Wie ich Bauingenieur wurde - Ein Professor erinnert sich
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So war <strong>ich</strong> an manchen Abenden körperl<strong>ich</strong> so erschöpft,<br />
dass <strong>ich</strong> dem obligatorischen Kneipengang mit „studentischem<br />
Umtrunk“ entsagen musste. Das wiederholte<br />
s<strong>ich</strong> nochmal zu Beginn des zweiten Studienjahres.<br />
In den darauffolgenden Jahren waren diese vier Wochen<br />
als Ingenieurpraktika angelegt, was mir besser<br />
gefiel.<br />
So begann mein elfsemestriges Studium, welches <strong>ich</strong><br />
erst einmal zügig durchstehen wollte und danach<br />
konnte man weitersehen. Glückl<strong>ich</strong>erweise waren die<br />
ersten Semester Theorie-Semester. Das war im Grunde<br />
genommen die Fortführung des Unterr<strong>ich</strong>ts, wie<br />
<strong>ich</strong> ihn vom Gymnasium her kannte und damit hatte<br />
<strong>ich</strong> keine Probleme. Im Hauptstudium mit den Bemessungsfächern<br />
machte s<strong>ich</strong> die fehlende Baupraxis bemerkbar.<br />
Da hatte <strong>ich</strong> doch einiges nachzuholen. Für<br />
die abschließende Vertiefung wählte <strong>ich</strong> den Stahlbau<br />
insbesondere deshalb, weil mir das Personal des Lehrstuhls<br />
sympathisch war (zum Ordinarius habe <strong>ich</strong> noch<br />
heute Kontakt).<br />
Während des Studiums machte <strong>ich</strong> mir noch keine Gedanken<br />
über meine zukünftige Berufstätigkeit. Vielmehr<br />
genoss eine abwechslungsre<strong>ich</strong>e Studienzeit,<br />
in der das studieren n<strong>ich</strong>t immer im Mittelpunkt des<br />
Tagesablaufs stand.<br />
Und dann war es plötzl<strong>ich</strong> doch soweit. Die Diplomhauptprüfungen<br />
waren abzulegen und gle<strong>ich</strong>zeitig<br />
erfolgte die Absolventenvermittlung. Aber <strong>ich</strong> wollte<br />
noch n<strong>ich</strong>t in die Praxis und meinen vertrauten, geliebten<br />
Studienort verlassen. <strong>Ein</strong>en Zeitgewinn hätte<br />
<strong>ich</strong> erre<strong>ich</strong>en können, indem <strong>ich</strong> als wissenschaftl<strong>ich</strong>er<br />
Assistent an einem Lehrstuhl verblieb und vielle<strong>ich</strong>t<br />
sogar promovierte. Durch einen „Fehler vom Amt“<br />
<strong>wurde</strong> mir dann ein Forschungsstudium angeboten.<br />
Dieses Studium sollte eigentl<strong>ich</strong> nur den Nomenklatur-<br />
Kadern vorbehalten bleiben, aber <strong>ich</strong> nahm den Studienplatz<br />
gern an. So hatte <strong>ich</strong> noch Studentenstatus,<br />
bekam ein kleines Stipendium und konnte konzentriert<br />
forschen und an meiner Dissertation arbeiten.<br />
Und dann kam auch meine erste praktische Bewährung.<br />
Kurz vor Weihnachten erschien auf Empfehlung<br />
meines Statik-Dozenten ein Betriebsleiter in meiner<br />
Forschungsstube. Er hätte noch Geld übrig und wollte<br />
dafür noch bis Sylvester eine Kranbahn in seiner Produktionshalle<br />
err<strong>ich</strong>tet haben. Dazu brauchte er von<br />
mir eine Statik und die Ausführungspläne. Andere Planer<br />
waren n<strong>ich</strong>t bereit, über die Festtage zu arbeiten.<br />
So kam meine Stunde.<br />
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