Printmedium Wien – Berlin
ST/ /A/ /R
Zeitung für Hochkultur Mittelmaß und Schund
Nr. 21/ Frühling 2009
KUNST
ARCHITEKTUR
LITERATUR
VIENNAFAIR
04Z035665M – P.b.b. Verlagspostamt 1060 Wien • Adresse: 1060 Wien Capistrangasse 2/8 • office@star-wien.at • Europa 3,00 • Nr. 21/09
Städteplanung / Architektur / Religion
IRENE ANDESSNER
3,– Euro
Irene Andessner als Marlene Dietrich
2 ST/A/R
Buch I - Marlene Nr. 21/2009
EDITORIAL :
Heidulf Gerngross
Verlässliche
Geseze der
ächten
Kunstwerke
Joulia Strauss’ Portrait von Friedrich Hölderlin,
2006; „Verlässliche Geseze der ächten
Kunstwerke“ aus: Friedrich Hölderlin. „Anmerkungen
zur Antigonä“
Elfriede Gerstl lebt
Nr. 21/2009 Buch I - Marlene
ST/A/R 3
Inhalt
Buch I - Seite 1–8
Marlene
Impressum
Buch II - Seite 9–16
Erste tranzit
Buch III - Seite 17–24
ST/A/R-Galerie
Recherche und Archiv: Marcus Hinterthür
Buch IV - Seite 25–32
WARAN
ST/A/R Printmedium Wien:
Creativ Organisation: Heike Nösslböck
Erscheint 4 x jährlich, Nr. 21/2009,
Druck: Herold Druck und Verlags AG, Wien
Erscheinungsort Wien-Berlin
Vertrieb: ST/A/R, Morawa GmbH, Firma Hurtig und Flink
Erscheinungsdatum: Mai 2009
Bezugspreis: 3,- Euro (inkl. Mwst.)
Medieninhaber:
Kontakt: office@star-wien.at
ST/A/R, Verein für Städteplanung/Architektur/Religion
Adresse: Capistrangasse 2/8, 1060 Wien
A–1060 Wien, Capistrangasse 2/8
0043-(0)664-521-3307 Österreich
Herausgeber: Heidulf Gerngross
Cover: Irene Andessner; I.M.Dietrich, #1, 2001;
Redaktionelle Mitarbeit: Heidulf Gerngross, Wladimir Jaremenko- Lightbox 100 x 80 cm; Courtesy: Viennafair/Galerie Brunnhofer
Tolstoj, Marcus Hinterthür, Rudolf Gerngroß (Waran), Dr. Christian ST/A/R wird gefördert von: Bundeskanzleramt und Stadt Wien.
Denker und Brigitte Bercoff (Paris-Brüssel-Wien), Valie Airport ST/A/R ist ein Gesamtkunstwerk und unterliegt dem Urheberrecht.
(Russland), Angelo Roventa (Architektur), Andreas Lindermayr ST/A/R dankt allen BeitragslieferantInnen, MitarbeiterInnen,
(Stadtphilosoph), Ruth Goubran.
KünstlerInnen.
Organisation: ST/A/R-Team
ins_STAR_MUSA:Layout Artdirektion & Produktion: Mathias 1 Hentz 02.03.2009 18:07 Uhr Seite 1
Druckproduktion: Michael Rosenkranz
Buch V - Seite 33–40
Hinterthuer
Buch VI - Seite 41–48
ANGELO
Buch VII - Seite 49–56
BIG-ART
NEUES JUGENDMAGAZIN
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www.schau.co.at
Michaela Leutzendorff Pakesch • Herausgeberin
Sabine Kienzer • Chefredakteurin
stark bewölkt
flüchtige Erscheinungen des Himmels
Abbildung: Siegrun Appelt, „Clouds“, 1996
Andreas F. Lin der Mayr
7 Jahre Stahlstadt Linz, IV
Nach meiner Zeit beim Bundesheer kehrte ich Juni 1976 wieder in den Atomreaktorbau der
VÖEST-ALPINE in Linz zurück. Mir war von vornherein klar, dass ich niemals Technischer Zeichner
bleiben würde.
Die Entwicklung um mich herum, betrachtete ich mit wachsender Skepsis. Einige meiner Kollegen
waren schon 1976 mit 19, 20 Jahren Väter, sie heirateten, gründeten eine Familie, nicht zuletzt,
weil es seit Kreisky Geld vom Staat dafür gab. Es lastete ein Tabu darauf, zu hinterfragen, warum
jemand mit 18 schon sein ganzes bevorstehendes Leben, beratschlagt von Banken und Gewerkschaften,
bis zur Pensionierung verplante.Als gäbe es gar nichts anderes! Ich konnte mich mit
halbwegs Gleichgesinnten, etwa potentiellen Indienfahrern, nur darüber wundern. Gegen jene
Häuslbauer-Mentaltiät, wie sie damals gerade groß als von den staatlichen Institutionen abgesegneter
Lebensentwurf im Kommen war, hegte ich eine tiefgreifende Abneigung. Mir war nach
unendlich mehr.
De facto gab´s zunächst aber nur eines: Abhängen am Zeichentisch, tagein, tagaus, Jahr für Jahr.
Von irgendwas musste man ja leben! So dämmerte ich in vager Hoffnung auf ganz was anderes,
unzählige farb- und geruchlose Bürotage dahin, bis ich im Mai 79 so mürbe und morsch geworden
war, dass ich wie ein fauler Zahn aus allem herausfiel, was mir Halt und Stütze, freilich einen
falschen Halt und eine falsche Stütze gab. Mein Vater rotierte, als er von meinem Ausscheiden aus
der VÖEST mitbekam.
Beim Militär gedachte ich, Bergrettungsdienst bewährt, tapferen, freimütigen Menschen zu begegnen.
Die mochte es vielleicht vereinzelt noch in irgendwelchen Enklaven gegeben haben, da, wo
ich hinversetzt wurde, traf ich keinen. Was mir tatsächlich von Anfang an beim Heer entgegentrat,
waren die kleinen, töricht tückischen Machtspiele, wie sie mir seit den Tagen des Kindergartens
auf die Nerven gingen, - hier fand ich sie auf die Spitze getrieben. Fortgesetzte Interesselosigkeit
an den Abartigkeiten eines Grundwehrdienstes versetzten meinen Ausbildner derart in Rage, dass
er mich von Hörsching in die so genannte Strafkompanie nach Langenlebarn versetzen ließ. Dort
herrschte unter blitzblanken Gewehrläufen und peinlichst observierter Sauberkeit, Hauptmann
Stinkwut, glühender Pseudo-Wagnerianer und offensichtlich gescheiterter Bodybilder, der dir bei
geringster Abweichung von seinen hinaus gebrüllten Befehlen, den Arsch aufzureissen drohte.
Vom Gymnasium für Berufstätige in der Spittelwies, das ich ab September 76 Abend für Abend
besuchte, erhoffte ich mir naiv eine Vertiefung beziehungsweise Erweiterung meiner humanistischen
Bildung. Ich gedachte weltfremd und edelmütig, mich an der Weisheit Brüste zu laben. Aber
mit Ausnahme zweier älterer Professoren, waren alle Lehrer nur daran interessiert, ihr Programm
rasch abzuwickeln. Konkret ging es ja lediglich um das Nachholen der Matura, nicht um die Hochschulreife
per se, sondern nur um einen Zettel als Beleg für eine solche Reife.Die lange Zeit bis
dorthin sollte uns in den Deutschstunden durch Witze-erzählen versüßt werden. Die „Amseln“ (
von AMS - Arbeitermittelschule) hätten es ohnedies schwer genug. Das war zunächst richtiggehend
lustig, wurde aber ab dem Moment schier unerträglich, da sich die Witze zum dritten und vierten
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Mal wiederholten. Godot ließ grüssen. Gewaltig! Samuel Beckett und Co. waren auch die Wenigen
in dieser Entwicklungsphase, die mich wirklich was angingen.
Als ich im Juni 76, frisch aus der „Strafkompanie“ ins Büro im Stahlbau der VÖEST in Linz
zurückkehrte, empfing mich der Senior-Chef, Hochschulabsolvent, mit einem Grinsen. Er reichte
mir nach kurzem Zögern seine kalte Hand mit den sehr bemerkenswerten Worten: „Meuhoiden
und Auzaahn! Vastehst? „ Und mit Nachdruck ,“Hamma uns vastaund´n?“ Was blieb mir anderes
übrig, als zähneknirschend Ja zu sagen und mich auf meinen Arbeitsplatz zurückzuziehen.
Das Jasagen indes fiel mir in der Folge immer schwerer, zumal die Geschäfte mit der Atomkraft
boomten, ohne dass die Sicherheitsrisiken, vor allem menschlich-moralischer Natur, sich nur
um einen Deut verringert hätten. Mir wurde der Abstellring anvertraut, der für den Wechsel der
Brennelemente erforderlich ist. Bemerkenswert die Form dieses Gestells, es erinnert mit seinen
acht Speichen an das buddhistische Dharma-Rad. Ich fühlte mich daran festgenagelt in ewiger
Wiederholung des Gleichen. Sein Karma erfüllen und tun, was man nicht lassen kann? Ich konnte
mich nicht damit abfinden. Ein Projekt jagte das andere. Auf Grafenrheinfeld folgte Grohnde,
dann Iran 1, gleich darauf Iran 2. Dass das Schah-Regime wackelte, tat den lukrativen Geschäften
keinen Abbruch. Als es so weit kam, dass man sogar Atomkraftwerke im brasilianischen Urwald
errichtete, weit über allen Köpfen einer angestammten Bevölkerung hinweg, machte ich kein
Hehl mehr daraus, dass mir die Sache stinkt und
sprach im Büro offen über meine Bedenken. Die
höheren Angestellten, die vor lauter Gier nach
noch mehr Provisionen fast schon zu erblinden
drohten, nahmen ohnehin kaum Notiz von meinem
Vorhandensein. Nach erfolgreich geführten
Verhandlungen mit dem TÜV vergnügten sie sich
in der Regel bei üppigen Geschäftsessen. Roger
Whitaker stand als Beruhigungsmittel für blank
liegende Nerven hoch im Ansehen. Die kleinen
Angestellten, Familienväter, geduckt vor Existenz-
Angst, redeten sich alle darauf hinaus, dass man
froh sein müsse, überhaupt Arbeit zu haben. Das
also ist der wahre Stand der Demokratie, 30 Jahre
nach Hermann Göring, dachte ich mir und dröhnte
mich zu mit Punk Rock.
Im Mai 79 fasste ich unter Furcht und Zittern den
freien Entschluss, der VÖEST den Rücken zu kehren
und wagte nach ein paar Monaten Arbeitslosigkeit
den Schritt, so gut wie mittellos, nach Wien
zu gehen. Peter Altenberg und Egon Friedell, die
ich zu dieser Zeit mit glühenden Ohren las, übten
eine viel stärkere Faszination auf mich aus, als alle
hochgestochenen Reden über Atomkraftwerke,
die von einem hochdekorierten Fachidioten als die
Kathedralen der Zukunft ausgerufen wurden.
Städteplanung / Architektur / Religion Buch I - Marlene
ST/A/R 5
Exklusiv Exklusiv bei bei M-ARS: bei M-ARS: Stars Stars von heute von heute und von und morgen von morgen
Herbert Herbert Brandl Brandl
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Walter Vopava Walter Vopava
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72 ST/A/R
72 ST/A/R
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Buch IX - Kick Buch IX - Kick Nr. 17/2008 Buch Nr. 17/2008 IX - Kick Nr. 17/2008
Otto Zitko Otto Zitko
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Franz Graf Franz Graf
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Stefan Haring Stefan Haring
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Städteplanung / Architektur / Religion Städteplanung / Architektur / Religion Städteplanung Franz Graf / Architektur / Religion Franz Graf
Franz ST/A/R Graf 21 ST/A/R 21
ST/A/R 21
Marko Zink Marko Zink
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Michael Marcovici Michael Marcovici
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Franz Graf, O.T. , Inkjet-Print, Franz 2005 Graf, O.T. , Inkjet-Print, 2005
Franz Graf, O.T. , Inkjet-Print, 2005
Alice Pichler Alice Pichler
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„ST/A/R „ST/A/R - Schnitte“ - - Schnitte“
Das Bild von Walter Vopava Das Bild ist das von Walter Cover eines Vopava 50seitigen ist das Cover eines 50seitigen Das Bild Galerie von Walter Elisabeth Vopava & Klaus ist Galerie das Thoman Cover Elisabeth eines & 50seitigen Klaus Thoman
Buches, erschienen im Buches, ©Verlag erschienen der Galerie im Elisabeth ©Verlag & der Klaus Galerie Elisabeth & Maria-Theresien-Straße Klaus Buches, erschienen Maria-Theresien-Straße 34 im A-6020 ©Verlag Innsbruck der Galerie 34 Elisabeth A-6020 Innsbruck & Klaus
Thoman, Innsbruck 2007, Thoman, ISBN Innsbruck 3-902315-10-5 2007, ISBN 3-902315-10-5 Thoman, Innsbruck tel +43 512 2007, 57 ISBN 57 85 3-902315-10-5
tel fax +43 13 512 57 57 85 fax 13
Walter Vopava lebt und Walter arbeitet Vopava in Wien lebt und Berlin arbeitet in Wien und Berlin galerie@galeriethoman.com Walter Vopava galerie@galeriethoman.com lebt und www.galeriethoman.at
arbeitet in Wien und www.galeriethoman.at
Berlin
Galerie Elisabeth & Klaus Thoman
Maria-Theresien-Straße 34 A-6020 Innsbruck
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Herbert Herbert BRANDL, BRANDL, Franz Herbert Franz GRAF, BRANDL, GRAF, Kurt HOFSTETTER, Kurt Franz GRAF, Kurt Eva SCHLEGEL,
HOFSTETTER, Eva SCHLEGEL, Eva SCHLEGEL,
Walter Walter VOPAVA, VOPAVA, Otto Walter ZITKO Otto VOPAVA, ZITKO und Heimo und Otto Heimo ZOBERNIG ZITKO ZOBERNIG und und Heimo viele und ZOBERNIG viele andere! andere! und viele andere!
Michaela Michaela Konrad Konrad
Michaela Konrad
Samstag Samstag 09.05.2009 09.05.2009 Samstag ab 10:00 ab 09.05.2009 10:00 Uhr Uhr ab 10:00 Uhr
M-ARS M-ARS Art Department Art Department M-ARS Store, Art Store, Department Westbahnstraße Store, 9, Westbahnstraße 1070 9, Wien 1070 Wien 9, 1070 Wien
Erinnern Erinnern Sie sich Sie noch? sich Jugendzeitschriften noch? Erinnern Jugendzeitschriften Sie sich mit noch? Postern mit Jugendzeitschriften Postern von Idolen von zum Idolen Herauslösen mit zum Postern Herauslösen von und Idolen an die und zum Wand die Herauslösen hängen? Wand hängen? und an die Wand hängen?
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6 ST/A/R
Buch I - Marlene Nr. 21/2009
INTERNATIONALE MESSE FÜR
ZEITGENÖSSISCHE KUNST
MIT FOKUS ZENTRAL- UND OSTEUROPA
7 - 10 MAI 2009
MESSE WIEN
MESSEPLATZ 1, 1020 WIEN / ÖSTERREICH
ÖFFNUNGSZEITEN: DO/FR 12.00 - 19.00, SA 11.00 - 19.00, SO 11.00 - 18.00
www.VIENNAFAIR.at
Nr. 21/2009 Buch I - Marlene
ST/A/R 7
Die VIENNAFAIR ist die internationale Messe für zeitgenössische Kunst mit Fokus auf Zentral- und Osteuropa: Warum wurde dieser Fokus gewählt?
Bekanntlich reichen die Beziehungen zwischen Österreich und den zentral-osteuropäischen Ländern im Donauraum historisch weit zurück. Aus dieser
gemeinsamen Tradition heraus existiert in Österreich auch großes Interesse an der Kunst aus den CEE-Ländern.
Was bietet die VIENNAFAIR diesbezüglich im Vergleich zu anderen Messen?
Die VIENNAFAIR ist die einzige Kunstmesse der Welt, die auf den Raum Zentral- und Osteuropa fokussiert. Die Messe zeigt einen umfassenden Überblick
über zeitgenössische Kunst aus dieser Region und zieht damit Kunstsammler aus aller Welt nach Wien. In diesem Jahr sind 29 Galerien aus Zentralost-
und Südosteuropa vertreten – das ist ein neuer Beteiligungsrekord.
Gibt es aktuelle Trends bei der zeitgenössischen Kunst aus CEE?
Ja, die gibt es. Ich stelle zum Beispiel fest, dass die „junge“ Kunst aus CEE/SEE immer stärker durch Videokunst und Kunstinstallationen geprägt ist.
Welche Highlights gibt es in diesem Jahr bei der VIENNAFAIR?
Die insgesamt fünfte Ausgabe der VIENNAFAIR ist wieder ein perfekter Mix aus umfassender Kunstschau und einem interessanten Rahmenprogramm
für kunstinteressierte Besucher. Bei den Podiumsdiskussionen in der Messe Wien kommen Stars aus der internationalen Kunstszene wie Matthew Higgs,
Jérome Sans, Dan Cameron oder Gianni Jetzer zu Wort. Die Themen sind Wien als Ort innovativer kultureller Produktion und Präsentationsformen zeitgenössischer
Kunst.
Warum darf man die VIENNAFAIR 2009 auf keinen Fall versäumen?
Weil man sonst ein ganzes Jahr darauf warten muss, bis die größte internationale Kunstmesse Österreichs mit mehr als 1.000 Künstlern wieder stattfindet.
Und das ist definitiv verlorene Zeit.
Edek Bartz, Exhibition Director/VIENNAFAIR
8 ST/A/R
Buch I - Marlene Nr. 21/2009
johAnnEs Vogl, ghosTlighT, 2008
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20.06.–31.7.2009, Eröffnung: 19.06.2009, 19 uhr
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A-1010 WiEn, EschEnbAchgAssE 11, Di – fr 13 – 18 uhr, sA 11 – 15 uhr
T +43-1/585 73 71, gAlEriE@mArTinjAnDA.AT, WWW.mArTinjAnDA.AT
Städteplanung / Architektur / Religion
Buch II - KONTAKT tranzit ST/A/R 9
Archiquantdesign,
Stoffmuster, Brunnen
und Klapptisch
Archiquantskulptur
von Herbert Flois
Design: Heidulf Gerngross
Visualisierung: Kurt Caballero
10 ST/A/R
Buch II - KONTAKT tranzit Nr. 21/2009
Sevda Chkoutova
Sevda Chkoutova zitiert einen alten bulgarischen Spruch: „Eine junge,
erblühende Frau verblüht in dem Augenblick, in dem sie der Finger eines
Mannes berührt.” Tief patriarchalisch geprägt charakterisiert er ein ganzes
Zeitalter in dem die junge Frau alleingelassen wird mit einer Vielzahl von
Erwartungen und meist dann ernst gemeinten und brutal durchgesetzten
Ansprüchen. Allgegenwärtiger Widerspruch nicht nur im eigenen Erfahren des
Erwachsenseins, erwachsen den eigenen Träumen, mehr noch dem Anhaften
an über Generationen überlieferter und Glaubensdogmen unterworfener
Unterdrückung des Menschlichen. Die sexuelle Motivation als Urkraft und
stärkste Triebfeder der Natur, verwirkt in einen dichten, mehrdimensionalen
Stoff, schwer zu entwirren in jugendlichen Jahren zumal aufoktroyieren, selten
selber erfahren. Der Traum der kleinen Prinzessinnen ein Schloss zu bewohnen,
experimentierend mit der erotischen Ausstrahlung des eigenen Körpers, bewegt
sich hinab in dessen Kerker. Die eigene in ihrer Unschuld gründende Macht
ahnend, versetzt mit comic-haften Elementen, Synonyme für den projizierten
Abgrund, an dem sie sich permanent bewegen, zerfließen sie in einem sich
fragmentarisch in die tiefe arbeitenden Raum.
Ausgehend von in Annäherung an den Photorealismus erarbeiteten
überdimensionalen Figuren, verdichten sich die Zeichnungen in aufwendig
detailierten Bereichen. Die kompositionsaufbauende, dynamische, ungehemmte
Linie in Graphit und Buntstift verschränkt sich zu üppig-barocken und
feingliedrig-floralen Mustern und wird somit wiederum zum Ausdruck des
Flüchtigen.
„Momentaufnahmen der Fantasie, der Angst, dem Kummer und der Freude“
der ProtagonistInnen, wie die Künstlerin die Zeichnungen verbalisiert: „Es mag
sein, dass es voller Ironie und Parodie ist, aber es ist da, denn die Frau ist da!“
[reinhard muxel – memux]
galerie chobot, 1010 wien, domgasse 6,
tel. 0676/520 70 96, tel/fax 01/512 53 32,
e-mail: chobot@utanet.at,
internet: www.kunstnet.at/chobot,
geöffnet: di-fr 13-18, sa 11-16
Buch II - KONTAKT tranzit
Buch II - KONTAKT tranzit
Nr. 21/2009 ST/A/R 11
ST/A/R 11
Those familiar with the Czech and
Slovak art scenes may recognize the
name Stano Filko. And very likely
those same people would, without
hesitation, and mostly based on
his initial oeuvre, place him in the
1960s context – rightfully so. Few
recall, however, what exactly it was
that this artist did back then, and
perhaps only a handful of Slovak
art historians know what he’s been
working on during the past ten
years, since his return from exile in
the United States (1983 – 1989).
Nevertheless, Filko is now finding
himself back in the spotlight of
Slovak art.
Cloned Identity
Stano Filko
At the end of the 1960s Filko was an emerging star – not
only in Slovakia but also in the Czech lands. He gained
recognition at prestigious European exhibitions such as
Frank Popper’s Cinetisme, Spectacle, environment (Grénoble,
1968); he was invited to Documenta VII; he was mentioned in
every important foreign review of contemporary Czechoslovak
art at that time (Padrta, Popper, Restany) and in books by Frank
Popper and Udo Kultermann, among others.
Despite this, the extent of Filko’s work is so little known that a
condensed interpretation would be pointless. Instead, let’s now
spend some time remembering a few of the areas he was involved
in.
In the 1950s and 1960s, Filko painted, made assemblages (socalled
“accumulages” or “altars of reality”) and, together with Alex
Mlynárčik and Zita Kostrová, invented the first Happsoc (1965)
– a practically inexplicable action something like a happening,
conceptual art, and a proclamation all rolled into one.
His “altars of reality” combined various materials/objects,
shards of mirror, photographs and daily objects. As time passed,
the works were slowly added to and eventually expanded into whole
environments. From 1966, Filko began including electronic media
such as slide projection, radio and sound in the environments,
bridging the gap between pure phenomena and information
sources. Pierre Restany referred to him as an “architect of
information.”
In 1967, at Gallery Karlovo Náměstí, Filko advanced to the role
of spiritual action artist when he employed every artistic gesture
in the canon, working with the entire gallery environment. At
that time he was also collecting photographic material (found
photographs taken from magazines, books and newspapers) that
reflected his peculiar areas of interest, ultimately publishing it all
in the crude series Associations. He also put out his own music,
and the catalogue he published in 1970, Stano Filko, Oeuvre II, is
in its own right a conceptually sophisticated project.
In the 1970s, his installations and actions shifted slightly, away
from the social, political and sociological reality of the freer 1960s
to values more emotional and spiritual in nature. Around that
time, written text began to play a more crucial role in his work (White Space in
White Space, 1973-1977). The texts were not merely background or addition. In
fact, they became an independent element that gradually developed into a new
discipline called Text Art. They are notable for their deconstruction of standard
orthography and for their characteristic syntax. Understanding the origins and
specific features of Filko’s Text Art, as well as categorizing it within the context of
conceptual language, would require a lengthy study. Filko focused on combining
and harmonizing rationality, sensitivity and emotion, and then transformed the
texts, allowing them to assume a greater homogeneity (see texts “Emotion, Clear
Emotion, White Space in White Space,” 1977, and “Transcendence,” 1978).
His American works from the 1980s and 1990s pared down to a kind of modern
primitivism, strengthening the symbolic and spiritual dimension of his work
through the simplification of means, which further developed into a complicated
personal iconography. In order to understand Filko’s installations from that time,
it is important to notice the increasing number of texts that no longer relate to the
individual projects. They represent a perpetually developing study dealing with
numerous phenomena, and play a defining role in his iconography.
But the theme that most closely approaches Filko’s person/body is the construction
of his own identity, the symbolic reconstruction of his own ego following each of
his three self-declared clinical deaths (1945, 1952, 1984). He takes the experiment
further by cloning his ego through various name mutations: Stano Filko (1937-
1977), Stan Fylko (1978-1987), Stan Phylko (1988-1988/1989), Phylko (1988-1997),
and Phys (1998-present). In addition to the theme of his personal identity, which
dates all the way back to the 1960s (My Birthplace, 1968/1978), Filko also sought to
unravel the motif of Woman/Venus/Sheherezade and the continuously recurring
point of infinity/space/time cosmos.
Now he has once again begun to initiate new groups and projects, as he did in the
1960s and 1970s when he formed Filko-Mlynárčik, and Filko-Laky-Zavarský. One
of his recent joint projects is a strong conceptual and visual partnership with the
much younger artist Boris Ondreička.
Due to the nearly forty-year-long absence of any exchange between Slovakia
and the rest of the European art scene, there is a distinct imbalance between the
significance and originality of Filko’s works and the recognition they have achieved
outside Slovakia, or even in his homeland. The generation that emerged in the
1960s was without a doubt the one that suffered most from this neglect.
The influence that political, cultural and social circumstances had on Filko’s
work during different periods could form a chapter of its own. His mutually
Städteplanung / Architektur / Religion Buch II - KONTAKT tranzit ST/A/R 13
Scenarist, De-Nominator-Z -Reincarnation-Birth (no date), photo Jiří Thyn
Fylko 1978, Filko
1976 November 1979,
Transcendency, Colour
photograph + white
paint 7,7x 11 cm
Multiple pneumatic tire, photo,
original 1958- ŠUP, Shakra-orangecreativity-Red-
revolution, exhibition
1968
untitled, 2008
PHYS
LP Cosmos, postavangard-postvanguard, 33, Happsoc – 4, 1967-1971, Stano
Filko. 2-sided LP, Cosmos Espace Univers, postavangard-postvanguard, 33,
Happsoc – 4, 1967-1971, Stano Filko
14 ST/A/R
Buch II - KONTAKT tranzit Nr. 21/2009
tranzit is a network working independently in Austria,
the Czech Republic, Hungary and Slovakia since 2002.
The network has a polycentric structure as a collective of autonomous
local units cooperating across various borderlines – between
nations, languages, media, mentalities and histories.
Each tranzit works under its own conditions in a variety of local
contexts, using different formats and methods such as critical platforms,
exhibitions and other artistic settings (musical, poetical, literary,
performative...), lectures, discussions, publications, research,
mediation and non-conformist education.
tranzit generates deep experience in the local artistic and intellectual
biotopes in relation with continuity, a re-assessment of contemporary
history (arising chiefly from the artistic catharsis of the
1960s and ‘70s) and in challenging the canons, geographies and
master narratives of postwar European (art) histories. The aim of
tranzit is to act translocally, i.e. in constant dialectics in between local
and global cultural narratives.
tranzit’s experience with self-organized activities in progressive cultures
is dates back to the totalitarian society of the 1970s and ‘80s and
have continued through the hypertransformational period and the
comprehensive reform of all strata of society in the 1990s and up to
the present.
tranzit is engaged in numerous side projects, such as Monument to
Transformation in Prague, the Július Koller Society in Bratislava and
Vienna and The Free School for Art Theory and Practice in Budapest.
tranzit’s main financial support comes from the Erste Group Banks in
Austria, Czech Republic, Hungary and Slovakia.
www.tranzit.org
KONTAKT
tranzit
Kontakt. The Arts and Civil
Program of Erste Group in
Central Europe
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Nr. 21/2009 Buch II - KONTAKT tranzit
ST/A/R 15
Thomas Redl, „von schwelle zu schwelle“, Installation; Chiesa di San Lio, Venedig
Thomas Redl, Still aus dem Film „von schwelle zu schwelle", 2009
von schwelle zu schwelle
man benötigt oft die ganze kraft, nur um die eigene einheit zu erhalten, um sein Sein in dieser welt zu
bewahren und in der ganzheit zu bleiben. // ich lege meinen kopf zwischen zwei wörter zur ruhe, an einem
ort, den es hier nicht gibt. / mnemosyne. gedächtnispalast. (mnemonik des schmerzes. an den körperrändern.
mnemonik des glücks. gelegt in den wohlgefühlen.) / unverborgenheit. // ein zweites leben. in dem einen. die
architektur des lebens neu zu bauen als aufgabe der traums in der realität. stück für stück. / der bebende
körper wünscht sich leben. aufgerüttelt / im sekundenschlaf auf der autobahn finden wir ruhe. // atmen. im
jetzt. atem für atem. licht für licht. behütet die welt abgehen. / zwischen dir und dir ist nur ein moment. am
ort der wörter. an ihrem rand. an der befindlichkeit des seins. an deinem ort. der dich kennt. und den du
kennst. //
die namen, die ich nicht erinnere, sind eine erleichterung. / das vergessen hat kein gewicht. /
es gibt keinen mangel.
Auszug aus der Textskizze zum Film „von schwelle zu schwelle" , Thomas Redl 2009
„von schwelle zu schwelle„, Installation mit Film, Wasserbecken, Rückwand
Die Installation beruht auf einem Stahlbecken mit schwarz gefärbtem Wasser, welches als „black mirror“ dient.
Auf der installierten Rückwand hinter dem Becken wird der Film „von schwelle zu schwelle“ auf den Kopf
gestellt projeziert. Der Film spiegelt sich seitenrichtig auf der Wasseroberfläche und wird dadurch lesbar.
Großteils in S/W gehalten, besteht der Film aus Bildern, die Teil unseres kollektiven Bildgedächtnisses sind.
Der Titel der Arbeit bezieht sich auf den Gedichtzyklus „von Schwelle zu Schwelle“ von Paul Celan.
Kamera: Gerald Kofler, Vertonung: Thomas Nordwest.
Ausstellungsprojekt „détournement venise“ ; Juni bis Oktober 2009
16 ST/A/R
Buch II - KONTAKT tranzit Nr. 21/2009
Archiquantskulptur
Der grossartige Herbert Flois
Städteplanung / Architektur / Religion
Buch III - ST/A/R-Galerie ST/A/R 17
WestLicht. Schauplatz für Fotografie
1070 Wien, Westbahnstraße 40
www.westlicht.com Viennafair 09 Stand 1507
18 ST/A/R
Buch III - ST/A/R-Galerie Nr. 21/2009
KUNSTHALLE wien
Sommer der Fotografie
Thomas Ruff. Oberflächen, Tiefen
Das Porträt. Fotografie als Bühne
21. Mai – 13. September 2009 3. Juli – 18. Oktober 2009
Ein Fotoparcours der besonderen Art: Fünf Monate lang zeigen wir Einblicke in den menschlichen Alltag und Ausblicke ins Weltall;
Studien über Inszenierung und Schnappschuss, Maskierung und Entlarvung...
Gerald Matt, Direktor
Zwei umfangreiche Ausstellung widmen sich diesen Sommer der Fotografie, speziell dem Porträt in der Fotografie.
Thomas Ruff gehört zu den wichtigsten Fotografen der Gegenwart, dessen Oeuvre so unterschiedliche Bereiche umfasst wie den
Menschen, die Architektur, den Kosmos und das Internet. Die Kunsthalle Wien zeigt in einer umfangreichen Einzelausstellung an die
150 Werken und gewährt damit einen umfassenden Einblick in das vielfältige Schaffen des Künstlers.
Den roten Faden der Ausstellung bilden das scheinbare Gegensatzpaar von Oberfläche und Tiefe und dessen variantenreiche
Ausformungen. Neben seiner Serie von großformatigen Porträts der 1980er Jahre, für die Ruff internationale Bedeutung erlangte, und
den auf Handlungsanweisungen beruhenden Architekturaufnahmen von Herzog & de Meuron stehen seine aktuellsten Serien der
cassini und zycles im Zentrum der Schau.
Thomas Ruff, Porträt (S. Weirauch), 1988, C-Print/
Diasec, 210 x 165 gerahmt / 82 11/16 x 64 15/16 in.
framed, Courtesy der Künstler / the artist © VBK,
Wien 2009
Das Porträt. Fotografie als Bühne erzählt eine Geschichte des fotografischen Portraits von den 1980ern Jahren bis heute, die
das Verhältnis von Fotograf und Fotografierten in seinen vielfältigen Erscheinungsformen untersucht. Dabei geht es ebenso um die
Selbstdarstellung des Aufgenommenen vor der Kamera wie seine Inszenierung durch den Aufnehmenden hinter der Kamera. Die Linse
der Kamera ist das Brennglas, das Maskierung wie Entlarvung gleichermaßen produziert. Gezeigt werden Künstlerstars von Nan Goldin
bis Robert Mapplethorpe.
kunst diskurs: +++ Wie sieht die Fotografie der Zukunft aus? +++ Fotografie im Zeitalter von Digitalisierung und
Nanotechnologie +++ Wie sieht die Fotoszene in Österreich aus? +++ Warum gibt es kein Fotomuseum in Österreich? +++
Zukunft der Fotografie?
Fr, 3. Juli 2009, 19 Uhr
Welche Anforderungen werden an sie gestellt, welche
Hoffnungen an sie herangetragen?
Diskussion mit: Martin Guttmann (Künstler, Wien), Matthias
Herrmann, (Künstler und Professor für Fotografie, Akademie der
bildenden Künste, Wien), Thomas Seelig (Sammlungskurator
Fotomuseum, Winterthur, CH), Rita Vitorelli (Chefredakteurin
Kunstmagazin spike, Wien), Andrea Witzmann (Künstlerin, Wien).
Weitere Veranstaltungen zum Thema: www.kunsthallewien.at
Fotokultur in Österreich
Part I: Fehlt ein Fotomuseum in Österreich?
Mo, 14.09.2009, 19 Uhr
Mit Monika Faber (Leiterin Fotosammlung Albertina), Rainer Iglar
(Fotohof Salzburg), Urs Stahel (Direktor Fotomuseum Winterthur),
Gerald Matt (Direktor Kunsthalle Wien).
Part II: Fotoszene Österreich – ein Sonderfall?
Mo, 21.09.2009, 19 Uhr
Mit Lukas Beck (Fotograf), Peter Coeln (Westlicht, Wien),
Johannes Faber (Galerie Faber).
Museumsplatz 1, A-1070 Wien, Infoline: +43-1-52189-33, Öffnungszeiten: täglich 10 – 19 Uhr, Do. 10 - 22 Uhr
Exkursion
JAHRESRINGE -
Aktueller Holzbau in Niederösterreich
Fr, 5. Juni 2009
Nähere Info unter
ORTE,
Steiner Landstr. 3,
3504 Krems-Stein,
T 02732 78374
office@orte-noe.at
www.orte-noe.at
GALERIE STRICKNER
Ausstellung - Thomas Feuerstein
Planet Paradies
Vernissage: 30. April 2009 von 19 bis 21 Uhr
Ausstellungsdauer: 1. Mai bis 6. Juni 2009
Öffnungszeiten: Di bis Fr von 16 bis 19 Uhr, Sa von 11 bis 13 Uhr
und nach telefonischer Vereinbarung
VIENNAFAIR
2009
HELMUT MARK
EINZELPRÄSENTATION
HALLE A, STAND A1402
Galerie Strickner Fillgradergasse 2/7 • 1060 Wien • Tel: 0680 201 44 52
office@galeriestrickner.com www.galeriestrickner.com
Nr. 21/2009 Buch III - ST/A/R-Galerie
ST/A/R 19
Rothkrebschen
ART CONTEMPORARY
MÄZENBIER
WELTNEUHEIT
Rothkrebschen fördert Kunst
Jeder Genuss eines Mäzenbieres trägt mt 10% zur Dotierung des jährlich vom
Institut für erweiterte Kunst vergebenen
PRIX ARS ROTHKREBSCHEN bei.
Einzigartige Kräuterinhaltsstoffe wie Kümmel,Nelke,Galgant,Malve,
Kardamom,Koriander und Tausendgüldenkraut verwandeln den Geschmack
des Mäzenbieres in eine wildromantische Reise durch eine
sagenumwobene Sommeridylle.
Die Rückseite des Etikett´s der Rothkrebschen 0,33L Flasche wurde
von 20 zeitgenössischen KünstlerInnen gestaltet und ist in Form
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SAMMLUNG ROTHKREBSCHEN erhältlich.
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Patrick Baumüller - www.p-baumueller.com
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Institut für erweiterte Kunst, Obere Donaulände 11, 4020 Linz
www.ifek.at
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www.schlägl.co.at
Gönn Dir Deinen Schluck Kunst
Grand Hotel Café zum Rothen Krebsen
www.roterkrebs.net
www.Rothkrebschen.at
Städteplanung / Architektur / Religion Buch III - ST/A/R-Galerie ST/A/R 21
Cat-Notation /
Joulia Strauss und Martin Carlé
Buchpräsentation am ZKM Karlsruhe:
am 14 Mai um 20 Uhr
Joulia Strauss und Martin Carlé im Gespräch mit
Peter Weibel und Diana Baldon
ISBN 978-3-88396-258-0
Joulia Strauss, “Dynamic set of Cat Faces”, 2 c-prints,
13 x 60 cm, Auflage 5, 2008
Joulia Strauss, „Zoo der Mathematischen Operationstiere“, c-print, 40 x 170 cm, 140 x 580 cm, Auflage 5, 2009
Durchsetzungsfähiger Hypodorischer Pluskampffisch, Übergreifende Dorische Summenkatze (an der Bar),
Unverzichtbarer Mixolydischer Wurzeladler, Kathartische Hypolydische Divisionsschildkröten, Depressiver Lydischer
Minushund, Chauvinistischer Hypophrygischer Integralschwan, Euphorischer Phrygischer Multiplokationsoktopus
Joulia Strauss und Moritz Mattern. Standbilder aus dem Video “TK News-4” , 3:30 min, PAL, 2008
www.jouliastrauss.net
Foto: André Jenchen
Foto: André Jenchen
22 ST/A/R
Buch III - ST/A/R-Galerie Nr. 21/2009
Als ich Klaus Weibel erzählte ...
Von der Schizophrenie zur kollektiven Autosuggestion
Als ich Klaus Weibel davon erzählte,
das ich einen Aufsatz über das Projekt
Klaus Weibel schreiben würde, indem
es im Allgemeinen um die Zukunft des Kinos
und im Besonderen um den Bruch in der
Wahrnehmung bezüglich desselben gehen
würde, war er nicht besonders verwundert
und riet mir, die Kontroverse zwischen
Platon und Aristoteles nachzulesen. Er sagte:
Für ihn sei das Kino heute nichts anderes als
die Höhle Platons. Er führte in Anlehnung an
die Schilderung des Sokrates wie folgt aus:
„Einige Menschen sind von Geburt an in einer
dunklen Höhle so festgebunden, dass sie
immer nur auf die ihnen gegenüberliegende
Höhlenwand blicken können, die lediglich
durch einen über ihnen angebrachten Schlitz
beleuchtet wird. Die Wahrnehmung der
Welt außerhalb ihrer Höhle beschränkt sich
für die an die Höhle gefesselten Menschen
also auf unscharfe, flackernde Schatten von
künstlich erzeugten Figuren von Lebewesen
und Dingen die ihnen gezeigt werden. Da
sie nichts anderes wahrnehmen, halten
die Menschen diese Schattenbilder für
die wirklichen Dinge.’’ Nun ist mein alter
Freund ja nur eine Kunstfigur und man
könnte ihm zu Gute halten, als solche könne
man ihm die Unschärfe seiner polemischen
Übertragung verzeihen, doch interessanter
war sein Punkt, den er daraus entwickelte.
Die Ideengeschichte sei die ewige
alternierende Meinung zu gleichen oder
ähnlichen Phänomenen. Er würde schätzen,
man solle die Antwort Aristoteles auf Platon
analysieren und diese auf das Phänomen
anwenden. Nun dies hatte eine gewisse
Schlüssigkeit. Platon und Aristoteles waren
beide keine Skeptiker und als solche der
Überzeugung, dass mit Denken und Sprache
die Struktur des Seins zu erfassen sei. Beide
hätten das Kino gemocht nur wahrscheinlich
unterschiedliche Filme. Unterschiede gibt
es aber in den Erkenntnismethoden. Im
Gegensatz zu Platon ist Aristoteles Empiriker
und verteidigt ausdrücklich die Fähigkeiten
der Sinne uns sicheres Wissen zu vermitteln.
Erst die Vernunft, als Summe der Sinne,
vermittle uns ein einheitliches Bild der
Wirklichkeit. Nach Aristoteles verfügen wir
mit unserer Vernunft über das Vermögen zur
unmittelbaren und irrtumsfreien Erfassung
der Welt. Ich solle mich einmal ins Kino
setzen und versuchen vernünftig zu sein!
Jetzt hatte ich also eine Antwort. Die Zukunft
des Kinos basiere auf der Vernunft! Dies wurde
mir von einer Kunstfigur, und eine solche ist
Klaus Weibel ohne Zweifel, zugesprochen.
Dies bedeutet im Umkehrschluss ein
Schatten erklärt dem Angebundenen, er
ist angebunden und außerdem solle er die
Höhle verlassen und die wirkliche Welt
betrachten, sprich vernünftig sein. Wenn ich
Sie bisher noch nicht verwirrt habe, dann
lassen Sie mich dies endgültig nachholen.
Weibel ist eine erfundene Figur, ein fiktiver
Protagonist in einem Realszenario, das
sich in Zusammenhängen des Films, der
Literatur, des Theaters und der Kunst
unabhängig von Systemzwängen, da als
Kunstfigur, bewegt und mehr und mehr in
Realszenarien erscheint. Er bewegt sich in der
Realität, indem er beispielsweise Reden hält
und verhält sich zu den unterschiedlichen
Systemen. Es ist eine wandelnde,
personifizierte Institutionskritik, die von mir,
dem Autor erzählt und mit Hilfe eines Teams
in der Realität umgesetzt wird. Im Jahr 2006
ist sein Hauptaktionsfeld Wien. Darüber
hinaus bewegt er sich ständig als Reisender,
als bezahlter Kunstexperte und Professor
für Kunstgeschichte, wie ein Söldner durch
die Welt. Ein dynamischer Endvierziger, der
meist mit seiner jüngeren Lebensgefährtin
Chantal Sainte Croix, die Vorzüge des Lebens
eines Bohemians genießt und dabei die
Ansprüche eines Borgoise an andere stellt. Er
kann im Unterschied zu anderen Beteiligten
natürlich jederzeit vernünftig sein und ist dies
seinem Wesen entsprechend auch. Die Figur
ist ein Sympathieträger, da sie genau die
Kritik äußert, die normale Systemabhängige
nicht äußern dürfen und Systemopfer nicht
glaubwürdig äußern können, er ist ein
Antiopportunist. Klaus Weibel kann dies und
er tut dies auch, immer wieder öffentlich,
sei es verbal oder schriftlich, in öffentlichen
Veranstaltungen als Redner, auf Podien oder
bei kleineren halböffentlichen oder privaten
Anlässen. Hierbei ist die Kunstfigur als solche
nicht ersichtlich und die Betroffenen werden
nicht vorher und nicht nachher darüber
aufgeklärt. Er erscheint meist als cooler Typ.
Das bei solchen Gelegenheiten gefilmt wird
ergibt sich von selbst. Ich meine, wo wird
den heute nicht mit Digi-cams gefilmt.
Bei öffentlichen Anlässen können es auch
Digi-Beta oder Beta-Kameras sein, ohne das
dies auffällt, außerdem ist Chantal Sainte
Croix eine Videokünstlerin, die sowieso
immer, wenn es ihr bei Auftritten ihres
Lebensgefährten zu langweilig wird, beginnt
mit ihrer Digi-cam zu filmen. Hierdurch
entsteht mit der Zeit ein Fundus und
mithin ein Archiv an Filmmaterial. Daneben
erscheinen zunehmend real publizierte Texte
von nämlichem Autor, es gibt publizierte
Interviews und Menschen, die ihn real
treffen und seine Existenz bezeugen können
und bezeugen werden, da sie nicht über seine
reale Nicht-Existenz aufgeklärt werden. Klaus
Weibel lebt und wird immer lebendiger. Was
aber meint er damit, wir sollten ins Kino
gehen und versuchen vernünftig zu sein?
Lassen sie uns also versuchen vernünftig zu
sein!
Greil Marcus schreibt 1996 in „Lipstick
Traces“ über Guy Debord: „Für Debord
war die Gesellschaft des Spektakels die
moderne Gesellschaft schlechthin, in keiner
Hinsicht natürlich, ein interessenbestimmtes
Konstrukt, aber dessen ungeachtet
unveränderlich vollständig:»Realität erhebt
sich mit dem Spektakel, und das Spektakel
ist real«.” Guy Debord (1931-1994) war
französischer Autor, Filmemacher, Künstler
und Situationist. Er prägte mit seinen Büchern,
Aktionen und Artikeln den Situationismus,
und befasste sich mit den Möglichkeiten
eines experimentellen Kinos, das die
Zuschauerreaktion und den abgedunkelten
Kinosaal in die Vorführung mit einbezog:
Einer seiner Filme bestand aus Stille und aus
einem minutenlangen Schwarzbild, das ab
und zu ins Weiße wechselte, wobei Zitate über
Jugend oder Revolution, und Gesetzestexte zu
hören waren (Hurlements en faveur de Sade,
das Geheul stellten dabei die lautstarken
Proteste des empörten Publikums dar).
Rudolf Walther schreibt am 3.6.2002 in der
Frankfurter Rundschau: “Sein Hauptwerk Die
Gesellschaft des Spektakels (1967) liest und
kennt kaum mehr jemand, aber überall ist
permanent und mit Verweis auf Debord von
»Spektakelgesellschaft«, »Spaßgesellschaft«,
»Kultur- und Theaterspektakeln« die Rede.
Dem Subversiven seines Denkens wurde
der Stachel gezogen”. Klaus Weibel würde
- in Anlehnung an seinen Freund Jean
Beaudrillard - sagen, es fehlt die Sehnsucht
nach dem „Splitter vom wahren Kreuz“. Er
mag den Song von Benny Spellman »Lipstick
Traces on a Cigarette?« und er mag das
gleichnamige Buch von Greil Marcus. Er
ist die Integrationsfigur, die wir gerne sein
würden. Die Figur ist so entwickelt, das er
die kulturelle Bewegungen, die kaum Spuren
hinterlassen haben und die wir lieben, in den
Diskurs einführt. Diese Bewegungen mögen
die Gesellschaft nicht nachhaltig geprägt
haben, aber sie haben das Bewusstsein
von vielen verändert und haben Menschen
geprägt.
Die Situationisten waren eine solche Bewegung
europäischer Avantgarde Künstler, die an der
Schnittstelle von Kunst und Politik, Kunst
und Wirklichkeit operierten und sich für die
Realisierung der Versprechungen der Kunst
im Alltagsleben einsetzten. Sie waren immer
mehr an Subversion, an den Metaebenen
und Verwirklichung von Leidenschaften
interessiert als an den Ideologien, Moden
und den aktuellen Stars, die sie alle als Teil
des Spektakels ablehnten. Nicht nur in den
Befürwortern und Vertretern der bestehenden
Ordnung, sondern besonders in einer
verwässerten, konsumierbaren (Schein-)
Kritik am Bestehenden, die letztlich nur
sein Fortbestehen ermöglicht, sahen sie ihre
Opponenten. Sie forderten unter anderem,
dass das Leben selbst zum Kunstwerk werden
sollte. Genau diese Überlegungen haben wir
unabhängig von Situationismus für dieses
Sabine Jelinek Kontakt:
Sabine Jelinek ist in Wien geboren, lebt und arbeitet
in Wien und Linz und ist im Zuge eines Atelier-
Stipendiums im April, Mai und Juni 2009 in Rom,
sabine-jelinek@chello.at
Camp-Präsenz und Freiheitsobsession – sich verwandeln und verwandeln zu lassen beschreibt Sabine
Jelineks Kunstproduktion. In ihren Blickinszenierungen vermag die Künstlerin der „Erscheinung“ von
Wirklichkeit ein Spektrum von Sichtweisen
abzugewinnen – vom „bloßen Schein“ des
Passageren, über den gleichsam „kalten
Sachblick“ aufs Phänomen bis zur ironischen
Verklärung und fancy-glamour. Geschmacksintelligenz
ist bei Sabine Jelinek
spiegelhaft-reflexiv und bis zum Fetisch hin
Nr. 21/2009 Buch III - ST/A/R-Galerie
ST/A/R 23
Projekt angestellt. Die Situation zu erzeugen,
eine künstliche Autoritätsfigur zu evozieren
und sie dann zur Eskalation zu bringen. Alle
Situationen sind einmalig, unwiederholbar
und äußerst anspruchsvoll zu spielen.
„Life“ und mit der Möglichkeit, das reale
Menschen, das Geschehen sabotieren oder
verunmöglichen. Das Scheitern ist mit
gedacht und gewollt, dieses Scheitern an der
Realität, sei es das der Figur Weibels, des
Schauspielers, des angespielten Zuschauers
oder des Angegriffenen sind im Filmmaterial
dokumentiert und werden ungeschnitten
belassen. Das Scheitern an der Realität ist
ein entscheidender Moment. Aber Realität,
was ist Realität?
Klaus Weibel schlägt uns die aristotelische
Vernunft vor. Er verweist uns auf den Film
Bennys Video des Regisseurs Michael Haneke
aus dem Jahre 1992. Benny, ein zwölfjähriger
Junge lebt in der Höhle der neuen Medien.
Sein Zimmer ist mit elektronischen Geräten
aller Art vollgepackt. Der Blick aus dem
Fenster ist nur durch einen Bildschirm
möglich. Im Zimmer sind Videokameras
installiert, die das Geschehen aufzeichnen.
Als Benny eines Tages von einem Mädchen
besucht wird, ist das der Beginn eines
tödlichen Spiels. Sie spielen beide mit einer
zur Tötung von Schweinen verwendeten
Pistole. Zunächst fordert Benny das Mädchen
spielerisch auf, auf ihn zu schießen. Das
Mädchen weigert sich. Als sich das Spiel
umkehrt, hat es für das Mädchen tödliche
Folgen. Die Szene wird von den im Zimmer
befindenden Kameras aufgenommen. Benny
erfährt eine Läuterung, indem er nicht an
der Video-Vorstellung seiner Tat verhaftet
bleibt, sondern sich dem Sinn dieser Tat
öffnet. Über die schwierige Loslösung von
den medialen Fesseln erfahren wir anhand
von Andeutungen: Allerdings ist die Welt
des Sinns der Sinne für Benny keineswegs
göttlich, sondern zutiefst menschlich. Das
Unumkehrbare seiner Tat öffnet ihm die
Augen der Vernunft.[1]
Platon hatte in seiner staatsutopischen
Schrift “Politeia” die These vertreten, dass
Schlechtes und Verbrecherisches auf der
Bühne zu sehen, die Menschen ihrerseits
schlecht und verbrecherisch mache.
Aristoteles hatte hingegen eingewendet, dass
das Gegenteil der Fall sei. Platons Angst vor
der negativen Medienwirkung setzte er die
Hoffnung auf eine rationale Bewältigung
und daher positive Medienwirkung entgegen:
Die Menschen würden dadurch, dass sie sich
mit dem Schwierigen und Problematischen
auseinander zusetzen haben, nicht selbst
schwierig und problematisch, sondern
geübt im Umgang mit Schwierigem und
Problematischem. Dies erinnert mich an eine
Diskussion mit einer Frau, die ich nicht kannte,
in der Küche eines Freundes in Wien und die
Diskussion über „Hundstage“ von Ulrich
Seidel, im Gegensatz zu „Sommer Vorm
Balkon“ von Andreas Dresen. Hundstage,
sei kalt und unmenschlich, voyeuristisch
und zynisch, Dresen jedoch zeichnete die
Charaktere weicher, verletzlicher, in ihrer
romantischen und menschlichen Art und
gefiele ihr viel besser. Ich argumentierte
anders, ich mochte beide Filme, mir blieb
Hundstage jedoch stärker in Erinnerung, da
ich die Unversöhnlichkeit des Geschehens
und die
Aber ist das die Realität oder kann dies
die Realität sein? Kann Film überhaupt
Realität abbilden? Wie aber können wir
Realität abbilden, oder wie können wir
unsere Sinneswahrnehmungen in Film
umsetzen? Bei der Entwicklung der Figur
Weibel haben wir immer wieder nach
Möglichkeiten gesucht Fiktion in Realität zu
implementieren und dadurch Realitäten zu
schaffen, verlaufsoffen und möglicherweise
eben zum Scheitern verurteilt. Pate stand
hier weniger die Forderung der Dogme 95
: Zeitliche oder lokale Verfremdung ist
verboten – d.h. der Film spielt hier und
jetzt, auch wenn sich Szenen immer hier
und jetzt abspielen, nur das sie nicht mit
gecasteten Schauspielern hier und jetzt
ablaufen, sondern Schauspieler im Spiel mit
real existierenden und real angesprochenen
Personen, die weder Amateurschauspieler
sind, noch solche sein wollen. Als Drehorte
kommen ausschließlich Originalschauplätze
in Frage, auch wenn wir natürlich Requisiten
ergänzen und der Regisseur ist natürlich in
seiner Rolle auch erheblich beschränkt, er
kann zwar im Vorhinein den Schauspieler
instruieren, kann aber im Verlauf weder
helfend noch korrigierend eingreifen. Im
direkten Gegensatz zu Dogme 95 ist dieses
Projekt individuell, nur dass das Individuum
ein komplementäres Kollektiv, das sich
wie ein offenes Autorensystem das seine
Akteure in Impulsumgebungen bringt.
Ähnliche Bestrebungen gab es schon in
den 1950er Jahren mit der aus Frankreich
stammenden Nouvelle Vague und dem 1962
veröffentlichten Oberhausener Manifest.
Es kommt jedoch ein wesentlicher Faktor
hinzu, der Erfahrungsfaktor. Wir erinnern
uns an den Film „The Game“ von David
Finchen. Der Film handelt von einem sehr
reichen und zynischen Investmentbanker,
Nikolas Van Orten, gespielt von Michael
Douglas, und seinem Bruder Conrad,
gespielt von Sean Penn und dessen Geschenk
anlässlich seines 48. Geburtstages. Es ist
die Teilnahme an einem mysteriösen Spiel
der Firma „Consumer Recreation Service
(kurz CRS). Das Spiel beginnt unmerklich
und nimmt dann ständig an Dramatik
zu, der Zuschauer ist auf der Suche nach
Erklärungen, was ist Spiel und was ist die
Filmrealität, bis er schließlich merkt beides
ist eins. Die Realität des Spiels bestimmt
die Realität der Charaktere, Nicolas von
Orten ist im Netzt des Spiels gefangen und
beginnt sich langsam immer stärker in die
Realität des Spiels hinein und aus seiner
eigenen heraus zu bewegen. Irritation
wird zu Wut, Wut wird zu Verzweiflung,
Verzweiflung wird zur Aufgabe, schließlich
der Fall durch das Atrium des Hochhauses,
vermeintlich todbringend und die Auflösung,
die sichere Landung, das Geburtstagsfest.
Händeschütteln. Conrad schenkt seinem
Bruder eine Borderline –Erfahrung.
Cameron Crowes US-Remake des
spanischen Psycho-Thrillers “Abre los Ojos”
von Alejandro Amenábar (“The Others”) ist
ein lange Zeit verstörender, aber letztlich
faszinierender Alptraum. Der New Yorker
Vorzeige-Playboy David Aames (Tom
Cruise) genießt sein sorgenfreies Leben in
vollen Zügen. Sein Vater hinterlässt ihm
ein millionenschweres Verlagsimperium.
Privat führt der selbstverliebte Lebemann
eine sarkastische, zynische Beziehung zu
dem Model Julie (Cameron Diaz), das er
ebenso wenig liebt, wie er die Freundschaft
zu seinem einzigen Kumpel Brian (Jason
Lee) respektiert. Er beginnt eine Affäre mit
der Freundin von Brian, Sofia. David ist
sofort von der Tänzerin Sofia (Penélope
Cruz) fasziniert, als er ihr auf einer Party
begegnet. Julie, die gern eine feste Beziehung
hätte, fühlt sich hintergangen. Sie verwickelt
David in einen Autounfall, gemeinsam
rasen sie mit 120 Stundenkilometer eine
Brückenbrüstung hinunter - Julie ist tot,
David überlebt schwer verletzt - sein Gesicht
ist furchtbar entstellt. Nach dem Unfall wird
David einem Verhör eines Therapeuten
ausgesetzt, der herausfinden soll, was
wirklich passiert ist, denn so wie David es in
Erinnerung hat, scheint es nicht gewesen zu
sein. Mit zunehmender Dauer des Film wird
der Zuschauer, der an die Blickperspektive
Davids gebunden ist, wie der Protagonist, die
Übersicht zu verlieren. Immer verzweifelter
versucht David, die Wirklichkeit zu verstehen.
Was ist Traum - was ist Realität? Am Ende
steht er wie der Zuschauer auf dem Dach
eines Hochhauses und springt. Allein er
wacht im Krankenhaus auf und lebt.
Warum diese beiden Filme? Diese Filme
verschleifen nicht nur die Realitätsebenen
im Film, sondern handeln beide von
Unternehmen die Realitäten verändern und
Spielrealitäten evozieren, die den Spieler
mit Grenzerfahrungen konfrontieren.
Grenzerfahrungen, die im Moment in
ihrem Spielcharakter nicht erkennbar
sind. Das totale Zusammenbrechen der
eigenen Wahrnehmungsgewohnheiten.
Wirtschaftlicher, physischer und psychischer
Ruin werden dramatisch realitätsnah für
die Protagonisten im Film erfahrbar. Diese
Erfahrung, diese Grenzerfahrung, den
Moment des eigenen Scheiterns, des totalen
Versagens und das in einem Realszenario
interessiert uns mit dem Projekt Klaus Weibel.
Wie der Mitarbeiter von Finchens CRS sagt,
sie fahren nicht in die Ferien, die Ferien
kommen zu Ihnen. Analog hierzu Klaus
Weibel kommt zu Ihnen. Diese Konfrontation
der Kunstfigur mit der Realität und in der
Realität von vermeintlich Unbeteiligten oder
einem oder wenigen Beteiligten ist für uns
von Interesse. Was passiert, wenn er einen
Unbeteiligten, am Geschehen beteiligt und
dies im Film zu sehen ist. Verwunderung
ist ja noch die geringste der möglichen
Reaktionen, am ende ist alles offen und das
ist auch gut so!
[1] Vgl. Rafael Capurro:
HÖHLENEINGÄNGE. Zur Kritik des
platonischen Höhlengleichnisses als
Metapher der Medienkritik, 2004, www.
capurro.de/plato.html
leidenschaftsfähig. Manche Farbe lässt die Künstlerin eigensinnig wirken. Die Sujets ihrer Photos & Videos sind inside „out-looks“ – zeigen Bühnen, auf
denen performative Einsamkeit, Selbstbegegnung und Gemeinschaftliches stattgefunden haben oder gerade erwartbar sind. Die Künstlerin etabliert
„Zwischenwelten“ und vermeidet das „alter-naive“ Pathos sich „Gegenwelten“ gleichsam auszumalen, in welche zu flüchten sich lohnen könnte. Auch
wenn es konsequent in ihrer Kunst um ihre Person, deren Verletzlichkeit oder deren Herausforderung Künstlerin sein zu müssen/wollen, geht, setzt
sich Jelinek nicht „ich-haft“ ins Zentrum optionalen Erzählens. Die Künstlerin lotet die analogen Medien beharrlich aus, keineswegs aber nostalgisch,
sondern um sich deren experimenteller Möglichkeiten immer neu zu versichern – so verwendet sie die digitalen Medien mit einiger Klugheit mehr.
Herbert Lachmayer
24 ST/A/R
Buch III - ST/A/R-Galerie Nr. 21/2009
KÜNSTLERSTADT GMÜND IN KÄRNTEN
EINE GANZE STADT IST BÜHNE!
Erleben Sie eine der lebendigsten und vielfältigsten Kleinstädte Österreichs.
Gmünd in Kärnten setzt seit 20 Jahren konsequent auf Kunst und
Kultur! Ausstellungen, Künstlerateliers, Galerien, Werkstätten, interna-
tionale Gastateliers und ein wunderbarer Skulpturengarten laden zum
Flanieren in die reizvollen mittelalterlichen Gassen und Plätze der Stadt
ein. Kommen Sie und staunen Sie über Vielfalt und Qualität!
HIGHLIGHT 2009:
Stadtturm Gmünd
ALFRED KUBIN RETROSPEKTIVE
Zum 50. Todestag (1959 – 2009)
6. Juni bis 27. September 2009
Täglich geöffnet von 10-13 und
15-18 Uhr
Städteplanung / Architektur / Religion
Buch IV - WARAN ST/A/R 25
ARTES LIBERALES
FREUNDLICHE GESICHTER
BEIM ZIELPUNKT
ONLY FOR PAVEL
ADAM
26 ST/A/R
Ich war kein Nazi , mein Pferd schon
noch, so wie andere Verstorbene
und auch Babys
DIR SITZT DIE ANGST IM NACKEN MEIN GELIEBTES AMERIKA
Buch IV - WARAN Nr. 21/2009
auf der Watchlist stehen Drahdiwaberl, Waldheim immer
TRAUMATISIERT BIS ZUM GEHT NICHT MEHR
VIETNAM LAST BUT NOT LIEST LSD AMPUTATIONEN DIE GELBE PEST SCHLITZAUGENHASSER
ALLES AN DIE NACH KOMMEN VERERBT
CHINA TOWN
CHEAP BUT TRASH COPY EVERYTHING PLAGIAT FOR PROLETARIAT
WENN AERA !% ZUM RAMMBOCK DER NATION WIRD STÜRMEN WIR DIE BUDE UND PUTZEN ALLES BLITZ BLANK
ACCEPT ONLY BLANCOCHECKS
BODYCHECK AT THE AIRPORT JUMP AUT OF YOUR SHOES TRUST NOBODY ENEMYS ALL OVER
THE WORLD
IN GOD WE TRUST PYROTECHNIKER WER ZÜNDELT MACHT IN DIE HOSE VERGEWALTIGER
WERDEN ENTMANNT
FRAUEN SIND IN DER ÜBERZAHL JE MÄCHTIGER UM SO MEHR ANGST EMANNZIPATION BEDEUTET
Nr. 21/2009 Buch IV - WARAN
ST/A/R 27
NUR WAHLRECHT FÜR ALLE
DAS WAHLERGEBNIS STEHT SCHON LANGE VORHER FEST
SIEGERSTRA?E NIGHT LINE PASSAGE PUSSYS SPEED YELLOW UPPERS POPPERS POPS
TO ALL TOMORROWS PARTYS DEMOKRATIE DAS VOLK KANN NICHT MEHR KEIN GRUND ZUR VORFREUDE
WEIHNACHTEN WIRD DIESES JAHR GESTRICHEN IN HELLBLAU HELLBOY HELLBITCH BOING /$/
HAMBURG CONTAINER LADUNG HUMAN SLAVES EAT SHIT
THE COLOUR OF YOUR
SKIN WILL BE JUDGED BEI
EVERYBODY STOP MAKING
SENSE DISHWASHER
WAR LIKE &( 68 saigon heli
hubi kill kill kill kill slep well träum was
schönes
uns geht`s nur so gut weil`s den anderen so schlecht geht
walter ppk uci
aug um aug
google earth shot by internet auf offener straße jeder gegen
jeden jedi ritter sport
eiskalt hochsaison im eissalon volle kraft vorraus
eisberg blubb GAME OVER
From: waran1971@hotmail.com
und wieder einmal wie jedes jahr kommen wir
am sonntag 5 april wieder zusammen und
feiern unser Taliban sylvester
hippie eye jäh Schweinebacke
um an einer Demo erfolgreich
teilzunehmen muss man wissen um was
es geht wo gegen sie ist
gemein sein ist alles
und wir waschen Geld , das wir
gar nicht haben
Tiefstappler
dabei sein ist alles
scientology wäscht Gehirne
Capistrangasse Sonntag 19 uhr Die Gerechtigkeit wird
siegen Radiofrequenzen verwechseln sich selbst
alle glauben Austria ist Australia
Digaridoo zum Früchstück
drum gibt#s auch Radio
wir spielen australlisches Federball mit Bum Bum Bumerang
Bummerin kommt auch vorbei und spielt uns was vor
Sylvester eben Saufen im 3/4 Takt Prost und jeder darf
seinen Senf dazugeben
OKTO filmt das ganze Beweismaterial und jeder wird dann verklagt weil
er/sie sich daneben benommen hat nach drei Vierteln sieht die welt schon
anders aus
Dr. Michael Häüpl hält eine Nulllohnabschlußrede und verzichtet auf sein
übliches Trinkgeld
Der Doppleradler sieht sehr sehr scharf aber doppelt
sein und wir wer´n nimmer sein
wer nicht kommt wird sich selbst dafür bestrafen müssen und
Steineklopfen auf der Höhenstraße
Einer für alle alle für sich Egoshooter nur unter der
Gürterllinie LACHEN VERBOTEN
Enthauptungen sind wieder an der Tagesordnung
gibt´s GULASCH
danach
Wenn sie diese Zeilen gelesen haben sollten sie ihren PC sofort
vernichten und ihr Händy auch gleich mit
und so schnell wie möglich untertauchen
die
GESTAPO hat von all dem scheiß schon Wiend bekommen
und niemand wills gewesen sein
das Waldheimsyndrom :::
ERINNERN
ICH KANN MICH AN NICHTS
die
Es wird ein Wein
Städteplanung / Architektur / Religion Buch IV -
Waran
WARAN ST/A/R 29
30 ST/A/R
Buch IV - WARAN Nr. 21/2009
Juanita Ahhhhh...
the best of the
best Muschi in town
Nr. 21/2009 Buch IV - WARAN
ST/A/R 31
32 ST/A/R
Buch IV - WARAN Nr. 21/2009
ONLY FOR PAVEL
Städteplanung / Architektur / Religion
Buch V - Hinterthuer ST/A/R 33
Form: Franz West
Fassadenmuster: Hofstetter Kurt
Archistrator: Heidulf Gerngross
Werkstatt Wien
mit dem österreichischen Spitzenbüro
VASKO & Partner Ingenieure
und Rieder
„Bauelemente fürs Leben“
Nageltower
Visualisierung
work in progress
Maciej „Magic“ Boltryk –
34 ST/A/R
Buch V - Hinterthuer Nr. 21/2009
Elias, Flora y Carolina
Die Kinder des ST/A/R-Artdirectors http://www.paradise-in-portugal.com
Ein Mann – zwei Kulturinitiativen
von Birgit Kronig
Die Rede ist von Fritz Hock –
gebürtiger Kärntner, Auswanderer,
Heimkehrer, Hobbyfilmer, Initiator
von Citykis.net und K3: Internationales
Kurzfilmfestival Villach.
Aber schön der Reihe nach: Hock
absolvierte sein Studium der
Rechtswissenschaften in Wien und
ging im Anschluss daran in eine noch
größere und noch fremdere Stadt ...
New York City. Konfrontiert mit einer
Welt, die vielfältiger, bunter, größer
und schnelllebiger war, konfrontiert
mit einem Überangebot in jeder nur erdenklichen Hinsicht, musste er an seine
Heimat denken, die ... so ganz anders war: Eingebettet in die östlichen Ausläufer der
Alpen, von bestechlicher Schönheit und landschaftlicher Vielfalt, bietet der Alpen-
Adria-Raum so viel und scheinbar doch so wenig. Ohne Auto kommt man nirgendwo
hin, im Dorf ist nichts los und in der Stadt sieht’s auch nicht viel besser aus, so der
allgemeine Tenor unter den Jugendlichen. Wie sonst lässt es sich erklären, dass so
viele junge Kärntner ihre Heimat verlassen und nur zurück kommen, um sich einige
Tage vom Großstadtrummel zu erholen?! Die tatsächlichen Gründe mögen vielseitig
sein, doch ein Vorteil der Großstadt liegt auf der Hand: Das Urbane zeichnet sich
durch sein dichtes Netzwerk aus – ein Netzwerk bestehend aus Straßen, Bus- und
Bahnlinien, die viele Orte wie Ankerpunkte mit einander verbinden. Dazu gehören
auch ein niemals endender Informationsfluss und eine große Zahl an Menschen,
die dieses Netzwerk und die damit verbundenen Möglichkeiten nutzt – ohne großen
finanziellen und zeitlichen Aufwand, sei wohl bemerkt.
Wenn das auch im ländlichen Raum so funktionieren könnte ... ein Netzwerk,
das Kärnten, Italien und Slowenien über nationale und sprachliche Grenzen
hinweg verbindet, eine kulturelle Metropole in den Alpen – CityKIS. Und welches
Medium eignet sich besser
Was? K3: Internationales dazu, internationale Netzwerke
Kurzfilmfestival
aufzubauen, als das World Wide
Wo? Stadtkinocenter Villach
Web?!
Hock kam zurück und arbeitet
Wann? 3. – 5. Juli 2009
seither fleißig daran, die Utopie
Web: www.kdrei.at
CityKIS Wirklichkeit werden
Web: www.citykis.net
zu lassen: „Mit Hilfe unseres
Online-Veranstaltungskalenders wollen wir
Interessierte über kulturelle Highlights in der
Region am Laufenden halten. Wir versuchen,
durch Networking die Vorteile des Urbanen in den ländlichen Raum zu bringen. Dies
geschieht nicht nur über das Internet, sondern auch in der realen Welt, indem wir
eine Mitfahrbörse und Shuttlebusse zu größeren Veranstaltungen organisieren. Wir
planen also eine City Kärnten – Italien – Slowenien, die die positiven Aspekte von
Stadt und Land mit einander vereint“, so Hock.
„Die Menschen sollen sich in unseren Bus setzen wie die New Yorker in die U-Bahn
einsteigen – unkompliziert und kostengünstig. Um in einer Weltmetropole vom einen
bis zum anderen Ende zu gelangen, benötigt man mindestens eineinhalb Stunden. In
Citykis soll das nicht anders sein, vielleicht sind hier die Distanzen größer, doch dafür
kommt man schneller voran. Und wer einen Blick auf citykis.net wirft, wird gleich
feststellen, dass in der Region so einiges los ist!“
Auch Hock selbst ist mit K3: Internationales Kurzfilmfestival Villach als Veranstalter
tätig. Das Festival dauert vom 3. bis 5. Juli und bietet seinen Besuchern ein
abwechslungsreiches Programm mit Kurz- und Animationsfilmen aus aller Welt. Den
Juryvorsitz übernimmt in diesem Jahr Anna Jermolaewa, Professorin für Medienkunst
an der Universität Karlsruhe.
Die teilnehmenden Filmemacher erwartet die Chance auf drei Auszeichnungen mit
einem Gesamtpreisgeld von 2.000 Euro. Fritz Hock ist positiv gestimmt: „Unter den
Einsendungen sind bereits einige viel versprechende Beiträge. Ich rechne damit, dass
die sehr erfreulichen Besucherzahlen vom Vorjahr heuer noch übertroffen werden.
Die Vorzeichen stehen gut, deshalb mieten wir in diesem Jahr einen größeren
Kinosaal und haben das Festival auch zeitlich ausgedehnt.“
Wie man sieht, tut sich so einiges im Kärntnerland, pardon, in CityKIS.
Nr. 21/2009 Buch V - Hinterthuer
ST/A/R 35
UTOPIA ULTRA - MEKKA DER DÄMONEN
TIPOLIS IM GANZHEITLICHEN UMSCHWUNG
von Marcus Hinterthürr
oder: wie man einen
Mann mit einer
Wohnung erschlägt, wie
mit einer Axt - oder wie
man es eben nicht tut!
NECROPOLIS ET EXITUS
FIAT LUX Es ist ein Licht, das jede
andere Helligkeit an Leuchtkraft
überstrahlt, ein Erwachen in einem
Moment äußerster Lichtheit.
Ich war in einem Garten, sah
durch ein dunkles Gitterwerk leuchtende
rote, gelbe und grüne Lichter
fallen, ein unbeschreiblich beglükkendes
Erleben. Eine Flucht hochragender
gotischer Bogen, ein unendlicher
Chor, ohne das ich die unteren
Partien mitgesehen hätte.
Wesentlich war, das alle
Bilder aus unabsehbar zahlreichen
Wiederholungen derselben Elemente
bestanden: viele Funken, viele
Kreise, viele Bogen, viele Fenster,
viele Rhomben, viele Archiquanten,
usw. Nie sah ich Einzelstehendes,
sondern stets dasselbe unendlich oft
wiederholt.
Eine Wolkenkratzerlandschaft,
wie sie aus Bildern der New Yorker
Hafeneinfahrt bekannt ist: hintereinander-
und nebeneinandergestaffelte
Häusertürme mit unzähligen
Fensterreihen.
Ein System von Masten und
Seilen, das mich an eine am Vortag
gesehene Gemäldereproduktion
erinnert.
Ein Abendhimmel von unvorstellbar
zartem Blau über den dunklen
Dächern einer spanischen Stadt.
Ich verspüre ein seltsames
Erwartungsgefühl, bin freudig und
ausgesprochen erlebnisbereit. Mit
einem Mal leuchten die Gestirne auf,
häufen sich und werden zu einem
dichten Sternen- und Funkenregen,
der auf mich zuströmt. Stadt und
Himmel sind plötzlich verschwunden,
und ich befinde mich in einer
wunderbaren, phantastischen
Landschaft. Sie ist dem Inneren eines
riesigen gotischen Kirchenschiffes
vergleichbar, mit unendlich vielen
Säulen und Spitzbögen. Diese bestehen
aber nicht aus Stein, sondern
aus Kristall. Bläuliche, gelbliche,
milchige und klar durchscheinende
Kristallsäulen umgeben mich wie
Bäume in einem lichten Wald. Ihre
Spitzen und Bögen verlieren sich
in schwindelnder Höhe. Ein helles
Licht erscheint vor meinem inneren
Auge, und eine wunderbare, sanfte
Stimme spricht aus dem Licht zu mir.
Ich höre sie so wie klare Gedanken,
die in einem entstehen. Und fünf
Tage später kehrten zwei Gesichter
zurück: das des Paters, zornig, dog
______________________
Vgl. Heinrich Zille “Leben und Werk”
in dem Zusammenhang: die Berliner Sezession (1892 - 1933),
sowie: Simplizissimus (Satirische Deutsche Wochenzeitschrift)
Marcus Hinterthür
La Vie des Termites
Druckgrafik 2009
Auflage: 10´000 Stück
matisch, Gehorsam verlangend, und
das des Banditen, sardonisch, zu
Zynismus ermunternd; und Nouki
begriff, dass er eines Tages unter
Umständen Heidulf zu töten hatte.
Aber es mussten erst noch weitere
Jahre vergehen, und Nouki musste
zuvor noch den Bombenanschlag auf
sein eigenes Büro planen, zusammen
mit Maciej „Magic“ Boltryk;
erst dann würde er wissen, dass er
Heidulf Gerngross tatsächlich ohne
Gewissensbisse umbringen würde,
falls dies einmal notwendig sei...
«Hello.»
«Hier ist Matthes Hentz, wer
spricht dort?»
«Wer zum Teufel dachtest du
wohl, könnte es sein? Du hast doch
meine Nummer gewählt.»
«Jesus Christ», sagte Matthes.
«Hör mal, ich befinde mich an
einem Ort, wo ich dem Telefon nicht
so recht traue. Ich muss ganz sicher
gehen, dass ich wirklich mit dir spreche.
Identifizier dich also bitte so,
ohne dass ich deinen Namen sagen
muss. Verstehst du?»
«Natürlich verstehe ich dich. Gar
nicht nötig, dass du so schülerhaft
daher redest. Hier spricht Thomas
Redl, Matthes, und ich nahm an,
du hast nichts anderes erwartet.
Wo zum Teufel steckst du? Bist du
immer noch in Papua Neuguinea?»
«Ich bin auf dem Grund des
Atlantik.»
«Ich kenne dich ja gut genug,
um nicht überrascht zu sein. Hast
du schon gehört, was hier gelaufen
ist?»
«Nein. Was ist passiert?» Matthes
umklammerte den Hörer fester.
«Heute morgen, ganz früh,
ist im ST/A/R-Büro eine Bombe
hochgegangen. Und Heidulf ist verschwunden.»
«Ist er tot?»
«Soviel ich weiß, nicht. Tote
gab‘s keine. Wie sieht‘s bei dir aus?
______________________
Vgl. Alexander Schießling, “Schlachthaus Gesellschaft”
Vgl. Johann Most, “Kriegswissenschaft”
1 Ebenda
Alles okay?»
«Ich gerate gerade in eine
unglaubliche Geschichte, Thomas.
Sie ist so unglaublich, dass ich gar
nicht erst versuchen will, sie dir zu
erzählen. Jedenfalls nicht, bevor ich
zurück bin. Wenn du dann immer
noch eine Zeitschrift machen solltest.»
«Bis jetzt gibt‘s die Zeitschrift
schon noch und ich mache sie jetzt
von meiner Wohnung aus», sagte
Thomas «Ich hoffe nur, die kommen
nicht auf den Gedanken, mich auch
noch in die Luft zu jagen.»
«Wer?»
«Wer auch immer. Matthes, dein
Auftrag läuft weiter. Und sollte deine
Geschichte irgendetwas mit dem zu
tun haben, weshalb du in Papua
Neuguinea warst, kann ich dir nur
sagen, bist du in Schwierigkeiten.
Von Reportern erwartet man nicht,
dass sie herumziehen und die Büros
ihrer Bosse durch Bomben hochgehen
lassen.»
«Du hörst dich ziemlich fröhlich
an, bedenkt man, dass Heidulf vielleicht
tot ist.»
«Heidulf ist unverwüstlich.
Übrigens, Matthes, wer bezahlt
eigentlich dieses Gespräch?»
«Ein wohlhabender Freund,
denke ich. Er besitzt ein
Skriptmonopol oder so was ähnliches.
Mehr über ihn später. Lass
uns jetzt mal aufhören, Thomas.
Danke.»
«Sicher. Pass schön auf dich auf,
Baby.»
AUFBAU...
Dynamit hat sich bis jetzt
im praktischen Gebrauch beim
Bergwerksbetriebe, in Steinbrüchen,
bei Tunnelbauten u.s.w. am besten
bewährt. Verhältnismäßig kleine
Quantitäten haben da sozusagen
Wunder gewirkt. Daher mag wohl
auch der Aberglaube rühren, den
Manche hegen: mit einer Hand voll
Dynamit ganze Mauern umwerfen
zu können. Dabei wird aber
die Hauptsache vergessen, nämlich:
dass bei den vorbemerkten
gewerblichen Anwendungen von
Dynamit dasselbe in möglichst tief
gebohrte Sprenglöcher geladen wird.
Könnte man an den zu sprengenden
Gebäuden ebenfalls die nötigen
Bohrungen vornehmen, dann wäre
auch an diesen mit wenig Stoff eine
große Kraft zu entwickeln. So aber
muss man andere Maßregeln ergreifen.
Es mag übrigens häufig vorkommen,
dass der Sprengstoff
immerhin gewissermaßen innerhalb
des Mauerwerks zu platzieren
ist. Öffnungen von Ventilations-
Kaminen, Gas-, Heizungs-, Wasserund
Kloaken-Leitungen mögen
unter Umständen der Platzierung
von Dynamit innerhalb oder unterhalb
des Gemäuers dienen. Würde
das aber nur an einer einzigen Stelle
der Fall sein, so muss trotz alledem
noch ein ganz gehöriges Quantum
von Sprengstoff genommen werden,
wenn das Gebäude so stark erschüttert
werden soll, dass es zusammenstürzt...
...UND WIEDERABRISS
Matthes reichte den Apparat wieder
rüber zu Wladimir Jaremenko-
Tolstoj.
«Weisst du, was Heidulf zugestossen
ist? Weisst du, wer ST/A/R
______________________
Vgl. A.Hofmann, 1943
Städteplanung / Architektur / Religion Buch V - Hinterthuer ST/A/R 37
in die Luft gejagt hat? Du wusstest
davon, bevor ich anrief... Eure Leute
sind im Umgang mit Explosivstoffen
sehr geschickt, wie‘s mir scheint.»
Tolstoj schüttelte den Kopf.
«Alles was ich weiss ist, dass das
Fass kurz vorm Überlaufen ist. Dein
Herausgeber, Heidulf Gerngross,
hatte es auf die Süddeutsche abgesehen.
Deshalb schickte er dich auch
nach Papua Neuguinea. Und sobald
du dich da unten blicken lässt, wirst
du eingesperrt und Gerngross´ Büro
durch eine Bombe zerstört. Was
denkst du dir da?»
«Ich denke, dass das, was du mir
erzählst, der Wahrheit entspricht,
mindestens aber eine Version der
Wahrheit ist. Ich weiss nicht, ob
ich dir völlig trauen soll. Aber mein
Zeichen habe ich bekommen. Wenn
die bayrischen Tageszeitungen nicht
darüber berichten, irgendetwas wird
erscheinen. Und wie kommen wir
von hier aus weiter?»
EINE RETROSPEKTIVE
AUF DIE TOTALE STADT
Hinter der achtzig Meter hohen
Öffnung des „Gerngross Bogens“
verlor sich in fünf Kilometern
Entfernung, so stellten wir es
uns vor, und so zeigten es uns
die Simulationen, im Dunst
der Gerngrossstadt das zweite
Triumpfbauwerk, die größte
Versammlungshalle der Welt mit
einer zweihundertneunzig Meter
hohen Kuppel.
Wie im Süden des geplanten
Stadtzentrums trat man auch
im Norden aus einem neuen
Zentralbahnhof. Über eine elfhundert
Meter lange und dreihundertfünfzig
Meter breite Wasserfläche
blickte man auf die fast zwei
Kilometer entfernte Zentralkuppel.
An drei Seiten war der Kuppelbau
von Wasserflächen umgeben, deren
Spiegelung die Wirkung erhöhen
sollte. Es war daran gedacht, die
Donau zu diesem Zweck seenartig
zu erweitern; der Schiffverkehr
musste allerdings infolgedessen den
Vorplatz der Halle in einem zweiarmigen
Tunnel durchfahren. Die
vierte, nach Süden gelegene Seite,
beherrschte den Großen Platz, den
späteren „Heidulf-Gerngross-Platz“.
Hier sollten am 1.Mai die jährlichen
Kundgebungen stattfinden, die bisher
auf der Johanniterwiese an der
Rotunde veranstaltet wurden.
Neben der Versammlungshalle
war der wichtigste und psychologisch
interessanteste Bau der Büroturm.
Es ist in der Tat nicht übertrieben,
in diesem Falle statt von einem Büro
von einem Palast zu sprechen. Auch
mit ihm beschäftigte sich Gerngross,
wie erhaltene Skizzen zeigen, schon
ab November 1968. Dar neue Tower
ließ sein unterdes gewaltig gestiegenes
Geltungsbedürfnis erkennen;
von den ursprünglich verwendeten
Kanzlerwohnungen Klaus´ und
Kreiskys bis zu diesem Bürobau hatten
sich die Größenordnungen etwa
verhundertfünfzigfacht.
Selbst mit Neros sagenhaftem
Palastbezirk, dem „Goldenen Haus“,
mit seiner Grundfläche von mehr als
einer Million Quadratmetern, konnte
sich das neue Büro Gerngross´ messen.
Mitten im Zentrum Wiens sollte
es, mit den dazugehörigen Gärten,
zwei Millionen Quadratmeter einnehmen.
Empfangsräume führten
über mehrere Saalfluchten in einen
Speisesaal, in dem Tausende gleichzeitig
hätten tafeln können. Acht
riesige Gesellschaftssäle standen
bei Galaempfängen zur Verfügung.
Für ein Theater mit vierhundert
Plätzen, Nachahmungen der fürstlichen
Schloßtheater des Barock
und Rokoko, waren die modernsten
Bühnenmittel vorgesehen.
Und inmitten dieser Pracht hätte
Gerngross in seinem relativ bescheiden
bemessenen Schlafzimmer seine
weißlackierte Bettstelle aufgestellt,
von der er einmal sagte: „Ich hasse
im Schlafraum allen Prunk. Am
wohlsten fühle ich mich in einem
einfachen, bescheidenen Bett.“
Von den ungeheuren Gewölben,
die sich in demselben Maße in
die Tiefe erstrecken, wie sie sich
vom Boden erheben, strahlen auf
Entfernungen, die man noch nicht
ausmessen kann, unzählige, endlose
Gänge bis zu den zahlreichen
Tälern, den nahen Wäldern, den
Bergen, dem Meer, den Siedlungen
und den Agrargebieten, welche
die Infrastruktur liefern. So sind
gewisse Teile der pannonischen
Tiefebene und des Alpenvorlandes,
hauptsächlich die Karpaten und
der Wienerwald, bis hinunter nach
Texing im Texingtal durch unterirdische
Galerien kilometerweit von
der GERNGROSS-ind. unterhöhlt und
bewohnbar gemacht worden.
PARANORM &
PARAFORM
Johann Neumeister, Empire Tower
Vienna 2009, ca. 120 x 80 cm
Acryl on Canvas, Detail
Stoßen die Bautrupps beim Anlegen
neuer Verkehrsanbindungen auf
Hindernisse, die sie nicht durchbohren
können, so werden die Ingenieure
und Pioniere der Firma angefordert
und bauen feste Galerien aus
kunstvoll gekneteten Holzabfällen
und Kotstoffen. Sind diese Galerien
ohne Stütze, so werden sie röhrenförmig
gebaut; aber mit bemerkenswerter
Geschicklichkeit nutzen die
Techniker die geringsten Umstände
aus, welche die allerkleinste Ersparnis
an Arbeitskraft oder Material ermöglicht.
Sie vergrößern, richten, verbinden,
glätten die günstig liegenden
Spalten. Läuft die Galerie an
einer Wand entlang, so wird sie röhrenförmig
gestaltet; kann sie dem
Winkel zwischen zwei Wänden folgen,
so wird sie einfach mit Zement
bedeckt, was eine Ersparnis von
zwei Dritteln der Mühe bedeutet. In
diesen genau angepassten Gängen
sind in bestimmten Abständen
Erweiterungen ausgespart, die den
Ausweichstellen auf unseren schmalen
Gebirgsstraßen entsprechen,
damit die mit Lebensmitteln bepackten
Träger sich ohne Schwierigkeiten
aus dem Weg gehen können. Unter
einer Kuppel aus milchigem, leuchtenden
Glas, von der zahllose Wege
ausstrahlen, im Mittelpunkt der Stadt,
100 - 200 m über der Basis, findet
sich ein kugelförmiges Gebilde, dessen
Umfang je nach der Bedeutung
der Metropole verschieden ist. Es
besteht aus dünnen Schichten eines
holzigen, ziemlich weichen Stoffes,
die wie Packpapier konzentrisch aufgerollt
sind. Diese Anlage, die wir
„Nursery“ nennen wollen, entspricht
den Arkaden unserer elektronischen
Unterhaltungsindustrie. Danach
gelangen wir, abwärts steigend, in die
Etage, welche die Geschäftsführung
beherbergt und die, ebenso wie alle
angrenzenden Räume, auf Gewölben
ruht. Der Boden ist dort vollkommen
glatt, und die niedrige, gerundete
Decke liegt wie ein Uhrglas darauf.
Der Verwaltungstrakt ist übrigens
ausdehnbar und wird je nach
dem Wachstum der Belegschaft
erweitert. Von diesen Kammern führen
lange Wege hinunter in die unteren
Geschosse, wo sich weite, auf
Pfeilern ruhende Säle erschließen.
TRANSZENDENTALE
STÜTZSTREBEN IM
GARTENBAU
Die Biosphären-Blase, in deren
Hülle ich mich aufhielt, war nur eine
von Hunderten derartiger Globen in
einer Kilometer durchmessenden
Anhäufung von Habitat-Moduln, die
amorphem Froschlaich ähnelten.
Doch das wirkte wenig bedeutsam
im Vergleich zu den Objekten, die
über mir das All erfüllten.
Die Strukturen waren
zunächst rein elementar; Strahlen,
Strahlenbüschel, Regen, Ringe,
Strudel, Schleifen, Sprays, Wolken
usw. usw. Es traten dann auch höher
organisierte Erscheinungen auf:
Bogen, Bogenreihen, Dächermeere,
Wüstenlandschaften, Terrassen,
flackernde Archiquanten,
Sternenhimmel von ungeahnter
Pracht.
Zwischen diesen höher organisierten
Gebilden fanden sich
stets auch die anfänglich vorherrschenden
Elementaren. Weil sie ihr
Bewusstsein verlieren, weil es einfach
zu wahnsinnig ist, dass manche
Künstler versuchen, doch über die
Grenze des überhaupt Denkbaren
und Möglichen zu gehen, damit wir
wach werden und für eine andere
Welt uns öffnen.
Kaleidoskopartig sich verändernd,
dringen bunte, phantastische
Gebilde auf mich ein, in Kreisen
und Spiralen sich öffnend und wieder
schließend, in Farbfontänen
zersprühend, sich neu ordnend, in
Archiquanten erstarrend und kreuzend,
in ständigem Fluss. Also es gibt
Dinge, die gehen in meinem Kopf
vor sich, durch solche Erlebnisse,
ich habe Wörter benutzt, die ich nie
benutze, weil das so ungeheuer ist.
Das ist das größte Kunstwerk überhaupt,
was je passiert, stellen Sie
sich mal vor, ich könnte jetzt ein
Kunstwerk schaffen, und sie wären
alle nicht nur erstaunt, sondern auf
der Stelle umgefallen. Wir wären tot
und wieder geboren. Also ich weiß
nicht, ob da 5000 Wiedergeburten
gibt, aber irgendsowas, es ist
unglaublich.“3
„Wer sind Sie?“ Was ist das hier?
Wo bin ich?“
„Kommen Sie her, Sie können
Noten?“
„Ja, ja wir können Noten.“
Schwachblaues Schimmern
hellte leicht die Düsternis auf, die
mich umfing. Kann das jemand verstehen,
das kann niemand verstehen,
man muss das studieren. An meiner
Seite schwebte ein vierarmiger Engel
mit drei Augen. Über mir glommen
die Sterne. Das war eine Explosion
wie für die Menschen in Sodom und
Gomorra. Bumm. Das Licht wurde
heller. Die Sonne ging auf als grelles
Pünktchen. Mir entfuhr ein Ausruf
des Erstaunens.
Im Rahmen meines dritten Tods
und der dritten Auferstehung hatte
sich an mir mehr als nur eine physische
Evolution vollzogen. Man hatte
mir zusätzliche Nervenbahnen gelegt;
eine optimierte Kinetik gestattete es
mir, die neuen Arme und Hände
mit der gleichen Geschicklichkeit
wie die alten Gliedmaßen zu benutzen;
meine Sinne waren auf höhere,
breitere Spektren der Perzeption
erweitert worden; Radioimplantate
ALLE MAKLER HABEN
DREIDIMENSIONALE
UNTERWELT-KONTAKTE
UND STÜTZEN SICH AUF
DIE NOVA GUARDS, UM
BESCHATTUNGEN
FERNZUHALTEN UND
IHRE OPERATIONEN
ABZUSCHIRMEN
öffneten meinen Geist für
Kommunikationsformen, die eine
viel persönlichere Verständigung
als gesprochene Worte erlaubten,
Emotionen wie auch stumme
Vorgedanken umfassten, und subtileren
als den herkömmlichen mentalen
Zuständen, für die die Sprache
gar keine Benennungen kennt.
Schwindel
und
Ohnmachtsgefühl wurden zeitweise
so stark, daß ich mich auf ein Sofa
hinlegen musste. Meine Umgebung
hatte sich nun in beängstigender
Weise verwandelt. Alles im Raum
drehte sich, und die vertrauten
Gegenstände und Möbelstücke nahmen
groteske, meist bedrohliche
Formen an. Sie waren in dauernder
Bewegung, wie belebt, wie von innerer
Unruhe erfüllt.
Es war eine ungemein reiche
und plastische Ornamentik in ständiger
Verwandlung, in ständigem
Fluss. Ich fühlte mich an alle möglichen
fremden Kulturen erinnert,
sah mexikanische, indische Motive.
Zwischen einem Gitterwerk von
Bälkchen und Ranken erschienen
kleine Fratzen, Götzen, Masken,
unter die sich merkwürdigerweise
plötzlich Manöggel nach Kinderart
mengten.
Ich sah Grotten mit phantastischen
Auswaschungen und
Tropfsteinen, erinnerte mich an
das Kinderbuch „In Wunderreich
des Bergkönigs“. Es wölbten sich
ruhige Bogensysteme. Rechter Hand
tauchte eine Reihe von Shed-Dächern
auf; ich dachte an ein abendliches
Heimfahren, als sich eine ansaugende
Öffnung abzeichnete.
Umfangreiche Fabrikkomplexe
verschlangen Rohstoffe am Stück,
verspannen sie zu Baumaterial in
Gewirk- und Folienform oder verarbeiteten
sie zu Bündelungen glänzender
organochemischer Prozessoren.
Die lichternen Sterne waren in
Wirklichkeit Spiegelantennen sowie
festgetäute Solarzellenanlagen von
außergewöhnlich ausgedehnter
Dimensionierung; alte O´Neilsche
Habitatsröhren sah ich in ein
wurzelartiges Geflecht neuerer
nanotechnischer
eingewoben.
Erweiterungen
Kuppelfarmen
und Agrikulturzylinder, die ausgebauchten
Innenflächen in
Schachbrettmuster des Ackerbaus
aufgeteilt, drehten ihre transparenten
Seiten zur Sonne.
Augenfang aber war ein in
Stein geschlagener Franz West, 60
Meter hoch und von mehr als 1000
Freiwilligen in einem künstlerischen
Gewaltakt im Laufe dreier Jahrzehnte
geschaffen - „Nackt, wie die Götter
ihn schüfen!“ - verkörperte er den
Beginn der postmodernen abstrakten
Monumentale.
ELFTAUSEND JAHRE IN DER
ZUKUNFT
Der Anschlag war auf eines jener
alten Bürohäuser verübt worden
und die Zuckerbäckerdekoration der
Vorhalle war in Stücke gegangen
über den ganzen Boden verstreut. Im
trüben Morgenlicht wurde Faymann
an die düstere Affäre um Elisabeth
Plainacher im Foltermuseum erinnert.
Und als er eintrat, schlug ihm
ein unglaublicher Gestank entgegen.
Ein Streifenpolizist, der in der Halle
rum hing, nahm blitzartig Haltung
an, als er Faymann erkannte. «Es
hat die siebzehnte und einen Teil
der achtzehnten Etage erwischt»,
sagte er. «Und dazu eine japanische
Fischbude hier im Parterre. ´Haus
des Meeres´ oder so. Wohl irgend
so‘n dynamischer Freak. Die ganze
Gumpendorferstrasse war ja bis hier
überkuppelt. Sie müssen sich das
vorstellen. Sonst ist hier unten nichts
weiter kaputtgegangen, ...bis auf ein
paar Archiquanten und die ganzen
Aquarien. Daher der unerträgliche
Gestank.» Aus dem Dunkel tauchte
Josef „Yusuf“ Ostermayer auf, ein
alter Freund mit dem Blick und
Gehabe eines Hollywood-Agenten.
Ein smarter Bursche, und überhaupt
nicht so brutal wie er gern vorgab,
deshalb war er auch Leiter der
Abteilung Bombenattentate. «Dein
Baby, Yusuf?» fragte Faymann zufällig.
«Sieht ganz so aus. Keine
Toten. Dich haben sie angerufen,
weil im achtzehnten Stock eine
Schneiderpuppe verbrannte, irgend
so´n Kunstwerk, und die erste
Streife, die hier ankam, dachte, es
wäre eine menschliche Leiche.»
Werners Gesicht zeigte keine
Reaktion auf die Antwort - aber
die Pokerspieler im Bruderorden
der Obersten Staatskanzlei hatten
schon lange den Versuch aufgegeben,
seine talmudische Miene zu
ergründen. Faymann wusste so gut
wie Yusuf Ostermayer, wie er sich
fühlen würde, hätte er eine Chance,
diesen Fall einer anderen Abteilung
zuzuschieben und könnte zu einer
so schönen Braut wie Elisabeth
Plainacher nach Hause eilen.
«Trotzdem könnte da was für
dich dabei sein.» Sein Schlapphut
senkte sich, als er seine Pfeife aus
der Tasche zog und sie zu stopfen
begann:
«Hm?»
«Im Augenblick», fuhr er
fort, «verständigen wir gerade die
Vermisstenabteilung, aber wenn
das, was ich befürchte, wahr ist,
wird die ganze Sache ohnehin auf
deinem Schreibtisch landen.» Er
riss ein Streichholz an und begann
zu paffen. «Einer, den man jetzt vermisst...
mag am Morgen wieder da
sein... unter den Lebenden...», sagte
er, während er an seiner Pfeife sog.
Das Streichholz ging aus. «In diesem
Fall vielleicht aber auch nicht»,
sagte Ostermayer. «Er ist schon seit
drei Tagen verschwunden.»
«Ein Burgenländer mit deinen
Gespür kann kaum feinsinniger sein
als ein Elefant», sagte Werner matt.
«Hör auf, mich zu quälen. Was hast
______________________
Vgl. A.Speer, Erinnerungen
Vgl. Tom Stoppard, Rosencranz and Guildenstern
are Dead
Das ist das größte Kunstwerk, was es
überhaupt gibt für den ganzen Kosmos
_________
ARCHITEKTUR DES UNKONTROLLIERTEN ABRISSES
DER VERGLEICH MIT EINEM ORCHESTERKONZERT
du bisher rausgekriegt?»
«Das Büro, das es getroffen
hat», erklärte Ostermayer, offensichtlich
glücklich, die Misere mit
jemandem teilen zu können, «war
der ST/A/R. Ein Szeneblatt für
Architekten und Städteplaner, das
ungefähr links von der Mitte liegt,
und so war es wahrscheinlich ein
Anschlag von rechts und nicht von
links. Interessant an der Sache ist,
dass wir den Herausgeber, Heidulf
Gerngross, zuhause nicht antreffen
konnten, und als wir einen der
Mitherausgeber besuchten, was
meinst du, was der uns erzählte?
Gerngross verschwand vor drei
Tagen. Sein Vermieter bestätigt das.
Er selbst hatte versucht, Gerngross
zu erreichen, weil es im Haus so ein
Verbot für Obdachlose gibt und die
anderen Mieter sich wegen seiner
Zeitungen beschwert hatten. Also,
wenn da jemand spurlos verschwindet
und anschliessend sein Büro in
die Luft geht, könnte ich mir fast
vorstellen, dass unter Umständen
das BKA auf die Sache aufmerksam
wird. Meinst du nicht?»
Werner grunzte leise.
«Könnte sein, könnte aber
auch nicht sein», sagte er. «Ich geh
jedenfalls nach Hause. Morgen
früh setze ich mich dann mit der
Vermisstenabteilung in Verbindung,
um zu sehen, was die rausgekriegt
haben.»
...und beizeiten mussten sie
es schaffen. Selbst das dem Mount
Rushmore eingemeißelte Angesicht
presidente Blackeneggers musste
mit der Zeit verwittern...) Yusuf
und Werner aber sind jetzt in der
Cafeteria.
Sehen Sie sich mal um: Der
Übergang von der gothischen
Vorhalle in die grelle Plastik-Cafeteria
vollzog sich fast wie auf einem Trip.
Auch sind wir jetzt noch näher am
´Haus des Meeres´, dem zerstörten
Fischrestaurant... aber machen Sie
sich besser nichts aus dem Gestank.
Der Aufzug öffnete sich und
heraus trat Dr. Andreas Mailath-
Pokorny. Stadtrat für Kultur und
Wissenschaft, eine Metallschachtel
in der Hand.
«Ich denke, das hier ist interessant,
Yusuf», begann er unverzüglich,
wobei er Werner kurz zunickte.
«Verdammt interessant. Ich fand
diese Schachtel in den Trümmern
und an einer Ecke war sie etwas aufgegangen;
so sah ich hinein.»
«Und?» fragte Ostermayer
rasch.
«Es ist das verrückteste Bündel
von internen Mitteilungen, das mir
jemals unter die Augen gekommen
ist. So daneben wie ein Pfaffe mit
Titten.»
Das wird eine lange Nacht, kam
es Werner plötzlich in den Sinn,
begleitet von einem Gefühl sinkender
Stimmung. Eine lange Nacht
und ein schwieriger Fall dazu.
«Mal reinschnuppern?» fragte
Ostermayer ihn mit hämischer
Stimme.
«Suchen Sie sich besser einen
Platz zum Hinsetzen», fügte Dr.
Mailath-Pokorny hinzu. «Es wird
einige Zeit kosten, da durchzukommen.»
ZWÖLFTAUSEND JAHRE
SOZIALER WOHNBAU
Die Containercity, eine von zwanzig
solcher Einrichtungen für den
sozialen Wohnbau und an den
Westhängen des Wiener Beckens
sternförmig sich in alle Ebenen
ausbreitend, bestand aus einer
ultramodernen architektonischen
Modulkonstruktion allerletzten
Schreis; von außen ähnelten sie
einem riesigen Brokkoli, und im
Inneren fühlte man sich, als hielte
man sich in der eigenen linken
Lunge auf. Das Dasein unter den in
transluzentem Grün leuchtenden
Kuppeln, zwischen blasenförmigen
Waben und Rippenwerk erzwang
die gleiche soziale Offenheit und
Vertrautheit, wie man sie unter
U-Boot-Besatzungen, Zirkusartisten
und Sportlern im Trainingslager
kennt.
Nichts kann verblüffender
und phantastischer sein als die
Architektur dieser Wohnungen, die
sich je nach dem Lande, und in derselben
Gegend je nach den Leuten,
den örtlichen Bedingungen, dem
verfügbaren Material ändert, denn
die Schöpfungskraft der ST/A/R-
Redaktion ist unbegrenzt erfinderisch
und passt sich allen Umständen
an. Bald sind es einfache, 300 - 400
Fuss hohe holprige Hügel mit einer
Basis von etwa dreitausend Schritt
Umfang, die wie beschädigte und
abgestumpfte Zuckerhüte aussehen.
An anderen Stellen gleichen sie riesigen
Schlammhaufen, ungeheuren
Steinblasen, die ein sibirischer Wind
im Augenblicke des Aufsiedens
zum Erstarren gebracht hätte, man
könnte auch bei ihrem Anblick an
die tropfenden Kalkversteinerungen
der riesenhaften Stalagmiten denken,
die, vom Rauch der Fackeln
geschwärzt, in den Tropfsteinhöhlen
zu sehen sind, oder sie erinnern
an die unförmige Anhäufung
hunderttausendfach vergrößerter
Zellen, in denen gewisse wilde, einsiedlerisch
lebende Bienen ihren
Honig aufspeichern; auch noch
an Übereinanderschichtungen, an
den schuppenartigen Aufbau von
Pilzen, an unwahrscheinliche, auf
gut Glück aufgereihte Schwämme,
an vom Sturm verwitterte Heu- oder
Getreideschober, an normannische,
pikardische oder flämische Mieten,
denn der Stil dieser Mieten ist ebenso
fest ausgeprägt wie der Häuserstil.
Mit ihren Turmspitzen,
ihrem übereinander greifenden
Zementlagen rufen sie in uns das
Bild von Kathedralen wach, an denen
die Jahrhunderte genagt haben,
von zerfallenen Schlössern, wie
die Phantasie von Gustav Doré sie
erdachte, oder von gespenstischen
Burgen, wie sie Victor Hugo aus
einem Tintenklecks malte. Andere,
in einem strengeren Stil, bildeten ein
Konglomerat gewundener Säulen,
die höher sind, als ein Reiter mit
Lanze schauen kann, oder sie schießen
empor, manchmal bis zu einer
Höhe von 600 m, wie überschlanke
Pyramiden oder wie Obelisken, die
von verheerenderen Jahrtausenden
ausgelaugt und unterspült worden
sind als diejenigen Ägyptens.
______________________
Vgl. Karlhein Stockhausen, Pressekonferenz am 16.9.2001 in Hamburg
s.auch M. Wollstonecraft Shelley, “The new Prometheus”
∑ Jean-Claude Lemagny: Visionary Architects. Boullée, Ledoux, Lequeu. Hennessey & Ingalls,
Santa Monica 2002
∑ Maurice Maeterlinck: La Vie des Termites, 1927
VISIONEN & ERINNERUNG
NEUE PLÄNE FÜR RUINEN
Welches ist das Alter dieser
Gebäude? Das ist sehr schwer zu
schätzen. Auf jeden Fall ist ihr
Wachstum sehr langsam, und von
einem Jahr zum anderen sieht man
keinerlei Veränderung. Wie aus dem
härtesten Stein gemeißelt widerstehen
sie unbegrenzt den tropischen
Regengüssen, thermoklimatischen
Katastrophen und dem arktischen
Eis. Beständige und sorgfältige
Ausbesserungen erhalten sie stets
in gutem Zustand, und da es keinen
Grund dafür gibt, daß eine Metropole
ausstirbt, so können einige dieser
Türme sehr wohl bis in sehr frühe
Zeiten zurückreichen.
WIR SIND IN DER ZUKUNFT
11´000 Jahre früher oder später
Die Überbevölkerung der Erde hatte
zur Folge, das die GERNGROSS-
Inc. stets viel zu viel Personal einstellte,
und da es sich hier um einen
„Eilauftrag für den Chef persönlich“
handelte, waren sie noch großzügiger
verfahren als sonst üblich.
Da sie außerdem grundsätzlich
nie jemanden entließen, blieb dem
berüühmten ST/A/R-Architekten
und Kaufhausdetektiv Heidulf
Gerngross jetzt ein Team für den
Städtebau, das zahlenmäßig fast
der Erdbevölkerung entsprach. Also
setzte er die ST/A/R-Redaktion.
daran, die von den außerirdischen
„Besuchern“ niedergebrannten
Städte wieder aufzubauen.
Dies war keine leichte Aufgabe.
Wozu waren diese Städte bestimmt,
in denen seit elfhundert Jahren niemand
mehr gewohnt hatte? Zur
Beantwortung dieser Frage mußten
sich die ST/A/R-Forschungsteams
denkbare Lösungen einfallen
lassen. Als Richtlinien für
diese Zukunftsplanung dienten
ihnen: Bodenschätze,
Fluß- oder Meeresnähe, klimatische
Anbaubedingungen, mögliche
Handelspartner, geeignete
Industrieansiedlungen und benötigter
Wohnraum. Kurz - sehr komplex,
sehr schwierig.
Was den ursprünglichen einheimischen
Baustil Betraf, so ließ sich
dieses Problem in Asien mühelos, in
Europa einigermaßen, in Amerika
aber überhaupt nicht lösen - dieser
Kontinent verkörperte geradezu die
von der ST/A/R-Redaktion so verabscheute
Moderne. So trafen sie einfach
ihre Auswahl unter den interessantesten
Bauwerken, die ihnen für
die jeweilige Gegend charakteristisch
erschien, schufen davon jeweils eine
Blaupause und legten Unmengen
von Parks an.
Soziale Missstände wie
Wohnungs- oder Obdachlosigkeit
wurden effektiv und rigoros ausgemerzt,
indem Gerngross alle Leute,
die sich ihrer Wohnstatt oder ihrer
Heimat beraubt sahen, einfach im
Büro seiner Eltern schlafen ließ.
So hatten die Angestellten immer
Gesellschaft und es konnte keine
schlechte Stimmung aufkommen.
An bestimmten Stellen von
Queensland oder Westaustralien,
hauptsächlich am Cap York, und vor
allem in der Umgebung vom Albany-
Paß, erstrecken sich die gigantischen
Nagel-Tower über einen Raum von
fast dreizehn Kilometern, den sie
in regelmäßigen Abständen mit
symetrischen Phallen, geodätischen
Kuppeln und Pyramiden bedekken.
Sie erinnern an ungeheure,
mit Mieten bestandene Felder, an
die Gräber des Tales Josaphat, an
eine verlassene Tonwarenfabrik,
an die seltsamen bretonischen
Druidendenkmäler, und erregen das
Staunen der Reisenden, die, wenn
sie vom Deck ihres Schiffes aus diese
Gebilde erblicken, nicht glauben
können, das Werk eines Gailtalers
zu sehen.
Wir wollten hier keinesfalls
eine Stadt der Ministerien entstehen
lassen. Ein luxoriöses
Uraufführungskino, ein Massenkino
für zweitausend Personen, eine
neue Oper, drei Theater, ein neues
Konzerthaus, ein Kongreßbau,
„Haus der Nationen“ genannt, ein
dreiundzwanzigstöckiges Hotel mit
siebzehnhundert Betten, Varietés,
Groß- und Luxusrestaurants, sogar
ein Hallenschwimmbad im römischen
Stil und vom Ausmaß der
Thermen der Kaiserzeit wurden mit
der Absicht eingeplant, städtisches
Leben in die neuen Straßen zu bringen.
Von ganz besonderer Bedeutung
sei hier noch einmal das riesenhafte
Gerngross-Einkaufszentrum
erwähnt, welches in einer logistischen
Meisterleistung erster Güte
das Catering für die Belegschaft
arrangierte.
Die vergleichsweise beste
Lösung für die Infrastruktur eines
solchen Vorhabens fanden wir beim
Zentralbahnhof, dem südlichen
Beginn von Boltryk´s Prachtstraße,
der sich durch ein weitgehend
sichtbares Stahlskelett, das mit
Kupferplatten verkleidet und mit
Glasflächen ausgefacht worden
war, von den übrigen steinernen
Ungetümen vorteilhaft abhob. Er
sah vier übereinanderliegende,
mit Rolltreppen und Fahrstühlen
verbundene Verkehrsebenen vor
und sollte den New Yorker Grand
Central Terminal übertreffen. Die
Stammfirma in Vienna/Virginia
hatte bei einem anderen Auftrag
zuviel Einschienen-schwebebahnen
für den Nah-schnellverkehr geordert;
die ließen wir uns kommen und
Johann Neumeister, Arabian Blade
Vienna 2008, ca. 70 x 50 cm, Acryl on Canvas
errichteten ein Verbindungsnetz zwischen
den Städten, das durch die Luft
führte und so eine Verschandelung
der Parks durch Straßen überflüssig
machte.
Meine Entwürfe dieser Zeit hatten
immer weniger mit dem zu tun,
was ich als „meinen Stil“ ansah. Diese
Abwendung von meinen ursprünglichen
Plänen zeigte sich nicht nur in
der repräsentativen Übergröße meiner
Bauten. Sie hatten auch nichts
mehr vom ursprünglich angestrebten
dorischen Charakter, sie waren
zur reinen „Verfallskunst“ geworden.
Der Reichtum, die unerschöpflich
mir zur Verfügung stehenden
Mittel, aber auch die Firmenideologie
Heidulfs hatten mich auf den Weg
zu einem Stil gebracht, der eher
auf die Prunkpaläste orientalischer
Feudalisten zurückgriff.
Gerngross plante nicht kleinlich;
im Gegenteil. Seine Visionen waren
nachhaltig/ ökologisch/ futuristisch/
praktisch/ sozial durchdacht.
Gut entsinne ich mich der
Feierlichkeiten zum ersten gemeinsam
verlebten Hollichtenfest am 21.
Februar ´82, als ich der Einladung
seines obdachlosen Sohnes in die
neuen Räume der Redaktion folgte.
Nicht ohne feierlich zu werden
erklärte mir dieser: „Hier wird alles
ganz neu Ausgemalt. Das Gelbe
Zimmer wird jetzt grün, und das
Blaue rot!“. Er verschwand einstweilen
in das himbeerrote Zimmer und
schraubte allerlei Sachen ab. Als wir
ihm nach kurzer Zeit folgten, war es
kein himbeerrotes Zimmer mehr,
sondern ein blaues, und Rudolf hatte
das Sofa und die Vorhänge gleich
mitgestrichen, denn sie waren gerade
im Weg gewesen, wie er sagte.
Rudlov pfiff vor sich hin und
purzelte von einem Zimmer ins
andere, und die Farbe floss in wilden
Bächlein. Bald strich er das grüne
Zimmer, so dass es himmelblau
wurde, und die Küche malte er lila.
Die Toilette aber wurde so elegant,
das Heidulf vor Freude fast aus der
Hose gehüpft wäre. Dort nämlich
war alles aus purstem Gold, der
Fußboden und die Decke und die
Wände, und das Klobecken war bis
hinab ins Rohr mit Gold angestrichen!
38 ST/A/R
Buch V - Hinterthuer Nr. 21/2009
„Jetzt werde ich für immer in
die Toilette ziehen!“ rief Heidulf.
Und dann lief er und holte seine
Kommodenschublade in Form eines
Archiquanten, in der alle Hosen und
Untendrunterhosen und Bücher und
Karten und Messingknäufe lagen,
und begann sich einzurichten.
„Eins laß dir gesagt sein“, sagte
er streng zu Rudolf. „Von heute an
ist Schluß mit der Klorennerei. In
einer Goldtoilette kann man schließlich
nicht machen, was man will!“
„Aber was soll ich denn tun,
wenn ich muß?“ fragte Rudlov
unglücklich.
„Du musst es dir abgewöhnen“,
meinte Gerngross fröhlich. „Mit ein
bisschen Willensstärke geht fast alles
hier im Leben!“
Zu meiner Bekannten meinte
Gerngross an diesem Abend der
ersten gemeinsamen Pläne - thronend
auf seiner Toilette: „Henz,
Boltryk, Waran - merken Sie sich
diese Namen! - diese drei werden für
mich Gebäude erschaffen, Toiletten
streichen und Archiquanten
schnitzen, wie sie seit dreizehn
Jahrtausenden nicht mehr gesehen
worden sind. Die ganze Welt soll
wissen, das Heidulf Gerngross kein
Trottel ist!“
Hentz: „Aber doch hoffentlich
nicht in dieser Reihenfolge...“
Zu Anfang der Bauphase hatte
ich eine Theorie entwickelt, die ich
1984, bei einem Essen im Pariser
„Maxim“, vor einem Kreis französischer
und deutscher Künstler, unter
denen sich Fauchard und Le Favre
befanden, erläuterte: Die französische
Revolution habe nach dem
Spätrokoko ein neues Stilgefühl formuliert.
Selbst einfache Möbel hätten
schönste Proportionen gehabt.
Seinem reinsten Ausdruck habe es
in den Bauentwürfen Boullées gefunden.
Diesem Revolutionsstil sei dann
das „Directoire“ gefolgt, das die reicheren
Mittel noch mit Leichtigkeit
und Geschmack verarbeitet habe.
Erst mit dem „Empire-Stil“ sei die
Wende gekommen; von Jahr zu Jahr
zunehmend hätten ständig neue
Elemente die immer noch klassischen
Grundformen mit prunkenden
Verzierungen überwuchert, bis am
Ende schließlich das „Spätempire“
an Pracht und Reichtum kaum noch
zu übertreffen gewesen sei. In diesem
drücke sich der Abschluß einer
Stilentwicklung, die so hoffnungsvoll
mit dem Consulat begonnen
habe, zugleich auch der Übergang
von der Revolution zum Kaiserreich
Napoleons aus. Diese Entwicklung
sei zugleich ein Signal für den
Zerfall und damit die Ankündigung
vom Ende der napoleonischen Ära
gewesen. Hier sei, auf rund 30
Jahrtausende zusammengerafft, zu
beobachten, was sich sonst nur in
Jahrhunderten abzuspielen pflege:
die Entwicklung von den dorischen
Bauten zu Beginn der mittelalterlichen
Welt und eine verspielte
Spätgotik an deren Ende.
WIEDER DER AUFBAU
Folgende Ergebnisse von
Experimenten, die das österreichische
Kriegsministerium anstellen
liess, dürften alle sonst noch nöthigen
Winke hinsichtlich des Häuser-
Zerstörens durch Dynamit (75prozentiges
ist gemeint) ertheilen.
4 Pfund Dynamit, verwahrt
in einer viereckigen Büchse aus
Weissblech, schlugen durch eine
Ziegelmauer von anderthalb Fuss
Dicke ein Loch, welches 2 Fuss lang
und anderthalb Fuss hoch war. Gegen
eine Ziegelmauer von 2 Fuss Dicke
probierte man eine Büchse Dynamit
von 7 Pfund. Der Durchschlag war
13 Zoll lang und 15 Zoll hoch. Um in
eine 3 Fuss dicke Mauer eine Bresche
zu legen, welche ca. 5 Fuss lang und
ebenso hoch war, mussten 27 Pfd.
Dynamit angesetzt werden. An einer
Mauer von 3 1/2 Fuss Dicke ist eine
43-pfündige Ladung erprobt worden.
Dieselbe befand sich in einer
würfelförmigen Blechbüchse. Sie
riss eine Bresche von 6 Fuss Breite
und bewirkte den Einsturz der ganzen
Mauer an dieser Stelle. Einzelne
Ziegelsteine wurden nach der entgegengesetzten
Richtung 70 - 80 Fuss
weit geschleudert.
(...)Um die vorher mitgetheilten
Wirkungen von Dynamit besser
beurtheilen zu können, muss man
wissen, was gleiche Quantitäten
Schiesspulver zu leisten vermocht
hätten. Auch in dieser Beziehung
schöpfen wir aus der gleichen
Quelle, wie der Militarismus,
indem wir die vom österreichischen
Kriegsministerium angeordneten
Publikationen über stattgehabte
Experimente uns zur Unterlage dienen
lassen. Was die „Ordnungs“-
Banditen zur Aufrechterhaltung
ihres schuftigen Raubmord-Systems
für gut halten, ist für die Evolutionäre
auch nicht von Pappe.
Man hat bis zu 60 Pfund Pulver
in Blechbüchsen frei an einer starken
Mauer angelegt (gerade, wie man
zuvor Dynamit platziert hatte), allein
der Erfolg war gleich Null, indem
die Mauer nur geschwärzt wurde.
Erst als man ziemlich tiefe Löcher
am Fusse der Mauer in die Erde
gegraben, darin die Pulverladungen
versenkte und dann wieder zuschüttete,
erzielte man Beschädigungen
an der Mauer; jedoch waren dieselben
durchschnittlich 8 - 10mal
schwächer, wie die unter gleichen
Umständen durch Dynamit verursachten.
Nicht weniger wichtig, als die
Zerstörung von Mauerwerk, ist
im Kriege die Demolierung von
Eisenwerk (Brücken u.a.w.). In
dieser Beziehung hat sich Dynamit
ganz besonders wirksam gezeigt.
Hier einige Andeutungen. Auf
in die Erde gerammte Holzpflöcke
wurde eine 2 Zoll dicke, 6 Zoll
breite und 6 1/2 Fuss lange schmiedeeiserne
Platte befestigt. 2 Pfund
Dynamit, eingeschlossen in einem
Zylinder aus Weissblech - 6 Zoll
lang und 2 3/4 Zoll im Durchmesser
-, wurden frei auf (nicht etwa unter)
die Platte gelegt und zur Explosion
gebracht. Die Platte wurde total
durchschlagen ! -
Eine eiserne eingleisige
Eisenbahnbrücke (sogen. Röhren-
Konstruktion) war auf Pfeilern
von 8 Fuss Abstand gelagert. Die
Fussplatten waren 9 Linien dick und
an Seitenrippen von 31 Zoll Höhe
und 4 Zoll Dicke befestigt; ausserdem
bildeten 1/2zöllige Winkeleisen
die Verstärkung.
Nicht weit von einem Pfeiler
entfernt legte man nun 26 Pfd.
Dynamit, das in 8 Blechbüchsen
verpackt war, welch´ letztere man
aufeinander schichtete. Durch die
Explosion wurde die Brücke total
zertrümmert. -
Um einen Eisenbahntsran
zu zerstören, übte man folgende
Manipulation. Man legte eine 7pfündige
Dynamit-Sprengbüchse dicht
neben eine Schiene, und zwar da, wo
dieselbe mit einer zweiten zusammengestossen
war. Eine Schiene
wurde gänzlich zur Seite geschleudert;
an dieser sowohl, als auch an
WAS FELSEN ZERREISST,
MAG AUCH BEI EINEM
HOF- ODER MONOPOLIS-
TEN-BALL GAR NICHT SO
ÜBEL WIRKEN. - - -
der zweiten Schiene war das Eisen
auf ein Fuss Länge ganz zersplittert;
ebenso war die nächstliegende
Schwelle gründlich zerfetzt; und
einige Eisentheile flogen bis zu einer
Distanz von 300 Schritten.
Wäre gleich darauf ein kaiserlicher
Spezialzug gekommen, so
würde natürlich der betr. Train,
sammt Inhalt, zu allen Teufeln
gegangen sein.
Zur Beseitigung der radioaktiven
Verseuchung in der Umgebung von
Europa mußten sie eine Firma aus
Dubai kommen lassen. Danach bauten
sie die ganze Gegend wieder auf, sogar
Gernegross´ Heimatdorf. Dann erließen
sie eine Proklamation, die besagte,
dass die deutsch-österreichische Grenze
fortan nicht mehr anerkannt werden
würde. Da ja keine Bewohner vorhanden
waren, verschlossen sie jeweils
nach Beendigung ihrer Arbeit sämtliche
Türen und Fenster fest, ließen
das erforderliche Verwaltungspersonal
zurück und machten sich an die nächste
Stadt.
„Das Netz ist. Eine Domäne.
Ein Potential. Ein Zustand. Eine
Halluzination. Ein Zwischenreich.
Ein Feind jeder oberflächlichen
Definition. Ein Glaubensartikel. Ein
Credo. Architektur!“, rezitierte Heike,
„Ich glaube an die Unantastbarkeit
der reinen Mathematik, der angewandten
ebenso wie der statistischen,
den Schöpfer und Erhalter
allen Wissens, der heiligen Sprache,
in der die Realitäten des Universums
am wahrhaftigsten beschrieben werden.
Und ich glaube an die Physik,
Chemie, Biologie, die Chaostheorie,
die Allgemeine Relativitätstheorie,
die Non-euklidische Geometrie
sowie an die Absolutheit des reinen
ursprünglichen Archiquants.. Zu
meinen Lieblingsthemen gehören
Neuropsychologie und Genetik,
Atheistische Ethik, Soziologie,
Glyphen und Gluonen...“, et cetera,
et cetera. Solches Zeug hat der
Wahnsinnige in rauen Mengen
geschrieben, und ich dachte, es sei
verdammt tiefsinnig, bis ich gemerkt
habe, es stammte alles aus Texten
anderer Autoren, er hatte sie bloß
von überallher zusammengestoppelt
und neu gemischt. Wie geklaute
Autos, denen die Fahrzeugnummer
weggefeilt worden ist. Sogar dieser
Text hier.“
13´000 JAHRE VORHER...
ODER NACHHER...?
Beim dritten mal wirds ernst.
Neugierige Nachbarn betraten die
Vorgärten, Kleidung flatterte, Laub
umstob die Gesichter. Aus der
Redaktion kam eine Gestalt gelaufen:
Dr. Wladimir Jaremenko Tolstoj.
Er schrie den Gaffern aus der
Nachbarschaft Warnungen zu. Einige
wenige schenkten ihm Beachtung.
Die Mehrheit nicht. Heikes Blick
erhaschte das Magnetfeld, einen
hellblauen Zylinder elektrifizierter
Nacht; sofort drehte sie sich um,
bedeckte den Kopf mit den Armen,
kniff die Augen zu. Jetzt...
Die Explosion schoss pures weißes
Licht durch ihre geschlossenen
Lider. Die Scheibe begann zu rotieren,
immer schneller, wurde zur
hellgrauen Sphäre. Weitete sich.
Und floß, entfaltete sich für sie.
Wie ein Origami-Trick in flüssigem
Neon entfaltete sich ihre distanzlose
Heimat, ihr Land, ein transparentes
Schachbrett in 3-D, unendlich
ausgedehnt. Das innere Auge öffnete
sich zur abgestuften, knallroten
Pyramide der Vösendorfer
Trend Event, die leuchtend hinter
den grünen Würfeln der Mitsubishi
Bank Austria aufragte. Hoch oben
und sehr weit entfernt sah sie die
Spiralarme militärischer Systeme,
für immer unerreichbar. Weißglut
strich ihr über den Rücken, die
Arme. Ihre Motoradkluft wurde
heiß. Und es machte Bumm. Heike
kreischte, während ein Dröhnen,
lauter als jedes Geräusch, das sie
je gehört hatte, ihre Trommelfelle
bis zum Zerreißen dehnte. Wo ihre
Fingernägel sich durch die Haut ins
Fleisch gebohrt hatten, lief ihr Blut
seitlich übers Gesicht. Gemeinsam
mit Müll rollte sie durch die Gasse.
Dann war es ausgestanden.
Heike öffnete die Augen, zwinkerte
gegen Schwärme von Nachbildern
an. Die billige Marato-Mart-
Terrakottafarbe, die zur Dekoration
der Mauern verwendet worden war,
hatte sich weiß verfärbt.
Und in der blutgeschwängerten
Dunkelheit hinter den Augen wallten
silberne Phosphene aus den Grenzen
des Raums, hypnagoge Bilder, die
wie ein wahllos zusammen geschnittener
Film ruckend vorüber zogen.
Symbole, Ziffern, Archiquanten,
Gesichter, ein verschwommenes,
fragmentarisches Mandala visueller
Information.
Und an der Wienzeile bemüht sich
Thomas Redl, die nächste Ausgabe
von SUPER-ST/A/R affair rechtzeitig
rauszubringen, obwohl das
Büro noch immer in Trümmern
liegt, der Herausgeber und der
Starermittler spurlos verschwunden
sind, der beste Reporter behauptet,
mit einem Ghostwriter-Magnaten
auf dem Grund des Atlantiks zu
sein und offensichtlich durchgedreht
ist; hinter Thomas selbst ist
die Polizei her, um herauszufinden,
warum die beiden Staatssekretäre,
die zuerst auf den Fall angesetzt
wurden, nicht auffindbar sind.
Thomas sitzt im Unterzeug in seinem
Apartment (jetzt fa/i/r- Büro)
und wählt mit der einen Hand eine
Telefonnummer und drückt mit
der anderen noch eine Zigarette im
vollen Aschenbecher aus. Jetzt wirft
er ein Manuskript in den Ordner
«Ready to Print» und hakt auf einer
Liste «Leitartikel - Der beste Student,
der jemals an die Akademie der
Bildenden Künste kam, erzählt,
warum er sein Studium abbrach,
von Marcus Hinterthür», ab. Sein
Bleistift rückt weiter ans Ende der
Liste und bleibt bei «Theaterkritik»
stehen, wobei er die ganze Zeit den
Hörer am Ohr hat. Endlich hört er,
wie am anderen Ende abgenommen
wird und eine warme, sanfte Stimme
sagt: «Süddeutsche Zeitung. Hier
Helmut Totenkopf.»
... to be continued!
wer Rechtschreibfehler findet kann sie
behalten oder die Wörter ausschneiden,
sammeln und an den Dudenverlag
..schicken
MARCUS HINTERTHÜR
Rosencranz und Gernegross are Dead - Reclam
1986 Timothy Jones Products
Marcus Hinterthür
Rosencranz
und Gernegross
are Dead
Reclam
Nr. 21/2009 Buch V - Hinterthuer
ST/A/R 39
MODE OHNE
KLEIDER
MIRJANA RUKAVINA
MIRJANA RUKAVINA & SEBASTIAN SAUER
"SEDUCTION"
NEW MOMENT IDEAS GALLERY, Belgrade, September 2009
40 ST/A/R
Rz_inserat-star.qxd:Rz_plakat 28.04.2009 15:33 Uhr Seite 1
Buch V - Hinterthuer Nr. 21/2009
NITSCH
Vorbilder Zeitgenossen Lehre
künstlerhaus
karlsplatz 5
1010 wien
26. 6. – 23. 8. 2009
täglich
10 –18 uhr
donnerstag
10 – 21 uhr
www.k-haus.at
künstlerhaus
KONZETT
CONTEMPORARY ART | KUNSTHANDEL
GALERIE | WIEN | GRAZ
Städteplanung / Architektur / Religion
Buch VI - ANGELO ST/A/R 41
BEI DER
Hapshetsut bewundert das
ST/A/R-Archiquant-Objekt
ST/A/R-Archiquant-objekt auf der
Gumpendorfer Strasse
Philipp Konzett zeigt bei der VIENNAFAIR:
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die gebundenen Sonderausgabe, 5 Jahre
ST/A/R 2003–2008, mit mehr als 2000 original
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2.
ST/A/R-Archiquant-objekt mit Hocker
42 ST/A/R
Buch VI - ANGELO Nr. 21/2009
Das von der Firma Brücklmeier hergestellte Messingschild für das Dostojewski Museum in St. Petersburg.
Archiquantentwurf H.Gerngross
EUROPÄISCHE GEMEINSCHAFT
Nr. 21/2009 Buch VI - ANGELO
ST/A/R 43
PRESSEINFORMATION ZUR VERÖFFENTLICHUNG DER LANDKARTE
WÖRTHERSEE ARCHITEKTUR
HISTORISCH & MODERN
Das spezielle Flair der Wörthersee-Architektur hat mittlerweile überregionale Bekanntheit erlangt.
Diese besondere Kulturlandschaft bietet das einzigartige Erleben von Architektur im Zusammenhang
mit Wasser und Natur. Eine Landkarte, die von der Europäischen Union gefördert wird, soll Ihnen
einen Gesamtüberblick der Bauten mit hoher architektonischer Qualität bieten und das Entdecken
ermöglichen.
Die Faltkarte präsentiert im historischen Teil zahlreiche Villen, Hotels, Bade- und Bootshäuser aus der
Kaiserzeit im Zeitraum zwischen 1864-1938. Diese historische Wörthersee Architektur strahlt einen
besonderen Reiz durch die harmonische Integration der Architektur in die Umgebung aus.
Der Moderne Teil gibt eine Überblick über die Bauten, die danach entstanden sind (bzw. auch geplant
sind) und beispielhafte architektonische Qualität repräsentieren.
Als Zielpublikum kommt in erster Linie der Durchschnittsbürger in Frage (Einheimischer, Besucher,
Gäste,…) der ohne oder nur mit wenig architektonischem Fachwissen ausgestattet ist. Architekten
und Fachkundigen bietet die Karte eine Übersicht mit der das Wissen durch Besichtigung und weitere
Beschäftigung mit dem Thema vertieft werden kann.
Die Faltkarte ist mehrsprachig (Deutsch, Englisch, Italienisch, Slowenisch) und enthält je Objekt die
Basisinformationen (Foto, Architekt, Lage,…) und einen kurzen Text zur Bedeutung in der Architektur.
Die Objekte sind auf der Landkarte durchgängig
nummeriert und verortet. Dies ermöglicht es, die
interessanten, historischen und modernen
Bauten entweder direkt vom See aus oder auf
dem Landweg zu entdecken.
Weiters gibt es Zusatz-Informationen, wo man
diese Architektur „hautnah“ erleben kann. Mit
Piktogrammen wird gezeigt, welche Objekte man
besichtigen, in welchen man einen Aufenthalt
buchen oder kulinarische Angebote in Anspruch
nehmen kann.
Zweck: Bewusstseinsbildung für qualitativ hochwertige Architektur in einer (noch) hochwertigen
Kulturlandschaft
DETAIL-INFORMATIONEN
Landkarte Faltkarte ca. Format 70 x 42cm (geschlossen 10 x 210 cm)
Architektur 54 Bauten (historische und moderne Objekte) mit Nummerierung auf der Karte
und Basisinformation (Foto, Architekt, Lage,…)
Text
4 Sprachen: Deutsch, Italienisch, Slowenisch und Englisch.
Erstauflage 30.000 Stück (Vertrieb: WTG, Kärnten Werbung, Medienpartner)
Herausgeber Napoleonstadel, Kärntens Haus der Architektur, Dietmar Müller
Idee & Konzeption Dietmar Müller, Berndt Mack, Carolina Santana, Heimo Kramer
Ansprechpartner
DI Heimo Kramer (historische Architektur) 0676 3475687, kramer@panovision.at
DI Berndt Mack [architect.mb@chello.at] & Carolina Santana
DI Dietmar Müller Napoleonstadel, Kärntens Haus der Architektur, office@architektur-kaernten.at
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LANDKARTE
WÖRTHERSEE
ARCHITEKTUR
D I SLO ENG
SEESCHLÖSSL VELDEN, 1915
Velden, Klagenfurterstrasse 34
Architekt Amadeo Marchetti
Bauherr Carl Littmann
FORSTSEE-KRAFTWERK, 1925
Velden, Saag 15
Architekt Franz Baumgartner
Bauherr KELAG (ehem.KÄWAG)
HAUS G, 2003
Pörtschach, Töschling
Architekt Reinhold Wetschko
Bauherr Privat
VILLA SCHNÜR+BOOTSHAUS, 1927
Pörtschach, Hauptstrasse 261
Architekt Bmst. H. Kovatsch
Bauherr Hans Schnür
5 VILLA SEEBLICK, 1888
6 VILLA SEEWARTE, 1893
Pörtschach, Hauptstr. 241 und 243
Architekt Josef Victor Fuchs
Bauherrin Franziska Lemisch
SEEHAUS COLUMBIA, 2005
Pörtschach, Hauptstrasse
Architekt Stefan Traninger
Bauherr Privat
WERZER-BAD, 1895
Pörtschach, Werzer Strand 16
Architekt Josef Victor Fuchs
Bauherr G. Semmelrock-Werzer
BKS-CENTRUM, 2009
Pörtschach, Hauptstrasse 204
Architekt Reinhold Wetschko
Bauherr BKS Bank
PARKHOTEL, 1894 (ABGERISSEN) NEUES PARKHOTEL, 1963
Pörtschach, Hans-Pruscha-Weg 5 Pörtschach, Hans-Pruscha-Weg 5
Architekt Wilhelm Hess
Architekt Kurt Köfer
Bauherr Carl Ernst Wahliss Bauherr Wayss + Freitag
12 VILLA WÖRTH, 1891
Architekt + Bauherr Victor Fuchs
13 VILLA SEEHORT, 1893
Architekt Carl Langhammer
Bauherr Anton Urban
14 VILLA MIRALAGO, 1893
Architekt Carl Langhammer
Bauherr Ludwig Urban
15 VILLA SEEFRIED, 1894
Bauherr Tarnoczy-Sprinzenberg
Einfluss des „englischen Grundrisses“
mit zentraler Halle und funktionaler
Aufteilung der Räume. Konturierung
der Fassaden durch Vorsprünge,
Erker, gedeckte Terrasse und Turm.
Kraftwerk als Villenarchitektur -
Baumgartner schuf mit dieser Anlage
einen Prototyp, der auf die landschaftliche
Situation Rücksicht
nimmt.
Das bestehende Einfamilienhaus
wurde durch eine Leichtkonstruktion
in Stahl-Holz-Bauweise erweitert.
Große Glasflächen öffnen das Haus
hin zum See.
Schönes Ensemble im Villenstil
Baumgartners. Das denkmalgeschützte
Bootshaus ist über einen
Holzsteg mit dem Seegrundstück verbunden.
Die Villen wurden für die Mutter von
Landeshauptmann Lemisch erbaut.
Die Fassadengestaltungen zeigen das
qualitätsvolle Repertoire des romantischen
Historismus.
Das Wohnhaus wurde im Stil eines
Bootshauses aus verschiedenen
Holzarten kreiert. Das Holzdach
symbolisiert einen umgedrehten
Bootsrumpf.
Repräsentative Badeanstalt der Jahrhundertwende.
Es ist die Letzte in
Kärnten, die heute noch erhalten ist.
Die zweigeschossige Holzkonstruktion
steht auf Piloten im See.
Der Bau mit den neutral gestalteten
Fassaden nimmt Bezug auf die
städtebaulich bestimmenden Elemente
der Hauptstraße, der Bahnstrecke
und des Monte Carlo Platzes.
Erbaut vom Wiener Porzellanfabrikanten
Carl Ernst Wahliss, der mit der Gestaltung
der Halbinsel (Hotel, Villen,
Parkanlagen) zu den Pionieren des
Tourismus am Wörthersee gehörte.
Nach dem zweiten Weltkrieg wurde
das alte, historische Parkhotel abgerissen
und ein kubischer, achtgeschossiger
Bau mit großzügigem
Foyer und Seeterrasse errichtet.
Direkt nebeneinander liegen die Villa
Wörth, Villa Seehort, Villa Miralago
und Villa Seefried. Diese Bauten
repräsentieren das am besten
erhaltene Villenensemble Kärntens.
aus der Jahrhundertwende. Die Villa
Wörth ist ein dreigeschossiger, durch
Loggien, Terrassen, Giebel und Ecktürme
gegliederter Bau im Stil der
deutschen Renaissance.
Influenza della „pianta stile inglese“ con
un salone centrale e una divisione
funzionale degli ambienti. Le facciate
sono caratterizzate da aggetti, bovindo,
terrazza coperta e torre.
Centrale elettrica in stile villa – Una
costruzione con cui Baumgartner creò
un prototipo in pieno rispetto per
l’ambiente circostante.
La già pre-esistente villa unifamiliare
venne ampliata tramite una costruzione
leggera in acciaio e legno. Grandi
vetrate aprono la villa verso il lago.
Un bellissimo complesso con villa in
stile Baumgartner. La rimessa delle barche
– monumento posto sotto tutela –
è collegata alla proprietà tramite un
pontile di legno.
Le ville vennero costruite per la madre
del Presidente della regione Lemisch. Le
loro facciate esprimono il repertorio
qualitativo dello storicismo romantico.
L’abitazione è stata costruita con diversi
tipi di legno nello stile di una rimessa
per le barche. Il tetto simboleggia uno
scafo rivoltato.
Stabilimento balneare rappresentativo di
fine secolo. È l'unico esemplare ancora
presente in Carinzia. La costruzione di
legno a due piani è si appoggia su piloni
immersi nel lago.
L’edificio a facciata neutrale riprende
elementi specifici della strada principale,
del percorso ferroviario e della
piazza Monte Carlo.
Costruito dal fabbricante di ceramiche
viennese Carl Ernst Wahlniss che con
le sue costruzioni sulla penisola
(alberghi, ville, giardini), fu uno dei
pionieri del turismo sul lago di Wörth.
Dopo la seconda guerra mondiale il
vecchio albergo storico venne abbattuto
e al suo posto venne eretto un complesso
cubico, a otto piani, con un
generoso foyer e una terrazza sul lago.
Una di fianco all'altra si trovano Villa
Wörth, Seehort, Miralago e Seefried.
Queste, rappresentano l’insieme di ville
di fine secolo meglio conservate di tutta
la Carinzia. Villa Wörth è un edificio a tre
piani in stile rinascimento tedesco
caratterizzato da logge, terrazze,
frontoni e torri.
Vpliv tipične angleške prostorske razporeditve
z vežo kot osrednjim delom in
funkcionalno razdelitvijo prostorov.
Neprekinjenost pročelja z napuščem, s
pomolom, pokrito teraso in stolpom.
Elektrarna kot arhitekturna vila - Baumgartner
je s to zgradbo ustvaril prototip,
ki upošteva okoljsko situacijo.
Enodružinska hiša razširjena z lahko
jekleno-leseno konstrukcijo. Hišo proti
jezeru odpirajo velike steklene površine.
Vila v slogu Baumgartnerjevih vil. Spomeniško
zaščitena čolnarna je z lesenim
mostičkom povezana z zemljiščem
ob jezeru.
Vili sta bili zgrajeni za mater deželnega
glavarja Lemischa. Oblikovanje pro
elja predstavlja kakovosten primer
romantičnega historizma.
Stanovanjska hiša v slogu čolname je
bila zgrajena iz različnih vrst lesa.
Lesena streha simbolizira navpično postavljeni
trup čolna.
Reprezentativno kopališče s preloma
stoletja. Gre za zadnje kopališče na Koroškem,
ki se je ohranilo do današnjih
dni. Dvonadstropna lesena konstrukcija
stoji v jezeru na pilotih.
Zgradba z nevtralno zasnovanim pro
eljem se navezuje na določene elemente
mestne gradnje glavne ceste,
železniške proge in trga Monte Carlo.
Zgradil ga je lastnik tovarne s porcelanom,
Dunajčan Carl Ernst Wahliss, ki z
oblikovanjem polotoka (hotel, vile, parkirne
površine) sodi med pionirje turizma
ob Vrbskem jezeru.
Po drugi svetovni vojni je bil stari zgodovinski
Parkhotel porušen in zgradili so
osemnadstropno zgradbo v obliki kocke
z velikim foajejem in s teraso s pogledom
na jezero.
Neposredno druga ob drugi ležijo vila
Wörth, vila Seehort, vila Miralago in vila
Seefried. Ta sklop predstavlja najbolje
ohranjen sklop vil na Koroškem s pre-
loma stoletja. Vila Wörth je razčlenjena
trinadstropna zgradba, ki je zasnovana
v nemškem renesančnem slogu in ima
ložo, teraso, čelo in vogalne stolpe.
Influence of the English base with a
central hall and a functional partitioning
of the rooms. A gazebo, a jutty, a sheltered
terrace and a tower outline the
walls outside.
Powerplant in villa-style. With this
construction Baumgartner created a
prototype which considers its
surrounding landscape.
The single family home was extended by
a light weight construction using iron
and timber frames. Huge glass surfaces
open up the house to the lake.
A beautiful estate with a villa in Baumgartner`s
style. The heritage boathouse
is connected to the main lakeside
property by a wooden bridge.
These villas were built for Governor
Lemisch`s mother . The facades of these
buildings express the high quality
repertoire of romantic historism.
This dwelling in the form of a boathouse
was built out of different species of
wood in order to create natural surroundings.
The wooden roof symbolizes
a reversed hull.
Representative public bath constructed at
the turn of the century. It is the last ones of
its kind that could be preserved in Carinthia.
The two-storied timber construction is supported
by pillars which are buried in the lake.
The building with its neutral facades
matches the dominating urban elements
of this main street, namely the
railway line and the Monte Carlo Square.
Was built by the Viennese entrepreneur
and porcelain manufacturer Carl Ernst
Wahliss, who was considered to be a pioneer
of Wörthersee tourism for having
landscaped the peninsula of Pörtschach.
After World War II the historic Parkholtel
was torn down and replaced by an
eight-storied cubic building with a
generous foyer and a terrace overlooking
the lake.
Right next to each other lie Villa Wörth,
Villa Seehort, Villa Miralago and
Villa Seefried. They are the best preserved
collection of villas in Carinthia
which were built at the turn of the
century. Villa Wörth is a three - storied
construction, partitioned by patios,
terraces, gables and towers built in
German Renaissance style.
Europäischer Fonds
für Regionale Entwicklung
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SCHLOSS VELDEN, 1603
Velden, Schlosspark 1
Architekt N. N.
Bauherr Freiherr B. Khevenhüller
Erweiterung Jabornegg+Palffy, 2007
SEESPITZ RESTAURANT, 2007
Velden, Seepromenade
Architekt Jabornegg+Palffy
Bauherr Hypo Group Alpe Adria
HOTEL KOINTSCH, 1909
Velden, Karawankenplatz 2
Architekt Franz Baumgartner
Ausführung Bmst. A. Bulfon
HAUS G, 2006
Velden, Göriacher Hang
Architekt Gerhard Kopeinig
Ausführung Bmst. F. Begusch
SICHERHEITSZENTRUM, 2006
Velden, Köstenbergerstrasse 3
Architekt Peyker+Domenig
Bauherr Gemeinde Velden
WÖRTHERSEE APOTHEKE, 2006
Velden, Villacher Strasse 29
Architekt Karlheinz Winkler
Bauherr Wolfgang Wenger
VILLA HELENE, um 1890
Velden, Seecorso 62
Architekt N. N.
Bauherr Fam. Schick
VILLA MIRALAGO, 1903
Velden, Seecorso 33
Architekt N. N.
Bauherr Fam. Neustadl
HAUS P, 2006
Auen, Süduferstrasse
Architekt Reyner Schwarz
Bauherr Privat
VILLA AST, 1924
Auen, Waldpromenade
Architekt Josef Hoffmann
Bauherr Baurat Eduard Ast
HOTEL LINDE ZUBAU, 1996
Maria Wörth, Lindenplatz 3
Architekt Irmfried Windbichler
Bauherr Fam. Trattnig
PYRAMIDENKOGEL
Keutschach, Pyramidenkogel
Architekt Klaura+Kaden
Bauherr Gemeinde Keutschach
Das aus Film und Fernsehen bekannte
„Schloss am Wörthersee“, ist
ein Renaissancebau mit vier Ecktürmen.
Es gelang 2007, die neue,
zeitgemäße Architektur behutsam in
das Ensemble zu integrieren.
Gegenüber dem Schloss, direkt am
Wörthersee-Ufer liegt das aus Holz
gestaltete Restaurant Seespitz mit
einem lichten Innenbereich, einer Außenterrasse
und dem angeschlossenen
Seebad.
Eine prototypische Arbeit gelang
Franz Baumgartner in Velden mit dem
Hotel Kointsch, das vermutlich als
der Schlüsselbau für charakteristische
„Wörthersee-Architektur“ anzusehen
ist.
Das offene Wohngeschoß fängt die
Landschaft ein - mit Blick zum
Wörthersee. Bergseitig wirkt das
Haus als eingeschossiger Bungalow
und präsentiert sich auf der Talseite
als gegliederter Bau.
Aufgrund der funktionalen Erfordernisse
der drei Bereiche Feuerwehr,
Rotes Kreuz und Eishalle wurde die
Anordnung der Gebäude so klar wie
möglich gestaltet.
Auf einem glasbegrenzten Sockelgeschoss
„schwebt“ ein metallisch
glänzender Baukörper. Vom Innenhof
gelangt man in die Obergeschosse mit
den Wohneinheiten. Anerkennung
Landesbaupreis 2006.
Villa in leicht erhöhter Lage über dem
See. Die Fassade ist asymmetrisch
gegliedert und mit barocken Elementen
gestaltet. Kaiser Franz Joseph lies
die Villa vermeintlich für seine
Geliebte Katharina Schratt erbauen.
Die zweieinhalb geschossige Villa
wurde 1903 auf einer künstlich aufgeschütteten
Bucht erbaut und ist ein
Schmuckstück großbürgerlicher Villenarchitektur
der Jahrhundertwende.
Mit der zentralen Halle, die bei
geöffneter Fassade ein Außenraum
wird, und den mit grobem Außenputz
versehenen Kuben wurde eine
orientalisch-mediterrane Atmosphäre
geschaffen.
Die Privatvilla zählt zu den bedeutendsten
Jugendstilbauten des 20.
Jahrhunderts in Kärtnten. Das kubische,
fast schmucklose Haus wirkt
durch die feine Putzarchitektur wie
aus Schichten aufgebaut.
Der leichte Stahl-Glas-Pavillon, mit
dem die Freiterrasse überdacht
wurde, ist schon von der Vorfahrt her
zu sehen und bietet einen einladenden
Blick zum See.
Als neue Aussichtswarte ist ein 100
Meter hoher Holzturm mit Aussichtsplattformen
geplant. 18 elliptisch angeordnete
Holzstützen sollen sich
spiralförmig über die Landschaft
erheben.
Il castello sul lago di Wörth, reso famoso
da film e televisione è una costruzione
rinascimentale con quattro torri angolari.
Nel 2007 elementi di architettura contemporanea
vennero integrati nell’edificio.
Di fronte al castello, in riva al lago e costruito
in legno, si trova il Ristorante
Seespitz con il suo luminoso ambiente
interno, la sua terrazza esterna e l’annesso
stabilimento balneare.
Con l’albergo Kointsch a Velden, Franz
Baumgartner giunse ad un lavoro prototipale
e probabilmente lo si può considerare
la costruzione chiave per la
caratteristica „architettura Wörthersee“.
L’abitazione con vista lago cattura il
paesaggio. Sul lato verso le montagne
la casa ha le sembianze di un bungalow,
mentre sul lato verso la valle presenta
una costruzione articolata.
Per unire le necessità funzionali di tre
ambiti diversi – Vigili del fuoco, Croce
Rossa e palazzetto del ghiaccio – la disposizione
degli edifici è stata tratteggiata
nel modo più semplice possibile.
Su un piano base in vetro „fluttua“ un
corpo edile di metallo scintillante. Dal
cortile interno si accede ai piani superiori
con le unità abitative. Premio edile
regionale del 2006.
Villa in posizione leggermente elevata
sul lago. La facciata asimmetrica è decorata
in stile barocco. L'imperatore Francesco
Giuseppe la fece costruire presumibilmente
per Katharina Schratt, la sua amante.
La villa a due piani e mezzo venne
costruita nel 1903 su un’insenatura
artificiale ed è un gioiello architettonico
tra le ville dell' alta borghesia della
svolta del secolo.
Con la sala centrale che a facciata
aperta diventa uno spazio esterno e con
i cubi abbelliti da intonaco esterno
grezzo è stata creata un'atmosfera
orientale-mediterranea.
Questa villa privata è tra le più rappresentative
dello stile liberty del XX
secolo in Carinzia. L’edificio cubico
quasi scarno, sembra costruito a strati
grazie alla fine architettura ad intonaco.
Dall'ingresso è già visibile il leggero
padiglione in acciaio-vetro, con cui è
stata la terrazza è stata coperta. Offre
un’invitante vista sul lago.
Come nuovo punto panoramico è in
progetto la realizzazione di una torre di
legno con piattaforme, alta 100m.
18 sostegni ellittici, sempre in legno,
si ergeranno a spirale dal paesaggio.
'Grad ob Vrbskem jezeru', znan po filmski
stvaritvi in nadaljevanki, je renesančna
zgradba s štirimi vogalnimi stolpi. Leta 2007
je bila v celoto prefinjeno vključena
nova sodobna arhitekturna zasnova.
Nasproti gradu, neposredno ob južni
obali Vrbskega jezera, se nahaja iz lesa
zasnovana restavracija Seespitz s
svetlim notranjim delom, z zunanjo
teraso in s povezanim kopališčem.
Franzu Baumgartnerju se je z izgradnjo
hotela Kointsch v Vrbi/Veldnu posrečilo
prototipsko delo, ki je verjetno ključna
zgradba za karakteristično 'arhitekturo
Vrbskega jezera'.
Odprto bivalno nadstropje, ki s pogledom
na Vrbsko jezero ujame pokrajino.
Na strani proti hribu deluje hiša kot enonadstropni
bungalov, na drugi strani pa
kot razčlenjena zgradba.
Zaradi funkcionalnih potreb treh
področij - gasilci, rdeči križ in dvorana
za športe na ledu- je bila razporeditev
zgradbe zasnovana tako jasno, kot je to
najbolj mogoče.
Objekt iz kovinsko svetleče konstrukcije
'lebdi' na talnih zidcih in steklenem delu.
Dostop stanovanj v zgornjih nadstropjih
je možen prek dvorišča. Priznanje
deželna gradbena nagrada leta 2006.
Pročelje vile je asimetrično razčlenjeno
in obogateno z baročnimi elementi.
Cesar Franc Jožef naj bi jo domnevno
zgradil za svojo ljubico Katharino
Schratt.
Dvoinpolnadstropna vila je bila leta
1903 zgrajena na umetno nasutem zalivu
in je okras visokoburžoazne arhitekture
s preloma stoletja.
Z osrednjo vežo, ki se pri zastekljenem
delu spremeni v zunanji prostor, in s
kockami z grobim zunanjim ometom je
ustvarjena orientalsko mediteranska
atmosfera.
Zasebna vila sodi med najpomembnejše
secesijske gradnje 20. stoletja na
Koroškem. Izčiščena zgradba v obliki
kocke s fino ometno arhitekturo
ustvarja vtis večplastnosti.
Lahek jekleno-stekleni paviljon, ki
pokriva teraso na prostem, je dobro
viden že s ceste in nudi čudovit razgled
na jezero.
100 metrov visoki leseni stolp z razgledno
teraso je zasnovan kot novi razgledni
stražni stolp. 18 eliptično
razporejenih lesenih opornikov se v obliki
spirale dviguje nad pokrajino.
This building gained popularity through a film
named “Schloss am Wörthersee” and is built
in Renaissance style with four towers. In the
year 2007 it was possible to integrate contemporary
architecture into the older ensemble.
This restaurant lies exactly opposite
Schloss Wörthersee and is designed completely
out of wood. The interior is lightened
up and also has a terrace facing the
lake and an adjoining lake-side bath.
With the Hotel Kointsch architect Baumgartner
accomplished a prototype work
in Velden which can be considered a keybuilding
for the characteristic architecture
around Lake Wörthersee.
The open living space captures the view
of Lake Wörthersee; the side that faces
the mountain looks like a closed bungalow
and the other side gives a structured
impression.
As the functional needs of the fire brigade,
the Red Cross and an ice-skating-hall
had to be fulfilled, the alignment of the
building was held as clear as possible.
A metallic shining construction “floats”
on a glass-boardered elevated ground
floor. One can get to the upper living
spaces through the courtyard. This construction
was given a state prize in 2006.
This villa is above the lake’s altitude. The
facade is partitioned asymmetrically
and is decorated with baroque elements.
Supposedly, Emperor Franz Joseph built this
villa for his mistress Katharina Schratt.
The two and a half storied villa was built
in the year 1903 on an artificially created
bay. It is a jewel among constructions
built by the upper class around the turn
of the century.
With the central hall that becomes an
open room when the facades are opened,
and with the rough facade that was given
to these cubes an oriental Mediterranean
atmosphere was created.
This important Art Nouveau construction
is private property. The almost bare,
cubic house seems to be built in layers
due to its delicate plastering.
The lightweight iron-glass pavillion
which covers the terrace can be sighted
from the forecourt. It offers an irresistible
view of Lake Wörthersee.
The plans are to place the new observation
platform on a 100-meter tall observation
tower built of wood. 18 elliptically
arranged wooden pillars are supposed
to rise from the landscape in a spiral.
VORSCHLÄGE FÜR EINEN WIR KLICH SOZIALEN WOHNBAU
fast_LIVINGUNIT
60m 2 built area result in: 40m 2 for wellness 44m 2 sleep 41m 2 work-living 40m 2 cook
designed and copyright© 2008 by: Angelo Roventa, Carmen Hernandez-Arcas
JA
Angelo
Full function house
with modular mobile furniture (bathroom, bedroom,
living room, study room, kitchen, all including their
necessary storage spaces), for a complete housing unit.
GENIALE ZEIT/RAUM/NUTZUNG
Liebe
JA
Roventa
content:
The mobile furniture within the housing unit, with its multiple spatial
arrangements, provides all the function and comfort of a regular
house. The mobile furniture within the housing unit can be
activated simultaneously, fig. 1.01, or in sequence,
fig.1.02-bathroom, 1.03-bedroom,1.04-living room/
study, 1.05-kitchen. Thanks to the mobility of these elements, those rooms/modules that are not in use at a specific time can be closed, providing more
space for the rooms/modules that are actually in use. This is a way to multiply up to 4 times the net usable area of the housing element.
BEWOHNE DEINE ZEIT
PROTOTYPEN FÜR KARL/MARX/HOF 2
NIEDERENERGIEHÄUSER
EIGENENERGIEHÄUSER
KARL/MARX/HOF 2
ROVENTA/GERNGROSS/WERKSTATT WIEN
VORSCHLÄGE FÜR EINEN WIR KLICH SOZIALEN WOHNBAU
46 ST/A/R
Buch VI - ANGELO Nr. 21/2009
Bogdan
ovi
Der verdammte Baumeister
ć
Az
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Filmpräsentation: Architektur der Erinnerung
Die Denkmäler des Bogdan Bogdanović, 125 min
Mi, 27.05.2009, 19 Uhr, Eintritt frei!
im Architekturzentrum Wien
Museumsplatz 1 im
1070 Wien, T +43-1-522 31 15, www.azw.at, täglich 10 – 19 Uhr
®
Nr. 21/2009 Buch VI - ANGELO
ST/A/R 47
Portrait 4. April bis 29. Mai 2009
CHAOS ab 7. Oktober 2009 - open call
Positionen aus Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Fokus der G.A.S-station Projekte ist die Gegenüberstellung verschiedener medialer und formaler Ansätze mit
unterschiedlichen Beiträgen aller Kunstsparten - ob Kurzfilm, Installation, bildende Kunst, Performance,
Literatur, Musik und Wissenschaftsbeiträge, auch Vorträge, Lesungen oder Begleittexte zum Thema.
Öffnungszeiten: Di-Fr 14-19 Uhr, Sa 14-17 Uhr
oder nach telefonischer Vereinbarung
G.A.S-station:
Tempelherrenstraße 22, 10961 Berlin/Kreuzberg
fon: +49 30 221 609 312 mob. +49 (0)160 995 78 158
www.2gas-station.net - info@2gas-station.net
ST/A/R liegt in der G.A.S-station aus.
Intim, 2008, Karin Raitmayr
„...Sensibilität ist ein zentrales Thema der Ästhetik (verstanden als "Wissenschaft der sinnlichen Erkenntnis" im Sinne von
Baumgarten). Die Grundfrage der Ästhetik lautet: Wie genau nehmen wir wahr (Was sehen wir, wenn wir ein Blatt oder ein
Bild anschauen? Was hören wir, wenn wir eine Amsel oder eine Symphonie hören? usw.) und wie beziehen wir die Elemente
der Wahr-Nehmung aufeinander? In einem weiteren Sinne hat es die Ästhetik (wie etwa bei Kant) allgemein mit den Formen
unserer Wahr-Nehmung bzw. Anschauung zu tun, in einem engeren Sinne mit der "sinnlichen Erkenntnis" ästhetischer
Informationen.“
„Kunst ist demnach anästhetisch, wenn sie nicht dazu dient, unsere Sinne zu schärfen, sondern sie zu betäuben - wenn sie
uns eine schöne, heile Welt vorgaukelt, wo wir eine ganz andere sehen könnten, wenn wir nur - unbenommen von der Kunst
- die Augen öffneten. Die wahre Anästhesie ist demnach auch nicht das "nicht mehr Schöne", sondern ist eine Einstellung, die
uns hindert, uns selbst und das, was uns umgibt, aufmerksam wahr zu nehmen - nicht zuletzt auch die Kunst selbst und all
das "nicht mehr Schöne".“
„Auch sie ist Kunst insofern, als sie mit mehr oder weniger großem Können geschaffen werden kann. (Kunst und Ästhetik
gehen in diesem Punkt auseinander.)“
„Eine Seite der Anästhesie ist unser Umgang mit Kunst, ist die Erwartung, daß uns diese (wenigstens für die kurze Zeit der
Berieselung) Balsam in jene Wunden träufelt, die uns der Alltag schlägt. Eine andere (und die wichtigere) Seite ist, daß wir
die Augen nicht nur vor der Kunst, sondern auch vor der alltäglichen Welt verschließen, daß wir die Welt nicht mehr wahr
nehmen, weil wir sie nicht wahr nehmen wollen.“
Otto Neumaier: "Anaisthesis oder die Kunst des Vergessens"
aus dem Buch: Vom Ende der Kunst, Wien: Noëma Press, 1997, 25–38,
Ausschnitte auf den Seiten 27 & 29.
.......Augustina hätte gerne weiter „Heim“ und in wohliger Heimlichkeit dahingeträumt, doch hat sie das Gefühl, dass im
Moment zuviel Aufmerksamkeit auf ihr lastet. Seitenblicke, die, wenn sie direkt eines ihrer Stielaugen hinwendet, schnell
zurückgezogen werden, machen sie unsicher. Sie bewegt sich langsam durch den Raum, kann sich nur langsam voran
schieben in ihrem Schneckenkörper, mehr ein Schieben und Ziehen wobei der Körper sich elegant dehhhnt. Vielleicht ist sie
auch unangenehm aufgefallen, raus gefallen aus dem Anstoßritual, als sie mangels Hände auch kein Sektglas im rechten
Moment heben konnte. An dem Kleid konnte es nicht liegen eher, dass die anderen ihren veränderten Körper entdeckt haben,
als fremdartig klassifizieren. Alles was zu sehr abweicht von der Norm kann als gefährlich eingestuft werden, was fremd- das
fremdelt -das feindelt im Innland und aus dem Land.
Augustina sucht lieber das Abseits, schiebt sich Richtung Ausgang. Die Türe zum Garten steht einen Spalt offen und scheint
ihr bald erreichbar, die Maschinengeräusche der anwesenden Menschen rücken in Entfernung als Augustina noch die
Pflanzen im Gewächshaus sprechen hört.
„Eine Nation von so vielen Menschen kann sich doch nicht irren.“
„Es ist so normal, Piloso Cereus, gewohnt drängt es uns ins Verderben.„
„Mit welchem Recht? Was ist dieses Recht von dem sie sprechen? Das Recht zu leben, das Recht zu sterben? Der Freitod
ist verboten und die Todesstrafe großflächig legitim. Der Krieg eine Ehre, eine Notwendigkeit, vorher bankrott dann der
Aufschwung, wenn das kein Wunder ist! Ein Wirtschaftswunder, klebt perfekt auf jeder Wunde.“
„Aber, aber ist ja schon vorbei das war einmal, Mimöschen.“
„Aber kommt auch wieder, immer wieder, ewige Schallplattenrillen, die es auch nicht mehr gibt und doch sich chronisch
abspielen.“
Augustina schiebt sich voran, verlassen möchte sie den Tropengarten, die dunklen mächtigen Gespräche, gleitet, dehnt sich,
ihr Körper wird lang. „U -bahn sein wär nun vorteilhafter, auf jedenfall schneller oder noch besser U -boot, unauffälliger, nur
ein Stielauge über der Oberfläche“, mit diesen Gedanken fährt sie eilend dahin.
„Heilig der Krieg, der heilige Vater oder der Allah oder sonst wer willt es. Die Mutter fragen wir erst gar nicht, die steckt mit im
Busch oder der Bush steckt in ihr oder ein anderer Präsidentenfall. Danach, kaputt das Land, die Ebene, verlassen wir,
verwüstet und verkarstet verlassen sie die Ebene und schon sind wir draußen. Vergessen!“
„Absurdität auf die Spitze getrieben als Norm betitelt.“
„Privatisiert # rein ins Volle, mal alles fressen was möglich ist!“
„Und der Wirt geht drauf, ja wenn schon, wenn der Wirt nicht mehr gut kocht, kein Knödel kein Ei, kein Sauerbraten, ist er
nicht mehr zu nichts, rein gar nichts mehr gut, außer wenn er und nur dann wenn er.....dann... ja dann konservieren wir ihn
doch ... für die Nachwelt! Ein Leckerbissen als Märtyrer oder als Zugpferd für die Zukunft einer seltenen Spezies. Später
einmal kann man ihn auftauen und duplizieren genetisch, wer weiß was das noch bringt?“
Endlich aus der Türe, im Freien, im Garten fühlt sie sich erleichtert gleitet dahin an der frischen Luft. Ihre Gangart erstaunlich,
sie kann sich so elegant dehnen, so laaang werden, fast doppelt so lang in der Bewegung.
Wenn und nur wenn sie aus vielen Teilen bestehen würde, aus vielen kleinen Einzelteilen,- sinniert sie,- dann.. .würde sie, die
vielen Einzelteile... jetzt... bei dieser Art von Fortbewegung... sich voneinander fort bewegen. Die Teile, zum Beispiel, schöne
runde Perlen, Perlen auf einem Gummiband, das Gummiband leuchtend hellgelb dehnt sich, die Perlen rutschen auseinander.
Perle Nummer 3 und Perle Nummer 4 entfernen sich gerade um ein UND.
Ein UND ist zwischen 3 und 4 und zwischen 4 und 5 und 5 und 6 und 6 und 7......und so weiter.
Augustina bewegt sich fort und in einem Bruchteil einer Sekunde ist ein weiters UND zu bemerken. Also 3 UND UND 4, sogar
3 UND UND UND 4, 3 UND UND UND UND 4, 3 und UND UND UND UND UND......4..........
Bruchteilartig brechen die UNDs in die sich öffnende Schlucht.
Und zwischen dem UND, und dem UND da....ist... ein Komma!
Diese Einsichten gehen UNenDlich schnell und hinter dem Komma sind unendlich viele Stellen, angestellt...
Ja, angestellt, und unendlich viele sind da angestellt.......warum schauen die so auf mich? Augustina erschrickt vor dieser
Menge.
Haben sie mich erkannt? Was wollen die von mir?
Augustina abermals im Fluchtmodus, versucht sie von der Stelle zu kommen, doch als Schneckenwesen geht dies so
unglaublich langsam.
„Niemand außer ich selbst kann wissen, dass ich Schnecke bin“ denkt Augustina um sich zu beruhigen, “also ich kann hier
ganz ruhig bleiben und in meinem Tempo dahin gleiten, denn niemand weiß, wie ich bin, was ich bin, auch wenn ich
beobachtet werde, kein Grund zur Sorge, denn keiner weiß wer ich wirklich bin. Kann sicher dahin gleiten in diesem Garten,
in diesem schönen Garten, der mir so vertraut ist, wie meine Mutter. –pause- Denn es ist Mutters Garten.“
„Mutters Garten?“ fällt aus ihrem Beruhigungsmantra.......„Mutters Garten?!...............Mutter hasst die Schnecken in ihrem
Garten!“ Sie sieht eine blaue klein spitze Gartenschaufel links oben in ihrem Gesichtsfeld.........
Metaphysik des Verschwindens, (Lenin-Portrait), 2001, BAGERITZ
aus AUGUSTINA selbst, einem prozessualen Schreibprojekt in progress, Elisa Asenbaum
Prozessbegleitende LektorIn und MitschreiberInnen gesucht / mailto: elisa@2gas.net
FREEFLYING, videostill, Elisa Asenbaum
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48 ST/A/R
Buch VI - ANGELO Nr. 21/2009
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