Botanischer Garten – PD Dr. Stefan Schneckenburger - Fachbereich ...
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FB Biologie <strong>–</strong> <strong>Botanischer</strong> <strong>Garten</strong> <strong>–</strong> <strong>PD</strong> <strong>Dr</strong>. <strong>Stefan</strong> <strong>Schneckenburger</strong>
aus „Die Alpen“ (1729; ) Reclam<br />
8963<br />
� Die Luft erfüllet sich mit reinen Ambra-Dämpfen,<br />
� Die Florens bunt Geschlecht gelinden Westen zollt;<br />
Der Blumen scheckicht Heer scheint um den Rang zu<br />
kämpfen,<br />
Ein lichtes Himmel-Blau beschämt ein nahes Gold;<br />
Ein ganz Gebürge scheint, gefirnißt von dem Regen,<br />
Ein grünender Tapet, gestickt mit Regenbögen.<br />
� Dort ragt das hohe Haupt am edlen Enziane<br />
� Weit übern niedern Chor der Pöbel-Kräuter hin;<br />
Ein ganzes Blumen-Volk dient unter seiner Fahne,<br />
Sein blauer Bruder selbst bückt sich und ehret ihn.<br />
Der Blumen helles Gold, in Strahlen umgebogen,<br />
Türmt sich am Stengel auf und krönt sein grau Gewand;<br />
Der Blätter glattes Weiß, mit tiefem Grün durchzogen,<br />
Bestrahlt der bunte Blitz von feuchtem Diamant;<br />
� Gerechtestes Gesetz! daß Kraft sich Zier vermähle;<br />
In einem schönen Leib wohnt eine schönre Seele.<br />
� Hier kriecht ein niedrig Kraut, gleich einem grauen Nebel,<br />
Dem die Natur sein Blatt in Kreuze hingelegt;<br />
Die holde Blume zeigt die zwei vergüldten Schnäbel,<br />
Die ein von Amethyst gebildter Vogel trägt.<br />
� Dort wirft ein glänzend Blatt, in Finger ausgekerbet,<br />
Auf eine helle Bach den grünen Widerschein;<br />
Der Blumen zarten Schnee, den matter Purpur färbet,<br />
Schließt ein gestreifter Stern in weiße Strahlen ein;<br />
Smaragd und Rosen blühn auch auf zertretner Heide,<br />
� Und Felsen decken sich mit einem Purpur-Kleide.<br />
FB Biologie <strong>–</strong> <strong>Botanischer</strong> <strong>Garten</strong> <strong>–</strong> <strong>PD</strong> <strong>Dr</strong>. <strong>Stefan</strong> <strong>Schneckenburger</strong><br />
� Alle Kräuter sind auf den Alpen viel wohlriechender als in<br />
den Tälern. Selbst diejenigen, so anderswo wenig oder nichts<br />
riechen, haben dort einen angenehmen saftigen Narziß-<br />
Geruch, wie die Trollblume, die Aurikeln, Ranunkeln und<br />
Küchen-Schellen.<br />
� Ist im genauesten Sinne von den hohen Bergweiden wahr,<br />
wann sie vom Vieh noch nie berührt worden sind.<br />
� Gentiana floribus rotatis verticillatis. Enum. Helv. p. 478, eines<br />
der größten Alpen-Kräuter, und dessen Heil-Kräfte überall<br />
bekannt sind, und der blaue foliis amplexicaulibus floris fauce<br />
barbata. Enum. Helv. p. 473, der viel kleiner und<br />
unansehnlicher ist.<br />
� Weil sich auf den großen und etwas hohlen Blättern der Tau<br />
und Regen leicht sammlet und wegen ihrer Glättigkeit sich in<br />
lauter Tropfen bildet.<br />
� Antirrhinum caule procumbente, foliis verticillatis, floribus<br />
congestis. Enum. Helv. p. 624<br />
� Astrantia foliis quinquelobatis lobis tripartitis. Enum. Helv.<br />
p. 439.<br />
� Ledum foliis glabris flore tubuloso. Enum. Helv. p. 417, et<br />
Ledum foliis ovatis ciliatis flore tubuloso. Enum. Helv. p. 418.<br />
� Silene acaulis. Enum. Helv. p. 375, womit oft ganze große<br />
Felsen, wie mit einem Purpurmantel, weit und breit<br />
überzogen sind.
Albrecht von Haller (1708-1777)<br />
… nicht nur Begründer der Alpenbotanik<br />
Nacktmull<br />
20. Januar 2012 | FB Biologie <strong>–</strong> <strong>Botanischer</strong> <strong>Garten</strong> <strong>–</strong> <strong>PD</strong> <strong>Dr</strong>. <strong>Stefan</strong> <strong>Schneckenburger</strong><br />
Oxytropis halleri<br />
Büste Hallers im BG<br />
Göttingen
Lebensdaten<br />
� 1708, 16.10.: Geburt in Bern; „Wunderkind“<br />
� 1723: Studium in Tübingen<br />
� 1725: Studium in Leiden; Reisen, Promotion<br />
� 1728: Alpenreise mit Johannes Geßner;<br />
Arzt in Bern, Lehrtätigkeit in Basel<br />
� 1736: Berufung nach Göttingen:<br />
Lehrstuhl für Anatomie, Chirurgie, Botanik<br />
� 1753: Mitglied des Großen Rates, Rathausamann in Bern; wiederholte<br />
Versuche, ihn nach Göttingen zurückzuholen; versch. andere Berufungen<br />
(Oxford, Berlin, Utrecht)<br />
� 1758: Roche: Direktor der Bernischen Salzwerke<br />
� 1764: Rückkehr nach Bern <strong>–</strong> Altersjahre; von Krankheiten und Depression<br />
überschattet.<br />
� 1777, 12.12.: Tod in Bern („il bat, il bat, il bat <strong>–</strong> plus“)<br />
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Persönliches Schicksal<br />
� Marianne Haller-Wyss (1711-136)<br />
� Heirat 1731, Umzug mit drei Kindern<br />
nach Göttingen; Tod 1736<br />
� Zweite Heirat mit Elisabeth Bucher<br />
(1711-1740); Tod nach einer<br />
schweren Geburt<br />
� Heirat mit der Professorentochter<br />
Sophia Amalia Christina Teichmeyer<br />
(1722-1795) aus Jena<br />
� zehn (elf) Kinder, sieben (bzw. acht)<br />
überleben ihn<br />
� über viele Jahre chronisch krank und <strong>–</strong><br />
therapiebedingt - opiumsüchtig<br />
Marianne Haller-Wyss (1711-1736; verschollenes<br />
Gemälde von Johann Daelliker, ~1736)<br />
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Philosophisch-theologische Gedichte<br />
und die (Haupt)Gegner<br />
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Voltaire (1694-1778)<br />
„Würze von Unzucht und<br />
Religionsspötterey ist reichlich über<br />
das ganze ausgeschüttet.“<br />
Jean-Jacques Rousseau (1712-1778)
Anatomie, Physiologie, Embryologie<br />
� Beschränkung auf Teilfragen: Verlauf<br />
der Arterien und Venen; Strömung des<br />
Blutes; über 300 Leichen selbst seziert<br />
� über 20 (z. T. nicht mehr verwendete)<br />
Termini in der Humananatomie wie<br />
Aderhaut <strong>–</strong>Laminavasculosa<strong>–</strong>Haller-<br />
Schicht am Auge.<br />
� „Elementa physiologiae corporis<br />
humani „ (8 vols.; 1756-1766)<br />
� Begründer der modernen<br />
experimentellen Physiologie:<br />
Untersuchungen zur Sensibilität und<br />
Irritabilität<br />
� Studien zur Embryologie<br />
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Aus den „Icones anatomiae“ (1756ff)
Halleria L. (4) <strong>–</strong> halleri(anus) ~ 150<br />
Halleria lucida (o.) <strong>–</strong> Stilbaceae (nahe<br />
Scrophulariaceae; 11/39; Afrika und<br />
Madagaskar; Foto: wikipedia)<br />
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z.B. Laserpitium halleri <strong>–</strong> Halbinsel Chasté 2009 (oben)<br />
oder Bartramia halleriana (links; Foto: M. Lueth)
Oxytropis halleri <strong>–</strong> Hallers Spitzkiel<br />
Links: aus dem Gelände<br />
Mitte: in Hallers Herbarium<br />
(heute P)<br />
Rechts: in den „Opuscula sua<br />
botanica“ (Göttingen 1749)<br />
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„Bewusste Beschränkung“:<br />
Botanisches Hauptwerk „Flora der Schweiz“<br />
� 1742: Enumeratio methodica<br />
� 1768: Historia stirpium:<br />
� 2500 Arten<br />
� 1900 Samenpflanzen<br />
� 600 Algen, Flechten, Moose, Pilze,<br />
Pteridophyten<br />
� genaue Angaben zu Fundort, Lebensraum,<br />
Häufigkeit (solche erst wieder in dieser<br />
Qualität im 19. Jahrhundert)<br />
� Analogie der Höhenstufen der Alpen mit den<br />
geographischen Breitenzonen Europa:<br />
„Helvetien stellt beinahe alle Länder von<br />
Europa, von den entfernten Spitzbergen weg<br />
bis nach Spanien vor.“<br />
� Helfernetz: „Botaniker, Liebhaber, Jäger<br />
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Unterer Grindelwaldgletscher<br />
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Hallers System<br />
… weiter bis XXIV Cryptgamia<br />
(aus: Flora der Pfalz, 1845)<br />
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Problem Nomenklatur<br />
� Konflikt mit Linné zur Nomenklatur<br />
� diese setzt sich durch <strong>–</strong> letztlich auch<br />
durch „Popularisierer“ wie J. J. Rousseau<br />
� wesentlich verfeinerte Einteilung im<br />
Bestreben der Schöpfung eines Natürlichen<br />
Systems und damit deutlich über Linné<br />
hinausgehend<br />
� Ablehnung der binären Nomenklatur und<br />
Festhalten an einer „diagnostischen“<br />
Namensgebung in Form von „Phrasen“;<br />
diese u. U. sehr umfangreich<br />
� für heutige Leser nicht mehr verwendbar<br />
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~ 50.000 Seiten an Publikationen<br />
� etwa 17-000 Briefe in mehreren Sprachen in einem der größten<br />
Korrespondentennetzwerke der frühen Neuzeit von Moskau bis Dublin<br />
und von Stockholm bis Malaga, also etwa täglich mindestens einen<br />
� ab 1745 fast täglich eine Buchbesprechung/Rezension (~ 12000)<br />
� 24 monografische Werke in 50 Bänden (3 politische Romane, 4 Bände<br />
religiöse, 10 Bände botanische und 32 Bände medizinische Schriften)<br />
� 150 wissenschaftliche Abhandlungen,<br />
� 200 Artikel in der Pariser «Encyclopédie»<br />
� 25 Vorreden<br />
� 80 essayartige Buchbesprechungen<br />
� Gedichte, …<br />
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Herder: „ … eine Alpenlast der Gelehrsamkeit!“<br />
Casanova (1760): „Man hatte den Eindruck, mit einem Manne zu sprechen, der 2000 Jahre gelebt hat<br />
und durch Zufall Augenzeuge aller Dinge gewesen war, über die er sprach. … Es ist gemeinhin ein<br />
schmeichelhaftes Lob, wenn man von einem Mann sagt, er sei in allem bewandert; von Herrn Haller<br />
muss man sagen, dass er alles weiß.“<br />
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Akademie der Wissenschaften zu Göttingen<br />
Gegründet im Jahre 1751 von König Georg II von<br />
Großbritannien, Kurfürst von Hannover mit<br />
Albrecht von Haller als erstem Präsidenten<br />
(Lichtenberg, J. & W. Grimm, Hahn, Hilbert,<br />
Wöhler, Heisenberg, Eigen, ….)<br />
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Älteste Rezensionszeitschrift der Welt;<br />
gegründet 1739 als „Göttingische<br />
Anzeigen von gelehrten Sachen“, ab 1747<br />
herausgegeben von Albrecht von Haller
Ruhm und Ehre <strong>–</strong> nur nicht (ganz so) in Bern<br />
Kaiser Franz Joseph II besucht Haller am 17.7.1777 in Bern; auch Lavater (1741-<br />
1805) lässt Haller nicht aus (aus Lavater 1775-1778); Haller-Medaille von 1754<br />
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Grundlage des literarischen Ruhms:<br />
Das Lehrgedicht „Die Alpen“ (1729)<br />
Der junge Haller zur Zeit des Alpengedichts (1736;<br />
Ölgemälde von Johann R. Huber)<br />
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Im Wesentlichen<br />
z.T. idealisierende<br />
Zivilisationskritik:<br />
„beatus ille qui<br />
procul negotiis“<br />
(Horaz)
… der Schluss der „Alpen“<br />
� Elende! rühmet nur den Rauch in großen Städten,<br />
Wo Bosheit und Verrat im Schmuck der Tugend gehn,<br />
Die Pracht, die euch umringt, schließt euch in güldne<br />
Ketten,<br />
Erdrückt den, der sie trägt, und ist nur andern schön.<br />
Noch vor der Sonne reißt die Ehrsucht ihre Knechte<br />
An das verschloßne Tor geehrter Bürger hin,<br />
Und die verlangte Ruh der durchgeseufzten Nächte<br />
Raubt euch der stete Durst nach nichtigem Gewinn.<br />
Der Freundschaft himmlisch Feur kann nie bei euch<br />
entbrennen,<br />
Wo Neid und Eigennutz auch Brüder-Herzen trennen.<br />
� Dort spielt ein wilder Fürst mit seiner Diener Rümpfen,<br />
Sein Purpur färbet sich mit lauem Bürger-Blut;<br />
Verleumdung, Haß und Spott zahlt Tugenden mit<br />
Schimpfen,<br />
Der Gift-geschwollne Neid nagt an des Nachbarn Gut;<br />
Die geile Wollust kürzt die kaum gefühlten Tage,<br />
Weil um ihr Rosen-Bett ein naher Donner blitzt;<br />
Der Geiz bebrütet Gold, zu sein' und andrer Plage,<br />
Das niemand weniger, als wer es hat, besitzt;<br />
Dem Wunsche folgt ein Wunsch, der Kummer zeuget<br />
Kummer,<br />
Und euer Leben ist nichts als ein banger Schlummer.<br />
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� Bei euch, vergnügtes Volk, hat nie in den Gemütern<br />
Der Laster schwarze Brut den ersten Sitz gefaßt,<br />
Euch sättigt die Natur mit ungesuchten Gütern;<br />
Die macht der Wahn nicht schwer, noch der Genuß<br />
verhaßt;<br />
Kein innerlicher Feind nagt unter euren Brüsten,<br />
Wo nie die späte Reu mit Blut die Freude zahlt;<br />
Euch überschwemmt kein Strom von wallenden<br />
Gelüsten,<br />
Dawider die Vernunft mit eiteln Lehren prahlt.<br />
Nichts ist, das euch erdrückt, nichts ist, das euch<br />
erhebet,<br />
Ihr lebet immer gleich und sterbet, wie ihr lebet.<br />
� O selig! wer wie ihr mit selbst gezognen Stieren<br />
Den angestorbnen Grund von eignen Äckern pflügt;<br />
Den reine Wolle deckt, beraubte Kränze zieren<br />
Und ungewürzte Speis aus süßer Milch vergnügt;<br />
Der sich bei Zephyrs Hauch und kühlen Wasser-Fällen<br />
In ungesorgtem Schlaf auf weichen Rasen streckt;<br />
Den nie in hoher See das Brausen wilder Wellen,<br />
Noch der Trompeten Schall in bangen Zelten weckt;<br />
Der seinen Zustand liebt und niemals wünscht zu<br />
bessern!<br />
Das Glück ist viel zu arm, sein Wohlsein zu vergrößern.
Das Grab von Hindelbank/Bern<br />
"Herr, hier bin ich und das Kind, so du mir gegeben hast"<br />
Grabplatte der Magdalene Langhans<br />
von Johann August Nahl d.Ä. 1751/52<br />
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Albrecht von Hallers Text:<br />
Aufschrift auf das vortrefliche Grabmahl, das Herr Nahl einer überaus wohlgebildeten<br />
und in den Wochen gestorbenen Frauen zu Hindelbank aufgerichtet hat.<br />
Horch! die trompete schallt, ihr klang dringt durch das<br />
grab,<br />
Wach auf, mein schmerzenssohn, wirf deine hülsen ab,<br />
Dein Heiland ruft dir zu; vor ihm flieht tod und zeit,<br />
Und in ein ewig heil verschwindet alles leid.<br />
Albrecht von Haller: Versuch Schweizerischer Gedichte (Ausgabe 1772)<br />
Fassung auf dem Grabmal:<br />
Horch die Trompete ruft, sie scha//llet durch das Grab<br />
Wach auf mein Schmerzens//Kind leg deine Hülse ab<br />
Eil deinem Heiland zu vor Ih//m flieht Tod und Zeit<br />
Und in ein Ewigs Heil versch//windet alles Leid.
…. heute: u. a.<br />
FB Biologie <strong>–</strong> <strong>Botanischer</strong> <strong>Garten</strong> <strong>–</strong> <strong>PD</strong> <strong>Dr</strong>. <strong>Stefan</strong> <strong>Schneckenburger</strong><br />
oben: 2008<br />
unten: 1976-2000
2008: Haller im Botanischen <strong>Garten</strong> Bern<br />
FB Biologie <strong>–</strong> <strong>Botanischer</strong> <strong>Garten</strong> <strong>–</strong> <strong>PD</strong> <strong>Dr</strong>. <strong>Stefan</strong> <strong>Schneckenburger</strong>
Literaturempfehlung<br />
Albrecht von Haller (2004): Die Alpen und andere Gedichte.- Reclam 8963<br />
Und ein sehr schöner Sammelband:<br />
Steinke, H., Boschung, U., Proß, W. (Hrsg.) (2009): Albrecht von Haller <strong>–</strong><br />
Leben, Werk, Epoche. <strong>–</strong> Wallstein-Verlag Göttingen<br />
(aus dem viele Abbildungen des Vortrags stammen)<br />
Sowie<br />
Stuber, M. Hächler, S., Lienhard. L. (Hrsg.) (2005): Hallers Netz. Ein<br />
europäischer Gelehrtenbriefwechsel zur Zeit der Aufklärung.- Schwabe-<br />
Verlag, Basel.<br />
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