften. Ausstellungen. Gemeinschaftsarbeiten mit Ingrid
Wald. Mitbegründer und Herausgeber der Zeitschrift für Literatur und Kunst
Freibord. Lehrbeauftragter an der Akademie der bildenden Künste. Duettduelle
mit Werner Herbst.
Buch 07 -
Waran,
Seite 49–56
49
Buch VII – Waran
ST/A/R Nr. 10/2006
Arbogast is worried about the Rove‘s powers.
Hillary will get caught fucking chipmunks, or Kennedy will be seen meeting with
Osama in Vienna. Check the Drudge honey wagon to see whether it hasn‘t started
already. Boston will be nuked by Iranoterrorists. We‘ve won the pennant and won
the Superbowl a few times so it‘s time to go to heaven. All nine members of the
Supreme Court will be gassed by Islamic fundamentalists, and Romney will have
to declare martial law until Congress with an armed martial standing at the end
of each row can approve a new court in an up or down vote. There‘s a lot of time
between now and November 2006. Yes, I understand Arbo‘s point but wish it isn‘t
that bad.
Ihr Lederschwuchteln, ihr
Weissgänger, ihr B-free Teelefonierer, ihr Götter auf
weiss, ihr Dünnbäuchigen, gebt uns euer Geld oder
wenigstens eure Fitnesskarte.
Joe Harris: ok, be purple my friend, and feelgood, arab
is watching you with pizza and kebab
--------------------------------------------------------------------------------
die gefälschten
tagebücher des adolf H.
es spricht der waheliche drogenkoordinator wiens:
hannes weibl
ich habe truppen. ich habe kämpfer. ich habe dünschiß
mit SS.
ich habe leute die ohne mit der wimper zu zücken,
töten.( auch massen)
ihr seit beschränkt in eurer legislative, exekutive,
judikatur...ihr könmnt es lesen, ihr lest es! eure augen
lügen nicht, aber die hornhaut könnte jeden moment
schmelzen, s....
wir können sie ersetzten, aber nur wir. auch eure
nierenprobleme gehen mir am arsch vorbei: i have
kidneys, more than dead bones. that means much, if
you are a noncheker, i can kill you in one secund, you
dont recognize it. even you are finished right now. i tell
you brother , your existenz is nothining, zero, you are
an agent now, when you read this. so follow the line.
and keep it as real, otherwise you are dead, finished,
broken.
vienna is a kapitalistik city of love and rosetten. i
love them. i kss them and take some licks. if your
dick now gets stiff, or your pussi gets wetten das?
its no problem if you have male and female
attribution. than you are normal. i give yo..you the
hormons you need.
ihr wisst doch alle die indianer stammen von den
russen ab. oder kennt ihr vera russwurm nicht?
...gloria hat den archequanten mitentwickelt...
alfred busenbauer,... usola stenzl( pseudonüm)ursula
stengel
sc ottenring, fc ottakring- ottagringo.-civilisation heals
the nation.
save the planet. kill yourself...
Buch 08 -
China,
Seite 57–64
57
Buch VIII – China
ST/A/R Nr. 10/2006
Der Zeit - und Licht Künstler Hofstetter Kurt mit seiner
Miniatur “nature is cool” die er aus seinen Entdeckungen zur
einfachsten Konstruktion des Goldenen Schnittes entwickelte.
siehe wissenschaftliche Publikationen in Forum Geometricorum
ISSN 1534-1178 und ST/A/R 05/Buch 14 Anleitung zur
Konstruktion des Archiquant nach Hofstetter Kurt.
nature is cool Hofstetter Kurt
Unser Cafe Kafka, Juli 2006 Foto © Heidulf Gerngross
Buch 09 -
AUTOST/A/R,
Seite 65–72
65
Buch IX – Auto S/T/A/R
ST/A/R Nr. 10/2006
FERTIGT FÜR SEINE FRAU VIKTORIYA SITOCHINA EINE KRONE,
ST/A/R Nr. 09/2006
REdIGIERT, SCHREIbT UNd FOTOGRAFIERT
autost/a/r
dAVId STARETz
MaZDa DEsIGNWorKsHoP
VoLKsWaGEN CraFtEr
FIat GraNDE PuNto
LaNDroVEr BJ. 74
st/a/r-GaME FÜr arCHItEKtEN uND sCHrEIBtIsCH-raCEr
autost/a/r
Buch 10 -
Werkstatt Wien,
Seite 73–80
73
Buch X – Werkstatt Wien
ST/A/R Nr. 10/2006
Sozialer Wohnbau Sturzgasse Johnstrasse 75 Wohnungen, ein Supermarkt,
Grün- und Spielflächen im Hof In den Obergeschossen freie Sicht zur Gloriette
alle Wohnungen haben schon Mieter und Käufer gefunden
ST/A/R gratuliert allen Beteiligten ...
Erstes Archiquantfenster im Sozialen Wohnbau
Buch 11 -
EP positons,
Seite 81–88
81
Buch XI – EP positions
ST/A/R Nr. 10/2006
Zlatan Vukosavljevic
Fortsetzung Seite 88
Z latan selected by Elisabeth Penker
Buch 12 -
Economyclass,
Seite 89–96
89
Buch XII – Economy Class
ST/A/R Nr. 10/2006
economy class
I m April dieses Jahres ging die partizipative Kunstschau ECONOMY
CLASS mit 100 Positionen zeitgenössischer Kunst auf eine ad-hoc
organisierte Reise nach Nairobi. Im Handgepäck und sozusagen
im last minute – Angebot verschifften Barbara Husar, Michael
Lampert, Alexander Nikolic und Lukas Pusch Kunst und
KünstlerInnen nach Afrika, um österreichische
Positionen des Kunstbetriebs in der Ferne zu
inszenieren. In gleicher Weise wie die
ECONOMY CLASS bestimmt war durch die
Begrenzung von Mitteln, Vorlaufzeit und
Transportmöglichkeiten, so gab sie auch
den Blick frei auf die angeblich festgelegten
Mechanismen des internationalen Kunst-
und Ausstellungsaustausches. Gezeigt
wurden u. a. die Ortstafel-Dokumentation
“Artikel 7” sowie bildnerische Arbeiten von
Tanja Ostojic (25 peaces / EU-Unterhose),
Otto Zitko, Deborah Sengl, Christian
Eisenberger, Karin Frank, Siggi Hofer,
Simon Haefele und monochrom.
http://economyclass.sonance.net/
neuer Ort / neue Ausstellung STRANGE CARGO
economy class zu Gast im neuen 0>port im mq
Von 7. bis 16. September findet im neuen Transaktionsraum 0>port
die Ausstellung STRANGE CARGO statt.
Auch bei der Schau STRANGE CARGO treten Produktion, Prozess,
Kommunikation und Community in den Vordergrund und lassen zu
erwartende museale Reproduktion ebenso zurück wie die Physis
des einzelnen Kunstwerks.
Eine seltsame Ladung also, die im neu strukturierten
QUARTIER FÜR DIGITALE KULTUR aus,- ver- und umgeladen wird.
Eingechecked werden und wurden Proben österreichischer Positionen,
Konfrontationen afrikanischer Kunst, Netzkunst- und Kultur (Grischinka Teufl,
Sonance Network, ubermorgen.com, equaleyes.org, olfactory, Ella Esque,
Judith Fegerl... ) sowie Mitgebrachtes und Eingeschmuggeltes.
Eröffnet wird STRANGE CARGO mit Moh Hamdaouis Telekitchen
`what you see is what you eat´ und Barbara Husars drink `kill me quick´
am 7. September.
Vorläufigen Schlusspunkt findet STRANGE CARGO am 16. September in der
Ovalhalle gemeinsam mit dem Festival der Netzkulturen „paraflows“.
Opening
7. September 19:00, 0>port, Quartier für Digitale Kultur, MQW
Visuals weltweit erstmals vom neu entwickelten VJ-Pult (designed
von Equaleyes und Red Bull)
16. September 20:00, Finnisage Ovalhalle, MQW
Im Rahmen von Paraflows
www.0port.at
economyclass.sonance.net
www.paraflows.at
economy class
Impressum
ST/A/R Printmedium Wien
Europäische Zeitung für den direkten kulturellen Diskurs
Erscheint 4 x jährlich, Nr. 10/2006, 10. August 2006,
Erscheinungsort Wien.
In dieser Ausgabe ist ein 48-seitiges Sonderheft über Vorarlberger Architektur beigelegt.
Medieninhaber:
ST/A/R, Verein für Städteplanung/Architektur/Religion
A–1060 Wien, Capistrangasse 2/8
Herausgeber: Heidulf Gerngross, Thomas Redl, Angelo Roventa, Dieter Sperl, Herbert Wulz
Gesamtredaktion: Heidulf Gerngross, Thomas Redl
Redaktion: Heidulf Gerngross (Architektur, Kunst, Überleben), Thomas Redl (Kunst,
Architektur, Kultur, Philosophie), Angelo Roventa (Architektur), Dieter Sperl (Literatur),
Herbert Wulz (Medien, Kultur), Michaela Mair (Kultur), Jan Tabor (Architektur), Gabriele
Petricek, Rudolf Gerngross, Herbert ‚Horacio’ Oberascher (Landleben), David Staretz
(Auto), Andreas Lindermayr (Stadtleben), Elisabeth Penker (Kunst)
Auslandskorrespondenz: Angelo Roventa (Rumänien), Valie Airport (Russland), Wladimir
Jaremenko Tolstoj (Russland)
Organisation & Produktion: Michaela Mair, Thomas Redl
Artdirektion & Grafik: Michael Lampert
Grafische Mitarbeit: Mathias Hentz, Thomas Redl
Druckvorbereitung: Michael Rosenkranz
Interviewlektorat: Michaela Mair
Worldwide Foto: Andrea Baczynski, 2006
Cover Foto: Thomas Redl, 2006, Portrait Pierre Soulages
Druck: Herold Druck und Verlags AG, Wien
Vertrieb: ST/A/R, Morawa GmbH.
Aboservice: starabo@morawa.com
Bezugspreis: 3,- Euro (inkl. Mwst.)
Kontakt: office@star-wien.at
ST/A/R ist ein Gesamtkunstwerk und unterliegt dem Urheberrecht.
ST/A/R wird gefördert von: Bundeskanzleramt und Stadt Wien.
ST/A/R dankt allen BeitragslieferantInnen, MitarbeiterInnen, KünstlerInnen,
UnterstützerInnen und FreundInnen.
Impressum
Sonderausgabe VAI
04Z035665M – P.b.b. Verlagspostamt 1060 Wien • Adresse: 1060 Wien Capistrangasse 2/8 • office@star-wien.at
Sonderheft/2006
ST/A/R PRINTMEDIUM WIEN
ST/A/R
Städteplanung / Architektur / Religion
V-A-I
Foto: Ignacio Martínez, Montagesituation
Andreas F. Lindermayr Stadtphilosoph
Aus meinem Tage- und Nachtbuch
28. 5. 06 So 17 Uhr 15
jetzt wieder etwas Sonne, vorhin regnete es leicht - Aprilwetter irgendwie. 18°
Der Da Vinci Code ist auch als Film ein Mega-Seller. Das Buch verkaufte sich bereits 40 Millionen mal.
Gestern Nacht endlich sah ich den Film im für dieses Sujet artgerechten Kino-Center in der Lugner City.
Eine dümmliche, aber für Durchschnittsverbraucher recht unterhaltsam aufbereitete Unterhaltung.
Zum Thema: Jesus hat gevögelt und Maria Magdalena war seine Frau. Zu diesem eigentlich alten
Thema, das schon lange unter dem Ladentisch kolportiert wird, kommt die Gralsgeschichte, die sich
im Zusammenhang mit der vorliegenden Erzählung recht populär erhellt. Das Böse ist das Opus Dei,
vor allem jene verstiegenen Repräsentanten dieser Organisation, die in strenger asketischer Zucht
ihr Lebensideal sehen, um dadurch und mithilfe althergebrachter Rituale, wie sie seit Konstantin
festgelegt sind, ihre eigene, männlich-sadomasochistische Macht, als die Macht Gottes auf Erden zu
festigen und auszubauen. Die Aufdeckung des Gralsgeheimnisses würde ihre dunklen Machenschaften ans Licht bringen, würde
zeigen, daß Jesus - Nachfahren hat. Und so fängt das Abenteuer damit an, daß Sophie, die Enkelin jenes alten Mannes, dessen
entstellte Leiche im Louvre aufgefunden wurde, Tom Hanks, den amerikanischen Semiologen, der nach Paris gerufen wird, um an
der Aufklärung des Ritual-Mordes mitzuhelfen, vor der Verfolgung durch einen Opus-Dei-Kommissar schützt. Zuletzt, nach vielen
glücklich überstandenen Gefahren, bei dem Versuch den Da Vinci Code zu entziffern, stellt sich heraus, daß Sophie die direkte
Nachfahrin von Jesus Christus ist. Und das ist wohl der springende Punkt.
Das Buch sei wesentlich interessanter als der Film, wurde mir von mehreren Seiten versichert. Trotzdem dürfte es nicht mit dem zu
vergleichen sein, was Umberto Eco ab seinem ersten Bestseller “Der Name der Rose” geglückt ist.
Aber Dan Browns Bestseller erhebt keine derart hohen Ansprüche und dürfte schon deswegen viel leichter zu lesen sein. Leichte,
unterhaltsame Lektüre für jeden also, der es schon immer gewußt hat, daß Jesus eigentlich auch nur ein Mensch war wie du und ich.
ST/A/R Buch II – Leben
Nr. 10/2006
9
Licht, das vom Bild
zu dir kommt
Interview mit Pierre Soulages
Thomas Redl: Zu Beginn etwas aus
ihrer Biographie, Herr Soulages.
Sie haben 1948 am Salon des Réalités
Nouvelles teilgenommen und an der
Wanderausstellung Große Ausstellung
französischer abstrakter Malerei in
Deutschland ...
Pierre Soulages: Im Salon des Réalités
Nouvelles wollte ich anfangs nicht
ausstellen, weil es vor allem ein Salon
der Geometrischen Abstraktion war. Ich
habe mich aber dann trotzdem beteiligt,
weil es sehr sympathische Leute waren,
die mich darum gebeten haben. Und
bei diesem Salon hat Dr. Domnick aus
Stuttgart 7 oder 8 Maler für die Große
Ausstellung französischer abstrakter
Malerei eingeladen. Für das Plakat
der Ausstellung wurde eines meiner
Bilder ausgewählt. Von den geladenen
Künstlern war ich der Jüngste, da waren
noch Kupka, Doméla, Herbin, Hartung,
Schneider, Francis Bott - Kupka wäre
heute 140 Jahre alt. Meine Kamaraden
aus der Galerie waren Hartung und
Schneider - Schneider wäre jetzt 110
Jahre alt. Ich erinnere mich, dass
mehrere Künstler, darunter Francis Bott
zum Beispiel, zu Domnick gesagt haben:
„Du kannst doch nicht einen so jungen
Künstler nehmen.“ Ich war 27, und nach
dem Krieg war 27 nicht viel, weil dieser
uns ja einige Jahre gekostet hat.
T. R.: Wie war die Stimmung zu dieser
Zeit, welche Strömungen gab es?
P. S.: Zu dieser Zeit gab es alle
möglichen, verschiedenen Strömungen
in Paris. Es gab die figurativen Maler,
die engagierten Maler, wobei ich jene
meine, die von der kommunistischen
Partei unterstützt wurden, eben sehr
politisierte Maler. Dann gab es die
Surrealisten, die in ganz Amerika
bekannt waren, und auch die Abstrakten
Geometrischen. Man sprach nicht viel
von den Abstrakten Geometrischen,
sie waren ein bisschen im Schatten zu
diesem Zeitpunkt. Und da gab es auch
noch die Ecole de Paris. Man erfand den
Begriff ‚Ecole de Paris‘, um ausländischen
Künstlern zu ermöglichen, mit
französischen gemeinsam auszustellen,
mit französischen Malern wie Chagall,
Soutine, Modigliani, Picasso, Juan Gris,
Matisse, Fernand Léger, Bonnard. Man
wollte ja nicht ‚französische Malerei‘ oder
‚Pariser Maler‘ sagen. Und außerdem
denken die Franzosen nicht so, in
Frankreich sind die Museen prinzipiell
für jeden offen, egal ob Ausländer oder
Franzose. Nur in Amerika ist es so, dass
Museen für Inländer reserviert sind, in
Washington wie auch in New York. In
Frankreich waren sie glücklicherweise
immer offen. Also entwarf man das
Konzept der Ecole de Paris. Und mit der
Zeit entwickelten Maler wie Bazaine,
Manessier, Pignon einen Stil, der
aus einer kubistischen, fauvistischen
Tradition erwuchs. Die Maler in der
von Dr. Domnick ausgesuchten Gruppe
kamen nicht aus der Tradition der
Ecole de Paris. Wir waren anders, wir
kamen auch nicht aus der Tradition der
Also was ist ein
Kunstwerk? Es ist ein
Objekt, geschaffen von
einem Menschen, das
fähig ist zu zeigen, was
investiert wurde
Geometrischen Abstraktion, aus der Zeit
Kreis/Viereck oder Abstraktion/Kreation,
die große Bewegungen vor dem Krieg
waren. Wir waren anders und wurden
ziemlich ignoriert, zu diesem Zeitpunkt
noch nicht sichtbar, aber wir waren Teil
der Abstraktion. Und diese Ausstellung,
die durch Deutschland gewandert ist,
war wichtig für die Deutschen und auch
für uns, weil wir gezeigt haben, was
in der ganzen Periode passiert ist, die
durch den Nationalsozialismus verdeckt
worden war. Kurze Zeit nach dieser
Ausstellung war ich dann Mitglied einer
Gruppe, die ZEN49 hieß.
T. R.: Es hat ja zu Beginn der 50er Jahre
dann auch Kontakte zur Österreichischen
Avantgarde gegeben, also zu Markus
Prachensky, Arnulf Rainer, Monsignore
Otto Mauer.
P. S.: 1953, also 5 Jahre nach der
Wanderausstellung in Deutschland,
bekam ich einen Telefonanruf eines
Herrn Monsignore Otto Mauer, der
mich fragte, ob er mit 3 jungen Künstlern
mein Atelier besuchen könnte, und
das waren Rainer, Prachensky und
Hundertwasser. Ich glaube, sie sind ein
Jahr später, 1954, wiedergekommen,
wieder mit dem Bischof oder Erzbischof
von Wien oder so.
T. R.: In weiterer Folge gelangte ihre
Kunst auch nach Amerika, und sie
lernten die Künstler Kline, Motherwell,
de Kooning, Rothko kennen. Sie hatten
auch 1954 ihre erste Einzelausstellung
in Amerika.
P. S.: Ja, aber ich stellte schon 1949 in
Amerika aus, in der Galerie Betty Parson,
und die Ausstellung hieß Painted in
49. Kline war zu diesem Zeitpunkt
ein figurativer Maler, ganz und gar
nicht abstrakt. Die amerikanischen
Künstler haben alle diese Ausstellung
gesehen, an der 5 französische Maler
beteiligt waren, unter anderem Vasarely,
Hartung, Schneider. Von diesem
Augenblick an hatte ich Kontakte zu
amerikanischen Händlern, und es
folgten auch weitere Ausstellungen,
die in Amerika zirkulierten. In Paris
kannte man damals die amerikanischen
Maler nicht, erst später. Ab 1953/54
hatte ich eine Galerie in New York,
die Galerie Kootz, die sich sehr aktiv
um mich gekümmert hat. Ich habe in
dieser Galerie 12 Jahre lang ausgestellt.
1957 war ich das erste Mal in Amerika
und habe de Kooning, Motherwell und
die meisten der amerikanischen Maler
persönlich kennen gelernt, nur Pollock
nicht, der war schon tot, den konnte
ich nicht treffen. Einmal war ich sehr
erstaunt. Ich sprach mit de Kooning
und sagte zu ihm: „Du musst eine Reise
nach Paris machen.“ Und der sagte
zu mir: „Ich kann nicht. Ich bin kein
Amerikaner, ich habe keine Papiere, ich
bin staatenlos.“
T. R.: Zu Rothko hatten sie lange
Kontakt, und es entwickelte sich auch
eine Freundschaft.
P. S. Ich kann ihnen erzählen, wie ich
Rothko kennen gelernt habe, nämlich
auf einer Party, die der damalige
Konservator des Museum of Modern
Art, für mich gegeben hat. Die meisten
amerikanischen Maler waren anwesend,
und sie waren sehr erstaunt, dass ich
eher groß und kräftig bin. Franzosen
sind ja Zwerge. Wir hatten uns zuerst
nichts zu sagen, und nach 10 Minuten
oder einer viertel Stunde haben wir zu
reden begonnen, und sie haben zu mir
gesagt: „Sie könnten American Football
spielen.“ Daraufhin habe ich geantwortet:
„Nein, ich bin Rugbyspieler.“ Zu dieser
Zeit war ich auch Rugbyspieler. Auch
das verblüffte sie, weil Europa für sie
ein Ort der kultivierten, verfeinerten
Menschen war. Und sie selbst sahen
sich im Gegensatz dazu als stark und
kräftig, sie praktizierten den Kult der
Virilität. Diese Unsinnigkeiten dauerten
ungefähr eine viertel Stunde. Und dann,
Rothko, er saß in einem Sofasessel und
fing mit sonorer Stimme zu sprechen
an, und er sagte: „Ah, Europa. Europa,
das ist ein Alptraum. Ich habe eure
Museen gesehen, wo Männer mit
Nägeln in blutenden Händen gezeigt
werden. Ich habe blutende Männer
gesehen mit Dornenkronen. Ich habe
Männer gesehen mit Pfeilen überall
und Blut. Ich habe Frauen gesehen,
die abgeschnittene Köpfe auf Tabletts
tragen, und überall Blut, das fließt.
Europa, was für ein Alptraum, die
Konzentrationslager, die Gaskammern,
die Krematorien. Europa, das ist ein
Alptraum.“ Und ich, ich fühlte mich als
Europäer angegriffen. Dann hat er etwas
hinzugefügt, was mir gefallen hat: „Was
ich mag, ist das Vogelgezwitscher.“ Und
ich habe geantwortet: „Ich war noch
nicht in allen amerikanischen Museen,
aber ich habe in euren Museen, im
Metropolitan zum Beispiel, Männer mit
10 Nr. 10/2006
Buch II – Leben
ST/A/R
Nägeln in blutenden Händen gesehen.
Ich habe blutende Männer gesehen mit
Dornenkronen, die an den Wänden
hängen.“ Ich habe genau wiederholt, was
er vorher gesagt hatte, denn ich hatte im
Metropolitan die selben Eindrücke. Also,
da war dann schon ein kleines Lächeln.
Und ich habe hinzugefügt: „Aber ich
habe noch nicht die indianischen Museen
gesehen.“ Das hat dann jeder verstanden.
Danach ist Rothko aus seinem tiefen
Sessel aufgestanden, vorher hatte er ja
mit der Stimme eines Rabbiners oder
Priesters gesprochen, und hat mir die
Hand gegeben und gesagt: „Du kommst
morgen zum Lunch zu mir.“ So habe
ich Rothko kennen gelernt. Ich habe
auch die meisten der amerikanischen
Maler kennen gelernt, Motherwell zum
Beispiel hat mich in Paris in meinem
Atelier besucht. Er wollte sogar, dass
ich mit ihm in sein Atlelier, das er in
St. Jean de Luz gemietet hatte, zum
Malen komme. Ich bin jedoch nicht
hingegangen. Also, das waren meine
Verbindungen zu den amerikanischen
Malern, sympathische und gute. Die
amerikanische Kritik war gegen Europa
gerichtet: Alles was europäisch war,
wurde als negativ angesehen.
T. R.: Es gibt Begriffe, die im
Zusammenhang mit ihrer Malerei
auftauchen, mit denen man sie
einzuteilen versuchte: beispielsweise
‚abstrakter Expressionismus‘, ‚informelle
Malerei’ oder ‚gestische Malerei‘ ...
P. S.: All das sind Etiketten, und Etiketten
sind dazu da, zerrissen zu werden. Ich
wollte nie Expressionist sein. Ich habe
1948 in dem Katalog zu der Domnick-
Ausstellung etwas geschrieben, und es
gibt dazu eine These einer deutschen
Kunsthistorikerin - Marie Amélie
Kaufmann, die hat geheiratet und heißt
jetzt Marie Amélie Kaufmann zu Salm-
Salm - über die Beziehungen, die es
zwischen Frankreich und Deutschland
gleich nach dem Krieg gegeben hat.
Und da zitiert sie zum Expressionismus,
was sie in den Archiven von Domnick
gefunden hat, einen Brief, den ich
Domnick geschickt habe, und wo ich
schreibe: „Das Wesen meiner Malerei
ist die Relation zwischen dem Gesamten
und den Farben,“ - das ist nicht neu, das
haben viele bereits vorher gesagt, aber ich
habe hinzugefügt: - „woraus sich der Sinn
bildet und auflöst, den man ihm
verleiht.“ Und das ist überhaupt
nicht expressionistisch, weil
es das expressionistische
Projekt der Kommunikation
ausschließt. Und ich sagte auch,
dass die Realität eines Werkes
durch eine dreifache Beziehung
besteht: zwischen dem Werk
selbst, den Zeichen des
Schaffenden und dem, der es
betrachtet. Der, der es anschaut,
ist nicht immer der selbe. Und
natürlich verändert sich das
auch über die Jahrhunderte.
Außerdem ist das die einzige
Erklärung, warum man zum
Beispiel mesopotamische Kunst
liebt. Diese Ideen sind mir
gekommen, als ich im Louvre
war. Ich mochte den Rücken
einer mesopotamischen Figur
aus schwarzem Basalt. Das hat
mich tief berührt. Ich sagte
mir: „Ich habe nicht die gleiche
Religion wie dieser Mensch,
der diese Skulptur geschaffen
hat, ich weiß nicht, warum er
diese Skulptur gemacht hat; vielleicht
war es, um einem Gott oder König zu
würdigen, den ich nicht kenne. Er lebte
in anderen sozialen Strukturen als ich.
Also was ist jetzt ein Kunstwerk? Es
ist ein Objekt, geschaffen von einem
Menschen, das fähig ist zu zeigen, was
investiert wurde.“
T. R.: Nun gibt es bei diesen 3 Elementen
auch den Faktor Zeit. Und es gibt den
Begriff, den sie formulierten: ‚in der
Materie gefangene Zeit‘. Also spielt
Zeit eine wesentliche Rolle in Bezug
auf das Werk, den Schaffenden und den
Rezipienten, wie zum Beispiel auch im
Gesamtwerk von Rothko und Newman.
P. S.: Um sich nicht in der Philosophie
zu verlieren, ist man besser konkret. Am
besten gehen wir von einem aktuellen
Schwarz ist die Farbe
vor dem Licht, es ist
das, was vor dem
Licht kommt. Es ist
eine Ursprungsfarbe,
kommt vor den Farben.
Ich glaube, Schwarz ist
eine Farbe, die uns sehr
tief berührt.
Werk aus. Mein Werk mit Schwarz
zum Beispiel: da ist nicht das Schwarz
wichtig, sondern die Reflektion des
Lichtes auf dem Schwarz, und das Licht
verändert sich durch das Schwarz. Und
wenn man so ein Bild anschaut, dann
sieht man, dass man nicht das Schwarz
sieht, man sieht das Licht des Bildes
auf sich zukommen, und der Raum des
Bildes entsteht vor dem Bild neu. Der
Peinture 81 x 65 cm, 1949 Öl auf Leinwand 81 x 65 cm
Fotonachweis: Photoatelier Laut, Wien © VBK, Wien, 2006
Sammlung Essl, Inv. Nr. 2813
Platz des Bildes an sich ist an der Wand,
in der Wand, aber nicht davor. Und du,
wenn du schaust, dann bist du im Raum
des Bildes. Das ist eine neue Weise,
Malerei zu verstehen. Und jetzt fangen
die Leute an, das zu verstehen; aber ich
mache das schon lange, ich habe damit
1979 begonnen. Und wenn man den
Ort der Betrachtung wechselt, kann man
dieses Bild neu sehen, und was man
dann sieht, ist in dieser Form, in diesem
Moment wieder die exakte Realität. Die
Relation zur Zeit besonders bei dieser
Art von Bildern ist wichtig.
In der aktuellen Ausstellung, die bei der
Sammlung Essl zu sehen ist, sind viele
Sachen vermischt, eine Essl-Kollektion.
Der wichtigste Teil der Ausstellung
ist die Essl-Sammlung meiner Bilder.
Im Gesamten aber habe ich über 1400
Bilder gemalt.
T. R.: Gestern bei der Eröffnung der
Ausstellung war ich sehr beeindruckt
vom größten Bild, eine Monochromie in
Schwarz. Es hat für mich eine sehr starke
Körperlichkeit und auch ein Gewicht
und eine Räumlichkeit. Und der zweite
Aspekt - die Distanz: wenn man näher
ist oder weiter weg, das Bild ermöglicht
jedes Mal eine andere Wahrnehmung.
P. S.: Ich höre das gerne. Von weitem
sieht es aus wie ein schwarzes Viereck.
Wenn man näher kommt, fängt man
an, Formen und Licht zu sehen, Licht,
das vom Bild zu dir kommt. Das ist der
Moment, den ich mag, weil in diesem
Augenblick ist der Raum des Bildes vor
dem Bild, und was du siehst ist Licht,
das vom Bild zu dir kommt.
T. R.: Ich habe empfunden, auch von
weiter weg, von 20 oder 30 Meter
Entfernung, dass die schwarze Fläche
lebt.
P. S.: Das ist sehr gut. Das schmeichelt.
Es gefällt mir, das zu hören.
T. R.: Zu dieser Art von Malerei ist ja ein
neuer Begriff entstanden: ‚Outrenoir‘.
P. S.: Ja, ich habe diesen Begriff
entwickelt. Also wir sagen zum Beispiel
manchmal ‚jenseits des Rheines/outre-
Rhin‘ oder ‚outre-Manche/jenseits
des Ärmelkanals‘, um über England
zu sprechen. Und wenn ich
schreibe ‚outrenoir‘, dann
ist gemeint, was sie vorher
beschrieben haben. Wenn wir
sagen ‚Ultraschwarz‘, meinen
wir schwärzer als schwarz,
‚outre‘ meint etwas anderes.
T. R.: Jetzt spielt ja nicht nur
die Reflektion des Lichtes
eine Rolle, sondern auch
ein mögliches geheimes,
verborgenes Licht.
P. S.: Es ist das Licht, das
mich interessiert. Ich bin noch
immer auf diesem Weg. Und
das Schwarz war für mich
schon immer wichtig, sogar als
ich noch Kind war, malte ich
schwarz. Ich tauchte meinen
Pinsel in das Tintenfass, um
Bilder zu malen. Man gab mir
Farben, ich bevorzugte aber
Schwarz. Und ich glaube, dass
das Schwarz eine sehr wichtige
Farbe ist. Bevor wir geboren
werden, bevor wir das Licht erblicken,
sind wir im alle im Schwarzen. Schwarz
ist die Farbe vor dem Licht, es ist das,
was vor dem Licht kommt. Vor dem Licht
war die Erde im Dunkeln. Es ist eine
Ursprungsfarbe, kommt vor den Farben.
Wenn man die ersten Zeichnungen
der Menschen betrachtet, das ist 320
Jahrhunderte her, das Christentum
und ebenso die monotheistischen
Religionen sind vielleicht 20 oder 26
Jahrhunderte alt. Die Bilder, von denen
ich spreche, sind 320 Jahrhunderte alt.
Die Menschen sind für Jahrhunderte
immer wieder zu den dunkelsten Orten
der Erde hinuntergegangen, in tiefe,
dunkle Höhlen. Und womit haben sie
dort gemalt? Mit Schwarz, nicht mit
Weiß, obwohl Weiß überall zu finden
ist. Man muss nur einen Stein nehmen,
und es geht schon. Ich glaube, Schwarz
ist eine Farbe, die uns sehr tief berührt.
T. R.: Es ist ja auch der Nachthimmel
schwarz, und wenn man die Erde
verlässt, ist der Kosmos, der universelle
Raum, schwarz.
P. S.: Ja, und die Welt endet im
Schwarzen, die schwarzen Löcher sind
das Ende unseres Sterns. Das ist das,
was ich im Kopf habe. Bevor wir geboren
werden, sind wir im Schwarzen; man
sagt ja oft statt ‚Er ist am soundsovielten
geboren‘,‚Er erblickte das Licht der
Welt am soundsovielten‘. Und dass die
Menschen an diese dunklen, schwarzen,
tiefen Orte der Erde gegangen sind, um
mit Schwarz zu malen, darüber sollte
man nachdenken.
T. R.: Schwarz steht ja auch für das
Unbewusste, im freudschen Sinne die
‚Black Box’, für die unergründlichen
Dinge in der menschlichen Seele.
P. S.: Bestimmt.
T. R.: Für unser Bewusstsein brauchen
wir Licht, auch um das Schwarz in
unserer dualen Welt wahrzunehmen.
P. S.: Wenn das Licht aber vom Schwarz
selber kommt, dann ist das auch sehr
interessant. Wie sie vorher gesagt
haben.
T. R.: Belegt man das Licht mit dem Weiß
und die feste Materie mit dem Schwarz,
dann sind das die Pole, zwischen denen
wir leben und hinein geboren werden.
P. S.: Aber das Licht aus dem Schwarz
ist nicht irgend ein Licht.
T. R.: Das ist ein wundervolles
Interview.
P. S.: Was sie über ihre Erfahrung mit
meinem großen, schwarzen Bild bei der
Sammlung Essl gesagt haben, hat mich
sehr gefreut. Das war ein guter Moment
für mich.
T. R.: Ich wünsche ihnen eine gute
Ausstellung und noch viel Gesundheit
und Glück für die Zukunft, für sie und
ihre Frau.
P. S.: Danke.
ST/A/R
Buch II – Leben
Nr. 10/2006 11
Biographie
Pierre Soulages wurde am 24. 12. 1919
in Rodez, Südfrankreich, geboren.
Im Jahre 1939 wird er an der Ecole
Nationale Supérieure des Beaux-Arts
aufgenommen. 1942 heiratet er Colette
und zieht 1946 mit ihr nach Courbevoie
bei Paris. 1948 nimmt er am Salon
des Réalités Nouvelles und an der
Wanderausstellung Große Ausstellung
französischer abstrakter Malerei in
Deutschland teil. 1953 besuchen ihn
österreichische Maler wie Arnulf Rainer
und Markus Prachensky, begleitet von
Monsignore Otto Mauer. 1954 findet
die erste Einzelausstellung in den USA
bei Samuel Kootz statt. 1960-61 wird
in der Kestnergesellschaft (Hannover),
im Museum Folkwang (Essen), im
Gemeentemuseum Den Haag und im
Kunsthaus Zürich eine erste retrospektive
Wanderausstellung gezeigt. 1967 findet
die erste Retrospektive in Frankreich
statt, im Pariser Musée National
d’Art Moderne. Es folgen zahlreiche
Ausstellungen in den führenden Museen
der Welt. Anfang 2007 wird im neu
renovierten Musée Fabre in Montpellier
eine Dauerausstellung von Soulages’
Hauptwerken eröffnet.
In Österreich wurden seine Werke
bereits in 4 Einzelausstellungen
gezeigt: 1962 Radierungen in der
Galerie im Griechenbeisl, Wien.;
1978 Arbeiten auf Papier in der
Galerie Ulysses, Wien; 1980 die
selbe Ausstellung im Salzburger
Künstlerhaus; und 1991 Soulages,
neue Werke im Museum
Moderner Kunst Stiftung Ludwig
Wien. Soulages hat auch an
etlichen Gruppenausstellungen in
Österreich teilgenommen. 2006
bekommt er das Österreichische
Ehrenzeichen für Wissenschaft
und Kunst verliehen.
Fotos: Thomas Redl
Derzeit sind Soulages’ Arbeiten bis 03. 09. 2006 bei der Einzelausstellung
Painting the Light in der Sammlung Essl zu sehen.
Peinture 223 x 223 cm, 20 mai 2000, Öl auf Leinwand 223 x 223 cm ,
Fotonachweis: Archiv des Künstlers © VBK, Wien, 2006 Sammlung Essl, Inv. Nr. 4810
ST/A/R Buch II – Leben Nr. 10/2006 13
Andrea Baczynski – Time of the East, Shanghai, 2006
14 Nr. 10/2006
Buch II – Leben
ST/A/R
Thomas Strobl – Malerei
Die ganze Idiotie dessen
– sich zu formulieren –
die ganze geistige Konstellation
zu verarbeiten
(irgendwie), wäre ja
ohne die Reflexion nicht
möglich.
Und wenn sich alles so
einfach durch sich selbst
teilen lassen würde, wäre
ich ja schon fertig mit
diesem Auftrag oder dieser
Aufgabe, mir so lange
den Kopf zu zerbrechen
bis etwas zerbricht ohne
wirklich zu zerbrechen
daran.
Thomas Strobl 2006
Schwester Maria # 1, Öl auf Leinwand, 100 x 100 cm, 2005
Den Blick der anderen sich aus den Augen malen
Man könnte versuchen, verschiedene Arten gegenständlicher Malerei danach zu unterscheiden,
welche Absicht sie mit ihrem Gegenstand verfolgen. Es gibt Malerei, die sensibel reagieren will
auf den Gegenstand, die beschreibend einer gesehenen Wirklichkeit gerecht werden möchte.
Andererseits gibt es Malerei, die agieren will, die etwas kreieren möchte, herbeischaffen, vielleicht
sogar möglichst schnell. Ferner gibt es beispielsweise Malerei, die den Gegenstand behandelt,
um die Grenzen der Malerei zu erforschen, oder um zu spielen etc.
Es gibt aber auch eine Art von Malerei, deren Hauptabsicht darin besteht, einen bestimmten
Gegenstand zu bewältigen: ihn in eine Form zu bringen, um ihn zu überwinden, mit ihm
fertigzuwerden (so, wie man versucht, mit einem Schock fertigzuwerden oder mit einem
schmerzlichen Erlebnis): eine Anstrengung der Gegenwehr, Geste der Renitenz, des Ankämpfens,
getragen von der Sehnsucht des Schlußmachens.
Auszug aus dem Katalogtext “Werkschau” Herbert Lachmayer/ Robert Pfaller 1995
Thomas Strobl: geboren 1967 in Linz; studierte
Malerei an der Hochschule für künstlerische und
industrielle Gestaltung Linz; seit 1996 als Freischaffender
Maler und Grafiker tätig; lebt seit
2004 in Wien;
zahlreiche Ausstellungen, Ausstellungsbeteiligungen,
Filmvorführungen, Performances;
Mitglied bei Sixpackfilm Wien.
www.8ung.at/strobl
Atelier: 1170 Wien, Sautergasse 3
Blur, Öl auf Alumium, 50 x 50 cm, 2005
Portraitreihe “Selbstportrait”, Fotografie, 1973 - 2005
ST/A/R
Buch II – Leben
Nr. 10/2006 15
Ein archaisch-architektonisches Meisterwerk
Die Seebühne vom Bildhauer Hans Kupelwieser in Lunz am See,
ausgezeichnet mit dem Österreichischen Baupreis 2005
Kupelwieser
Visualisierung: Günther Dreger
Bei Kupelwiesers Meisterwerk „Seebühne“ wird
der ganze See Resonanzraum für den Ton, für den
auftretenden Künstler, und die Landschaft rund um den
See wird die malerische Kulisse, die sich unmerklich im
Laufe der Dämmerung ändert und damit seine eigene
Dramaturgie zeichnet. Die Verbindung von Kultur und
Natur ist in diesem Fall in einer genialen Weise gelungen.
„Eingetaucht im See, in der Spiegelung des Berges,
breitet sich jeder Ton aus wie eine unsichtbare Welle am
Wasserhorizont und findet dort seinen Raum, wie er ihn
auch in uns sucht, und findet er ihn dort, so gehen der
Innen- und Außenraum in Vibration zueinander, und es
verschwinden die Grenzen – jene Distanz zwischen Akteur
und Zuhörer, Mensch und Natur, und es spielt kein Rolle
mehr, wo und was man ist, diesseits oder jenseits, feste
Materie oder Äther, denn letztlich ist alles eins.“
Daten zur Seebühne:
Wettbewerb: September 2002, ausgeschrieben von
Kulturabteilung NÖ, kunst im öffentlichen raum
Thomas Redl
Planungsbeginn: Dezember 2002; Fertigstellung: Juni 2004
Künstlerisch skulpturales Konzept: Hans Kupelwieser, Wien,
Lunz; Mitarbeit Günther Dreger
Tragwerksplanung, Statik: Peter Resch, Werkraum Wien
Architektonische Umsetzung: Monika Trimmel, Werkraum Wien
Bauherr: Gemeinde Lunz
Jan Tabor über das Werk:
Hans Kupelwieser, der aus Lunz am See stammt und mit
diesem Ort eng verbunden ist, ist ein Bildhauer, der wie
ein Architekt denkt. Die wirklich guten Bildhauer denken
heutzutage so. So, wie gute Architekten heutzutage wie
Bildhauer denken. Von Kupelwieser ist die Seebühne und ihre
futuristische Ästhetik und ihre praktische Doppelbedeutung:
wenn nicht gespielt wird, kann gebadet werden: klassisches
freies Gewässerbaden mit sitzen, liegen, wasserspringen,
schwimmen – Seebühnebad.
Kupelwiesers Doppelmeisterwerk, dem die hochästhetische
Bau- und Kunstwerksidee zugrunde liegt, wurde vom
„Werkraum Wien“, einer Gruppe von Statikern und
Konstrukteuren, die wie Künstler denken, in die konstruktive
und funktionelle Wirklichkeit kongenial umgesetzt. Die
Form und die Ästhetik: weniger Hightech, mehr Apparat.
Artefactum sollte man es vielleicht nennen – wegen der
Archaik der Stiege im Hang, Typus Amphitheater und des
Floßes, Typus Ponton. Pontonus wie Nautillus: versenkbar im
Seewasser, wenn der Herbst kommt und die Badegäste gehen,
und auftauchbar, wenn der Frühling zurückkehrt und mit ihm
das Festival – Wellenklänge – und seine Musiker.
Vor der Vorstellung wird eine kleine Wasserpumpe
eingeschaltet, sie pumpt das Seewasser in eine große Wanne,
und diese hebt das Flugdach, das bis dahin so über die Stiege
gelegt war als wäre es kein Dach, sondern die Haut der
Stiege, in die luftige Höhe. Dann sitzen sie alle, Musiker und
Musikliebhaber, im Trockenen und erwarten das Konzert.
Alljährlich findet im Sommer auf der Seebühne das Festival
Wellenklänge statt. Intendantin: Suzie Heger
www.wellenklaenge.at
www.derbaupreis.at
Hans Kupelwieser auf der Seebühne
Endlich in Lunz am See!
Neben der Seebühne bietet Lunz am See jenen
Charme, den die Tourismusvermittler immer mit
„sanften Tourismus“ kommunizieren möchten
– keine Bausünden und geringe Bebauung generell,
traumhafte Wasserqualität des Sees, eine weitgehend
unberührte Natur und unweit im Ötscherland Wanderund
Bergsteigmöglichkeiten. Sommerfrische war, bevor
Tourismus ins Allgemeinbewusstsein schlüpfte, einmal
ein schönes Wort und mit einer Qualität verbunden
die heute rar ist. Lunz am See bietet diese Qualität
noch. Der Bootsverleih am See ist ein lebendiges
Beispiel dafür, um 2 Euro pro Stunde kann man ein
buntes Holzruderboot aus den 70er Jahren mieten und
mit der Seele baumelnd über das Tiefgrün
des Sees gleiten.
Sympathische Übernachtungsmöglichkeiten gibt es
mehrere: Privatpensionen und Urlaub am Bauernhof.
Sonntagsvormittag waren wir frühstücken am
Bauernhof „Glockriegl“ bei Peter und Herta
Grasberger: auf der Hausbank im Grünen bekamen
wir frisch geernteten Pfefferminztee, selbstgemachtes
Joghurt, weiche Eier, Bauernspeck, Bauernbrot und
wunderbaren Schafkäse – welch ein Glück. Die Familie
Grasberger vermietet auch Zimmer, bis jetzt war das
Haus immer voll, vielleicht haben wir beim nächsten
Mal Glück.
„Glockriegl“, Peter & Herta Grasberger,
Weissenbach 7, A-3293 Lunz am See
weitere Informationen unter www.lunz.at
Fotos: Heinz Kupelwieser
16 Nr. 10/2006
Buch II – Leben
ST/A/R
Nicht in Mörbisch, nicht in Salzburg sondern in Unter-Oberndorf im Wienerwald trafen sich
15 Künstler im Rahmen des “72 Stunden Joanelli Festes” - organisiert von Thomas Krösbacher
(Joanelli, 1060 Wien) - um die von ihnen in der Landschaft verteilten Kunstwerke gebührend zu
feiern. Die Veranstaltung fiel vor allem durch eine in sich ruhende Selbstgenügsamkeit angenehm
auf. Die Gäste, vorwiegend aus der “inneren Szene Wien”, assimilierten sich mit der Landschaft,
den Arbeiten und den Leuten vor Ort - angestrengtes Quotendenken wurde in der Hitze des
Sommers in Wien zurückgelassen. Freiwillige Feuerwehr und ortsansässige Gastronomie (Gasthaus
Familie Spanseiler) rundete das Bild zu einer seltenen Idylle ab.
Teilnehmer: Georg “Gogo” Bernhard / Thomas Draschan / Sofia Goscinski / Harald Grünauer
/ Mona Hahn / Philipp Haselwanter / Martin Kitzler / Wolfgang Obermair / Georgi Piralishvili /
Thomas Redl & Martin Vlk / Karin Sulimma / Stefan Waibel / Mounty R. P. Zentara / Christian Zillner.
Organisiert und kuratiert wurde das bis 15. August laufende Projekt von der Gallery AREA 53
(Mounty R. P. Zentara, Karin Sulimma).
Auf der Westautobahn in Preßbaum abfahren und westwärts weiter bis nach Unter-Oberndorf, dort folgt
man der Beschilderung Gasthaus Spanseiler.
Weitere Informationen bei: Gallery AREA 53 (phone. +43 676 621 56 60) und
JOANELLI bar cafe (Gumpendorferstr. / Ecke Joanellig., 1060 Wien)
Künstler auf Landpartie ist eine jährliche Initiative der Galerie AREA 53.
n Riccione Sommer 1939, Thomas Redl & Martin Vlk
Fotos: © Martin Vlk 2006
Verspannung, Martin Kitzler
Salzsee, Karin Sulimma
Zeppelin, Thomas Draschan
Foto © Mounty R. P. Zentara
Ring, Harald Grünauer
Wiese mit Objekten, Blickrichtung Westen
Eisenkäfig, Mounty R. P. Zentara
Fotofachlabor Kadmon GmbH
unsere Leistungen: Dia und Colornegativentwicklung, Duplikate,
Scans und Vergrößerungen
Telefon / Fax: 01/523 51 82
e-mail:offi ce@kadmon.at
1070 Wien, Lindengasse 7
www.kadmon.at
ST/A/R Buch III – Europa
Nr. 10/2006
17
ST/A/R zu Besuch im f.e.a. – forum experimenteller architektur
+ die architektur des würfels
Vortrag, anlässlich der Vernissage des f.e.a.-Würfels
(f.e.a. = forum experimentelle architektur)
Als einfachste Form der dritten Gegenstandsdimension entsteht aus dem
zweidimensionalen Quadrat der dreidimensionale Würfel, lateinisch
Kubus.
Das Verhältnis Oberfläche zu Volumen ist umso besser, je größer der
Würfel ist.
Bei 10-facher Kantenlänge ergibt sich ein 10-fach besseres
Verhältnis.
Bei Gebäuden heisst dies, eine wesentlich bessere
Energieeffizienz.
Seine Ungerichtetheit lässt den Kubus stabil wirken, er ruht
sicher und erhaben auf dem Boden.
Aus diesem Grund wurden immer wieder
Befestigungsanlagen aber auch Grabmäler mit kubischer
Form errichtet.
Wie etwa in Buchara, Usbekistan, das Tor zur Zitadelle
und das Samaniden-Mausoleum.
Aus dem Lösboden gegraben, bestimmen Innenhöfe
eine Bauern-Siedlung in der Nähe von Tonguan in
China.
L-förmige Treppen führen entlang der Hofwände nach
unten, in die Atrium-Wohnungen.
Oben sind Äcker und Wiesen.
Vom Flugzeug aus gesehen wirken die leeren
Volumen in der ebenen Landschaft als kubische
Negativform.
Erhabenheit sugerierende Atribute passen
natürlich auch gut für Kunstbehältnisse, wie hier
im Museumsquartier das Leopold Museum oder
während der Schweizer Expo.02 der Monolith von
Jean Nouvel.
Fenster des f.e.a. im MQ
Dieser befand sich während der Landesausstellung auf dem Murtensee, 200m vom Hafen Murten entfernt.
Mit seiner idealen, rostigen Würfelform von 34m Seitenlänge, stand er für die ausserhalb der Zeit liegende Welt der
Ideen.
Vom Ufer abgesondert und rostig, zeugte er gleichzeitig von der Vergänglichkeit und dem Zerfall der materiellen Welt.
In seinem Inneren wurden drei Panoramen kombiniert:
Hier wurde mit dem bewegten, computergesteuerten Rundbild der Gegenwart, dem historischen Schlachtenbild und dem
inszenierten Rundblick auf die Stadt Geschichte und Fiktion, Zeit und Wahrnehmung in Frage gestellt.
[Martin Tschanz,
Neue Zürcher Zeitung, 13.05.2002
Der Kubus war auch ein wesentlicher Teil der Formensprache von Louis Kahn.
Die freistehende Bibliothek von Exeter in New Hampshire
wirkt durch ihre gewollte Elementarhaftigkeit, die eine zeitlose Gültigkeit verkörpert.
Der Ziegel-Kubus, von einem gleichmäßigen Fensterraster durchbrochen, betont die Massivität des Bauwerkes.
Die zentrale Halle wird von den mit eingeschriebenen Kreisöffnungen durchbrochenen Beton-Seitenflächen eines Würfels
gebildet.
Durch diese riesigen Kreisöffnungen fällt der Blick auf die Holzbrüstungen der Geschoße.
Das Bauwerk kommt in seiner Erscheinung als Volumen zur Geltung.
Zwei leicht zueinander gedrehte Holzkuben, auf unverrückbar im Hang verankerten Sockeln aus Bruchstein, bilden Kahns Haus für
die Familie Norman Fisher, in Hatboro, Pennsylvania.
Sicherheit gebend und keinem Stil verpflichtet, stehen sie als Artefakt der Landschaft gegenüber, zu der über große Eckfenster
der Bezug hergestellt wird.
In Rotterdam schaffte Piet Bloom mit seinen auf die Spitzen gestellten, als Pfahlbauten errichteten
Wohnwürfeln eine Touristenattraktion.
Diese Art den Würfeltypus zu verwenden fand jedoch keine Nachahmer.
Sol LeWitt
gestaltete Kunstwerke durch die mehrmalige Verwendung gleicher Einheiten mit standardisierten Dimensionen in absoluter
Symmetrie. Als Pionier der konzeptionellen Kunst, fertigte er würfelförmige Leerräume, die durch schlanke Aluminiumkonturen
definiert werden.
Ein würfelförmige Leerraum
ist auch der den Innenraum erweiternde f.e.a.-Würfel:
eine filigrane, kubische Konstruktion, flexibel mit wechselnder Erscheinungsform und spannenden Schattenwurf
soll durch wechselnde Bespielung von Künstlerinnen und Künstlern, Architektinnen und Architekten, mit Bedeutung gefüllt werden.
Nicole Sabella : Das Rohe und das Schöne
18 Nr. 10/2006
Buch III – Europa
ST/A/R
ATLANTEN
Meisterwerk des Slowakischen Künstlers Jan Fekete
ST/A/R
Buch III – Europa
Nr. 10/2006 19
KARIATYDEN
Träger der Architektur
Karin Grausam Foto © Heidulf Gerngross
ST/A/R Buch III – Europa Nr. 10/2006 21
STAR Architekten – driendl*architects
Atlanten und Schnecken im Stift Klosterneuburg
22 Nr. 10/2006
Buch III – Europa
ST/A/R
LOD 2006 – Landscapes of desire – 16. Int.
Schloss Fertörákos, Ungarn 14. – 29. Juli 2006
Foto ©2006 Szymon Olszowski
The incredible Caro Fekete-Kaiser, initator of the wonderful
transnational LOD symposium in front of the first archiquant
house – ADAM&EVA – made in Fertörákos fertörákos
powered by IVF, Bratislava*IMFUNDISO, South Africa*NDU, St.Pölten*BKAKunst, Wien*Gemeinde Fertörákos
ST/A/R
Buch III – Europa
Nr. 10/2006 23
Kunstsymposium – KulturAXE
www.kulturaxe.com
Jan Fekete
24 Nr. 10/2006
Buch III – Europa
ST/A/R
Schnackansax
für Jan Tabor
von Gabriele Petricek
dia zwai Schnackankörpar varschmiagt zum allain
Ainzig Saum an Saum aufgabäumt Fuß in Fuß varschlaimt
dia Häusar statischa Ankarung Körpar in Varwindung
allarlangsamst innigst ain parsonifiziartar Kuß
gablähtas Harmoniaflaisch im Rausch Vulvan und Panissa
zarglaicht das Schnackanganza im Schnackanglanza
viskos langsam langsam immar waitar kain Untarlass
Gaduld ain Wonnig Langsam varzwait zuzwait im Vargass
das Schlaims im Zärtlich das Fühlartanzas so innig
varlaibt übarwölbt gaschaukalt gatriaban varschwört
so fain ain Schnirkalfast
dia zwai Schnirkalschnackan varschmust im
Glaichschmirgal Rand an Rand varfugt gänzlich Mund
in Mund varschlungan dia Molluskanandan hintanaus
gaardat Laibar varschnackt varzückt allarlangsamst
zaitgalupt ain wohltampariartas Körpargafüga gadahnta
Anmut im Glaichmaß Gliad und Vagina varwandt das
Schnirkalschnack im Schnackanschlaim klabrig langsam
langsam mahr noch kain Abrupt Hingaba ain Himmlisch
Langsam varzwaigt awig im Aifar dar Glitschatüda so haiß
varliabt übarbordat baschwingt gabohrt varzwittart so
alagant ain Schnacksalfast im Schnackantampo,
Schnirkelschneckenpaar in Velika Polana, Slowenien
von 10.06.2006 16:45:08 – 11.06.2006 12:23:25
johannka
ST/A/R Nr. 10/2006
Buch IV – Kunst
25
Normalität ist der Ausgangspunkt
Art / Brut Center in Gugging eröffnet
Normalität
Interview mit Johannes Feilacher,
dem Leiter des Museums Gugging
ST/A/R: Seit den 70er Jahren hat sich
unter der Leitung von Dr. Navratil
hier in Gugging ein Künstlerzentrum
entwickelt, das Sie übernommen und
weitergeführt haben. Wie war die
Entwicklung seit dem Beginn und auch
während der letzten fünfzehn Jahre?
Johannes Feilacher: Navratil hat in
den 60er Jahren über Testzeichnungen
zufällig Talente entdeckt, die er Jean
Dubuffet vorgestellt hat, der die
Werke zur Art Brut gezählt und damit
gleichzeitig anerkannt hat. Navratil hat
dann in Richtung Kunst weitergearbeitet,
wobei er stets Psychiatrie und Kunst
verbunden hat. 1965 hat er ein erstes
Buch herausgegeben, das vorwiegend
auf zeitgenössische Künstler gewirkt
hat (Arnulf Rainer, Franz Ringel,
Peter Pongratz, ...), nicht jedoch auf
die Psychiater. 1970 fand die erste
Ausstellung in Wien statt. Danach gab
es einzelne, verstreute Ausstellungen
und ab dem Jahr 1979 auch Tourneen.
Es folgte die erste Präsentation im
Museum des 20. Jahrhunderts.
Schließlich kam es 1971 zur Gründung
des damals so genannten Zentrums
für Kunstpsychotherapie. Navratil
hatte einen alten, kleinen Pavillon
umwidmen können und hat dort jene
Leute angesiedelt, die sich schon vorher
als Talente bewiesen haben und noch
einige andere dazu. Dieser kleine
Pavillon wurde im Jahre 1981 eröffnet.
1983 hat mich Navratil hierher geholt,
weil er einen Nachfolger gesucht hat.
Drei Jahre später ist er in Pension
gegangen. Das erste, was ich getan habe,
war, das Zentrum umzubenennen, in
Haus der Künstler. Mich interessierte
immer das Talent des Einzelnen
und nicht seine private oder sonstige
Krankengeschichte. Wenn jemand eine
Behinderung oder Erkrankung hat,
ist das etwas Privates und hat in der
Öffentlichkeit nichts zu suchen. Das
Haus der Künstler ist eine Institution,
die einzelne Künstler fördert, die
das selber nicht können, einzelne
Talente, die aufgrund irgendwelcher
Schwierigkeiten nicht fähig sind, ihre
eigene Arbeit zu vermarkten oder sie
herzuzeigen. Ich bin im Prinzip
immer ein Helfer der Künstler
gewesen und habe im Laufe der
Zeit verschiedene Institutionen
gegründet. Eine der wesentlichen
war ein Förderverein, um auch
Leute anstellen zu können. Das
zweite war, dass ich einen privaten
Vertrag ausgearbeitet habe, in dem
die Künstler zu Besitzern einer
Kommanditerwerbsgesellschaft werden
konnten. Ich wollte eine Galerie gründen
im Sinne einer Produzentengalerie, wo
die Künstler selber die Besitzer sind.
Das war damals einmalig und ist es
auch heute noch, dass eine Gesellschaft
im Besitz von voll besachwalteten
Personen ist, die alle nur durch ihre
Rechtsanwälte vertreten sind. Das allein
hat drei Jahre gedauert, bis alles hiebund
stichfest war. Der nächste Schritt
war die Befreiung aus der Psychiatrie,
das Haus war ja noch ein Pavillon der
Klinik. Im Jahre 2000 wurde es völlig
unabhängig.
ST/A/R: Mit der Eröffnung des
Museums ist ein bestimmter Höhepunkt
erreicht, und ein einmaliges
europäisches Zentrum für Art Brut
entstanden.
J. F.: Europäisch ist richtig. Es gibt zwar
eine klassische museale Sammlung, die
Collection de l’art brut in Lausanne/
Ch, die kleine Ausstellungen zeigt,
nicht sehr viel Platz hat und sehr
monoklonal arbeitet, das heißt, primär
klare klassische Art Brut zeigt und
sonst nichts. Dann gibt es einige
Museen zeitgenössischer Art, die auch
kleine Departments dabei haben, wie
in Dublin oder in Lille, dann gibt es ein
Visionary Art Museum in Baltimore,
das war’s. Aber dieses Museum wird das
erste für Art Brut sein, das aber nicht
nur für Art Brut da sein soll, sondern
es soll den Weg, den wir seit 20 Jahren
verfolgen, nämlich die Art Brut mit
Mainstream Art zu mischen und zu
zeigen, dass Art Brut eine Richtung
der Kunst ist, wie viele andere auch,
dass sie weder besser noch schlechter
ist, aber mindestens gleich gut. Das
können wir hier in diesem Haus
zeigen. Natürlich ist der Schwerpunkt
Gugging, eine Hälfte von 1300 - 1400
Am 28. Juni wurde das Museum Gugging als weltweit
einzigartiges Art / Brut Center eröffnet. Das Museum ist als Ort
konzipiert, an dem sich die Art Brut mit anderen Kunstrichtungen
treffen, ergänzen und auch messen wird können, ein Treffpunkt
für Diskussion und Diskurs. Schwerpunkt bleibt dabei die
Präsentation der Werke der Gugginger Künstler. Dem Museum
steht eine Ausstellungsfläche von rund 1.300 m2 zur Verfügung.
Darüber hinaus gibt es eine Bibliothek, ein Bildarchiv, Lager- und
Arbeitsräume für Kuratoren sowie einen Multimediaraum.
Dem Museum wird noch ein Museumsshop angeschlossen sein,
ein Café-Restaurant soll 2007 in Betrieb gehen. Das Museum
ist in das Art / Brut Center Gugging integriert, zu dem noch die
Galerie der Künstler aus Gugging, das Offene Atelier Gugging,
Arbeitsräume sowie eine Veranstaltungshalle, die „Villa“, für
Symposien, Konzerte und Ähnliches zählen.
Die Eröffnungsausstellung
„Blug - vier Jahrzehnte Kunst aus Gugging“
präsentiert rund 650 Arbeiten, Zeichnungen, Malereien, Objekte
und auch Radierungen der international bekannten Art Brut
Künstler August Walla, Oswald Tschirtner und Johann Hauser,
sowie auch jener gegenwärtig im Haus der Künstler lebenden, zu
nennen sind da: Johann Fischer, Johann Garber, Franz Kernbeis,
Johann Korec, Heinrich Reisenbauer, Arnold Schmidt, Günther
Schützenhofer und Karl Vondal. Sowie jene aus den 70er Jahren,
wie Josef Bachler, Josef Blahaut, Anton Dobay, Franz Gableck,
Rudolf Horacek, Franz Kamlander, Fritz Koller, Rudolf Limberger,
Otto Prinz, Philipp Schöpke und Erich Zittra.
„Blug“, der Titel dieser ersten Ausstellung, ist einer Arbeit von
Franz Kernbeis entnommen und bedeutet „Pflug“ - Der Acker
ist bestellt!
Die Ausstellung dauert vom 30. Juni - 14. Jänner 2007.
Anschließend soll sie auf Welttournee gehen.
Zur Schau ist das Buch „Blug. Gugging - ein Ort der Kunst“ im
Brandstätter-Verlag erschienen.
Informationen
Museum Gugging - Art / Brut Center, 3400 Maria Gugging /
Klosterneuburg, Hauptstraße 2,
Ausstellung „Blug“: 30. Juni - 14. Jänner 2007.
Das Museum ist Dienstag bis Sonntag von 10.00 bis 18.00 Uhr (im
Winter bis 17.00 Uhr) geöffnet, die Galerie Dienstag bis Samstag.
Tel.: +43 (0) 664 8490695
Web: http://www.gugging.org
26 Nr. 10/2006
Buch IV – Kunst
ST/A/R
Quadratmetern Ausstellungsfläche wird
immer Gugging sein, aber nicht immer
die selben Künstler zeigen, sondern auch
verschiedene Sammlungen und Arbeiten
aus verschiedenen Zeiten. Parallel dazu
kommen z. B. Themenausstellungen,
die blindest bestückt werden können,
mit zeitgenössischer Kunst, Tribal Art
oder was auch immer. Diese Vernetzung
ist eine ganz wichtige Sache, die wir bis
jetzt in New York praktiziert haben, in
der St. Etienne oder im Palazzo Ducale
in Mailand, aber hier in einem Zentrum,
Von den Künstlern gestalteter Eingang, Haus der Künstler
wo das auch permanent stattfinden
kann, das ist weltweit einmalig.
ST/A/R: Jetzt ist dieses Zentrum auch
gleichzeitig ein Produzentenhaus, es
gibt ja das Haus der Künstler, und auch
hier im Museum wird gearbeitet. Eine
Verbindung zwischen Tätigsein und
auch Präsentation ...
J. F.: Ja, es ist vor allem ein lebendiges
Zentrum, hier wird gearbeitet, es gibt
Ateliers, eine eigene Galerie, das heißt,
hier passiert etwas. Da wird nicht nur
hergezeigt, sondert da gibt es auch
Action, hier können Verbindungen
zwischen Sammler, Betrachter und dem
Künstler entstehen.
ST/A/R: Wie kommen Sie eigentlich zu
den neueren Künstlern?
J. F.: Durch einen Findungsprozess.
Es ist genauso schwierig, einen guten
Art Brut Künstler zu finden, wie es
schwierig ist, überhaupt einen guten
Künstler zu finden. In der Art Brut gibt
es sicher nicht mehr Talente als in jeder
anderen Kunstrichtung auch. Das ist
eine Frage des Qualitätsanspruchs. Es ist
sehr schwierig, wirklich hervorragende
Talente zu finden. Das Problem besteht
vor allem darin, dass solche Begabungen
fast nie erkannt werden, sie sich selber
kaum zeigen, dass sie sich selber
nicht präsentieren, wie der normale
Mainstream Art Künstler, der auch
immer eine sehr starke narzisstische
Ader hat. Viele arbeiten einfach im
Untergrund und für sich selbst.
ST/A/R: Die Art Brut Künstler arbeiten
auch für sich selbst?
J. F.: Nicht alle. Manche brauchen
einen Anstoß. Die wissen gar nichts
von ihrem Talent. Wir bekommen zwar
viele Empfehlungen, die aber fast nie
unseren Vorstellungen entsprechen, da
sie oft von Menschen
kommen, die einer
Durchschnittsästhetik
anhängen. Am
einfachsten findet man
einen guten Art Brut
Künstler, indem man im
Mistkübel stöbert. Was
die meisten Menschen
nicht erkennen können,
weil es ihnen zu neu,
zu fremd, zu anders
ist, findet man im
Mistkübel.
ST/A/R: Und wie
kommen Sie zu den
Mistkübelzeichnungen?
J. F.: Zufällig oft.
Natürlich schaue ich auch
nach. Aber häufig sind
es viele, viele Kontakte,
die irgendwann einmal
fruchten. Allerdings
glaube ich, dass sich
noch viel mehr Leute an
uns wenden und hierher
kommen werden, wenn
es uns gelungen ist, klar zu
vermitteln, dass wir unser Know How
allen anbieten, die Begabung zeigen.
Wir haben Künstler aus Deutschland,
die hier als Artists in Residence arbeiten,
ein offenes Atelier, welches täglich 12
Leute aufsuchen, die zum Teil aus Wien
kommen, aber auch aus verschiedenen
anderen Gegenden, einige aus der
Psychiatrie. Manchmal sind Schriftsteller
anwesend, die das Flair der Stimmung
genießen und in der Gruppe schreiben.
Dieses offene Atelier ist natürlich auch
eine Screening-Methode, um Talente
zu orten. Das größte Problem jedoch
erzeugen nicht die Talente, sondern
durchwegs jene, die mit ihnen umgehen,
weil sie sie zu beeinflussen versuchen.
Das ist genau das Falscheste, was man
tun kann.
ST/A/R: Das bedeutet auch, dass die
Arbeiten zumeist falsch verstanden
werden?
J. F.: Die Rezeption geschieht großteils
unter psychologischen, psychiatrischen,
psychopathologischen oder unter
sozialen Aspekten. Das ist falsch. Seit
zwei Jahrzehnten versuche ich, Leuten
das Sehen zu ermöglichen. Sie sollen
einmal ihr Hirn ausschalten und
einfach das sehen, was gerade zu sehen
ist und nicht ihre eigenen Vorurteile
benutzen, um das Bild gelb, rot oder
braun einzufärben. Wenn man eine
Ausstellung macht und vorne drauf
schreibt Zeichnungen von Schizophrenen,
dann sehen die Leute alles, nur nicht
die Zeichnungen. Macht man jedoch
eine ganz normale Kunstausstellung,
mit Künstlern die halt niemand kennt,
wie wir das in Italien beispielsweise
praktiziert haben, werden die Arbeiten
plötzlich ganz klar als zeitgenössische
Kunst erkannt und auch als solche
rezipiert. Das Problem ist, vor allem hier
in Wien und in Österreich, das Vorurteil,
mit dem viele auf diese Bilder zugehen.
ST/A/R: Das Vorurteil des Kontextes?
J. F.: Ja, genau, und ich versuche, die
Storys auszuschalten. Wenn ich eine
Story brauche, um Bilder zu sehen, dann
bin ich blind, dann interessiert mich
Literatur oder irgendetwas anderes, aber
sicher nicht das Bild.
ST/A/R: Kommen die Künstler
ausschließlich aus dem psychiatrischen
Umfeld?
J. F.: Prinzipiell kommen Art Brut
Künstler nicht primär aus einem
psychiatrischen Umfeld, aber zu
einem großen Teil ist dies schon so
der Fall. Die meisten sind Außenseiter
in der Gesellschaft, mit ganz wenigen
Ausnahmen. Einige können sich selber
Es ist genauso schwierig
ein guter Rezipient, wie
ein guter Künstler zu
sein.
managen und sind trotzdem Art Brut,
werden auch von Dubuffet anerkannt.
Aber alle haben eines gemeinsam, sie
interessieren sich nicht für Kunst. Das
ist das ganz Wesentliche. Ihre Werke
sind nicht durch Kunst beeinflusst. Sie
sind durch das Leben beeinflusst, durch
ihre Umgebung, durch ihre sozialen
Schmelzer, Haus der Künstler
Kontakte, aber nicht durch Kunst. Das
ist auch das Wertvolle daran. Das ist
das, worum andere Künstler 20 Jahre
lang raufen. 10 Jahre versuchen sie,
die eigene Kunst aufzubauen, dann
brauchen sie die nächsten 10 Jahre, um
alles wieder abzubauen. Wenn man viel
Glück hat, ist man dann dort, wo man
vorher war.
ST/A/R: Ästhetisch gesehen gibt
es einerseits eine Verbindung zu
Kinderzeichnungen, zu deren
ursprünglicher Kraft, und auch zur
primitiven Kunst, was Bildsprache,
Darstellung, Ikonografie betrifft.
J. F.: Stimmt nicht ganz.
Kinderzeichnungen haben eine
klare Symptomatik, das heißt, ein
bestimmtes Alter bringt bestimme
Kinderzeichnungen hervor. Natürlich
gibt es auch bei den Kindern besondere
Talente, aber die sind genauso selten
wie unter Erwachsenen. Ich glaube,
dass es echte Kinderkunst gibt, diese hat
jedoch nichts damit zu tun, was man
im Kindergarten oder in der Schule zu
sehen bekommt, denn dabei handelt
es sich zumeist um altersspezifische
Symptome.
ST/A/R: Kunst wäre demnach eine
Verrückung von Mustern?
J. F.: Wenn man Zeichnungen von
psychisch Kranken hernimmt, dann
weisen diese zu 99 Prozent Symptome
auf, die einander ähneln. Wenn jemand
einen bestimmten Wahn hat, zeichnet er
ähnlich wie ein anderer, der den selben
Wahn hat. Das hat auch nichts mit Kunst
zu tun. Künstler ist der, der es schafft,
über das Symptom hinauszukommen
und eine Individualität zu erschaffen.
Kopffüßler zeichnen Kinder, zeichnen
Schizophrene, zeichnen Leute mit
Schlaganfällen, zeichnen konventionelle
Künstler. Wenn Sie sich eine Tschirtner-
Zeichnung ansehen, und es handelt sich
dabei um einen Kopffüßler, dann wissen
Sie, BUMM, das ist ein Tschirtner.
Das heißt, Sie denken nicht über den
Inhalt nach, sondern Tschirtner hat
eine Individualität geschaffen, die weit
über das Symptom Kopffüßler hinaus
geht. Dann würde ich es Kunst nennen.
Meine subjektive Vorstellung von Kunst
ist, dass ein Werk einmalig sein soll.
ST/A/R
Buch IV – Kunst
Nr. 10/2006 27
ST/A/R: Weil es eine ganz spezifische
Kraft besitzt?
J. F.: Genau darum geht es. Wenn Sie
die Theorien von Mondrian lesen, dann
müsste jeder Kunst machen können.
Man schreibt Regeln auf, wie etwas zu
handhaben ist, damit es Kunst wird,
und hält sich anschließend daran. Aber
Mondrian bricht diese von ihm selbst
aufgestellten Regeln in jedem einzelnen
Bild. Er bricht sie immer, und genau
dieser kleine Bruch, dieser Unterschied
ist es, der seine Kunst und Individualität
ausmacht. Als Künstler muss man etwas
erweitern, muss man etwas verändern,
Neues schaffen. Das ist das Wesentliche,
dieses Darüberhinausgehen.
eignet man sich eine Ästhetik in den
ersten zwanzig Lebensjahren an. Das
hängt davon ab, wie viel man sieht,
was man sieht und wie das, was man
sieht, konnotiert ist, ob beispielsweise
die Eltern oder die Lehrer etwas positiv
oder negativ anschauen, und was daraus
resultiert. Erst dann kann man als
Rezipient, wenn man Talent besitzt,
weitergehen. Es ist genauso schwierig
ein guter Rezipient, wie ein guter
Künstler zu sein.
ST/A/R: Gibt es in der Art Brut
eine erkennbare Entwicklung, einen
künstlerischen Fortschritt, wenn
man von Patterns ausgeht, die wir
wahrnehmen, und die von den Künstlern
J. F.: Worte sind Symbole und werden
direkt oder indirekt verwendet. August
Walla und Johann Fischer arbeiten
beispielsweise damit. Fischer fing
allerdings erst vor 10 Jahren an, ins Bild
zu schreiben. Die Schrift ist ja auch ein
grafisches Element und dominiert zum
Teil die Arbeit von August Walla. Das
Erzählen spielt gegenwärtig bei Karl
Vondal eine große Rolle.
ST/A/R: Es entstehen ganze
Kosmologien. Die künstlerische Arbeit
hat auch einen starken kommunikativen
Charakter, sie bringen ihre
Weltwahrnehmung auf ein Medium.
Damit haben sie einen Anschluss, der
in anderen Bereichen nicht so gegeben
ist.
ST/A/R: Es muss dafür natürlich auch
die Leute geben, die solches erkennen.
J. F.: Das ist überall so.
ST/A/R: Weil Sie vorher gemeint haben,
dass ein „herkömmlicher“ Künstler seine
Kunst 10 Jahre aufbauen, dann wiederum
die selbe 10 Jahren lang abbauen muss,
um vielleicht seine Individualität oder
etwas darüber hinaus reichendes zum
Ausdruck und zum Vorschein bringen
zu können, auch der Rezipient ...
J. F.: Der Rezipient muss die selbe
Entwicklung durchmachen. Normal
verändert oder erweitert werden?
J. F.: Jeder gute Art Brut Künstler macht
eine Entwicklung durch wie jeder
andere Künstler auch. Aber das einzige,
was die Art Brut Künstler gemeinsam
haben, ist, dass sie, stilistisch gesehen,
nichts gemeinsam haben. Alle arbeiten
völlig individuell und unabhängig
voneinander. Inhalte wiederholen sich
überall, nur die Formen sind anders.
ST/A/R: In einzelnen Arbeiten spielt
das Wort eine wichtige Rolle, damit wird
eine Verbindung von Darstellung und
Beschreibung geschaffen.
J. F.:: Im Prinzip ist jede Kunst
Kommunikation, zumindest indirekt.
ST/A/R: Es gibt auch Pläne, wie sich
das Zentrum weiter entwickeln soll, mit
einem Veranstaltungsraum.
J. F.: Für den auch bereits ein Programm
für das nächste Jahr vorbereitet wird,
mit musikalischen Veranstaltungen,
Symposien, Vorträgen und Lesungen.
Dieses Zentrum soll auch am
Wochenende besucht werden können.
Man kann hier im Wienerwald spazieren,
danach geht man ins Restaurant essen,
lässt die Kinder am Spielplatz, schaut
sich die Ausstellung an, kauft sich etwas
im Shop, geht in die Galerie, kauft
sich ein Bild, am Abend besucht man
ein Konzert und hinterher trinkt man
einen Schluck Wein. Danach geht man
befriedigt nach Hause. Das ist das Ziel,
es soll auch ein Ort des Lebens sein.
Deswegen will ich auch ein Restaurant.
Genauso gehört ein Shop dazu, in dem
es die größte Auswahl von Art Brut
Büchern weltweit geben soll.
ST/A/R: Abschließende Frage: Wenn
Bilder verkauft werden, wie viel bekommt
davon der Künstler?
J. F.: Der Künstler besitzt einmal seine
eigene Galerie. Er stellt sich selber
seine Galeristin an und hat einen
Kommissionsvertrag. Bisher hatte der
Künstler 30 Prozent von der Summe
abgegeben. Seit es diese größere Galerie
gibt, mussten wir den Prozentsatz auf
die galerieüblichen 50 Prozent anheben.
Macht die Galerie einen Gewinn, gehört
dieser natürlich wieder dem Künstler.
Er hat die selben Konditionen wie jeder
andere freischaffende Künstler.
Das Gespräch führten Thomas Redl
und Dieter Sperl
Farbfotos: Gerald Kofl er © 2006, Impressionen vom Eröffnungsabend des Museums
S/W Fotos: Thomas Redl © 2006
August Walla Zimmer,
Haus der Künstler
ST/A/R Buch IV – Kunst Nr. 10/2006 29
Padhi Frieberger, mit Huik Taylor, 1960, Selbstauslöser - Aufnahmen
Summer of Love - Psychedelische Kunst der 60er Jahre KUNSTHALLE wien bis 17. September 2006
Internationale KünstlerInnen | International Artists: Isaac Abrams, Ant Farm, Archigram, Richard Avedon, Thomas Bayrle, Cecil Beaton, Lynda Benglis, Mark Boyle/Joan Hills, Bernard Cohen, Öyvind Fahlström, Richard Hamilton, Robert Indiana, Abdul Mati Klarwein,
Yayoi Kusama, John McCracken, Verner Panton, Nam June Paik, Adrian Piper, Lucas Samaras, Peter Sedgley, Graham Stevens, USCO, Andy Warhol, James Whitney, Joshua White, Thomas Wilfred, Jud Yalkut, La Monte Young, u.a.
Österreichische KünstlerInnen | Austrian Artists: Raimund Abraham, Christian Ludwig Attersee, Heinz Frank, Padhi Frieberger, Ernst Fuchs, Coop Himmelb(l)au, Hans Hollein, Haus-Rucker-Co, Marcel Houf, Friedensreich Hundertwasser, Johann Jascha, Isolde Joham,
Max Peintner, Walter Pichler, Klaus Pinter, Arnulf Rainer, Alfons Schilling, Christian Skrein, Zünd-Up
30 Nr. 10/2006
Buch IV – Kunst
ST/A/R
„Salzburg via New York“ - ein Reisebericht von Herbert Wulz
Cool und testosteronhaltig ist die Air am Hangar 7, beeindruckend die Konstruktion, perfekt das Service.
Aber nicht Air & Kulinarik sind das Thema dieses Nachmittags, sondern Art.
Die HangART-7 Edition 4 präsentiert vom 8. Juli bis zum 25. August 2006
New York Contemporary : Art Times Squared
Am in der Hitze flimmernden Parkplatz lärmt und
riecht es nach Airport. Wo sind die Bilder von John
Lurie und die Kunst in diesem Besser-Schneller-Schöner,
ist die zentrale Frage während unserer Ankunft. Hier
versteckt? Zwischen Flugzeugen, Autos und den
anderen Objekten der wackeren Erfolgsgesellschaft?
Tatsächlich hier - sogar bei freiem Eintritt. Der
rasche Blick von außen erlaubt nicht mehr viel, das
Hormonprogramm wirkt am ganzen Gelände. Sehr
rasch spielt unser Kompass verrückt, und wir finden uns
am Rande eines Flughafens in einer Bar mit perfekten
Drinks wieder. Es ist so heiß an diesem Julitag, willig
folgen wir daher allem, was cool ist. Draußen flitzen
Yellow Cabs über den Asphalt, vermutlich laden sie die
Salzburger nach New York ein, oder was auch immer.
Sieben Künstler, sieben Kuratoren, ein Katalog, eine
Zeitung und eine Stadt. Nach sehr erfolgreichen
Ausstellungen mit Künstlern aus Österreich, China
und Spanien wird nun, es ist die Edition 4, mit New
York erstmals eine einzige Stadt ins Visier genommen.
HangART-7 legt den Fokus auf den Big Apple.
Es wird zum Abflug gerufen, die Führung beginnt,
cool schälen wir uns von der Couch und hauchen uns
in den Hangar. Autos, Flugzeuge, Autos, Helikopter
und Paneele mit Kunst. Immerhin, die Kunst hat
ihren eigenen Sektor, nicht wie in der Kreissparkasse,
aufgelockert zwischen dem Wichtigeren verteilt.
Schnell finde ich John Lurie, besser bekannt als Musiker
oder Darsteller in Filmen wie „Stranger then Paradise“
oder „Down by Law“. In Luries Arbeiten gibt es eine
ganze Menagerie von Tieren. Seltsame Bemerkungen
wie „New York is for idiots“ oder „If you marry me,
we can live here“ geben seinen Aquarellen die (von
mir) erwartete Botschaft. Sie wirken ehrlich und
empfindsam. Seine Tiere sind nicht die Geschöpfe aus
Kindertagebüchern, sondern hartgesottene Biester
mit mythischen Dimensionen. Er ist mein Bestätigungs-
NewYorker, die anderen kenne ich noch nicht. John
Lurie, geboren 1952 in Minneapolis, kuratiert von
Alanna Heiss.
Bradley Castellanos steht am Abgrund der Fotographie.
In „Bad Country“, schräg gegenüber eines F1-Boliden,
mixt er Malerei mit Fotographie. Ein Spezialist für
Innen- und Außenansicht mit toxischer Pinselführung.
Bradley Castellanos, geboren 1974 in Hartford CT,
kuratiert von Dan Cameron.
Der bekannte Kurator Jeffrey Deitch bringt Kehinde
Wiley in den Hangar. Er thematisiert mittels eines
in Europa beinahe ausgestorbenen Genres, der
Porträtmalerei. Passing/Posing fügt Afroamerikaner in
eine Tradition der Malerei ein, aus der sie in der Regel
ausgeschlossen waren. Wiley malt mit fotorealistischer
Genauigkeit. Das Resultat seiner Vorgangsweise nennt
er Anti-Porträt-Malerei. Kehinde Wiley, geboren 1977
in Los Angeles.
Viel los ist in der Welt von Dasha Shishkin. Sie
indiziert eine Vielzahl von Assoziationen. Vorder- und
Hintergrund scheinen sich zu widersprechen. Bei Tod,
Sex, Konsum und Gewalt überlässt sie es dem Betrachter
die verschiedenen Elemente in Zusammenhang zu
bringen.
Das ist mir im Moment zuviel Arbeit, vor allem wenn
die Vermutung dräut, dass ihre Welt nicht zur Gänze
zu entschlüsseln ist. Dasha Shishkin, geboren 1977 in
Moskau, kuratiert von Simone Subal.
Zachary Clement ist dynamisch und expressionistisch,
seine Bilder sind Selbstporträts. Er malt, weil er sich
gut dabei fühlt. Friede und Harmonie sind nicht
spürbar, wozu auch. Die Heftigkeit bringt einen ins
Lot und aktiviert das dritte Auge. Aufgewachsen ist er
in einer kleinen Stadt in Nebraska. „Komplett isoliert
von jeglicher kreativen Schiene“, wie ich dem Katalog
entnehme. Mir kommt das bekannt vor, alles: der
Umgang mit der Schiene und die Malerei. Ich denke
- er wahrscheinlich nicht - an Egon Schiele und Edvard
Munch. Zachary Clement, geboren 1974 in Omaha,
kuratiert von Ombretta Agro Andruff.
Die Werke von Ed Rath sind bestimmt vom Verlangen
nach einer besseren Welt. Einer Welt, in der jeder ein
erfülltes Leben führen kann. „The Everyday World“
oder „Milk and Honey“ erzählen dies mit gelebter
Erfahrung. Allerdings und hochinteressant: das Ganze
ist mit Präzision geträumt. „Elements of Disaster“
erinnert an die Rückseite des Träumens. Lady Liberty
vor zwei brennenden Türmen. Ed Rath is an angry
young man, angry old man; could have been better,
could have been worse ..., kuratiert von David Reed.
Die Ideentafeln von Jules de Balincourt holen mich im
New York von Ed Rath wieder ab. Ich sehe ein Bild - er
nennt es „Untitled (Diptych)“ - und denke an Berlin.
Nicht ein einziges Versatzstück erinnert daran. Es ist
die Mitte einer Stadt, weit und flach die Hierarchie.
Eine Passage später vernehme ich, dass er tatsächlich
dort gelebt hat. Wie macht er das? Ich suche,
suche weiter, gehe zurück, experimentiere mit der
Perspektive usw. Tja, es ist das gute, alte Tafelbild,
aber was macht er da. Hinter dem gewollt naiven Stil
verbergen sich engagierte, politische Kommentare.
Faktisches, Beliebiges und Buntes sind die Bausteine.
Der Narration folgt die Warnung vor einem
posthumanistischen Zeitalter auf dem Fuß. Rätselhaft,
das hat aber gesessen. Jules de Balincourt, geboren
1972 in Paris, kuratiert von Joao Ribas.
Leider müssen wir jetzt gehen - Termin in Salzburg.
Freundliches Händeschütteln, freundliche Atmosphäre,
cool eben, mehr als cool. Klar wir kommen wieder,
ich will aber hinauf ins Krähennest. Heute leider
geschlossen.
Auf der Rückfahrt verweigere ich das Steuer. Thomas
konzentriert sich auf Salzburg, ich blättere im
schwarzen Büchlein „Hangart-7 Art & Air“. Gleich zu
Anfang die Welt von Jules de Balincourt. Cooler Tag,
wir sind voll guter Dinge.
Curators :
Ombretta Agró Andruff :
Dan Cameron :
Jeffrey Deitch :
Alanna Heiss :
David Reed :
Joao Ribas :
Simone Subal :
Artists
Zachary Clement
www.basis-wien.at
Bradley Castellanos
Kehinde Wiley
John Lurie
Ed Rath
Jules de Balincourt
Dasha Shishkin
w
u
l
z
www.hangart7.com
Ed Rath, Elements of a Desaster
Air & Art, Lioba Reddeker führt durch New York
ST/A/R
Buch IV – Kunst
Nr. 10/2006 31
Les grands spectacles II Kunst auf der Bühne
Sommerausstellung im Museum der Moderne Salzburg
Die aktuelle Sommerausstellung - zweiter Teil der Ausstellungstrilogie Les
Grands Spectacles - im Museum der Moderne Salzburg ist eine theater- und
kunstgeschichtlich gut strukturierte Schau zur Entwicklung des Spannungsfeldes
Bühne und Bildende Kunst seit der Jahrhundertwende des letzten Jahrhunderts.
Exemplarisch werden wichtige Entwicklungsschritte vom Ende des 19.
Jahrhunderts bis heute gezeigt. Die Auswahl der präsentierten Arbeiten basiert
auf zwei Konstanten: der veränderten Wahrnehmung von Raum und der
veränderten Wahrnehmung von Bewegung; unter anderem sind Arbeiten zu
diesem Thema von Oskar Schlemmer, Fernand Leger. El Lissitzky, Jean Dubuffet
und Friedrich Kiesler sind zu sehen. Die Neudefinierung des Bühnenraums und
die Neuentdeckung des Körpers im Spannungsfeld zwischen Befreiung und
Mechanisierung werden thematisiert. Bühnengestaltungen von zeitgenössischen
Künstlern wie Fritz Wotruba, Jean Tinguely bis Jörg Immendorff, Robert Longo
und Karel Appel, realisiert bei den Salzburger Festspielen, vermitteln die enge
Verbindung von Bildender Kunst und Bühne. Die Aktionisten sind natürlich auch
vertreten mit Günter Brus und Hermann Nitsch - wie üblich mit einem seiner
Orgien-Mysterien-Theater (Videodokumentation).
Campingsarg versus Schlingensiefs Hodenpark im Kampf um die letzte
Bühne als möglicher Attraktor. Der in Salzburg lebende Künstler und Literat
Max Bläulich hat einen zusammenklappbaren Campingsarg installiert, laut
beigelegtem Prospekt in Bauhäusern zu kaufen, der die Frage nach dem „letzten
Raum“ aufwirft. Dem gegenüber ist Schlingensief mit seiner Installation chicken
balls - der Hodenpark vertreten als eingeübte standardisierte Provokation.
Spekulativ eingesetzt drängt sich die Frage auf, ob diese Ausstellung es
notwendig hat, Schlingensiefs Zitatemix als Medienereignis einzusetzen.
Während der Eröffnungsrede baute Schlingensief an seiner Installation
– ein Störungsakt mit Hammer & Bohrmaschine.
Charles Kaltenbacher kommentiert: Schlingensief in den 90er Jahren als
imposanter, eloquenter Surfer auf der angesagten Welle des sozialen
Engagement (5 Millionen Arbeitslose - ich kümmere mich darum) aufgetreten,
zeigt sich hier als Parsifal mit Hoden, den das Volk gefälligst zu beachten hat.
Das Thema der Hoden wurde übrigens von Matthew Barney in seiner Cremaster-
Serie in den 90er Jahren thematisiert.
Welch Leichtigkeit im Spannungsfeld
zwischen Objekt, Akteur und Bühne möglich
ist, zeigt eine frühe Videoarbeit von Franz
West - Passstücke in Gebrauch, Titel De
Cohen Kabo West, 1983/84 -, welche die
Schwere aktionistischer Opferhaltung mit
Leichtigkeit überwunden hat und spielerisch
den „galanten Wiener Charme“ Wests zeigt,
mit dem er international reüssierte.
Salzburg allgemein:
Die Ausstelung läuft bis 8.10.2006
Ein umfangreicher Katalog ist
erschienen.
Nach dem Ausstellungsbesuch sitzt man im hirschgeweihbestückten, von Matteo
Thun gestalteten Museums-Cafe-Restaurant und wartet eine 1/2 Stunde auf das
mehrmals georderte Bitter Lemon während draußen die Salzburger Schützen mit
Böllerschüssen die Festspiele mit Donnerlärm eröffnen und daran erinnern, dass
in den nächsten Wochen Salzburg ein Laufsteg von Reich, Schön, Einflussreich und
kulturbeflissen ist. Auf die Stadt blickend ertappt man sich dabei, Erleichterung
zu verspüren bei dem Gedanken, den Ort zu verlassen, an dem Dirndlkleid und
Strapse eine äußerst lukrative Symbiose eingehen.
Thomas Redl
Franz West Filmstills aus „De Cohen Kabo West” , 1983/84
Max Bläulich Campingsarg Installation
Christoph Schlingensief in Aktion
Günther Brus Kostüme zu „Das schlaue Füchslein”
Sächsische Staatsoper Dresden, 1994
Adolf Luther
Bühnenbild zu Tristan und Isolde, Frankfurter Oper
1977, © Adolf Luther, Adolf Luther-Stiftung, Krefeld
Jean Dubuffet
Aufführung von „Coucou Bazar“ in Turin, 1978
Fotografi e, Collection Fondation Dubuffet, Paris © VBK Wien, 2006
32 Nr. 10/2006
Buch IV – Kunst
ST/A/R
Heike Weber Foto: Ellie Wyckoff, (c) Kunsthalle Wien 2006
Heike Weber, BODEN LOS, Installation im Foyer der Kunsthalle Wien, Museumsquartier bis 31. Oktober 2006
Foto: Reimo Rudi Rumpler, (c) Kunsthalle Wien 2006
ST/A/R Buch V – Design
Nr. 10/2006
33
Interview mit Martin Mostböck
Vom Möbel zum gebauten Haus
Thomas Redl: Für den ‚Twista’, der
von der Firma Eternit produziert
wird, hast du vor kurzer Zeit den ‚red
dot-Designpreis’ bekommen. Wie war
deine Entwicklung als Designer?
Martin Mostböck: Schon während
meines Studiums Mitte der 80er Jahre
habe ich versucht, kleinere Projekte, d.
h. Möbel, gleich selbst umzusetzen. Ein
Möbel zu bauen, kann sehr schnell gehen.
Die Umsetzung - vom Entwurf über die
Skizzen bis zum fertigen Produkt - kann
in wenigen Tagen geschehen. Das war
der Ansatz, so habe ich
begonnen. Dann gab
es eine kontinuierliche
Entwicklung bis zum
Entwurf serienmäßiger
Möbel.
T. R.: Du hast eigentlich Architektur
studiert. Siehst du deinen
Aufgabenbereich in dem Sinne, wie die
Architekten es früher wahrgenommen
haben, d. h. ein Haus zu bauen und
auch die Möbel dafür zu entwerfen?
Wie siehst du die Verbindung zwischen
Architektur und Design?
M. M.: Architektur und Design ist
im Wesentlichen das selbe. Es wird
nur ein zusätzlicher Begriff benützt,
um das Entwerfen von Möbeln oder
Gebrauchsgegenständen zu definieren.
Wenn man Italien betrachtet, dann
sieht man, dass Designer oder Gestalter,
wie z. B. Sottsass oder Castiglioni,
aus der Architektur kommen. Sie
sind aus unterschiedlichen Gründen
in das Design gegangen. Ich habe
zwischen der Gestaltung eines Hauses
und der Gestaltung eines Sessels nie
sehr viel Unterschied gesehen. Das
Anforderungsprofil bzw. -programm ist
ein anderes. Im Wesentlichen ist es aber
ähnlich.
T. R.: Du hast nach deinem Studium
an der TU-Wien mehrere Jahre bei
COOP-Himmelblau mitgearbeitet.
Was waren deine Aufgabengebiete
und welche Erfahrungen hast du in
diesem international renommierten
Architekturbüro gemacht?
M. M.: Die Aufgabengebiete waren
vielfältig: Hochbau, Konstruktion,
Städtebau und Design. Ich habe dort
diverse Wohnbauten mitentwickelt: in
Wien ein Hochhaus, den
Gasometer und die
Remise im zweiten Bezirk. Gleichzeitig
habe ich Projekte, wie z. B. ein
Milchglas oder eine Uhr, für einen
amerikanischen Produzenten gemacht.
Von der Großform bis zur Kleinform,
Mikro- und Makrostrukturen.
T. R.: Neben dem ‚Twista’ gibt es
auch andere Sessel, die mit Preisen
ausgezeichnet wurden oder in die
MAK-Designsammlung aufgenommen
worden sind. Wenn man deine
Biographie liest, so erkennt man, dass
es viele glückliche und langfristige
Kooperationen mit Produktionsfirmen
gibt. Das ist ja sehr wesentlich, wenn
man Design realisieren will. Wie
gestaltet sich deine Zusammenarbeit
mit den Produktionsfirmen?
M. M.: In der Biographie stehen aber
nur die gelungenen Kooperationen, es
gibt auch unglückliche. Das Wichtigste
im Umsetzungsprozess eines Produktes
ist der Dialog mit der Firma. Am
besten ist es, wenn man einen direkten
Ansprechpartner im Unternehmen hat,
eine Person, mit der man das Projekt
konkret umsetzen kann, nicht nur in
Bezug auf das Produkt selbst, es muss
darüber hinausgehen. Es sind Gespräche
mit dem Produzenten zu führen, die
außerhalb des Entwurfsprozesses liegen,
eine Auseinandersetzung mit den
beteiligten Personen selbst und vor allem
mit der Philosophie des Unternehmens
ist notwendig. Nur
so kann man Design
erfolgreich umsetzen.
Ich suche die langfristige
Kooperation.
Nicht der schnelle
S c h u s s , s o n d e r n
die langfristige
Auseinandersetzung
mit einem Unternehmen
interessiert
mich. Der Dialog
ist das Wichtigste
dabei. Wenn man
zum Beispiel
terminlich schwer
zusammenkommt,
wird es auch beim Entwerfen schwierig,
man entwirft ja meist in Schüben. Diese
Schübe müssen dann, wenn sie passiert
sind, auch umgesetzt werden. Es geht
um eine Annäherung an das Gegenüber,
weil immer beide Seiten Fragen haben.
Wenn das Produkt beim Start nicht direkt
Twista, variables Gestaltungselement, produziert von
Eternit, reddot design award winner 2006
34 Nr. 10/2006
Buch V – Design
ST/A/R
in das vorgegebene Profil hineinpasst,
so kann der Umsetzungsprozess helfen,
einander näher zu kommen. Dieses
Näherkommen definiert mitunter ein
ganz anders Profil als ursprünglich
vorgesehen. Man erkennt Stärken
und Schwächen besser und kann
sich ergänzen. Dabei muss es klare
Richtlinien geben, das Ziel muss
gemeinsam definiert werden.
T. R.: Du hast ja auch eine Lehrtätigkeit
an der TU-Wien am Institut für
Raumgestaltung und Entwerfen.
Was versuchst du den Studenten zu
vermitteln?
Architektur und Design
ist im Wesentlichen
das selbe. Es wird
nur ein zusätzlicher
Begriff benützt,
um das Entwerfen
von Möbeln oder
Gebrauchsgegenständen
zu definieren.
M. M.: Mir geht es vor allem darum,
gemeinsam mit den Studenten Dinge
umzusetzen, die sie auf einen Weg
bringen, den sie auch alleine gehen
können. Dabei kann ich mit meiner
Erfahrung helfen und unterstützen.
„Wie schaut das richtige Berufsleben
als Designer aus?“ ist
die zentrale Frage.
Beim letzten Programm
an der TU-Wien
namens ‚Cubes’ waren
Würfel zu gestalten,
die im Wesentlichen
D e n k e r z e l l e n
formulieren sollten.
Zum Start hat jeder sein
eigenes Entwurfsprojekt
gemacht. In der Folge
wurden Vierergruppen
gebildet, diese haben
dann jeweils einen
Würfel im Maßstab 1:1
umgesetzt. Das Resultat
wurde bei Zumtobel im
Schauraum präsentiert.
Das hat sehr gut
funktioniert und sowohl
bei den Stundenten als
auch den Lehrtätigen
große Begeisterung
ausgelöst.
T. R.: Gab es auch den
direkten Kontakt zu
Zumtobel?
M. M.: Nein, das nicht, aber über
Sponsoring wurden Mittel organisiert.
Ein Tischler wurde beauftragt, die
Grundgerüste zu konstruieren, und in
der Folge haben die Studenten dann ihre
Projekte selbst umgesetzt. Die Würfel
im Ausmaß von 3 x 3 Metern haben
wirklich sehr gut ausgesehen.
Thurner Fashion, Eisenstadt, Intereurdesign
wie eine statische Welle erscheinen zu
lassen. Für die Rückwand und
die Paneelwände des Geschäftes
habe ich aus der Produktion
von Braun Lockenhaus einige
Fertigteile, die Rückenlehnen
eines Sesseltyps, benutzt. Diese
doppelt zusammengeführt und
seriell verwendet definieren
wie eine Klammer den Raum
und bilden eine Art statischen
Vorhang, der wirklich an Stoff
erinnert, an Stoff, der auf
weibliche Haut fällt.
T. R.: Aktuell in Bau ist ein Haus,
das du entworfen hast. Welche
Art von Haus ist es?
M. M.: Das ist ein Einfamilienhaus,
ebenfalls im Burgenland, in
Oberpullendorf. Das Grundstück
ist kompliziert, weil es eine
lange Ausrichtung hat und in
die falsche Richtung verläuft. Im
Entwurfsprozess, über Studienund
Arbeitsmodelle, habe ich
eine Art Wellendachlandschaft
entwickelt. Eine Welle, die das
Licht richtig in das Haus hineinführt.
Der Entwurf ist sehr stark vom
Bauplatz dominiert und ist eine
Auseinandersetzung mit Licht und mit
von Licht durchfluteten Räumen.
T. R.: Was hast du zukünftig vor?
Garcia, produziert von Braun Lockenhaus,
aufgenommen in die MAK Design Sammlung
M. M.: Die Arbeit an diesem Haus ist
noch nicht abgeschlossen. Es gibt ein
weiteres Projekt mit der Firma Eternit
und es wird auch eines mit der Firma
Braun Lockenhaus geben.
T. R.: Das heißt, es gibt eine kontinuierliche
Fortsetzung der Zusammenarbeit mit
Partnern, mit denen du seit langem
zusammenarbeitest?
M. M.: Genau so ist es.
T. R.: Wir wünschen viel Erfolg bei
deinen zukünftigen Kooperationen.
T. R.: Du hast im Burgenland
auch Interieurdesign für ein
Modegeschäft gemacht. Was waren
die wesentlichen Akzente deiner
Arbeit?
M. M.: Dieses Modegeschäft
wurde zuletzt in den 80ern
umgebaut. Ich habe während des
Entwurfsprozesses an eine Art von
Welle gedacht. Die Ursprungsidee
war ein Bild von einem Kleid, das
sehr faltig und sehr körperbetont
anliegt. Diese Metapher war der
zündende Funke, dieses Geschäft
Haus M, Arbeitsmodell, Einfamilienhaus
Oberpullendorf Burgenland
Gebrauchsgegenständen
ST/A/R
Buch V – Design
Nr. 10/2006 35
Leda & Swan, AES+F 2005, Edelstahl, Neon, Ed.: 3+2AP, 375 x 165 x 315 cm Foto: Herbert Wulz © 2006
Bei der Eröffnung der Austellung „RUNDUMSCHLAG“ in der Galerie Ruzicska Salzburg am 21. Juli 2006 leuchtete neben
anderen Arbeiten im Garten das Objekt LEDA & SWAN, von der russischen Künstlergruppe AES+F. www.ruzicska.com
Leda & Swan
www.braunlockenhaus.at
ST/A/R Buch V – Design Nr. 10/2006 37
LANGLEBIGE SCHÖNHEIT.
Als Eternight geboren, als CLASSICA perfektioniert: Unsere neue Fassadentafel zeichnet sich durch
lasierte Oberflächen, durchgefärbte Beschaffenheit, eigene Designsprache, immense Tiefe,
formale Schlichtheit, edle Patina und farbliche Vielfalt aus. Da kann man einfach schöner bauen.
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for lifetime
38 Nr. 10/2006
Städteplanung / Architektur / Religion
Buch V – Design
ST/A/R
Studie zu den Funktionen der Correalistischen Möbel,
New York, 1942
Friedrich Kiesler
1890 Geboren am 22.9. im damaligen österreich-ungarischen Czernowitz
(heute Ukraine).
1908 Übersiedlung nach Wien. Architekturstudium an der Wiener Technischen
Hochschule und an der Akademie der Bildenden Künste.
1924 Realisiert im Rahmen der „Internationalen Ausstellun g neuer
Theatertechnik“ in Wien die Raumbühne sowie das Träger- Legersystem, ein
neuartiges Ausstellungssystem.
1925 Einladung Josef Hoffmanns, die Theatersektion der „Exposition
Internationale des Arts Décoratifs et Industriels Modernes“ in Paris zu gestalten.
Kiesler selbst bezeichnet seine Ausstellungsarchitektur als visionären Entwurf
für eine schwebende Megastadt und prägt den Begriff Raumstadt.
1926 Auf Einladung von Jane Heap, Herausgeberin der avantgardistischen
Zeitschrift The Little Review, übersiedelt Friedrich Kiesler nach New York und
installiert dort die „International Theatre Exposition“ im Steinway Building.
1928 Mitbegründer der neu gegründeten Designervereinigung AUDAC
Respekt
(American Union of Decorative
fürs
Arts and Craftsmen).
20er Haus
1930 Die AUDAC organisiert die Ausstellung „Home Show“ mit einer
Ausstellungsgestaltung und der Gestaltung eines Büroraums von Kiesler.
Als wichtiges Baudenkmal 1933 Für die Modernage des 20: Jahrhunderts Furniture Company kann dieses gestaltet Gebäude er die gesamte mit der Kunst des 20. Jahrhunderts wahrscheinlich in eine so gute Symbiose
treten wie kein Ausstellungsfläche anderes Bauwerk und in entwickelt Wien. Ich das glaube, Space dass House, es das begehbare einzige Zeugnis Modell der eines österreichischen Architekturgeschichte ist, in dem die Idee
Einfamilienhauses. Kiesler nimmt die Einladung der Familie Mergentime an, die
der Transparenz Einrichtung dermaßen ihrer weit Wohnung getrieben zu entwerfen. wurde. Mit Die dem Fertigstellung 20 Haus erfolgt schließt bis sich 1936. daher eine große Lücke, denn nichts braucht so viel Luft
rundherum wie zeitgenössische Kunst.
Gerbert Frodl, Thomas Trummer
1937 Gründung des Laboratory for Design Correlation an der Architekturfakultät
der Columbia University.
Kiesler auf dem
Metabolism Chart,
New York 1947,
Foto: Ben Schnall
Alle Abbildungen:
© 2006 Österreichische
Friedrich und Lillian
Kiesler Privatstiftung
1939 Veröffentlichung „On Correalism and Biotechnique. A Definition and Test
of a New Approach to Building Design“ im Architectural Record. Der Begriff
Correalism wird zum Leitmotiv Kieslers Theorie.
1942 Einladung von Peggy Guggenheim, für ihre neue Galerie Art of This
Century die komplette Umgestaltung der Räumlichkeiten zu entwerfen.
1957 bis 1965 Gemeinsam mit Armand Bartos Entwicklung und Umsetzung des
Shrine of the Book in Jerusalem. Es handelt sich um die Aufbewahrungs-stätte
für die am Toten Meer gefundenen alttestamentarischen Schriftrollen.
1965 Friedrich Kiesler stirbt am 27.12.
Kiesler in der Art of This Century Galerie,New York 1942
Foto: © Berenice Abbott, comerce graphics ldt.
ST/A/R
Buch V – Design
Nr. 10/2006 39
FRIEDRICH KIESLER –
MÖBELENTWÜRFE EINES WELTDENKERS
Freischwinger Nr. 2
Der für die Wohnung von Charles und Marguerite Mergentime
1933 geplante, aber nie umgesetzte Stahlrohrfreischwinger,
wird nach einer signierten Zeichnung Friedrich Kieslers von den
Wittmann Möbelwerkstätten erstmals hergestellt.
Friedrich Kiesler war Architekt, Designer, Bühnenbildner, Künstler
und Theoretiker. Sein Schaffen war grundlegend und von Beginn an
inderdisziplinär, sein Gesamtwerk und seine Theorien waren radikal und
revolutionär. Er lebte großteil seines Lebens in New York und führte
dort am Puls der Zeit eine kritische Diskussion mit der zeitgenössischen
künstlerischen und architektonischen Avantgarde und entwickelte in dieser
Auseinandersetzung seine visionäre Position.
Kiesler entwarf Bühnenbilder, Möbeleinrichtungen, gestaltete Ausstellungen
und fomulierte Thesen zu einer ganzheitlichen, kritisch-funktionalen Designund
Architekturtheorie. In der Architektur entwickelte er das Endless House
– ein raumzeitliches Kontinium, das die Grenzen zwischen Innen- und Außenraum
auflöst.
Zentral in seinem Werk war seine Überzeugung, dass der Mensch sich in
einem flexiblen und dynamischen Kräftefeld befindet. Daraus ergab sich eine
Gestaltungs- und Lebenshaltung, in der eine Endgültigkeit, eine Absolutheit
der Form nicht erreicht werden kann. Die Wechselwirkung der Kräfte, sichtbare
wie unsichtbare, bedingt eine Dynamik, die er mit dem Begriff Correalismus
bezeichnete und in zahlreichen Publikationen erläuterte.
Ausgehend vom Menschen in all seinen Bedürfnissen, glaubte Friedrich
Kiesler an die Verantwortung des Kreativen, durch Forschung und Werk
an der dynamischen Entwicklung unserer Umwelt wesentliche Impulse zur
Verbesserung beisteuern zu können.
Die Re-Edition seiner Möbelentwürfe trägt nicht nur zur Wiederentdeckung
dieser wichtigen Künstlerpersönlichkeit bei, sondern zeigt vor allem die
Aktualität seines Werks und seiner Ideen.
Correalistisches Instrument
Dieses multifunktionale Möbel war Teil einer ungewöhnlichen Ausstellungsgestaltung für die Galerie Art of This Century von Peggy Guggenheim 1942 in New York.
In unterschiedlichen Positionen und Kombinationen verwendet, ergeben sich bis zu 18 verschiedene Verwendungsmöglichkeiten.
Re-Edition by Wittmann
1997
Die Österreichische Friedrich und Lillian Kiesler-Privatstiftung
wird gegründet und widmet sich der Erforschung des
architektonischen, künstlerischen und theoretischen Schaffen
Kieslers. Die Wittmann Möbelwerkstätten werden Stifter und
ermöglichen, mit Hilfe weiterer privater Gönner, den Erwerb
der umfassenden Bestände von Kieslers Witwe und zweiter Frau
Lillian durch die Republik Österreich und der Stadt Wien.
Fotos © Wittmann Möbelwerkstatt,
Schauraum - Akademiehof bei der Wiener Secession,
Friedrichstrasse 10, 1010 Wien - www.wittmann.at
2002
Die Correalistischen Möbel werden in Zusammenarbeit mit der
Kiesler Stiftung wieder hergestellt und erstmals im Wittmann
Schauraum in Wien präsentiert.
2004
beschließt die Kiesler Stiftung gemeinsam mit den Wittmann
Möbelwerkstätten die Re-Edition der Party Lounge, Bed Couch
und des Freischwingers Nr. 2, als Ergänzung der Correalistischen
Möbel.
2005
wird die Re-Edition Friedrich Kiesler präsentiert.
Bed Couch
Durch die einfache Teilung des Sitz- und Schlafmöbels in eine kurze und lange Rückenlehne
ergeben sich zwei Sitzsituationen – bequemes Liegen oder aufrechtes Sitzen. Ausgeführt wurde
dieser Entwurf Friedrich Kieslers erstmals für die Wohnung Mergentime in New York 1935.
40 Nr. 10/2006
Buch V – Design
ST/A/R
Waran betrachtet das correalistische Möbel von Heidulf Gerngross,eine
Weiterentwicklung der großartigen Kieslerschen hundsknochenartigen Möbel aus dem vorigen Jahrhundert,
die derzeit bei Wittmann wieder hergestellt werden.
ST/A/R Buch VI – Literatur
Nr. 10/2006
41
VORWORT
Sprache konstruiert und organisiert das Verhältnis
zu der von uns bewusst wahrgenommenen und
ausserhalb von uns gedachten Wirklichkeit. Dabei
ist und erzeugt Sprache selbst eine eigene Wirklichkeit,
eine selbständige energetische Entität, ein Wesen, mit
Milliarden von Armen, allen Möglichkeiten laufender
Selbst-Setzungen und –überschreitungen, Erweiterungen,
Umformungen. Sprache geht in ihrer allgemeinen
Form als auch in ihren individuellen Ausprägungen
Kooperationen mit anderen ein, sie verliebt sich
gewissermassen oder verweigert sich,
setzt Preferenzen, Machtansprüche und
Grenzen, ist in einem ständigen Fluss
und Austausch mit allem Lebendigen.
Sprache erzeugt bewegliche, fragile
Landschaften, in denen wir uns
durch das Leben bewegen und sie ist
gleichzeitig das Werkzeug, mit dem
wir navigieren. Sprache trennt also
scheinbar, was nicht zu trennen ist, um
funktionale Felder zu erzeugen. Sie
ist ein Teil von uns, sie ist gleichzeitig
vollständig unabhängig von uns.
Denn sämtliche gesprochenen oder
geschriebenen oder auch nur gedachten
Äusserungen leben auch ein von uns
unabhängiges Leben. Wer weiss schon,
wohin sie gehen? Und wer weiss schon,
woher sie gekommen sind? Produziert
ein situatives Umfeld notwendigerweise
SCHRIFT WECHSEL
die zu sprechenden Sätze und Worte? Inwiefern sind
wir also selbstbestimmt oder benützt uns die Sprache als
Wirt, um zu reisen und sich zu erweitern? Sind Gedanken
Besatzungsmächte?
Wir bestehen aus vielerlei offensichtlichen
Verhaltensaufführungen und Verhaltensverführungen, aus
Programmschwerpunkten, die uns gewohnheitsmässig
durch die Gegend steuern. Von denen wir jedoch kaum
bewusst wissen, nach welchen Gesetzmässigkeiten sie
auftreten, in welchen Wirkungszusammenhängen sie
in der Tat zu uns stehen. Wir fragen uns selten, welche
Programme wir verwenden möchten, in welcher Intensität,
wie folglich unsere Sprache aussehen, aufblühen und
wo sie enden oder hinreichen soll, um was zu erreichen?
Welches sind beispielsweise die von uns selbst am
meisten gestellten Fragen, und wie genau sehen diese
aus? Und wie lauten unsere bevorzugten Antworten
darauf? Fragen und Antworten ergeben gemeinsam die
gegenwärtigen Koordinaten unserer Biografie (= die unter
dem Namen der jeweilen Person gewöhnlich auftretenden
Handlungsmuster, Orientierungspunkte, Verkehrstafeln,
für Funktionszusammenhänge herausgeschnittene
Weg- und Weltzusammenfassungen). Die Grenzen der
Sprache sind die Grenzen unserer Welt, hat Wittgenstein
gesagt, es sind jedoch bloss die Grenzen der von uns
bewusst wahrgenommenen Verhältnisses zu der von
uns (und anderen) selbst erzeugten ausserhalb von uns
gedachten Wirklichkeit. Manchmal weiss die Sprache und
artikuliert sie mehr als der Benützer bewusst weiss, ist
permanent an grössere Felder angeschlossen als an unsere
Wie-bekomme-
ich-einen-
Espresso-aus-dem-
Automaten-Ego-
Cockpit-Fragestellung. Sämtliche sprachlichen
(energetischen) Ausdrücke erzeugen ununterbrochen
ein uns persönlich übersteigendes Gesamtbewusstsein,
eine Art Superorganismus, eine ständige fluktuierende
Bewegung. Um unsere Grenzen zu verstehen, müssen wir
uns unsere Sprachverwendungen genauer ansehen, die
Fensterscheiben, die wir kreieren und alsann benützen.
Operiere ich nun in einem Coaching Diskurs, spreche
ich einem NLP-Practioner ähnlich? Wir sollten eine
Auswahl so bewusst wir nur irgend möglich treffen,
unsere Verhaltens-Programme verstehen, ihre Kräfte,
die ja auch unsere Kräfte sind, sie, wenn notwendig und
möglich, upzudaten, zu vergrössern, sie mit anderen
kurzzuschliessen, um eine grössere Beweglichkeit
unseres Bewusstseins zu erlangen. Die Beweglichkeit des
Bewusstseins erzeugt unsere lebbaren Freiheitsgrade. Die
Literaturseiten im ST/A/R - Schriftwechsel - sind diesem
Wunsch und dieser Vision nach Beweglichkeit und
Erweiterung zugeneigt.
Feel the taste of diversity & celebrate it.
D. Sperl
LITERATUR
Von Fragen und
Erinnerungslücken
Gerhard Jaschke
Seneca
Seneca hat recht, nur allzuleicht läßt man sich von einem Wort
verführen, etwas anderes zu schreiben, was man eigentlich wollte.
Manche Wörter sind ja wie Stopschilder, insgesamt handelt es sich
bei ihnen um Verkehrszeichen, Warn- und Gebotstafeln, diesen
oder jenen Weg nicht zu gehen, dieses oder jenes Feld zu meiden.
Wird doch zu leicht aus dem Gras ein Sarg! Stelle Spiegel auf
und neue Wörter fallen wie automatisch aus dem vorhin noch so
scheinbar Ganzen. Leben taucht im Nebel unter, Roma läßt sich
behände gegen den Amor tauschen. Jeder möge es sich richten,
wie er glaubt.
Das Verbotene reizt, das war schon immer so.
Was sagt Montaigne? „Mein Lehrer war so klug, mir Virgil, Lukrez
und Plautus zu verbieten; das steigerte mein Interesse an ihnen
beträchtlich.“
Die fremden Gedanken munden wie Kirschen aus Nachbars
Garten. Laßt uns von diesen Früchten viele mit nach Hause
nehmen.
Ich schloß mit ihm Freundschaft. Er wurde mir zu einem guten
Freund. Auf ihn kann ich mich verlassen. Er ist mir eine Stütze.
Er ist mir stets hilfreich. Auf diese Freundschaft bin ich stolz. Und
was sagt er?
„Der Grund unserer Freundschaft? Weil gerade er es war – weil
gerade ich es war. Alles Übrige geht über meinen Verstand.“
Der Verstand als Horizont unseres Daseins. Das im Unendlichen
auslaufende Meer an Einfällen. Der Schlußstrich unter unsere
Existenz. Ein Ende am Anfang über uns wie der Horizont, der
darüber hinausgeht. Es weht Gesichte herbei. Zu ergründen gibt es
nichts. Was meint Ihr, Montaigne? „Wir suchten uns, ohne uns zu
kennen.“
Gerhard Jaschke, 1949 in Wien geboren. Freischaffende literarischkünstlerische
Tätigkeit seit Beginn der 70er Jahre. Einzelveröffentlichungen
(z.B.: VON MIR AUS, Illusionsgebiet Nervenruh, Schlenzer), Beiträge in
Anthologien u. Zeitschriften. Ausstellungen. Gemeinschaftsarbeiten mit Ingrid
Wald. Mitbegründer und Herausgeber der Zeitschrift für Literatur und Kunst
Freibord. Lehrbeauftragter an der Akademie der bildenden Künste. Duettduelle
mit Werner Herbst.
Von anderen Fragen
Habe ich etwa zu danken, daß ich auf der Welt bin?
Habe ich den Damen Vortritt zu lassen?
Habe ich auf meine Uhr zu schauen, fragt mich irgendjemand
nach der Zeit?
Gewiß, ich stelle mir Fragen.
Gewiß, ich halte Wort.
Gewiß, ich schnüre mir die Schuhe.
Aber sonst?
Bin ich vielleicht ein Hellseher wie Sie?
Oder bin ich gar schon im Bild, um etwas sagen zu müssen?
Bin ich gar so schön wie Sie?
Stehe ich demnach ebenfalls unter Kostümierungszwang?
Hält die Pappnase noch? Sehe ich einigermaßen intelligent aus?
Verkörpere ich also das, was Sie sich vorstellen?
Haben Sie Übung im Beisammensein, im Mitmenscheln?
Tun Sie sich nur keinen Zwang an.
Berühren Sie nur ruhig jede Menge Peinlichkeiten, reden Sie
schlichtweg bloß so vor sich hin.
Kann denn das die Möglichkeit sein?
Wollen Sie um jeden Preis als erster das Ziel erreichen?
Schämen Sie sich nicht? Wer will denn heute schon Sieger sein?
Sie vielleicht?
Von den Erinnerungslücken
Eines Nachts erwachte Kraut und wollte von alldem nichts wissen,
nichts gewußt haben, wollte mit alldem nichts zu tun haben, gar
nichts mehr zu schaffen haben. Ja, war es das? Tatsächlich dachte
er dies und nichts anderes. Aber wann will es schon gelingen?
Wann? Wann denn nur? Er blickte um sich, als hätte er hier etwas
verloren. Aber was hatte er schon hier, hier schon!, verloren? Was
könnte er bloß hier verloren haben? Er wußte es nicht. Absolut
nicht. Irgendwann einmal war hier etwas. An das dachte er. So
eine Art Ausgangspunkt vielleicht? Ein Knotenpunkt für diverse
Grenzüberschreitungen?
Er überlegte. Das muß es gewesen sein! Nichts anderes. An dies
dachte er, als er eines Nachts, mitten in der Nacht, plötzlich
erwachte und von alldem nichts wissen wollte.
Ein Stöckelschuh wanderte über die Leinwand.
Passanten winkten ihm zu.
42 Nr. 10/2006
Buch VI – Literatur
ST/A/R
Geschichten vom traurigen Mann und
der Frau, die nach Hause gehen wollte
Bernadette Schiefer
Kind, das Feiglinge liebte
Händl Klaus
Hafen
Die Frau ist am Hafen gesessen.
Der Mann hat zur Frau gesagt, dass
er froh ist, dass er nicht nur das tun
kann, was er will. Er benennt Vögel
und hat keine Zeit, die Frau durch
die Stadt zu führen. Die Frau ist
am Hafen gesessen und hat Wein
getrunken. Sie hat die Flaggen der
Schiffe betrachtet und die Windungen
der Seile gezählt. Sie hat eine Nelke
für den Mann in den Steg geritzt. Die
Frau hat den Mann gesehen, wie er
sie gesucht hat. Du musst wissen, wie
es ist, wenn ich verloren gehe, hat
die Frau gesagt. In ihrem Traum ist
der Mann tot und die Frau streicht
mit der Hand die Erde weg und legt
sich unter den Arm des Mannes und
der Mann schläft nur und die Frau
hält ihren Atem an und wacht. Mann
und Frau träumen voneinander.
Sie träumen, dass sie tot sind und
schlafen und es keine Zeit mehr gibt,
die man versäumen kann.
Verloren
Der traurige Mann steht am Fenster.
Eben hat er eine Flasche Wein
geöffnet. Gegenüber sitzt die Frau im
Café. Er sieht ihr zu, wie sie liest und
aus dem Fenster blickt. Der Mann
schenkt ein Glas Wein für sich ein
und ein Glas für die Frau, die im Café
sitzt. Er sieht, wie die Frau im Café eine Zigarette aus
ihrem Päckchen nimmt und nach ihrem Feuerzeug
sucht. Der Mann greift nach seinem Feuerzeug in der
Hemdtasche. Er blickt auf das dunkelblaue Feuerzeug
in seiner Hand. Der Mann und die Frau haben sich
getrennt, aber der Mann vergisst es ständig.
Trost
Ein Mann und eine Frau sitzen in einem Café. Der
Mann sieht der Frau zu, wie sie weint. Die Frau sieht
den Mann durch einen Tränenschleier. Der Mann
beugt sich zur Frau und will ihre dunklen Gedanken
abfangen wie einen Schmetterling. Er öffnet die
Tischlade und holt Taschentücher heraus. Der Mann
sagt: Es ist schwer, wenn du weinst, nicht auch zu
weinen. Er wischt sich eine Träne aus den Augen.
Wein nicht, sagt die Frau, und streicht dem Mann
über das Gesicht. Sie kann nicht aufhören, Sehnsucht
nach ihm zu haben.
Giraffen
Die Frau und der Mann sitzen in einem Café. Die
Frau sagt: An dem Tag, an dem ich aufgehört habe,
an dich zu denken, habe ich dich gesehen. Du bist
mit einer Frau in einem Café gesessen, sie hat
geraucht. Du hast dich nach vor gebeugt.
Du hast gelacht. Du hast nicht gewusst, ob du mich
ansprechen sollst. Du hast mich nicht angesprochen.
Du hast mich nicht angesprochen, sagt der Mann.
Ich trug ein türkises T-Shirt und atmete flach, sagt
die Frau. An diesem Tag gab es keine Engel und die
Wolken sahen aus wie Giraffenhälse. Der Kellner
kam und brachte Tierblut und niemand wollte es
trinken. Die Frau hat geraucht. Eine Zigarette nach
der anderen hat sie aus der Schachtel gezupft. Sie hat
stundenlang auf den Namen der Zigaretten gestarrt
und ihr ist kein Reim dazu eingefallen.
Bernadette Schiefer, geb. 1979 in Wien, aufgewachsen in Mank,
Nö. Studium der Philosophie und Höheren Lateinamerikanischen
Studien in Wien und Irland. Absolventin der Akademie für
Angewandte Fotografie in Graz, wo sie auch lebt.
Veröffentlichungen in Zeitschriften und Anthologien.
Reise mit Engel. Nirgendwohin, Skarabäus 2002;
Kleine Erzählungen am Rande, Triton 2003;
Nichts wird dir fehlen, Edition NÖ, 2005.
Schmetterling
Foto: Bernadette Schiefer
Der traurige Mann steht am Fenster. Er sieht der
Frau im Café zu, wie sie raucht. Die Frau im Café
schreibt einen Brief. Der Mann stellt sich vor, dass die
Frau den Brief an ihn schreibt. Die Frau weiß nicht,
was sie schreiben soll. Einmal hat sie es gewusst,
aber jetzt weiß sie es nicht, weil der traurige Mann
verloren gegangen ist. Sie hat zu ihm gesagt, dass
einen das Leben von nichts abhält.
Der traurige Mann steht am Fenster und wartet
auf den Brief, der nicht für ihn sein wird. Die Frau
wird im Brief schreiben: Das sind alles nur meine
verrückten Gedanken über dich, aber die sind gut
so. Sie wird auf das Briefpapier einen Schmetterling
malen. Der Mann und die Frau werden den Brief
gemeinsam lesen. Dort hab ich einen Schmetterling
gemalt, wird die Frau sagen. Und der Mann wird mit
einem Finger über den Schmetterling streichen und
mit demselben Finger über ihre Lippen streichen und
sagen, dass ihre Lippen ein roter Schmetterling sind.
Die Frau wird lachen und sagen, dass nur der traurige
Mann so Sachen sagen kann, weil nur der traurige
Mann so viel Wein trinkt.
Händl Klaus, geboren 1969 in Rum/Tirol, lebt in Wien, Berlin
und Port am Bielersee. Er arbeitet als Schauspieler (z.B. in Filmen
von Jessica Hausner, Michael Haneke, Franz Novotny u.a.), drehte
mehrere Filme, schrieb Hörspiele (Kleine Vogelkunde, ORF 1996,
Hörspiel des Jahres) und das Libretto zur Oper Häftling von Mab
von Eduard Demetz (UA 2002).
Für sein Prosadebüt Legenden (Droschl 1994) erhielt er den Robert
Walser Preis und den Rauriser Literaturpreis. ›Theater heute‹
wählte ihn 2004 zum besten Nachwuchsautor des Jahres.
Hanni war ein wildes Kind mit nachsichtigen Eltern. Sie
schmierte die Möbel mit Nachtcreme ein, um die Kratzer
zu tilgen, die sie im Übermut zog. Sie wurde nicht
geschlagen und zerstückelte ruhig die Blumen und Fische, die
in der Wohnung waren, sie zündelte im Bett der Eltern und half
ihnen beim Löschen. Weil man sie in Frieden ließ, prägte sich
ein scharfes Denken aus. Bald war Hanni hochbegabt. Im Mai
wurde sie zehn. Sie kam in eine Höhere Schule. Während die
Mitschüler turnten...und sangen, brütete Hanni über der Zukunft.
Ihr ging es um...eine bessere Welt. So blieb sie mit ihren Lehrern
allein, die sie bald...bestaunten, dann ertrugen. Ines, Hermann,
Ralf und Beatus, im klassischen Tanz wie als Maler, Erfinder
und Jungunternehmer am Leben gescheitert, fanden ihr Heil im
schulischen Alltag. Einmal gebrochen und seither verschlossen,
gaben sie nichts als den Lehrstoff von sich, ...sture Regale aus
knarzendem Holz. Darin täuschte sich Hanni. Sie suchte...doch
Halt unter den Lehrern. Denn sie war klug, aber einsam. Aber die
Lehrer wichen...ihr aus, ledig geblieben, äußerlich frei, dabei...
ängstlich, also scheu, dauernd vom Leben...bedroht, drum...auf
Abstand bedacht, aus Angst vor Nähe...und weiteren Fehlern.
Hanni hingegen, ein Kind, lebte gern. Die Stimmen der Lehrer
und ihre Gesichter, die Formeln und Schlüsse, die sie draus zogen,
ihre Gesetze, begeisterten Hanni, das frühreife Kind. Die Lehrer,
gebildet, ein sicherer Hafen, strahlten sie an, ...wie sie glaubte.
Sie jedoch hielten das emsige Mädchen...für ein ernstes Problem,
dem sie sich vorsichtig näherten. Denn...als Lehrer standen sie von
vornherein in seiner Schuld. Sie schätzten seinen Wissensdurst
und waren aber auf der Hut vor dieser...unbekannten Größe,
die sie forsch bedrängte, ob es nun...die Wirtschaft sei, Physik,
Philosophie. Sie setzte ihnen zu. Überstunden brachen an, und
Hanni wollte...mehr. Die Lehrer dachten nach. Sie neigten zu
Verfolgungswahn. Auf offener Straße um Kleingeld gebeten,
antworteten sie schroff...mit der Uhrzeit. Mit Absicht verstanden sie
einiges...falsch, um zu entkommen. Ehe sie redeten, schluckten sie
mühsam, verschluckten sich dran und schluckten erneut, stockten
und schluckten und schwiegen erschrocken. Sie strengten sich
an...und zuckten zusammen. Selber zerfahren und bleich, standen
sie an ihre Tafel gepreßt, um mit der Kreide zu knirschen ...oder
hockten verstockt hinterm Pult. Sie schwitzten unter diesem Kind,
dem Eifer, seiner Einsamkeit. Sie lag doch auf der Hand. Hanni
war verliebt. Sie sagte nicht, in wen. Es waren ihre Lehrer. Mit
bohrenden Fragen zur Asymmetrie, die sie tief...und tiefer trieb,
tarnte sie die Zärtlichkeit, die in ihr wütete. Sie war zu jung, um...
aufzugeben. Zahl um Zahl, versteckte Maschen, reihte Hanni...
aneinander, eine Schlinge, die sie auswarf. Wie also...das Wasser
wirke, frage sie sich...und die Lehrer. Es war still. Es wirkte im
Stillen. Es wurde den Lehrern zu...viel. Hanni stieß an ihre
Grenzen. Sie sah, wie sie sich...verhielten. Sie entschuldigten... sich
lahm, bat Hanni sie zu Hausaufgaben in...den Garten ihrer Eltern,
die in Scheidung...lebten. Umso glühender forderte Hanni...ihre
Freundschaft ein. Sie hielten sich bedeckt. Doch sie durchschaute...
sie. Die Lehrer waren feig. Sie ging behutsam...vor. Mit Hanni
stand...ein Wackerstein am Ufer. Sie wolle...das Wasser erforschen,
so Hanni, den Ursprung des Lebens...berechnen. Die Bäche, das
Meer, wie es fließe, die Strömung, der strömende Regen...standen
nach Hanni für Strom. Sie sah ihre Lehrer als knisternden Teich.
Wie man, frug sie, Strom erzeuge...aus der Wasserkraft ? Sie wollte
die Lehrer umarmen. Man ließ sie mit ihren Zahlen...allein. Gierig
las sie Heraklit...und Volta. - Ich will es euch zeigen ! rief sie...auf
einmal. Seht meinen Mut ! Ich ermutige euch. - Sie wollte wie eine
olympische Fackel die Lehrer...entzünden. Sie folgten ihr stumm.
Furchtsam erblickten sie Bäume und Masten, den Waldrand und...
die Elektrizität. Einen der Masten erkletterte Hanni. Die Lehrer
erstarrten. Sie schwiegen. Ausgelassen winkte...das Kind. Es
wollte an...den Drähten schaukeln, dem sirrenden Strom. Hier
war es eisig, und spränge es nicht in den nächst...en Sekunden,
wäre es...zu spät. Es schwang sich...also auf. Es durfte nicht...den
Stromkreis schließen, es mußte...ein Stücklein weit fliegen und
stieß mit erhobenen Händen, um nach der nackten Leitung zu
fassen, sich von der letzten Sprosse ab...juchzend empor, hing
zwar am Draht, aber schwenkte...zurück. Die Zehen streiften...den
Masten: den Tod. Ein Funke, groß wie sie, sprang...auf Hanni über.
Sie blendete...drunten die Lehrer. Die Leitung schnalzte...Hanni
hoch. Sie fiel...auf die Drähte und hing...darin. Sie konnte nicht
weinen, ihr fehlte der Atem. Die Lehrer sanken ins Gras. Sie über...
gaben sich. Rettet mich, dachte das Kind. Nichts war zu hören, die
Stimme ein Hauch...wie alles andere auch. Die Luft stand still. Der
Draht war warm. Hanni flammte auf und starb. Die Lehrer zogen
sich traurig zurück.
ST/A/R
Buch VI – Literatur
Nr. 10/2006 43
Conditio humana
Walter Grond
«Dies ist die Schuld des Schicksals:
niemand wird durchs Schicksal schuldig!»
Seneca, Oedipus
Romanauszug
Wir verbringen...
Winzige Öltropfen spritzen auf, da der
Fischkutter unruhiges Wasser durchschneidet,
treffen den Vogel, der über dem Fangeimer
am vorderen Deck flattert und nun, um der
Bugwelle auszuweichen, im engen Bogen zum
Kajütendach hochfliegt. Sein Kreischen dringt
nicht an das Ohr des Skippers, halb taub vom
Dröhnen der Schiffsmotoren steht der am
Steuerrad, in Falllinie unter dem Vogel, der das
ölige Nass aus seinem Gefieder zu schütteln
versucht. Während im Bord-Fernseher die
Frühnachrichten beginnen, beißt der Skipper
ein Stück von seinem belegten Brot, mit Blick
auf das Echolot steuert er, keine Untiefe vor
sich, zum Hafen.
Vom Fenster seines Arbeitszimmers aus
folgt Paul Clement der Möwe, die nach dem
missglückten Krabbenraub zum Ufer hin gleitet.
Ein Folgetonhorn weckte ihn aus dem Schlaf,
kurz nach Halbsieben, pünktlich wie jeden Tag,
wenn die Pendler-Fähre in den nahen Hafen
einläuft. Die Kinder sind noch im Bett. Dort
unten, wo einmal satte Wiesen lagen, zwängt
sich die Strasse zwischen dem Wasser und der
Häuserzeile hindurch, kein Fluss eigentlich,
sondern ein gemauerter Durchstich vom Hafen
zu den alten Fabrikgründen. Zu dieser Jahreszeit
sind nicht nur die einzeln verbliebenen Weiden
entlaubt, es zeigt auch das Menschengemachte
seine ganze Gebrechlichkeit, die Laternen den
Rost, das Schutzglas die Sprünge, dahinter die
Schlieren von verschmorten Insekten, und die
Strasse ihr Inneres, dort an der Baustelle, wo die
Maschinen den Asphalt aufschnitten, Halden
von Schutt und Müll.
Inzwischen taucht vom Hafen her ein
Lastkahn auf, ein antiquiertes Modell, dessen
ungedämmte Motoren hier oben das Fensterglas
zum Vibrieren bringen. Da der Nebel bis über
die Wasseroberfläche einfällt, verschwinden
gar die roten Positionslichter, die Stadt am
anderen Ufer taucht ins Nichts. Dann lösen
sich Schwaden aus dem gestaltlosen Grau, und
über dem Wasser bilden sich kleine Wölkchen.
Rasch hebt sich der Nebel, ein Sog entsteht,
reißt ein Loch, durch das Lichtbündel dringen.
Darin drehen sich Dunstfetzen, bis der Nebel
noch höher steigt, sich die Öffnung weitet,
und der Himmel zum Vorschein kommt,
helles Blau. Eine barocke Bühne, auf der alles
weit voneinander weg rückt, von einem Licht
getroffen, wie Paul Clement es nur aus dem
Orient kennt, es fällt seitwärts auf Häuser,
Lagerhallen und Schlote, während deren
abgewandte Seite im Dunkeln bleibt.
Gerade fällt der Nebel wieder ein, schließt sich
der Schleier über der Stadt, da lässt ein Pfeifton
den Staunenden am Fenster aufhorchen. Ein
zweites, ein drittes Mal, ein schriller Klang. Paul
Clement blickt auf die Uhr, schon sieben, gewiss
Arbeitsskizze – W. Grond
seine geschiedene Frau, die dienstags die Kinder
zur Schule bringt. Er muss ihr noch mitteilen,
dass er in Kürze verreisen wird, sie soll, wenn
sie die Kinder zu sich nimmt, den beiden nicht
wieder diese Nurse vorsetzen, eine Tamilin, die
kein Wort mit den Kleinen spricht.
Er löst sich aus der Fensternische, geht hinüber
zum Arbeitstisch, sucht nach dem Telefon, im
Durcheinander von Notizen und Karten, bis
ihm eine aufgeregte Stimme aus dem Hörer
entgegen schlägt: „Paul, bring du die Kinder
zum Bus, ich bin schrecklich in Eile!“
„Nein, heute nicht“, erwidert er, in die
Redaktion müsse er, mit dem Fotografen die
Motive besprechen, lenkt das Gespräch auf seine
bevorstehende Reise.
„Du fährst fort?“
„Nach Ägypten, auf den Spuren Flauberts,
sein Reisetagebuch wird neu aufgelegt, sie
wollen eine Reportage von mir.“
„Und die Kinder?“
„Ich kann den Auftrag nicht ablehnen.“
Ihr tiefes Durchatmen kennt er, sie wird
unwirsch. Bestimmt wird sie ihm gleich die
Energie vorhalten, die ihr das Geschäftsleben
abfordert, seine Unentschlossenheit beklagen,
dass er sich nur durchs Leben schwindle, auf
eine arrogante Weise begnügsam, und doch
unerträglich eingebildet, wenn er sie immer
noch seine Frau nenne, obwohl sie längst
von ihm geschieden ist, sich andauernd über
Tatsachen hinweg setze.
„Fünf vor acht“, sagt sie aber nur, „sei du
pünktlich vor der Haustür.“
Ein triumphierendes Lächeln legt sich um
Clements Mund. Ein Unglücklicher ist er nicht,
eher ein Gleichgültiger. Man kann ihn nicht
auffällig nennen, von durchschnittlicher Größe,
schlanker Statur, er ginge als Hugenotte durch,
ein alemannischer Typ. Fügt sich, bald fünfzig,
ins Leben, nicht unklug, hat seinen Witz nicht
verloren. Bereist, um nicht ängstlich zu werden,
seit zwanzig Jahren den Orient. Und wartet
seit Wochen, ehe er die beiden Kinder weckt,
allmorgendlich auf Natalie Keddie, beobachtet,
wie die junge Frau, die er flüchtig vom
Ladentisch kennt, am Gehsteig auftaucht und
bis zur Höhe des Gemischtwarenladens herauf
schlendert, einem Gespenst aus den Wolken
gleich an seinem Fenster vorbei zieht.
Für die junge Frau in ihren Jeans und
der roten Strickjacke spürt Clement eine
wilde Bewunderung. Sie bleibt stehen, die
unvermeidliche Zigarette im Mund, hält die
Hand vor die Brust und hüstelt, ihre Bronchien
sind chronisch entzündet. Ihr Haar ist wirr nach
oben gebunden, und so desorientiert sie auch
wirkt, quert sie unversehens die Straße, bewegt
sich geschickt zwischen den Autos hindurch.
Fast andächtig betrachtet Clement ihre
schlanken Beine, den langen Hals, die schmale
Hüfte, die zierlich wirkenden Füße, ist
verwundert, dass er keine Vorstellung von ihrem
nackten Körper hat. Bevor sie den Laden betritt,
zertritt sie die Zigarette auf dem Asphalt, greift
mit verächtlicher Miene nach dem Türgriff.
Nicht zum ersten Mal nimmt sich Paul Clement
vor, Natalie einen zusätzlichen Job anzubieten,
sie könnte sich während seiner Reisen um
die Kinder kümmern, gelegentlich wird er sie
darauf ansprechen. Nicht heute, ein Seliger,
dem Aufschub gewährt ist, sinniert er vor
dem Badezimmerspiegel, gerade als ihm die
Rasierklinge eine Wunde ins Kinn ritzt.
...den Sonntagnachmittag
bei Flaubert.
Kaum sind Kleopátra, die Neunjährige, ein
wenig feist um die Hüften, und ihr um zwei
Jahre jüngerer Bruder aus dem Haus, nimmt
Clement das ägyptische Reisetagebuch zur
Hand und macht es sich auf dem Sofa seines
Arbeitszimmers bequem. Nicht unsüffisant
lässt er sich ins Jahr 1849 zurück versetzen, da
Flaubert mit dem Schiff in Alexandria landet,
von dort bis nach Wadi Halfa weiter reist und
das halb arabische, halb europäische Treiben
in seinem Notizbuch festhält. Den Mann im
Teehaus beschreibt, in weißen Beinkleidern,
mit Tarbusch auf dem Kopf und grüner
Brille auf der Nase, die ihm das Aussehen
eines phantastischen Tieres gibt, halb Kröte,
halb Truthahn. Die Beduinin, die auf dem
Markt Trauben verkauft, ihre männlichen
Arme, ihr Gesicht ziemlich platt, die Zöpfe
mit Bändern durchflochten, mit Fett lackiert.
Das herankommende Kamel, von vorn, in
Verkürzung, den Fellachen dahinter und zwei
Palmbäume, im Hintergrund die ansteigende
Wüste.
In kühlem Tonfall hält Flaubert seine
Beobachtungen fest, ein Bruder all dessen,
was lebt, aber voll Abscheu gegenüber der
Menschheit. Was er vermischt sieht, beschreibt
er als Welten, die doch nur nebeneinander
bestehen, und nur, weil sie sich fremd bleiben,
einen Reiz aufeinander ausüben.
Dass Flaubert ein Jahrzehnt nach seiner
Ägyptenreise einen Roman über den modernen
Orient ins Auge fasst, berichten zwei Chronisten
des Pariser Salons. Inzwischen ist er nämlich
mit Edmond und Jules de Goncourt befreundet,
die all ihre Begegnungen mit ihm aufzeichnen.
Ihren Notizen nach fahren die beiden Brüder
am 29.März 1862 nach Croisset, wo Flaubert
mit seiner Mutter und einer Nichte lebt, mit
der Eisenbahn bis nach Rouen und den Rest
des Weges mit der Droschke, und erreichen
zu Mittag das Haus, das am Ufer der Seine
liegt, man wähnt sich hier weniger an einem
Fluss, als in einer Meeresbucht. Die Brüder
beschreiben die Zypressen, die das Anwesen
absäumen, ein ehemaliges Kloster, das Flauberts
Vater, ein Chirurg, kurz vor seinem Tod
kaufte, auch die Kähne, die an den Fenstern
vorbeiziehen, und den Abhang,
der hinter dem Haus ansteigt. Wir
verbringen den Sonntagnachmittag
bei Flaubert, erstaunt über die
vergoldete indische Göttin, die
den Kamin seiner Schreibstube
schmückt, und über die Seiten eines
Romans auf dem Tisch, die fast nur
aus Streichungen bestehen. All die
weiß getäfelten Räume sind mit
Andenken aus dem Orient überfüllt,
mit Teppichen, Amuletten, Waffen,
Musikinstrumenten, sogar zwei
Mumienfüße gibt es, die Flaubert aus
einer Grotte entwendete, und auf dem
runden Arbeitstisch mit der grünen
Decke steht ein krötenförmiges
Tintenfass.
An jenem Nachmittag sitzt Flaubert
im Türkensitz auf dem Schlafdiwan
und gibt seinem heftigsten Wunsch
Ausdruck, einen, wie er sich
ausdrückt, Roman über den Orient
im schwarzen Kleid zu schreiben. Er
malt sich Szenen von europäischer
Heuchelei und orientalischer
Verderbtheit aus, die in Paris,
Konstantinopel und auf dem Nil spielen sollen.
Vergleicht seine Vorstellung mit einem Schiff,
auf dem an Deck ein Türke in Dusautoy-
Kleidern lustwandelt, während im Schiffsbauch
sein Harem gehorsam auf ihn wartet.
Spricht von Köpfen, die wegen einer bloßen
Laune rollen, von europäischem, jüdischem,
moskowitischem und griechischem Gesindel,
von einem französischen Chemiker, der sich in
der Libyschen Wüste zum archaischen Beduinen
verwandelt. Berauscht sich an den krassesten
Gegensätzen, die das Aufeinanderprallen
von Morgen- und Abendland nach sich
zieht. Während nämlich der Orient zivilisiert
werde, verwildere Europa wieder, das erzeuge
befremdliche Widersprüche und biete Stoff für
ein unabsehbares Bild des Lebens, das er durch
eine martialische Handlung, der gegenseitigen
Vernichtung aller Figuren, zusammenzuhalten
gedenkt.
Jenen Roman bringt Flaubert nie zu Papier.
Beim Beiseite-Legen der Goncourt-Tagebücher
malt sich Paul Clement den Abschied des
jungen Gustave vom Haus an der Seine aus,
fünfzehn Jahre vor jenem Nachmittag mit den
Brüdern Goncourt, im Jahr 1849, als er, ein
unbekannter Provinzschriftsteller, seine Reise
nach Ägypten antritt, und ihn die Tränen und
das schmerzverzerrte Gesicht seiner Mutter
beinahe zerreißen, er sich daraufhin in Essund
Saufgelage stürzt, ein Bordell aufsucht,
in der Oper bourgeoise Spießer beargwöhnt
und in einem Salon über den herannahenden
Sozialismus diskutiert.
Im Orient sucht Flaubert, was er zu Hause
vermisst, und verspricht doch der Pariser Hure,
sie bei seiner Rückkehr erneut zu besuchen,
ja hat in Croisset die gespitzte Feder neben
das Blatt Papier gelegt, um, einmal zurück
an seinem Schreibtisch, den begonnenen
Absatz ohne Verzögerung beenden zu können.
Als er den Fuß auf ägyptische Erde setzt,
langweilen ihn die Tempel nicht weniger
als die Kirchen der Bretagne, und die ihm
liebsten Stunden im Orient verbringt er mit
Kurtisanen. Indes, fünfzehn Jahre später, da
er längst wieder im Haus seiner Mutter lebt,
zusammen mit seiner Nichte, der Tochter
seiner verstorbenen Schwester, in diesem
strengen, bürgerlichen Haushalt, normannisch
sparsam, unweit der neuen Fabrikschlote, der
Getreidebörse, der Kolonialwarenläden, Banken,
Baumwollwebereien und Bergwerke, fasziniert
Flaubert die Aussicht auf einen Roman, der
davon handelt, was ihn doch eigentlich abstößt:
die moderne Barbarei, die freche Ungeniertheit,
der religiöse Irrsinn, die menschliche
Dummheit.
Was für ein Trotzkopf, ein Bürokrat der Seele,
genau und zugleich widersprüchlich! Am Abend
nach seiner Romanvision tanzt Flaubert den
Idioten des Salons, zieht, so die Brüder Goncourt,
wilde Grimassen und verwandelt sich in eine
Karikatur, ähnlich wie er einst als Kind in die
Haut des Knaben schlüpfte, einer imaginären
Person, die er mit einem Schulkameraden
erfand, mit Gesten eines Automaten, die beim
Betreten einer Kathedrale abgehackt und schrill
lachend ausruft, Schön ist sie, diese gotische
Architektur, sie erhebt die Seele, ja das ist schön!
Stundenlang die ärztlichen Plädoyers seines
Vaters parodiert, Prozesse um ungeklärte
Todesfälle, Leichenreden auf lebende Personen,
auch Gedichte macht, am Ende sogar ein Hotel
der Farcen unterhält, in dem das Fest der Scheiße
gefeiert, und wo in den Korridoren der Befehl
ausgegeben wird, Drei Eimer Scheiße auf
Zimmer 14! Zwölf Godemichés auf 8!
Das Fremde herbeisehnend, vor dem er sich
doch eigentlich ängstigt, weiß Flaubert eine
Freiheit vor sich, deren Folgen kaum zu
ermessen ist. Ist tiefsinnig und verwirft diesen
Tiefsinn, ist lebenshungrig trotz drückender
Müdigkeit, überdrüssig bei ungebrochener
Neugierde.
Walter Grond, geb. 1957, lebt in Aggsbach Dorf/
Wachau, Romancier, Essayist, Herausgeber,
Netzwerker.
Buch zuletzt: Drei Männer, Novelle, 2005. Aktuelle
Projekte: www.readme.cc (Viertuelle Bibliothek), www.
lesenamnetz.org (Bücher und Websites).
ST/A/R Buch VI – Literatur Nr. 10/2006 45
Fische vom Land ins Meer treiben, Sebastian Weissenbacher
(www.weissenbacher.net)
Memory & Wahrheit
Heraklitos meint, man könne nicht zweimal in denselben
Fluss steigen. Kratylos beteuert, man kann es auch nicht
einmal tun. Durch die Möglichkeit des Vokabellernens
wird das kindliche Gemüt wahrheitsfähig und nähert sich
Ann Cotten, geboren 1982 in Ames, Iowa, lebt seit 1987 in Wien.
Verfasserin von Prosa und anderen Formaten, im Frühjahr 2007
erscheinen die Fremdwörterbuchsonette.
gleichzeitig dem Denken des Greisen an. Dieses Spiel
hilft Ihnen, sich selbst und Ihr Kind vor Annahmen der
Identität zu schützen und kritisiert mit Ihnen gemeinsam
den Begriff der Wiederholung. Memory wird daher auch
in Alters- und Pflegeheimen sehr gerne gespielt.
Schneiden Sie zu diesem Zweck die 30 Kärtchen aus und
montieren Sie sie am besten auf Kartonkärtchen gleicher
Größe, falls Sie Karton zur Hand haben. Achten Sie dabei
darauf, dass die Rückseiten der Kärtchen
ununterscheidbar sind. Legen Sie die Kärtchen in einer
ansprechenden Formation auf eine ebene Fläche mit dem
Rücken nach oben aus. Man deckt reihum jeweils drei
Kärtchen auf und nach Betrachtung wieder zu. Gelingt
es per Glück oder Wissen, ein Trio der drei aufeinander
verweisenden Kärtchen zu lüpfen, so werden diese
entfernt und die Spielerin darf nochmal. Wer am meisten
Dreiergruppen unter den Nagel gerissen hat, wenn die
ebene Fläche leergeräumt ist, hat gewonnen, im Grunde
ist dieses Spiel aber eher ein Quartett.
Ann Cotten
Ein Satz
Ferdinand Schmatz
Aus: Durch Leuchtung
Schau: Liese geht auf die Wiese und pflückt sich
ein Blümchen. Die Sonnenstrahlen erwecken sie,
das Blümchen ein Gänschen, das passt sich ihr an,
schmiegt, schnattert nicht, es wiegt. Sie und uns. Ihr
ruhendes Drängen allein macht satt an Lust.
Und Franz? Der erinnert sich an sie, er hielt ein
Foto in der Hand, auf dem er abgebildet lieb im
Gras sitzt, und er beschreibt: die Grashalme reichten
mir fast bis zur Stirn, eine Dotterblume verdeckte
die rechte Wange, ein Baum verdunkelte den
Hintergrund, der Wind strich über mich vom Hügel
herunter, dass die Gräser zitterten, ich lächelte, das
war der Weg der Verführung, unschuldig berührt. Es
wirkte, das spürte ich, ich sah bereits mit dem Wind
auf mich und mein Lächeln herab, durchgehend, ja,
durch mich durch ging es durchgehend posierlich.
Das Mädchen, am Foto nicht zu sehen, am Abhang
unterhalb der Wiese in meinem Blickraum,
schwebte durch. Ihre langen Haare ...
Die Klarheit der Idee, jener ungreifbare Kristall im Nebel,
steht im süßen Widerspruch zum Bildnis, das er selbst von
sich, etwas verwischt hatte. Es gibt so Tage, sagte er zu sich,
wo du weißt, dass nichts von Bedeutung ist, aber alles, was
du anfasst, die Bestimmtheit hat, was zu bedeuten. Und?
Du findest keinen Weg, die Idee, die der Sache zu Grunde
liegt, zu erahnen, geschweige denn, zu wissen, was sie
ist. Woher sie kommt, sie, fragst du, gar nicht so einfach
in den Tagdunst hinein, und antwortest, als würdest
du so etwas wie einen Horizont an Einsicht oder gar an
Gewissheit sehen, ganz bestimmt:
Sie stammt, weißt du, aber verziehst verächtlich den Mund,
vom Bild her, das in uns schlummert, der Kern ist im
Apfelkristall, ganz allgemein und ganz speziell, von dem
Bild drinnen und dem Bild draußen, fraglos und wie. Aber
wie wirklich?
Woher stammte sie, und von wo kommen sie gerade her,
ins Bild gleichsam, fragte er, und blickte auf das Foto und
auf Professor Pokieser, der an seinem Bettrand stand.
Pokieser wollte ihm keine Antwort geben, ich weiß es
nicht, das hätte ihm zu tiefgründig geklungen, und so
antwortete Franz professionell oberflächlich korrekt – sich
selbst. Sie hieß Liese, das Mädchen da, vor, unter halb von
mir, das sehe ich doch, noch ... - und Pokieser tat nicht
einmal erstaunt, so dass Franz nichts übrig blieb, als selbst
weiter zu tun: Ein Mädchen ..., Liese, Elisabeth, Lieschen?
Nein, so hat sie nicht geheißen, sie war etwas, das ich nicht
benennen kann, nicht benennen will, das genügt. So, sagte
Pokieser, aber meinte er Liese oder die Situation, in der
er seine Handlungen setzte. Was sie war, nun, sicher da
war sie, darüber hinaus, innen ein Bild und mehr, so wie
das Nichts, wahrscheinlich rein - und die Sünde auch, so
traumwahr da, und hat genügt.
Leuchten wir also anders und in die Gegenwart hinein,
stellte Pokieser in Aussicht, griff in seine Tasche und
reichte Franz das Kuvert mit den Aufnahmen über den
Bettrand hinweg:
In diesem Schatten, den ihre Hände als
Hundekopfkonturen auf die Wand warfen, hielt er das
Kuvert mit dem Befund und den Bildern hoch: das
Röntgenbild, das durch die Bestrahlung seines Leibes
hergestellt wurde. Was nicht zum Durchleuchten
war, schirmten sie mit den Bleiwesten ab, das hatte
Franz erwartet, brach sich an der Bauchdecke oder
am Knochengerüst, je nachdem, und still blickten sie
nun auf das Resultat der Brechung, auf das grünmatte
Zeichenfeld. Dieses zu betrachten, hieß, es zu lesen.
Wo sich die Zuordnungen im Sichtbaren wie von selbst
ergaben, erübrigte sich jedes Schauen. Sie lasen das Bild,
und die einzige Bedeutung, die es hatte, war es als ganzes
Zeichen. Missbildungen waren nicht auszunehmen, aber
Wucherungen brechen unangemeldet ein, das hatte Franz
gelesen, sie haben keine Botschaft im voraus, sie schließen
sich mit dem, was sie bedeuten, in dem Moment wo die
Bedeutung aufleuchtet, kurz. Das ist der Tod. Aus. Anfang.
Der Professor nahm sein Lexikon, das neben dem
Spitalsbett auf dem Tischchen mit Obst, den Zeitungen
und der leeren Glasvase, lag, zur Hand, sagte, darf ich?!,
blätterte darin, und in Danja, die leise das Zimmer betreten
hatte und im Hintergrund die Szene betrachtete, löste
sich ein kleiner Sturm von Verlangen, von Sehnsucht
nach etwas an Einsicht, von dem sie glaubte, es zu
haben, vergraben in sich zu - wissen. Ja, zu fühlen war
es jedenfalls, ist es und umso gefährlicher, umso für
sie gefährdender erschien ihr der Moment dieses
Wohlempfindens aus Nebel, Verwirrung und Leidenschaft,
die wie eine Erinnerung durch sie glitt, und was noch
schlimmer war, auf sie einwirkte wie Lust. Was machte der
Kerl da mit Franz. Und mit mir.
Die Lust ist exzessiv, aber Ekstase blamiert unser Können,
ist das die Freiheit, die Blamage, fragte sie still in das Buch
hinein, das Pokieser in ihrer Erinnerung aufschlug. Hatte
sie geseufzt. Gestöhnt. Franz blickte hoch und winkte ihr
zu. Pokieser legte das Buch weg, sagte, wir besprechen das
später und verließ das Zimmer.
Auch Franz las in ihrem Gesicht, in ihren Augen,
ihrem Blick mit und bemerkte wieder einmal, dass
er nichts als lese und lese, und so wesentlich eben
war das, aber ob es sein Wesen, gar als Bildermacher
oder Gegenständemacher, eben ausmachte, gar eine
Lustaufnahmemaschine zu sein, ein Subordnerbübchen,
das nur registriert und verschiebt, das, was es aufgreift,
sieht, sammelt, deformiert und neu zusammensetzt, wie
das wissen...
Aber die Röntgenbilder, die Röntgenstrahlen, die gehen
doch eins zu eins unter die Haut und die Durchsicht
ist klar gegeben, da brauchst du nichts aufgreifen und
weiterverwenden, das ist Original, das sich vom anderen
abhebt, jedem das seine, da kannst du machen was du
willst, aber um es hervorzuheben, muss das andere
abgedunkelt werden, da hilft nur Blei.
Abschirmen mit Blei, abschirmen an sich, fragte Danja
weiter, hatten sie das vor, dich abzuschirmen, und du
dich auch mit der Liese auf der Wiese? Er verneinte,
nein, keineswegs, ich strahlte einfach so raus in die
Welt, so wie ich als Bub immer strahlte, ganz offen, im
Haus wie auf der Wiese, oder auf der Strasse, am Ring
in Wien, also auf der Ringstrasse, wo ich stand und den
vorbeimarschierenden Soldaten zuwinkte, damals in den
x-Jahren, unserem Heer, oho, ich in der Lederhose und mit
dem Lächeln von Liese auf der Wiese, ein Kind der Nation,
ein Volksvorzeigeknäbchen, dennoch oder deswegen ein
irgendwie verlorener Gegenwärtiger, Stiller. Und dort,
im Stillen, fühlte ich auch einen Schatten auf meiner
Herzeigeseele, von der ich nicht wusste, dass sie ein solche
war oder ein solches Bild des Was-auch-immer-Getreuen,
des Braven halt abgab. Ein Bild von mir, das von außen
kam, und auch festgehalten wurde, in einem Film, den ich
vor kurzem zufällig im Fernsehen sah. Ich bin also eine Art
Dokument - geworden oder war es von Anfang an.
Aber das Röntgen, das Röntgen, wie der Herr Professor
Pokieser es eben nicht sagt, der, der das Krankenzimmer
vorher verlassen hat, Danja, denn der sagt ja nie etwas,
das gibt und zeigt uns die Sicht nach innen, und das,
nur um zu helfen. Das rief Skepsis hervor, in beiden,
in Franz und Danja, nur nicht zu sehr auf sich helfen
lassen zu vertrauen. Worauf Franz aus seinem Gedächtnis
hervorkramte: Es gibt drei Strahlungsarten, die mit dem
griechischen Alphabet bezeichnet wurden - Alpha, Beta,
Gamma, so heißen sie. Und die Intensität der Strahlen ist
steigend von Alpha über Beta zu Gamma, so wird es immer
gefährlicher, erwähnte er vor Danja, und die fragte sich,
wie sie was mit der Intensität anfangen sollte, wenn sie die
Ekstase in Frage stellte.
Wiederum wusste Franz nicht, was sie genau dachte,
aber dass sie dachte und zweifelte, das ahnte er. Er stellte
deswegen nicht sie in Frage, eher sich, und fühlte es,
heiß, in sich brodeln. Dieses Empfinden bündelte sich zu
einer Art innerer Strahlung zusammen, die sich über den
Magensäften zu Kegelspitzen formten und dann als sich
ausdehnender Ballon, bis zur Gurgel hochstiegen und sich
dort festzusetzen oder hin und her zu schwappen schienen.
Die Hitze spürte er in den Ohren, sie raste dort mit
einer Tonstärke, die wahre Leibhaftigkeit annahm - aber
messbar dürfte das ganze nicht sein, diese Psychostrahlung
unter der Haut und nicht aus ihr heraus tretend, diese
Umschnürung des inneren Angstpakets -
...
Na ja, Beschreibung ist das nicht, Franz metaphorisierte
gerne, sprach in Bildern, ein wenig schiefen. Das Gänschen
begann plötzlich doch zu schnattern. Ist das deine Absicht,
ein inneres Feuer hervorzulocken, über die verwortakelte
Formulierung, setzte Danja, die Liese auf der Wiese, nach,
und Franz horchte in sich, der Ton ließ nach, die Wellen
stiegen vom Hals in den Mund hoch, entfleuchten von
dort, mit dem Atem gings dahin, und er war wieder in der
Lage, zu artikulieren:
Willst du meine Meinung zu den Aufnahmen hören,
wie das gemacht wird, worum es geht, Abbildung
oder Nachbildung, dann muss ich auf Aristoteles
zurückgreifen, ja, zur Poetik des Aristoteles und nicht zum
Strahlenschutzgesetz, forderte Franz weder Danja noch
Pokieser, der ja gar nicht mehr im Raum war, sondern
sich selbst heraus. Ohne jede Vorbereitung auf dieses
Thema. Danja schwieg da lieber, ihr Lächeln dazu erfolgte
unsichtbar, drinnen in ihr lächelte sie, es ging durch den
Körper, durch die Rippenbögen und das Muskelfleisch,
es zog, auch darunter, wo nichts war, spürte sie den Zug
dieses Lächeln, ach wenn die wüssten, Aristoteles und
Liese auf der Wiese, das Tragische, Arkadien, das Wissen
von dort, an sich, und ich!
- Aber wirklich nicht so wie ich, wo ich beim Psychotext
den Baum zeichnete, verästelte, ineinander wuchernde
Zweige, eine Krone der Wirrniss, der Stamm kerzengerade,
schlank, aber mächtig, und dann der Boden, der Grund,
die Ebene, ein Strich, noch geradliniger gezogen als
der Stamm, darunter nichts, Nichts, ... er strebt nach
Höherem, hat aber keine Grundlagen, sagte die Stimme
der Bezirkspsychologin vom Arbeitsvermittlungs- und
Beratungsamt, ja so war ich und bin ich, aber Liese auf
der Wiese und Aristoteles, das Danja, das ging so, nämlich
unter die Haut, und es kam von draußen:
Ferdinand Schmatz, Dichter und Essayist, lebt in Wien. Studium
der Germanistik und Philosophie in Wien. 1983-1985 Lektor in Tokyo.
Herausgeber des Nachlasses von Reinhard Priessnitz. 1995-1996 Juror
beim Bachmann-Wettbewerb. 1999 Christine Lavant Lyrik-Preis. 2002
Anton Wildgans-Preis. 2004 Georg Trakl-Preis.
Veröffentlichungen (zuletzt): das grosse babel,n. gedicht (1999);
portierisch. roman (2001); tokyo, echo oder wir bauen den schacht zu babel,
weiter. gedicht (2004); Felicitas Leitner und der verlorene Rettungsring.
Hörspiel, (ORF 2004).
46 Nr. 10/2006
Buch VI – Literatur
ST/A/R
Freier Fall
Wolfgang Mörth
Als sich die Lage meines Unternehmens
Anfang 1997 dramatisch verschlechtert
hatte, und ich mit meinen Nerven
ziemlich am Ende war, beschloss ich kurzerhand
nach Vals in die vor einem Monat neu
eröffnete Felsentherme zu fahren, um mich
dort für zwei Tage von meinem nicht mehr zu
unterdrückenden Hass auf ein paar Kollegen,
Geschäftspartner und Bankdirektoren zu
reinigen. Ich hatte viel von Peter Zumthors
Neubau gehört, überhaupt war Zumthor
in Bregenz, wegen seines umstrittenen
Kunsthausbaus, seit Jahren schon ein dankbares
Gesprächsthema gewesen. Ich, für meinen Teil,
bewunderte ihn für seine Fähigkeit, einmal für
gut befundene Ideen auch unter Druck und
gegen Widerstände durchzusetzen.
Ich kam am 16. Jänner gegen Mittag in Vals
an, am Nachmittag des folgenden Tages
reiste ich wieder ab. Das genügte, um mein
Leben wieder auf die Schienen zu stellen.
Alle, die jetzt glauben, das habe etwas mit
der speziellen Atmosphäre zu tun gehabt,
die in der Felsentherme herrschte, muss ich
enttäuschen. Der Aufenthalt dort hat mir
zweifellos geholfen, ich schätzte auch das Fehlen
von Chlorgeruch und Kindergebrüll, doch zu
einer derart fundamentalen Änderung meiner
Haltung hätten die „Sorgfalt und Poesie“ sowie
die „radikale Ästhetik und Formensprache“ * der
Architektur allein niemals führen können. Mein
Erweckungserlebnis, um es einmal pathetisch
auszudrücken, hatte ich an einem anderen Ort,
und aus einem anderen Grund.
Der drohende Konkurs und die damit
zusammen hängenden Enttäuschungen
hatten mich aufgewühlt und geschwächt.
Ein Zustand, der aus heutiger Sicht auch
seine Vorteile hatte. Lang gepflegte innere
Barrieren begannen durchlässig zu werden.
Ich fühlte mich sozusagen offen auch für
Ungewöhnliches, für eine verhängnisvolle
erotische Begegnung zum Beispiel, oder
für die leichtsinnige Überschätzung meiner
körperlichen Fähigkeiten, sogar die Möglichkeit,
nicht mehr nach Hause zurück zu kehren,
sondern mich von Zürich aus nach Übersee
abzusetzen, zog ich in Erwägung. Zeichen des
Ausnahmezustands, in dem ich mich befand,
war auch der Umstand, dass ich mein Auto zu
Hause stehen hatte lassen und mit öffentlichen
Verkehrsmitteln angereist war. Man muss
immerhin dreimal umsteigen, um von Bregenz
nach Vals zu kommen, aber selbst das nahm
ich stoisch hin. Die letzte Strecke ab Ilanz saß
ich ganz hinten in einem fast leeren Bus und
stierte geistesabwesend in die Schluchten des
Valsertales hinunter.
An der Rezeption des Hotels ließ ich mir die
Benutzungsregeln der Badeanlage erklären
und erfuhr, dass ich Glück hatte, denn am
Donnerstag stehe den Hotelgästen das Bad bis
24 Uhr zur Verfügung. Da ich also genügend
Zeit für mein Wellnessprogramm haben
würde, beschloss ich, noch ein wenig Luft zu
schnappen.
Ich bin nie ein Spaziergänger gewesen, also
keiner, der herum schlendert, um sich die
Gegend anzuschauen, sondern ich brauchte
immer schon ein Ziel, auf das ich lossteuern
konnte. Deshalb erkundigte ich mich bei einem
Ortsansässigen nach einem bewältigbaren
Wanderweg und bekam auch einen brauchbaren
Tipp. Mit dem Sessellift hinauf zur Bergstation
Gadastatt und über Furt nach Zervreila. Dort
könne ich mir einen Schlitten ausleihen und
auf der acht Kilometer langen Straße wieder
herunter nach Vals rodeln. Aber ich solle mich
beeilen, in ein paar Stunden beginne es zu
schneien.
Die Doppelsessel der uralten Liftanlage
holperten derart über die Stützrollen, dass mich
nach einer Weile das Gesäß schmerzte. Mein
Sitz hatte die Nummer 60. Daran erinnere
ich mich gut, denn das ist mein Jahrgang,
außerdem gehören Zahlen zu meinem Beruf.
Die Fahrt hinauf dauerte 11 Minuten.
Es waren zwar einige Schifahrer unterwegs,
aber so weit ich sehen konnte, war sonst
keiner der Sessel besetzt. Auch später, auf
meinem Fußmarsch, begegnete ich keiner
Menschenseele.
Ich trug festes Schuhwerk und einen
einigermaßen warmen Mantel. An Handschuhe
und Kappe hatte ich nicht gedacht. Schlimmer
wäre ich ohne Sonnenbrille dran gewesen, denn
hier heroben auf etwa 1800 Meter war ich Licht
und Strahlung schutzlos ausgeliefert.
Der Weg führte am Westhang entlang
eineinhalb Stunden Richtung Süden und stieg
dabei noch etwa 200 Höhenmeter an. Zunächst
war es noch frühlingshaft warm in der Sonne,
später dann zogen von Westen her Wolken
über den Kamm und es wurde schlagartig
kälter. Jetzt ärgerte ich mich, dass ich nicht
besser ausgerüstet war. Der Ärger brachte
mich fast zum Weinen. Ich schlug den Kragen
meines Mantels hoch, stopfte die Hände tief
in die Taschen und stellte mir vor, wie ich hier
heroben wie ein dummer Tourist im Schnee
stecken bleiben und schließlich erfrieren
würde. Andererseits wäre das eine spektakuläre,
fast symbolische Art gewesen, mich aus
meiner Misere zu verabschieden. Abseits
jedes ausgetretenen Pfades, erstarrt zu einem
grotesken Mahnmal, womöglich mit einem
Brief in der Tasche, in dem die Schuldigen an
meinem Tod unmissverständlich beim Namen
genannt wären, würde man mich in einem
der hintersten Schweizer Bergtäler auffinden.
Während ich durch die Schneelandschaft
stapfte, textete ich in Gedanken an meiner
Anklageschrift herum, und je länger ich
nach dem stichhaltigsten Ausdruck für mein
Bedürfnis nach Rache suchte, desto mehr wurde
daraus eine abschließende, mit Allem und
Jedem abrechnende Rede an die Menschheit.
In meinem Zorn übersah ich den Weg, das
Wetter, die Zeit. Plötzlich stand ich zwischen
ein paar Almhütten am höchsten Punkt meiner
Wanderung und erschrak, als ich den Stausee
unter mir liegen sah. Diese Mauer und diesen
See hatte ich hier nicht erwartet. Es war das
Unerwartete, das mich erschreckte. Noch dazu
in dieser Form. Ein unter enormem Druck
stehendes Bauwerk, das seinen Bauch dem
Wasser, dem Eis, dem Berg entgegen wölbte.
Gigantische potentielle Energie, lautlos wie
der Schnee, der inzwischen fiel. Von allen
Seiten waren kleine Lawinen auf die Eisfläche
gerutscht. Weiter hinten rumpelten die
Schneebretter von den tagsüber aufgeweichten
Hängen. Zervreila. So hieß alles hier. Der
Staudamm, der See, der gottverlassene Ort.
Auch das Gasthaus, in dem ich mich später
aufwärmen, einen Früchtetee trinken und
mir für 11 Franken einen Schlitten ausleihen
würde. Ich kam dort an, als der Bus aus Vals
gerade eine Horde Touristen ablud. Als einer
der ersten, so als gehörte ich dazu, betrat ich
das Lokal. Ich setzte mich zu Fremden an den
Tisch, lächelte verbindlich, bestellte mit den
anderen zusammen mein Getränk, blätterte
in einer Illustrierten. Unauffällig. Nach einer
halben Stunde brach ich gemeinsam mit ein
paar anderen wieder auf. Die Wirtin sollte mich
als Mitglied der Gruppe wahrnehmen.
Da die anderen den Eindruck erweckten, sie
hätten Erfahrung mit der Strecke, und würden
daher schneller rodeln als ich, beschloss
ich, sie voraus fahren zu lassen. Ich setzte
mich auf meinen Schlitten und wartete. Es
hatte aufgehört zu schneien, deshalb war die
Staumauer jetzt auch von hier aus deutlich
zu sehen. Das Gasthaus lag etwa 60 Meter
unterhalb des Mauerscheitels. Als ich ihn vor
einer dreiviertel Stunde überquert hatte, war
die Hütte durch den Schneeschauer hindurch
nicht zu erkennen gewesen. Auch dieses
Wesen (das ist die beste Bezeichnung, die mir
einfällt) nahm ich erst wahr, als ich es schon
fast erreicht hatte. Es saß auf dem talseitigen
Geländer über der tiefsten Stelle des Abgrunds,
hatte die Schultern hochgezogen, die Arme
auf dem Geländer abgestützt und die Füße
auf die untere Stange gestellt. Dann, als ich
auf seiner Höhe angekommen war und es
immer noch nichts von meiner Anwesenheit
bemerkt zu haben schien, reagierte ich auf
diesen Impuls. Von Planung konnte keine
Rede sein. Es kam mir einfach in den Sinn.
Beiläufig sozusagen. Diesem Impuls ging nichts
voraus, was ich eine bewusste Entscheidung
genannt hätte, zumindest keine, die mit dem
Folgenden zu tun hatte. Ich weiß noch, dass
ich mit ganz alltäglichen, für mich typischen
Fragestellungen beschäftigt war. Zum Beispiel,
wann dieser Mensch denn nun endlich auf
mein Näherkommen reagieren und in welcher
Art ich ihn dann grüßen würde. Ich suchte
nach einem Tonfall, der sowohl diesem
ausgesetzten, unwirtlichen Ort als auch meiner
eher zurückhaltenden Art entsprach. Doch es
kam zu keinem Gruß, denn das Wesen drehte
sich nicht um. Selbst als es meine Schritte
schon hören hätte müssen, blieb sein Kopf,
über den die Kapuze eines matt roten Anoraks
gezogen war, zum Abgrund hin gesenkt. Es trug
eine ausgebleichte, blaue Trainingshose und
Turnschuhe. Zu wenig bei dieser Kälte. Durch
die Kleidung glaubte ich, einen schmächtigen
Körperbau zu erahnen. Es hätte sich sowohl um
eine Frau, um einen zierlichen Mann als auch
um einen Jugendlichen handeln können. Aus
der Haltung war es nicht eindeutig abzulesen.
Wären die folgenden Sekunden nach einer
anderen Choreografie verlaufen, dann wüsste
ich es vielleicht, oder hätte zumindest Stoff für
ein paar Verdachtsmomente. So machte ich,
ohne etwas zu wissen, und eigentlich, ohne
etwas zu wollen, einen Satz nach vorn. Doch
statt auf einen Widerstand zu stoßen, fuhr
meine Hand ins Leere. Ganz leicht streiften
meine Fingerspitzen gerade noch die Kapuze
des Anoraks, dann knallte ich von der Wucht der
eigenen Trägheit umgerissen mit der Brust auf
das Geländer. Ich suche nicht nach Ausflüchten,
doch Tatsache ist: Mein Stoß und sein Sprung
ereigneten sich zeitgleich. Unsere Bewegungen
waren von perfekter Symmetrie. Ein Beobachter
hätte mich zweifelsfrei für einen Mörder
Günther Kaip, geboren 1960, lebt in Wien,
schreibt Lyrik, Prosa (Erzählung, Roman), Wort-
Bildarbeiten. Auch Kinderbücher. Zahlreiche
Buchveröffentlichungen: zuletzt Nacht und Tag, Ritter
Verlag, Der Schneemann (Kinderbuch, illustriert von
Angelika Kaufmann) NP-Verlag.
ST/A/R
Buch VI – Literatur
Nr. 10/2006 47
gehalten, doch es gab keinen Beobachter, nicht
einmal mein potentielles Opfer selbst konnte
etwas von meinem versuchten Anschlag geahnt
haben.
Ich rappelte mich hoch, peinlich berührt, so als
hätte ich gerade den Ball auf dem Elfmeterpunkt
verfehlt, und setzte meinen Weg fort, als
wäre nichts geschehen. Ohne dem Körper
nachzuschauen, ohne mich umzudrehen, ohne
einen Gedanken an die möglichen Motive für
diesen Affekt zu verschwenden, ging ich weiter.
Nur eines tat ich, weil ich es immer schon getan
hatte. Ein harmloser Zähl- oder Messtick. Ich
zähle die Sekunden mit. Auf meine innere
Taktfrequenz kann ich mich verlassen. Ich
zähle mit, bis der Computer hoch gestartet ist,
bis der Kaffee durch die Maschine gelaufen ist,
bis meine Sekretärin im Vorzimmer endlich
das Telefon abhebt. Alles hat seine Zahl, alles
braucht seine Zeit. Von meinem vergeblichen
Stoß an zählte ich also mit. 1 – 2 – 3 – 4 – 5
– 6. Bei 6 hörte ich den Aufprall. Es war ein
Krachen, deutlich als das Durchschlagen der
Eisdecke jenes Beckens zu erkennen, in den der
Bach am Fuß der Mauer gefasst war. Während
ich mich entfernte, berechnete ich überschlägig
die Fallhöhe. Ich berücksichtigte dabei auch
die Zeit, die der Schall benötigte, um mein
Ohr zu erreichen, das heißt, ich zog von 6 eine
halbe Sekunde ab, und kam auf etwa 145 Meter.
Spätere Recherchen ergaben eine tatsächliche
Bauhöhe von 151 Meter.
1 – 2 – 3 – 4 – 5 – 6. Das war auch der
Vorsprung, den ich den anderen Rodlern ließ,
bevor ich mich selbst abstieß.
Abgesehen von der Tatsache, dass mir bei
der rasanten Talfahrt auf der steilen Straße
beinahe ein Daumen, die Nase und beide Ohren
abgefroren wären, verlief der Aufenthalt in
Vals sehr erfreulich. Was man sich über die
Atmosphäre in der Felsentherme erzählte, war
nicht übertrieben. Schummriges Licht und
sphärische Klänge, Urgestein und Blütendüfte,
dazu warmes Wasser. Selbst auf einen eher
nüchternen Menschen wie mich hatte diese
Kombination die voraus gesagte Wirkung.
Einige Stunden lang wechselte ich wie in Trance
von einem Höhlenbecken ins andere und
schwebte bewusstlos in verschiedenen Bäuchen
der Erdenmutter. Auch das Durchlaufen der 6
düsteren Schwitzkammern fühlte sich an wie
das Eindringen in ein immer früheres Stadium
der Existenz. In der 6-ten und letzten Kammer
atmete ich bereits den heißen Urnebel ein,
der aus vulkanischen Tiefseeschloten strömt.
Danach aß ich im Restaurant etwas das Capuns
hieß, ein mit Mangoldblättern umwickeltes
Gemisch aus Spätzleteig und Bündnerfleisch,
überbacken mit Bergkäse. Dazu trank ich einen
ganz ordentlichen Shiraz. Das Hotelzimmer war
nicht der Rede wert, der Schlaf allerdings tief
und traumlos.
Auch später träumte ich nicht von fallenden
Körpern oder von Wasserleichen, kein Geist
versuchte sich im Schlaf an mir zu rächen.
Ich hatte mir ja nichts zu Schulden kommen
lassen. Dieser Sturz geschah unabhängig von
meiner Anwesenheit, unabhängig von meinem
Willen, ich hatte lediglich aktiven Anteil an
einem Augenblick, in dem zwei Menschen
gleichzeitig erkennen, wozu sie wirklich fähig
sind. Die folgenden Wochen und Monate sollten
zeigen, was diese Erkenntnis in meinem Leben
bewirken würde. Ich hatte nicht das Gefühl,
etwas Entscheidendes an meinem Verhalten
habe sich geändert, und doch schienen sich
die Dinge plötzlich wie von selbst zu fügen.
Zum einen waren in den zwei Tagen meiner
unangekündigten Abwesenheit gravierende
Konflikte zwischen einigen von denen
entbrannt, die sich sonst gegen mich verbündet
hatten, andererseits schien die Gelassenheit
und Jovialität, die ich jetzt an den Tag legte,
dazu zu führen, dass jeder einzelne glaubte, ich
hätte etwas gegen ihn in der Hand. Es dauerte
nicht lange, und meine ärgsten Gegner im
Management segneten meine Konzepte ab,
die Gesellschafter erklärten sich bereit, noch
einmal Geld nachzuschießen und auch die
Direktoren der Banken sprachen auf einmal
statt von Schulden von Risikokapital. Folge war,
dass die von mir schon lange empfohlenen
Maßnahmen nun endlich umgesetzt werden
konnten. Alles ging noch schneller als ich
gehofft hatte. Das Geschäft entwickelte sich
derart gut, dass schon ein halbes Jahr später
die Vorarlberger Nachrichten von einer neuen
Blüte des Unternehmens und von sicheren
Arbeitsplätzen schrieben. Wir waren über dem
Berg, und ich war der ehemalige Schwächling,
der zwei Tage an einem unbekannten Ort
untergetaucht und von dort als unverwundbarer
Held zurückgekehrt war.
Alles wäre perfekt gewesen, hätte es da nicht
dieses eine beunruhigende Detail gegeben. Aus
meinem allgemeinen Mess- und Zähltick war
nämlich ein spezieller geworden. Wann immer
eine Pause entstand, in der mein Geist nicht
beansprucht war, zählte ich jetzt auf 6. Jeden
offenen Raum zwischen den Geschehnissen
zerlegte ich in 6 Sekunden lange Einheiten. Das
fiel niemandem auf, auch ich konnte anfangs
gut damit leben, aber mit der Zeit bekam das
Ganze doch eine zwanghafte Note. Wenn ich
zum Beispiel bei Rot an einer Ampel stand und
das Umspringen auf Grün fiel nicht genau mit
einem dieser 6-er-Intervalle zusammen, dann
konnte es passieren, dass ich das Hupen meines
Hintermannes ignorierte und solange stehen
blieb, bis ich durchgezählt hatte. Oder abends
beim Fernsehen. Ich schaffte es immer seltener,
länger als 6 Sekunden einem Programm zu
folgen, ohne weiter zu zappen, was natürlich
zu Konflikten mit meiner Frau und meinen
Kindern führte, solange, bis man mir die Macht
über die Fernsteuerung entzog. Ich könnte
jetzt noch eine ganze Reihe von mehr oder
weniger amüsanten Gelegenheiten anführen,
bei denen mich diese Zählerei in unangenehme
Situationen brachte, ich gebe auch gerne zu,
dass ich bereits fest mit einer Entwicklung hin
zu echten psychischen Problemen rechnete, aber
es kam dann Gott sei Dank anders.
Es war bei der inoffiziellen Eröffnung des
KUB, zu der ich als eines der ersten Mitglieder
der Gesellschaft der Freunde des Kunsthauses
persönlich eingeladen war. Natürlich
beeindruckten mich die „Sorgfalt und Poesie“
sowie die „radikale Ästhetik und Formensprache“ *
der Architektur, etwas irritiert war ich lediglich
vom Geruch nach feuchtem Beton, der das
ganze Haus noch immer erfüllte. Was mir beim
Betreten der Halle im Erdgeschoss jedoch als
erstes ins Auge fiel, waren die Lampenschirme,
nämlich große umgekehrte Kelche, die an
langen Pendeln von der Decke hingen. Im
Vorfeld war ja oft das Worte „sakral“ gefallen,
mich wunderte daher nicht, dass ich eine
ähnliche Lampenform aus meiner Zeit als
Ministrant in der Herz-Jesu-Kirche kannte.
Überrascht war ich allerdings, als mir bei
diesem Anblick schlagartig die Ordnungszahl
meiner frühen religiösen Existenz in den Sinn
kam: 60 geteilt durch 11.
Zur Erklärung: Meistens im Verlauf des
Wortgottesdienstes, auf den Stufen vor dem
Altar kniend, versank ich damals in einen
Zustand interesseloser Betrachtung. Mein
Blick streifte dabei über den Hochaltar und
die Apsisfenstergeschichten hinauf zur
nüchtern getünchten Decke und schließlich
an der Kette entlang herunter bis zu diesem
Lampenschirm in Form eines umgekehrten
messingfarbenen Kelchs. Er hing genau über
dem Volksaltar und pendelte, von der Zugluft
bewegt, einmal mehr und einmal weniger
hin und her. Dabei löste sich die ehrfürchtige
Haltung meiner Hände jeweils langsam auf,
der rechte Zeigefinger rutschte an das linke
Handgelenk, und ich begann, ohne etwas
damit zu bezwecken, meist sogar, ohne es zu
bemerken, diese Bewegung mit Hilfe meines
Pulsschlages zu vermessen. Über den Ursprung
dieser Angewohnheit kann ich wenig sagen.
Sie muss sich irgendwann am Übergang vom
Kind zum Jugendlichen herausgebildet haben,
vielleicht als Folge meiner Andacht, vielleicht
auch als ihr Auslöser. Das Messergebnis jedoch
war verblüffend klar. In 60 Herzschlägen waren
stets exakt 11 Pendelbewegungen enthalten, im
Ruhepuls meiner tiefsten Meditation war also
die mysteriöseste aller Primzahlen eingelagert,
die Schnapszahl, die Zahl der Narren, der
Maßlosigkeit und der Sünde, worüber ich
damals allerdings noch nicht viel wusste.
Wer ein wenig Sinn für mathematische
Zusammenhänge hat, ahnt vielleicht, worauf
die Sache hinaus läuft. Ich mache es kurz:
Die Schwingungsdauer der Kirchenlampe
betrug 60/11 also 5,45 (periodisch) Sekunden.
Das entspricht ziemlich genau der Fallzeit
des Körpers vom Scheitel der Staumauer des
Zervreilasees hinunter auf die Eisfläche des
Bachs. (Wenn Sie zur Probe diese Zeit in die
Formel für den freien Fall einsetzen, werden
Sie sehen, dass dabei die richtige Mauerhöhe
herauskommt.) Das Zahlenverhältnis also, das
sich aus der Länge des Lampenpendels in der
Herz-Jesu-Kirche und meiner Herzfrequenz
ergab, spielte auch dort an der Staumauer
eine entscheidende Rolle. Als ich diese
Übereinstimmung erkannt hatte, verschmolz
die Erinnerung an den Fall meines Engels
mit der an den Schwung des Lichts über dem
Altar, ganz im Sinn von Galileo Galilei, zu
einer harmonischen Gesetzmäßigkeit, und die
lästige Zählerei hörte auf, noch bevor sie sich
zu einer Psychose auswachsen konnte. Ich war
froh, denn jetzt machte es mir nichts mehr
aus, im nächsten und auch in den folgenden
Jahren wieder nach Vals in die Felsentherme zu
fahren, samt Wanderung und anschließender
Rodelpartie, immer im Jänner, allerdings nie
mehr allein.
*zitiert nach www.archinform.net
Wolfgang Mörth, geboren in Bregenz. Autor und
Filmemacher. Auszeichnungen u.a.: Einladung
zum Ingeborg Bachmannpreis (1991), Harder
Literaturpreis, Vorarlberger Landesstipendium,
Max von der Grün Preis. Letzte Arbeiten: Locus iste,
Dokumentarfilm (mit Robert Polak) 2004; Revue
Revue, Theatertext für das Aktionstheater Ensemble
Wien 2005. Mitherausgeber der literaturzeitschrift
www.miromente.at. Lebt und arbeitet in Bregenz.
48 Nr. 10/2006
Buch VI – Literatur
ST/A/R
Kugelrot in Not
Petra Coronato
Florette war das verlöschende Rot in der Dämmerung.
Ich stand Ecke Hermannplatz, wo wir uns verabschiedet
hatten, und sah ihrem roten Wollmantel hinterher,
dessen Farbe auf eine eigenartige Weise schwächer wurde, es
war ein Zerfall der Farbigkeit zu beobachten, wie kann eine so
kräftige Farbe so zerbrechlich sein, fragte ich mich, und noch ein
paar Meter weiter, und das Rot ihres Mantels war vergangen und
hatte sich grau in das Grau der Umgebung aufgelöst, und das
ist ein Bild, das vor Augen du dich nur in dein Schicksal fügen
kannst, sagte ich mir, und heute würde ich dasselbe sagen, und
damals war es der Moment, in dem mir klar wurde, dass ich
Florette liebte.
Ich, das ist Eleonore Prohaska, gemeldet in Berlin Schöneberg.
Auf der Weihnachtsfeier habe ich Florette meinen Ausweis
gezeigt. Wir waren beide noch nicht lange in der Putzkolonne.
Unsere Chefs hatten das gemütliche Beisammensein auf
Heiligabend verlegt, weil wir doch alle eine Familie seien, wie sie
sagten. Wir durften den Geföhnten lauschen, wie sie ein Loblied
auf unsere Gebäudereinigungsfirma sangen, wobei sie sich
von der Konkurrenz die Parole ausliehen: Es macht Spass, mit
modernster Technik und Chemie ein Gebäude schöner zu machen.
Wir erfuhren staunend, dass wir im nunmehr fast vergangenen
Jahr Lust auf Leistung bewiesen und die Kolonnenführerinnen
sich verausgabt hätten. Wir wurden Zeugen, wie den Geföhnten
ein gemeinsam erspartes grosses Geschenk überreicht wurde,
wie die Kolonnenführerinnen sich gegenseitig kleine Präsente
übergaben, und wie die Beschenkten sehr zu ihrer Qual und zur
Schadenfreude der Zuhörer gereimte Verse vortragen mussten.
Auf unserer Seite begann Werner mit Marina zu flirten, doch
wenn sie darauf einging, machte er einen Rückzieher und sagte:
Der Klaus ist doch dein König. Der war bei der Müllabfuhr
und sagte: Gebäudereinigung und Strassenreinigung, das sind
zwei ganz verschiedene Welten! Florette hat ihre Zoten in der
Gastronomie gelernt, wo sie viele Jahre als einzige Frau unter
Männern lebte, da die Köche, hier ich, die Spülmiezi. Marina
begann, die Jungdynamischen nachzuahmen, wie sie uns
neue Anweisungen gaben. Marina hatte eine abgebrochene
Tanzausbildung und eigentlich noch Gesangsunterricht
hinzunehmen und Schauspielerin werden wollen, aber dann
wurde sie bloss wieder schwanger, und das wars dann mit den
Brettern der Welt, und darüber ist Marina ein wenig alkoholisch
geworden, und jetzt war sie betrunken und bemühte sich
irgendwie spanisch zu wirken, und wir riefen olé! und Marina
ging zum Tango und mit einer kurzen Anspielung auf den
Stierkampf zum Flamenco über, und das war nun wirklich
Marina, ihre kleine Vorstellung nur für uns, wir mochten
Marina, wir hatten Marina richtig gern, wir applaudierten und
verlangten, dass uns Marina noch mehr Szenen vorspielt.
Am langen Tisch der Geföhnten waren sie inzwischen auch
bei den Betriebsanekdoten angekommen, und brüllten
und lachten und kreischten. Ich sagte, möchte mal wissen,
was für die am Putzgeschehen so lustig ist. Nun hatten die
Geföhnten beschlossen, sich unters Volk zu mischen, und die
schweigende Debora, von Florette auch Debil oder die wandelnde
Altkleidersammlung wegen ihrer optischen Nähe zur Kelly-
Family genannt, Debil mit Ambitionen zur Kolonnenführerin
und scharf auf den Aussendienstleiter, Debil sah ihre Stunde
gekommen. Debora kann hervorragend den Eindruck erwecken,
es sei geputzt worden, eine Nachahmung des geputzten Raumes
erzeugen, sagte Florette, Debora kennt noch festangestellte
Petra Coronato, geb. 1956, Studium Philosophie & Geschichte. (D).
1993 – 2003 Romanprojekt tongue tongue Hongkong, mit zahlreichen
Veröffentlichungen und Veranstaltungen in D-A-CH (zuletzt:
MATRIX LOUVRE. Zweckloses Unbehagen, Ritter 2002).
Seit 1996 freie Schriftstellerin, lebt in Berlin/Wien.
http://www.kunstradio.at/BIOS/coronatobio.html
http://www-gewi.uni-graz.at/nabl/intercity/coronato.htm
Zeiten an festen Häusern, war an der Uni angestellt, die
Universität war mein letzter Arbeitgeber, sagte Debora, und der
Geföhnte sagte, schon möglich, dass unsere Kolonne da auch
mal hingerät. Damit ist ja klar, wohin der Geföhnte nach der
Feier gerät, sagte Florette und forderte mich auf, mit ihr vor die
Tür zu gehen, um eine V2 durchzuziehen, ihr Name für den
Joint, weil das V eine Tütenform und Florette die Angewohnheit
hatte, immer 2 Joints direkt hintereinander zu rauchen, bevor
dann erst wieder nach einer grösseren Pause nachgelegt wurde.
Schnee, ganz viel Schnee, und es schneite noch immer. Im
Viktoria-Park fuhren sie in der weissleuchtenden Dunkelheit
Schlitten. Wir sassen weiter oben am Hang unter einer alten
Buche, deren Zweige bis auf den Boden hingen. Wie war das mit
Frau Holle, fragte Florette, und ich sagte, du springst in einen
Brunnen und bist in einer anderen Welt. Vielleicht hätten wir
nur wegen der Anwesenheit des vielen Schnees glücklich sein
können, aber Florette war schon dabei, den nächsten Joint zu
drehen, anscheinend war Heiligabend Kampfkiffen angesagt.
Florette sagte, das ist dann die ultimative Bombe und bläst uns
das Hirn weg wie seinerzeit den Blumauern. Hier hätte ich
eigentlich nachfragen sollen, aber jetzt fiel mir ein, dass ich
als Kind hatte Polizistin werden wollen. Dann hätte ich meine
schreckliche Familie verhaften und für immer wegsperren
lassen können. Meine Familie ist böse, hinterhältig und gemein.
Florette sagte, Darling, du hast doch gar keine Familie. Das ist
wahr. Ich weiss nicht, warum ich Florette das alles erzählte. Ich
sagte, dass ich aus dem Heim ausgerissen sei, und die Polizei hat
mich zurückgebracht. Da war es vorbei mit dem Polizistentraum,
ich wollte jedenfalls kein Kinderfänger werden. Und was ist dann
aus dir geworden? fragte Florette, und ich sagte: Nichts. Aus mir
ist nichts geworden. Einmal Putzfrau, immer Putzfrau. Florette
sagte: Eine Krise in der Idylle. Wie kann man nur so blond und
so blauäugig und dabei so melancholisch sein!
Nachdem ich mit Florette geschlafen hatte, ging es mir besser.
Wir blieben einfach so lange im Bett, bis ich eine gänzlich
andere Perspektive auf mein Leben gewonnen hatte. Plötzlich
schien alles machbar. Wir diskutierten viel. Florette nannte
mich Eleonora, Leonora, Nora und Leo. Und doch blieb ich
immer gleich deutsch, während Florette ihre Identität wechselte,
indem sie sich einmal um sich selbst drehte. Wenn ich an
einem Tag glauben sollte, sie sei nie woanders als in Berlin
gewesen, behauptete sie am nächsten Tag, sie sei mit tausenden
Einwanderern erst nach dem Mauerfall in die Stadt gekommen,
um ihr Glück zu machen. Woher gekommen? Florette suchte am
Himmel, zeigte in eine Richtung: von dort! und erfand sogleich
neue Geschichten. Ich bezweifle, dass sie mit Napoleon oder
doch mit jemandem, der ihm nahestand, verwandt war.
Florette sagte: Wir sind Tagelöhner in der Festung Europa. Wir
sollten uns selbständig machen. Ich sagte, sind wir nicht schon
selbständig genug? Wir bringen unsere Putzmittel mit. Florette
träumte von einer Internationalen Agentur für die Vermittlung
von preussischen Frauentugenden, nach Vorbild eines Berliner
Salons sollten sich die Interessierten ihre Perle gleich vor Ort
aussuchen können. Ich sagte, du glaubst, sie werden sich einer
französischen Hure wie dir anvertrauen, aber natürlich, sagte
Florette, jetzt ganz die aus Frankreich zugewanderte Hugenottin:
Wer war preußischer als wir, nachdem euer Frédéric le Grand
so frankophil war? Ich sagte, mon amour, ich brauch nicht noch
die Puffmutter, ich brauch eigentlich überhaupt keine Mutter
mehr. Und du wirst dick und häßlich werden, so fett, dass du im
Bett deinen Arsch nicht mehr bewegen kannst. Florette sagte, in
Sachen Faulheit im Bett sei ich ja wohl kaum zu übertreffen.
Wir kamen oft zu spät und in der Putzkolonne hatte
eine geheimnisvolle Veränderung stattgefunden, eine
innerbetriebliche mentale Verschiebung, wenn nicht gar was
ärgeres, die Wirtschaftslage oder so. Jedenfalls fanden wir eines
Morgens keine freien Plätze für uns und gehörten nicht mehr
dazu. Die Kollegen hatten das Gebiet neu unter sich aufgeteilt
und verteidigten ihr Revier. Unseren Job waren wir los.
Florette hat dann im Fernsehturm-Restaurant auf dem
Alex bedient. Ich sass wie in einem Karussel an einem der
numerierten Tische auf der sich drehenden Plattform. Zur
Linken schob sich die Aussicht nach hinten weg, zur Rechten
zog ich an Tresen und Türen und mehrmals auch an Florette
vorbei, die keine Zeit für mich hatte. Wenn ich die Szenen
zusammensetzte, die mir nacheinander erschienen, während
ich langsam meine Geliebte umkreiste, glaube ich, dass sie
in Geschäfte verwickelt war. Beim Weggehen sagte ich: Die
Unterwelt trifft sich ja ziemlich hoch oben. Florette sagte, ich sei
bloss neidisch, weil ich es nie weiter bringen würde als Muttchen
das Handtäschchen zu entreissen. Und nicht einmal das! Ich
stand in Wilmersdorfer Vorzimmern herum und behauptete, ich
habe das Putz-Gen, ja, Gnädige Frau, stellen Sie sich vor, man
hat das Putz-Gen gefunden, unsere Familie hat das Putz-Gen,
sagte ich, es ist erblich, aber ich bekam den Job trotzdem nicht.
Und eines Tages verschwand Florette.
Es war der Sommer, in dem die Sonne ihre runde, begrenzte
Form aufgab und sich über den ganzen Himmel spannte.
Wolken verdampften augenblicklich, der blaue Himmel wurde
weiß. Werden wir alle zu Afrikanern, fragte die BZ und hatte
blonden Deutschen mit blauen Augen die Gesichter braun
angemalt. Nachts stand die Hitze unbeweglich in den Häusern,
Florette wollte hinaus, ins Freie. Madame geht noch aus, sagte
ich, im Negligé, macht ja nix, rennen ja in Berlin jetzt alle im
Nachtgewand rum, weil sie nicht schlafen können. Am nächsten
Tag wurden Aufführungen von spontanen Regentänzen
gemeldet. Die Stadt wartete auf einen Wetterumschwung, ich
allein wartete auf Florette. Das Telefon blieb stumm, die Post
kam zurück, in ihrem Zimmer wohnte ein Russe, und an ihrem
Arbeitsplatz hatte man noch nie etwas von einer Florette gehört.
Es war, als ob sie sich in Luft aufgelöst hätte. Aus diesem Nichts
heraus plötzlich der Typ, der hinter ihr her war und mit mir
diskutieren wollte, ob die Nachforschung noch Sinn macht, ob
er nicht aufgeben solle, dann aber entschied, niemals aufhören
zu können, sich nach dem Mäderl zu sehnen. Das ist eine
stramme Maid! Vielleicht meinten wir nicht dieselbe Person.
Auch an guten Ratschlägen fehlte es nicht: Suchst du immer
noch deine Florette? Wenn du mich fragst, vergiss es, gib auf.
Florette ist tot. Dieser Wahn ist mir nicht erspart geblieben.
Ich wollte es nicht glauben und bin mir gar nicht so sicher,
ob ich Florette nach jener Nacht nicht noch gesehen habe. Ich
habe sie sogar so oft gesehen, dass ich an den Trugbildern fast
verzweifelt bin. Ich entdeckte Menschen in der Ferne, die ihr
ähnlich waren, beim Näherkommen aber zu anderen Personen
wurden. Studierte ich jedoch die Gesichtszüge meiner alten
Bekannten länger, die bis dahin alle so gar nichts von Florette
an sich gehabt hatten, so wurde die Affinität immer grösser.
Florette und ihre Wandlungsfähigkeit, sie hatte von vielen
etwas, deshalb hatten viele etwas von Florette. Meine private
Fahndung wurde dadurch nur umso fanatischer. Ich hatte keine
Kraft mehr, und doch fühlte ich mich zwanghaft immer wieder
Richtung Hermannplatz gezogen, als ob ich dort noch einmal
jenes erste Bild und mit ihm Florette wiederfinden könne. Es
war schon dunkel, als ich mich über das Geländer der Kottbusser
Brücke lehnte, und es wäre gelogen zu behaupten, es sei im
Landwehrkanal etwas Rotes geschwommen. Es war in der
schwarzen Tiefe nichts, ich sah allenfalls rot vor Erschöpfung.
Ich hörte ferne Sirenen sich nähern. Eine Hand legte sich von
hinten auf meine Schulter. So wie im Fernsehen, wenn der
Kommissar dem Bankräuber beim Aufschweissen des Tresors
eine Weile zugeschaut hat, Guten Abend, der Einbrecher dreht
sich um, nimmt gleich die Hände hoch und gibt auf. Ich gab
auch irgendwie auf, als Frau Smith, die Hauswartsfrau, vor mir
stand. Über die Brücke fuhr jetzt sehr viel rote Feuerwehr. Der
Lärm machte es unmöglich zu verstehen, was Frau Smith sagte,
als sie mir die rote Billardkugel gab. Ich wollte alles wissen,
Florettes Botin am Ärmel zurückhalten und zwingen, mir
Auskunft zu geben, aber Frau Smith war nicht mehr da, als ich
aufschaute. Ich habe seitdem so oft und lange über die Botschaft
nachgedacht, bis ihre Bedeutung gänzlich verblasste und
nurmehr das Rot der Billardkugel übrigblieb. Wer weiss, ob es
sich überhaupt je um eine Mitteilung gehandelt und Florette der
Absender gewesen war. Wenn Florette gar nicht fort und immer
noch irgendwo da wäre, würde ich sie ohnehin nicht erkennen,
weil sie nicht mehr dieselbe ist. Florette ist nun vermutlich
einer der Menschen, die ich kaum anschaue, weil sie keinerlei
Ähnlichkeit mit Florette haben. Heute glaube ich, das ist die
Wahrheit ihres Verschwindens.
Und vielleicht muß auch ich eine andere werden.
Desktopfoto Nr. 1
von Gabriele Petricek, 6.12.2005.
Schriftstellerin u. Kulturpublizistin.
Schriftwechsel Nr. 1, supported by
Wien
Kultur
ST/A/R Buch VII – Waran
Nr. 10/2006
49
Arbogast is worried about the Rove‘s powers.
Hillary will get caught fucking chipmunks, or Kennedy will be seen meeting with
Osama in Vienna. Check the Drudge honey wagon to see whether it hasn‘t started
already. Boston will be nuked by Iranoterrorists. We‘ve won the pennant and won
the Superbowl a few times so it‘s time to go to heaven. All nine members of the
Supreme Court will be gassed by Islamic fundamentalists, and Romney will have
to declare martial law until Congress with an armed martial standing at the end
of each row can approve a new court in an up or down vote. There‘s a lot of time
between now and November 2006. Yes, I understand Arbo‘s point but wish it isn‘t
that bad.
Ihr Lederschwuchteln, ihr
Weissgänger, ihr B-free Teelefonierer, ihr Götter auf
weiss, ihr Dünnbäuchigen, gebt uns euer Geld oder
wenigstens eure Fitnesskarte.
Joe Harris: ok, be purple my friend, and feelgood, arab
is watching you with pizza and kebab
--------------------------------------------------------------------------------
die gefälschten
tagebücher des adolf H.
es spricht der waheliche drogenkoordinator wiens:
hannes weibl
ich habe truppen. ich habe kämpfer. ich habe dünschiß
mit SS.
ich habe leute die ohne mit der wimper zu zücken,
töten.( auch massen)
ihr seit beschränkt in eurer legislative, exekutive,
judikatur...ihr könmnt es lesen, ihr lest es! eure augen
lügen nicht, aber die hornhaut könnte jeden moment
schmelzen, s....
wir können sie ersetzten, aber nur wir. auch eure
nierenprobleme gehen mir am arsch vorbei: i have
kidneys, more than dead bones. that means much, if
you are a noncheker, i can kill you in one secund, you
dont recognize it. even you are finished right now. i tell
you brother , your existenz is nothining, zero, you are
an agent now, when you read this. so follow the line.
and keep it as real, otherwise you are dead, finished,
broken.
vienna is a kapitalistik city of love and rosetten. i
love them. i kss them and take some licks. if your
dick now gets stiff, or your pussi gets wetten das?
its no problem if you have male and female
attribution. than you are normal. i give yo..you the
hormons you need.
ihr wisst doch alle die indianer stammen von den
russen ab. oder kennt ihr vera russwurm nicht?
...gloria hat den archequanten mitentwickelt...
alfred busenbauer,... usola stenzl( pseudonüm)ursula
stengel
sc ottenring, fc ottakring- ottagringo.-civilisation heals
the nation.
save the planet. kill yourself...
50 Nr. 10/2006
Buch VII – Waran
ST/A/R
a b c d e f g hi j k l m n o p q r s t u v w x y z
a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u v w x y z
ST/A/R
Wiener
B e z i r k s
b l a t t
Leasing
Dagobert Fuck, System Kollapse
...habe mir unabsichtlich die Pulsadern
aufgeschnitten, und bin aus dem fünften
stock gestolpert. Aber es sollte einfach
nicht sein.
Wie soll ich das bloß meinen Kollegen im
Büro klarmachen.
Zu gewinnen gibt’s dann eine Weltreise
mit: Mahatma Ganja, Mutter Theresa
Orlovsky, Mona Lisa Simpson, Steve
Wonderbra, Robin Fut, Peter Macintosh,
Oliver Dschingis Kahn, Nora Jones, und
den Rolling Stones.
Ford Knox 4WD- ein gramm für zehn
euro..succeed...!!
SAUFEN
das Hobby zum beruf machen
Beim Seifenblasen könnt ich soooo rumkugeln.
Seepferdchen reiten auf Kugelfischen.
Vom Kugelfischen bekommt er
Seifenblasen.
Minority Report
Schau mich nicht an wenn ich mit dir
rede!
ich hab goldene Eier, aber hängs nicht
gleich an die große Glocke
ich bin nachtblind auch untertags...
Nichts persönliches, aber ich kann dich
nicht leiden( sehen)
Ich bin dein Todfeind.
minority report. rudi spielt tom cruise
turbo.
Papst Benedict nicht richtig. Der Schleich
Christ sich. Verdammen im ewigen Arschlochficken.
seit derr virgin megastore zugefotz hatt
wewe glücklich pfurze. pavel baxabt behandelt
mich wie einen Hitlerjungen.
Die beste Wixvorlage ist der hundert Euro
Schein, er hat mir die welt erklärt. bei mir
ist er schon ganz weiß, und klebrig, und
pickt an jeder wand, so wie das restliche
geld der ganzen welt, von jedem land der
Schein, wixen macht nämlich freiheitlich.
Rudi ist eigentlich eine Bitterschokolade,
mit gefrorenem Sperma, von Stefan Weber.
-für Retortenbabys, weil Steffi will die
ganze Welt überbevölkern, und die Kinder
spielen dann Fußball und wixen den ball
ins Tor. und...
be real, be steel, like a lion
in saigon. fuck rudi, rudi
must die. Love me, but
leave me. i´m tired, very
tired, my friend.
verthinken in Gedanken. think about
i lost my brain in the taxi
San Sebastian Baxant, Papst Johannes Paul Baxant,
Die steirische Leiche.
hell-mad zilk, jörg high-there, fred sinno, whats up?,
puschemi guraz...
Jugo Proksch, Bosovo Albaner Linton Crazy Johnson,.,,.,..
..,. ,,.
östrer reich ist frei
der kasperl ist wieder da.
hipp hipp hurrarei......raise dead,
Al capuccino, der psychopate teil drei.
Untalentierte talentsucher treibens mit
J. Lo Budget( jeniffer lopez) sollte meinen leichenstarrenpenis noch einmal in
den mund nehmen.
Mein hemoriedepiercing bekommt meine kleine schwester condolliccia rice.
Arnold schwarzenegger sollte noch ein paar nette worte sagen, und sich begnadigen.
Cause jesus was a nigger. Be such an ashole- spreed your wings and fly away.
ST/A/R
Buch VII – Waran
Nr. 10/2006 51
‡
Florence (Die Muta von Mary
Lulu) liebt mich so wie ich sie.
Sexsucht ist nicht heilbar, Liebe
schon. Mein Erzfeind ist und
bleibt Herwig... Lass die Finger
von meiner Frau –
du verdammte Sau
Stefan Weber ©
Kalimero Kaiser Nero - Cobra übernehmen
Sie - Ungustl 1 an Ungustl 2 - Gotteslästerung
ist Ehrensache - ungläubiger Abfall - Ich liebe
nur Mich(i) - Chucky die Mörderbitch - was
ich tue geht keinen was an - Haupsache ich
heirate heute noch - Franz Hantl trainiert
wieder - Soudcheck im Puff - unerträgliche
Leichenstarre in der U4 - Mir fällt ein Stein
vom Herzen genau auf den grossen Zeh
was kann ich für euch tun ? Geld macht sexy.
Be like Rudi my friend - (Bruce
Willis Lee) Mein Vater ist Eddy
Murphy und meine Mutter
Pamela Andersrum. Meine
Tochter heisst Discovery und
meine Gerngrossmutter heisst
Gloria und bedeutet für mich
Goldhamster.
ST/A/R Buch VII – Waran Nr. 10/2006 53
Tote leben länger
besonders die Sänger
Ich mache Musik für den Endsieg
Meine Brüder werden immer müder und ich kann
nicht schlafen
Meine Energie zwingt die Mädels in die Knie
Ich krieg bei die Alimente Prozente
Wennst depat bist hau ich dir die Zähnt ein
Gerngross ist mein Größenwahnsinn. Mit meinem
Gehänge treib
ich alle in die Enge. Pavel heiß ich und Nutella scheiß
ich
Freunde der Blasmusik ich vertrage sicher keine Kritik
Ich bring dich um
ich mach den Finger krumm
Ich werde dich erlösen von all dem Bösen
Auf deiner Beerdigung leg ich den Rest der
Belegschaft um
Alle Huren außer Mama
Bei mir gibt`s immer Ramba Zamba
Mit meinem Waffenarsenal feg ich die Erde kahl
Mein Hausverstand setzt alles in Brand
Und hab ich dann die Menschheit um die Ecke
gebracht
wird einmal Urlaub gemacht. Wer leben will glaubt
an mich
liebe Welt ich liebe dich
Das Leben sagte zu mir hier kommst du nicht lebend
raus
Denken liegt mir nicht drum schreib ich dieses
Gedicht
Die ganze Kohle bekommt der Pole
dann gehn die Kröten flöten
wir haun des Knedl am Schädl
Durch die Mäuse bekommen wir Filzläuse
den Rest der Knete kriegt Tante Grete
der Alkohol bietet ungeahnte Möglichkeiten
Sekt macht meinen Tag perfekt
Bier weckt in mir die Neugier
Am nächsten Tag ich der Alkoholvergiftung erlag
Florence gib mir noch eine Chance
Aller Laster Anfang ist das Nummernschild
Du bist total süß-sauer Mir kommt`s gleich hoch
No sleep to Broklyn
Die Bestie Mensch
Glück ist wenn man nicht von sich besessen ist. Paver
hat kein Glück
Rudi schon, aber der ist von mir besessen. Du wilder
Hengst ich werde
dich noch zureiten. Du bist die schnellste Hand vom
Mexikoplatz
Meine Feinde nennen mich den oaschwoamen
Schweden meine Freunde
nur Schwuchtlpeter
Liebe das Leben wie eine leere Schuhschachtel
Verweigere den Wehrdienst und besetze ein Haus
Laß Gras rüberwachsen und mach keine Faxen
Diddl- Dodl- Heidudldulf
Ru- Ru- Rudi
Schwu- Schwu- Schwuchtl
Die Baxants planen einen Banküberfall denn sie sind
in der Überzahl
Mein Drogenkonsum durchbricht bald die
Schallmauer
Get the flow Keep it real Love is a stranger
Sex ist Krieg bei dem beide Seiten gewinnen können
Tu mir einen Gefallen und laß die Hüllen fallen
First of all I wonna thank all the ladies who keep me
fresh
In the future I will stay a Lutscher. When I was born
they called me
the peacemaker. The world is turning and my pussy is
burning
When I say Ping you say Bong. Loose your time
suicide is a crime
Eat the bitch. See the rainbow we have to go
Yankee dudl forever Rudl. Money makes the night
sunny
Let`s chill. We are family I got all my sisters with me
Die Stewardess macht Streß. Deine Pflicht kennst du
nicht
Helmut Kohl hat Kohldampf. Beckenbauer pinkelt an
die Berliner Mauer
Sport gehört verboten sowie Geldnoten
Ein Strandbad für Agranat. Meine Freundin heißt
Arschtritt, mein Chef
Elender und mein Hund Gschissener
Meinen Job hab ich an den Nagel gehängt so wie Jesus
Endlich ausspannen in der Lobau. Schamhaare sind
Stoßdämpfer
Als ich zu dem Schas sagte verzieh dich hatt er mir ins
Gesicht geschlagen
'Der Duft der großen weiten Welt
Ich mach Kompott aus dir (Marie LaLeLu)
Bin harmoniesüchtig
USA
Einmal salsatanzen bitte
Cha Cha Cha in
Ich schicke jedem Brillenträger meine Schläger.
Die prügeln euch windelweich über den großen Teich
In iGod we trust alle Amerikaner in den Knast
Alles Banane
Bleib auf den Hoden der Realität
Junkies marschieren im Stechschritt die Armee der
Finsternis
join the army believe in Arnie
lonesome callboy
Mein Vater ist zum 3. mal Mutter geworden
Mein Bruder ist ein Boxenluder
Toni Polster Freilandeier
limitierte Stückzahl
Rudi arbeitet im Kohlebergwerk in der Capistrangasse
beim Führer
Arrest für Inzest lebenslängliche Einzelhaft für die
Habsburger
Ich hau dir die Nase blutig Asoul ist viel zu mutig
und Rudi zu nuttig
Blondinen können sich bei mir bedienen. Ich hab mir
ein bißchen was auf die Seite
gelegt also ein kleines Vermögen zusammengespart
auf der Samenbank
Gab es im Golfkrieg nur 18 Löcher
Man braucht ein drittes Standbein/Standbeidl
Damit hab ich Nichts zu tunfisch
10dag Seepferdchenleberkäse
dancefloorence Zicke Zacke
Schneeflitchen. Dornmöschen, Raprunzl. Aschenfutl
Ach wie gut das niemand weiß daß ich immer
Hackenkreuze scheiß
Ich pinkel Dinkel
Es gibt mehr Fragen als Antworten
Der Sinn des Lebens ist 42
Vom Tellerwäscher zum Geschirrspüler
Bin im Stand
Bin Nutznieser habe Heuschnupfen
Sein Ruf eilte ihm voraus und seine Vergangenheit
holte ihn ein
Eminem ist plemplem
Laut Umfrage hat Rudi einen Saumagen und einen
Pferdeschwanz und übernatürliche Kräfte
(Kiloweise Ganja Anm. der Redaktion)
Bin im Geräteschuppen einen spliffen
Schamlippizaner
Beidlinger Hauptstraße
Ganz spontan leg ich mich mit euch allen an
Niemand hat mir zu sagen wie ich mein Leben zu
leben habe besonders nicht Nimma
Agnes ist ein Wagnis
nackte Tatsachen in der Sauna
Cola hilft bei Spermaflecken
Blonde leben besser
Bei jedem Taxi heb ich das Haxi
steinreich = stoned, rich
call the police I need peace of mind
Helfen sie der Polizei verprügeln sie sich selber
Planet der Waffen
Ich zünde gleich eine Sexbombe
Meine Schulden sind auch deine Schulden
Vivienne I`m your man Gähn Schnarch
zzzzzzzzzzzzz
Politik belügt das Volk
Es lebe Karl Moik
Rudi in die Ecke scheißen Pavel dann die Scheiß
umkreisen
the hot Weber sisters ausgreifenstein
Hundescheiße läßt uns den grauen Alltag vergessen
und die braune Vergangenheit lebt wieder in uns auf
Wir sind doch alle Nazis im tiefsten Unterbewußtsein
Alle sind nur auf das eigene Vorurteil aus. Skinheads
haben sich die Haare wachsen lassen und der
Anschluß ist zum Greifen nahe. 'Der Papst war
Hitlerjunge und ist es geblieben. Der Herzstich bei
Jesus
war überflüssig. Er hatte keines Jerusalem ist zu
bequem
Punkfood ist wieder voll im kommen
Die Leute sollen wieder anständig grüßen sonst treten
sie die gute alte Zeit mit Füßen
Rassisten sind Zivilisten
AKH bleibt Gewalt erzeugt Gewalt
Organisiere Massenschlägereien in ganz Europa
Hey Hey My My Rudi G. will never die
This is the story of Jonny Rotten the king is gone but
he is not forgotten
out of the black into the blue
Ich rauche gerne Panzergras und danach laß ich einen
Eierschas
Pavel heiß ich und auf euch scheiß ich. Ihr seid mir
alle sowas von egal ich sag es nicht nocheinmal
Lego formte mein Ego und Rudi meine Nudi
Frauen sind der schönste Zeitvertreib. Ja auch ich
mach für Geld die Beine breit
Mein Weg ist noch weit aber ich lass mir Zeit. Nur
ned hudln lieber
Rudlbudan
Hörner abstossen gemeint Arschgeweih
Deutschland wartet auf den Anschlußtreffer
Salz auf der Haut
Pfeffer im Arsch Tomaten auf den Augen
Gurkerl im ‘Ohr
Kotze im Mund eine Einkaufsstraße in der Nase
und Schimmelkäse auf der Angelrute nicht umsonst
nennt man mich das Burgfräulein vom Burggarten
Graz darf nicht Venedig werden Das Trettboot
ist voll
Ohne Grenzen gibt es keine ‘Freiheit
Wir d.h. die Partei und ich sind für 250sprachige
Ortstafeln
Freibier Marihuana zum Abwinken und Steuererlaß
für Politiker
Niemand wird ewig einen hochkriegen das Rohr
neigt zum Biegen
Eine Orgelpfeife steht neben der anderen
Bauer sucht Sau Drecksau mit Ringelschwänzchen
Ein Joint, ein guter Joint das ist das Beste was es gibt
auf der Welt
Meine Waschmaschine hat ein Schleudertrauma
Die Domina hat ein Peitschenschlagsyndrom
Im Vatikan stellen sich die Nutten hinten an
join the caravan of love
We are all prostitutes
There`s a light in the darkness of everybodies life
Weust an Oasch host wie a Bergwerk weust a
Wahnsinn bist füa mi steh i auf di
Eine Ananas für Annanass
Radieschen für Lieschen
Dünnschiß kann
Leben retten
Mutter Theresa steht auf Reza
Rejo träumt vom Damenklo
Das Attentat auf Bruno löste den 3. Weltkrieg aus
Wer sich tätowiert verliert
OCB THC JOB RIZZLER
ÖBB TNT JOOP RASTA
Rasta Schutta Spagetti Sajonara
Habe die Achtung von mir selbst verloren
Bin Hobbyastronaut
Rudi braucht ein neues Fernrohr
Sex mit Kindern sollte verboten werden
UDO Würgens Harald Junkie Die Queen
fährt mit der Bim nach Simmering
Sebi de wix
Meine Komplexe müssen das
Land verlassen
Kuhfladenbrot macht Wangen rot die heilige Milka
Kuh ist tot
Luzifer schläft nicht watch out
Til Schweiger ist silber reden ist Goldberger
Ich liebe eine ‘Toni Polsterschlacht
In der Jauchengrube vergess ich meine gute
Kinderstube
RUDI ist der einzige Mensch der weiß was er tut aber
keine Ahnung hat was er macht. Pavel hat seine
ganze Energie verpulvert und ich kann wieder die
Suppe
auslöffeln.
Die Schadensminimierung der Regierung bringt
Steuererleichterungen für Multimilliardäre wie Heidul
f
Die Gier ist ein Fluch
die Bibel ist ein dickes Buch Jesus riecht nach
verwesus unsterblich verliebt glaube nicht das
es ihn gibt
Die Alimente spar ich mir für die Rente möchte reich
sterben und ewig leben
Jeder Vaterschaftstest ist wie ein Fest
Masturbieren geht über studieren und
kostet auch nix
Rudi möchte allen Tschechen und Polen einen
runterholen Er will euch nicht verkohlen auch mir
hat er alles gestohlen Wer ihn zum Freund hat
braucht keine Freundin mehr. Der Zeitaufwand ist
unermesslich und enorm
Finanziell geht`s ihm wie Willhelm Tell. In seiner
Weltanschauung dreht sich alles um gute Verdaung
An alle Koksdealer: ‘Nehmt den Mund nicht zu voll
sonst kommt ihr nicht durch den Zoll
Alle
Schmerzgrenzen werden geöffnet Mein Essen
kannst vergessen Der Stacheldrahtsalat schmeckt
doch ein bißchen fad
Last mich zurück in
den Knast
Nur dort war ich glucklich Check mir auf die
Schnelle eine 4Mann Zelle
Der Freiheitsentzug ist ein Betrug kriminell
wird man schnell
Stehe mit einem Fuß im Grab und mit dem anderen
im Knast
Kann den Sensenmann nicht abschütteln Marie
‘Lou ist besoffen wie ein Turnschuh Sie läßt mich
einfach nicht in Ruh Ihre Fahne ist nur Schikane
In Wirklichkeit ist sie die uneheliche Schwester
von Prinz Charles. Er hat Schlappohren sie einen
Schlapphut
Sie bringt mich auf die Palme weswegen ich soviel
qualme. Wenn sie nicht Vernunft annimmt mach ich
aus ihr peruanisches Gulasch. Das Gurkerl hab ich
schon gewaschen
EIN MÄDCHEN
STEH AUF UND KÄMPFE WIE
Du hast ein großes Herz und einen noch größeren
Penis mit dem spielst du Tennis
Aufschlag Gerngross Vorteil WARAN Wetzen
statt gleiten
Rudi, die Raupe Nimmersatt zieht ihre Schleimspur
durch die Stadt kein Ziel aber viel Gefühl 5
Frauen paralell jetzt fordere ich dich zum Duell
Bist wie ein Schanigarten mit einem Harten. Alles
Oaschauswischerei du bist und
bleibst ein Adabei. Vergiß das Hakeln du mußt nur
mit dem Hintern wackeln.
Werde nie wieder lange fuckln Dein Dackelblick
ist doch nur ein Trick
Im Polizeicomputer bist du ein guter (Dealer)
Du hast das gewisse Etwas
Klimaanlage, GPS, elektrische Fensterheber und
schnüffelst gerne Superkleber
Dein Joystick ist ziemlich dick ein richtiges
Prachtstück aber schlecklich
Privatpirat Freizeitworkoholic WOW das
nenn ich Hormonstau Mach`s gut
tschau
Deine Falten können die Nation spalten. Du glaubst
du bist immer noch in der Schule und schwänzt jeden
Tag Ich liebe deinen Zahnbelag
Heute ist es richtig Molekühl
Randgruppen werden an den Rand des Wahnsinns
gedrängt
Minderheiten sollten ihren Horizont weiten und mal
paragleiten
Schlitzohren Schlitzaugen
Der ganze Frust macht richtig Lust aufs Leben
Jeder Wixer der Hand an sich legt wird exkomuniziert
und muß doppelte Vergnügungssteuer zahlen.
Kondome sind chefarztpflichtig und können nicht von
der Steuer abgewetzt werden. Leistung muß belächelt
werden
Jeder Arbeitnehmer muiß ein Mittagsschläfchen
machen. Löhne und Gehälter werden nicht ausbezahlt
ein ehrliches DANKE muß genügen. Der Staat spart
für uns. Konsum ist strafbar und Tabak wird
endlich illegal und unleistbar
TYRANO SAURUS FLEX WARAN GERNGROSS
HAT LOKALVERBOT
Möchte zu zweit einschlaften und zu dritt aufwachen
vermehret euch
Ehestand Krankenstand Griechenland
I love my cunt and my cunt loves me Andreas
Berger steht auf Stefanie Werger Bin so
kanalfixiert
Habe alle Neurosen und Komplexe dem Rudi
geschenkt. Er macht Geld draus
Kain und Pavel
Vivienne renn
Franziska Pflaum war mein feuchtester Traum
WERD SIE IMMER LIIIIIIIEBEN
EINE WELTREISE: in jedem Hafen eine andere
Braut und jeder häng ich ein
Kind an Rudi kümmert sich dann um den Rest
Flieg mir in die Arme Zieh dich aus und mach das
Beste draus
ÖSTERREICH
DÜNNPFIFF FÜR
Peter Westentaler Frust auf die Heimat
Sie säuft wie ein Loch immer noch unter ihrem
Hut steckt viel Mut
Alle Damen warten aufs Absahnen sie macht
Revolution durch Komunikation
Sie braucht Lokalverbot wie einen Bissen Brot Ihr
größter Wunsch ein
Weihnachtspunsch. Der Wein legt sie jeden Tag a
ufs neue rein
Ihre Kinder hat sie erzogen wie Rinder Ariane
hat eine Fahne
Florence versetzt mich in Trance Herwig schaut
aus wie Inspektor Derrick
Bezwinge deine Augenringe Reite mit Heidulf in
den Sonnenuntergang und
fang ein neues Leben an und sollte der Sensenmann
einmal kommen wird er sagen: Du nicht , du hast dich
dein Leben lang daneben benommen
Ich verscheuer die ganze Kirchensteuer Alle
Pfaffen sind schwule Affen
Nonnen haben an Sexapeal gewonnen Benedikt
hat noch nie gefickt
Der Vatikan verabschäut den Islam Das neue
Testament hab ich verbrennt
Pimkle nur in den Herrgottswinkel (90Grad)
Beten kann die Welt retten
Glaube an einen rachsüchtigen, schadenfrohen,
narzistischen Gott, der sich am
Elend jedes einzelnen aufgeilt und wenn man ihn
braucht abseilt
Er will uns alle nur in den Selbstmord treiben weil er
seinen Fehler einsieht und die
Erde für sich allein beansprucht. Die Bibel ist eine
heilige Wixvorlage bis ans Ende aller Tage.
Die Menschen rotten sich aus und er macht sich einen
Spaß daraus.
Er ist ein Kinderschänder mit einem Dauerständer
Vom Anbeginn der Zeit
ging er immer zuweit Damit ist jetzt Schluß für
jeden Engel eine Kokosnuß
und für ihn einen Kopfschuß
Meine Liebe zu LSD oder wie Rudi mir sein Grab
schaufelte
Coca Cola ist der ur Runterholer sowie Rudi Waran
Baxant
mit dem
Anal Fatal
von
Dr.Stephan Weber
HEUTE IST DER 23.02.2006
Rudi 13, und Clemens 15 Jahre
Der Diktator (Niki Lauda) steht auf
einem Hügel. Er blickt aufwärts und
schreit:„ komm, oh ewig leuchtendes
licht, ewiges feuer verbrenne mich.
lass mich eins sein mit deiner natur.“
Gleichzeitig sieht man eine Atombombe, gezündet
vom iranischen Diktator( Mahmud Ahmedinejad).
Brief von Cassius C lay (boss der nigerianischen
mafia/ Österreich) an Bill Cosby
To my friend bill cosby
I am sorry for trouble, shoot by car, for your son.
I thought the too much weed of you made conflict
on street. I shit on your Nigerian mafia style. You
know who iam . i am nigerian mafia leader of
spreeding brown sugar over moses hair, for relaxiation
not for death, but i will take three years of
prison, now am fiftysix and i am finished.
Cassius Clay- not only musican#
Die wahrheit muss gesagt warden:
„wegen dir musste jem. Sterben, im afro dorf, you
want to blow me away,i show you my real power,
du hast nur ein problem , dass dein sohn schwul
ist, und vielleicht HIV-positiv, denkst du noch an
gott. liebt er dich ? ich bin gefährlich ? und du
versorgst stadtteile wiens mit heroin, du bist ein
gefährlicher mann. You are a bushman. But remember
not only bushman think anticlockwise…
.S
zene: die diktatoren sitzen auf sesseln und bedienen
computer und chatenen gemeinsam, und
sprechen laut.
4Diktatoren: Quincy Jones, niki lauda, ursula
stenzl , Cassius Clay/ inkl. 2Stimmen
Quincy Jones:
Canna, bis auf uns , deaf des wissen= explicit
…Bedrohung des Puplikums..
„Wir sind ein Kollektiv, wir haben ein kollektives
Gehirn, wir denken im Kollektiv. Ihr dürft
jetzt nicht an Feuer denken- denn wenn ihr an
Feuer denkt, zündet unser iranischer Freund und
Genosse, Mahmud Ahmedinejad eine atombombe-
target: Wien Heldenplatz.
Könnt ihr oder wollt ihr euch einfach nicht
entspannen, wir haben Hypnotiseure die eine
ständige Schlaflosigkeit, die nach vier Tagen zu
einer völligen nervlichen Vegetativen und lokal
Hirndisfunktionen, bishin zu ewigen Krampf
und Epilepsie anfallen führen. Könnt ihr euch
vorstellen so ein Leben zu führen. Ist euch dieser
Kollektive Suizid bewusst? Oder das Wasser? Ihr
wollt euch entspannen? Ihr wollt in andere Länder
reisen? Sind euch vierzig tausend Kilometer Wasser
hoch, eigentlich bewusst? Glaubt ihr surfen
macht dann noch spaß?
Oder die Luft? Ihr wollt Häuser bauen? Es wird
Luftwind entstehen, da wird Granit zu Feinstaub!
Glaubt ihr da kann jemand sein Gesicht behalten?
Ihr fühlt euch existent? Für wie lange? Für das
leben eurer Kinder auch noch? Oder nur für den
nächsten Atemzug? Wollt ihr das licht ausschalten?
Dann macht die Augen zu!“
40.000 Meilen hoch Wasser.
be water my friend (bruce lee).
die Gravitation kann sich ändern,
das sollte jedem Bewußt sein.
Kommentar von ex-Schiespringer Goldberger-----
-- www.andigoldberer.at
Luft, Feuerwasser, Erde;
Wir könnten vögelnd die Aidskrise bekämpfen, ist
euch das klar.
…mit einer Leichtigkeit.
Wienerlied: nach Johann Strauss Senior: Iraner
schreiben von links nach rechts eine versklavte
für humane Denkensweise nicht wiederspuckende
turka cola folklora nich identifizierbarer
schrift in dubiose omnisexuellen chatforen: wir
alle haben eine
atombombe im
oasch.
…halt den
Mondstein fest
und spür die Kraft..
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Präsenzdienst, Zivildienst
Ihr verstümmelt und tötet jugendliche Geister…
okay!!!
eye for eye
Ich schlage zurück- das Imperium schlägt zurück.
„Ich werde sämtliche, mir zu Verfügung stehende
Militärmittel aneignen, wenn es sein muss auch
mit Gewalt. Wir haben M16 und , Kalaschnikow
für Nahkampftötungen.
Weiter steht mir in Absprache mit dem iranischem
Präsidenten und dem israelischem, leider
an einem Schlaganfall erkranktem und schwer
mitgenommenem, Ariel Sharon( mein Bruder ich
liebe dich) eine Atombombe zur Verfügung. Dies
ist keine literarische Nichtigkeit, und wir stellen
hiermit ein Ultimatum für den Weltfrieden. Ich
mach euch alle platt. Pusch emi guraz NATO,
UNO, WWF, USA, Genfer Konvention, Aserbeidschikistan.-
Ich hab euch eh alle lieb…
Und in dreißig Tagen, wenn dann noch immer keine
Ruhe ist, ihr Lausbuben, dann mach ich euch
alle zu Burenwurscht.
Also denkt über mich nach denn ich habe ur viel
Macht, viel mehr als ihr, viel mehr als alle Mullahs,
alle Mullahs zusammen. Ich fick euch alle, denn
ich habe Informationen.
Ihr könnt mich nicht töten.
Denn ich bin selber Mullah.“
Nostrrawije winettwo
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Cosa Nostra…eure Vulkane
Una grande familia.
Die wahrheit muss ans tageslicht/nachtschatten
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Kein leugnen der Wahrheit,- weil die Wahrheit
muss gesagt werden, damit unsere Mitmenschen
an die Sache mit destruktivem Enthusiasmus
herangehen können.
Ode an king mao nachkomme von pharaoh tut
ench amun……..i talk much about the atomic
bomb with him, die warheit muss gesagt werden
5.) Sie vietnahmen alles mit, die Franzosinnenwir
sind USA Freunde- USA for Africadu
schwuler Cowboy, du geiler Bock, ich liebe
dich, wir alle lieben dich,
… nimm mich. Egal wie, so wie es dir gerade
gefällt,… spür meinen Atem, den Hauch unendlicher
Einsamkeit, den Hauch der Verwesung. Blas
mir ins Gesicht, reib dich an mir, und drück ab.
…be a shame(haar).. blowing in the wind, my
dirty old dick.
… walk for machinery…
Be such an ashole
loose _ontrol, and be a member of scientology.
Lynch the antijewis, homophobien, fick dich selbst
in oasch, du ragga, reaggae, dance hall, MC Mothefucking
bixenklescher Schwulenfeindlicher-
I cut your dreads and cook them.
i cut your rastalocks for homer homy.
Don’t go to the camera
We burn it down. We know where you live, we
know where we from. We follow your steps, and
when you fall asleep, your motherfucking as burns
like Mr. Burns. We burn down your house, we
rape your motherfuckin white bitch. Your children
get in slavery, and so it goes on.
Adolf hitla junior
Fuck! Yeah, he is Black.
Meine Vorhaut ist mir heilig,
und heilige Kühe sind Rinderwahn.
Be a dog! A hot dog. Than at least I feed you, with
any stuff you want….. be a good friend of mine
Ich erkläre mich(Quincy Jones):
Ich bin ein Drittewelt k.a. ok.e ;) wir reiben an
Gulaschnockerln und leiden an in Oaschsteckenden
Eiernockerlschaasn. Iran. Ich rufe Opa um 20
uhr an.
Ich und Florian??? Who the fuck is…?
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würstelbudan.das winer wahrzeichen
Eine würstelstand romanze zwischen zwei schwulen,
einem schwarzafrikaner nigerianischer
herkunft asylant in schubhaft der Ma 24/12.
und einem weißen österreicher.
weihnnachtsmann plediert auf steinigung
des jüdischen deserteurs
wir lieben euch alle.
Keine vorurteile, nur nicht zu schnell
handeln, abwarten und tee trinken
Earl grey
Bier ist wie Scheisse- stark und eigenmächtig.-zitat
Ende
Für mich, also persönlich- die Wahrheit
muss gesagt werden.
Assosatztionen- Worter nützen sich
ab- wie Werkzeuge,- sie sind schwer
Vorbelastet, und werden missverstanden.
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„…wem läuft da nicht ein Schauer
über den RehRücken? Das ist einfach
nur noch primitiv… ich bin
zwar etwas senil,- Persil- eventuell
geht manuell.
FM4 hat mir heute mit Zynismus
und Sarkasmus den Krieg erklärt. Sie
stehlen meine Ideen, und deswegen hat dieser
Radiokanal mir Rechenschaft zu geben. Oder
Einblick in die Machenschaften dieses Senders zu
geben.
und mir dem Redaktor dieser Sendung und dem
Kommentator habe ich noch eine Rechnung offen.
Deren Tötung b.z.w. Zungenabschneidung wurde
bereits in Auftrag gegeben.
Obwohl ich es mir nicht erklären kann….
Obwohl in Absprache könnte man über ein
finanziell, für mich rentables, Geschäft sprechen.
Anstatt uns in zynisch und sarkastischer Ungeübtheit,
Unwissenheit, Blödheit zu üben. Uns
nachzuäffen wie es die primitive Schauspielkunst
in den geistig unterentwickelten, unterernährten
primitiven Ländern so üblich ist.
Okay, ihr seit zwar unterentwickelte Primaten aber
ihr habt die Kohle, und an dieser bin ich interessiert.
Ich saug euer Gehör mit einem von tiven Elementen angetriebenem Staubsauger aus
radioakeuren
Gehirnwindungen, dann seit ihr Beethoven,
und hört nicht einmal den grossen Knall.
Ihr betet für mich und Kebap gibt’s dann überall
umsonst. Weiters fordere ich einen roten
Mercedes zum gratis Ess & Drink mix Laden.
Weiters besuche ich mit einer staatlich geförderten
Leibeigenschaft die besten Buffs in Bratislava.
Weiters wird der derzeitige Drogenhandel zu 80%
auf mich überschrieben. Was bedeutet: zu hundert
Prozent banka- Brasil, banka- Peru, banka Sicilliano-
con fidel castro`s cuba. Putin( Russland ),
Sharon( Israel), Steve Wonder( Los Angeles)…
Steve you are blind, cause you saw the light, it was
to much for you, my friend, the light blindet you.
Keep the fire, even you watch me, even you smell
my puhbs,- you are finished.
But your music makes me fuck my little doughter.
Ihr moralischen Schweinderln.
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Ursula Stenzel. Sie hat Fehlgeurteilt in mehreren
protokolarisch aufgenomenen, archivarisch feststellbaren
Dokumenten.
z.B.: Zeit im Bild, Universum( das Nilpferd rechts
hinten), Mini Zip, gayhotline-atv.
Ich bin da Rosettenking- maniac of the year 1943.
Die Spezialisten die aus dem Bulgarisch, Rumänischem,
ein wenig Kaukasus kommen, zeigen eine
hohe Motivation for killing a whole not for about
5000 euro. …so ist youre pleasure.i`m making
pressure, I`m mafia, I have much power, power to
let kill, by machinery, by heart, lever,
Don’t follow me, im _not’ ….. don’t disturb,
otherwise your system breaks down, i m engineer
high quality, but your blood is delicious, like sophisticated
red wine-but you must live my friend,
fight again with your eternal power,i watch you, i
learn, i smoke weed, lsa , lsd, my mind is superiour.
I don’t fight you, you give me key. Nobody
can kill you except your own system.”
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Heute ist der 9.3.2006
Neue stellungnahme: ich wollte mit meiner provocation
nicht töten, b.z.w. die veranlassung etwaiger
foltermethoden veranlassen, sondern meine
provokation diente ganz alleine zu einem neustart
dr disskussion. Ich habe euch nig. Mafia gezeigt
das mich meinungen bezüglich antischwulen, und
antijüdischen meinungen verstören. Sehrwohl gab
es opfer. So wurde in sechs laden marijhuanna
Gefunden, und meines wissens eine nicht
beachtliche menge an kokain beschlagnahmt, so
lieber freund schech, wieso karikaturisierst du
mich, sehe ich aus wie ein transsexueller? Bin
ich zu schwul für dich? Bis du vielleicht verliebt
in mich(i)? es tut mir leid. Und sogar tränen
drücken mich. Warst du doch mit mir im
kamera club in offensichtlicher treue, zur
cosa
54 Nr. 10/2006
Buch VII – Waran
ST/A/R
Bild von ADAM
ST/A/R
Buch VII – Waran
Nr. 10/2006 55
be-O-bach-Ten
Jörg Haider ist schwul, ich war letzte nacht mit ihm im bett, und wir haben
durchgekokst. Es war einfach herrlich.
Mit einem Brad for dem Kopf.
Glaubst du an Wiedergeburt?
Ich täte es dir wirklich wünschen.
Dank dir macht sogar die einsamkeit wieder sinn.
Der gerngrossglockner ist ausgebrochen, er war doch ein vulkan(vulva).
Und auch wir werden aus dem Alltag ausbrechen.
Cosa nostra Damus
Freiheit ist kein menschenrecht- seltsam oder?
Der dritte weltkrieg wurde abgeblasen.
Dank dolly busta( rhymes)
Und wir alle heben die recht hand zum altbewährtem hitlergruß.
Die rechte hand von H.C.Strache.
Gebts euch die handys und vertragts euch wieder.
Eigentlich bin ich ja ganz anders, nur ich komme leider so sellten dazu.
Jugo Boss
Achtung: falsches Falschgeld ist im umlauf.
Ich schwöre auf meine Ahnen,- Stammbaum fällen
und wasche meinen Beidl in Unschuld.
Wo ein Wille ist, da ist auch ein Dancefloor.
Der weg ist nicht das ziel, vom leben versteh ich ziemlich viel.
Blood on the dâncefloor
Wer mich kreuzigt, der wird sich das Kreuz verreißen.
Liebe Lisa Mona,
Ich entschuldige mich hiermit offiziell für jedes wort das über meine
Negerlippen kam, und distanziere mich von schwulenfeindlichen
meinungsforschern. Obwohl es mir mit jedem wort todernst war, schwöre
ich auf die gelben Seiten es nie wieder zu tun, Also es mir selber zu
machen. Vor Gott und meiner ganzen Familie.
Freunde der Nacht, es ist vollbracht. Familien gehen auseinander,
wie Feuersalamander.
Steine fallen vom Herzen, ...
Ich bin wie das Gesetz,- überall
Kaum war ich im Gefängniss fühlte ich mich zum ersten mal so richtig
frei.
Edi Finger Jr.
Making of
Panikmache- Hassprediger- Fitnessguru
Gottesanbieter- inSekten- u.v.m.
Alles Bullshit- red bullshit
.
Was ist scneller, Licht oder Gedanken?
Cyborgstdumirdeinhandy?
Ps.: schreib ein buch über kosmische liebe, oder du kannst unsere
freundschaft vergeßen.
Du Hampelmann.
Hiermit kündige ich dir die freundschaft, mein Blutsbuder. Die ewigen
jagdgründe sind zu einem reservoir zusammengeschrumpft. Und jeder
indianer ist schwerer alkoholiker.
Morgen ist heute, und gestern ist vorbei.
Diese unerträgliche leichenstarre.
Wozu worte?, spielen sie karten.
Protokoll Ganslwirt:
Hansi geht auf die Toylette.
Rudi raucht eine Marlboro.
Design oder nicht sein
Könntest du mir finanziell zwischen die Beiene greifen?
Mutant Chronicles
Halb mensch, halb joint
An meine engste freundin, die japanerin Fut zu eng.
An meinen ängsten Freund, ...
Geld sollte man ausgeben, bevor es einen belaßtet
Noch zehn freiminuten...
Verschlossene Gesselschaft, zutritt nur für unbefugte.
Ihr könnt mich kreuzweise, waren seine letzten worte, und billy the kid
wurde nie wirklich alt.
Canna bis auf uns deaf des wissen.
And tell it all your friends:“ the king is back in town“
You son of a bush.
Die erde ist eine Grube- kiss me when i´m thinking.
Bild von ADAM
Wieviel profil hat ihre scheiß Meinung? Heute schon gerubbelt? Und wie
soll ich das bloß meinen kollegen im büro klarmachen?
Selbstlose Selbstbefriedigung ist der erste schritt zur besserung.
Be water my girlfriend..
Von meinem Hong Kongenialem Partner, Bruce Lee
Temperatour de france
56 Nr. 10/2006
AMS
BEMÜHT
Pflegemitschrift aus vier Jahren AMS Betreuung
Buch VII – Waran
ST/A/R
ST/A/R Buch VIII – China
Nr. 10/2006
57
nature is cool Hofstetter Kurt
Der Zeit - und Licht Künstler Hofstetter Kurt mit seiner
Miniatur “nature is cool” die er aus seinen Entdeckungen zur
einfachsten Konstruktion des Goldenen Schnittes entwickelte.
siehe wissenschaftliche Publikationen in Forum Geometricorum
ISSN 1534-1178 und ST/A/R 05/Buch 14 Anleitung zur
Konstruktion des Archiquant nach Hofstetter Kurt.
Unser Cafe Kafka, Juli 2006 Foto © Heidulf Gerngross/Nokia Handyfoto
58 Nr. 10/2006
Buch VIII – China
ST/A/R
Stein und Design – die besten Pflaster
mit Werkstatt Wien, Peneder und CHV GUNTHERSTRA
Das Paradach eine großartige Österreichische Erfindung
Peugeot 107 HDI
Dieses Auto erfüllt alle Anforderungen um uns künftig
als DAS ST/A/R AUTO zu begleiten.
Kurzantwort nach einem David Staretz Test:
Leicht, wendig, kostengünstig, modern und vierttürig.
Der Peugeot mit dem kleinen Dieselmotor erklärt uns
die Welt: mehr als 40 kw muß der Spass nicht haben!
11,5 von 12 möglichen ST/A/R Gütesternen!
Neubau Fertigstellung 2006 Bauzeit 2 Monate
Bürohaus erbaut schon 1996 !!
Peneder Halle 8x24 meter
Axo - gezeichnet von Dipl.Ing. Sebastian Schmid
ST/A/R
Buch VIII – China
Nr. 10/2006 59
er von Wien bauen eine neue Halle
SSE 10 1220 Wien
www.sgd.at
ENTWURF :
Diese Augen lügen nicht – Peugeot 107 HDI
Foto David Staretz©2006
ST/A/R Buch VIII – China Nr. 10/2006 61
www.peneder.com
120000 m 2 Paraschalen mit 25 Meter Spannweite.
Ein Projekt mit Peneder für China – der ´Stadtattraktor
Dieses Projekt wurde im Rahmen eines Lehrauftrages von
Angelo Roventa und Heidulf Gerngross im Studio 3, Professor
Volker Giencke, an der Universität Innsbruck entworfen und
wird bei der geplanten Ausstellung im Bejing Royal Art Museum
dem Chinesischen Volk als Österreichische Wirtschafts- und
Geistesleistung präsentiert.
Zu danken ist den beratenden Professoren des Instituts für
Holzbau, Prof. Flach, und des Instituts für Stahlbetonbau, Prof.
Feix, dem Konstrukteur der Trasse der Magnetschwebebahn in
Shanghai.
Besonderen Dank den mitwirkenden StudentInnen Christoph
Eigentler, Gorana Eres, Salha Fraidl, Christian Gneist, Alfred Juen,
Christian Obrist, Robert Reichkendler, Andreas Ried, Alexander
Stich.
stephansdom
kolosseum_forum romanum
Grössenvergleiche Kollosseum, Gizeh, Stephansdom
gizeh pyramiden
62 Nr. 10/2006
Buch VIII – China
ST/A/R
Künstler der GRYASNAYA GALERYA NA MARATA
iftaf – institut für transakkustische forschung
bragofon, erstes stadium der Tinctura Artis “ tabu ”
fotos by gerald
kofler © 2006
iftaf – stefan nussbauer fixiert noise bazar, 25.07.2006
Владимир Яременко-Толстой: Ха-ха, Михаил, вы имеете наглость утверждать,
будто бы в современном искусстве всё ещё существует табу!?!
Михаил Акрест: Это вполне возможно. Всё дело в том, что понимать под словом
«табу». Но даже если табу в современном искусстве не существует, то мы его
тогда создадим.
Владимир Яременко-Толстой: Подумайте, на что вы замахиваетесь? Все
уже давно устали от художественных провокаций в искусстве, а сами эти
провокации давно перестали быть табу, то есть, на самом деле в искусстве
уже позволено всё…
Михаил Акрест: Владимир, возможно, вы правы и все табу в искусстве уже
действительно разрушены, но, не боюсь повториться, мы создадим новое табу!
Владимир Яременко-Толстой: Вероятно, под словом «табу» вы понимаете нечто
иное?
vadis
acrest
Михаил Акрест: Ни в коем случае, под табу я понимаю именно табу! Но учтите,
что табу может принимать различные формы…
Владимир Яременко-Толстой: Какие же, например?
Михаил Акрест: Например, форму тинктуры! Тинктуры – это сложные
художественные произведения концептуального плана с интерактивными
функциями. Они создаются для инспирации художественного процесса. Общее
название – tinctura artis, это латынь.
TINCTUR ARTIST
Владимир Яременко-Толстой: То есть, напиток для художников, JOPArtist как я понимаю?
Михаил Акрест: Совершенно верно. Пока что нам удалось дистиллировать
три сорта тинктур – «химическая женитьба», «suprematum auri» и «cubus
radicalis», созданных нами по оригинальным рецептам. В данный момент мы
начинаем работу над тинктурой «табу».
joping von vadis
Владимир Яременко-Толстой: Но ваши тинктуры – это обычный дистиллят, водка,
доморощенный самогон, вульгарный алкоголь.
JOPA = RUSS.:
valie AIRPORT
Михаил Акрест: Это не так. Давайте возьмём водку и сравним её с
тинктурой. Если водка коллективизирует сознание ее потребителей, то
тинктура наоборот призвана влиять на индивидуализацию вектора восприятия
ST/A/R
Buch VIII – China
Nr. 10/2006 63
ST. PETERSBURG MIT VALIE AIRPORT IN WIEN
acrest & valie airport planning
revolution in russian art
planning revolution in russian art
NATURARCHIQUANT AUS RUSSLAND
Valentin, Noisse Bazar
Hary Wetterstein und Hans Tschiritsch
Gäste der GRASNAYA GALEREYA
Noise Bazar
Andi Luft
ARSCH
Stefan nussbaumer see next ST/A/R
Stefan Nussbaumer see next ST/A/R
64 Nr. 10/2006
Buch VIII – China
ST/A/R
HORACIO grüsst ST/A/R
aus seinem Hof Castanheira da Ribeira, Aruchella Portugal
LANDST/A/R
Wolfi
ST/A/R Buch IX – Auto ST/A/R
Nr. 10/2006
65
AUTOST/A/R
DAVID STARETZ
FERTIGT FÜR SEINE FRAU VIKTORIYA SITOCHINA EINE KRONE,
REDIGIERT, SCHREIBT UND FOTOGRAFIERT
MAZDA DESIGNWORKSHOP
VOLKSWAGEN CRAFTER
FIAT GRANDE PUNTO
LANDROVER BJ. 74
ST/A/R-GAME FÜR ARCHITEKTEN UND SCHREIBTISCH-RACER
ST/A/R Nr. 09/2006
66 Nr. 10/2006
Buch IX – Auto ST/A/R
ST/A/R
Concept Cucunft
Mazda Designstudien
Concept Cucunft
Seit sich Mazda nach einigen Jahren Schrecksekunde und mit großer Hilfe durch Ford von finanziellen Problemen
erfangen hat, ist man wieder selbstbewußt geworden: Die Produkte stimmen, man ist gut aufgestellt, der MX-5 hat
nichts von seiner erstaunlichen Einzigartigkeit verloren, die Rotary-Engine ist nach wie vor ein vitales Thema und in
drei Designstudios widmet man sich der Kür, Zukunftsvisionen zu planen und auf die Räder zu stellen als sogenannte
Concept Cars.
Wenn die Japaner künstlerisch werden, steht mindestens eine
Philosophie der Gegensätzlichen Harmonien dahinter, wie sie aus
dem Göttlichen Drama des vierzehnten Jahrhunderts überliefert
wurde, und die Farbe des Wagens entspricht genau dem Schimmer
eines hochpolierten Fuguhiki-Messers im Abendlicht von Miyajima.
Doch, das mit der Messerfarbe stimmt wirklich, wie Atsuhiko Yamada
beteuert, den alle Joe nennen, weil er dem Mazda-Designcenter
in Yokohama vorsteht. Sein Concept Car namens Senku verläuft
völlig ungebremst durch Scheibenwischer von vorn nach hinten.
Die Schiebetüren orientieren sich an den Papier-Schiebewänden in
Großmutter Yamadas Haus. Nettes Detail: Die Automatik-Stufenwahl
bewerkstelligt man durch Fingerauflegen dort, wo die jeweiligen
Symbole in Leder eingestanzt sind.
(All das war unlängst auf Mallorca zu sehen bei einem Mazda-Design-
Workshop zum aktuellen State of Art.)
Was der Name von Concept Car Nummer zwei, Sassou bedeutet:
Thinking forward. Hm. Peter Birtwhistle ist bereits seit 1999
Chefdesigner im Mazda-Studio Oberursel, er hat den Kodex also
voll drauf: „Der Wagen, angesiedelt am entry level for young
buyers, verpflichtet sich dem Kumadori-Augen-Make-up, das sich als
Mystery-look des Kabuki-Theaters herausgebildet hat.
Gleichzeitig ist das Auto sehr translucent ausgelegt, Lichtlinien
akzentuieren das Auto bei Tag und bei Nacht. Per USB-Stick kann
man die schon tags zuvor per Internet ausgetüftelte Fahrtroute ins
Navigationssystem des Autos übertragen, samt vorprogrammierter
Musik, Haltestopps, Sightseeing ...“. Nichts ist schlimmer als gute
Menschen, die sich alles so schön ausdenken, wie es nie sein wird.
Dennoch: Der Sassou gilt als Urmodell für den real erscheinenden
Mazda 2.
Etwas straffer zur Sache geht Franz von Holzhausen, ein
sonnengesträhnter Surfer-Boy, der dem Studio Nummer drei in
Kalifornien vorsteht. Er war in seiner Laufbahn schon an NewBeetle-
Concept, am Audi TT, am Pontiac Solstice und am neuen Opel-GT-
Concept beteiligt. Sein Mazda-Kabura-Concept bedient sich bei den
unverdächtigen Elementen Fire&Ice. Umso mehr ist der Name zu
würdigen: er bedeutet nichts weniger als : „Klang des ersten Pfeiles,
mit dem die Schlacht beginnt“. Kabura. Fusion of sharpness and
mellowness. Der Wagen mit den ausgeprägten Formen hat heuer
bereits einen großen Designpreis gewonnen und, was noch mehr
zählt: junge Designschüler werteten den chromfreien Kabura als
Nummer 1 auf der heurigen Detroit Motorshow.
Mazda Kabura
Franz von Holzhausen:
Der Kabura verfügt über einen behende wirkenden Rumpf als
kraftvolles Statement, sowie über gespannte Oberflächen. Jede Linie
fließt in die andere ein, es gibt keine offenen Enden. Die Radkästen
sind eng über die Räder gezogen, alles soll an ein Spinnennetz
erinnern, das zwischen den Ankerpunkten aufgespannt ist.“
Zwei-Liter-16V-Benziner, Sechsgang-Handschaltung. Ein neuartiges
Leder-Substrat, das aus eingeschmolzenen Turnschuhen gewonnen
wurde, ist Hauptbestandteil des Cockpits. Dieses Material kann in
jeder Farbe, jedem Design hergestellt werden. Rechts gibt es eine
versteckte Bonus-Tür zum bequemeren Einstieg nach
hinten. Sie wird über Berührung aktiviert und
gleitet, ähnlich wie eine „Pocket door“ in die
Hauswand verschwindet, nach hinten in den
Wagenkörper.
ST/A/R
Buch IX – Auto ST/A/R
Nr. 10/2006 67
Mazda Senku
Atsuhiko Yamada: „Die Räder sind groß und möglichst weit außen an den Ecken platziert,
was dem Design diesen fließenden Look verleiht. Den verstärkten wir mit einer straffen,
hochpolierten Form, die Dynamik und Eleganz verkörpern soll.“
Der Senku wird von einer Rotary-(Drehkolben-)maschine angetrieben.
Auf Berührung gleiten die beiden Schiebetüren weit nach hinten und
geben einen generösen Einsteig frei. In einen Teil des Glasdaches
sind Solarzellen eingelassen, sie versorgen das Hybrid-System mit
zusätzlicher elektrischer Energie. (Im Langsamfahrbereich wir der
Senku rein von Elektromotoren betrieben.)
Mazda Sassou
Peter Birtwhistle: „Der Sassou verkörpert ein mögliches B-
Segment-Car für urbane Singles, die auf dayily basis commuten.
Das Exterieur wirkt leichtgewichtig und aerodynamisch; innen
herrschen Flexibilität, Hi-Tech und Interaktivität. Dank USB-Stick
lässt sich das Auto für tägliche Ansprüche konfigurieren.“
Angetrieben von einem 1,3-l-Turbodiesel mit automatischer Stop-andgo-Abschaltung.
Sechsgang-Automatik mit Doppelkupplung. Mittels
USB-Stick soll die Möglichkeit bestehen, daheim Musik oder Navigations-Ziele
downzuloaden und ins Bordsystem einzuspeichern. Die Rücksitze können mittels
Compressed-Air-Morphing für einen oder zwei Passagiere konturiert werden.
Franz von Holzhausen
Peter Birthwhistle
Atsuhiko Yamada
ST/A/R Buch IX – Auto ST/A/R Nr. 10/2006 69
VW Crafter 35 HR-Kasten TDI
Zeit und Raum
und lauter Freunde
Man öffnet die große Doppeltüre und da
ist nichts. Nur die angewandte Leere, der
schiere Raum auf Rädern. Das bleibt nicht
lange so.
Die Durchdringung von Raum mit dem Raum, um
mit den Kunstphilosophen zu sprechen, ist das
Anliegen des Crafter, das sich im richtigen Leben
natürlich wesentlich prosaischer ausdrückt: So
viele Freunde hatte man noch nie. Und sie müssen
alle übersiedeln oder endlich die Couch von der
Oma holen oder den Kleiderständer quer durch
das Land geführt wissen. Bisher hatte man gar
keine Ahnung, wer aller ein Wochenendhaus
besitzt!
Der Volkswagen Crafter steht in der Tadition
dieser ungemein schnellen Lieferfahrzeuge und
Kleinbusse, die man auf der Wechselautobahn
bergab (und immer häufiger auch bergauf)
formatüberquellend im Rückspiegel kleben hat.
Es sind diese Fahrzeuge, derentwegen ich gegen
Tempo 160 bin, denn man sieht ihnen nicht
an, ob sie leer sind oder vollgepackt bis unters
Dach, aber das macht einen großen Unterschied,
was Bremsweg und Kurventauglichkeit betrifft.
Man kann sie also nie richtig einschätzen,
denn die mögliche Differenz zwischen leer und
beladen beträgt eineinhalb Tonnen. Aber diese
Lieferkästen scheinen grundsätzlich immer
schnell unterwegs zu sein.
Jetzt, selber gefahren, wissen wir auch, warum:
Erstens die Sitzposition. Der Fahrer thront
auf professionellem Schwebesitz, der jede
Bodenunebenheit feierlich ausschwingt. Durch
die große Windschutzscheibe sieht man alles in
Cinemascope, man überblickt den Verkehr, die
Welt, das Leben wie auf Wolke sieben.
Dabei ergibt sich aber, dass die ideale Fußhaltung
Pedal to the metal ergibt, rein orthopädisch.
Alles andere als Vollgas bedeutet Anstrengung,
ungewohntes Lupfen des Rists.
Man mag das nicht.
Das Layout des Crafter ist spektakulär: Großer
Radstand, extreme Spurweite, Reifen von
sportlichen Dimensionen (bis zu 285/65 R16),
Heckantrieb (durch Antischlupfregelung
gebändigt), 136-Diesel-PS (partikelgefiltert),
Sechsganggetriebe. Blattfeder vorne, Starrachse
hinten. Im unbeladenen Zustand liegt der
Schwerpunkt wesentlich tiefer, als es aussieht.
Speziell das Superhochdach mit seiner Lichten
Weite von 2-Meter-16 wirkt wesentlich
umfalldramatischer, als es ist. Massive Bremsen
(zwei Bremssättel pro Rad) werden elektronisch
geregelt, aus dem Pkw-Baukasten übernahm
man den elektronischen Bremsassistenten,
der Hektik am Pedal erkennt und gleich noch
fester zupackt. Antischlupfregelung und
das Stabilitätsprogramm ESP verleihen ein
Sicherheitsgefühl, mit dem man dennoch
sorgsam umgehen muß. Relativ oft spürt man
elektronische Eingriffe, nichts wischt so leicht
wie ein leichtes Lastenbus-Heck.
Der Wagen mit seinen 2000 kg Eigengewicht
darf mit 1,5 Tonnen beladen werden und läuft
locker Tempo 140. Man merkt bald, dass die
aggressive Optik des LT-Bus-Nachfolgers rundum
nicht besonders beliebt ist, irgendwie scheint
schon die schiere Präsenz in Rückspiegeln den
Stinkefinger zu aktivieren.
In seiner überkompletten Grundausstattung
(Airbag, Fesnterheber, el. Spiegel, Schwingsitz
etc., kostet der Crafter 35.200 Euro. Es lohnen
sich aber 1.576 Euro Mehrausgabe für die
ausgezeichnete Klimaanlage, denn das Einladen
von Nachbarsöhnchens neuer Schlagzeuggarnitur
war wieder ziemlich schweißtreibend.
volkswagen
Der AutoStar vergibt an den VW Crafter 35 HR-Kasten TDI:
10 von zwölf möglichen STARS.
70 Nr. 10/2006
Davids LandRover 88 Pickup Bj. 74
Buch IX – Auto ST/A/R
ST/A/R
Die Referenzkiste
Mein Zweitauto, das mir das Auto erklärt
Die Referenzkiste
Kein Oldie, keine Rührung, keine Sentimentalitäten. Nur das Auto an sich. Alte Landrovers
sind keine Sammlerstücke, sondern lediglich alte Gebrauchsfahrzeuge. Mein Landrover,
mit bank bleckendem unter abgeschrammten Lack, hat die Anmutung eines zerspielten
Matchbox-Autos. Irgendwas muss dem Vorbesitzer aufs Dach gefallen sein. Aber das ist
lange her, denn ich fahre den Wagen auch schon bald 25 Jahre.
Was nicht aus Leichtmetall ist, erkennt man gleich am Rost. Oder am Auspuffklang.
Auf der Ladefläche (1,30 x 1,20 m) führe ich eine gigantische Luftsäule spazieren und hin
und wieder einen Eiskasten, den ich seit neuneinhalb Jahren versuche auf der
Müllbehörde zu entsorgen am vorletzten Freitag eines ungeraden Monats.
Das ist die vordergründige Aufgabe meines Landrovers, so kennt man ihn
zwischen Niederfladnitz, der Heimat von Freddy Quinn, und Retz, dem
einzigen Ort der Welt, wo man meinen Namen
auf Anhieb richtig schreibt.
ST/A/R
Buch IX – Auto ST/A/R
Nr. 10/2006 71
Das eigentliche Wesen dieses Wagens gründet natürlich viel tiefer. Wie beim
Kapitän, der hin und wieder in seiner Geheimkladde nachliest, wo nichts weiter
steht als „Backbord = links. Steuerbord = rechts“, so beruht halt alles, wonach
ich jegliche Autos seit fünfundzwanzig Jahren teste und beurteile, auf diesem
Referenzauto. Mit dem Landrover stimme ich mich monatlich auf den
Kammerton naja der Testberichterstattung ein.
Ja, dieser Grundton ist tief gestimmt.
Er erklärt meine Großzügigkeit gegenüber den
Versäumnissen modernen Automobilbaus und meine
peinlich unterwürfige Bewunderung neuzeitlich niedriger
Verbrauchs- und Abgaswerte. Andererseits wird jetzt klar,
warum ich mit ästhetisch hochgespannten Karosserien
ganz schlecht zurechtkomme. Kotspritzer auf einem
Audi A4: Ein Reparaturfall. Eine Beule im Kotflügel eines
Renault Mégane: Totalschaden.
Im Gegensatz dazu profitiert ein Landrover von jeglicher
Kaltverformung im Aluminiumblech. Jede Schramme macht
ihn dank härtender Molekularlverschiebung
widerstandsfähiger. Genaugenommen ist
er schon so sehr zur Natur zurückgekehrt, dass sie
ihn als ihresgleichen erkennt und mit ihren Gaben
belohnt. Wie wesentlich Graspflaster, Lehmkitt
und Schlammpackungen zur Fugendichtung,
Lärmdämmung und Schraubensicherung beitragen
können, brauche ich nicht sonderlich zu betonen.Moos
in der Schiebefensterführung gleitet und dichtet
zugleich. Die versifften Zündkabel schmecken den Mardern offenbar zu gewöhnlich.
Der unterm Sitz vergessene Reithelm meiner Tochter half hingegen einer ganzen
Mäusegeneration über den Winter; was sie mit der Styroporfüllung gemacht
haben, weiss ich nicht.
Ein wichtiges Utensil für den Motorjournalisten ist der Bleistift. Mit ihm
verstopfe ich die Benzinleitung zum Vergaser und starte durch, falls der
Motor abgesoffen ist, weil die Schwimmernadel nicht dichtet.
Mit der Bleistiftspitze drücke ich in die Reifenventile, um Luft
aus den Reifen zu lassen. (Alter Geländefahrertrick für besseren
Grip, ich mach das aber nur, damit die unwuchtigen Reifen
nicht so gnadenlos aufpempern.) Und mit der Bleistiftmine
ziehe ich eine Kurzschluss-Linie in der Verteilerkappe als
praktische Magie gegen’s Anspringen, wenn ich ihn partout
nicht gestohlen haben möchte.
Seit das Lenkrad nicht mehr so abschreckend grauslich
pickt, nachdem ich es neu lackierte, habe ich Bedenken. Das
öffentliche Interesse steigt. Man spricht mich immer öfter auf
das Auto an, wenn ich mir wieder einmal ein Autobahnpickerl
in die Großstadt geleistet habe. Manchmal stecken kleine Zettel im
Schiebefenster („Habe Interesse an Ihrem Auto. Zahle bar! Tel 0664 ....“),
die ich dann gern hinter die Scheibenwischer rostiger Ladas oder aufreizender
Bentleys stecke. Dann erfreue ich mich an dem Gedanken über die wunderbaren
Freundschaften, die ich damit stifte ... Ok., das ist halt so eine Art von Humor.
Landroverfahrerhumor.
Noch ein paar Worte zur Typologie: Der Typ 88 (das bezeichnet den Radstand
in Zoll), also der kurze Landrover, wurde in Österreich praktisch nur als Canvas-
Top angeboten. Der putzige Pickup mit alu-blecherner Dreisitzerkabine ist in
Österreich äusserst selten zu finden. Mein Landrover traf 1975 von Solihull
direkt in Unterstinkenbrunn ein. Hier wurden ihm Lenkrad und Pedale nach
links versetzt. Im Auftrag des Erstbesitzers hatte man eine Betonplatte in die
Ladefläche gegossen - zwecks Hinterachsbeschwerung. Als Ausgleich bekam er
zwei zusätzliche Federblätter ins Kreuz gespannt – Wildfütterung spezial.
Jetzt, wo diese
Features rückgebaut sind, entdecke ich den
Sinn dieser Maßnahmen. Bereits feuchtes
Gras lässt die Räder druchdrehen und
verlangt nach Allradantrieb. Dazu muss
man einen gelben Knopf mit Wucht in
den Fahrzeugboden drücken. Weil ich
ein zur Technik freundlicher Mensch sein
möchte, mache ich das nie mit dem Fuß,
sondern mit dem … naja, irgendwie mit
dem Genick: Meistens bin ich danach so
krumm verschossen, daß ich drei Tage lang
für einen höflichen Menschen gehalten
werde.
FIKA
72 Nr. 10/2006
Buch IX – Auto ST/A/R
ST/A/R
Filzstift-Ferrari gegen Marker-McLaren
Das Auto-STAR-Rennfahrspiel für Architekten, Arithmeten, Asketen.
Und überhaupt alle, die Karopapier und zwei verschiedenfarbige Stifte besitzen.
ST/A/R GAME
Schwarz durfte beginnen, besetzte die Pole und fand eindeutig
die bessere Linie als Rot, das aus dem Windschatten
musste. Dramatik in der letzten Runde: Schwarz fliegt fast
raus, muss korrigieren, Rot geht auf Kampflinie, Schwarz
rettet den Vorsprung ganz knapp ins Ziel.
Rennstreckenplanung © DAVID STARETZ
Man zeichnet einen tollen Rennkurs.
Dann fixiert man Start und Ziel.
Münzewerfen für die Pole Position.
Der anfängt, fährt ein Kastel weit. Der zweite auch.
Und jetzt zum Spielprinzip: Die beim letzten Zug
gefahrene Strecke wird (in Kastel-Koordinaten) immer
neu übertragen. Das ergibt den Mittelpunkt für den
nächsten Zug, der immer ein Kastel weiter links,
rechts, vor oder hinter dem Mittelpunkt anzielen darf,
genausogut den Mittelppunkt selber. Man hat also
(samt Mittelpunkt) immer eine von 5 Möglichkeiten,
je nachdem wie sehr man lenken, bremsen oder
beschleunigen möchte.
Tricky! Je schneller, desto weniger Lenkmöglichkeit,
wie im richtigen Leben! Klug sein mit den Bremsen!
Hier ist zur Demonstration eine Situation
herausgezoomt: Der Fahrer ROT befindet sich im
„dritten Gang“ in einer Rechtskurve, man muß also
die Koordinaten vom vorigen Zug übernehmen: zwei
Kasteln nach rechts, drei nach oben. Das eingerahmte
Umfeld des neuen Mittelpunktes zeigt, wohin man
wahlweise fahren darf.
Viel Spaß!
Zwei Regeln noch: Wer rausfliegt setzt 3x aus und
fährt an der Unfallstelle mit 1 wieder an.
Und: Die Spur vom Vordermann darf nur drei Mal
nachgefahren werden, dann heißt es ausschwenken.
Theoretisch können so viele spielen wie es Buntstifte
gibt, mehr als vier wird aber eher chaotisch.
ST/A/R Buch X – Werkstatt Wien
Nr. 10/2006
73
Erstes Archiquantfenster im Sozialen Wohnbau
Sozialer Wohnbau Sturzgasse Johnstrasse 75 Wohnungen, ein Supermarkt,
Grün- und Spielflächen im Hof In den Obergeschossen freie Sicht zur Gloriette
alle Wohnungen haben schon Mieter und Käufer gefunden
ST/A/R gratuliert allen Beteiligten ...
74 Nr. 10/2006
Buch X – Werkstatt Wien
ST/A/R
ÖsterreichPolitik
Fotos © 2006 wladimir jaremenko-tolstoj,
aichholzgasse 1120 wien
Österreich wählt ST/A/R
ST/A/R
Buch X – Werkstatt Wien
Nr. 10/2006 75
Die Baustellen sind die Knospen der Stadt
Fotos: Heidulf Gerngross mit seinem Nokia Handy
Plannung Werkstatt Wien
Wohnbau Johnstrasse/Sturzgasse
ST/A/R Buch X – Werkstatt Wien Nr. 10/2006 77
Die Baustellen sind die Knospen der Stadt – aus einer guten Zusammenarbeit entsteht ein guter Bau
Fassade Johnstrasse – Planung Werkstatt Wien
Liftanlage von
Baubeginn 2005 – Fertigstellung demnächst
78 Nr. 10/2006
Buch X – Werkstatt Wien
ST/A/R
Napoleonstadel
N A P O L E O N S T A D E L
KÄRNTENS HAUS DER ARCHITEKTUR
Diese Projekt wird von der
Europäischen Union, von Bund
und Land Kärnten kofinanziert.
“KÄRNTEN ENTDECKT”
Architekturtage 9. u. 10. Juni 2006
WOLFSBERG
SPITTAL
a.d. DRAU
FELDKIRCHEN
VILLACH
KLAGENFURT
VÖLKERMARKT
© GRAPHIK u. KONZEPTION, ARCH+MORE
GERHARD KOPEING, Markus Schaller
ST/A/R
Buch X – Werkstatt Wien
Nr. 10/2006 79
In nachbarschaftlicher Liebe
Fenstersturz (siehe Buch III Seite 17)
Fenstersturz
Jan Tabor hat mich in nachbarschaftlicher Liebe gebeten,
diese Aktion seiner fea, seines Forum für experimentelle
Architektur, zu eröffnen. Sie nennt sich „Fenstersturz“,
weil er für seinen Raum, für den Raum des fea eben, ein
Fenster zur Verfügung hat. Und wenn man als Tscheche
Eine Defenestration des 21. Jahrhunderts im Wiener
Museumsquartier drückt keine illegitime Wut gegen die
herrschende Macht aus, sondern bewegt sich im Rahmen
des bürokratisch erlaubten Spielraums zur aktionistischen
Transzendenz eines gegebenen Raumes.
und beständiger Kritiker des Mächtigen schon einmal
ein Fenster zur Verfügung hat, dann muss geradezu
zwangsläufig auch ein Fenstersturz stattfinden.
Der Prager Fenstersturz, den jeder irgendwie kennt,
aber wahrscheinlich nicht weiß, dass es laut wikipedia
vom 10. Juli 2006, drei Prager Fensterstürze gab, am
30. Juli 1419, am 23. Mai 1618 und am 10. März 1948.
Diese Prager Fensterstürze haben bereits als eine sich
anscheinend perpetuierende Tätigkeit die wunderbare
Gattungsbezeichnung „Defenestration“.
Ich unterstelle Jan Tabor, dass er es war, der diese
wunderbare Bezeichnung „Defenestration“ wikipedia
untergejubelt hat.
Mit der heutigen Eröffnung dieser Installation haben
wir es also mit der historisch begründeten und damit
auch inhaltlich legitimierten, wahrscheinlich ersten
„Defenestration“ des 21. Jahrhunderts zu tun.
Die Camouflage verdeckt, dass hier dem Hausbesitzer sein
Recht auf Fruchtgenuss entzogen wurde, dass sein Besitz
gestört wurde, dass von einer Denkmalbeschädigung die
Rede sein könnte.
Wie gesagt, alle diese, die Ordnung der Dinge störenden
Insultationen verbergen sich parasitär hinter der
Camouflage.
Ist doch das Parasitäre die akut und langfristig
notwendige Strategie der Bewältigung einer Geschichte,
die sich zunehmend selbstreproduzierend weiterbaut.
Deshalb erfreuen wir uns nicht nur an den schönen
Kastanienblättern und –blüten, die den tristen Raum des
Parkplatzes des Museumsquartiers attraktivieren. Wir
erkennen auch die von diesen heutigen Kulturtechniken
verborgene oder geborgene kritische Kraft der
Defenestration oder eben des Fenstersturzes.
Als kollegialer Nachbar, lieber Jan Tabor, gratuliere ich
Aber:
Diese Defenestration ist heute kein wirklicher Sturz
zu dieser Manifestation und wünsche mir viele weitere
Defenestrationen in der ganzen Stadt.
des Menschlichen mehr durch die für die zivilisierte
baukünstlerische Einbringung von Licht und Luft in
Gemäuer geschaffenen Öffnungen. Denn:
Dietmar Steiner, Az W
In Zeiten der Herrschaft des Simulakrums kann heute
diese Defenestration keine reale mehr sein.
In Zeiten der Herrschaft des Sublimen kann heute diese
Defenestration keine tatsächliche mehr sein.
Oder anders gesagt:
Wenn und wo realer Widerstand sinnlos und zwecklos
wird, dann ist nur die List der Camouflage zur Rettung des
Eigenen fähig.
Az W immer dabei
www.azw.at
80 Nr. 10/2006
Buch X – Werkstatt Wien
ST/A/R
Österreichische Ingenieurbaukunst im Oman
Die erste Eisenbahnbrücke im Oman als Zufahrt zur Al Hoota Schauhöhle.
Diese schlichte einfache elegante Brücke entstand in Gemeinschaftsarbeit der Österreichischen
Firmen Werkstatt Wien, Spiegelfeld Architekturmanagment und dem weltweit bekannten
Ingenieurbüro FCP – Fritsch, Chiari & Partner ZT Gmbh.
Im Bild der Bauleiter und Höhlenforscher Dipl.Ing. Heinz Holzmann, Initiator des Unternehmens Oman.
ST/A/R Buch XI – EP positions
Nr. 10/2006
81
Zlatan Vukosavljevic
Z latan selected by Elisabeth Penker
Fortsetzung Seite 88
82 Nr. 10/2006
Buch XI – EP positions
ST/A/R
Titel: Einfach! Architektur aus Österreich. Just! Architecture from Austria
Autoren: Walter Chramosta / Manuela Hötzl / Bart Lootsma / Antje Mayer / Jan Tabor / Ute Woltron
Untertitel: Die Wahl der Kritiker. Critics´ Choice
Sprache: deutsch / englisch
Verlag: Haus der Architektur
Einfach! Architektur aus Österreich
Die Wahl der Kritiker
Just! Architecture from Austria
Critics’ Choice
Herausgeber: Franz Schneider
Brakel GmbH + Co KG
Nieheimer Straße 38
D-33034 Brakel
Telefon / Phone: +49 5272 608-0
Telefax / Fax: +49 5272 608-300
www.fsb.de info@fsb.de
Idee und Konzept:
FSB, Wolfgang Reul
Redaktionsbuero, Manuela Hötzl, Antje Mayer
Heisser
ST/A/R TIPP Einfach!
Architektur aus Österreich
Ohne Zweifel hat die zeitgenössische österreichische Architektur in den vergangenen Jahrzehnten einen hohen internationalen
Stellenwert erlangt. Aber gibt es sie überhaupt, die österreichische Architektur? Und wenn ja, was ist für sie charakteristisch?
Für die Produktion von Architektur waren der Standort und seine Identität sicherlich stets ein wesentliches Initial für
ihre Entstehung. Die Architekturkritiker Walter Chramosta, Manuela Hötzl, Bart Lootsma, Antje Mayer, Jan Tabor und Ute
Woltron stellen eine sehr persönliche Auswahl von neueren Projekten in Österreich vor, anhand derer sie regional Typisches
festzumachen versuchen; keine medial gehypten Stararchitekturen, sondern kleine, feine Bauten. Dieses Buch ist ein Versuch,
die ausgetretenen Pfade der „Hochglanz-Architekturkritik“ für einen Augenblick zu verlassen. Ein bewusst unvollständiges,
humorvolles Buch, mit zuweilen sympathisch detailversessenen Blicken auf Architektur in Österreich.
Walter Chramosta
Manuela Hötzl
Bart Lootsma
Antje Mayer
Jan Tabor
Ute Woltron
Ermöglicht hat dieses Werk der ostwestfälische Türklinkenhersteller FSB Franz Schneider Brakel GmbH + Co KG als ein
Dankeschön an die vielen Architekten Österreichs, die immer wieder zum jeweils aktuellsten FSB-Handbuch greifen und daraus
ihre Wahl treffen. Auf die Frage „Was
macht Architektur wertvoll?“ schreibt
der langjährige FSB-Freund Gernot
Guth aus Linz Folgendes: „Es ist die
Konzentration auf das Wesentliche
– das Einfache. Was nicht heißt,
dass das einfach ist. Aber ‚Einfach!
Architektur aus Österreich‘.“ So
oder ähnlich könnte man auch
die Produkte von FSB bezeichnen.
Denn „Hand-Werkzeuge“ von FSB
– Türdrücker, auch Klinken genannt,
Knöpfe, Griffe und seit einiger Zeit
auch Accessoires – sind nichts
anderes: Einfach! Türklinken aus
Brakel.
Projekte von cukrowicz.nachbaur, Marte.Marte Architekten ZT GmbH, Philip Lutz Architektur, Allmeinde Architecture, Martin
Scharfetter, AllesWirdGut, Weichlbauer/Ortis, Pichler & Traupmann, Günter Lautner und Nicolaj Kirisits, Sepp Müller, Eichinger
oder Knechtl, ARTEC Architekten, ARGE Eisenköck / Zinganel, Adolph H. Kelz, INNOCAD, HOLODECK.a
Wien grüsst den Norden
coming soon: Die fritz-kola
ST/A/R connection
Das Ende des Monopols
0,33 Liter in Glasmehrwegflasche only
83,3 mg Koffein und ein Hauch Zitrone
Mirco und Lorenz hatten noch nie Respekt vor
irgenwem oder irgendwas. Mit fritz-kola treten sie gegen
Colamonopole und Plastikschrott an.
Auf dem Weg zur Nummer eins lautet das Motto:
Durchhalten ist alles
Hamburg grüsst den Süden
ST/A/R
Buch XI – EP positions
Nr. 10/2006 83
Der Klassische kleine Eissalon den es nicht mehr gibt
- es gibt ihn, es gibt ihn – in der Langegasse 56
ST/A/R TIPP FÜR HEISSE TAGE : MANGO–YOGI
Shopbesitzer Ewald Wieser ist freundlich überraschte Gesichter gewohnt. Zwei
Französinnen die unlängst das Geschäft besuchten meinten in Paris wäre das in jeder
Hinsicht eine Sensation – sowohl die Feinheit des Eises, als auch das Flair des Kleinen
Salons. Als Musikstudent verkaufte er Eis im Schlosspark Schönbrunn. Heute beliefert
seine Firma Eismanufaktur über 70 Eissalons und Gastronomiebetriebe. Er erfindet Jährlich
mehrere neue Eissorten – wie etwa die Wellnesssorte Aloe-Vera-Pfirsich, das EnergyEis Red
Woolf oder das belebende GrünteeEis MATCHA.
www.eismanufaktur.at
Eiskünstler
Ewald Wieser
beim Chillati
Donnerstag
Eis Clubbing
ST/A/R Nr. 10/2006 85
WIEN Favoriten Terrassenhaus – Buchengasse
250
SOZIALER WOHNBAU MIT 250 WOHNUNGEN – bezugsfertig Sommer 2008
Ein dichter Sockel schafft
stadträumlich Nähe;
die aufragenden Solitäre
sichern Freiraumqualität,
Ausblick, Durchblick
und Besonnung.
Ein einfaches
Modulsystem als Prinzip
der Grundrisse, ermöglicht
die Aneinanderreihung
unterschiedlichster
Grundrisstypen.
Jede Wohnung verfügt dabei
über einen großzügigen
privaten Freiraum.
Vielfältige gemeinschaftliche
Freiflächen unterschiedlicher
Qualitäten als Dach
und Hausterrassen,
sowie introvertierte
Gebäudeeinschnitte als
vertikale Gärten.
Rüdiger Lainer + Partner Architekten
www.lainer.at – Wettbewerbsgewinner
Foto © Stephan Klammer
KONTAKT:
HEIMBAU UND EISENHOF
1150 Wien, Tannengasse 20
Tel: 981 71/35
info@heimbau.at
www.heimbau.at
Luft, Licht und Grünräume im Stiegenhausbereich
S/TA/R gratuliert den Bauträgern und Architekten
86 Nr. 10/2006
Buch XI – EP positions
ST/A/R
An unserem Werk sollen sie uns messen und an unserem Handeln.
Helmut Hödl, Technischer Betriebsleiter&Prokurist
Skizze Air Cargo Cennter, Andreas Treusch
Glöckel Holzbau
Hornbach, St. Pölten
Air Cargo Center und Handling Center West, Flughafen Wien, Architekt Dipl.Ing. Andreas Treusch
www.gloeckel.at
ST/A/R
Buch XI – EP positions
Nr. 10/2006 87
Franzobels „hunt” als Auftakt eines Zentrums für radikales Volkstheater
HausruckTheater
Zeittheater am Kohlebrecher
Nach dem Nestroypreis 2005 für
Franzobels Erfolgsstück „hunt oder
Der totale Februar“ stellt der Verein
Theater im Hausruck das neue Zentrum
für radikales Volkstheater vor. Der
Kohlebrecher in Kohlgrube / Wolfsegg,
ein imposantes Industriedenkmal aus
der Blütezeit des Braunkohlebergbaus,
wird zur Kulisse für zeitgenössisches
Theater rund um Themen aus Politik
& Gesellschaft, (Zeit)Geschichte und
Gegenwart. Nach der diesjährigen
Wiederaufnahme von „hunt“ folgen 2007
und 2008 die Stücke „zipf“ und „lenz“,
ebenfalls aus der Feder Franzobels: in
Summe eine Trilogie, die verdrängte
Ereignisse der regionalen Zeitgeschichte
zu packenden Theatertexten verdichtet.
Regisseur Georg Schmiedleitner will
auch in den kommenden Jahren mit
dem HausruckTheater brennende
Themen der jüngeren Geschichte rund
um den Kohlebrecher in Szene setzen
und Impulse für eine breit angelegte
Diskussion geben. Franzobels Triologie
begreift sich als radikales Volkstheater.
Radikal im Sinne von: formale und
inhaltliche Zeitgenossenschaft, klare
Abgrenzung von folkloristischem Theater,
deklarierte Verwurzelung in der Region
– durch die Wahl der Themen, durch die
Organisationsform und die Beteiligung
vieler Menschen im Hausruck.
Peter Weinhäupl (Eigentümer
Kohlebrecher, kfm. Dir. Leopold Museum):
„Der Brecher ist eine 20 Meter hohe,
22 Meter lange und 9 Meter breite,
seit 1922 bestehende Kohlebrechund
Sortieranlage. Er befi ndet sich
im 1968 stillgelegten Bergbauareal
der Bergwerkskolonie Kohlgrube in
Wolfsegg/OÖ. Nach dem Ende des
Braunkohlebergbaus wird der Brecher
zum Symbol für den Niedergang der
Region. Eine Architekturskulptur mitten
im Wald, um die sich niemand kümmerte:
in keinem Architekturführer erwähnt,
aus dem Bewusstsein der Bevölkerung
gelöscht, als Schandfl eck abgestempelt,
im Wald versteckt. Die Aura des Ortes und
die Form begeisterten mich. Die Rettung
dieses Bauwerks war schon Grund genug
für einen Erwerb. Auch mein Bruder
Wolfgang, Architekt in Wien, war von der
Betonspinne fasziniert. Beide ersteigerten
wir das Gelände und begannen auf eigene
Faust mit Renovierungsarbeiten. 2003
bewies die Eröffnung des Festivals der
Regionen am Brechergelände, welche
Strahlkraft der Betonsolitär besitzt. Die
öffentlichkeitswirksame Abwicklung des
Festivals kann als Initialzündung für das
darauf folgende Theaterprojekt ‚hunt oder
Der totale Februar’ verstanden werden.
Der vormalige Schandfl eck wurde zum
allseits geschätzten Symbol einer Region
mit Industrie- und Arbeitskultur.“
www.hausrucktheater.at
88 Nr. 10/2006
Buch XI – EP positions
ST/A/R
Lou Anne Greenwald on Zlatan Vukosavljevic
Like a true military intervention, Zlatan
Vukosavljevic’s installation at the MAK Center’s
Mackey Apartments relied upon the powers of
perception to activate a network of relationships
between objects, architecture and the public, creating
a territory of engagement. Vukosavljevic’s interest
is in the representation of architectural intervention
and in the case of this project specifically, the ways in
which the military has historically occupied territory
— physically, theoretically and psychologically. The
spatial strategies of such occupation may be likened
to the strategies of Minimalist sculpture. The artist
quotes Carl Andre in this regard, “I wanted very much
to seize and hold the space of the gallery — not
simply fill it, but seize and hold that space.”(Phyllis
Tuchman, ”An Interview with Carl Andre” Artforum,
June 1970,, 61). Just as the quintessential Minimalist
cube occupied a space in order to activate not only
the viewer’s perception but also his/her behavior,
military intervention, broadly speaking, is intended
as a temporary intervention which produces order
through the activation of people’s perceptions
and the adaptation of their behavior. Space can be
defined as territory when objects and architecture
intervene. When inside and outside are established,
the resulting psychology of security and vulnerability
can be activated. In the case of military intervention,
architecture and technology combine to establish
zones of protection and danger, the very presence of
which creates a response of fear and defensiveness.
Tactics are developed experimentally in response to
perceived or imagined situations of danger and threat.
Until the threat is actualized, the defense mechanism
remains theoretical and yet it is self-perpetuated in
an endless cycle by the constant perception of threat
and the innate response towards self defense. As seen
in the Cold War, the threat of military assault feeds
the drive and determination to produce weapons
of greater impact regardless of the real and existing
need for such. The cycle of production is fed by fear
and intimidation, anticipating a moment that is yet to
come. The artist relates this endless loop of theory
and experiment to the indeterminate dichotomy of
“which comes first - concept or praxis?”
Zlatan Vukosavljevic wants to stage the organization
of military experiments, recreating a moment when
theory is put to the test. His installation of sculptural
and architectural objects mark a territory and activate
a field through the reverberations of association.
Drawing upon a diverse range of references to art
history, politics, architecture and military technology,
Vukosavljevic plotted an installation that overlaid the
suburban domestic space of the Mackey Apartments
and established points of contrast and connection from
which the viewer could construct a web of associations.
From the romantic image of 19 th century casemates
(underground tunnels used for securing soldiers and
weapons and facilitating undetected movement —
today they are mostly preserved as historic sites for
tourists) to the nostalgic objects of 20 th century doit-yourself
defense products such as bomb shelters
made popular during the Cold War, Vukosavljevic’s
sculptural objects remind one of the days when
military intervention was territorial and heroic verses
contemporary times when such intervention is virtual
and suspect.
Vukosavljevic’s installation reflected the spirited
response of some Americans at the start of the Cold
War in the 1960s when the threat of nuclear weapons
for mass destruction spurred individuals to action,
inspiring the widespread construction of underground
shelters equipped with food, water and survival
supplies to protect a family in the case of attack. The
artist cites the start of the Cold War as a shift away
from the heroic and monumental presence of the
military toward a military presence that is imminent,
pervasive, invisible and mediated.
“Our present houses are too strongly under
the influence of the past and its outlook on
life. Fear dictated originally the form and spirit
of the house. The behavior of our ancestors
was overshadowed by constant defense
reactions against real and imaginary enemies.
The emphasis of the historian upon war and
its physical heroism proves the tremendous
need to counteract these fear complexes. …
All rooms will become part of organic unite,
instead of being small separate boxes with
peepholes.”
- R.M. Schindler (excerpt from Care of the
Body, Los Angeles Times, May 2 1926)
Architecture is the backbone of social infrastructure. It
provides basic shelter; organizes social, economic and
civic functions and thus it is a reflection of individual
and collective ideals. Architectural intervention is
a political act. It is an act of aggression aimed at
impacting the space, its function and ultimately its
occupants. To intervene in architecture is therefore
not only a physical act but also a psychological one.
Vukosavljevic’s installation at the Mackey Apartments
applied a militaristic mask to the domestic architecture
of an apartment building. Activating the entire
site including the normally un-seen spaces (i.e. the
basement and rooftop), his installation re-presented
the strategies of military architecture and technology
of the 19 th and early 20 th centuries. Borrowing from
structures such as the World War II concrete bunker,
the camouflage tent and the self-assembled reflector,
Vukosavljevic presented a military map that was
almost romantic in its nostalgia for a bygone era — a
time when power was established through physically
intimidating landmarks rather than through state
of the art media and nuclear technology. With
the placement of sculptures and constructions of
industrial materials, he seized the site, re-organizing it
as occupied territory and re-defining its occupants as
subjects to its order.
A tower of reflectors perched upon the highest point
of the roof announced to the residential neighborhood
that a temporary transformation had taken place.
Modifying the stark white silhouette of the building,
the tower seemed to suggest the capability of sending
and receiving signals from an invisible source. It was
planned that during the course of the exhibition
opening, a Los Angeles Police Department helicopter
would hover overhead and illuminate the reflectors
thereby completing the sculpture both physically and
psychologically. Beaming a searchlight downward,
a vertical line would be “drawn” between the static
object of the tower and the moving, fleeting object of
the helicopter. The helicopter’s presence was another
sort of intervention in the site and the surrounding
neighborhood. It was at once a sign of protection and
intimidation, like the tower itself.
This mode of working is typical to Vukosavljevic’s
practice. His sculptural objects and installations are
not fixed and complete in themselves. Rather they
invite the participation of the viewer physically,
intellectually and psychologically. In the case of
some of his sculptural works, the viewer is invited to
insert his/her body into a furniture-like object, thus
becoming the material link that completes a form.
Of course this completion relies upon the viewer’s
participatory behavior, so that completion of the work
is in his/her hands — it depends upon their complicity.
At the same time, the work is made performative by
the viewer’s participation which inevitably generates
new associations and meanings. Vukosavljevic is
interested in this expanding web of associations which
only adds to the already complex chain of references
he has constructed in preparing the work.
At the other end of the building — the basement
— Vukosavljevic placed objects that suggested a
temporary encampment with a secret passageway
apparently cut out from under the floorboards of
the building leading to the concrete bunker in his
apartment. A make-shift ladder, industrial light
and blanket folded on the basement floor provided
evidence of a temporary occupant. More markedly, an
ominous black rubber flag was erected here claiming
the space as occupied territory. Reminiscent of the
anarchist’s flag which stood for the negation of all
flags in a protest of authority and hierarchy, this flag
which appeared repeatedly around the site, was an
object of contradiction. Stilled in a half-wave as the
dense rubber collapsed under its own weight, the flag
was simultaneously a sign of rebellion and authority.
Immediately above in Vukosavljevic’s apartment living
room, a concrete bunker had been constructed. Nearly
eight feet tall and four feet wide, the bunker’s dense
mass was punctuated by a long, narrow, horizontal
slit window near its top providing an opportunity
for occupants to peer outside. Its stark form and slit
window was a sly nod to the design of its immediate
surroundings — the R.M. Schindler-designed
Modernist interior punctuated by clerestory windows.
The bunker which appeared to accommodate about
four people was reminiscent of the do-it-youself
family bomb shelters made popular in the 1960s in
the United States. It was made all the more surreal
on the evening of the exhibition opening when the
living room and the adjacent kitchen were filled with
guests enjoying delicacies prepared by the artist’s wife.
Several visitors were “hunkered down,” eating in
Schindler’s built-in dinette — a strange visual analogy
to the bunker. Concrete
bunkers built during
World War II not only
served as fortifications
for weapons, soldiers
and civilians, they also
served as civic symbols
of power and defense.
They dominated the
cityscape with an air
of authority, providing
both security and
surveillance and they
evoked both fear and
compliance in their subjects below. Similarly, this
bunker evoked a sense of unease as it dominated
the domestic terrain of its context and exposed the
extreme gesture of its apparent occupant.
Just outside the living room Vukosavljevic constructed
a camouflaged tent creating a “secret” enclosed space
in an already private outdoor courtyard. A large
sheet imprinted with the color, texture and pattern
of the courtyard’s gravel was stretched over upright
poles. Enclosed on all sides, this space was invisible
when viewed from above — it blended in with the
landscape. Making a wry commentary on Schindler’s
use of natural materials to create a sense of enclosure
outdoors, Vukosavljevic succeeded in simulating
natural materials to create an enclosed space outside.
Vukosavljevic’s work makes us conscious of the ways in
which our everyday surroundings can be interpreted
as occupied or marked, and the ways that we respond
psychologically and behaviorally to such cues. The
subtle, or not so subtle strategies of architecture,
especially military architecture, to affect a psychological
impact through physical, spatial intervention engages
a cyclical response pattern similar to the artist’s central
debate- which comes first-concept or praxis ? Are
we intimidated by the boundaries that secure us?
Or does our insecurity necessitate the need for such
boundaries? As viewers in Vukosavljevic’s installation,
we are provided an overview-a historical and decontextualized
of the potential
relationship between architecture and the psyche.
Lou Anne Greenwald, Los Angeles
Zlatan Vukosavljevic, Smoke signals, 2006
ST/A/R QUICK Shortnews: NEWS: Weltfotojournalist
modernismus = imperalismus
Peter Korrak erweitert das Herausgeber Agglomerat
Peter Korrak erweitert das
Herausgeberagglomerat
ST/A/R Buch XII – Economy Class
Nr. 10/2006
89
economy class
http://economyclass.sonance.net/
Im April dieses Jahres ging die partizipative Kunstschau ECONOMY
CLASS mit 100 Positionen zeitgenössischer Kunst auf eine ad-hoc
organisierte Reise nach Nairobi. Im Handgepäck und sozusagen
im last minute – Angebot verschifften Barbara Husar, Michael
Lampert, Alexander Nikolic und Lukas Pusch Kunst und
KünstlerInnen nach Afrika, um österreichische
Positionen des Kunstbetriebs in der Ferne zu
inszenieren. In gleicher Weise wie die
ECONOMY CLASS bestimmt war durch die
Begrenzung von Mitteln, Vorlaufzeit und
Transportmöglichkeiten, so gab sie auch
den Blick frei auf die angeblich festgelegten
Mechanismen des internationalen Kunstund
Ausstellungsaustausches. Gezeigt
wurden u. a. die Ortstafel-Dokumentation
“Artikel 7” sowie bildnerische Arbeiten von
Tanja Ostojic (25 peaces / EU-Unterhose),
Otto Zitko, Deborah Sengl, Christian
Eisenberger, Karin Frank, Siggi Hofer,
Simon Haefele und monochrom.
economy class
neuer Ort / neue Ausstellung STRANGE CARGO
economy class zu Gast im neuen 0>port im mq
Von 7. bis 16. September findet im neuen Transaktionsraum 0>port
die Ausstellung STRANGE CARGO statt.
Auch bei der Schau STRANGE CARGO treten Produktion, Prozess,
Kommunikation und Community in den Vordergrund und lassen zu
erwartende museale Reproduktion ebenso zurück wie die Physis
des einzelnen Kunstwerks.
Eine seltsame Ladung also, die im neu strukturierten
QUARTIER FÜR DIGITALE KULTUR aus,- ver- und umgeladen wird.
Eingechecked werden und wurden Proben österreichischer Positionen,
Konfrontationen afrikanischer Kunst, Netzkunst- und Kultur (Grischinka Teufl,
Sonance Network, ubermorgen.com, equaleyes.org, olfactory, Ella Esque,
Judith Fegerl... ) sowie Mitgebrachtes und Eingeschmuggeltes.
Eröffnet wird STRANGE CARGO mit Moh Hamdaouis Telekitchen
`what you see is what you eat´ und Barbara Husars drink `kill me quick´
am 7. September.
Vorläufigen Schlusspunkt findet STRANGE CARGO am 16. September in der
Ovalhalle gemeinsam mit dem Festival der Netzkulturen „paraflows“.
Opening
7. September 19:00, 0>port, Quartier für Digitale Kultur, MQW
Visuals weltweit erstmals vom neu entwickelten VJ-Pult (designed
von Equaleyes und Red Bull)
16. September 20:00, Finnisage Ovalhalle, MQW
Im Rahmen von Paraflows
www.0port.at
economyclass.sonance.net
www.paraflows.at
90 Nr. 10/2006
Buch XII – Economy Class
ST/A/R
2 3 4
1 check in :: 2 chill out :: 3 student artwork, buru buru art institute :: 4 street factory :: 5 in patrick mubays
studio, godown art center :: 6 arttalk, kenyatta university, department of fi ne arts :: 7 on chinese street from
mombasa to nairobi :: 8 view from presidents offi ce, kcc tower :: 9 aufbau der ausstellung, alliance francaise ::
10 führung durch die economy class ausstellung :: 11 exhibition, ground fl oor :: 12 künstlerkataloge, dvds und
videos von economy class wurden an die mediathek des godown art center übergeben :: 13 sarafi nas day
photos :: barbara husar, simon häfele, michael lampert
ines agostinelli, jesper james alvaer, bella angora, roman spiess, pia arnström atzgerei, alfredo barsuglia, alexandra baumgartner, lutz
bielefeldt,eric binder, gustav böhm, alexander brenner / barbara schurz, bernhard cella, eva chytilek,emanuel danesch, ines doujak,
tina van duyne, angela dorrer, christian eisenberger, ella esque, equaleyes, christian falsnaes, clemens fürtler, judith fegerl, karin frank,
1
patrizia gapp, birgit graschopf, michael gumhold, mario grubisic, stefan hafner, cornelia hefel, fl orian herzog, christoph holzeis, katherina
hofer, siggi hofer,barbara husar, regina hügli, thomas jelinek, luisa kasalicky, moussa kone, landschaftsdesign, michael lampert, jan lauth
/ alex gelny, anita land / gerald zahn, lena lee, edgar leissing, bianca lingg, constantin luser, d.max, kazimir malevich, medienkunstlabor,
bady minck, esther moises, monochrom, lukas moosmann, netznetz, alexander nikolic, ekaterina obermair, markus oberndorfer, ocelle
ruhm/bachmann/kuthan ocpa buechel & buechel, olfactory, tanja ostojic, pooool, poolbar, bella prinz, lumplecker und steidl, fl orian pumhösl, bernhard rappold, christian reder, alexandra reill, david
rych, angelo roventa/garnitschnig/wulz, anja salamonowitz, stylianos schicho, angelika schuster / tristan sindelgruber, deborah sengl, sonance,julia starsky, st/a/r, supercamp, robert svoboda, mario
terzic, grischinka teufl , übermorgen, octavian trauttmansdorff, peter wehinger, harald wilde, michael wilhelm, david wiltschek, niki witoszynskyj, jan von wegen, franz rudolf, franz und hella wostry,
yuval, otto zitko, daniela zeilinger, +error, ST/A/R
initiation and coordination: barbara husar / michael lampert / alexander nikolic / lukas pusch economyclass@eroticunion.org
credits: alliance francaise , nairobi :: the godown art center, nairobi :: österreichische botschaft, nairobi :: bundesministerium für auswärtige angelegenheiten, wien
universität für angewandte kunst, wien / www.dieangewandte.at :: akademie der bildende künste, wien / www.akbild.ac.at :: land vorarlberg, kultur abteilung / www.vorarlberg.at
kunsthalle wien, project space / www.kunsthallewien.at :: foto leutner / www.leutner.at :: ratioform / www.ratioform.at :: sonance artistic network / www.sonance.net :: ST/A/R
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10
Economy Class
Alexander Nikolic spricht mit Katherina
Zakravsky über das Projekt, das im April
2006 mit einer Ausstellung in Nairobi,
Kenia, begann.
Katherina Zakravsky: Seinerzeit machte Catherine
David doch dieses Projekt über „arabische
Repräsentationen“, weil sie der Meinung war,
„Kunst“ sei etwas Westliches, das es in der
arabischen Kultur so nicht gibt. Wie ist das mit
„Afrika“, diesem Namen, der zugleich ein Kontinent
und ein Phantom zu sein scheint?Ich könnte auch
fragen: Wieso heißt ein Projekt, das in Nairobi
stattfand, „economy class“?
Alexander Nikolic: Schau dir mal die homepage an,
economyclass.sonance.net.
Deine erste Frage, könnte ich paradox beantworten,
Kunst in unserer Perspektive gibt es in Afrika nicht.
Afrika ist selten präsent in unserer Rezeption als Ort
der Kunst, eher ein Ort der Gewalt, des Hungers,
der postkolonialen Ausbeutung, der Prostitution,
Aids und des Drogenhandels. Was aus Afrika zu uns
kommt, ist in erster Linie eine Bedrohung.
Ja, Kunst aus Afrika gibt es. Von Masken über
Holzfi guren. Kitsch und Krempel. Die fantastischen
Performances von Kendell Geers, Arbeiten von
Fernando Alvim, und etlichen anderen. Die Biennalen
von Johannesburg und Dakar sind auch bei uns
bekannt, auf die Triennale von Luanda müssen wir
derzeit leider noch warten. Afrika ist vielschichtig.
Zakravsky: Und sicher auch dynamisch. Da fragt
sich, ob Elemente aus afrikanischen Kulturen in
das westliche Kunst-Institut eingeschleust werden
oder umgekehrt Elemente der westlichen Kunst
übernommen werden. Sofern es noch westliche
Kunst ist in Zeiten der Globalisierung.
Nikolic: In unserer Veranstaltung waren ja über
hundert verschiedene Positionen zu sehen.
So gesehen, hatte es schon ein Volumen, das
so manche Biennale übersteigt. Abgesehen
vielleicht von dem Fakt, dass alle Arbeiten
handgepäckstauglich sein mussten. Wir, Barbara
Husar, Michael Lampert, Lukas Pusch und ich
reisten Economy Class nach Nairobi, so wie jeder
andere europäische Tourist.
Zakravsky: Damit hatte der Titel diesen Verweis auf
die normale Verkehrpraxis zwischen dem „Westen“
und Afrika. Aber wie sehen die afrikanischen
Künstler vor Ort diese Besucher? Wie muss man
sich die TeilnehmerInnen vorstellen?
Nikolic: Die Rezeption vor Ort war unterschiedlich.
Erstens gab es neben der Ausstellung, der
Eröffnung, auch Präsentationen an zwei
Universitäten und zwei Präsentationen vor Ort. Die
Alliance Francaise als Ausstellungsort funktioniert
etwa vergleichbar mit dem, was das MAK für Wien
ist. Dort laufen täglich einige hundert Personen
durch, weil dort eine französische Mediathek
beheimatet ist, und auch Sprachkurse stattfi nden...
Innerafrikanische gegenseitige Künstlerbesuche
oder Ausstellungen sind selten und fi nden auf
verschiedenen Ebenen statt. Wer in Ostafrika
international arbeitet, arbeitet schon auf einem
anderen Niveau. Von lokalen Strukturen wie dem
Godown Art Center werden Workshops organisiert,
die auch von wenigen internationalen KünstlerInnen
in Anspruch genommen werden. Das wird jetzt
hoffentlich mehr werden, wobei auch unsere
Homepage und unsere noch zu aktivierende Mailing-
Liste helfen sollen, solche Informationen weiter zu
verbreiten. (derzeit Infos unter economyclass@
eroticunion.org)
Von kenianischen KünstlerkollegInnen gab es viel zu
hören. Viele waren glücklich, endlich wieder andere
Stile als die abstrakte Malerei zu sehen, welche
derzeit das um und auf zu sein scheint. Alles was
nicht abstrakte Malerei ist, lässt sich derzeit in
Nairobi nicht verkaufen.
Was grundsätzlich zu sagen wäre ist, dass wir in der
Kunst offensichtlich einen ganz anderen, offeneren
Umgang mit Sexualität haben. Manche Arbeiten,
wir haben ja nicht kuratiert in dem Sinn, wurden
als Provokation angesehen. Tanja Ostojics Arbeit
mit der EU-Unterhose weckte bei vielen Interesse
und sorgte bei der Eröffnung für lustige Erregung
unter dem anwesenden Diplomatenchor. Und
auch die diskursive Ebene war bestens besucht.
Grundsätzlich muss ich sagen, dass unser Angebot
zu kommunizieren sehr gut angenommen wurde.
Was auch dazu führte, schon im Vorfeld angedachte
Interventionen vor Ort zu schärfen, zu realisieren
und auch zu versuchen, nachhaltige Kooperationen
einzugehen.
Zakravsky: Du hast also gemeint, dass sexuelle
Inhalte in Nairobi sozusagen noch als sie selbst,
also leicht provokant und nicht nur als müde formale
Anspielung rüberkamen. Die Reaktion auf die
EU-Hose klingt aber ein wenig so, als ob hier die
Europäer wie Exoten-Freaks belacht würden.
Nikolic: Ich kann nur sagen, dass sie ein Lächeln
in den Gesichtern der Besucher produzierte, und
dass ich bemerkte, dass manche Besucher teilweise
wiederkamen, um ihren Freunden die EU-Unterhose
zu zeigen. Ob ich jetzt deswegen mehr oder weniger
als exotischer europäischer Freak gesehen wurde,
kann ich leider nicht beantworten.
Zakravsky: Mir gefällt dieses Bild von den
Diplomaten, denn dies Bild gibt ihrer Tätigkeit
ja sozusagen ein Logo und vielleicht haben sie
sich dadurch ja eher motiviert gefühlt, die EU zu
vertreten, die sich ihnen sozusagen als doppelte
Allegorie präsentierte – also Anspielung auf
Courbets selbst schon allegorischen Unterleib
„Ursprung der Welt“ und dann nochmals bekleidet
als david-artige Allegorie Europas.
Nikolic: Ich meine, die Art, wie Weiße in Nairobi
nicht exotisch wirken, ist jene als UNO Mitarbeiter,
als NGO Mitarbeiter oder als Sextourist. Also die
weiße Frau in der EU-Unterhose steht dort noch für
mehr.
Zakravsky: Die Diplomaten vor der Unterhose waren
westliche Vertreter in Afrika oder umgekehrt oder
beides?
Nikolic: Europäische und der russische Vertreter
waren anwesend, wenn es schon so wichtig
erscheint.
Zakravsky: Weil ich mich nach der spezifi sch
afrikanischen, wenn es sie gibt, Rezeption des
Bildes frage. Kannst du abgesehen von diesem
Beispiel noch andere Beispiele nennen, wie
afrikanische Künstler auf europäische Kunst
reagierten und umgekehrt?
Nikolic: Grundsätzlich kann ich noch über eine
Arbeit berichten, welche vor Ort entstand, die Arbeit
„Vienna Voodoo“ von Lukas Pusch, die in einer
Kollaboration mit lokalen Künstlern und mir eine
besondere Dimension entwickeln konnte.
Zakravsky: „Vienna Voodoo“ ist ja schon ein
seltsam hybrider Titel, weil er das Wienerische
sozusagen afrikanisiert und das durch einen
synkretistischen Kult, der immer schon jenseits von
Afrika stattfi ndet und besonders viele Projektionen
bei Westlichen auslöst.
Nikolic: Was wir vor Ort machten ist ja nur ein Teil
dieser sich entwickelnden Serie oder Edition. In
Nairobi verständigten wir uns darauf, Lukas bei
seiner Performance zu unterstützen, und daraus
ist ein gewisses Potenzial entstanden. Wenn ich
sage „wir“, meine ich Hopkins, Mwelu, Otieno
und mich. Lukas’ Idee war der Versuch, unsere
Perspektiven, unsere verschiedenen Welten in
einem Photo zu vereinigen. Den weißen Mann
auf Inspektionsrundgang in seiner kolonialen
Hinterlassenschaft. Der weiße Mann, neben
schwarzen Prostituierten, neben AIDS Kranken,
mittendrin in der Scheiße, statt nur dabei...
Zakravsky: Das ist also eine Intervention und eine
Provokation.
Nikolic: Daraus hat sich jetzt eine angehende
Kooperation entwickelt. Julius Mwelu und Fred
Otieno leben im größten Slum von Nairobi, und
dokumentieren seit einigen Jahren das Leben und
Sterben ebendort. Mit
einem Teil des Erlöses von
Lukas’ „Vienna Voodoo
Edition“ wollen wir ein
Projekt unter dem Namen
„Slum TV“ initiieren, wo
wir Videokameras, einen
Schnittcomputer und
einen Projektor für unsere
lokalen Partner erwerben
wollen. Die sollen ihnen
dazu dienen, so etwas wie
ein monatliches lokales
Nachrichtenformat zu
produzieren, und in Mathare
zu zeigen.
Zakravsky: Was genau ist
die Edition, ein Video, ein
einzelnes Foto oder eine
Fotoserie? Und wie wird es
präsentiert?
Nikolic: Es wird aus
mehreren Medien
bestehen. Lukas ist ja
ein ausgezeichneter
Landschaftsmaler, und eine
Fotoserie wird sicher auch
Teil seiner Edition sein.
Gemeinsam planen wir dazu
noch ein Büchlein und ein
Video. Videonachrichten aus
Mathare wird es hoffentlich
ab Herbst/Winter 2006/07
auch geben, im digitalen
Archiv des CAMP Projektes.
http://camp-project.eu
13
ST/A/R
Buch XII – Economy Class
Nr. 10/2006 91
DIESES GETREIDEFELD IST ALLEN MENSCHEN GEWIDMET DIE DURCH AUSÜBUNG VON GESELLSCHAFTLICH ODER
POLITISCH LEGITIMIERTER GEWALT IHRER WÜRDE UND RECHTE BERAUBT VERLETZT GEFOLTERT ERMORDET WER-
DEN ES SOLL JEDEN DARAN ERINNERN RECHTZEITIG UND ENTSCHIEDEN GEGEN RÜCKSICHTSLOSIGKEIT TEIL-
NAHMSLOSIGKEIT MITLÄUFERTUM GRAUSAMKEIT TERROR UND GEWALT AUFZUTRETEN UND ENTGEGENZUWIRKEN
EUGEN HEIN & BIRGIT HEIN-KRIZEK
WETTBEWERBSBEITRAG „GEDENKSTÄTTE FÜR DEN DEPORTIERTEN NACHBARN“ IN WIEN - ASPANG
EIN GETREIDEFELD
im Stadtgebiet Wien befremdet. Manche werden es ablehnen, manche
werden es tolerieren, manche werden es mögen. Es ist ein Feld von
lebenden Organismen – somit ein lebendes Zeichen dafür, dass sich
Befremdliches, wenn es Schutz durch die Verantwortlichen genießt, in
dieser Stadt existieren kann. Das Getreidefeld soll bis zum Jahr 2045
bestehen bleiben.
Im Gedenkjahr 2045 werden es andere sein, die darüber benden, ob
das Feld weiter erhalten werden soll - was das Konzept zwar erlaubt,
aber nicht fordert, und was eine weitere Finanzierung notwendig
machen würde - oder ob das Feld eliminiert werden, und an seiner
Stelle etwas anderes entstehen soll.
EINE TEXTZEILE
wird in Sandstrahltechnik auf einem 100m langen Betonstreifen am
nordwestlichen Feldrand – gegenüber der Aron-Menczer-Schule
angebracht (siehe Widmung oben). Der 56cm breite Betonstreifen ist
niveaugleich mit dem Weg entlang der Schule. Er ist der Randstreifen
des Weges und damit die Grenze zum Feld, und man muss den Blick
zu Boden richten, um den Wortlaut im Abschreiten lesen zu können.
Der Text beginnt im Nordosten und endet im Südwesten des Weges.
Der Betonstreifen mit diesem den Weg begleitenden Text soll auch
nach 2045 bestehen bleiben. Somit bliebe er seinerseits, sollte
entschieden werden das Feld zu beseitigen, Erinnerung an eine
Gedenkstätte, welche 39 Jahre lang eine „lebende Erinnerung“ an den
deportierten Menschen war.
Das Projekt wurde von der Jury mit 0:12 Stimmen in der ersten Runde
abgelehnt.
ST/A/R Buch XII – Economy Class Nr. 10/2006 93
Grundsätzlich spricht alles dafür, die Menschen erst einmal das tun zu lassen was sie wollen, denn jede Einschränkung erzeugt Unlust.
Bettina Dessau und Bernulf Kanitscheider
Eine Moral, für die der Körper keine Strafe mehr ist, die Erde kein Jammertal, das Leben
keine Katastrophe, das Vergnügen keine Sünde, die Frauen kein Fluch, die Intelligenz keine
frivole Anmaßung und die Wollust kein Grund zur Verdammnis.
Michel Onfray, aus dem Buch Traité d´athéology. Physique de la méthaphysique.
94 Nr. 10/2006
Buch XII – Economy Class
ST/A/R
Bischof Asenik der neue Bischof der Österreichischen Apostolischen Kirche in Wien, mit
dem Kirchengeneralsekretär Wladimir Jaremenko-Tolstoj weiht die von ST/A/R Architekt
Angelo Roventa initierte ST/A/R Sonderausgabe VAI
im Pygmaliontheater in der Alserstrasse 43
ST/A/R
Buch XII – Economy Class
Nr. 10/2006 95
5
6 7
Vienna Voodoo Lukas Pusch
Nach der Vernissage von Economy Class gingen Alexander
Nikolic und ich nach Mathare, dem größten Slum von Nairobi
mit rund 700 000 Einwohnern. Wir wollten dort meine Kunst-
Performance realisieren. Drei Tage im mit Scheiße, Kadavern
und Aids-Kranken übersäten Morast Mathares. Im weißen
Smoking.Der Europäer auf Inspektion seiner kolonialen
Hinterlassenschaft. Schulklassen sprangen auf und sangen
“Welcome “ und “Thank you for visiting our class”.
Ich verteilte Bonbons und ließ mir vom Schuldirektor die nassen
und fensterlosen Schulräume zeigen. Wir besuchten illegale
Dschanga-Brauer am Nairobi River, deren schnapsähnliches
Gesöff oft die einzige Einnahmequelle in den Slums ist und
bei häufigem Konsum zur Erblindung führt.
Die Smoking-Performance ist Teil meiner Vienna Voodoo Serie
und soeben als eigene Foto Edition erschienen. Ich wollte
damit zwei Welten auf einem Bild vereinen.
Die Perspektiven wechseln. Kapitalistischer Realismus.
Jene Realitäten vereinen, die sonst durch Grenzzäune und
Sperranlagen getrennt sind. Die Bewohner im Slum freuten
sich, wenn sie mich im Anzug sahen.
Sie waren nicht schockiert. Im Gegenteil, ich
symbolisierte für sie Normalität. In ihrer
Realität ist jeder Weiße reich. Für sie war
der schöne Anzug eher Ausdruck des
Respekts als der Provokation. Unser Blick
auf Afrika ist maximal ein mitleidiger.
Hungernde Kinder. Krieg. Aids. Wir
kommen darin nicht vor und wenn als
Samariter , Humanitäre Hilfstruppen oder
Ärzte ohne Grenzen. Sozialarbeiter.
Julius Mwelu und Fred Otieno leben im
Slum. Sie sind dort aufgewachsen.
Sie arbeiten als Filmer und Fotografen,
dokumentieren das Leben und Sterben
im Slum. Sie schreiben eine Geschichte
des Slums. Eine Geschichte, die sonnst
niemand schreibt. Gemeinsam mit Nikolic
und Sam Hopkins dokumentierten sie
meine Slum-Performance.
Was als “Making of Vienna
Voodoo” begann, entwickelte
sich mit zahlreichen Interviews
zu einer kleinen Dokumentation
über Probleme und Perspektiven
in Mathare und einem ersten
gemeinsamen Test für unser nächstes
9
8
Vienna Voodoo
SLUM-TV Alexander Nikolic und Lukas Pusch
In Rio, Sao Paulo und anderen Megacities gibt es sie bereits.
Regionale Fernsehsender, Community Fernsehen aus dem
Slum. Bildverkehr und Iconoclash in beide Richtungen. “Reich
und Schön” trifft “Arm und Hässlich”.
Der Fotograf und Fussballer Julius Otienu ist Anfang zwanzig
und lebt in Mathare, einem der größten Slums in Afrika.
Fotografieren und filmen bedeutet für ihn seine Freunde
wieder sehen. Freunde die bereits tot sind.
Gestorben wie die Fliegen. An AIDS, Suff, Drogen, Dreck.
Das Leben ist hart in den Slums. Filmen und fotografieren ist
die einzige Erinnerung. Die Aufwertung von Menschen bei
denen es allen egal ist ob sie krepieren oder nicht. Geschichte.
Eine Geschichte die keiner schreibt.
Die Geschichte von Menschen die nicht existieren, nicht
interessieren.
SLUM-TV wird ein Netzwerk kleiner mobiler operativer
Einheiten. Eine Kamera, ein Schnittplatz und ein Videobeamer.
Untergebracht bei MYSA (Mathare Youth Sport Association)
im Zentrum des Slums. Eine selbstproduzierte Wochenschau
im Monatsrythmus. Die Regiesseure sind Julius Otienu, Fred
Mwelu und ihre Freunde. Die Darsteller ebenso. Das “Best of”
wird es dann bei uns zu sehen geben. Auf slum-tv.org.
Sonst nur im Slum, wo es teilweise weder Strom noch fliesend
Wasser gibt.
96 Nr. 10/2006
MAK Outdoor
Buch XII – Economy Class
ST/A/R
MAK-Terrassenplateau von Peter Noever
und Lemurenkopf von Franz West
Initiativen des MAK die den
Öffentlichen Raum bereichern
Skizze für den Terrassenbau
von Peter Noever, Direktor MAK
www.mak.at