17.12.2020 Aufrufe

Berliner Künstlerprogramm - Jahrbuch 2020

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Silvia Fehrmann<br />

Leiterin des <strong>Berliner</strong><br />

<strong>Künstlerprogramm</strong>s<br />

des DAAD<br />

Wie wird das Jahr <strong>2020</strong> erinnert werden? Wie werden SchriftstellerInnen und<br />

bildende KünstlerInnen, FilmemacherInnen, KomponistInnen und KlangkünstlerInnen<br />

umgehen mit der Trauer, der radikalen Ungewissheit, der Vereinzelung<br />

und wachsenden Ungleichheit, die mit der Coronapandemie einhergehen?<br />

Welche gesellschaftlichen Aufgaben stellen sich Kulturinstitutionen im Kontext<br />

einer tiefgreifenden Disruption?<br />

In dieser Ausgabe bildet das <strong>Jahrbuch</strong> des <strong>Berliner</strong> <strong>Künstlerprogramm</strong>s<br />

(BKP) des DAAD ab, wie sich die außergewöhnliche Zeitspanne von Herbst<br />

2019 bis zum Spätsommer <strong>2020</strong> aus der Perspektive der Institution entwickelt<br />

hat: von den Veranstaltungen, die noch mit Gästen aus 2019 und Alumni<br />

stattgefunden hatten, bis hin zum Lockdown in Berlin und der Zeit danach. Das<br />

Netzwerk aus internationalen Kunstschaffenden, das sich über die Jahrzehnte<br />

um das <strong>Berliner</strong> <strong>Künstlerprogramm</strong> gebildet hat, wirkte während des Ausnahmezustands<br />

als Resonanzraum für die Sorgen und Fragen, die COVID-19<br />

weltweit ausgelöst hat. Mit einer Reihe von Projekten sind wir auf diese Herausforderungen<br />

eingegangen: etwa mit einer Reihe von Texten zum Leben mit<br />

der Pandemie – einen Essay von Fariba Vafi drucken wir hier ab –, mit der Beteiligung<br />

am Hilfsfonds für Kulturorganisationen im Ausland oder mit der Entwicklung<br />

neuer digitaler Formate, die im Winter <strong>2020</strong>/21 stattfinden werden.<br />

Bis in den Sommer hinein konnten etliche Gäste nicht heimkehren, andere<br />

nicht einreisen. Neue Fellows, deren Residenzaufenthalt ab Frühling geplant<br />

war, warten immer noch auf die Möglichkeit, nach Europa zu kommen, oder<br />

mussten ihre Pläne umstellen: die FilmemacherInnen Lucrecia Martel aus<br />

Argentinien und Affonso Uchôa aus Brasilien ebenso wie die bildenden KünstlerInnen<br />

Saba Innab aus Palästina/Jordanien und Mimi Cherono Ng'ok aus<br />

Kenia. Andere werden erst nach Drucklegung dieser Publikation eintreffen,<br />

so die bildenden KünstlerInnen Mahmoud Khaled aus Ägypten und Alicja<br />

Rogalska aus Polen/Großbritannien. Die Text- und Bildporträts der Fellows<br />

<strong>2020</strong> bleiben dieses Jahr deshalb unabgeschlossen.<br />

Residenzprogrammen kommt, das ist unsere Überzeugung, in Pandemiezeiten<br />

eine besondere Rolle zu. Dank ihrer Infrastruktur und der Zeitrahmen,<br />

in denen sie agieren, sind sie in der Lage, internationale Gäste selbst unter<br />

Quarantänebedingungen aufzunehmen. Sie stehen für eine Ethik der Gastfreundschaft<br />

und das Bedürfnis nach Begegnung, Austausch und Verbindlichkeit<br />

und wirken so der Tendenz zur nationalen Isolation entgegen. Selbst unter<br />

Einhaltung von Hygiene- und Abstandsregeln ist es möglich, durch gemeinsames<br />

Handeln neue Gemeinschaften zu bilden und damit Anknüpfungspunkte<br />

für die Weiterentwicklung der Kunst in und nach der Krise zu schaffen.<br />

Unter den aktuellen Voraussetzungen wurde umso deutlicher, wie wichtig<br />

ein langfristiges Engagement für die Internationalisierung der Kunstproduktion<br />

ist. An dieser Stelle sei den Förderern dieser einzigartigen Institution gedankt:<br />

dem Auswärtigen Amt und dem Land Berlin, vor allem Ministerialdirektor Dr.<br />

Andreas Görgen und Kultursenator Dr. Klaus Lederer. Mit ihrer Unterstützung<br />

wurde in diesem Jahr eine Reihe neuer Vorhaben ermöglicht. Den MitarbeiterInnen<br />

des BKP, des <strong>Berliner</strong> Büros und des DAAD in Bonn und im Ausland, die<br />

sich mit den vielen Herausforderungen auseinandersetzen, die der Ausnahmezustand<br />

mit sich gebracht hat, gebührt in diesem Jahr besonderer Dank.<br />

In der Pandemie zeigt sich, wie sehr die Begegnung mit KünstlerInnen das<br />

Leben bereichert. Deshalb geht unser Dank in erster Linie an diejenigen, die<br />

sich in aller Fragilität, in aller Sorge um den Zustand der Welt immer wieder<br />

darauf einlassen, Bilder, Gedanken, Worte und Klänge, neuartige Umgebungen<br />

und unerwartete Zusammenhänge zu schaffen.<br />

VORWORT


Silvia Fehrmann<br />

director of the DAAD<br />

Artists-in-Berlin<br />

Program<br />

How will <strong>2020</strong> be remembered? How will writers and visual artists,<br />

filmmakers, composers, and sound artists deal with the grief, radical uncertainty,<br />

isolation, and growing inequality associated with the coronavirus<br />

pandemic? What social responsibilities do cultural institutions face in the<br />

context of a profound disruption?<br />

This edition of the DAAD Artists-in-Berlin Program’s (ABP) annual<br />

publication provides a perspective on institutional developments during this<br />

extraordinary period between fall 2019 and late summer <strong>2020</strong>, from events<br />

featuring 2019 fellows and alumni, to the lockdown in Berlin and the period<br />

afterwards. The international artist network that has coalesced around the<br />

Artists-in-Berlin Program over the decades served as a sounding board for<br />

addressing concerns and questions raised by COVID-19 worldwide, during<br />

the state of emergency. We responded to these challenges with a number<br />

of projects, including publishing a series of texts on living with the pandemic<br />

(see the essay by Fariba Vafi), participating in a relief fund for cultural<br />

organizations abroad, and developing new digital formats to be launched<br />

in winter <strong>2020</strong>–21.<br />

A number of guests were unable to return home and others could not<br />

enter Germany until the summer. New fellows, whose residencies were<br />

scheduled to start in spring, are still waiting for the opportunity to come to<br />

Europe or have had to change their plans: these include filmmakers Lucrecia<br />

Martel from Argentina and Affonso Uchôa from Brazil, as well as visual artists<br />

Saba Innab from Palestine/Jordan, and Mimi Cherono N'Gok from Kenya.<br />

Others will only arrive in Berlin after this publication is printed, including<br />

visual artists Mahoumd Khaled from Egypt, and Alicja Rogalska from Poland/<br />

Great Britain. The portraits of the <strong>2020</strong> fellows will therefore remain incomplete<br />

this year.<br />

It is our belief that residency programs will play a special role in times of<br />

pandemics. Thanks to their infrastructures and operational time frames,<br />

they are able to accommodate international guests even under quarantine<br />

conditions. They embody an ethic of hospitality and the need for encounter,<br />

exchange, and commitment, and thus counteract the tendency towards<br />

national isolation. Even under hygiene and social-distancing regulations, it<br />

is possible to form new communities through joint action, thereby creating<br />

points of contact to further develop art during and after times of crisis.<br />

The present conditions have really driven home the importance of longterm<br />

commitment to the internationalization of art production. With this in<br />

mind, we would like to extend our gratitude to the sponsors of this unique<br />

institution: the German Federal Foreign Office and the State of Berlin, in<br />

particular Ministerial Director Dr. Andreas Görgen and Senator for Culture<br />

Dr. Klaus Lederer. Their support made possible a number of new projects<br />

this year. The employees of the ABP, the Berlin office, and the DAAD in<br />

Bonn and abroad who manage the numerous challenges brought about by<br />

the state of emergency deserve a special thank you this year.<br />

The pandemic has revealed how much encounters with artists enrich<br />

our lives. Thus, our thanks go first and foremost to those who, in all their vulnerability<br />

and with all their concerns for the state of the world, are continually<br />

engaged in creating images, thoughts, words and sounds, new environments,<br />

and unexpected connections.<br />

EDITORIAL


Jurymitglieder /<br />

Jury members<br />

Bildende Kunst / Visual Arts<br />

Ato Annan Künstler, Co-Direktor Foundation for Contemporary Art, Ghana /<br />

artist, co director Foundation for Contemporary Art, Ghana; Övül Durmuşoğlu<br />

freie Kuratorin, Berlin / independent curator, Berlin; Aleksandra Jach freie<br />

Kuratorin, ehemals Muzeum Sztuki, Łódź / independent curator, formerly<br />

Museum Sztuki, Łódź; Mauricio Marcín Chefkurator Museo de Arte Carrillo<br />

Gil, Mexiko-Stadt / chief curator Museo de Arte Carrillo Gil, Mexico City;<br />

Christine Tohmé Direktorin Ashkal Alwan, Beirut / director Ashkal Alwan, Beirut;<br />

Nikita Yingqian Cai Chefkuratorin Times Museum, Guangzhou / chief curator<br />

Times Museum, Guangzhou<br />

Film<br />

Toby Ashraf Filmkritiker/-kurator, Berlin / film critic, curator, Berlin; Madhusree<br />

Dutta, künstlerische Leiterin Akademie der Künste der Welt, Köln / artistic<br />

director Akademie der Künste der Welt, Cologne; Alexander Horwath<br />

Filmkritiker/-kurator, Wien / film critic, curator, Vienna; Birgit Kohler künstlerische<br />

Leitung/Vorstand Arsenal - Institut für Film und Videokunst e.V., Berlin /<br />

co-director Arsenal – Institute for Film and Video Art, Berlin<br />

Literatur / Literature<br />

Priya Basil Autorin, Journalistin, London/Berlin / author, journalist, London/<br />

Berlin; Tomás Cohen, Schriftsteller, Übersetzer, Santiago de Chile/Berlin /<br />

author, translator, Santiago de Chile/Berlin; Ricardo Domeneck Literaturwissenschaftler,<br />

São Paulo/Berlin / literary critic, São Paulo/Berlin; Gregor<br />

Dotzauer Literaturredakteur Tagesspiegel, Berlin / editorial journalist for<br />

literature Tagesspiegel, Berlin; Gabriele von Arnim, Autorin, Journalistin,<br />

Berlin / author, journalist, Berlin; Isabelle Vonlanthen Programmleiterin<br />

Literaturhaus Zürich / program director Literaturhaus Zurich<br />

Musik / Music<br />

Ata Ebtekar Musiker (aka Sote), Mitbegründer SET-Festival, Leiter Zabte Sote,<br />

Teheran / musician (aka Sote), co-founder, SET-Festival, director Zabte Sote,<br />

Tehran; Natalia Fuchs Kuratorin Gamma Festival, St. Petersburg / curator<br />

Gamma Festival, St. Petersburg; Thorbjørn Tønder Hansen künstlerischer<br />

Leiter Ultima Festival, Oslo / artistic director Ultima Festival, Oslo; Lydia<br />

Jeschke Redaktionsleiterin Neue Musik/Jazz, SWR, Freiburg im Breisgau /<br />

program director new music/ jazz, SWR, Freiburg im Breisgau; Susanna<br />

Niedermayr Co-Leitung Redaktion ORF Ö1 Zeit-Ton, Wien, Co-Kuratorin<br />

ORF musikprotokoll, steirischer herbst, Graz, SHAPE, ICAS / program director<br />

ORF Ö1 Zeit-Ton, Vienna, co-curator ORF musik-protokoll, steirischer herbst,<br />

Graz, SHAPE, ICAS; Bert Palinckx künstlerischer Leiter November Music,<br />

VD’s-Hertogenbosc / artistic director November Music, VD’s-Hertogenbosch<br />

FELLOWS<br />

<strong>2020</strong>


In der Reihenfolge<br />

der Ankünfte /<br />

In order of arrival<br />

TARA TRANSITORY<br />

Thailand/Singapur Thailand/Singapore Musik / Music<br />

HAO JINGBAN<br />

China (VR) / China (PRC) Bildende Kunst / Visual Arts<br />

OSIAS YANOV<br />

Argentinien / Argentina Bildende Kunst / Visual Arts<br />

NIQ MHLONGO<br />

Südafrika / South Africa Literatur / Literature<br />

EMRE DÜNDAR<br />

Türkei / Turkey Musik / Music<br />

SALOME JASHI<br />

Georgien / Georgia Film<br />

JACEK DEHNEL<br />

Polen / Poland Literatur / Literature<br />

FARIBA VAFI<br />

Iran / Iran Literatur / Literature<br />

STINE JANVIN<br />

Norwegen / Norway Musik / Music<br />

ANDRE ALEXIS<br />

Kanada / Canada Literatur / Literature<br />

ANGELICA FREITAS<br />

Brasilien / Brazil Literatur / Literature<br />

MARKO POGACAR<br />

Kroatien / Croatia Literatur / Literature<br />

MIMI CHERONO NG’OK*<br />

Kenia / Kenya Bildende Kunst / Visual Arts<br />

MAHMOUD KHALED*<br />

Ägypten/Norwegen Egypt/Norway Bildende Kunst / Visual Arts<br />

ALICJA ROGALSKA*<br />

SABA INNAB*<br />

Palästina/Jordanien Palestine/Jordan Bildende Kunst / Visual Arts<br />

AFFONSO UCHOA*<br />

Brasilien / Brazil Film<br />

LUCRECIA MARTEL*<br />

Polen/Großbritannien Poland/Great Britain Bildende Kunst / Visual Arts<br />

Argentinien / Argentina Film<br />

* Zum Zeitpunkt der Drucklegung noch nicht in Berlin /<br />

Not yet in Berlin at the time of printing


© Irma Fadhila<br />

TARA<br />

TRANSITORY


In einem<br />

gemeinschaftlichen<br />

Körper aufgehen<br />

Taïca Replansky<br />

Fingerspitzen bewegen sich sanft aufeinander zu, eine Wange berührt eine<br />

andere, ein Arm wird vorsichtig von einer behutsam führenden Hand gestreckt,<br />

Füße umkreisen einander in beinahe unmerklicher Liebkosung ...<br />

Tara Transitory setzt Berührung, Bewegung, Resonanz, Nähe und Klang ein,<br />

um die Faszination von Gegenseitigkeit, Verletzlichkeit und Kollektivität zu<br />

zelebrieren. Ihre Performances bauen räumliche und körperliche Klangbeziehungen<br />

mit und zwischen den ZuhörerInnen auf, getragen von dem Wunsch,<br />

uns dafür zu öffnen, durch das Selbst, durch Maschinen und Raum zu hören,<br />

um letztendlich in einem gemeinschaftlichen Körper aufzugehen.<br />

Nach einer Phase als Pendlerin zwischen Berlin und Chiang Mai im nördlichen<br />

Thailand, wo sie 2016 den Performance-Raum e x t a n t a t i o n gründete,<br />

schlug Tara in Berlin Wurzeln, wo sie sich auf Nguyễn + Transitory, die<br />

Kooperation mit ihrer Partnerin Nguyễn Baly, konzentriert. Die beiden arbeiten<br />

hauptsächlich mit modularen Synthesizern und analogem Tonband, ihr<br />

erstes gemeinsames Projekt, Bird Bird, Touch Touch, Sing Sing, wurde 2019<br />

als immersive Klangperformance uraufgeführt. Dabei gehen sie der Frage<br />

auf den Grund, wie sich Frequenzen, die materiellen Prozesse der Produktion<br />

von Klang und die dabei entstehenden Vibrationen zu kognitiven Erinnerungen,<br />

abgespeicherten Gefühlen und kathartischen Momenten verhalten. Können<br />

derlei universale Sinneserfahrungen Verbindungen erzeugen zwischen<br />

den einzelnen Körpern, in einem Publikum aus Menschen, die einander nicht<br />

kennen? Können Klang, Nähe und Berührung so aufeinander abgestimmt<br />

werden, dass sie gesteigerte Formen eines körperlichen, gemeinsamen Zuhörens<br />

ermöglichen? Lässt sich psychische Zerbrechlichkeit in einer öffentlichen<br />

Performance wiedergeben? Welche Möglichkeiten ergeben sich (oder<br />

werden gerade verhindert), wenn ein Paar über einen längeren Zeitraum<br />

intensiv miteinander arbeitet? Über ihre unablässige Erforschung von Klang<br />

experimentieren Nguyễn + Transitory mit radikalen zwischenmenschlichen<br />

Beziehungen oder, wie die Künstlerinnen es ausdrücken, mit „dem Versuch,<br />

sich wieder mit verlorenem Zauber zu verbinden.“<br />

Bereits in ihren vergangenen Arbeiten und Performances suchte Tara<br />

gezielt nach Zwischenräumen. Als One Man Nation erkundete sie jahrelang<br />

eine nomadische, die Kunst überschreitende Identität, die sich dem Status<br />

Quo der Trennungen und Gruppenbildungen widersetzt, die uns von modernen<br />

Gesellschaften und Nationalstaaten aufgezwängt werden. Bis heute<br />

bewegt sie sich durch Klang, Synthese, Noise, Rhythmus und Performance<br />

aus einer weniger kolonialen Perspektive heraus, auf der Suche nach Möglichkeiten,<br />

die Hierarchien institutioneller Machtstrukturen aufzuweichen,<br />

Eigentum in Frage zu stellen (durch die strikte Weigerung, Samples zu benutzen),<br />

sowie beim Reden über Musik unbewusst übernommene und überstrapazierte<br />

Kategorien und Schlagwörter zu vermeiden. Und immer vertont<br />

ihre Arbeit persönliche wie gesellschaftliche Grenzen in dem Versuch, diese<br />

für die Randbereiche des Möglichen zu öffnen.<br />

Tara Transitory arbeitet viel und gerne mit anderen KünstlerInnen zusammen,<br />

etwa mit Audrey Chen, Kakushin Nishihara, Chaiwat Prumprajum, Tzu<br />

Ni, Shian Law, Thanisa Fah, Truna, Wukir Suryadi (Senyawa), Iman Jimbot<br />

(The Future Sounds Of Folk) und Pierre Bastien. Sie ist international aufgetreten,<br />

unter anderen beim CTM Festival (Berlin), donaufestival (Krems), Gaîté<br />

Lyrique (Paris), im Guggenheim Museum (Bilbao), TPAM (Yokohama), Museum<br />

of Contemporary Art (Taipei), bei den Wiener Festwochen (Wien) und<br />

bei SAVVY Contemporary (Berlin).<br />

Wie können Klang, Nähe und<br />

Berührung eine gesteigerte Form des<br />

kollektiven Zuhörens ermöglichen?<br />

7<br />

Tara Transitory<br />

Musik<br />

01/20-01/21


Dissolving into the<br />

Collective Body<br />

Taïca Replansky<br />

Fingertips reach out softly, one cheek brushes up against another, an arm is<br />

carefully unfolded by a gentle, guiding hand, feet swish by each other in an almost<br />

imperceptible caress… Tara Transitory uses touch, movement, feedback,<br />

proximity, and sound to celebrate interdependency, vulnerability, and collectivity.<br />

Her performances attempt to foster spatial and bodily sonic relationships<br />

with and between listeners, with a desire to open us up to listen through<br />

the self, machines, and space, ultimately dissolving into the collective body.<br />

After fluctuating between Berlin and Chiang Mai in northern Thailand,<br />

where she founded the performance space e x t a n t a t i o n in 2016, Tara<br />

has put down stronger roots in Berlin to focus on a new collaboration with<br />

her partner Nguyễn Baly as Nguyễn + Transitory. Working mainly with modular<br />

synthesizers and analog tape, their first project together, Bird Bird, Touch<br />

Touch, Sing Sing, debuted in 2019 as an immersive sound performance in<br />

which they look into how frequencies, the physicalities of producing sound,<br />

and its incidental vibrations relate to cognitive memories, stored emotions, and<br />

catharsis. Can such universal sentiments give rise to close ties between individual<br />

bodies in an audience of strangers? Can sound, proximity, and touch<br />

be modulated to open up heightened forms of embodied communal listening?<br />

What kinds of fragilities, if any, can arise within a public performance? What<br />

kind of possibilities are created (or hindered) when a couple works together<br />

intensively over an extended period of time? Through this ongoing sonic research,<br />

Nguyễn + Transitory experiment with radical interpersonal relationships<br />

or, as the artists express it, “the attempt to reconnect with lost magic.”<br />

Throughout her past work and performances, Tara has relentlessly sought<br />

the interstices. For years, as One Man Nation, she explored a nomadic, trans<br />

artistic identity that defies the status quo of divisions and groupings imposed<br />

on us by modern societies and nation states. She continues today to navigate<br />

sound, synthesis, noise, rhythm, and performance from a less colonial angle,<br />

to search for ways of bending hierarchies and institutional power structures,<br />

to question ownership (with a strict refusal to use samples), and to avoid rote<br />

categorization and keywords so often used in talking about music. Then, as<br />

much as now, her work sonifies our own personal and societal borders in an<br />

effort to open them up into liminal zones of potential.<br />

An extensive collaborator, Tara has worked with the likes of Audrey Chen,<br />

Kakushin Nishihara, Chaiwat Prumprajum, Tzu Ni, Shian Law, Thanisa Fah,<br />

Truna, Wukir Suryadi (Senyawa), Iman Jimbot (The Future Sounds Of Folk),<br />

and Pierre Bastien. She has performed internationally at CTM Festival (Berlin),<br />

donaufestival (Krems), Gaîté Lyrique (Paris), Guggenheim Museum (Bilbao),<br />

TPAM (Yokohama), Museum of Contemporary Art (Taipei), Wiener Festwochen<br />

(Vienna), and SAVVY Contemporary (Berlin), among many others.<br />

Can sound, proximity, and touch<br />

be modulated to open up heightened forms<br />

of embodied communal listening?<br />

8<br />

Tara Transitory Music 01/20-01/21


Mario Bertoncini Memorial: Konzert in Andenken an den Komponisten (Fellow 1974) /<br />

Memorial concert for the composer (fellow 1974), 5 Seconds Festival,<br />

Zeitkratzer & Zaum Percussion, Zwingli-Kirche Berlin, 09/19 © Kai Bienert


Die strukturbildende<br />

Frage<br />

der Moderne<br />

The Structuring<br />

Question of<br />

Modernity<br />

↑ Book of Facts,<br />

daadgalerie,<br />

Installationsansicht /<br />

installation view →<br />

© Thomas Bruns<br />

10


Iman Issa<br />

Book of Facts<br />

Ausstellung / Exhibition<br />

12.09.2019 - 10.11.2019<br />

daadgalerie<br />

1991, während des ersten Golfkrieges, schnitten die<br />

US-Streitkräfte Kolonnen von zurückweichenden irakischen<br />

Soldaten den Weg ab und bombardierten ihre<br />

Fahrzeuge, sodass Tausende junger Rekruten grausam<br />

ums Leben kamen. Weder dieses noch andere<br />

US-Kriegsverbrechen wurden je strafrechtlich verfolgt,<br />

weil die jungen irakischen Soldaten durch den Orwell’schen<br />

Neusprech der USA im Vorfeld dämonisiert<br />

worden waren. Iman Issas Book of Facts, die Ausstellung<br />

der Künstlerin in der daadgalerie, beginnt mit<br />

einem Video der „Zeugenaussage von Nayirah“, einer<br />

Falschaussage, bei der das 15-jährige Mädchen dem<br />

US-Kongress am 10. Oktober 1990 berichtete, sie habe<br />

gesehen, wie irakische Soldaten in einem Krankenhaus<br />

Frühgeborene aus Brutkästen warfen und auf dem Boden<br />

sterben ließen. Nayirahs Nachname wurde in den<br />

Medien nicht genannt. Erst später stellte sich heraus,<br />

dass sie die Tochter des kuwaitischen Botschafters<br />

Saud al-Ṣabaḥ war.<br />

Mit diesem Video, das im Mittelpunkt von Book of<br />

Facts steht, spielt Iman Issa auf die vielen Schichten der<br />

Auslöschung, Verdrängung und Amnesie an, die dem<br />

Begriff „Fake News“ nach der Wahl von Trump zur Entstehung<br />

verhalfen, als sei Verlogenheit ein politisches<br />

Novum. Book of Facts ist jedoch weder eine Anklage<br />

noch der Versuch, Wahrheit von Lüge zu unterscheiden.<br />

Die Ausstellung ist zusammen mit der gleichnamigen<br />

Publikation ein Versuch, sich mit der strukturbildenden<br />

Frage der Moderne auseinanderzusetzen: Wie lässt sich<br />

die Kluft zwischen phänomenologischer Erfahrung –<br />

dem Rohmaterial der Ästhetik – und der Unfassbarkeit<br />

geopolitischer Formationen überwinden? Formal baut<br />

Iman Issa auf der Tradition primärer geometrischer<br />

Strukturen auf, die vom Konstruktivismus bis zum Minimalismus<br />

das Lexikon der modernen Kunst konstruieren;<br />

die Künstlerin nutzt diese Grammatik jedoch für<br />

andere Zwecke, um nämlich die Frage der Abstraktion<br />

über den Bereich der plastischen Konvention hinaus<br />

zu erweitern.<br />

„In der Kunst“, so bemerkte Issa kürzlich gegenüber<br />

der Zeitschrift Frieze, „kann man jemandem einen Stuhl<br />

zeigen und sagen, es sei ein Tisch, und möglicherweise<br />

glauben sie das.“ Anstatt nach einer Befreiung vom Abbildhaften<br />

zu suchen, lässt Issa konzeptuelle Prozesse<br />

in ihre Arbeiten einfließen; sie sammelt konkrete Fakten,<br />

Daten oder Diagramme, nicht um zu generalisieren,<br />

sondern um sie einem alchimistischen Prozess zu unterziehen,<br />

der mit der Umwandlung eines Fragments in<br />

eine Form einhergeht. Ana Teixeira Pinto<br />

In 1991, during the first Gulf War, U.S. forces cut off<br />

co-lumns of retreating Iraqi soldiers and bombed their<br />

vehicles, slaughtering thousands of young draftees.<br />

This and other U.S. war crimes were never prosecuted<br />

because the young Iraqi soldiers had been pre-emptively<br />

demonized by U.S. newspeak. Iman Issa’s Book<br />

of Facts, the artist’s solo show at the daadgalerie,<br />

opens with a video of the “Nayirah testimony,” a false<br />

testimony given to the U.S. congress on October 10,<br />

1990 by the 15-year-old Nayirah, who told congress<br />

she had seen Iraqi soldiers dump premature babies out<br />

of incubators, leaving them to die on the hospital floor.<br />

Nayirah’s last name was withheld from the media. It<br />

was later revealed she was the daughter of the Kuwaiti<br />

ambassador Saud al-Ṣabaḥ.<br />

By centering this video, Book of Facts alludes to the<br />

multiple layers of erasure and amnesia that allow the<br />

concept of “fake news” to emerge in the wake of the<br />

Trump election, as if mendacity was a political novelty.<br />

Book of Facts is not a denunciation however, nor a bid<br />

to discern truth from lies. The exhibition, together with<br />

the eponymous publication, is an attempt to address<br />

the structuring question of modernity: how to bridge the<br />

gap between phenomenological experience—the raw<br />

material aesthetics is made of—and the intangibility of<br />

geopolitical registers. Formally grounded on the tradition<br />

of primary geometric structures that constituted<br />

the lexicon of modern art from constructivism to minimalism,<br />

Iman Issa repurposes this formal grammar to<br />

extend the question<br />

of abstraction beyond the field of plastic convention.<br />

“In art,” Issa recently told Frieze magazine, “you can<br />

show someone a chair and say it’s a table, and they<br />

might believe you.” Rather than seeking freedom from<br />

representational qualities, Issa’s work incorporates conceptual<br />

processes, collecting specific facts, data, or<br />

diagrams not to make generalizations, but to engage in<br />

an alchemic process involving the transmutation of<br />

fragment into form. Ana Teixeira Pinto<br />

11


© Jasper Kettner<br />

HAO<br />

JINGBAN


Der Atem des stillen<br />

Kontinents<br />

Hera Chan<br />

In ihren Filmen und Performances bedient sich Hao Jingban einer brüchigen<br />

und verzerrten Sprache, wie sie für die Modernisierung Chinas geradezu<br />

konstitutiv ist. Die Risse dieses politischen Projekts, das in den 1930er Jahren<br />

seinen Anfang nahm, stehen im Fokus ihres Schaffens. Dabei verbindet die<br />

Künstlerin Experimentalfilm mit beobachtender Dokumentation, um dichte<br />

Narrative zu weben, mit denen sie die Verwicklungen unserer Zeit durchmisst.<br />

Im vorigen Jahrhundert hat China dramatische Veränderungen erlebt, jede<br />

neue Bewegung begann – in den Worten der Künstlerin – „mit einem Sturm“<br />

und endete in einem abrupten Schlusspunkt. Die dauerhafte psychische Anspannung,<br />

der die Menschen ausgesetzt waren, hat eine emotionale Landschaft<br />

voll unerfüllter Sehnsüchte hinterlassen. In Haos Arbeiten bilden die<br />

immer wieder auf die Probe gestellten Gefühle der Menschen die Grundlage<br />

einer Suche nach Erkenntnis, um als Richtschnur für die Zukunft zu fungieren.<br />

Hao, 1985 geboren, studierte Film am Goldsmiths, University of London.<br />

Mit diesem theoretischen Rüstzeug kam sie zurück nach Peking, wo sie<br />

mehr oder minder zufällig mit dem Filmemachen begann. In der Stadt war,<br />

wie sie feststellte, die Tanzkultur der großen Festsäle aus der Zeit vor der<br />

Kulturrevolution nach wie vor präsent. Aus dem Auftrag, die Geburtstagsfeierlichkeiten<br />

einer bekannten Turniertänzerin zu filmen, schuf Hao zusammen<br />

mit ihrem Kameramann die Videoarbeit Off Takes (2016), die sich mit<br />

allem beschäftigt, was sich dort so tat, nur die Auftraggeberin, das Geburtstagskind,<br />

bleibt außen vor. Die Arbeit ist einer von fünf Teilen der Serie<br />

Beijing Ballroom, die sich einen Weg durch unterschiedliche Aspekte dieser<br />

sozialen – nicht sozialistischen – Tanztradition bahnt, die scheinbar zufällig<br />

trotz aller Widrigkeiten Bestand hatte. Das Projekt wurde 2016 in zwei<br />

Einzelausstellungen in Peking gezeigt, im darauffolgenden Jahr wurde Hao<br />

mit dem Preis der Internationalen Filmkritik (FIPRESCI-Preis) bei den 63.<br />

Internationalen Kurzfilmtagen Oberhausen ausgezeichnet.<br />

Die Künstlerin wählt stets einen intuitiven und doch investigativen Zugang,<br />

der von undogmatischen Fragen lebt. So beschäftigt sich From Nanhu Park<br />

to Hongqi Road (2018) mit der komplexen Bewahrung von Geschichte mittels<br />

Sprache. Für das North East China Project, das mit dreißig DVDs der<br />

japanischen Produktionsfirma Manchukuo Film Association startete, setzte<br />

sich Hao mit Performance in der kinematografischen Tradition auseinander.<br />

Forsaken Landscapes (2019) wiederum ist eine Vier-Kanal-Installation, die<br />

über den gesamten Ausstellungsraum des Rockbund Art Museum, Shanghai,<br />

verteilt gezeigt wurde. Die ersten drei Projektionen zeigen die Landschaft<br />

der Mandschurei, die aufgrund der klimatischen Bedingungen einerseits<br />

und der politischen Situation andererseits praktisch nicht darstellbar ist, als<br />

unerbittlich und doch utopisch und fruchtbar. Die letzte Projektion zeigt den<br />

Benshi-Musiker Ichiro Kataoka, der das Land mit seiner Performance zu<br />

neuem Leben erweckt.<br />

Mit großem Einfühlungsvermögen arbeitet Hao an einer Visualisierung<br />

dessen, was sich dem flüchtigen Blick entzieht. In Tiefenbohrungen zwischen<br />

der verborgenen Agenda historischer und aktueller kultureller Projekte erzählt<br />

sie nicht nur von einem historischen Moment in Chinas Modernisierungsprozess,<br />

sondern spricht von innen heraus: „Ich höre auf den Atem des stillen<br />

Kontinents, während die Morgensonne langsam die Schatten verblassen<br />

lässt.“ (Skript zu Forsaken Landscapes, 2019).<br />

In Haos Arbeiten bilden die immer wieder auf<br />

die Probe gestellten Gefühle der Menschen die<br />

Grundlage einer Suche nach Erkenntnis, um<br />

als Richtschnur für die Zukunft zu fungieren.<br />

13<br />

Hao Jingban<br />

Bildende Kunst<br />

01/20-01/21


The Breath of the<br />

Quiet Continent<br />

Hera Chan<br />

Hao Jingban makes moving images and performances with the broken and<br />

distorted language that has constituted the modernisation of China. More<br />

precisely, she is concerned with the fissures of this project, which began in<br />

the 1930s. Combining experimental cinema with observational documentary,<br />

she employs a diversity of recording material to create densely textured<br />

narratives that work through the entanglement of our times. Over the last<br />

century, China has experienced dramatic changes, with each movement beginning<br />

(in her words) “like a storm” and ending with an abrupt full stop. The<br />

riling up of Chinese peoples’ spirit has produced an emotional landscape of<br />

unfulfilled desire. In Hao’s works, these unsettled emotions become material<br />

for knowledge production and act as a guide for the future.<br />

Hao was born in 1985 and graduated from film studies at Goldsmiths in<br />

2013. Armed with a theoretical background, she slipped into film-making on<br />

her return to Beijing, where she discovered that the city’s pre-Cultural Revolution<br />

ballroom dancing culture had persisted despite the violent upheavals<br />

in the nation. Hired to film the birthday celebration of a big-fish-in-a-smallpond<br />

ballroom dancer, Hao and her cameraman ended up creating Off Takes<br />

(2016), which focused on all the action except for the birthday girl they were<br />

hired to document. The work is part of a five-part series called Beijing Ballroom,<br />

which wended its way through aspects of this social – not socialist –<br />

dance tradition that seemed to casually persist against all odds. The project<br />

led to two solo showcases in Beijing in 2016. In 2017, she won the International<br />

Critics’ Prize (FIPRESCI Prize) at the 63rd Internationale Kurzfilmtage<br />

Oberhausen.<br />

Through the development of Hao’s work, she takes an intuitive and investigative<br />

approach, asking undogmatic questions. From Nanhu Park to Hongqi<br />

Road (2018) deals with the complexity of historical preservation through language.<br />

As part of the North East China Project, which began with 30 DVDs<br />

of films recovered from the Manchukuo Film Association, Hao began to work<br />

with performance in the cinematic tradition. Forsaken Landscapes (2019)<br />

is a four-channel installation dispersed throughout the exhibition space at<br />

the Rockbund Art Museum. The first three screens depict the Manchurian<br />

landscape—a landscape that is nearly impossible to depict because of its<br />

weather and political status—re-inscribed as unrelenting, utopian, and fertile.<br />

The last screen shows benshi musician Ichiro Kataoka, who reinvigorates<br />

the land with his performance.<br />

With empathy, Hao works toward visualising what resists being seen.<br />

Delving between the hidden agenda of historical and ongoing cultural projects,<br />

Hao’s rigorous approach not only speaks about a historical moment in<br />

China’s modernisation project, but also speaks from within it. To quote from<br />

the script performed at Forsaken Landscapes, “I listen to the breath of the<br />

quiet continent as the morning light gradually fades the shadows.”<br />

In Hao’s work, these unsettled emotions<br />

become material for knowledge production<br />

and act as a guide for the future.<br />

14<br />

Hao Jingban<br />

Visual Arts<br />

01/20-01/21


Workshop<br />

22.+23.11.2019<br />

daadgalerie<br />

Der Sound der<br />

künstlichen<br />

Intelligenz<br />

The Sound<br />

of Artificial<br />

Intelligence<br />

Neue Perspektiven der KI in zeitgenössischen Soundpraktiken:<br />

Dieser wegweisenden Verbindung widmeten<br />

sich neunzehn internationale KünstlerInnen und<br />

ForscherInnen, die sich mit maschinellem Lernen beschäftigen,<br />

bei einem zweitägigen, nicht-öffentlichen<br />

Workshop im November 2019. Der von der Arbeit des<br />

ehemaligen Musikstipendiaten Tomomi Adachi (Fellow<br />

2012) inspirierte Workshop wurde vom <strong>Berliner</strong> <strong>Künstlerprogramm</strong><br />

des DAAD und dem CTM Festival in<br />

Zusammenarbeit mit Adachi und dem Performancekünstler<br />

Marco Donnarumma konzipiert.<br />

Bewusst waren keine „handfesten“ Ergebnisse gefordert.<br />

Im Gegenteil sollte der Workshop Raum bieten<br />

für den Austausch von Ideen, Berichte der eigenen praktischen<br />

Ansätze und die Formulierung utopischer oder<br />

apokalyptischer Gedankengänge und -windungen –<br />

ohne den Druck, ein Werk vor einem Publikum präsentieren<br />

oder ein bestimmtes Resultat erzielen zu müssen.<br />

Aus künstlerischen Affinitäten entwickelten sich neue<br />

Verbindungen und Kollaborationen. So präsentierte eine<br />

Gruppe von vier der teilnehmenden KünstlerInnen einige<br />

Monate später, im Januar <strong>2020</strong>, ein KI-Manifest beim<br />

CTM Festival in Berlin.<br />

Die eingeladenen KünstlerInnen kamen aus einer<br />

Reihe von Disziplinen, darunter Sound/Musik, Tanz/Bewegung,<br />

Kommunikation, Biologie, bildende Kunst,<br />

Computational Arts und andere: Tomomi Adachi, Sofia<br />

Crespo, Marco Donnarumma, Andreas Dzialocha,<br />

Leslie García, James Ginzburg, Wesley Goatley, Florian<br />

Hecker, sergey kasich, Rany Keddo, Peter Kirn, Gene<br />

Kogan, Jules LaPlace, Paloma López, Helena Nikonole,<br />

Theresa Schubert, Alsino Skowronnek, Natalia Soboleva<br />

und Jan St. Werner. Dahlia Borsche & Taïca Replansky<br />

Over two intensive days in November 2019, a group<br />

of nineteen international artists and researchers who<br />

work with machine learning came together for a<br />

non-public workshop to brainstorm new perspectives<br />

on AI in contemporary sound practices. Inspired by the<br />

work of former music fellow Tomomi Adachi (fellow<br />

2012), the workshop was a collaboration between<br />

the Artists-in-Berlin Program, CTM Festival, with notable<br />

input from Adachi and performance artist Marco<br />

Donnarumma.<br />

No outcome was expected of the participants; instead,<br />

the workshop provided space to exchange ideas,<br />

learn about each other’s practices, and follow utopian<br />

or apocalyptic thought trajectories and detours, without<br />

the pressure to present in front of an audience or to<br />

produce a specific result. New connections and collaborations<br />

materialized out of certain artistic affinities.<br />

For example, a group of four of the participating artists<br />

presented an AI Manifesto at CTM Festival in Berlin a<br />

few months later, in January <strong>2020</strong>.<br />

The invited artists came from a range of disciplines,<br />

including sound/music, dance/movement, communication,<br />

biology, visual art, computational arts, and more:<br />

Tomomi Adachi, Sofia Crespo, Marco Donnarumma,<br />

Andreas Dzialocha, Leslie García, James Ginzburg,<br />

Wesley Goatley, Florian Hecker, sergey kasich, Rany<br />

Keddo, Peter Kirn, Gene Kogan, Jules LaPlace, Paloma<br />

López, Helena Nikonole, Theresa Schubert, Alsino<br />

Skowronnek, Natalia Soboleva, and Jan St. Werner.<br />

Dahlia Borsche & Taïca Replansky<br />

15


Biologische<br />

Wesen ins<br />

Kollektiv einladen<br />

Inviting Biological<br />

Entities Into<br />

the Collective<br />

↑ Ontological Machines,<br />

daadgalerie,<br />

Installationsansicht /<br />

installation view →<br />

© Thomas Bruns<br />

16


Interspecifics<br />

Speculative Communication<br />

Klanginstallation /<br />

Sound Installation<br />

22.11.2019 - 12.01.<strong>2020</strong><br />

daadgalerie<br />

Die Ausstellung Speculative Communication ist genauso<br />

interdisziplinär, artenübergreifend und heterogen<br />

wie das Kollektiv Interspecifics, das sie konzipierte und<br />

produzierte. Ihre Installationen sind ein offenes, dynamisches<br />

Labor: Die Künstlerinnen Paloma López und<br />

Leslie García laden biologische Wesen in ihr Kollektiv<br />

ein – darunter Bakterien, Pflanzen, Schleimpilze – und<br />

integrieren sie in ihre speziell angefertigte Elektronik und<br />

Software.<br />

Mikrobische Brennstoffzellen bilden den Kern der<br />

Micro-rhythms, deren Stoffwechsel Strom- und Kontrollsignale<br />

produziert. Die Arbeit ist eine Abfolge von<br />

Übersetzungen – Stromspannung in Licht, Lichtmuster<br />

in Computervisualisierungen und kartesische Koordinaten,<br />

Verortungen in Analysen auf Basis maschinellen<br />

Lernens, Analyseergebnisse in Partituren.<br />

Speculative Communication ist eine Weiterverarbeitung<br />

dieser fragilen Wechselbeziehungen. Eine<br />

Ansammlung verschiedener Mikroorganismen, die über<br />

Schaltkreise und Petrischalen verteilt sind, rotieren auf<br />

einer Platte. Zahlreiche Mikroskopobjektive „füttern“ die<br />

Analyse der Anordnungen von Formen und Bewegungen<br />

in den Computervisualisierungen. Während die<br />

künstliche Intelligenz diese Strukturanalysen der Muster<br />

durchführt, erzeugt sie Bilder und Klänge, die in ihrer<br />

kontinuierlichen Entwicklung live präsentiert werden.<br />

Interspecifics gehen in ihrem Bekenntnis zum Open-<br />

Source-Ethos so weit, dass jede Installation aus ihrem<br />

jeweiligen GitHub-Repository, sprich dem Quelltextverzeichnis,<br />

rekonstruiert werden könnte. Die verwendeten<br />

Elemente sind preiswerte Standardleuchten, Stative, Objektive,<br />

Raspberry-Pi-Computer und lesbarer Code. Das<br />

erlaubt es dem Kollektiv, sich problemlos mit anderen zu<br />

vernetzen.<br />

Die Künstlerinnen erforschen die Verschränkung<br />

sinnlicher Erfahrung von Wirklichkeit mit der Suche nach<br />

Bedeutung in sinnlich erfahrbaren Mustern. Doch im<br />

Gegensatz zur üblichen Auffassung von Intelligenz und<br />

künstlicher Intelligenz ist die Wahrnehmung hier nicht<br />

in sich geschlossen. Die Arbeiten umfassen eine Reihe<br />

von Übersetzungen ebenso wie ein Netzwerk von Inputs<br />

und stellen somit ein kollektives Netzwerkmodell des<br />

Lernens dar.<br />

Die Veranschaulichung dieses Prozesses – in all<br />

seiner Zerbrechlichkeit und Unvollkommenheit –, die den<br />

Betrachter und die Betrachterin direkt einbezieht, ist von<br />

zentraler Bedeutung. Diese Maschinen und Organismen<br />

stehen nie für sich. Wenn wir sie begleiten, sind auch<br />

wir nicht allein – alles befindet sich in einem Reigen des<br />

gemeinsamen Lernens und Lehrens. Peter Kirn<br />

Like the collective that produced it, Interspecifics’ exhibition<br />

Speculative Communication is interdisciplinary,<br />

interspecies, and heterogeneous. Their installations are<br />

an open, dynamic laboratory. Artists Paloma López<br />

and Leslie García invite biological entities into their collective—bacteria,<br />

plants, slime molds—and integrate<br />

them with their customized electronics and software.<br />

Microbial fuel cells are at the core of Micro-rhythms,<br />

metabolizing as they produce both power and control<br />

signals. The work is a sequence of translations—voltage<br />

to light, light patterns to computer vision and Cartesian<br />

mapping, positions to machine learning analysis,<br />

analyzed events to sound score.<br />

Speculative Communication elaborates on these<br />

delicate interrelations. A collection of various microorganisms<br />

across circuits and Petri dishes rotate on a<br />

platter. Multiple microscope lenses feed computer vision<br />

analysis of arrangements of shapes and motion. The AI<br />

analyzes these structured patterns, generating evolving<br />

image and sound scores, shown live.<br />

Interspecifics are so rigorous in their embrace of<br />

an open-source ethos that one could reconstruct each<br />

installation from its respective GitHub repository. The<br />

parts are inexpensive standard lights, tripods, lenses,<br />

Raspberry Pi computers, and readable code. That<br />

makes their collective one that can freely network with<br />

others.<br />

The artists explore the entanglement of the sensorial<br />

experience of reality and the search for meaning in<br />

perceived patterns. But in contrast to the usual view of<br />

intelligence and artificial intelligence, that perception<br />

isn’t solitary. The works involve both a chain of translations<br />

and a network of inputs—there is a collective,<br />

interconnected model of learning itself.<br />

More importantly, making this process visible—<br />

in all its frailty and imperfection—directly involves the<br />

viewer. These machines and organisms are never alone.<br />

When we accompany them, we are not alone either—<br />

everything in a dance of learning and teaching, together.<br />

Peter Kirn<br />

17


© Jasper Kettner<br />

OSIAS<br />

YANOV


Der Optimismus<br />

der Nacht<br />

Övül Durmuşoğlu<br />

„Strike a pose!“ Vor dreißig Jahren rückte Madonnas Hit Vogue Manhattans<br />

Ballsäle, ihre Choreografie und Politik, in das popkulturelle Bewusstsein.<br />

Im gleichen Jahr machte Jennie Livingstones Dokumentarfilm Paris is<br />

Burning (Paris brennt) die Subkultur des Voguing zum Thema theoretischer<br />

Debatten. Der damit verbundene Anstrich von Glamour hat jedoch den<br />

anti-heteronormativen Kern von „strike a pose“ als Widerstandsform nicht<br />

verändert – als eine Verteidigungsstrategie gegen den kategorisierenden<br />

Blick eines Systems, das auf die Lesbarkeit von Körpern abzielt.<br />

Getrieben von einer unentwegten, gegen diese Lesbarkeit gerichteten<br />

Suche nach Spannung, Druck, Überschuss, Verlangen und schierer Freude,<br />

ist Osías Yanov Teil einer queeren Generation, die lernen musste, verschlungene<br />

Wege zu gehen. Sie wuchs auf mit dem Tanz zu jenen Rhythmen, die<br />

die Geste des Widerstands auf der Bühne populär machten; sie erlebte die<br />

Spätfolgen der HIV-Krise, die weltweit tiefe Verwundungen in den queeren<br />

Szenen hinterließ – zur gleichen Zeit, als Madonna Vogue auf den großen<br />

Konzertbühnen choreografierte, gemeinsam mit der Ballsaal-Community.<br />

Yanov, der in Buenos Aires lebt und arbeitet, ist sich der rauen Schönheit<br />

dieser Umwege bewusst. Seine Arbeiten bewegen sich zwischen Performance,<br />

Installation und Video und schaffen Settings und Szenarien, die auf<br />

Grenzen und Grenzüberschreitungen bauen, immer auf der Suche nach unterschiedlichen<br />

Realitäten unter der Oberfläche des Alltags. Sie bilden den<br />

Ausgangspunkt für eine Praxis, in der die Grenzen des Individuums mit jenen<br />

des Kollektivs zusammenfallen und ein gemeinschaftlicher Raum für unerwartete<br />

Reaktionen des Körpers entsteht. Manchmal sind die Körper alleine –<br />

wie in Oil (2014) – oder Teil eines Kollektivs – wie in VI Sesión en el<br />

Parlamento (2015).<br />

Die Codes und Rollen, in denen sich die Ideologien und Ästhetiken der<br />

Moderne verkörpern, sind die Schlüssel für Yanovs Choreografien. Diese<br />

Bezüge werden verstärkt und verschoben, um eine neue, Grammatik der<br />

Erotik zu schaffen, in der Kollektivität und Intimität verschwimmen. Die<br />

Schlitze in den Cameo-Tanzkostümen im Genitalbereich erinnern an Merce<br />

Cunninghams erste Grenzüberschreitungen in den 1970er Jahren. Die kleinen<br />

Stacheln an den skulpturalen Metallinstallationen deuten auf ein Ritual<br />

von Anspannung, Schmerz und Vergnügen. Mittels solcher Anordnungen<br />

demaskiert Yanov die Konstruiertheit von ideologisch besetzten Körpern.<br />

Seine MitstreiterInnen kommen aus den Szenen, die ihm vertraut sind.<br />

Ihr Austausch beginnt immer in einem gemeinsamen Raum wie einem<br />

Dancefloor. Sie sind Transsexuelle, Drag Queens, (ehemalige) Junkies, SportlerInnen,<br />

Club Dancer – Individuen, die Klassifizierungen wie „behindert“<br />

oder „fett“ hinterfragen, sich aneignen und selbst täglich einer Prüfung ihrer<br />

eigenen Lesbarkeit unterzogen werden. Die Recherchen für seine jüngste<br />

Arbeit Orphan Dance (2018) führten Yanov in das Londoner Nachtleben, wo<br />

er neue Bekannte einlud, mit ihm zusammen in einem Setting zu performen,<br />

das für mechanische Automatisierung und Effizienz steht.<br />

Osías Yanov inszeniert einen Optimismus der Nacht, der neue Wege für<br />

soziale Choreografien ermöglicht. Im ständigen Wunsch nach Veränderung<br />

sucht er die Verkörperung des lustvollen Verlangens zwischen antiken,<br />

modernen und zeitgenössischen Ritualen.<br />

Yanovs Choreografien schaffen eine neue,<br />

imaginierte Grammatik von Erotik, in der<br />

Kollektivität und Intimität verschwimmen.<br />

19<br />

Osías Yanov<br />

Bildende Kunst<br />

01/20-01/21


A Nocturnal<br />

Optimism<br />

Övül Durmuşoğlu<br />

“Strike a pose!” It has been 30 years since Madonna’s hit single Vogue introduced<br />

the choreography and politics of ballroom houses in Manhattan into<br />

pop-cultural consciousness. It was the same year in which Jennie Livingstone’s<br />

documentary Paris is Burning made the burning subculture of voguing<br />

a matter of theoretical debate. Yet the touch of glamour that came with<br />

it did not change the counter-heteronormative core of “striking a pose” as a<br />

form of resistance—as a defence tactic against the essentialist, categorizing<br />

gaze of a system that always aims for body legibility.<br />

Driven by the moves against what renders bodies legible, incessant<br />

search for grounds of tension, pressure, overflow, desire and joy, Osías Yanov<br />

is part of a queer generation that had to learn to walk a forked path. They<br />

grew and danced to the rhythms that popularized such a gesture of resistance<br />

on stage, and experienced the after-effects of an HIV crisis that left<br />

deep wounds in queer scenes worldwide. At the same time, Madonna was<br />

choreographing vogue on concert stages in collaboration with the ballroom<br />

community.<br />

Based in Buenos Aires, Yanov is very aware and fond of the brutal beauty<br />

generated by that split path. Working across performance, installation, and<br />

video, he produces revelatory settings and scenarios built on borders and<br />

transgression, in search of different pockets of reality embedded within visible<br />

everyday life. They define the starting point of their practice as being where<br />

the boundary of the individual intersects with that of the collective, and the<br />

unexpected responses of the body in that space. It can be singular—as in<br />

Oil (2014)—or collective—as in VI Sesión en el Parlamento (2015).<br />

The codes and roles the body is given to enact the ideologies and aesthetics<br />

of modernity are the pressure points for developing their particular<br />

choreographies. Such references are pushed and twisted to create a new,<br />

imaginative grammar of the erotic, while what is between collective and<br />

intimate becomes blurred. The slits in the genital area of the cameo dance<br />

costume remind us how those transgressions were introduced and used by<br />

Merce Cunningham in the 1970s. The tiny spikes on a constructivist metal<br />

sculptural installation suggest a ritual of tension, pain, and pleasure. Yanov<br />

instrumentalizes such constructions in his settings to reveal the constructedness<br />

of the ideologically marked body.<br />

Yanov’s collaborators come from the scenes he interacts with regularly.<br />

Their conversations always begin in a shared space such as a dance floor.<br />

They are transsexuals, drag queens, junkies, former junkies, sportsmen, club<br />

dancers, and individuals who question and appropriate the fact of being<br />

classified as “disabled” or “fat” who have to go through an examination of<br />

legibility in their everyday lives. For his recent piece Orphan Dance (2018),<br />

Yanov’s “field research” took place in London’s nightlife scene, where he invited<br />

individuals he met to perform with him in a setting that addressed themes<br />

of mechanical automation and efficiency.<br />

Osías Yanov enacts a nocturnal optimism that opens up new paths for<br />

social choreography. In his constant desire for change, he seeks to embody<br />

the lustful desire between ancient, modern, and contemporary rituals.<br />

Yanov’s choreographies create a new,<br />

imaginative grammar of the erotic,<br />

while what is between collective and<br />

intimate becomes blurred.<br />

20<br />

Osías Yanov<br />

Visual Arts<br />

01/20-01/21


Die „Hafenlesung“, eine mehrsprachige Lesereihe<br />

in Hamburg, angesiedelt im Nachtasyl am Thalia<br />

Theater, lud im November 2019 Gäste des <strong>Berliner</strong><br />

<strong>Künstlerprogramm</strong>s auf die Lesebühne. Auf den Fotos:<br />

Kurator Tomás Cohen und BKP-Fellows Don Mee<br />

Choi und Alan Pauls (von links nach rechts) sowie Tom<br />

McCarty und Hugh James (rechts/links). Unterstützt<br />

durch das <strong>Berliner</strong> <strong>Künstlerprogramm</strong> des DAAD aus<br />

Mitteln des Auswärtigen Amtes © Nico Scagliarini<br />

In November 2019, „Hafenlesung“, the multilingual<br />

reading series at the Nachtasyl club at Thalia Theater<br />

in Hamburg, invited DAAD writers-in-residence for a<br />

joint presentation on stage. On the fotos, curator Tomás<br />

Cohen and BKP fellows Don Mee Choi and Alan Pauls<br />

(from left to right); Tom McCarty and Hugh James<br />

(right/left). Supported by DAAD Artists-in-Berlin<br />

Program with funds from the Federal Foreign Office<br />

© Nico Scagliarini


Künste und<br />

Medien:<br />

Rechercheund<br />

Studienaufenthalte<br />

Arts and<br />

Media:<br />

Research<br />

and Study<br />

Residencies<br />

Louis Chude-Sokei & Jan St. Werner, Identity Jitter, daadgalerie, 11/19 © Stefanie Kulisch<br />

Mit dem Programm „Künste und Medien“ fördert der<br />

DAAD Recherche- und Studienaufenthalte von internationalen<br />

Kulturschaffenden und MedienmacherInnen<br />

in Deutschland. Neben langfristigen Kooperationen –<br />

mit dem PIK (Potsdam), dem Europäischen Übersetzer-Kollegium<br />

Straelen und den Darmstädter Ferienkursen<br />

für Neue Musik – umfasst das Programm Kurzzeitstipendien,<br />

die vom <strong>Berliner</strong> <strong>Künstlerprogramm</strong><br />

vergeben werden. Ende 2019 waren Helena Nikonole<br />

In addition to other long-term collaborations—with<br />

the Potsdam Institute for Climate Impact Research<br />

(PIK), the Europäisches Übersetzer-Kollegium in<br />

Straelen and the Darmstadt Summer Course for New<br />

Music—the program includes short-term fellowships<br />

awarded by the Artists-in-Berlin Program. At the<br />

end of 2019, fellowship recipients Helena Nikonole<br />

(Moscow, Russia) and Louis Chude-Sokei (Boston,<br />

US) were guests in Berlin.<br />

22


Identity Jitter, daadgalerie, 11/19 © Stefanie Kulisch<br />

(Moskau, Russland) sowie Louis Chude-Sokei (Boston,<br />

USA) über ein solches Stipendium zu Gast in Berlin.<br />

Louis Chude-Sokei ist Autor mehrerer preisgekrönter<br />

Bücher, darunter The Sound of Culture: Diaspora<br />

and Black Technopoetics (2016); er ist Chefredakteur<br />

des Magazins The Black Scholar, Direktor der African<br />

American Studies an der Universität Boston sowie<br />

Gründer des Klangkunst/Archiv-Projekts Echolocution.<br />

Während seines Aufenthaltes in Berlin tauschte<br />

sich Louis Chude-Sokei im Rahmen eines öffentlichen<br />

Gesprächs in der daadgalerie mit der Künstlerin, Aktivistin<br />

und Wissenschaftlerin Toni Lester sowie dem<br />

Musiker und Klangforscher Jan St. Werner (Mouse On<br />

Mars, Fiepblatter Catalogue) über künstliche Intelligenz<br />

in Sound Cultures aus.<br />

Die Künstlerin und Kuratorin Helena Nikonole arbeitet<br />

auf dem Gebiet der Neuen Medien. Ihr Interesse gilt<br />

in erster Linie der hybriden Kunst, einer zukunftsorientierten<br />

Ästhetik, dem Internet der Dinge und der künstlichen<br />

Intelligenz. In ihren Arbeiten lotet sie sowohl deren<br />

Potenzial aus als auch die Risiken und Gefahren – ein<br />

Aspekt, dem viele WissenschaftlerInnen und Apologeten<br />

neuer Technologien ihrer Meinung nach nicht<br />

gerecht werden. In Berlin hat sie ihre Recherchen zum<br />

Einsatz künstlicher Intelligenz im Kontext von Soundund<br />

Medenperformances vertieft und ihre bestehenden<br />

Kontakte zu <strong>Berliner</strong> KünstlerInnen und ForscherInnen<br />

intensiviert und erweitert. DB<br />

Louis Chude-Sokei is the author of several<br />

award-winning books, including The Sound of Culture:<br />

Diaspora and Black Technopoetics (2016). He is<br />

editor-in-chief of The Black Scholar journal, director<br />

of African American Studies at Boston University, and<br />

founder of the sound art / archive project Echolocution.<br />

During his stay in Berlin, Louis Chude-Sokei exchanged<br />

views on artificial intelligence in sound cultures with<br />

artist, activist, and researcher Toni Lester and musician<br />

and sound researcher Jan St. Werner (Mouse On Mars,<br />

fiepbaltter catalogue) as part of a public discussion at<br />

the daadgalerie.<br />

Artist and curator Helena Nikonole works in the<br />

field of new media. Her primary interests are hybrid art,<br />

future-oriented aesthetics, the internet of things, and<br />

artificial intelligence. In her work she explores both the<br />

potential as well as risks and dangers of these topics—<br />

aspects that, in her view, many researchers and apologists<br />

of new technologies do not adequately address. In<br />

Berlin, she expanded her research on the use of artificial<br />

intelligence in the context of sound and media performances,<br />

and deepened and broadened her existing<br />

contacts with local artists and researchers. DB<br />

23


© Jasper Kettner


Erzählen statt<br />

erklären<br />

Jackie Thomae<br />

Bibliografie (Auswahl)<br />

Dog Eat Dog<br />

Kwela Books<br />

Kapstadt, 2004<br />

After Tears<br />

Kwela Books<br />

Kapstadt, 2007<br />

Way Back Home<br />

Kwela Books,<br />

Kapstadt, 2013<br />

Way back home<br />

Das Wunderhorn<br />

Heidelberg, 2015<br />

[Ü: Gunther Geltinger]<br />

Affluenza<br />

Kwela Books<br />

Kapstadt, 2016<br />

Soweto, Under The<br />

Apricot Tree<br />

Kwela Books<br />

Kapstadt, 2018<br />

Black Tax<br />

Jonathan Ball<br />

Publishers<br />

Johannesburg, 2019<br />

Niq Mhlongo, Jahrgang 1973, wuchs in Soweto auf und studierte Anfang<br />

der 1990er Jahre an der University of the Witwatersrand in Johannesburg<br />

Afrikanische Literatur und Politikwissenschaften. Damit gehört er zur ersten<br />

Generation, für die das Erwachsenenleben nach dem Ende der Apartheid<br />

begann. Und von diesem Danach handeln auch seine Romane und Erzählungen.<br />

Das ist auch im Vergleich zu Deutschland interessant, das selbst mit<br />

einer Zäsur in der jüngeren Geschichte lebt, die die Nation nach wie vor<br />

beschäftigt. Auch in der Literatur.<br />

Niq Mhlongo ist eine der geistreichsten und frechsten Stimmen in der<br />

literarischen Szene des neuen Südafrika, schreibt die New York Times über<br />

diesen Autor, der uns sein Land nicht erklärt, sondern erzählt.<br />

Wie er selbst sind auch die Helden seiner Geschichten oft die ersten in<br />

ihren Familien, die an Elite-Unis studieren können. Hier treffen große Chancen<br />

auf noch größere Erwartungen, der verständliche Wunsch nach Sex und<br />

Spaß stößt auf den Druck zu funktionieren. In seinem Roman After Tears wirft<br />

Bafana sein Studium in Kapstadt hin und geht zurück nach Johannesburg,<br />

wo seine Familie davon ausgeht, er wäre fertig ausgebildeter Jurist. Er lässt<br />

sie in dem Glauben. Und auch Dingz, der Held des Romans Dog Eat Dog<br />

weiß, dass er auf einem dünnen Seil über zwei Welten balanciert, von denen<br />

die eine schillert und die andere sein Heimattownship ist. Niq Mhlongo<br />

schreibt aus eigener Erfahrung von den Schwierigkeiten dieser Generation,<br />

die plötzlich den Zugang zu einer Welt hatte, auf die sie nie vorbereitet wurde.<br />

In dem auch auf Deutsch erschienenen Roman Way Back Home kommt<br />

Kimathi aus dem angolanischen Exil zurück nach Südafrika und feiert die<br />

neue Freiheit, bis er von einem Geist in mehreren Frauengestalten heimgesucht<br />

wird. Zugleich ist es ein politischer Roman voller Fakten. Geister,<br />

Vorfahren und traditionelle Heiler können auch in anderen Geschichten<br />

Mhlongos selbstverständlich neben Problemen wie Korruption, Arbeitslosigkeit<br />

oder Kriminalität existieren, aber auch neben den neuesten Mobiltelefonen,<br />

Autos, Modemarken und Popsongs. Niq Mhlongo spart keine Themen<br />

aus, er verwebt sie miteinander. So allgegenwärtig wie die Tradition im<br />

modernen Leben, ist deshalb auch der Tod. Immer wieder stoßen wir auf<br />

Alltagsszenen, die an vielen Orten der westlichen Welt spielen könnten, bis<br />

die Situation kippt, manchmal ins Absurde, manchmal ins Brutale. Im Erzählband<br />

Affluenza trifft ein junger Mann in einer Bar auf drei hübsche Frauen,<br />

lädt sie ein, um mit ihm und seinen Freunden einen Junggesellenabschied<br />

zu feiern. Es wird ein bisschen geprotzt und geflirtet, der Whisky ist teuer,<br />

die Frauen sind sexy und selbstbewusst, die junge schwarze Mittelklasse<br />

scheint ihren Wohlstand zu feiern, bis die eine Gruppe die andere kidnappt<br />

und ausraubt. Und wenn er seine Figuren über das Faible weißer Touristinnen<br />

für Männer mit Dreadlocks sinnieren lässt, dann ist das ein Blick nach<br />

Europa, der wirklich lustig ist, wenn auch diese Story ihre Tragik hat.<br />

2019 ist Mhlongo für seinen Erzählband Soweto, Under the Abricot Tree<br />

mit dem Nadine Gordimer Short Story Award ausgezeichnet worden.<br />

Südafrika hat mit J.M. Coetzee und Nadine Gordimer zwei Literaturnobelpreisträger,<br />

die über ihre Arbeit einem weltweiten Publikum Einblicke in die<br />

südafrikanische Wirklichkeit verschafft haben. Niq Mhlongo als Vertreter<br />

einer jüngeren Generation von AutorInnen eröffnet uns eine neue Perspektive,<br />

die der jungen Schwarzen von heute.<br />

„Eine der geistreichsten und frechsten<br />

Stimmen in der literarischen Szene des<br />

neuen Südafrika“ The New York Times<br />

25<br />

Niq Mhlongo<br />

Literatur<br />

02/20-02/21


Narrating Instead<br />

of Explaining<br />

Jackie Thomae<br />

Selected Bibliography<br />

Dog Eat Dog<br />

Kwela Books<br />

Cape Town, 2004<br />

After Tears<br />

Kwela Books<br />

Cape Town, 2007<br />

Way Back Home<br />

Kwela Books,<br />

Kapstadt, 2013<br />

Affluenza<br />

Kwela Books<br />

Cape Town, 2016<br />

Soweto, Under<br />

The Apricot Tree<br />

Kwela Books<br />

Cape Town, 2018<br />

Black Tax<br />

Jonathan Ball<br />

Publishers<br />

Johannesburg, 2019<br />

Niq Mhlongo, born in 1973, was raised in Soweto and studied African<br />

Literature and Political Science at the University of the Witwatersrand in Johannesburg<br />

in the early 1990s. This places him within the first generation to<br />

come of age after apartheid, and his novels and short stories also grapple<br />

with that aftermath. This is also relatable to Germany, which shares a recent<br />

history of censorship and upheaval with which the country is still grappling.<br />

In literature as elsewhere.<br />

The New York Times has called Niq Mhlongo “one of the most highspirited<br />

and irreverent new voices of South Africa’s post-apartheid literary<br />

scene.” He is a man who, instead of explaining his country, tells us its stories.<br />

Like their author, those stories’ protagonists are often the first in their families<br />

to have studied at elite universities. Great opportunities collide with even<br />

greater expectations, while familiar desires for fun and sex rub up against the<br />

pressure to be productive. In his novel After Tears, the character of Bafana<br />

drops out of university in Cape Town and returns to Johannesburg, where<br />

his family assumes he is now a qualified lawyer. He does not disabuse them.<br />

And Dingz, the main character of the novel Dog Eat Dog, knows he is walking<br />

a tightrope between two worlds: one sparkling with possibility, the other his<br />

native township. Niq Mhlongo writes from experience about the difficulties of<br />

this generation, which abruptly gained access to a world for which it was categorically<br />

unprepared.<br />

In the novel Way Back Home, Kimathi returns to South Africa from exile<br />

in Angola and celebrates his newfound freedom before being haunted by a<br />

ghost disguised as a series of women. The political novel is simultaneously<br />

brimming with facts. In other stories by Mhlongo, ghosts, ancestors, and traditional<br />

healers coexist with such problems as corruption, unemployment, and<br />

crime, but also the latest smartphones, car models, clothing brands, and pop<br />

songs. Niq Mhlongo leaves no topics out; he weaves it all in. Just as tradition<br />

is ubiquitous in modern life, so too is death. We often come across ordinary<br />

scenes that could happen virtually anywhere in the West—until circumstances<br />

shift, sometimes teetering into absurdity, or else brutality. In the short story<br />

collection Affluenza, a young man meets three good-looking women at a bar<br />

and invites them to join him and his friends for a bachelor party. Some posing<br />

and flirting follow. The whiskey is pricey, the women are confident and sexy,<br />

and the young Black middle class seems to be reveling in its prosperity—until<br />

one group kidnaps and robs the other. And when his characters ponder white<br />

female tourists’ fetish for dreadlocked men, Mhlongo’s take on Europe is the<br />

ultimate comedy, even if this story is likewise tragic.<br />

In 2019, Mhlongo was honored with the Nadine Gordimer Short Story<br />

Award for his collection Soweto, Under the Apricot Tree. South Africa’s two<br />

Nobel Laureates in Literature, J.M. Coetzee and Nadine Gordimer, have offered<br />

a global audience glimpses of South African realities in their work. As<br />

a member of a younger generation of writers, Niq Mhlongo shows us a new<br />

perspective: that of the young Black voices of today.<br />

“One of the most high-spirited and irreverent<br />

new voices of South Africa’s post-apartheid<br />

literary scene” The New York Times<br />

26<br />

Niq Mhlongo<br />

Literature<br />

02/20-02/21


Heroines of Sound: Cutting Edge Sounds from Latin America, Interspecifics,<br />

daadgalerie, 12/19 © Krzysztof Zielińksi


Vom<br />

Verschwinden<br />

der Stille<br />

The<br />

Disappearance<br />

of Silence<br />

↑ HLLW HWL,<br />

daadgalerie,<br />

Installationsansichten /<br />

installation views →<br />

© Thomas Bruns<br />

28


sergey kasich<br />

HLLW HWL<br />

Sound Installation /<br />

Klanginstallation<br />

24.01.<strong>2020</strong> - 13.02.<strong>2020</strong><br />

daadgalerie<br />

Hat die Leere eine Stimme? In sergey kasichs Installation<br />

HLLW HWL, die in der daadgalerie zu sehen war, dienten<br />

über den Ausstellungsraum verteilte Fundstücke als<br />

passive Klangflächen, die die Bewegungen der BesucherInnen<br />

reflektierten, nachhallen ließen oder absorbierten.<br />

An den Objekten befestigte Mikrofone fingen die von<br />

den Vorbeigehenden verursachten Luftbewegungen ein<br />

und verstärkten sie zu hörbaren Signalen, die von kasich<br />

in Echtzeit verarbeitet wurden, um eine algorithmische<br />

Komposition zu erzeugen.<br />

Am Eingang erhielten die BesucherInnen Kopfhörer<br />

und wurden gebeten, den Raum leise zu betreten.<br />

Während sie sich langsam durch den Raum bewegten,<br />

konnten sie eine zarte Palette von Klängen hören, mit<br />

denen die unterschiedlichen Objekte auf ihre Anwesenheit<br />

reagierten. Diese Gegenstände waren zuvor<br />

an verschiedenen Orten in Berlin, die sich dem neoliberalen<br />

Eigentumsnarrativ der Stadt entgegenstellen –<br />

besetzte Häuser, inoffizielle Müllhalden, Schlafplätze<br />

von Obdachlosen –, gesammelt worden. Die Objekte<br />

sprachen durch Resonanzkörper von Gentrifizierung<br />

und Wohnungsnot, den teils verstärkten Echos konnte<br />

man über Kopfhörer nachhorchen. Eine geborstene<br />

Toilettenschüssel, ein Bruchstück eines Aluminiumrohrs,<br />

ein weggeworfener McDonald’s-Becher und eine<br />

kaputte Schreibtischlampe waren nur einige der Klangkörper,<br />

die auf Vergänglichkeit, Auflösungserscheinungen<br />

und vergessene Zwischenräume hindeuteten. Ein<br />

gelegentlich auftretendes, unbeabsichtigtes Geräusch<br />

(ein ungewolltes Husten, ein auf den Boden gefallener<br />

Schlüsselbund) oder eine absichtliche Störung (Händeklatschen,<br />

um die Installation zu testen) veranlasste<br />

die Objekte, weitere Echos in den Hörraum zu senden.<br />

Könnte man diesen im Verschwinden begriffenen Räumen<br />

ein stärkeres Flüstern, vielleicht sogar einen Schrei,<br />

entlocken? Was würden sie uns sagen?<br />

Das Stück reflektiert die jüngste Phase von sergey<br />

kasichs Werk, das sich mit Urbanistik, Architektur und<br />

Materialstudien beschäftigt. kasich verwischt die Grenzen<br />

zwischen Künstler und Technologen. Er bedient sich<br />

bestimmter Installationsformate und generativer Kunstwerke,<br />

um dem Klang Ausdrucksformen zu geben, die<br />

über das Hörbare hinausgehen. Räume, Objekte, Texturen<br />

und Werkzeuge erhalten eine neue Bedeutung,<br />

indem kasich das Verschwinden der Stille und Ruhezonen<br />

in urbanen Kontexten hervorhebt. Taïca Replansky<br />

Does emptiness have a voice? In sergey kasich’s installation<br />

HLLW HWL, on show at daadgalerie, a variety<br />

of found objects distributed throughout the exhibition<br />

space served as passive sound surfaces that reflected,<br />

resonated, or absorbed the movements of visitors. Microphones<br />

attached to the objects captured air movements<br />

made by the public, amplifying these to audible<br />

signals that were manipulated by kasich in real time to<br />

generate an algorithmic composition.<br />

At the entrance, visitors were given headphones<br />

and instructed to enter the room quietly. Slowly moving<br />

around the space, they could listen to the delicate<br />

range of sounds emerging from the disparate objects<br />

in response to their presence. Taken from various locations<br />

in Berlin that conflict with the city’s neoliberal<br />

property narratives—squats, (unauthorized) dumpsters,<br />

and homeless sleeping areas, for example—the objects<br />

spoke of gentrification and housing shortages in<br />

resonances that could be heard with (and sometimes<br />

without) amplification through headphones. A partially<br />

destroyed toilet bowl, a fragment of aluminum pipe, a<br />

discarded McDonald’s cup, and a broken desk lamp<br />

were just some of the sounding bodies that hinted at<br />

transience, departure, and forgotten, in-between spaces.<br />

An occasional accidental sound, such as an unwanted<br />

cough or a pair of keys accidentally dropped on<br />

the floor, or a deliberate disturbance such as hand clapping<br />

meant to test the installation, prompted the objects<br />

to release more echoes into the audible realm. Could<br />

one evoke stronger whispers, maybe even a yell, from<br />

these disappearing spaces? What would they tell us?<br />

The piece reflects the latest stage of sergey kasich’s<br />

work in urbanism, architecture, and material studies.<br />

Blurring the boundaries between artist and technologist,<br />

kasich uses installation formats and generative artwork<br />

to give sound new forms of expression that extend beyond<br />

the audible. Spaces, objects, textures, and tools<br />

are given new meaning as kasich highlights the disappearance<br />

of silence and quiet areas in urban contexts.<br />

Taïca Replansky<br />

29


30<br />

© Jasper Kettner


Bekundungen<br />

eines sonischen<br />

Verschwindens<br />

Franziska Buhre<br />

Inmitten eines Grundrauschens aus Blasinstrumenten und düster aufbrandenden<br />

Streichern, aus elektronischem Zischen und Störgeräuschen,<br />

erklingt die Stimme von Emre Dündar wie ein gedehnter Appell. Mit Satzund<br />

Wortfetzen, gesungenen und gesprochenen Lauten und Vokalisen, die<br />

unvermittelt von hohen in tiefe Register umschlagen, bekundet er ein sonisches<br />

Verschwinden: Sein Stück De Vulgari Eloquentia von 2017 ist dem<br />

letzten Sprecher der ubychischen Sprache aus dem Nordwest-Kaukasus<br />

gewidmet, der 1992 in der Türkei starb. „Jede Sprache hat ihre eigenen<br />

musikalischen Qualitäten“, sagt Dündar im Gespräch. „Ich habe De Vulgari<br />

Eloquentia zuerst improvisiert und dann eine Spektralanalyse meiner Stimme<br />

vorgenommen. Die Analyse eines Klangs fördert so viele Geheimnisse zutage,<br />

auf die man aufbauen kann. Ich schreibe Phrasen für Instrumente, die<br />

meine Art des Sprechens und Singens miteinander verbinden.“<br />

Dündars Partituren, ob für Orchester, Klavier mit Elektronik oder Holzbläser<br />

in verschiedenen Konstellationen, sind ausgefeilt, die Verwendung von<br />

Symbolen, Schriftarten und Spielanweisungen begreift er als eigene Kunst.<br />

Die Überantwortung seiner Werke an zeitgenössische MusikerInnen kann<br />

aber herausfordernd sein: „Sie versuchen zuerst, die Partitur insgesamt zu<br />

erfassen. Ich aber möchte sie dazu bewegen, eine erzählende Phrase zu<br />

spielen oder als Individuum zu sprechen.“<br />

Dichtung hat es Dündar besonders angetan. Er komponierte eine Soirée<br />

Gotique nach Gedichten von Emily Dickinson und widmete sich intensiv<br />

den Skizzen der modernen türkischer Lyriker İlhan Berk und Ece Ayhan.<br />

„Entwürfe sind keine geschlossenen Werke, sondern noch immer lebendig.<br />

Wie ein Geist, ein Papier, das man vergisst. Die Skizze vermittelt mir den<br />

Klang der Poesie. So nehme ich eine imaginäre Verbindung mit dem Dichter<br />

auf, der seinen Weg durch die Unordnung der Worte gefunden hat. In der<br />

Dichtung entdecke ich immer wieder neue Strukturformeln, die ich mit der<br />

musikalischen Narration in Einklang bringe.“ Der in Istanbul geborene Dündar<br />

ist vertraut mit den oralen Traditionen seiner Region, etwa mit den singenden<br />

Erzählern, den Aşıks, die seit Jahrhunderten in Vorder- und Zentralasien<br />

anzutreffen sind. Oder den Meddâhs, populären Geschichtenerzählern in<br />

der Türkei, die aktuelle Ereignisse aufgriffen und ihre Vorträge mit Spott und<br />

Sozialkritik anreicherten.<br />

Dündar spielt Klarinette und Altsaxofon, sein erstes Instrument war das<br />

Klavier. Er beschreibt seine Mutter, die Konzertpianistin Meral Dündar, als rigorose<br />

Lehrerin. Am Istanbuler Konservatorium studierte er bei İlhan Usmanbaş,<br />

dem wichtigsten Protagonisten der modernen zeitgenössischen Musik<br />

in der Türkei. Eine Übung war, Pastiches klassischer europäischer Komponisten<br />

zu schreiben. Offiziell sollten Komponierende türkische Volkslieder in<br />

klassische Musik integrieren, ähnlich wie im sozialistischen Realismus, wie<br />

Dündar meint. Beide Fertigkeiten kommen ihm beim Komponieren von Filmmusik<br />

zugute, er schätzt die Begrenzung auf die direkte Ansprache des Publikums<br />

und die Produktionstechnologien, die er auch für seine elektronische<br />

Musik nutzt. Einmal im Monat trifft er sich mit seinen Mitstreitern des Istanbul<br />

Composers Collective im Studio und nimmt zahlreiche Klänge auf, die jeder<br />

von ihnen anschließend verwenden kann. Und so erklingt Dündars Stimme<br />

bereits in anderen Werken zeitgenössischer türkischer Komponisten.<br />

„Ich schreibe Phrasen für Instrumente,<br />

die meine Art des Sprechens und<br />

Singens miteinander verbinden.“<br />

31<br />

Emre Dündar<br />

Musik<br />

02/20-02/21


Giving Voice to a<br />

Sonic Disappearance<br />

Franziska Buhre<br />

Amid an undertone of wind instruments and solemn, fiery strings, and of<br />

electronic hissing and noises, Emre Dündar’s voice resonates like an elongated<br />

plea. With fragments of sentences and words, sung and spoken sounds,<br />

and vocalizations that switch suddenly from high to low registers, he gives<br />

voice to a sonic disappearance: his piece De Vulgari Eloquentia (2017) is<br />

dedicated to the last speaker of the Ubykh language from the Northwest<br />

Caucasus, who died in Turkey in 1992. “Each language has its own musical<br />

qualities,” says Dündar in conversation. “I first improvised De Vulgari Eloquentia,<br />

then I made a spectral analysis of my voice. When you analyze a<br />

sound, you understand that there are so many secrets you can build upon.<br />

When I am writing phrases for instruments, I am creating connections between<br />

my speaking and my singing style.”<br />

Dündar’s scores, whether for orchestra, piano with electronics, or woodwinds<br />

in various constellations, are highly complex; he sees the use of symbols,<br />

typefaces, and performance instructions as his own art form. Entrusting<br />

contemporary musicians with his works, however, can present a challenge:<br />

“When musicians look at the scores, they first try to understand everything.<br />

But I want them to play a narrative phrase, or to speak as individuals.”<br />

Poetry in particular appeals to Dündar. He composed a Soirée Gothique<br />

after poems by Emily Dickinson and devoted himself extensively to the<br />

sketches of modern Turkish poets İlhan Berk and Ece Ayhan. “Sketches are<br />

not closed but something still alive. Like a ghost, a paper to forget but this<br />

paper gives me the sound of the poetry. When I look at it I create an imaginary<br />

connection with the poet who tried his way through the mess of words.<br />

In poetry I constantly discover new structural formulas that I reconcile with<br />

musical narration.” Dündar is familiar with the oral traditions of his region,<br />

like those of the Aşıks minstrels who have been around for centuries in both<br />

Western and Central Asia. The Meddâhs were popular storytellers in Turkey<br />

who touched on current events and augmented their lectures with sarcasm<br />

and social criticism.<br />

Dündar plays clarinet and alto saxophone, but his first instrument was the<br />

piano. He describes his mother, the concert pianist Meral Dündar, as a rigorous<br />

teacher. At the Istanbul Conservatory, he studied under İlhan Usmanbaş,<br />

the most important protagonist of modern contemporary music in Turkey.<br />

One of his exercises was to write pastiches of classical European composers.<br />

Officially, composers were supposed to integrate Turkish folk songs into<br />

classical music, much like socialist realism, Dündar says. Both skills serve him<br />

well when composing music for film; he appreciates being limited to addressing<br />

viewers directly, and to working with production technologies that he also<br />

uses for his electronic music. Once a month, he meets in the studio with fellow<br />

Istanbul Composers Collective members and records a variety of sounds<br />

which the members are welcome to use afterwards. And thus Dündar’s voice<br />

already resonates in the works of other contemporary Turkish composers.<br />

“When I am writing phrases for instruments,<br />

I am creating connections between my<br />

speaking and my singing style.”<br />

32<br />

Emre Dündar<br />

Music<br />

02/20-02/21


Ashley Fure (Fellow 2018): Hive Rise. Immersive Experience<br />

for 10 Megaphone Performers & Live Electronics<br />

Auftragswerk von / Commissioned by BKP & CTM Festival<br />

uraufgeführt beim / premiered at CTM Festival <strong>2020</strong>: LIMINAL, Berghain, 01/20<br />

© Krzysztof Zielińksi


Verletzbarkeit<br />

als visuelles<br />

Erlebnis<br />

Fragility<br />

rendered<br />

visible<br />

↑ N-O-T M-Y P-O-E-M-S,<br />

daadgalerie,<br />

Installationsansicht /<br />

installation view &<br />

Eröffnung / Opening →<br />

© Sebastian Bolesch<br />

34


Ghayath Almadhoun<br />

N-O-T M-Y P-O-E-M-S<br />

Poetry Space<br />

19.02.<strong>2020</strong> - 29.02.<strong>2020</strong><br />

daadgalerie<br />

Im Februar <strong>2020</strong> verwandelte Ghayath Almadhoun,<br />

seit 2019 in Berlin zu Gast, den Raum der daadgalerie<br />

in einen Ort der Worte. Nachts liefen mehrsprachige<br />

Schriftzüge über das große Schaufenster, ein arabisches<br />

Murmeln rieselte auf die BesucherInnen im<br />

Eingang herab, auf einer Wand begegneten sich kalligrafische<br />

Schriftzüge und lateinische Buchstaben, wie<br />

auch in den Poetry-Filmen auf der Wand gegenüber.<br />

So wurde, noch bevor man in den Gedankenraum der<br />

Worte eintrat, deutlich, dass Sprache hier immer auch<br />

in Übersetzung gedacht war, der diffizile Transport der<br />

Poesie aus einer in eine nächste Sprache Teil der poetischen<br />

Aktionen war.<br />

Ghayath Almadhoun ist ein syrisch-palästinensisch-schwedischer<br />

Künstler, der im Exil in Schweden<br />

mit der Dichterin Marie Silkeberg zusammenzuarbeiten<br />

begann. 2019/20 verbrachte er als Fellow des <strong>Berliner</strong><br />

<strong>Künstlerprogramm</strong>s in Berlin. Die Poetry-Filme in der<br />

Ausstellung N-O-T M-Y P-O-E-M-S hatten sie gemeinsam<br />

gemacht: Zweisprachig und im melancholischen<br />

Bildmaterial aus found footage balancierten sie<br />

zwischen den Welten von Syrien und Europa, blickten<br />

aus mehr als einer Perspektive auf die Zerstörungen<br />

des Krieges in Syrien, legten über eine Epoche der Geschichte<br />

stets noch eine weitere Schicht. So erschlossen<br />

sie einen Raum, in dem von Schmerz und Verlust,<br />

von erfahrener Gewalt und Flucht die Rede ist, einmal<br />

bezogen auf den Krieg in Syrien, aber auch auf die<br />

vielfachen Verflechtungen der Geschichte(n) Europas<br />

und des Nahen Ostens.<br />

Für Ghayath Almadhoun, aufgewachsen in einem<br />

palästinensischen Flüchtlingscamp in Damaskus<br />

als Mensch ohne eigenen Pass, ist die Befragung der<br />

politischen Ursachen für diesen Zustand eine Lebensnotwendigkeit<br />

geworden. Genauso wichtig, wie ihm<br />

die Poesie ist, mit der er die Gegenwart und ihre Echos<br />

in der Geschichte zu fassen sucht.<br />

Dabei ist die Sprache ein flüchtiges Ding. In den<br />

Poetry-Filmen wird ihre Verletzbarkeit auch zum visuellen<br />

Erlebnis. Buchstaben treiben wie Schneeflocken<br />

über das Bild einer winterlichen Landschaft, bevor sie<br />

sich in dem Film Snow zu Wörtern zusammensetzen.<br />

Man hört das Heulen des Windes, zweisprachig ist ein<br />

Gedicht von Marie Silkeberg zu lesen und zu hören. Ist<br />

es ein skandinavischer Winter, dessen Kälte hier fühlbar<br />

wird? Nein, Textzeilen und Bilder führen in ein Flüchtlingscamp,<br />

zu den Frierenden. So wurde in der daadgalerie<br />

auch der Raum der Kommunikation sichtbar, des<br />

Austauschs mit anderen, der für Ghayath Almadhoun<br />

zu einer wichtigen Form der Bindung geworden ist.<br />

Katrin Bettina Müller<br />

In February <strong>2020</strong>, Ghayath Almadhoun transformed<br />

the daadgalerie exhibition space in Berlin’s Kreuzberg<br />

district into a place of words. At night, multilingual<br />

texts scrolled across the large window; a murmur of<br />

Arabic voices trickled down upon visitors standing in<br />

the entrance; calligraphic writing appeared alongside<br />

Latin lettering on one interior wall, and also in the poetry<br />

films being screened on the opposite wall. Even before<br />

visitors stepped inside the conceptual realm of words,<br />

therefore, it was evident that here, language was always<br />

being thought of in connection with translation; the difficult<br />

task of conveying poetry from one language into<br />

another formed part of the poetic actions.<br />

Ghayath Almadhoun is a Syrian-Palestinian-Swedish<br />

artist who began working together with the poet<br />

Marie Silkeberg while in exile in Sweden. As part of this<br />

collaboration, they created the poetry films that were<br />

included in the exhibition N-O-T M-Y P-O-E-M-S.<br />

Using two languages and melancholic imagery based<br />

on found footage, they balanced between the worlds<br />

of Syria and Europe, viewed the destruction caused by<br />

the war in Syria from multiple perspectives, and placed<br />

layer upon layer over a historical epoch. In this way, they<br />

opened up a space in which to talk about pain and loss,<br />

about experiences of violence and flight, in relation to<br />

the war in Syria, but also to the deeply interwoven histories<br />

of Europe and the Middle East.<br />

For Almadhoun, who grew up in a Palestinian refugee<br />

camp in Damascus as a person without a passport,<br />

examining the political reasons for this state of<br />

affairs has become a vital necessity. It is as essential<br />

to him as the poetry he uses to grasp the present and<br />

record its echoes in the past.<br />

Language is transitory, however, and its fragility<br />

is also rendered visible in the poetry films. In the film<br />

Snow, for example, letters float across the image of a<br />

winter landscape like delicate snowflakes that combine<br />

to form words. The howling wind can be heard, and a<br />

poem by Marie Silkeberg is written and recited in two<br />

languages. Is it the cold of a Scandinavian winter we<br />

can feel here? No. The lines of text and screened images<br />

lead us to a refugee camp and its freezing inhabitants.<br />

In this way, the exhibition at the daadgalerie also<br />

visualized the realm of communication—the space<br />

of interaction and exchange with other people—which<br />

for Almadhoun has become an important means of<br />

establishing connections and forming bonds.<br />

Katrin Bettina Müller<br />

35


© Jasper Kettner<br />

SALOME<br />

JASHI


Wirklichkeiten zum<br />

Vorschein bringen<br />

Live Øra Danielsen<br />

Filme (Auswahl)<br />

Their Helicopter<br />

(Kurzfilm, 2006)<br />

Speechless<br />

(Kurzfilm, 2009)<br />

Bakhmaro<br />

(Dokumentarfilm, 2011)<br />

The Dazzling<br />

Light of Sunset<br />

(Dokumentarfilm, 2016)<br />

The Tower<br />

(Kurzfilm, 2018)<br />

In Salomé Jashis Filmen liegt eine gewisse Stille. Vor einer unbeweglichen<br />

Kamera spielen sich Szenen in ihrem eigenen Rhythmus ab, die ProtagonistInnen<br />

bemerken die Anwesenheit der Regisseurin offenbar gar nicht. Für die<br />

ZuschauerInnen scheint es sich um eine von der Kamera ungestörte Realität<br />

zu handeln: die Realität Georgiens, Jashis Heimatland. 1981 in Tibilisi geboren,<br />

studierte sie Journalismus und arbeitete einige Jahre als Reporterin, bevor sie<br />

nach London zog, um dort Dokumentarfilm zu studieren. Sieht man Jashis<br />

Filme das erste Mal, stellt sich schnell die Vermutung ein, dass ihre geduldige<br />

und still beobachtende Herangehensweise eine Reaktion auf ebendiese Erfahrung<br />

ist: Sie entledigt sich der abgenutzten Kunstgriffe der Fernsehberichterstattung,<br />

um eine andere Art von Wirklichkeit zum Vorschein zu bringen.<br />

Jashis Filme scheinen alle über die Idee unterschiedlicher Fokussierung,<br />

über Realitäten – im Plural – zu reflektieren, über die Abhängigkeit dessen,<br />

was „echt“ ist, vom jeweiligen Standpunkt. In ihrem Kurzfilmdebüt Their<br />

Helicopter (2006) folgen wir einer Chewsuren-Familie durch die Scheiben<br />

eines abgestürzten tschetschenischen Hubschraubers, der sich zu einem<br />

Spielplatz entwickelt hat. Wir sehen, wie eine kleine Gemeinschaft ihre eigene<br />

Logik im Schrott der Zivilisation findet. In dem experimentellen Kurzfilm<br />

Speechless (2009) drückt sich die Wirklichkeit des Krieges eindrucksvoll in<br />

den Gesichtern der Überlebenden des russisch-georgischen Krieges von<br />

2008 aus – ohne dass ein einziges Wort fällt.<br />

Krieg ist auch das Thema in Jashis neuester Arbeit, dem vierminütigen<br />

Kurzfilm The Tower (2018), in dem eine Familie eine Bestandsaufnahme ihrer<br />

Verluste macht. Auch hier spielt der Fokus eine tragende Rolle: Nie richtet<br />

Jashi ihre Kamera auf die kärglichen Reste des einstigen Eigentums, sondern<br />

darauf, was übrig geblieben ist: die Familie selbst.<br />

Ihr erster langer Dokumentarfilm, Bakhmaro (2011), handelt von einem heruntergekommenen<br />

Gebäude in der Gebirgsstadt Gauri. Die InhaberInnen der<br />

dortigen Geschäfte kämpfen ums Überleben, Kundschaft ist kaum vorhanden.<br />

Es ist der erste Film, bei dem Jashi selbst für die Kameraführung verantwortlich<br />

zeichnet, aber schon hier tritt ein Charakteristikum hervor, das sich in ihren<br />

späteren Arbeiten verstärkt findet: aufwendig komponierte Tableaus, in denen<br />

die Objekte auf der Leinwand beinahe die Qualität eines Stilllebens bekommen;<br />

Schattierungen von Braun-, Grau- und Schwarztönen übersät mit plötzlich<br />

explodierenden leuchtenden Farben; Bild im Bild; die überraschende Schönheit<br />

schreiender Farben, die mit traditionell-gedeckten Tönen kontrastiert.<br />

Ihre jüngste Langfilm-Dokumentation, das preisgekrönten The Dazzling<br />

Light of Sunset (2016), entwickelt diese ästhetischen Stimmungen weiter.<br />

In dieser kontemplativen Arbeit werden die BetrachterInnen durch den Mikrokosmos<br />

eines georgischen Dorfes geführt, an der Seite einer Fernsehreporterin,<br />

die ihre Tage damit verbringt, gewissenhaft von den großen und kleinen<br />

Ereignissen vor Ort zu berichten. Der Bezug zu Jashis eigenen journalistischen<br />

Erfahrungen liegt nahe, da sie nicht nur zeigt, was die Reporterin kommuniziert,<br />

sondern auch, was hinter der Kamera passiert. Dabei generiert sie<br />

verschiedene, zeitweise widersprüchliche Bilder, die mehrere Schichten der<br />

Wirklichkeit enthüllen, die sie abbildet. Wie in all ihren Filmen geht es ihr nicht<br />

darum, unseren Blick oder unsere Gedanken anzuleiten. Vielmehr lässt sie<br />

uns – behutsam – selbst sehen und unsere eigenen Schlüsse ziehen.<br />

Manchmal ist alles eine Frage der Fokussierung.<br />

Salomé Jashi entledigt sich der abgenutzten<br />

Kunstgriffe der Fernsehberichterstattung,<br />

um eine andere Art von Wirklichkeit zum<br />

Vorschein zu bringen.<br />

37<br />

Salomé Jashi<br />

Film<br />

03/20-03/21


Realities Unveiled<br />

Live Øra Danielsen<br />

Selected Films<br />

Their Helicopter<br />

(Short film, 2006)<br />

Speechless<br />

(Short film, 2009)<br />

Bakhmaro<br />

(Documentary, 2011)<br />

The Dazzling<br />

Light of Sunset<br />

(Documentary, 2016)<br />

The Tower<br />

(Short film, 2018)<br />

There is a stillness in Salomé Jashi’s films. In front of a fixed camera, small<br />

scenes play out in their own rhythm, the main characters themselves seemingly<br />

oblivious to the presence of a director. To the eye of the viewer, it’s reality<br />

undisturbed, and the reality portrayed is that of Georgia, Jashi’s home country.<br />

Born in Tbilisi in 1981, Jashi studied journalism and worked as a reporter<br />

for several years before moving to London to study documentary filmmaking.<br />

When watching her documentaries for the first time, one could perhaps be<br />

tempted to say that Jashi’s patient and quietly observing way of making films<br />

might be a reaction to this experience: Having worked as a TV reporter, she<br />

appears to want to shed the rehearsed artifice of televised reporting to unveil<br />

a different kind of reality.<br />

Jashi’s films all seem to meditate on the notion of focalization and realities,<br />

and how what’s real depends on one’s point of view. In her short film<br />

debut Their Helicopter (2006) we follow a Khevsureti family through the<br />

windows of a wrecked Chechen helicopter turned local play hut, thus showing<br />

how a small community finds their own logic in scraps of civilization.<br />

In the experimental short Speechless (2009) the reality of war is expressed<br />

boldly, yet wordlessly, in the faces of survivors of the 2008 Georgian-Russian<br />

war. The war is also the subject of Jashi’s latest film, the four-minutelong<br />

short The Tower (2018), where a family is taking inventory of what is lost.<br />

Focalization once again comes into play here, with Jashi never letting her<br />

camera graze the remnants of the surviving family’s lost property, but rather<br />

focusing her stare on what actually is left; the family itself.<br />

With Bakhmaro (2011), Jashi made her feature documentary debut<br />

about a desolate building in the mountain town of Guria, in which the residing<br />

businesses are struggling to survive without customers. This is the first film<br />

for which Jashi herself did the cinematography, and it holds the trademark<br />

imagery often seen in her later work: Elaborately composed tableaux where<br />

the objects on screen take on an almost Still-leben quality; hues of browns,<br />

greys, and blacks dotted with sudden pops of radiant color; frames within<br />

the frame itself; the surprising beauty of the garish juxtaposed with the<br />

traditional.<br />

In her latest feature documentary, the award-winning The Dazzling Light<br />

of Sunset (2016), these aesthetic cues are developed further. In this contemplative<br />

piece, the viewer is guided through a vision of a Georgian village as a<br />

micro-cosmos, led by a TV-reporter who spends her days conscientiously<br />

reporting on the big and small happenings in her village. Here Jashi seems<br />

to draw upon her own journalistic experience to present not only what the reporter<br />

conveys, but also what happens behind the scenes. In doing this, she<br />

creates multiple, at times contradictory frames in the film, while unveiling<br />

several layers of the realities she is aiming to portray. And like in all her films,<br />

she refrains from instructing our gaze or our thought, but lets us see for ourselves,<br />

carefully, and draw our own conclusions. Sometimes it’s all a matter<br />

of focalization.<br />

Salomé Jashi sheds the rehearsed<br />

artifice of televised reporting to<br />

unveil a different kind of reality.<br />

38<br />

Salomé Jashi<br />

Film<br />

03/20-03/21


Runo Lagomarsino (Fellow 2019): Runo Lagomarsino,<br />

Einzelausstellung im / Solo exhibition at Moderna<br />

Museet, Stockholm, <strong>2020</strong>. Installationsansicht /<br />

Installation view © Åsa Lundén/Moderna Museet<br />

Unterstützt durch das <strong>Berliner</strong> <strong>Künstlerprogramm</strong><br />

des DAAD aus Mitteln des Auswärtigen Amtes /<br />

Supported by DAAD Artists-in-Berlin Program<br />

with funds from the Federal Foreign Office.


Auf der Suche nach<br />

interdisziplinären<br />

Schnittpunkten<br />

Looking for<br />

Interdisciplinary<br />

Intersections<br />

↑ History as Material,<br />

daadgalerie, 10/19<br />

© Krzysztof Zielińksi<br />

→ Don Mee Choi, Matana<br />

Roberts (Fellows 2019),<br />

Shadow Work,<br />

daadgalerie, 02/20<br />

© Eunice Maurice<br />

40


Common Ground<br />

Insterdisziplinäre<br />

Gesprächsreihe /<br />

Interdisciplinary Talk Series<br />

daadgalerie<br />

Seit Mai 2019 bringt die Gesprächsreihe „Common<br />

Ground“ die unterschiedlichen Perspektiven und künstlerischen<br />

Positionen der Gäste des <strong>Berliner</strong> <strong>Künstlerprogramm</strong>s<br />

des DAAD in einen öffentlichen Dialog.<br />

StipendiatInnen aus unterschiedlichen Sparten treffen<br />

aufeinander und machen sich auf die Suche nach ihrem<br />

common ground – einem gemeinsamen Thema beispielsweise,<br />

einem Medium oder einer Methode. Zum<br />

einen bietet dieses Format den Fellows einen willkommenen<br />

Anlass, sich mit viel Zeit und Engagement in die<br />

Arbeiten des Gegenübers hineinzudenken und voneinander<br />

zu lernen, zum anderen entsteht ein intensiver<br />

Austausch mit dem <strong>Berliner</strong> Publikum.<br />

In der dritten Ausgabe, History As Material, loteten<br />

die bildenden Künstler Mathieu Kleyebe Abonnenc und<br />

Runo Lagomarsino sowie die SchriftstellerInnen Don<br />

Mee Choi und Alan Pauls die Frage aus, welche Wirkung<br />

historisches Material auf die Arbeiten von KünstlerInnen<br />

ausübt, die gewalttätige Protestformen und<br />

politische Kämpfe reflektieren.<br />

Bei der gemeinsamen Sichtung und Interpretation<br />

von Bildern und Materialien erörterten die TeilnehmerInnen<br />

die Herausforderungen, die sich bei der Auseinandersetzung<br />

mit historischen Ereignissen ergeben –<br />

zumal solchen, die medial überrepräsentiert, idealisiert<br />

oder verschwiegen werden. Welches kritische Potenzial<br />

kann sich aus Gegennarrativen ergeben, die sie in ihrer<br />

künstlerischen Praxis entwickeln?<br />

Die nächste Ausgabe der Reihe, Shadow Work, entwickelte<br />

sich aus den Diskussionen bei History As Material.<br />

Die Lyrikerin Don Mee Choi und die Komponistin<br />

und Musikerin Matana Roberts waren im anschließenden<br />

Gespräch auf einen Themenbereich gestoßen, der<br />

sie in ihren Arbeiten umtreibt: die Verarbeitung historischer,<br />

Generationen übergreifender Traumata.<br />

Bei Shadow Work diskutierten sie anhand von Ausschnitten<br />

ihrer komplexen, interdisziplinären Arbeiten<br />

ihr gemeinsames Interesse an der Verbindung und den<br />

Widersprüchen von persönlichen Erinnerungen und<br />

historischen Narrativen. Während die beiden persönliche<br />

Geschichten mit politischen Ereignissen verwoben,<br />

kamen Themen wie Storytelling, Folk, intergenerationales<br />

Trauma und die ethischen Implikationen beim<br />

Erzählen traumatischer Geschichte(n) zur Sprache.<br />

Dabei nahmen Choi und Roberts das Publikum mit an<br />

Orte ihrer Kindheit, in verschiedene Zeitzonen und zu<br />

Kriegsschauplätzen – Räume und Zeiten, die die ZuhörerInnen<br />

offensichtlich berührten und viel Stoff boten für<br />

die anschließende Diskussion. SF & DB<br />

Since May 2019, the interdisciplinary discussion<br />

series "Common Ground" has brought together a<br />

variety of perspectives and artistic positions of DAAD<br />

Artists-in-Berlin Program guests in the form of public<br />

dialogues. Fellows from various disciplines come<br />

together and look for common ground—e.g. a shared<br />

topic, medium, or method. This format offers fellows<br />

a welcome opportunity to spend ample time to engage<br />

with the work of their peers and learn from one<br />

another, and also allows for a rigorous exchange of<br />

ideas with Berlin audiences.<br />

For its third edition, titled History As Material, visual<br />

artists Mathieu Kleyebe Abonnenc and Runo Lagomarsino<br />

as well as authors Don Mee Choi and Alan<br />

Pauls explored the impacts of historical materials on the<br />

works of artists who reflect on violent forms of protest<br />

and political struggles.<br />

While viewing and interpreting images and materials<br />

together, participants discussed the challenges that<br />

arise when dealing with historical events—in particular<br />

those that are overrepresented, idealized, or suppressed<br />

in media. What critical potential can arise from the<br />

counter-narratives they develop in their artistic practice?<br />

The next installment in the series, Shadow Work,<br />

grew out of discussions that took place during History<br />

As Material. In subsequent conversations, Poet Don<br />

Mee Choi and composer and musician Matana Roberts<br />

came upon a subject area that motivates both of them<br />

in their work: addressing historical, generation-spanning<br />

traumas.<br />

For Shadow Work, they drew on excerpts from their<br />

complex, interdisciplinary work to discuss their common<br />

interest in the links and contradictions between personal<br />

memories and historical narratives. While interweaving<br />

their personal histories with political events, they<br />

also discussed themes such as storytelling, folk culture,<br />

intergenerational trauma, and the ethical implications of<br />

recounting traumatic histories. Choi and Roberts transported<br />

the audience to the places of their childhood,<br />

different time zones, and theaters of war—spaces and<br />

times that clearly affected audience members and<br />

offered a wealth of material for the public discussion<br />

that followed. SF & DB<br />

41


© Jasper Kettner<br />

JACEK<br />

DEHNEL


Ein spürbarer Hauch<br />

von Originalität und<br />

Erhabenheit<br />

Marta Kijowska<br />

Bibliografie (Auswahl)<br />

Lala<br />

W.A.B., 2006<br />

Lala<br />

Rowohlt, 2008<br />

[Ü: Renate Schmidgall]<br />

Saturn. Czarne obrazy<br />

z życia mężczyzn z<br />

rodziny Goya<br />

W.A.B., 2011<br />

Saturn. Schwarze<br />

Bilder der Familie Goya<br />

Hanser, 2013<br />

[Ü: Renate Schmidgall]<br />

Mrs Mohr Goes Missing<br />

Bloomsbury, 2019<br />

[gemeinsam mit Piotr<br />

Tarczyński. Ü: Antonia<br />

Lloyd-Jones]<br />

Er ist ein Mann mit vielen Talenten: Maler, Übersetzer, Literaturkritiker, Publizist,<br />

Fernsehmoderator, Kulturmanager und einiges mehr. Doch vor allem ist<br />

der 1980 in Danzig geborene Jacek Dehnel ein äußerst erfolgreicher Schriftsteller.<br />

Das Image eines mit allen Wassern gewaschenen Intellektuellen<br />

pflegt er genauso sorgfältig wie das eines bekennenden Homosexuellen und<br />

stilbewussten Ästheten. Man denkt an Oscar Wilde und Tom Wolfe, gibt aber<br />

auch schnell zu, dass seine Vorliebe für Fliegen und Gehstöcke bestens mit<br />

seinen feinen Gesichtszügen und tadellosen Manieren harmoniert.<br />

In seiner schriftstellerischen Karriere – er hat bislang mehrere Romane,<br />

Erzählbände und Gedichtsammlungen publiziert – scheint es ebenso wenig<br />

Platz für einen Zufall zu geben wie in seinem Outfit. Seine Entschlossenheit,<br />

dem eigenen Leben einen Hauch von Originalität und Erhabenheit zu verleihen,<br />

und diese Mischung aus intellektueller Disziplin und ästhetischer Wachsamkeit<br />

verdankt er offenbar seinem Elternhaus, vor allem seiner Großmutter,<br />

die ihn über Jahre intellektuell formte, und seiner Mutter, einer Malerin.<br />

Die beiden Frauen haben ihn auch zu seinen bekanntesten Werken inspiriert.<br />

Zum einen ist es der autobiografische Roman Lala (2006, dt. 2008),<br />

in dessen Mittelpunkt seine Großmutter steht: eine alte Dame, die in ihrer Jugend<br />

auffallend schön, aber auch intelligent, mutig und unternehmungslustig<br />

war und dieser Mischung von äußeren und inneren Qualitäten eine enorme<br />

Fülle von Erlebnissen verdankt. Da sie sich in hohem Alter auch noch als eine<br />

passionierte Erzählerin entpuppt, verwebt sie ihre Erinnerungen zu einem<br />

riesigen, bunten Geschichtenteppich, dessen raffiniertes Muster der Verworrenheit<br />

der polnischen Schicksale im 20. Jahrhundert entspricht. Und zum<br />

anderen der Roman Saturn (2011, dt. 2013), der wohl nicht zuletzt darauf<br />

zurückgeht, dass Dehnel ursprünglich in die Fußstapfen seiner Mutter treten<br />

und Maler werden wollte. Er erzählt darin nämlich die wichtigsten Episoden<br />

aus dem Leben von Francisco Jose de Goya, von dessen sieben Kindern<br />

nur ein einziger Sohn überlebte: Javier, über den nur bekannt ist, dass er<br />

ebenfalls Maler wurde. Dehnel greift sowohl diese Fakten als auch den Umstand<br />

auf, dass das Verhältnis zwischen Vater und Sohn problematisch war,<br />

und beleuchtet die gleichen Situationen abwechselnd aus der Sicht beider<br />

Männer. Der geniale Maler erscheint plötzlich als ein egoistischer und selbstverliebter<br />

Haustyrann, Vielfraß und Flegel, der seine wahren Erfolge durch<br />

erfundene potenziert und seinen Sohn mit Genuss als einen permanenten<br />

Versager hinstellt.<br />

Zu den vielen Talenten von Jacek Dehnel gehört auch die Fähigkeit, historische<br />

Motive mit den heutigen polnischen Realien zu verknüpfen. Das tat er<br />

zuletzt in dem 2019 erschienenen Schelmenroman Aber mit unseren Toten<br />

(demnächst auf Deutsch), in dem die Geister der Vergangenheit zurückkehren,<br />

um den Europäern polnische Werte zu vermitteln, im Endeffekt aber<br />

nur für viel Chaos sorgen. Der Titel geht auf einen vielbeachteten Essay der<br />

Literaturwissenschaftlerin Maria Janion zurück: „Nach Europa ja, aber mit<br />

unseren Toten“. Und wenn man weiß, mit welcher Entschiedenheit Dehnel<br />

sich im öffentlichen Leben engagiert, etwa indem er öffentlich die aggressive<br />

politische Rhetorik geißelt oder für die Rechte der Homosexuellen eintritt, versteht<br />

man, warum man in ihm eine der prägnantesten Persönlichkeiten der<br />

polnischen Literaturszene sieht.<br />

„Nach Europa ja, aber mit unseren Toten.“<br />

43<br />

Jacek Dehnel<br />

Literatur<br />

03/20-03/21


A Distinctive Element<br />

of Originality and<br />

Grandeur<br />

Marta Kijowska<br />

Selected Bibliography<br />

Lala<br />

W.A.B., 2006<br />

Lala. Oneworld<br />

Publications, 2018<br />

[Transl.: Antonia<br />

Lloyd-Jones]<br />

Saturn. Czarne obrazy<br />

z życia mężczyzn z<br />

rodziny Goya<br />

W.A.B., 2011<br />

Saturn<br />

Dedalus Books, 2013<br />

[Transl.: Antonia<br />

Lloyd-Jones]<br />

Mrs Mohr Goes Missing<br />

Bloomsbury, 2019<br />

[co-written with<br />

Piotr Tarczyński<br />

and translated by<br />

Antonia Lloyd-Jones]<br />

He is a man of many talents: a painter, a translator, a literary critic, a journalist,<br />

a TV host, a cultural organizer, and more. But Jacek Dehnel, born in<br />

Gdansk in 1980, is one thing above all: a very successful writer. He carefully<br />

cultivates his image as a jaded intellectual, an out gay man, and a styleconscious<br />

aesthete. One can’t help but think of Oscar Wilde or Tom Wolfe,<br />

though it’s undeniable that his predilection for bow ties and walking sticks is<br />

in perfect harmony with his delicate features and perfect manners.<br />

Dehnel has little tolerance not only for slipshod attire, but also, it seems,<br />

for coincidence in his literary career—to date he has published multiple<br />

novels, short story collections, and poetry. He owes his determination to add<br />

an element of originality and grandeur to his life—a mixture of intellectual<br />

discipline and aesthetic vigilance—in great part to his family, in particular to<br />

his grandmother, who honed his intellect over many years, and his mother,<br />

a painter.<br />

These two women also inspired his best-known works. First, his autofiction<br />

Lala (2006, English 2018). His grandmother is the central figure of<br />

this novel: an old woman, dazzlingly beautiful in her youth, who is intelligent,<br />

brave, and adventurous. Thanks to these inner and outer qualities, she lived<br />

through a wide variety of experiences that she passionately recounts in her<br />

old age. Her memories are woven together in an expansive, colorful tapestry<br />

whose elaborate design reflects the complexity of the fate of Poland in the<br />

twentieth century. Second, his novel Saturn (2011, English 2014), which also<br />

has roots in the fact that Dehnel originally planned to follow in his mother’s<br />

footsteps and become a painter. Saturn recounts some of the most important<br />

episodes in the life of Francisco Jose de Goya. Of Goya’s seven children,<br />

only one son survived: Javier, of whom no more is known other than that he<br />

also became a painter, and that the relationship between father and son<br />

was not easy. This is the starting point for Dehnel’s novel, which alternates<br />

between the two men’s point of view. In this way Goya is revealed as an<br />

egotistic, narcissistic, domestic tyrant; a glutton and a boor who piles feigned<br />

achievements on top of real ones, and revels in making his son look like a<br />

complete loser.<br />

Among Jacek Dehnel’s many talents is his ability to connect historical<br />

motifs with the reality of life in Poland today. He most recently demonstrated<br />

this in his satirical novella But with Our Dead Ones (2019), in which the ghosts<br />

of the past return as zombies to teach Polish values to Europeans, causing<br />

only chaos in the end. The title references an essay by literary scholar Maria<br />

Janion, “Yes to Europe, but together with our dead.” Whoever is aware of<br />

Dehnel’s determined engagement with public life, his blistering castigation of<br />

aggressive political rhetoric, and his advocacy for LGBT rights understands<br />

why he is considered one of the most remarkable figures in Polish literary<br />

circles today.<br />

“Yes to Europe, but together with our dead.”<br />

44<br />

Jacek Dehnel<br />

Literature<br />

03/20-03/21


Ashley Hans Scheirl (Fellow 2019) & Jakob Lena Knebl:<br />

La Poupée, le Doigt d'Or et les Dents : Fou de Rage.<br />

Installation, Biennale d’art contemporain de Lyon,<br />

09/19–01/20. Courtesy: Galerie CRONE, Berlin; Georg<br />

Kargl Gallery, Wien; Belmacz Gallery, London; Galerie<br />

Loevenbruck, Paris © Blaise Adilon<br />

Unterstützt durch das <strong>Berliner</strong> <strong>Künstlerprogramm</strong><br />

des DAAD aus Mitteln des Auswärtigen Amtes /<br />

Supported by DAAD Artists-in-Berlin Program with<br />

funds from the Federal Foreign Office.


Eine auf ewig<br />

frische Wunde<br />

Still a Fresh<br />

Wound<br />

↑ Don Mee Choi &<br />

David Moss, Opening<br />

performance for DMZ<br />

Colony, daadgalerie,<br />

© Sebastian Bolesch<br />

→ DMZ Colony,<br />

daadgalerie,<br />

Installationsansicht /<br />

installation view<br />

© Sebastian Bolesch<br />

46


Don Mee Choi<br />

DMZ Colony<br />

Ausstellung eines Buches /<br />

Exhibition of a Book<br />

12.03.<strong>2020</strong> - 22.03.<strong>2020</strong><br />

daadgalerie<br />

Wie könnte ein Gedicht in den dreidimensionalen Raum<br />

übersetzt werden? Die in Seattle lebende Lyrikerin und<br />

Übersetzerin Don Mee Choi (Fellow 2019) gab in der<br />

daadgalerie eine Antwort auf diese Frage: Ihre Ausstellung<br />

war von ihrem neuestem Buch inspiriert, DMZ<br />

Colony, dem zweiten Teil einer Trilogie über Südkoreas<br />

neokoloniale Beziehungen zu den USA, und griff auf<br />

Texte, Objekte, Zeichnungen und Fotografien aus dem<br />

Band zurück.<br />

Choi, die in Südkorea geboren wurde, absolvierte<br />

eine Ausbildung als bildende Künstlerin, bevor sie sich<br />

der Lyrik zuwandte; heute schreibt sie Bücher, in denen<br />

sich Bilder und Klänge kraftvoll entfalten. Ihre Gedichte<br />

spielen mit Typografie und Leerräumen, sie beinhalten<br />

Fotografien, Collagen und Zeichnungen und können die<br />

Form von Hymnen, Schreien, theatralischen Dialogen<br />

und Reden annehmen. In DMZ Colony wendet Choi all<br />

diese Möglichkeiten auf eine Untersuchung der Demilitarisierten<br />

Zone (DMZ) an, eine Synekdoche für die zerbrochene<br />

nationale Einheit und ein Euphemismus für<br />

das festungsartige Niemandsland, das die koreanische<br />

Halbinsel teilt. Seit mehr als siebzig Jahren existieren<br />

Nord- und Südkorea als zwei getrennte Länder, und<br />

noch heute, so schreibt Choi, ist die DMZ eine durchschnittene<br />

Taille, eine auf ewig frische Wunde.<br />

In der Galerie stellte Choi das gebirgige Gebiet der<br />

DMZ als abstrakte Karte mit schwarzen „Z“s und „M“s<br />

vor einen düsteren Hintergrund. An anderen Wänden<br />

zeigte sie Fotografien ihres Vaters, eines Journalisten,<br />

der Südkoreas – von den USA unterstützte – Militärdiktatur<br />

der Nachkriegszeit dokumentierte; abstrakte,<br />

schleifenförmige Diagramme, die das Interview mit<br />

Ahn Hak-sŏp abbilden, einem ehemaligen nordkoreanischen<br />

Offizier, der während des Koreakriegs von den<br />

US-Streitkräften gefangen gehalten wurde und heute<br />

knapp unterhalb der DMZ lebt; und schließlich sechs<br />

Reihen Aquarelle, die nackte Frauenfiguren darstellten,<br />

Hüfte an Hüfte stehend. Ganz in der Nähe arrangierte<br />

Choi eine skulpturale Gruppe weißer Hanbok-Kleider,<br />

die aus Hanji, einem traditionellem Maulbeerpapier<br />

gefertigt wurden, in Hab-Acht-Stellung.<br />

Am Eröffnungsabend las sie aus DMZ Colony<br />

zusammen mit dem Komponisten David Moss, einem<br />

ehemaligen Fellow, der einen Soundtrack aus<br />

dem Jenseits mit elektronischer Musik und Gesang<br />

beisteuerte. „Rep-re-sen-ta-tion can be magical“,<br />

intonierte Moss über schrillem Pulsieren. Chois eigene<br />

poetische Zeilen hallten durch die lange, hell<br />

erleuchtete Galerie:<br />

„orphan“ – „Who am I?“ –<br />

„behind the glass“ – “I wish and wish“<br />

E. Tammy Kim<br />

How might a poem, or a book of poems, be read in<br />

three-dimensional space? At daadgalerie, Don Mee<br />

Choi (fellow 2019), a poet and translator based in Seattle,<br />

offered an answer to this question in the form of<br />

DMZ Colony: Exhibition of a Book. The show combined<br />

text, objects, drawings, and photography excerpted<br />

from and inspired by Choi’s latest book, DMZ Colony,<br />

the second in a trilogy about South Korea’s neo-colonial<br />

relationship to the United States.<br />

Choi, who was born in South Korea and trained as<br />

a visual artist before turning to verse, writes books rich<br />

in images and sound. Her poems play with typography<br />

and white space, and incorporate photographs, collage,<br />

and drawings, while taking the form of anthems,<br />

screams, theatrical dialogue, and oratory. In DMZ Colony,<br />

Choi applies all these modalities to a study of the<br />

demilitarized zone, a synecdoche for broken nationhood<br />

and a euphemism for the fortified no man’s land that<br />

divides the Korean peninsula. For more than seventy<br />

years, North and South Korea have existed as two separate<br />

countries, obeying the logic of the Cold War. Today,<br />

Choi writes, the DMZ is a cut waist and still a fresh<br />

wound.<br />

In the gallery, Choi rendered the DMZ’s mountainous<br />

territory as an abstract map of black “Z”s and<br />

“M”s against a foreboding backdrop of gray. On other<br />

walls, she displayed photographs taken by her father, a<br />

newsman who documented South Korea’s US-backed<br />

postwar military dictatorship; looping diagrams from<br />

her interview with Ahn Hak-sŏp, a former North Korean<br />

officer who was imprisoned by US forces during the<br />

Korean War and now lives just below the DMZ; and six<br />

long watercolored rows of naked female figures, standing<br />

hip to hip. Nearby, Choi posed a sculptural clump of<br />

white hanbok dresses, crafted from hanji, or traditional<br />

mulberry paper, to stand at attention.<br />

On opening night, she read selections from DMZ<br />

Colony in collaboration with composer David Moss,<br />

a former DAAD fellow who supplied an otherworldly<br />

soundtrack of electronic music and vocals. “Rep-resen-ta-tion<br />

can be magical,” Moss intoned over a highpitched<br />

pulse. Choi’s own poetic lines echoed through<br />

the long, brightly lit gallery:<br />

“orphan” – “Who am I?” –<br />

“behind the glass” – “I wish and wish”<br />

E. Tammy Kim<br />

47


Lockdown in Berlin, 04/20 © Ieva Epnere (Fellow 2019)


Rettungsboot<br />

Ein Tagebuch der Pandemie in Zeiten<br />

des Misstrauens. Fariba Vafi berichtet<br />

aus Teheran im Frühjahr <strong>2020</strong>.<br />

Heimlich, still und leise schleicht das Coronavirus sich in unser Land. Der<br />

Winter geht zu Ende. Als es an unserer Wohnungstür klingelt, mache ich auf<br />

und sehe meinen Neffen die Treppe hochkommen, beladen mit Kartons und<br />

Schachteln voller Lebensmittel und getrocknetem Fladenbrot.<br />

„Ab heute geh ich in Quarantäne“, sagt er. „Ihr müsst das auch machen.“<br />

Da ich häufig lesend oder schreibend Zeit zu Hause verbringe, wäre<br />

eine Quarantäne für mich weder völlig neu, noch würde sie eine besondere<br />

Einschränkung bedeuten. Tatsächlich verschafft sie mir sogar ein wenig<br />

Freiheit. Unnötiges Hin und Her, Verwandtenbesuche, hierzulande im engen<br />

familiären Umgang miteinander üblich und bisweilen aus Pflichtgefühl absolviert,<br />

entfallen nun ohne Weiteres. Und doch herrscht, von den Nachrichten<br />

um uns herum weitgehend verdrängt, große Anspannung. Meinem Neffen,<br />

sechsundvierzig, alleinstehend, gesellig, macht das Virus unglaubliche<br />

Angst, und er igelt sich schneller ein als der Rest der Familie.<br />

Mit zweiwöchiger Verzögerung melden die heimischen Nachrichten offiziell<br />

das Auftreten des Virus in der heiligen Stadt Ghom. Über die Jahre hin<br />

haben wir gelernt, uns auf offizielle Meldungen unsere eigenen Reime zu<br />

machen. Die ewige Heimlichtuerei und die unverblümten Lügen unserer Verantwortungsträger<br />

und der offiziellen Medien in unserer intransparenten<br />

Gesellschaft haben uns zu krankhaft misstrauischen Pessimisten gemacht.<br />

Wir glauben nie, was wir hören, wir können nicht erkennen, wo die Wahrheit<br />

liegt, und wieviel von ihr man uns überhaupt zu erkennen gestattet.<br />

Misstrauen halte ich für gefährlicher als jedes Virus. Ein Virus vergeht eines<br />

Tages, Misstrauen aber bleibt. Es befällt den Geist und die Seele des Menschen,<br />

und keine Impfung der Welt hilft dagegen. Zudem gehen chronische<br />

Depressionen, geistige Verwirrung, Orientierungslosigkeit damit einher.<br />

Und mit der Zeit erwächst daraus eine junge Generation, die in nichts in<br />

diesem Leben und nichts auf dieser Welt Vertrauen setzt. In Ghom sorgt das<br />

Coronavirus unterdessen für Wirrwarr. Obwohl es angeblich Studierende<br />

aus China eingeschleppt haben, wurde der Flugverkehr zwischen China und<br />

Iran nicht eingestellt. Für die Stadt ist eine Quarantäne im Gespräch, aber<br />

unter den Machthabern finden sich immer einige, die landesweit einheitliche<br />

Entscheidungen zu verhindern wissen. Unter den Fundamentalisten<br />

vertreten einige gar die Ansicht, Schreine und andere heilige Stätten wendeten<br />

das Unheil ab und müssten deshalb gar nicht geschlossen werden. Wie<br />

zum Beweis leckte ein Mann am Grabmal in einem Schrein, und in den sozialen<br />

Medien rät man der Bevölkerung, in heiligen Schriften erwähnte Öle<br />

und Heilkräuter zu nutzen. Der Menschen Sinn für Humor und Ironie, der<br />

ihnen seit jeher als blanke Waffe gegen den offiziell verbreiteten Aberglauben<br />

dient, findet derzeit reichlich Nahrung. Witzige Videoclips machen via<br />

Handy die Runde.<br />

Das Virus, von allem Wirbel unbeeindruckt, heftet sich an einen Reisenden<br />

und erreicht von Ghom aus rasch die Hauptstadt. Den Menschen im<br />

Land schwirren die Köpfe vor lauter Gerüchten, widersprüchlichen<br />

49<br />

Fariba Vafi<br />

Rettungsboot


Nachrichten, falschen und richtigen Hinweisen zur Gesundheitsvorsorge,<br />

und sie fühlen sich ungefähr so wie einst die Passagiere auf der Titanic, wobei<br />

diesmal Rettungsboote nur für Kinder und Jugendliche vorhanden sind.<br />

Unterdessen muss die Regierung das Freitagsgebet, die größte Machtdemonstration<br />

der Islamischen Republik, absagen. Schreine, Moscheen, Heiligengräber<br />

und andere Orte, an denen Gläubige zusammenkommen, werden,<br />

ungeachtet aller Fundamentalistenproteste, geschlossen.<br />

Jeder geht auf seine Weise mit der Coronapandemie um. Das betagte<br />

Ehepaar in der Wohnung unter uns zieht sich in seine stille, dunkle Behausung<br />

zurück und wünscht sich vielleicht, wie die sieben Schläfer in der Höhle<br />

bei Ephesus, erst Jahrhunderte später wieder zu erwachen. Viele Menschen,<br />

mein Neffe unter ihnen, schotten sich vollständig ab und verfolgen Tag und<br />

Nacht mit viel Aufwand und Einsatz, was um sie herum geschieht. Sie ärgern<br />

sich über die Gleichgültigkeit von Zeitgenossen, die Warnungen in den<br />

Wind schlagen und auch jetzt noch draußen unterwegs sind, statt zu Hause<br />

zu bleiben, und heften sich ihren Verwandten, insbesondere den Eltern,<br />

per Telefon und Internet an die Fersen. Mein Neffe trägt mittlerweile einen<br />

Vollbart und heißt jetzt im Kreise der Familie, die der Außenwelt noch nicht<br />

vollends den Rücken gekehrt hat, Robinson Crusoe. Alle bemühen sich nach<br />

Kräften, seine Befürchtungen zu zerstreuen, sie zumindest zu lindern. Sie<br />

raten ihm, seine Insel täglich für eine Stunde zu verlassen und draußen spazieren<br />

zu gehen, damit er den Kontakt zur realen Außenwelt nicht verliert.<br />

Darüber, was diese reale Außenwelt eigentlich ausmacht, führen sie dann<br />

stundenlange Debatten. Zum Spaß sagen sie, Robinson wird eines Tages<br />

aus dem Haus gehen und sich erstaunt die Augen reiben, weil es eine neue<br />

Landeswährung gibt, das Stadtbild sich verändert hat, die Menschen sich<br />

anders kleiden. Derlei therapeutische Späße kommentiert Robinson mit<br />

der Feststellung, dass man am Coronavirus kampflos zugrunde gehe und er<br />

keineswegs so sterben wolle. Durch seine Quarantäne entzieht er sich, wie er<br />

sagt, sowohl seinem tatsächlich als auch dem potenziell infizierten Umfeld<br />

und baut sich auf diese Weise sein eigenes Rettungsboot.<br />

Allerdings gibt es auch Menschen, die nichts zu essen haben, wenn sie<br />

zu Hause bleiben. Zu ihnen zählen Kleinunternehmer, Tagelöhner, Straßenhändler,<br />

alleinerziehende Mütter, Taxifahrer und viele andere Angehörige<br />

jener Gesellschaftsschichten, denen die Rezession der vergangenen Jahre<br />

bereits die letzten Kräfte geraubt hat. Für sie ist das Virus wie ein direkt auf<br />

ihre hageren, ausgezehrten Gestalten zielender Pfeil.<br />

Viele junge Menschen sind nach der Zerschlagung aller zivilgesellschaftlichen<br />

Protestbewegungen der letzten Jahre bis ins Mark enttäuscht und<br />

hoffnungslos. Weil sie ihre Lage schon vor dem Ausbruch des Virus für<br />

aussichtslos hielten und auch für die Zeit nach der Pandemie keinerlei Perspektive<br />

sehen, ist es ihnen einerlei, ob sie sich im Freien aufhalten oder<br />

zu Hause bleiben. Sie kochen vor Wut und haben nichts mehr zu verlieren.<br />

Da die meisten Menschen hierzulande den größten Teil ihres Lebens unter<br />

wachsender Ungleichheit und Ungerechtigkeit in einer von erdrückenden<br />

Sanktionen geplagten Gesellschaft verbracht und bereits zahlreiche Krisen<br />

gemeistert haben, erleben sie die Coronakrise als nichts Besonderes. Im<br />

Herbst letzten Jahres starben viele, meist junge Leute bei Straßenprotesten.<br />

Viele Familien hatten Opfer zu beklagen. Zahllose Protestierende wurden<br />

festgenommen und gemeinsam mit UmweltaktivistInnen und anderen<br />

zivilgesellschaftlich engagierten jungen Menschen zu langen Haftstrafen<br />

verurteilt. Als das verheerendste, zugleich traurigste Ereignis empfindet die<br />

Gesellschaft jedoch den Fehler der iranischen Flugabwehr, der [im vergangenen<br />

Januar] den Abschuss des ukrainischen Passagierflugzeugs PS752 zur<br />

Folge hatte, bei dem alle Insassen ums Leben kamen.<br />

50<br />

Fariba Vafi<br />

Rettungsboot


Nicht unerwähnt sollten diejenigen Menschen bleiben, die durch ihr unvernünftiges<br />

Verhalten ihre Familienangehörigen gleich mehrfach in Gefahr<br />

bringen, zum Beispiel durch den Konsum von Alkohol. Der ist hierzulande<br />

zwar seit vier Jahrzehnten verboten, stadtweit aber erhältlich. In großen<br />

Mengen wird er dieser Tage zur Desinfektion gebraucht. Nach Jahrhunderten<br />

ist gar der Name seines Entdeckers, Zakariya al-Razi, wieder in aller<br />

Munde, noch vor allen Heiligen und anderen Celebritys. Vom Händewaschen<br />

abgesehen, sind manche Leute dem Irrglauben erlegen, das Coronavirus<br />

ließe sich im Rachen durch Gurgeln mit Alkohol abtöten. Wobei einige Menschen<br />

sich nicht aufs Gurgeln beschränken, sondern die Flüssigkeit auch in<br />

größeren Mengen trinken und im allgemeinen Chaos aus einem ganzen Sortiment<br />

von Schwarzbränden wählen können. Deren Konsum kostete binnen<br />

weniger Wochen mehr als dreihundert Menschen das Leben, weil offizielle<br />

Kontrollen unterbleiben. Und wer mit dem Leben davonkommt, büßt bisweilen<br />

sein Augenlicht ein.<br />

Die Einschränkungen des Stadtlebens treffen mit dem Frühlingsanfang<br />

und mit Nowrus zusammen, dem seit Jahrtausenden gefeierten, hierzulande<br />

größten Fest des Jahres – das auch für neues Leben steht und das man mit<br />

Frühjahrsputz, frischen Lebensmitteln und anderen Einkäufen begrüßt.<br />

Alles blitzt vor Sauberkeit, und man nimmt sich Zeit für Besuche und Gegenbesuche.<br />

Dieses Jahr aber ist von einer Feststimmung nichts zu spüren.<br />

Es regnet zwar, die Luft ist frisch. Die Bäume blühen. Es duftet überall nach<br />

Blumen und man hört die Vögel vernehmlicher zwitschern als sonst. Besuche,<br />

Gegenbesuche, Gästebewirtung aber sind untersagt. Stattdessen müssen<br />

die Leute zu Hause bleiben und ihr Leben und ihre vier Wände neu erfinden.<br />

Die nimmt man nun genauer unter die Lupe und findet Schwachstellen.<br />

Eine Freundin berichtet, sie habe sich seit ewigen Zeiten davor gedrückt,<br />

eine bestimmte Ecke im Haus sauberzumachen. Nun komme sie nicht länger<br />

darum herum. Die Beziehung der Menschen zu ihren Wohnräumen ändert<br />

sich. Sie sind jetzt keine bloßen Aufenthaltsorte mehr. Auch nicht mehr nur<br />

Orte, an denen man schläft. Jetzt findet hier alles statt: arbeiten, schlafen,<br />

essen, spazieren gehen, nachdenken. Es geht nicht mehr nur darum, die vier<br />

Wände sauber zu halten. Man muss sich mit ihnen arrangieren. Die Familie<br />

kommt zusammen. Man bemüht sich redlich, aus der Not eine Tugend zu<br />

machen, die Krise als Chance zu begreifen und das familiäre Beisammensein<br />

zu genießen. Zumindest wird im Fernsehen und in den sozialen Medien<br />

dazu geraten, dafür geworben. Berufstätige Männer und Frauen, Mütter<br />

und Väter, die sich das ganze Jahr über abgerackert haben, können sich<br />

jetzt, in der wohlverdienten Frühjahrspause, ungeniert vor die Glotze hängen<br />

und ausspannen. Kinder haben schul- und hausaufgabenfrei und können<br />

bis weit nach Mittag im Bett bleiben. Alle verwenden in diesen Tagen<br />

mehr Sorgfalt aufs Händewaschen. Die von Müttern unermüdlich und über<br />

Jahre hin vergebens gepredigten Hygieneregeln finden plötzlich wie von<br />

selbst Beachtung. Doch ganz so mühelos, wie es scheint, fügen sich die<br />

Puzzleteile, die eine Wohnung ausmachen, nicht zusammen. Die vier Wände<br />

stehen unter Hochdruck, so manches Zuhause gar kurz vor der Explosion. In<br />

vielen sehr kleinen Stadtwohnungen müssen Familien einander nun notgedrungen<br />

Tag und Nacht ertragen. Auf engstem Raum, in dem jedes Familienmitglied<br />

sein heiß umkämpftes Fleckchen für sich beansprucht.<br />

Für die Frauen bleibt hier am wenigsten Platz, bei steigender Arbeitslast.<br />

Sie müssen alles, was ins Haus gebracht wird, mehrmals waschen. Sie müssen<br />

über die Einhaltung der Hygieneregeln wachen. Sie müssen sich um die<br />

unter ihrem Dach lebenden alten Menschen kümmern, müssen die Jüngsten<br />

beschäftigen, die Älteren bei Laune halten. Sie müssen mit gereizt mäkelnden<br />

Ehemännern Kindererziehung und tausend andere Familienangelegenheiten<br />

51<br />

Fariba Vafi<br />

Rettungsboot


ausdiskutieren. Und sie müssen die Haushaltskasse führen. Das bisschen<br />

Raum, das sie bisher für sich hatten, sobald alle anderen tagsüber aus dem<br />

Haus waren, haben sie binnen weniger Tage eingebüßt, und auch die einfache<br />

Möglichkeit, Haus oder Wohnung vorübergehend zu verlassen, ist ihnen nun<br />

verwehrt.<br />

Frauen aus dem Mittelstand ertrugen dieses Los zwar relativ leicht, doch<br />

nun gehen auch sie weder ins Fitnessstudio noch ins Schwimmbad, und<br />

von privaten Treffen müssen auch sie absehen. Die häuslichen Krisen sind<br />

untrennbar mit den Überlebenskämpfen draußen verknüpft. Das kranke<br />

Wirtschaftssystem versagt bei der Entwicklung und Umsetzung von Hilfsprogrammen.<br />

Es hat sich seiner Verantwortung für die allgemeine Gesundheits-<br />

und Daseinsvorsorge entledigt und bürdet diese Last jedem und jeder<br />

einzelnen auf – von finanzieller Hilfe ganz zu schweigen. Jeder muss sehen,<br />

wie er zurechtkommt. Ohne jede staatliche Unterstützung. Darüber, dass<br />

häusliche Gewalt und Prügeleien sich stark häufen, wird in den offiziellen<br />

Medien kaum ein Wort verloren. Die Scheidungsrate ist hoch. In einer Provinz<br />

im Norden des Landes ist es mittlerweile verboten, Scheidungen einzureichen.<br />

Laut Gesundheitsamt gehen aufgrund häuslicher Streitigkeiten<br />

mittlerweile dreimal mehr Anrufe ein als bisher.<br />

Das Virus greift indes weiter um sich. Wer unter Quarantäne steht, lebt<br />

auf Inseln, per Internet miteinander verbunden. Die ganze Welt ist über das<br />

Befinden ihrer BürgerInnen im Bilde. Die einen legen Puzzles, andere kochen,<br />

tanzen, schauen Filme oder Seifenopern, und alle dürfen ihnen dabei<br />

zusehen. Ich mache Besorgungen für die Nachbarn unter mir und stelle ihnen<br />

die Einkäufe vor die Tür. Kein Lebenszeichen indes von Robinson. Seine<br />

Schritte, manchmal noch spät abends ein Hinweis auf seine Schlaflosigkeit,<br />

sind seit einiger Zeit nicht mehr zu hören. Ich erkundige mich nach ihm. Das<br />

lange Alleinsein setzt ihm zu. „Jetzt kann ich nachempfinden, wie jemand in<br />

Isolationshaft sich fühlt“, sagt er.<br />

Die Lage in den Gefängnissen gibt allen Grund zur Beunruhigung. Die<br />

Regierung hat nur einen Bruchteil aller Häftlinge entlassen. Zahllose Protestschreiben<br />

kursieren. In einem fordern Kunstschaffende, AutorInnen,<br />

ÜbersetzerInnen, FilmemacherInnen, AktivistInnen der Zivilgesellschaft<br />

Hafturlaub für alle Gefangenen. Wo es zu Gefängnisrevolten kommt, gelingt<br />

manchen Insassen die Flucht. Aber auch an anderen Orten, an denen viele<br />

Menschen auf engem Raum zusammenleben, besteht Infektionsgefahr. Die<br />

Pandemie macht vor Senioren- und Pflegeheimen nicht Halt.<br />

Und selbst wenn es in den Straßen der Stadt ruhig wird, sieht man noch<br />

Kinder ihre bloßen Hände nach Geld ausstrecken, während sie an großen<br />

Kreuzungen Autofenster putzen. Obdachlose wühlen mit bloßen Händen im<br />

Müll. Straßenhändler breiten an allen Ecken ihr Warenangebot aus. Robinson<br />

hat seine anfängliche Ratlosigkeit überwunden, lässt das Obst und die<br />

Speisen, die wir ihm vor die Tür stellen, aber unberührt. Während wir uns<br />

seiner extremen Haltung und seiner möglichen Unterversorgung mit frischen<br />

Lebensmitteln wegen Gedanken machen, macht er Pläne für sich und<br />

für uns. Er rationiert seine Vorräte. Treibt täglich Sport. Wenn er in seiner<br />

Wohnung über mir Seil springt, wackelt hier die Decke. Täglich verfolgt er<br />

den Verlauf der Corona-Krankheitskurve und hält unsere Telegram-Gruppe<br />

auf dem Laufenden.<br />

Überhaupt liefern Chat-Gruppen bei Telegram- und Whats-App-NutzerInnen,<br />

die Antworten auf ihre Fragen suchen, wichtige Informationen. Hier hat<br />

man wirklich Zugang zu allem. Gesundheitstipps, neuste wissenschaftliche<br />

Erkenntnisse, Aufsätze über das Coronavirus und über die Zeit danach.<br />

Gruppenmitgliedern, die eifriger bei der Sache sind als andere, kommt die<br />

Aufgabe zu, den vor Angst Traumatisierten Mut zu machen, moralischen<br />

52<br />

Fariba Vafi<br />

Rettungsboot


Beistand zu leisten. Die einen sorgen sich um ihre im Ausland studierenden<br />

Kinder. Andere stehen vor dem Bankrott. Wieder andere sind depressiv geworden.<br />

Viele SchülerInnen und StudentInnen haben keinen Zugang zum<br />

Internet oder zu Online-Kursen.<br />

Robinson bestellt uns ins Treppenhaus. Am Fuß der Treppe zu seiner<br />

Wohnung sollen wir stehenbleiben. Er bleibt oben an der Treppe stehen.<br />

Um angemessenen Abstand zu wahren. Es riecht jetzt nicht mehr nach dem<br />

Parfüm der Frau, die kurz zuvor durchs Treppenhaus gegangen ist, sondern<br />

nach Alkohol. Robinson, dem und dessen Bauch man ansah, dass er einst<br />

mit gesegnetem Appetit aß, führt uns, die wir in jüngster Zeit reichlich gegessen<br />

und geschlafen haben, seine neue Figur und den flachen Bauch vor.<br />

Woraufhin wir nur entgegnen: „Wenn uns zu beschämen dein Ziel war, hast<br />

du’s auf ganzer Linie erreicht.“ Er sagt, er habe erkannt, wie falsch sein bisheriger<br />

Lebensstil war und dass er ihn ändern müsse.<br />

Uns erreicht die Nachricht vom Tod eines lieben Freundes. Wir können<br />

nicht an sein Grab gehen, um zu trauern. Auch Besuche in Polikliniken oder<br />

Krankenhäusern sind nun mit Gefahren verbunden. Die Behandlung von<br />

Leiden, die bereits vor Auftreten des Virus regelmäßiger medizinischer Versorgung<br />

bedurften, wird schlicht auf unbestimmte Zeit vertagt. Eine ältere<br />

Frau befürchtet, man könnte sie nach ihrem Tod mit [desinfizierendem,<br />

auch zersetzendem] Kalk bestreuen. Eine andere hat Angst, von ihrer Familie<br />

ins Krankenhaus abgeschoben zu werden.<br />

Die Zivilgesellschaft startet zahlreiche Kampagnen. Eine fordert HausbesitzerInnen<br />

und VermieterInnen zu Mietsenkungen auf. Eine andere sammelt<br />

medizinisches Gerät und Material für ÄrztInnen und Pflegepersonal.<br />

Eine dritte setzt sich für arbeitslos gewordene MitbürgerInnen ein.<br />

Unter dem tagtäglichen Bombardement mit Hiobsbotschaften hat unser<br />

Nervenkostüm schwer gelitten. Robinson ruft an. Wir sollen ihm per Videostream<br />

folgen. Er scheint Wichtiges verkünden zu wollen. Wir, stets auf das<br />

Schlimmste gefasst, stellen uns unwillkürlich auf eine unangenehme Überraschung<br />

ein. Robinson führt uns gelassen in jeden Winkel seiner Wohnung.<br />

Wir staunen nicht schlecht. Bisher sah seine Behausung immer aus wie<br />

nach einem Bombeneinschlag. Jetzt ist sie aufgeräumt und blitzblank. Er<br />

nimmt uns mit auf seine Dachterrasse, von der aus er sowohl den wolkenlosen<br />

blauen Himmel über sich als auch die kranke, schmutzige Stadt und<br />

Erde unter sich sehen kann. Er selbst macht den Eindruck, als habe er sich<br />

nach reiflicher Überlegung zwischen Himmel und Erde eingerichtet. Er lenkt<br />

seine Kamera auf das Grün, das er in den ersten Tagen seiner Quarantäne<br />

zu pflanzen angekündigt hatte. Sein Plan scheint aufgegangen, die Pflanzen<br />

sind gewachsen. Einige tragen sogar schon Blüten, die im Tageslicht hell<br />

schimmern.<br />

Dieser Artikel erschien am 19. April <strong>2020</strong> im Tagesspiegel, Berlin.<br />

Aus dem Persischen von Jutta Himmelreich.<br />

53<br />

Fariba Vafi<br />

Rettungsboot


© Jasper Kettner<br />

FARIBA<br />

VAFI


Die Verantwortung<br />

der Schreibenden<br />

Maryam Aras<br />

Bibliografie (Auswahl)<br />

Parande-ye-man<br />

Nashr-e-Markaz<br />

Teheran, 2002<br />

Kellervogel<br />

Rotbuch Verlag, 2012<br />

[Ü: Parwin Abkai]<br />

Razi dar Kucheha<br />

(Ein Geheimnis der Straße)<br />

2008<br />

Un secret de rue<br />

Zulma, 2011<br />

[Ü: Christophe Balaÿ]<br />

Tarlan<br />

2006<br />

Sujet, 2015<br />

[Ü: Jutta Himmelreich]<br />

Rowya-ye-Tabbat<br />

2007<br />

Der Traum von Tibet<br />

Sujet, 2018<br />

[Ü: Jutta Himmelreich]<br />

Ba’d az pāyān<br />

2014<br />

„Wir sind ein mitteilsames Volk. Wir können stundenlang reden, ohne auch<br />

nur eine einzige Zeile zu schreiben, denn Schreiben heißt: Verantwortung<br />

übernehmen.“ Diese prophetischen Worte einer weisen Frau empfängt<br />

Fariba Vafis Titelheldin Tarlan nach der Veröffentlichung ihrer ersten Kurzgeschichte.<br />

Sie solle diese Verantwortung annehmen und schreiben, unbedingt,<br />

sagt die weise Frau. Doch um schreiben zu können, muss man gelebt haben.<br />

An Lebenserfahrung mangelt es der jungen Tarlan kurz nach der iranischen<br />

Revolution 1979 noch. Bis sie ihre Stimme als Schriftstellerin findet, ist es ein<br />

langer Weg. „Tarlan“ bedeutet Falke auf Azeri, Fariba Vafis erster Sprache.<br />

Wie die meisten iranischen SchriftstellerInnen der multiethnischen Gesellschaft<br />

schreibt sie auf Persisch, ihrer Zweitsprache. Dass ihre Romane und<br />

Kurzgeschichten den Weg vor allem zu ihren Leserinnen finden, ist für Vafi<br />

existenziell.<br />

Schon mit ihrem ersten Roman Parande-ye-man (2002, dt. Kellervogel,<br />

2013) schaffte sie ein Novum moderner iranischer Autorinnenschaft: balancierend<br />

zwischen einer sprachästhetisch reduzierten Erzählung einer Hausfrau<br />

und Mutter, die um ein selbstbestimmtes Leben kämpft, verhandelt sie<br />

gesellschaftliche Tabus wie entfremdete Mutter-Kind-Beziehungen, unerfüllte<br />

Ehen oder die Flucht ins Exil. Dies tut sie leise, den Zensor vorausahnend.<br />

Obwohl alle ihre bisher dreizehn Romane und Kurzgeschichtenbände zum<br />

Gegenstand der Zensur wurden, konnten sie letztlich zu ihren Leserinnen<br />

finden. Frauenfiguren zu erschaffen, die sonst kaum Platz in der postrevolutionären<br />

Literatur hätten, Stimmen hörbar zu machen, die sonst stumm<br />

blieben, das ist Fariba Vafis Anspruch. Die Verantwortung der Schreibenden<br />

als Metaerzählung.<br />

Während sie in Tarlan die Coming-of–Age Story einer angehenden<br />

Schriftstellerin vor dem Hintergrund einer Polizistinnen-Kaserne kurz nach<br />

der Revolution entwirft, erzählt sie gleichzeitig durch die Biografien der<br />

Mit-Kadettinnen, ihrer unterschiedlichen sozialen und ethnischen Herkunft,<br />

eine kollektive Biografie der Frauen ihrer Generation. So falkenhaft wie die<br />

Heldin ihres Romans, ist die Schriftstellerin selbst eine kluge Beobachterin<br />

ihrer Umgebung und Mitmenschen. „Der Stil eines Schriftstellers ist abhängig<br />

von seiner Sicht auf das Leben“, hat Fariba Vafi einmal gesagt. Oft analysiert<br />

sie Strukturen, die zwischenmenschliche Beziehungen zerstören. „Ich<br />

versuche, sie in ihrem Wesen zu erfassen und kritisiere sie. Innerhalb dieser<br />

Gemeinschaft, die wir Familie nennen, versuchen Frauen Widerstand zu leisten<br />

gegen die Unterdrückung und die Gewalt, der sie oft ausgesetzt sind, um<br />

in irgendeiner Form zu einer unabhängigen Identität zu finden.“ Ihr Blick ist<br />

sezierend, schonungslos und doch voller Humor.<br />

Vafis Erzählungen sind Mikrokosmen; in ihrer beinahe beiläufigen Poetik<br />

erfasst sie Emotionen und Strukturen, die fast immer auch politisch sind. Selten<br />

wird sie dabei so explizit wie in ihrem 2013 erschienenen Roman Ba’d az<br />

pāyān (Nach dem Ende), in dem sie Zaynab Pasha, eine frühe Frauenrechtlerin<br />

und Guerillakämpferin aus Tabriz, Vafis Heimatstadt, als Leitbild für ihre<br />

Protagonistin hochhält: „Mama sagte, ich soll Zaynab Pasha in Ehren halten.<br />

Dass ich von ihr lernen solle und nicht von ihr selbst, Mama, weil sie ihr Leben<br />

lang ein blinder Vogel gewesen sei. Sie war fest davon überzeugt, wie ein<br />

blinder Vogel durchs Leben gegangen zu sein. Nicht mal wann, und warum<br />

überhaupt sie geheiratet hatte, konnte sie sagen.“<br />

Wir können stundenlang reden, ohne<br />

auch nur eine einzige Zeile zu schreiben,<br />

denn Schreiben heißt: Verantwortung<br />

übernehmen.<br />

55<br />

Fariba Vafi<br />

Literatur<br />

08/20-08/21


The Responsibility<br />

of the Writer<br />

Maryam Aras<br />

Selected Bibliography<br />

Parande-ye-man<br />

Nashr-e-Markaz<br />

Tehran, 2002<br />

My Bird<br />

Syracuse University Press<br />

Syracuse, 2009<br />

[Transl.: Mahnaz Lousha<br />

and Nasrin Jewell]<br />

Razi dar Kucheha<br />

(A Secret of the Street)<br />

Nashr-e-Markaz<br />

Tehran, 2008<br />

Un secret de rue<br />

Zulma, 2011<br />

[Transl.: Christophe Balaÿ]<br />

Tarlan<br />

Nashr-e-Markaz<br />

Tehran, 2006<br />

Sujet, 2015<br />

[Transl.: Jutta Himmelreich]<br />

Rowya-ye-Tabbat<br />

Nashr-e-Markaz<br />

Tehran, 2007<br />

Der Traum von Tibet<br />

Sujet, 2018<br />

[Transl.: Jutta Himmelreich]<br />

Ba’d az pāyān<br />

Nashr-e-Markaz<br />

Tehran, 2014<br />

“We’re a communicative people. We can talk for hours without putting a single<br />

line to paper, because to write is to take on responsibility.” Tarlan, the protagonist<br />

of Fariba Vafi’s eponymous novel, is told these prophetic words by a<br />

wise woman after publishing her first story. She should shoulder this responsibility<br />

and write, by all means, the wise woman said. But to write, you have<br />

to have lived. And in 1979, shortly after the Iranian revolution, young Tarlan is<br />

lacking in life experience. She has a long way to go before she finally finds her<br />

voice as a writer. “Tarlan” means falcon in Azeri, Fariba Vafi’s first language.<br />

But like most writers in Iran’s multiethnic society, Vafi writes in Farsi, her second<br />

language. It is of existential importance to Vafi that her novels and short<br />

stories find their way to readers, especially women readers.<br />

Her first novel, Parande-ye-man (My Bird, 2002) was a singular event for<br />

modern Iranian women authors. In this beautifully written, finely-tuned tale<br />

of a wife and mother struggling for autonomy, Vafi probes societal taboos<br />

such as estranged mother-child relationships, unfulfilling marriages, and escaping<br />

into exile. But her handling of these issues is so understated that this<br />

book, like her twelve others, was able to pass through censorship, albeit not<br />

completely uncensored. Vafi aims to create female characters that are rarely<br />

portrayed in postrevolutionary Iranian literature, to give voice to those who<br />

are otherwise voiceless. The responsibility of the writer as metanarrative.<br />

Tarlan is a coming-of-age novel about a budding writer in a women’s<br />

police academy shortly after the revolution. Through the stories of the other<br />

cadets, who hail from diverse social and ethnic backgrounds, Vafi paints a<br />

collective portrait of the women of her generation. As falcon-like as her fictional<br />

hero, the writer herself is a sharp observer of her environment and of<br />

her fellow humans. “A writer’s style depends on their view of life,” Fariba Vafi<br />

once said. Often she analyses the structures that destroy human relationships.<br />

“I try to understand their core, and criticize them. Within the community<br />

that we call ‘family,’ wo-men try to resist the oppression and the violence<br />

that they often face in order to achieve some kind of independent identity.”<br />

Her gaze is incisive and unsparing, and yet full of humor.<br />

Vafi’s stories are microcosms. In their almost incidental poeticism, they<br />

encompass emotions and structures that very nearly always also comprise<br />

a political element. Yet rarely is she as explicitly political as in Ba’d az pāyān<br />

(After the End, 2013). Zaynab Pasha, a guerrilla fighter from Tabriz, Vafi’s<br />

hometown, and an early advocate of women’s rights, serves as the protagonist’s<br />

role model. “Mama says I should honor Zaynab Pasha. That I should<br />

learn from her and not from Mama herself, because she’s been a blind bird<br />

all her life. She was convinced that she had gone through life like a blind bird.<br />

She couldn’t even say when, much less why, she had married.”<br />

We can talk for hours without putting<br />

a single line to paper, because to write<br />

is to take on responsibility.<br />

56<br />

Fariba Vafi<br />

Literature<br />

08/20-08/21


Lifeboat<br />

A diary of the pandemic in times of mistrust.<br />

Fariba Vafi reports from Tehran in spring <strong>2020</strong>.<br />

Coronavirus arrives in our country sneakily and quietly. It is the beginning<br />

of winter and my nephew is ringing the doorbell of our apartment. I open the<br />

door and I see him coming up the stairs, loaded with bags of groceries and<br />

stale bread.<br />

"From today on, I‘m self-isolating. You should do that too." he says.<br />

As I mostly spend my time reading or writing at home, lockdown would<br />

neither be new nor particularly restrictive for me. In fact, it would bring a<br />

little freedom. Unnecessary commutes back-and-forth and gatherings with<br />

relatives, which is sometimes seen as an obligation in Iranian culture, have<br />

been eliminated without the slightest effort. However, the stress level is<br />

high, largely suppressed by the news around us. My nephew, a sociable forty-six<br />

year old single man, is unbelievably terrified of the virus and is locking<br />

himself up at home sooner than anyone else. Two weeks later, the news officially<br />

reports that the virus has been found in the holy city of Qom.<br />

Over the years, we have gotten used to interpreting official reports on<br />

our own. The constant secrecy and blatant lies from our leaders and the<br />

official media of our opaque society have turned us into morbidly doubtful<br />

pessimists who never believe what we hear, and who cannot understand<br />

where the truth lies and to what extent it might be shared with us. In my<br />

opinion, mistrust could be even more alarming than any virus. A virus can<br />

be eradicated, while mistrust remains. Its aftereffects will spread across<br />

people’s minds and souls, and no inoculation can make it disappear. Chronic<br />

depression and mental confusion results from this mistrust, and a generation<br />

that does not believe in this life or this world will gradually be raised.<br />

Coronavirus throws Qom into complete turmoil. It was allegedly brought in<br />

by Chinese clerics. Commercial flights to China keep operating, even after<br />

the outbreak. Although a nation-wide lockdown is being debated, there is a<br />

group of powerful people who sabotage state-level decision-making. Some<br />

fanatics believe that shrines and holy places will ward off the outbreak and<br />

therefore should not have to close. A man licks a tomb in a shrine to prove<br />

their words, and the media advise people to use healing essential oils and<br />

herbs. People who have used sarcasm as a coping mechanism against widespread<br />

official superstition have a lot to make fun of. As a result, funny video<br />

clips rapidly proliferate.<br />

Regardless of all ongoing controversies, Coronavirus attaches itself to<br />

a traveler and arrives in the capital. People puzzle over rumors, contradictory<br />

news reports, and heathcare advice both correct and incorrect. They<br />

ressemble the passengers on the Titanic, although this time the lifeboat is<br />

only available for children and young people. The government has to cancel<br />

Friday prayers, the most powerful ritual in the Islamic Republic‘s arsenal.<br />

Shrines, mosques, and tombs of saints will be closed regardless of protests<br />

by extremists.<br />

People have different attitudes towards Coronavirus. The elderly couple in<br />

the apartment below have withdrawn into their hollow of gloom and silence,<br />

57<br />

Fariba Vafi<br />

Lifeboat


like the seven sleepers in the cave, who wish only to awaken in another time.<br />

Many people, my nephew among them, isolate themselves completely. They<br />

watch the news obsessively day and night. They are angered by the ignorance<br />

of others, who seemingly take no notice of warnings and continue to travel.<br />

They check in on relatives, especially their parents, on the phone and via<br />

social media. My nephew, who grew a full beard during this time, is named<br />

Robinson Crusoe by family members who have not yet completely cut off<br />

their interactions with the outside world. Everyone is trying his or her best to<br />

allay the dread a little. They encourage him to leave his island for a few hours<br />

a day and go for a walk on the street, so that he does not lose touch with reality.<br />

They then debate for hours what that reality actually is. They joke that one<br />

day Robinson will come out of his cave and rub his eyes in amazement only<br />

to discover that there is a new national currency, the cityscape has changed,<br />

and people dress differently. In response to their humor, Robinson points out<br />

that people are perishing from the Coronavirus without putting up a fight<br />

and that he, under no circumstances, wishes to die like that. Thanks to his<br />

quarantine, he says, he has escaped both his actual environment and the<br />

potentially infected one, and is building his own lifeboat.<br />

However, there are also people who will have nothing to eat if they stay at<br />

home. Small business owners, day laborers, peddlers, single mothers, taxi<br />

drivers, and members of many other vulnerable groups have not been able<br />

to cope with the recession of recent years. To them, Coronavirus is like a bullet<br />

aimed directly at their gaunt and emaciated bodies.<br />

Many young people, after the suppression of social movements, are<br />

caught in such despair and profound mental stagnation that they do not<br />

see any prospects before and after the outbreak. It does not matter to them<br />

whether they go outside or stay at home. In any case, they cannot imagine a<br />

future for themselves. They are outraged and have nothing left to lose. The<br />

majority of people have lived many years under injustice, growing social inequality,<br />

and oppressive sanctions, so in comparison with the other calamities<br />

they have experienced, the pandemic is nothing special. Last autumn,<br />

many people, mostly very young, were killed in street protests, and many<br />

families mourned the victims. Many protesters were arrested and sentenced<br />

to long prison terms along with environmental and civil rights activists.<br />

However, the most devastating and tragic event of all was a mistake by the<br />

Iranian counter-air defence, which last year targeted a Ukrainian airplane,<br />

killing all its passengers.<br />

There are also those who put their family members in additional misery<br />

through excessive behavior. For instance, via the consumption of alcohol.<br />

Drinking has been forbidden in our country for forty years, although alcohol<br />

can be found across the city. These days, the need for disinfectant has<br />

greatly increased the need for alcohol. The name Zakariya al-Razi, who first<br />

discovered alcohol, has surpassed all the saints and celebrities, and after<br />

centuries is now on everyone’s lips. Apart from handwashing, some people<br />

have succumbed to the misconception that the virus can be killed in the<br />

throat by gargling with alcohol. And some people do not limit themselves<br />

to gargling. They increase their alcohol consumption. Amid such chaos, all<br />

kinds of unmonitored counterfeit goods can be found. Within a few weeks,<br />

the consumption of counterfeit alcohol kills more than three hundred people.<br />

Others survive, but become blind in both eyes.<br />

The restrictions in cities coincide with the beginning of spring and<br />

Nowruz holidays—the great Iranian celebration, held for thousands of years,<br />

which also signifies revival. People welcome the new year with spring cleaning<br />

and shopping. Everything is cleaned, and people get ready for visits and<br />

returning visits. But this year there is no sign of that festive atmosphere.<br />

58<br />

Fariba Vafi<br />

Lifeboat


It is raining and the air is fresh. The trees are blooming. Chirping birds can<br />

be heard more clearly that unsual. The pleasant fragrance of flowers is in<br />

the air. But visiting others and acts of hospitality are forbidden. Instead,<br />

people must stay home and reinvent a new meaning of life and home. Every<br />

nook and cranny of the home is being discovered. A friend says she had been<br />

reluctant to clean a certain corner of the house for ages. Now she can no<br />

longer avoid it. People‘s relationships with their living spaces are changing.<br />

They are no longer just accommodations, no longer just a place to sleep.<br />

The home is now everything. It is for working, sleeping, eating, walking, and<br />

thinking. And it is no longer just about keeping the contents within its four<br />

walls clean. In addition to cleaning, one has to deal and come to terms<br />

with a new reality.<br />

The family comes together. We are told on television and social media to<br />

see the crisis as an opportunity and to enjoy being together. It is like spring<br />

break for men and women who have been working all year; they can now<br />

relax in front of the TV. Children, relieved from school or homework, can<br />

stay in bed until noon. Hands are washed more carefully. Hygiene, tirelessly<br />

preached by mothers for years, is suddenly paid attention to without orders.<br />

But the pieces of the puzzle that make up the home do not fit together as<br />

easily as they did before. Pressure at home is high. Many homes are on the<br />

verge of exploding. Most apartments are small and must accommodate all<br />

their members all day long—an atmosphere in which everyone wants their<br />

share and has fought for it for a long time.<br />

The housewife gets the smallest share of all. Her workload has increased.<br />

She needs to wash everything that is brought into the house several<br />

times, and she has to make sure that no one is careless. She has to look<br />

after the elderly. She has to entertain the young kids, console the older children,<br />

and discuss parenting and a thousand other family matters with their<br />

obsessive, irritable, and anxious husbands. She must keep an account of<br />

household necessities. The little space that she previously had for herself<br />

when the house was empty, has been lost within just a few days, and she is<br />

deprived of simple breaks such as going out.<br />

Middle-class women have relatively fewer problems, but they are also<br />

barred from going to the gym, swimming pools, and social gatherings. Domestic<br />

crises are inextricably linked to the struggles for survival outside.<br />

The sick economic system, incapable of developing aid programs, has placed<br />

all the burden of maintaining health and survival on the shoulders of individuals.<br />

There is no budget. Everyone has to figure out how he or she will<br />

manage. There is no public service support. Domestic violence and fights are<br />

rampant. But hardly any of this is reported by the state media. The divorce<br />

rate is high. Filing for divorce is prohibited in one of the northern provinces.<br />

According to the health department, the number of calls stemming from<br />

domestic disputes has tripled.<br />

Coronavirus continues to spread. Quarantines are like peninsulas that<br />

are connected via the internet. Everyone in the world is informed about each<br />

other. Some make puzzles. Others cook. They dance. They watch movies and<br />

TV shows, sharing these with one another. I run errands for the neighbors<br />

below me and put the groceries by their front door. However, there is no<br />

news from Robinson. His footsteps, which we sometimes hear late at night,<br />

indicators of his insomnia, have not been heard for some time. I check in on<br />

him. He is tired of the long loneliness. "Now I can empathize with how someone<br />

feels in solitary confinement," he says.<br />

Everyone is worried about the prisoners. The government has given leave<br />

to only a fraction of them. Countless protest letters are circulating and being<br />

signed. In one, artists, writers, translators, filmmakers, and civil society<br />

59<br />

Fariba Vafi<br />

Lifeboat


activists demand that the government grant prisoners leave. In the few cities<br />

where prisoners are revolting, some inmates have managed to escape. There<br />

is also a risk of infection in other crowded places. Coronavirus infiltrates<br />

nursing homes.<br />

Even when the city goes quiet, children can be seen stretching out their<br />

bare hands for money while cleaning car windows at intersections. Homeless<br />

people rummage through trash with their bare hands. Street vendors spread<br />

their range of goods on every corner.<br />

Robinson has overcome his initial bewilderment, but leaves the fruit and<br />

food that we put in front of his door untouched. While we worry about his<br />

extreme attitude and his not eating enough fresh food, he makes plans for<br />

himself and for us. He rations his supplies. He exercises every day. The sound<br />

of a jump rope and his jumping up and down shakes the ceiling. Every day<br />

he updates a graph of the spread of the virus and shares it in our family<br />

Telegram group.<br />

In general, chat groups on Telegram and WhatsApp are important resources<br />

for information. In these groups, everything is shared. Health tips. The<br />

latest scientific discoveries. Articles about Coronavirus and post-Coronavirus.<br />

Some members appear more active than others in the group and their<br />

job is to inspire those affected by fear and trauma. Some are worried about<br />

their children studying abroad. Others are facing bankruptcy. Some have become<br />

depressed. Many pupils and students do not have access to the internet<br />

and to online courses.<br />

Robinson invites us to meet him at the stairs. He stands on top of the<br />

stairs to keep an appropriate distance. Instead of the smell of perfume from<br />

the woman who used to go up the stairs, now we smell alcohol. Robinson, the<br />

roundish man with a good appetite and big belly, shows off his new figure and<br />

flat stomach to us, who have recently eaten and slept well. To this we reply:<br />

"If your goal was to shame us, you have absolutely succeeded." He says that<br />

he has realized his previous lifestyle was wrong and that he has to change it.<br />

The news of the death of a dear friend arrives. We cannot go to his grave to<br />

mourn and pay homage to him. Going to clinics and hospitals has become dangerous.<br />

Treatment of conditions that were previously significant and required<br />

regular medical care are indefinitely postponed. A grandmother is afraid that<br />

after her death, she could be sprinkled with [disinfecting] lime. Another is<br />

afraid of being left alone in the hospital. People create numerous campaigns.<br />

One such campaign calls on landlords to reduce rents. Another collects<br />

medical equipment and supplies for doctors and nurses. Yet another campaign<br />

proposes corporate layoffs.<br />

Every day we are bombarded with bad news that none of us have the<br />

nerves to face. Robinson calls and says he wants us to join him via video call.<br />

It seems that he wants to announce some important news. Always prepared<br />

for the worst, we involuntarily get ready for an unpleasant surprise. Robinson,<br />

calm and thoughtful, shows us every corner of his apartment. Our eyes<br />

bulge in surprise. His home, which had always looked as if a bomb had just<br />

exploded in the middle of it, is now sparkling clean. He takes us to his rooftop<br />

terrace, from which he can see both the clear blue sky above and the sick and<br />

polluted land below. He looks as if, after a good deal of thought, he has been<br />

able to eke out his place between the earth and the sky. He points his phone<br />

to the plants that, at the start of his quarantine, he said he would grow.<br />

The plants have been nurtured and are flourishing. Some have flowers that<br />

gleam in the daylight.<br />

Published in German by Tagesspiegel, Berlin, April 19, <strong>2020</strong>.<br />

Translated from Farsi by Moji Taalipasand.<br />

60<br />

Fariba Vafi<br />

Lifeboat


Lockdown in Berlin, 04/20 © Ieva Epnere (Fellow 2019)


Limbo in<br />

paradiesischer<br />

Kulisse<br />

OEIN strandet<br />

in der Musikakademie<br />

Rheinsberg<br />

Left in Limbo<br />

in Idyllic<br />

Surroundings<br />

How the OEIN Got<br />

Stranded in the Rheinsberg<br />

Music Academy<br />

OEIN in Rheinsberg, 05/20 © Marlena Waldthausen<br />

Fünfundzwanzig MusikerInnen des bolivianischen<br />

experimentellen Orchesters für indigene Instrumente<br />

(OEIN), darunter der künstlerische Leiter Carlos<br />

Gutiérrez (Fellow 2018), waren Mitte März <strong>2020</strong> nach<br />

Berlin gereist, um das Eröffnungskonzert der Maerz-<br />

Musik – Festival für Zeitfragen zu bestreiten. Es sollte<br />

der Höhepunkt eines lang vorbereiteten Kooperationsprojekts<br />

mit dem <strong>Berliner</strong> Solistenensemble PHØNIX16<br />

werden. Doch die grassierende Ausbreitung des<br />

In mid-March <strong>2020</strong>, twenty-five members of the Bolivian<br />

Experimental Orchestra for Indigenous Instruments<br />

(OEIN), including their artistic director Carlos Gutiérrez<br />

(fellow 2018), came to Berlin to play the opening concert<br />

at MaerzMusik – Festival for Time Issues. This event<br />

was to be the highlight of a long-planned collaboration<br />

between the OEIN and the Berlin-based soloists’ ensemble<br />

PHØNIX16. Due to the spread of COVID-19,<br />

however, MaerzMusik <strong>2020</strong> was cancelled and shortly<br />

62


OEIN in Rheinsberg, 05/20 © Marlena Waldthausen<br />

Coronavirus führte erst zur Absage der MaerzMusik<br />

sowie kurz darauf zur Schließung der bolivianischen<br />

Grenzen. Die traumhafte Umgebung der Musikakademie<br />

Rheinsberg, in der OEIN sich eben noch mit den<br />

deutschen MusikerInnen auf die anstehenden Aufführungen<br />

vorbereitet hatte, wurde plötzlich zum Ort der<br />

Isolation und Verunsicherung.<br />

Elf Wochen dauerte dieser Aufenthalt am Ende.<br />

Drei Mitglieder von PHØNIX16 blieben die gesamte Zeit<br />

mit den BolivianerInnen vor Ort. Gemeinsam probten<br />

sie täglich intensiv weiter und entwickelten neue Stücke,<br />

um dem Stillstand und der Ausweglosigkeit ihrer Situation<br />

etwas entgegenzusetzen. Diese Zusammenarbeit<br />

wurde aus Mitteln des DAAD-Programms „Künste und<br />

Medien“ gefördert.<br />

Durch die solidarischen Anstrengungen des Auswärtigen<br />

Amts und aller beteiligten Institutionen (<strong>Berliner</strong><br />

Festspiele, Goethe-Institut, HELLERAU, <strong>Berliner</strong><br />

<strong>Künstlerprogramm</strong> des DAAD) sowie PHØNIX16 konnten<br />

die bolivianischen Gäste am 1. Juni endlich zu ihren<br />

Familien und Freunden zurückkehren.<br />

Der Filmemacher Philipp Hartmann hat mit einer<br />

Sondergenehmigung des Gesundheitsamts diese außergewöhnliche<br />

Situation mit der Kamera begleitet. Als<br />

Koproduktion des Ultima Festivals (Oslo) und des <strong>Berliner</strong><br />

<strong>Künstlerprogramm</strong>s des DAAD entstand daraus<br />

der bewegende Dokumentarfilm Aus den 84 Tagen. DB<br />

afterwards, Bolivia closed its borders and suspended<br />

all international flights. The beautiful surroundings<br />

of the Rheinsberg Music Academy, where OEIN and<br />

their German colleagues had been preparing for their<br />

upcoming performances, suddenly became a place<br />

of isolation and uncertainty. Financial support for this<br />

collaboration was provided by the DAAD "Arts & Media"<br />

funding program.<br />

The Bolivian guests ended up having to stay in<br />

Rheinsberg for eleven weeks, and three members of<br />

PHØNIX16 stayed with them throughout. The musicians<br />

continued their intensive daily rehearsals and developed<br />

new pieces in an attempt to break the deadlock and<br />

counter the hopelessness of their situation. Thanks to<br />

the concerted efforts of the Federal Foreign Office<br />

and the project’s partner institutions (<strong>Berliner</strong> Festspiele,<br />

Goethe-Institut, HELLERAU, DAAD Artists-in-Berlin<br />

Program), as well as the team of PHØNIX16, the Bolivian<br />

musicians were finally able to fly home to their<br />

families and friends on June 1, <strong>2020</strong>.<br />

Filmmaker Philipp Hartmann obtained permission<br />

from the public health office to record this exceptional<br />

situation as it unfolded; the resulting film, a moving<br />

documentary entitled Aus den 84 Tagen, was<br />

co-produced by Ultima Festival (Oslo) and the DAAD<br />

Artists-in-Berlin Program. DB<br />

63


Ein Projektraum<br />

nach dem<br />

Corona-Lockdown<br />

A Post-Coronavirus<br />

Lockdown<br />

Project Space<br />

Osías Yanov, The Fingers of the Air, daadgalerie, Installationsansicht / installation view © Eunice Maurice<br />

64


The Fingers of the Air<br />

12.05.<strong>2020</strong> - 17.08.<strong>2020</strong><br />

daadgalerie<br />

Wie bedeutsam die Erfahrung von Raum, Körper und<br />

Materialien sind, das wurde im Zuge des Lockdowns<br />

immer deutlicher. Als in Berlin der Ausstellungsbetrieb ab<br />

Mai <strong>2020</strong> wieder gestattet war, wurde die daadgalerie<br />

nach der abrupten Schließung im März vorsichtig geöffnet<br />

– als Projektraum, in dem Kunst, Musik, Film und<br />

Literatur als Performance, als Intervention, als kollektive<br />

Erfahrung wieder möglich wurden.<br />

Der übergreifende Titel, The Fingers of the Air, war<br />

einem Gedicht der dänischen Lyrikerin Inger Christensen<br />

entlehnt, das um die Sehnsucht einer Marmorskulptur<br />

kreist, die endlich von Menschen berührt werden möchte.<br />

Unter diesem Titel waren aktuelle Fellows des <strong>Berliner</strong><br />

<strong>Künstlerprogramm</strong>s eingeladen, die Galerie zu bespielen,<br />

improvisierte und ephemere Formate zu entwickeln und<br />

in Zusammenarbeit mit bestehenden Netzwerken Arbeitsprozesse<br />

in den Raum zu bringen. Die Fragilität der<br />

Situation wurde dabei nicht nur zur Produktionsbedingung,<br />

sondern auch auf unterschiedliche Arten zum Thema<br />

der künstlerischen Auseinandersetzung. DB, SF, MR<br />

The importance of experiencing spaces, the body, and<br />

physicality became increasingly clear during the coronavirus<br />

lockdown. When exhibitions were permitted<br />

to restart in Berlin in May <strong>2020</strong>, the daadgalerie cautiously<br />

re-opened—after being shut down abruptly in<br />

March—as a project space where the presentation of<br />

art, music, film, and literature were again possible as<br />

performance, intervention, and collective experience.<br />

The overarching title, The Fingers of the Air, is borrowed<br />

from a poem by Danish poet Inger Christensen<br />

about a marble sculpture’s yearning to be touched by<br />

people. Under this title, current fellows of the Artistsin-Berlin<br />

Program were invited to use the gallery, develop<br />

improvised and ephemeral formats, and to collaborate<br />

with existing networks to bring working processes<br />

into the space. The precariousness of the situation<br />

shortly after lockdown became not only a condition of<br />

production, but also a theme of the artistic examinations.<br />

DB, SF, MR<br />

12.05.–16.08.<strong>2020</strong><br />

© Eunice Maurice<br />

Osías<br />

Yanov<br />

Eine Intervention von Osías Yanov an der Fensterfront<br />

der daadgalerie suchte den konstanten Austausch mit<br />

dem Publikum auf der Straße im Umfeld der Galerie<br />

und hinterfragte die Bedeutung eines öffentlichen Raumes,<br />

wenn er verschlossen ist. In Form von Text auf der<br />

Fassade und verschiedenen performativen Aktivierungen<br />

zwischen dem Innen- und Außenraum setzte sich<br />

Yanov mit dem Zustand des Offenen aber gleichzeitig<br />

Verschlossenen auseinander und suchte nach Möglichkeiten<br />

des Dialogs in Zeiten sozialer Distanz.<br />

Osías Yanov’s intervention on the daadgalerie's front<br />

window façade sought to continuously engage the<br />

public on the street in front of the gallery, calling into<br />

question the meaning of a public space when closed.<br />

In the form of text installed across the gallery’s front<br />

façade plus various performative activations of the interior<br />

and exterior space, Yanov examined the status of<br />

something simultaneously open and closed, and sought<br />

opportunities for dialog in times of social distancing.<br />

65


26.–28.05.<strong>2020</strong><br />

Madame<br />

Nielsen<br />

Als Hommage an die Grande Dame der dänischen<br />

Lyrik, Inger Christensen, zog die Schriftstellerin und<br />

Performerin Madame Nielsen drei Tage lang in der<br />

daadgalerie ein – mit Koffer, Proviant, ein paar Flaschen<br />

Rotwein und einer kleinen Bibliothek. Im Austausch mit<br />

den zufälligen Passanten spielte sie Gitarre und improvisierte<br />

am Flügel, sie rauchte, trank Rotwein, legte sich<br />

schlafen, ging wieder ans Klavier – ein berührungsloses<br />

Sinnbild für die Sehnsucht nach Berührung. Aus den<br />

drei Tagen ging ein Video hervor, das vom Haus für Poesie<br />

ausgestrahlt wurde.<br />

09.–14.06.<strong>2020</strong><br />

In a tribute to Inger Christensen, the grande dame of<br />

Danish poetry, author and performer Madame Nielsen,<br />

moved into the daadgalerie for three days—with a<br />

suitcase, provisions, a few bottles of red wine, and a<br />

modest library. Engaging with random passersby, she<br />

played the guitar and improvised on the piano, smoked,<br />

drank red wine, went to sleep, returned to the piano<br />

again—a non-contact symbol of the longing for touch.<br />

The three days resulted in a video that was broadcast<br />

from the Haus für Poesie.<br />

© Eunice Maurice © Thomas Bruns<br />

Edi<br />

Hila<br />

Edi Hila präsentierte eine Reihe von Gemälden, die<br />

während seines Aufenthaltes in Berlin zwischen 2019<br />

und <strong>2020</strong> entstanden. Die Erinnerungsbilder, die oftmals<br />

von der politischen Vergangenheit in seiner albanischen<br />

Heimat sprechen, reflektieren den Zustand<br />

von Isolation und Ausgeschlossenheit: Themen, die im<br />

aktuellen Zusammenhang durch die gegenwärtige Erfahrung<br />

des Künstlers in Berlin eine Aktualisierung aus<br />

neuer Perspektive erfuhren.<br />

Edi Hila presented a number of paintings created during<br />

his stay in Berlin between 2019 and <strong>2020</strong>. Based<br />

on memories, the images often speak of the political<br />

past in his Albanian homeland and reflect on states of<br />

isolation and exclusion. These themes were revisited by<br />

the artist from a new perspective in the pandemic context,<br />

and based on his present experiences in Berlin.<br />

66


16.06.–16.08.<strong>2020</strong><br />

Burak<br />

Delier<br />

Unter dem Titel Meetings hinterließ Burak Delier im Galerieraum<br />

einen Kommentar auf die aktuelle COVID-19-<br />

Situation, der die Wahrnehmung der Architektur in den<br />

Fokus rückte: Durch Markierungen in Form von geometrischen<br />

Formen in verschiedenen Farben, die direkt auf<br />

die Oberflächen im Raum aufgetragen wurden, wies<br />

Delier auf die immanenten, direkten Treffpunkte der<br />

architektonischen Elemente hin. Die permanente Existenz<br />

der Berührungspunkte zwischen Wänden, Boden,<br />

Decke und weiteren Raumelementen wird in ihrer Beständigkeit<br />

und Unabdingbarkeit zum Thema gemacht.<br />

07.–19.07.<strong>2020</strong><br />

© Thomas Bruns © Thomas Bruns<br />

Under the title Meetings, Burak Delier left a comment<br />

in the gallery space on the current COVID-19 situation<br />

that focused attention on how architecture is perceived.<br />

By adding variously colored geometric shapes directly<br />

to the gallery’s surfaces, Delier highlighted the inherent<br />

points of contact between architectural elements. The<br />

permanency of points of contact between walls, floor,<br />

ceiling, and other room elements, as well as their stability<br />

and indispensability, were thematized.<br />

Tara<br />

Transitory<br />

Nguyễn + Transitory, das zentrale Projekt von Tara<br />

Transitory, zeigte eine nicht abgeschlossene Installation,<br />

die auf Bandschleifen und Elektronik basiert. Die Arbeit<br />

setzt ihre Forschung fort, die sich als andauernder<br />

Prozess versteht. Dieser begann mit Bird Bird, Touch<br />

Touch, Sing Sing (2019) und lotet Wechselbeziehungen,<br />

Verletzlichkeit, Nähe, Desorientierung und Vertrauen<br />

aus. Der Beitrag für die daadgalerie spiegelt die Auswirkungen<br />

wider, die das gegenwärtige und post-pandemische<br />

Klima auf diese Themen hat.<br />

Nguyễn + Transitory, Tara Transitory’s main project,<br />

presented an installation-in-progress based on tape<br />

loops and electronics. The work continues the ongoing,<br />

process-based nature of her research—beginning with<br />

Bird Bird, Touch Touch, Sing Sing (2019)—exploring interdependencies,<br />

vulnerability, closeness, disorientation,<br />

and trust. Her daadgalerie contribution reflected on how<br />

these themes are impacted by the present-day and<br />

post- pandemic climate.<br />

67


23.07.–02.08.<strong>2020</strong><br />

© Eunice Maurice<br />

Salomé<br />

Jashi<br />

Parallel zu ihrem neuen Dokumentarfilm, der sich in<br />

Postproduktion befindet, hat Salomé Jashi in Zusammenarbeit<br />

mit der Soundscape-Komponistin Diane<br />

Barbé und der Kuratorin und Künstlerin Celia Stroom<br />

eine multimediale Präsentation entwickelt. Vanity by the<br />

Sea erschloss Jashis Videomaterial in einem surrealistischen<br />

Setting, das eine neue Weltordnung offenbarte,<br />

in der nichts stabil und vorhersehbar ist.<br />

In parallel to her new documentary, currently in<br />

post-production, Salomé Jashi developed a multimedia<br />

presentation in collaboration with soundscape composer<br />

Diane Barbé and curator and artist Celia Stroom.<br />

Vanity by the Sea featured Jashi’s video material within<br />

a surrealistic multimedia setting, revealing a new world<br />

order where nothing is stable and predictable.<br />

08.+09.08.<strong>2020</strong><br />

© Eunice Maurice<br />

Osías Yanov<br />

& Liv<br />

Schulman<br />

Mit Tres Palomitas: Socially distanced lesbo cruising –<br />

Aufwärmen für eine kommende Welt, wie wir sie wollen<br />

stellten Osías Yanov und Liv Schulman die Möglichkeit<br />

einer lesbischen Cruising-Erfahrung zu Zeiten der sozialen<br />

Distanzierung zur Diskussion. Der für den Raum<br />

entwickelte Parcours in mehreren Etappen machte<br />

sich ein wiederentdecktes Erbe zu eigen, erwies einem<br />

wegweisenden Lied (Tres Palomitas) die Ehre und versuchte<br />

die Gründe zu verstehen, aus denen Cruising<br />

zu einem männlich dominierten Raum wurde.<br />

With Tres Palomitas: Socially Distanced Lesbo<br />

Cruising—Warming up for the Future We Want, Osías<br />

Yanov and Liv Schulman opened up a discussion on<br />

the possibilities of lesbian cruising in the time of social<br />

distancing. The multi-stage route developed for the<br />

space appropriated a rediscovered legacy for itself,<br />

paid tribute to a pioneering song (Tres Palomitas), and<br />

sought to understand why cruising has been taken<br />

over by a male-dominated space.<br />

68


11.–17.08.<strong>2020</strong><br />

© Eunice Maurice<br />

Hao<br />

Jingban<br />

Die bildende Künstlerin Hao Jingban präsentierte im<br />

Obergeschoss der daadgalerie zwei Filme (An Afternoon<br />

Ball, 2013; Off Takes, 2016) aus ihrem seit 2012 fortgeführten<br />

Projekt Beijing Ballroom. In dieser langjährigen<br />

Recherche untersucht sie zwei Traditionen des Gesellschaftstanzes<br />

in den frühen 1950er Jahren und in der<br />

Zeit nach der Kulturrevolution in der Volksrepublik China,<br />

Ende der 1970er Jahre. Hao experimentiert mit verschiedenen<br />

filmischen Sprachen, um diese miteinander verwobenen<br />

historischen Erzählungen zu erforschen.<br />

Visual artist Hao Jingban presented two films on the<br />

upper level of the daadgalerie (An Afternoon Ball, 2013;<br />

Off Takes, 2016) which are part of her ongoing Beijing<br />

Ballroom project initiated in 2012. Her long-term research<br />

examines two ballroom dancing traditions; one<br />

from the early 1950s, and the other from the period<br />

following the Cultural Revolution in the People’s Republic<br />

of China in the late 1970s. Hao experiments with different<br />

cinematic languages in exploring these interwoven<br />

historical narratives.<br />

11.–17.08.<strong>2020</strong><br />

© Thomas Bruns<br />

Ieva<br />

Epnere<br />

Zum Abschluss ihres Berlinaufenthalts zeigte Ieva<br />

Epnere eine Installation aus Erinnerungsfragmenten:<br />

Über die Jahre gesammelte Fotografien erschienen<br />

projiziert neben kurzen Gedichten von Agnese Krivade,<br />

zusammen mit der Aufnahme eines eigens geschriebenen<br />

Solostücks für Kontrabass von Evija Skuķe, eingespielt<br />

von Gunārs Upatnieks. Das Zusammenspiel der<br />

drei Elemente veranschaulichte die Kraft und Flüchtigkeit<br />

von Erinnerungen, die Epnere als eine Quelle der<br />

Inspiration beschreibt – besonders in Krisenzeiten.<br />

At the end of her residency in Berlin, Ieva Epnere presented<br />

an installation of memory fragments: Photographs<br />

collected over the years were projected alongside short<br />

poems by Agnese Krivade, along with a recording of<br />

a solo piece for double bass written specifically for the<br />

work by composer Evija Skuķe and played by Gunārs<br />

Upatnieks. The interplay of these three elements illustrated<br />

the potency and fleetingness of memories, which<br />

Epnere describes as a source of inspiration and strength,<br />

especially in times of internal and external crises.<br />

69


Solidarität<br />

in der<br />

Pandemie<br />

Ein Hilfsfonds für Kulturorganisationen<br />

im Ausland<br />

Solidarity<br />

During the<br />

Pandemic<br />

A Relief Fund for Cultural<br />

Organizations Abroad<br />

Das Archiv von / The archive of Malaysia Design Archive im / at the Zhongshan Building,<br />

Kuala Lumpur © Lim Sheau Yun<br />

Das weltweite Ökosystem der Kulturförderung, ein über<br />

die Jahrzehnte gewachsenes, komplexes Geflecht, wird<br />

von der Coronakrise akut gefährdet. Angesichts dieser<br />

Situation entstand auf Initiative des Auswärtigen Amts<br />

und des Goethe-Instituts im Sommer <strong>2020</strong> ein internationaler<br />

Hilfsfonds für Organisationen in Kultur und<br />

Bildung, an dem sich das <strong>Berliner</strong> <strong>Künstlerprogramm</strong><br />

des DAAD mit einer eigenen Förderlinie beteiligt: Unter<br />

The global ecosystem of cultural funding, a complex<br />

network that has evolved over decades, has been severely<br />

threatened by the coronavirus crisis. In response<br />

to this situation, the German Federal Foreign Office<br />

and the Goethe-Institut initiated the International Relief<br />

Fund for Organizations in Culture and Education in<br />

summer <strong>2020</strong>. The DAAD Artists-in-Berlin Program<br />

contributes to this endeavor with its own funding<br />

70


Mitwirkung ehemaliger Fellows wurden Institutionen<br />

außerhalb der EU ermuntert, sich mit Projekten zu bewerben.<br />

Zwölf Organisationen erhielten den Zuschlag.<br />

Die Entwicklung pandemiekompatibler Formate<br />

bildet den gemeinsamen Nenner einer Reihe von Vorhaben.<br />

So entwickelt das Filmemacherkollektiv Beirut<br />

DC im Libanon die Streaming-Plattform für arabischen<br />

Film, aflamuna; das Jugendtheater Mowa Art Fields<br />

in Südafrika produziert Online-Filme für Schulen mit<br />

dem Schwerpunkt Naturwissenschaften; die Medienkunst-Galerie<br />

Electromuseum in Moskau richtet ihre<br />

Räume für Pandemiemaßnahmen ein; das Performance-<br />

Kollektiv Studio Klampisan arbeitet in bäuerlichen<br />

Communitys in Banyuwangi, Indonesien; und Sagrada<br />

Mercancía, ein Projektraum für zeitgenössische Kunst in<br />

Santiago de Chile, konzipiert neue Online-Formate.<br />

Einen weiteren Schwerpunkt bilden Archive und<br />

Museen, die an pluralen Geschichtsschreibungen arbeiten:<br />

Das Daupará-Festival für indigenes Kino in Kolumbien<br />

digitalisiert sein Filmarchiv, das Werke indigener<br />

FilmemacherInnen sammelt. Das Malaysian Design<br />

Archive entwirft neue partizipative Formate. Weitere<br />

geförderte Vorhaben sind das Archivo de la Memoria<br />

Trans, eine Einrichtung in Buenos Aires, die für die<br />

Rechte von Transpersonen eintritt und deren Lebenserinnerungen<br />

vor dem Vergessen bewahrt, sowie das<br />

Museo del Puerto de Ingeniero White, ein Kulturort in<br />

der Hafenstadt Bahía Blanca, das die Geschichte der<br />

HafenarbeiterInnen im Austausch mit den lokalen<br />

Communitys aufarbeitet und kommuniziert.<br />

Schließlich erhält eine Reihe unabhängiger Bildungseinrichtungen<br />

Unterstützung – Netzwerke von<br />

KünstlerInnen und Intellektuellen, die sich für kritische<br />

Wissensvermittlung einsetzen. Dazu gehört die<br />

Associação de Pesquisas e Práticas em Humanidades<br />

(APPH), eine interdisziplinäre Bildungseinrichtung in<br />

Porto Alegre, Brasilien, die Angebote in Demokratievermittlung,<br />

Philosophie, Kunst und Kultur entwickelt. Die<br />

international renommierte KünstlerInneninitiative SOMA<br />

in Mexiko-Stadt kann weiterhin Kursangebote für lateinamerikanischen<br />

StipendiatInnen gewährleisten. Die<br />

Fundación TEOR/éTica in Costa Rica schreibt Stipendien<br />

für zentralamerikanische Kulturschaffende aus, die<br />

zivilgesellschaftlich relevante Kunstprojekte durchführen.<br />

Der Internationale Hilfsfonds für Organisationen in<br />

Kultur und Bildung <strong>2020</strong> wurde auf Initiative des Auswärtigen<br />

Amts und des Goethe-Instituts gemeinsam<br />

mit Partnern eingerichtet, die sich hierfür in einem<br />

Konsortium zusammengefunden haben. Das Auswärtige<br />

Amt stellte die Grundfinanzierung von drei Millionen<br />

Euro zur Verfügung, das Goethe-Institut koordiniert<br />

den gesamten Fonds mit einem mehrköpfigen Team.<br />

Zahlreiche Kulturorganisationen und private Stiftungen<br />

aus Deutschland haben ebenfalls Mittel zur Verfügung<br />

gestellt oder beteiligen sich mit eigenen Projekten, darunter<br />

das <strong>Berliner</strong> <strong>Künstlerprogramm</strong> des DAAD, die<br />

Deutsche UNESCO-Kommission, die S. Fischer Stiftung,<br />

die Stiftung Mercator, die Robert Bosch Stiftung,<br />

die Siemens Stiftung sowie das Goethe-Institut. SF<br />

initiative: institutions outside the EU associated with<br />

former fellows were encouraged to submit project applications.<br />

Twelve organizations were awarded funding.<br />

The development of pandemic-compatible formats<br />

is the common denominator for a number of projects:<br />

Beirut DC, a filmmaker collective in Lebanon, is putting<br />

together a streaming platform for Arab film, aflamuna;<br />

Mowa Art Fields, a youth theater in South Africa, is<br />

producing online films for schools, with a focus on science;<br />

Electromuseum, a media art gallery in Moscow,<br />

is reconfiguring its spaces for the pandemic; Studio<br />

Klampisan, a performance collective, is active in rural<br />

communities in Banyuwangi, Indonesia; and Sagrada<br />

Mercancía, a project space for contemporary art in<br />

Santiago de Chile, is designing new online formats.<br />

Archives and museums working on pluralistic historiographies<br />

provide an additional focus: the Daupará<br />

Festival for indigenous cinema in Colombia is digitizing<br />

its film archive dedicated to works by indigenous filmmakers;<br />

and the Malaysian Design Archive is designing<br />

new participatory formats. Other funded projects include<br />

the Archivo de la Memoria Trans, an institution in<br />

Buenos Aires that advocates for the rights of trans people<br />

and works to keep their memories alive; as well as<br />

the Museo del Puerto de Ingeniero White, a cultural site<br />

in the port city of Bahía Blanca, addressing and communicating<br />

the history of dock workers in an exchange<br />

of ideas with lo-cal communities.<br />

Finally, a number of independent educational institutions—networks<br />

of artists and intellectuals committed<br />

to the transfer of critical knowledge—have received<br />

support. This includes the Associação de Pesquisas<br />

e Práticas em Humanidades (APPH), an interdisciplinary<br />

educational institution in Porto Alegre, Brazil that<br />

develops courses on educating people on democracy,<br />

philosophy, art, and culture. SOMA, an internationally<br />

renowned artist initiative in Mexico City, can continue<br />

to guarantee courses for Latin American fellowship<br />

holders. The Fundación TEOR/éTica in Costa Rica offers<br />

fellowships for Central American cultural workers who<br />

implement art projects relevant to civil society.<br />

The <strong>2020</strong> International Relief Fund for Organizations<br />

in Culture and Education was established by the<br />

German Federal Foreign Office and the Goethe-Institut,<br />

together with a consortium of partners. The Federal<br />

Foreign Office provided base funding of three million<br />

euro, and a team at Goethe-Institut is responsible for<br />

coordinating the entire fund. Numerous German cultural<br />

organizations and private foundations also provide funding<br />

or contribute with their own projects, including the<br />

DAAD Artists-in-Berlin Program, the German UNESCO<br />

Commission, the S. Fischer Foundation, the Mercator<br />

Foundation, the Robert Bosch Foundation, and the<br />

Siemens Foundation, as well as the Goethe-Institut. SF<br />

71


Statement<br />

zu einem<br />

Ausstellungsraum<br />

als<br />

Sozialamtsbüro<br />

Wir hatten bereits eine Ausstellung mit den Arbeiten<br />

von Burak, Ieva und Runo, die in der Galerie Wedding<br />

und im öffentlichen Raum der Umgebung gezeigt werden<br />

sollte, geplant, organisiert und finanziert. Dann<br />

erfuhren wir vor einigen Wochen sehr kurzfristig, dass<br />

unsere schon fertige Ausstellung davon betroffen sein<br />

würde, dass die Galerie zu einem Übergangsbüro für<br />

soziale Dienste umfunktioniert wird. Seit März dieses<br />

Jahres und dem Inkrafttreten der neuen Gesundheitsund<br />

Sicherheitsbestimmungen werden die beiden<br />

Räume, in denen im Rathaus Wedding sonst Kunst<br />

präsentiert wird, vom Sozialamt genutzt, um Anträge<br />

auf Grundsicherung zu bearbeiten. Dieser neue Zustand<br />

wurde unerwartet bis Ende September verlängert. Das<br />

bedeutet, dass hier von 9 bis 11 Uhr Menschen anstehen<br />

und auf ihre Termine warten, während von 12 bis 19 Uhr<br />

Kunst angeschaut werden kann. Sicherheitspersonal<br />

reguliert den öffentlichen Zugang am Morgen, nachmittags<br />

heißt das Galerie-Personal die BesucherInnen<br />

willkommen. Der Anmeldebereich des Amts für Soziales<br />

im Bezirksamt Mitte wurde in den Ausstellungsbereich<br />

verlegt – mitsamt den Schreibtischen und Computern<br />

der MitarbeiterInnen, welche die Anträge bearbeiten,<br />

sowie mit Büromöbeln und Plexiglas-Trennwänden<br />

zur Einhaltung der geltenden Abstandsregeln. Die gleichen<br />

Schreibtische und Computer werden vom Team<br />

der Galerie Wedding während der Öffnungszeiten am<br />

Nachmittag genutzt. Der eher leicht regulierte Raum<br />

einer Kunstausstellung wird zum streng reglementierten<br />

bürokratischen Raum, und umgekehrt.<br />

In der Folge wurden die praktischen Bedingungen,<br />

Kunst auszustellen, drastisch verändert, um nicht zu<br />

sagen, unmöglich gemacht. Der Kern des Problems liegt<br />

allerdings woanders: Kunst, ebenso wie das Leben, ist<br />

keine bloße Frage von Machbarkeit, auch wenn sie von<br />

Machbarkeiten abhängt. Es scheint viele Widersprüche<br />

zwischen dieser stark kontrollierten Büroumgebung, mit<br />

ihren sozialen Protokollen des Dienens und Disziplinierens,<br />

und unserer Ausstellung zu geben. Nach vielen<br />

Treffen mit den KollegInnen der Galerie Wedding kamen<br />

wir zu dem Schluss, dass wir die Spannungen zwischen<br />

diesen beiden Formen räumlicher und sozialer Protokolle<br />

nicht auflösen oder überwinden können – weder<br />

praktisch noch konzeptuell oder politisch. Also hatten<br />

wir die Wahl, die Ausstellung entweder abzusagen, zu<br />

A Statement<br />

About an<br />

Exhibition Space<br />

As Social<br />

Welfare Office<br />

We had planned, discussed, organised, and budgeted<br />

an exhibition to show the works of Burak, Ieva, and Runo<br />

at Galerie Wedding and in the public space around it.<br />

Then some weeks ago, on very short notice, we learned<br />

that the planned exhibition would be affected by the<br />

fact that the gallery space was turned into a makeshift<br />

office for social services. Due to new health and safety<br />

regulations because of COVID-19, since March the<br />

two rooms in Rathaus Wedding, usually designated for<br />

showing art, became spaces for administering people’s<br />

applications for social welfare. Unexpectedly this state<br />

was prolonged until the end of September. From 9 to 11<br />

am people queue for their appointments, from 12 to 7<br />

pm, people view art. Security staff regulates public access<br />

in the morning and gallery staff welcomes visitors<br />

in the afternoon. The front desk of the Amt für Soziales<br />

at Bezirksamt Mitte was moved into the exhibition<br />

space—with working desks and computers for people<br />

to process applications, and with office furniture and<br />

Perspex acrylic sheets to enforce the social distancing<br />

rules in place. The same desks and computers are used<br />

by the team of Galerie Wedding in the afternoon, during<br />

exhibition hours. The softly policed space of an art show<br />

became a thoroughly policed space of bureaucracy and<br />

vice versa. So the practical conditions for showing artworks<br />

were altered drastically, not to say rendered impossible.<br />

But the real problem lies elsewhere—art, like<br />

life, is no mere practical thing, even though it depends<br />

on practicalities. It seems there are many contradictions<br />

between this highly policed office environment, its protocols<br />

to serve and to discipline, and our exhibition. After<br />

many meetings with our colleagues of Galerie Wedding,<br />

we realised that the tensions between these two<br />

kinds of spatial and social protocols cannot be resolved<br />

or overcome—neither practically, nor conceptually or<br />

politically. So we either had to cancel or postpone the<br />

show, or let them exist next to each other in this very<br />

moment in time and space. We decided to try and improve<br />

the situation for everyone involved—everyone that<br />

is victim to this prolonged state of exception. For the<br />

people queuing for appointments, the people working<br />

at the front desk, the team of Galerie Wedding that also<br />

has to work inside this space every day, and for exhibition<br />

visitors. The assumption is this: if the service provided<br />

by the makeshift social welfare office is meant to<br />

72


Burak Delier, Ieva Epnere,<br />

Runo Lagomarsino<br />

And That Song Is Our Amulet<br />

Ausstellung / Exhibition<br />

06.08.<strong>2020</strong> - 03.09.<strong>2020</strong><br />

Galerie Wedding (Berlin)<br />

And That Song Is Our Amulet, Galerie Wedding, Installationsansicht / installation view © Thomas Bruns<br />

verschieben, oder diese beiden Realitäten in diesem<br />

speziellen Moment nebeneinander stehen zu lassen.<br />

Wir entschieden uns dafür zu versuchen, die Situation<br />

für alle Beteiligten zu verbessern – damit meinen wir<br />

alle, die diesem ausgedehnten Ausnahmezustand unterworfen<br />

sind. Dazu zählen die Menschen, die Schlange<br />

stehen müssen, um auf ihren Termin zu warten, die<br />

Menschen, die im Anmeldebereich arbeiten, das Team<br />

der Galerie Wedding, das auch täglich in diesem Raum<br />

care for others, if it is a public service, a service of care,<br />

then why not do it well, care-fully, with attention and<br />

care for others, for the art, for the public, and for everyone<br />

that works there? What follows is not an artwork. It<br />

is maybe a gesture, a humble attempt that can also fail.<br />

We suggest to offer basic comfort for the people queuing,<br />

working, and visiting by providing water and seating<br />

outside, and ventilation and plants inside. The questions<br />

we would like to raise in this particular situation and the<br />

73


And That Song Is Our Amulet, Galerie Wedding, Installationsansicht/installation view © Thomas Bruns<br />

arbeiten muss, sowie die Besucher*innen der Ausstellung.<br />

Unsere Annahme ist die folgende: Wenn die Leistungen,<br />

die in diesem improvisierten Sozialhilfe-Büro<br />

angeboten werden, dafür da sind, sich um andere zu<br />

kümmern, wenn es also ein Dienst für die Allgemeinheit<br />

– ein Fürsorgedienst – ist, warum machen wir es<br />

dann nicht richtig, sorgsam, voller Aufmerksamkeit und<br />

Umsicht für andere, für die Kunst, die Öffentlichkeit und<br />

für alle, die hier arbeiten? Was daraus folgt, ist kein<br />

Kunstwerk. Es ist vielleicht eine Geste, ein bescheidener<br />

Versuch, der auch scheitern kann. Wir schlagen vor,<br />

den Menschen, die in der Schlange stehen, die arbeiten<br />

und die zu Besuch kommen, grundlegenden Komfort zu<br />

bieten, indem Wasser und Sitzgelegenheiten im Freien,<br />

Belüftung und Pflanzen im Inneren zur Verfügung gestellt<br />

werden. Die Fragen, die wir in dieser besonderen<br />

Situation stellen möchten, und die Verbesserungen der<br />

Bedingungen, die wir dem Bezirksamt vorgeschlagen<br />

haben, sind:<br />

Können wir das soziale Protokoll wenigstens etwas<br />

verändern, um andere Möglichkeiten aufzuzeigen?<br />

Warum herrschen bestimmte Regeln für drei Stunden<br />

am Tag und andere, für die folgenden sieben Stunden?<br />

Sollte so wirklich eine öffentliche Leistung angeboten<br />

werden? Sollte Kunst so gezeigt werden? Falls die Antwort<br />

auf die beiden letzten Fragen Ja ist, warum? Falls<br />

Nein, was sagt uns das über die derzeitigen Zustände<br />

in dieser Stadt, in dieser Gesellschaft?<br />

improvements to this environment we have suggested<br />

to the Bezirksamt are these: Are we allowed to alter<br />

the social protocols even a little bit in order to point to<br />

other possibilities? Why is there one protocol in place<br />

for three hours of the day and another for seven hours<br />

afterwards? Is this really how a public service should be<br />

carried out? And how art should be shown? If both answers<br />

are yes, why? If both answers are no, what does<br />

this tell us about the current state of affairs in this city,<br />

in this society?<br />

We believe that by addressing the general current<br />

state of exception, which is presented on a micro scale<br />

in the situation of Galerie Wedding’s forced merger with<br />

the Sozialamt, the following question becomes apparent:<br />

Is there a necessary contradiction between a social<br />

or a welfare state and contemporary art? The idea behind<br />

a state—whether it is called social or welfare—is<br />

that of a social contract. This social contract should not<br />

be a question of urgency, necessity, priority, or usefulness.<br />

It should not be called into question by a “state of<br />

exception.” These notions are all poisoned with ideology,<br />

and they are prone to serve the needs of those who<br />

generate their power from the generosity of “a people”<br />

but don’t act with care towards those that they govern.<br />

So if we succumb to the current state of exception and<br />

its pressure to cancel, postpone, lay off, or to sideline<br />

everything that is considered unnecessary, non-essential,<br />

or useless, we will find ourselves as agents of the<br />

74


And That Song Is Our Amulet, Galerie Wedding, Installationsansicht/installation view © Thomas Bruns<br />

Indem wir den aktuellen und allgemeinen Ausnahmezustand<br />

ansprechen, der sich auf der Mikroebene<br />

in der erzwungenen Fusion aus Galerie Wedding und<br />

Sozialamt zeigt, wollen wir auf die Dringlichkeit der<br />

Frage hinweisen: Gibt es notwendigerweise einen Widerspruch<br />

zwischen Sozialstaat oder Wohlfahrtsstaat<br />

und zeitgenössischer Kunst? Die Idee hinter jedwedem<br />

Staat – sei es ein „Sozial“-Staat oder ein „Wohlfahrts“-Staat<br />

– ist die Idee eines Gesellschaftsvertrags.<br />

Dieser Gesellschaftsvertrag sollte nicht Kriterien wie<br />

Dringlichkeit, Notwendigkeit, Priorität oder Nützlichkeit<br />

unterworfen sein. Er sollte nicht von einem „Ausnahmezustand“<br />

in Frage gestellt werden. Solche Vorstellungen<br />

sind alle mit Ideologie vergiftet und sie neigen dazu,<br />

denen zu dienen, die ihre Macht aus der Großzügigkeit<br />

„des Volkes“ schöpfen, sich aber nicht fürsorglich gegenüber<br />

jenen verhalten, die von ihnen regiert werden.<br />

Wenn wir also dem gegenwärtigen Ausnahmezustand<br />

und Druck nachgeben, alles, was als unnötig, unwesentlich<br />

oder nutzlos angesehen wird, abzusagen, zu<br />

verschieben, zu entlassen oder beiseite zu schieben,<br />

werden wir zu Erfüllungsgehilfen der vorherrschenden<br />

Konzepte und Ideologien, die dafür verantwortlich sind,<br />

dass wir uns überhaupt in dieser misslichen Lage befinden.<br />

Burak Delier, Ieva Epnere, Runo Lagomarsino,<br />

Malte Roloff, Melanie Roumiguière<br />

prevailing concepts and ideologies that are responsible<br />

for how we ended up here in the first place. Burak Delier,<br />

Ieva Epnere, Runo Lagomarsino, Malte Roloff, Melanie<br />

Roumiguière<br />

75


© Jasper Kettner<br />

STINE<br />

JANVIN


Das (Wider-)Hall-<br />

Potenzial der Räume<br />

Taïca Replansky<br />

Die Vokalistin Stine Janvin, geboren im norwegischen Stavanger, bewegt<br />

sich im Bereich von experimenteller Musik, Sound und audiovisuellen Performances.<br />

Ihre besondere Leidenschaft gilt den mehrdeutigen und nicht wiederzuerkennenden<br />

Eigenschaften der Stimme. Diese physischen Merkmale<br />

der Stimme erforscht sie, unterläuft sie und stellt sie in Beziehung zur Akustik<br />

ihrer externen wie internen Umgebung und den Traditionen von Elektro-,<br />

Pop-, Club- und Folk-Musik. Daraus ergeben sich die verschiedensten, teils<br />

kollaborativen Projekte wie das Live-Radiospiel In Labour, die performative<br />

Installation The Subjective Frequency Transducer – präsentiert unter dem<br />

Alter Ego ST/NE – sowie Feldforschungen, deren Aufnahmen sie als Teil des<br />

Duos Native Instrument weiterverarbeitet.<br />

Ihr 2018 erschienenes Album Fake Synthetic Music, veröffentlicht bei<br />

PAN, wurde von der internationalen Kritik gefeiert als bahnbrechende<br />

Untersuchung der Art und Weise, wie sich Stimmen von ihren natürlichen,<br />

menschlichen Bezügen abkoppeln lassen. Das Album ist nur eine von mehreren<br />

Variationen, mit deren Hilfe sie das Potenzial an Klang und Widerhall,<br />

das Räume bieten (seien es Theater, Clubs oder Galerien), durch eine treibende<br />

Stimmimitation melodischer Synthesizer-Sequenzen austestet.<br />

SOLD (a dog and pony show), Janvins neueste Arbeit, wurde im März<br />

<strong>2020</strong> nach einer zweiwöchigen Produktions- und Probenzeit mit zwölf<br />

LaientänzerInnen – von Kindern bis zu RentnerInnen – uraufgeführt. Selbstvermarktung<br />

gehört mittlerweile zur Norm, besonders für KünstlerInnen, von<br />

denen eine starke Onlinepersönlichkeit erwartet wird. Aber was sagt dieses<br />

digitale Image tatsächlich aus? Wie weit ist der oder die einzelne bereit, die<br />

eigenen Prinzipien oder kreative Leistungen für größere digitale Aufmerksamkeit<br />

zurechtzubiegen? Im Versuch, sich in dieser massiven Kommerzialisierung<br />

von Identität zurechtzufinden, schwingt Janvins Stimme über den<br />

choreografierten Bewegungen der Gruppe und funkelnder, poppiger<br />

Beleuchtung auf der Suche nach dem eigenen Selbst inmitten des Gelärms<br />

der sozialen Medien.<br />

Mit dem Lockdown Ende März <strong>2020</strong> wurde SOLD in digitale Versionen<br />

übersetzt, mit dem Ziel, das Live-Gefühl einer Performance (und das<br />

Gemeinschaftsgefühl, das damit einhergeht) beim Transfer auf den Bildschirm<br />

nicht zu verlieren. Das Fortdauern der Coronapandemie wirkte als<br />

Verstärker von Isolation, Unsicherheit, Elend und Gewalt, was auch Stine<br />

Janvin – wie so vielen von uns – unmissverständlich klarmachte, wie sehr<br />

wir menschlichen Kontakt und Mitgefühl brauchen.<br />

Diese Herausforderung hat Janvin bei ihrer Ankunft in Berlin inspiriert, ihre<br />

Arbeit Fake Synthetic Music wiederaufzugreifen. Abgestimmt auf aktuelle<br />

(und zukünftige) Hygienevorschriften will die Arbeit mit Möglichkeiten spielen,<br />

offline Zeit miteinander zu verbringen, zuzuhören und zu tanzen.<br />

Stine Janvin kooperiert mit internationalen KünstlerInnen wie Holly Herndon,<br />

Catherine Lamb und Adam Linder und hat auf Tourneen bei renommierten<br />

Festivals wie INA-GRM, Paris; CTM Festival, Berlin; Issue Project<br />

Room, NYC und Unsound Festival, Krakau performt.<br />

Wie können wir in Zeiten der Pandemie<br />

offline Zeit miteinander verbringen,<br />

zuhören und tanzen?<br />

77<br />

Stine Janvin<br />

Musik<br />

07/20-07/21


The Resonant<br />

Possibilities of Spaces<br />

Taïca Replansky<br />

Stavanger-born vocalist Stine Janvin is active in experimental music, sound,<br />

and audiovisual performance, with a special interest in the ambiguous and<br />

unrecognizable qualities of the voice. Through a diverse range of projects and<br />

collaborations such as the live radio play In Labour, the performative installation<br />

The Subjective Frequency Transducer, releases under alter ego ST/NE,<br />

and field explorations as one half of field recording adaptations duo Native<br />

Instrument, she explores and challenges the physical features of the voice,<br />

the acoustics of her external/internal surroundings, and traditions of electronic,<br />

pop, club, and folk musics.<br />

Janvin’s 2018 album, Fake Synthetic Music, released on interdisciplinary<br />

label PAN, brought the artist international critical acclaim for her singular<br />

examination of how the voice can be disconnected from its natural, human<br />

connotations. The record is but one of many iterations that test the resonant<br />

possibilities of spaces—from theaters to clubs to galleries—through a<br />

driving vocal imitation of melodic synth sequences.<br />

SOLD (a dog and pony show) is Janvin’s latest work. It premiered in<br />

March <strong>2020</strong> after a two-week creation period that saw her work with<br />

twelve volunteer dancers, from children to retirees. Personal branding has<br />

become a norm, especially for artists, who are expected to maintain a strong<br />

online persona. But what does this digital image actually reveal about an<br />

artist or their art? Is the number of followers or likes really a meaningful status<br />

symbol? How far would you bend your principles or creative output for<br />

more digital attention? Navigating this intense commercialization of identity,<br />

Janvin’s voice soars over choreographed group movement and glittering pop<br />

lighting in a search for one’s true self among the social media noise.<br />

With the arrival of lockdowns in late March, SOLD was adapted into digital<br />

versions that attempt to translate a feeling of live performance (and the<br />

togetherness that comes with it) to the screen format. As the pandemic continued,<br />

amplifying isolation, uncertainty, hardship, and violence, Janvin—like<br />

so many of us—felt how strongly we need human contact and compassion.<br />

As she arrives in Berlin for her residency, she is inspired to revisit her earlier<br />

work, Fake Synthetic Music, with a shift in focus from the synthetic/natural<br />

divide to engaging with the social setting of music venues. Modulated by<br />

current (and future) hygiene regulations, the work plays with how we can<br />

spend time, listen, and dance together offline.<br />

Janvin has collaborated with artists such as Holly Herndon, Catherine<br />

Lamb, and Adam Linder, and has toured extensively, including performances<br />

at INA-GRM, Paris; The Long Now, Berlin; Elevate, Graz; CTM Festival, Berlin;<br />

Issue Project Room, NYC; Unsound Festival, Kraków; Terraforma, Milan; and<br />

many more.<br />

How can we spend time, listen, and dance<br />

together offline during the pandemic?<br />

78<br />

Stine Janvin<br />

Music<br />

07/20-07/21


Museo de la Solidaridad Salvador Allende (MSSA), CL, Installationsansicht / installation view<br />

11. Berlin Biennale / 11th Berlin Biennale, Gropius Bau, 09-11/20 © Mathias Völzke<br />

Intsallationsdetail / installation detail, Dokumentation der Ausstellung / documentation<br />

of the exhibition "Künstler aus Lateinamerika" (daadgalerie 1982), aus dem Archiv des /<br />

from the archive of the <strong>Berliner</strong> <strong>Künstlerprogramm</strong> © Mathias Völzke


Zur<br />

Erschließung<br />

und<br />

Digitalisierung<br />

des Archivs<br />

On the<br />

Comprehensive<br />

Development<br />

and Digitization<br />

of the Archive<br />

Dokumente aus dem<br />

BKP-Archiv zum<br />

Projekt Aktionen der<br />

Avantgarde, 1974, in<br />

Kollaboration mit<br />

dem Neuen <strong>Berliner</strong><br />

Kunstverein /<br />

documents from<br />

the BKP archive on<br />

the project Aktionen<br />

der Avantgarde, 1974,<br />

in collaboration with<br />

the Neue <strong>Berliner</strong><br />

Kunstverein © <strong>Berliner</strong><br />

<strong>Künstlerprogramm</strong>


Die Archivbestände des <strong>Berliner</strong> <strong>Künstlerprogramm</strong>s<br />

des DAAD seit seiner Entstehung bis heute werden<br />

in den kommenden Jahren in mehreren Schritten erschlossen<br />

und erstmals öffentlich zugänglich gemacht.<br />

Die kulturpolitische Geschichte des Residenzprogramms,<br />

das 1963 von der Ford Foundation in Westberlin<br />

ins Leben gerufen wurde, um der „kulturellen<br />

Isolierung der Stadt [mit] internationalen künstlerischen<br />

Ideen“ (so Hans-Dietrich Genscher im Vorwort zur Jubiläumspublikation<br />

10 Jahre <strong>Künstlerprogramm</strong>, DAAD,<br />

<strong>Berliner</strong> <strong>Künstlerprogramm</strong>, 1975) zu begegnen, aber<br />

auch die Relevanz der künstlerischen Aktivitäten und<br />

Entwicklungen – wie sie durch das Programm verdeutlicht<br />

wurde – können auf dieser Grundlage einer<br />

kritischen Revision und systematischen Betrachtung<br />

unterzogen werden.<br />

Im Zuge der Förderung durch das Forschungsund<br />

Kompetenzzentrum Digitalisierung Berlin (digiS)<br />

und der Senatsverwaltung für Kultur und Europa hat<br />

das <strong>Berliner</strong> <strong>Künstlerprogramm</strong> Anfang 2019 die Arbeit<br />

an der tieferen Erschließung und Digitalisierung seines<br />

Archivs begonnen. Die Bestände umfassen Korrespondenzen,<br />

Publikationen und Drucksachen, Fotografien,<br />

Bild- und Tonaufnahmen und vermitteln einen Einblick<br />

in den künstlerischen Werdegang der Alumni zum Zeitpunkt<br />

ihres Aufenthaltes in Berlin sowie die in Zusammenarbeit<br />

mit dem BKP entstandenen künstlerischen<br />

Projekte.<br />

Bis Frühjahr 2021 sollen zunächst ausgewählte<br />

Dokumente aus dem Zeitraum seit der Gründung bis<br />

zur Eröffnung der daadgalerie im Jahr 1978 online zur<br />

Verfügung gestellt werden. Dabei stehen Archivalien<br />

zu den ehemaligen StipendiatInnen aus den Disziplinen<br />

Bildende Kunst, Musik, Literatur und Film und<br />

ihren künstlerischen Produktionen im Fokus. Außerdem<br />

werden alle historischen und größtenteils vergriffenen<br />

Publikationen, die im Zusammenhang mit dem BKP<br />

entstanden sind, erstmals digital einsehbar und schrittweise<br />

online zugänglich gemacht werden. Nachdem<br />

das Programm in den ersten fünfzehn Jahren keinen<br />

eigenen Ausstellungsraum bespielte, ermöglichen die<br />

Dokumente aus dieser Zeit einen Überblick der zahlreichen<br />

Kooperationen mit anderen <strong>Berliner</strong> Kulturinstitutionen<br />

und die Realisierung von Projekten im öffentlichen<br />

Raum Berlins. Ein weiteres Augenmerk liegt auf der<br />

Gründungsgeschichte des Residenzprogramms, in der<br />

die Entstehung und der Übergang vom „Artists in Residence“-Programm<br />

der Ford Foundation zum <strong>Berliner</strong><br />

<strong>Künstlerprogramm</strong> des DAAD zwischen 1963 und<br />

1965 im Mittelpunkt stehen.<br />

Parallel zur Entwicklung der digitalen Präsenz des<br />

Archivs werden Strukturen geschaffen, um die Sichtung<br />

der analogen Bestände zu vereinfachen und somit fundierte<br />

Recherchen im Archiv des BKP zu ermöglichen.<br />

MR<br />

The archival materials of the DAAD Artists-in-Berlin<br />

Program (<strong>Berliner</strong> <strong>Künstlerprogramm</strong>/BKP), spanning<br />

from the program's inception to its present day, will be<br />

developed in several phases over the coming years and<br />

made publicly accessible for the first time. The cultural<br />

and political history of the residency program—launched<br />

by the Ford Foundation in West Berlin in 1963 to counteract<br />

the “city’s cultural isolation from international<br />

artistic ideas” (Hans-Dietrich Genscher in his preface to<br />

the anniversary publication 10 Jahre <strong>Künstlerprogramm</strong>,<br />

DAAD Artists-in-Berlin Program, 1975)—as well as<br />

the relevance of the artistic activities and developments<br />

clearly demonstrated by the program will thus be made<br />

available for critical review and systematic consideration.<br />

As a result of funding received from the Forschungsund<br />

Kompetenzzentrum Digitalisierung Berlin (Berlin<br />

Center for Digital Research and Expertise, digiS) and<br />

the Senate Department for Culture and Europe, the<br />

Artists-in-Berlin Program began more comprehensive<br />

cataloging and digitization of its archive in early 2019.<br />

The extensive materials—correspondence, publications,<br />

printed matter, photographs, images, and sound<br />

recordings—provide insights into the artistic careers of<br />

alumni during their stays in Berlin, as well as their artistic<br />

pro-jects developed in collaboration with the BKP.<br />

In a first step, selected documents from the period<br />

of the program’s founding to the opening of the daadgalerie<br />

in 1978 will be made available online by spring<br />

2021. The focus is on archival materials related to<br />

former fellows from the disciplines of visual arts, music,<br />

literature, and film, as well as their artistic productions.<br />

In addition, all historical and largely out-of-print publications<br />

created in connection with the BKP will be<br />

digitally viewable as they are gradually made available<br />

online. Since the program was without its own exhibition<br />

space for the first fifteen years of existence, documents<br />

from this period provide an overview of numerous<br />

collaborations with other Berlin cultural institutions,<br />

and of the realization of projects in public space.<br />

Particular attention is paid to the foundational history<br />

of the residency program: the transition from the Ford<br />

Foundation’s Artists-in-Residence program to the<br />

DAAD Artists-in-Berlin Program between 1963 and<br />

1965.<br />

Parallel to the development of the digital archive,<br />

structures are being created to facilitate the viewing<br />

of analog holdings, thus making possible in-depth research<br />

of the BKP archive. MR<br />

81


© Jasper Kettner


Von gelangweilten<br />

Göttern und arglosen<br />

Vorstadthunden<br />

Samir Sellami<br />

Bibliografie (Auswahl)<br />

Childhood<br />

Henry Holt and Company<br />

New York, 1998<br />

Kindheit<br />

Claassen<br />

München, 2000<br />

[Ü: Henning Ahrens]<br />

Asylum<br />

McClelland & Stewart<br />

Toronto, 2008<br />

Pastoral<br />

Coach House Books<br />

Toronto, 2014<br />

Fifteen Dogs<br />

Coach House Books<br />

Toronto, 2015<br />

Fünfzehn Hunde<br />

Tiamat<br />

Berlin, 2016<br />

[Ü: Norbert Hofmann]<br />

The Hidden Keys<br />

Coach House Books<br />

Toronto, 2016<br />

Days by Moonlight<br />

Coach House Books<br />

Toronto, 2019<br />

Literatur birgt Geheimnisse, doch nicht alle Geheimnisse sind gleicher Natur.<br />

In den Romanen des kanadischen Autors André Alexis sind es weder unergründliche<br />

Mysterien noch unlösbare Rätsel, die den literarischen Zauber<br />

befeuern. Wie überall dort, wo gelangweilte Götter arglosen Vorstadthunden<br />

die Gabe des Denkens und Sprechens aufbürden, wo Bürgermeister einmal<br />

jährlich auf dem Wasser laufen und sprechende Schafe den bröckelnden<br />

Glauben skeptischer Priester erneuern, ist das Attribut des „Magischen Realismus“<br />

schnell zur Hand. Alexis weist es entschieden von sich. Zurecht,<br />

denn: „Days by Moonlight ist kein Werk des Realismus. Es bedient sich nicht<br />

der Fantasie, um die Wirklichkeit zu zeigen, sondern der Wirklichkeit, um die<br />

Fantasie zu zeigen.“ Das schreibt der Autor im Nachwort zu seinem aktuell<br />

letzten Roman, und es lässt sich ohne Weiteres auf sein restliches Werk<br />

übertragen.<br />

Days by Moonlight (2019) ist nach Pastoral (2014), Fifteen Dogs (2015)<br />

und The Hidden Keys (2016) der vierte Teil der sogenannten Quincunx-Serie,<br />

deren fünfter, abschließender Band noch aussteht. Und obwohl jeder der<br />

Romane die Ergründung eines großen Themas – Glaube, Ort, Liebe, Macht<br />

und Hass – verspricht, bringt kein thematisches Label auf den Begriff, was<br />

in diesen wilden und wildernden Romanen geschieht, die mit so viel philosophischem<br />

Witz, Hintersinn und einer unzähmbaren Lust an der Improvisation<br />

geschrieben sind, als würde sich der Autor beim Schreiben permanent selbst<br />

überlisten.<br />

Quincunx beschreibt die symmetrische Anordnung der fünf Augen auf<br />

einem Würfel, und wenn manch ein/e spirituell veranlagte/r NaturwissenschaftlerIn<br />

noch immer glauben mag, Gott würfele nicht, scheint er bei Alexis<br />

kaum etwas anderes zu tun. So findet der in Trinidad geborene Autor seine<br />

kleinen Wunder und Geheimnisse im Neuarrangieren des Altbekannten und<br />

inmitten liebenswürdiger Eigenbrötler, die sich trotz all ihrer Ecken und Kanten<br />

am Ende doch nahtlos in die unaufdringliche, aber unerschöpfliche Landschaft<br />

einfügen. Eine sehr kanadische Landschaft ist das, in die Alexis seine<br />

metaphysischen Lausbubenstreiche verpflanzt, ein verzweigter Archipel<br />

exzentrischer Klein- und Kleinststädte im Süden Ontarios, Orte, „an denen es<br />

fünf Tage die Woche regnet, auch dann, wenn es überhaupt nicht regnet“.<br />

Und immer sind die Götter nicht weit. In Fifteen Dogs, das auch in deutscher<br />

Übersetzung (2016) vorliegt, sitzen sie am Tresen in Toronto und hören<br />

den neuerdings sprachbegabten Hunden beim Dichten zu. In Pastoral haben<br />

sie es sich im flauschigen Fell verdächtig dreinblickender Schafe gemütlich<br />

gemacht. Und in Days by Moonlight atmet ihr Geist aus psychotropen fiktionalen<br />

Pflanzen wie der essbaren Oniaten grandiflora, die aussieht wie eine<br />

Hand aus fünf arthritischen Fingern und beim Reinbeißen knackt wie ein<br />

Brathähnchen.<br />

So treten die LeserInnen am Ende aus Alexis Büchern heraus wie deren<br />

skeptische Gemüter aus ihren transformativen Erfahrungen: weniger zum<br />

Glauben bekehrt als „auf eine neue Art und Weise irreligiös“. Denn außer<br />

Saufen und Würfeln tun die Götter vor allem eins: schlafen. „Wenn Gott aufwacht,<br />

verschwinden wir“, raunt es an einer denkwürdigen Stelle. Hoffen wir<br />

also, dass die Götter noch länger in ihrem dogmatischen Schlummer verharren,<br />

damit wir noch eine Weile weiter in solchen Romanen lesen – und<br />

leben – dürfen.<br />

Days by Moonlight bedient sich nicht<br />

der Fantasie, um die Wirklichkeit<br />

zu zeigen, sondern der Wirklichkeit,<br />

um die Fantasie zu zeigen.<br />

83<br />

André Alexis<br />

Literatur<br />

07/20-07/21


Of Bored Gods<br />

and Innocent<br />

Suburban Dogs<br />

Samir Sellami<br />

Selected Bibliography<br />

Childhood<br />

Henry Holt and<br />

Company<br />

Kindheit<br />

New York, 1998<br />

[Transl.: Henning<br />

Ahrens]<br />

Asylum<br />

McClelland & Stewart<br />

Toronto, 2008<br />

Pastoral<br />

Coach House Books<br />

Toronto, 2014<br />

Fifteen Dogs<br />

Coach House Books<br />

Toronto, 2015<br />

Fünfzehn Hunde<br />

Tiamat<br />

Berlin, 2016<br />

[Transl.: Norbert<br />

Hofmann]<br />

The Hidden Keys<br />

Coach House Books<br />

Toronto, 2016<br />

Days by Moonlight<br />

Coach House Books<br />

Toronto, 2019<br />

Literature holds secrets, but not all secrets are alike. The literary magic of the<br />

Canadian writer André Alexis’s novels is not stoked by unfathomable mysteries<br />

or unsolvable puzzles. Where bored gods hamper innocent suburban<br />

dogs with the gifts of thought and speech, where mayors walk on water<br />

once a year and talking sheep restore the shaky faith of skeptical priests, it is<br />

easy to reach for the label “magic realism.” Alexis roundly rejects it, and rightfully<br />

so, for indeed “Days by Moonlight is not a work of realism. It’s not a work<br />

that uses the imagination to show the real, but one that uses the real to show<br />

the imagination.” Those are the author’s own words in his afterword to his<br />

most recent novel, and they can be applied directly to the rest of his oeuvre.<br />

Days by Moonlight (2019) follows Pastoral (2014), Fifteen Dogs (2015),<br />

and The Hidden Keys (2016) as the fourth installment of his Quincunx series.<br />

The fifth and final installment is on its way. And although each of the<br />

novels promise to examine a major theme—faith, place, love, power, and<br />

hatred—no thematic stamp can circumscribe what goes on in these wild<br />

and rampaging works that were written with so much philosophical wit, implicit<br />

meaning, and unbridled, joyful improvisation, as though the author were<br />

continuously outsmarting himself at his own writing desk.<br />

A quincunx is a symmetrical pattern of five points—a five-spot on a<br />

domino—and even if a scientist with spiritual tendencies still maintains that<br />

God does not play dice, in Alexis’s telling, God seems to do nothing else.<br />

The Trinidad-born author finds his small miracles and mysteries in reconfigurations<br />

of the familiar and amidst lovable misfits who, despite being<br />

rough around the edges, still slip smoothly into the subdued but inexhaustible<br />

landscape. It is a very Canadian landscape in which Alexis inserts his metaphysical<br />

pranks—an interlaced archipelago of eccentric towns and villages<br />

in southern Ontario, places “where it rains five days a week, even when it<br />

doesn’t rain at all.”<br />

And the gods are never far away. In Fifteen Dogs, which has also been<br />

translated into German, they sit at a counter in Toronto listening to dogs,<br />

which with their newfound gift for language, compose poems out loud. In<br />

Pastoral, the gods have cozied into the fluffy wool of suspiciously glaring<br />

sheep. And in Days of Moonlight, their spirit emanates from fictitious psychotropic<br />

plants such as the edible oniaten grandiflora, which looks like a hand<br />

with five arthritic fingers and cracks like a chicken bone when chomped on.<br />

Readers emerge at the end of Alexis’s books transformed, their skeptical<br />

minds not so much won over by faith as becoming “irreligious in a different<br />

way.” After all, besides boozing and playing dice, the main thing the gods do<br />

is sleep. “When God awakens, we will vanish,” murmurs one thought-provoking<br />

line. Let us hope, then, that the gods persist in their dogmatic slumber<br />

so that we can continue to read—and experience—novels like these for a<br />

little while longer.<br />

Days by Moonlight is not a work<br />

that uses the imagination to show<br />

the real, but one that uses the real<br />

to show the imagination.”<br />

84<br />

André Alexis<br />

Literatur<br />

07/20-07/21


Klimafolgenforschung<br />

/<br />

Studienaufenthalte<br />

am PIK<br />

Climate<br />

Impact Research /<br />

Residencies<br />

at PIK<br />

Mit dem Programm „Künste und Medien“ fördert der<br />

DAAD Recherche- und Studienaufenthalte von internationalen<br />

Kulturschaffenden und MedienmacherInnen<br />

in Deutschland. Am Potsdam Institut für Klimafolgenforschung<br />

(PIK) ermöglicht der DAAD damit in Zusammenarbeit<br />

mit dem Fachbereich Kultur und Museum<br />

der Landeshauptstadt Potsdam seit 2015 eine dreimonatige<br />

Künstlerresidenz.<br />

In diesem Jahr wurde das Artists-in-Residence-<br />

Programm am PIK international ausgeschrieben. Aus<br />

über 300 Bewerbungen wählte eine interdisziplinäre<br />

Jury die britische Filmemacherin Sheila Hayman aus.<br />

Die mehrfach ausgezeichnete Journalistin und<br />

Regisseurin zahlreicher Dokumentarfilme arbeitet<br />

aktuell mit dem MIT Media Lab an dem Buch- und<br />

Filmprojekt Senseless, das sich mit Unterschieden von<br />

menschlicher und künstlicher Intelligenz befasst. Während<br />

ihres Aufenthalts am PIK wird sie sich mit den<br />

Paradoxien und Ambivalenzen der Entwicklungen von<br />

künstlicher Intelligenz in Zusammenhang mit Fragen<br />

der Nachhaltigkeit und des Klimawandels beschäftigen.<br />

Die Jury bestand aus Silvia Fehrmann (Leiterin BKP),<br />

Hans Joachim Schellnhuber und Margret Boysen (PIK),<br />

Bianka Peetz-Mühlstein und Celine Bradler-Ehlert<br />

(Potsdam) sowie der Kuratorin Aleksandra Jach und<br />

dem Theatermacher Julian Klein. MRo<br />

The DAAD Arts and Media Program supports research<br />

and study visits by international cultural practitioners<br />

and new media artists in Germany. Since 2015, the<br />

DAAD has partnered with the City of Potsdam<br />

Department of Culture and Museums to offer a threemonth-long<br />

artist residency at the Potsdam Institute<br />

for Climate Impact Research (PIK).<br />

This year the Artists-in-Residence program at<br />

PIK put out an international call for applicants. An<br />

interdisciplinary jury selected British filmmaker Sheila<br />

Hayman out of over 300 submissions. The multiple<br />

award-winning journalist and director of numerous<br />

documentaries is currently working with the MIT Media<br />

Lab on Senseless, a book and film project looking at<br />

differences in human and artificial intelligence. During<br />

her stay at PIK, she will focus on the paradoxes and<br />

ambivalences of developments in artificial intelligence<br />

in terms of sustainability and climate change. The jury<br />

consisted of Silvia Fehrmann (director of ABP), Hans<br />

Joachim Schellnhuber and Margret Boysen (PIK),<br />

Bianka Peetz-Mühlstein and Celine Bradler-Ehlert<br />

(Potsdam), as well as curator Aleksandra Jach and<br />

theater producer Julian Klein. MRo<br />

Sheila Heyman<br />

© Diana Levine/MIT<br />

Media Lab<br />

85


© Jasper Kettner<br />

ANGELICA<br />

FREITAS


Der Uterus ist groß<br />

wie eine Faust<br />

Ricardo Domeneck<br />

Bibliografie (Auswahl)<br />

Rilke Shake<br />

Cosac Naify<br />

São Paulo, 2007<br />

Rilke Shake<br />

luxbooks<br />

Wiesbaden, 2011<br />

[Ü: Odile Kennel]<br />

VERSSchmuggel/<br />

Contrabando de Versos<br />

Das Wunderhorn<br />

Heidelberg, 2009<br />

Editora 34<br />

São Paulo und Lissabon,<br />

2009<br />

um útero é do<br />

tamanho de um punho<br />

Cosac Naify<br />

São Paulo, 2012<br />

Der Uterus ist groß<br />

wie eine Faust<br />

Elif Verlag<br />

Nettetal, <strong>2020</strong><br />

[Ü: Odile Kennel]<br />

canções de atormentar<br />

Companhia das Letras<br />

São Paulo, <strong>2020</strong><br />

Angélica Freitas wurde am 8. April 1973 in Pelotas geboren, einer der südlichsten<br />

Städte des südlichsten Bundesstaates von Brasilien, Rio Grande<br />

do Sul. Auf den ersten Blick das Übliche, was in einem Pass steht – Alter<br />

und Herkunft. Tatsächlich aber hochsymbolische Daten: Rio Grande do Sul<br />

grenzt an Uruguay und Argentinien und teilt mit den Grenzregionen dieser<br />

Länder eine gewisse Geisteshaltung, die sich um die Viehhaltung dreht, den<br />

Gaucho und sein Mate. Darüber hinaus natürlich die Geschichten von all dem<br />

Blut, das in den zahlreichen Kriegen vergossen wurde, die den südlichen Teil<br />

Südamerikas im 19. Jahrhundert erschütterten. Das alles fand Eingang in die<br />

Literatur dieser Länder, die von Männern auf Pferden erzählt, die ihr Vieh mit<br />

dem Lasso einfangen und auf ihren aus Italien, Deutschland und Polen mitgebrachten<br />

patriarchalen Traditionen bestehen. Dieser Hintergrund ist wichtig,<br />

um den politischen Impuls in Angélica Freitas’ Werk zu verstehen.<br />

In „ás vezes nos reveses“ („mitunter im malheur“) aus dem Band Rilke<br />

Shake (2007) zeigt sich, wie in Freitas’ Gedichten das Lyrische und das Satirische<br />

auf eigenwillige Art verschmelzen: „mitunter im malheur / denk ich an<br />

rückkehr / ins göttliche england / aber sogar die engländerinnen / bluten monatlich<br />

/ und schicken ihre royal highness / zum teufel der sie gezeugt hat.“<br />

So mühelos wie wirkungsvoll wechselt die Dichterin die Register zwischen<br />

mündlichem und literarischem Ton.<br />

1973, als die Dichterin geboren wurde, regierte Brigadegeneral Emiliano<br />

Médici im Palácio do Planalto in Brasília mit eiserner Hand. Er war der dritte<br />

Präsident der von 1964 bis 1985 währenden Militärdiktatur. Angélica Freitas<br />

wuchs also nur vermeintlich in tropischem Frieden auf. Die andere Seite der<br />

Medaille ist die verdrängte und ausgelöschte Geschichte von Massakern<br />

an Indigenen, versklavten AfrikanerInnen und Aufständischen, die für bessere<br />

Lebensbedingungen kämpften. Und inmitten all dieser Repression die<br />

ständige Kontrolle der weiblichen Mehrheit der Bevölkerung. Eine fühlbare,<br />

sichtbare, aber verschwiegene Gewalt in einem Land, das sich als Paradies<br />

verkauft. Diese Gewalt wird mit messerscharfer Ironie im meistzitierten Gedicht<br />

des Bandes um útero é do tamanho de um punho (2012, dt. Der Uterus<br />

ist groß wie eine Faust, <strong>2020</strong>) thematisiert: „eine nüchterne Frau / ist eine<br />

saubere Frau / eine betrunkene Frau / ist eine dreckige Frau // von allen<br />

Tieren der Welt / mit Krallen oder ohne / ist die betrunkene dreckige Frau /<br />

am besten verwertbar.“<br />

Die Titel ihrer Bücher und Gedichte – in Kürze erscheint ihr dritter Band<br />

canções de atormentar (Qualenlieder) – deuten an, auf welche Tradition<br />

Angélica Freitas sich bezieht: die der satirischen Dichtung, die im 17. Jahrhundert<br />

mit Gregório de Matos am Anfang der portugiesischsprachigen<br />

Literatur des Landes steht, und bis Oswald de Andrade im 20. Jahrhundert<br />

reicht.<br />

Doch bisher habe ich hier nur Männernamen aufgezählt; insofern ist das<br />

vielleicht der Moment, um auf einen zentralen Aspekt von Angélica Freitas<br />

Werk zu sprechen zu kommen: die Präsenz des weiblichen Körpers in ihren<br />

Texten. Für viele Frauen, die heute in Brasilien schreiben, ist um utero é do<br />

tamanho de um punho ein neuer, inspirierender Impuls für die satirische<br />

Form im 21. Jahrhundert: kritisch, kraftvoll, entlarvend. Nicht ohne Grund sagt<br />

Angélica Freitas von sich, dass sie zu denen gehört, die „lieber zu salzsäuren<br />

erstarrten“ – in Anspielung auf Lots anonym gebliebene Frau.<br />

Nicht ohne Grund sagt Angélica Freitas<br />

von sich, dass sie zu denen gehört, die „lieber<br />

zu salzsäuren erstarrten“ – in Anspielung<br />

auf Lots anonym gebliebene Frau.<br />

87<br />

Angélica Freitas<br />

Literatur<br />

07/20-07/21


A Uterus is the<br />

Size of a Fist<br />

Ricardo Domeneck<br />

Selected Bibliography<br />

Rilke Shake<br />

Cosac Naify<br />

São Paulo, 2007<br />

Rilke Shake<br />

luxbooks<br />

Wiesbaden, 2011<br />

[Transl.: Odile Kennel]<br />

Rilke Shake<br />

Phoneme Media<br />

Los Angeles, 2015<br />

[Transl.: Hilary Kaplan]<br />

VERSSchmuggel/<br />

Contrabando de Versos<br />

Das Wunderhorn<br />

Heidelberg, 2009<br />

Editora 34<br />

São Paulo and Lisbon,<br />

2009<br />

um útero é do<br />

tamanho de um punho<br />

Cosac Naify<br />

São Paulo, 2012<br />

Der Uterus ist groß<br />

wie eine Faust<br />

Elif Verlag<br />

Nettetal, <strong>2020</strong><br />

[Transl.: Odile Kennel]<br />

canções de atormentar<br />

Companhia das Letras<br />

São Paulo, <strong>2020</strong><br />

Angélica Freitas was born on 8 April 1973 in Pelotas, one of the southernmost<br />

cities in Brazil’s southernmost state of Rio Grande do Sul. At first<br />

glance, this information might seem rather neutral: age, place of birth. Actually,<br />

though, it is heavy with meaning. Sharing a border with Uruguay and<br />

Argentina, the state of Rio Grande do Sul shares a certain quality of the spirit<br />

with regions of its neighboring countries. A life tending cattle, the gaucho and<br />

his maté. And, of course, the stories about the bloody wars that shook the<br />

Southern Cone in the nineteenth century. All of this lent an epic quality to the<br />

great literature of those countries, telling stories about men on horseback,<br />

lassoing cattle, sticking fast to the patriarchal traditions brought over from<br />

Italy, Germany, Poland. It is important to keep these things in mind in order to<br />

comprehend the political impetus which drives the poetry of Angélica Freitas.<br />

In her poem às vezes nos reveses (in times of trouble), we notice how the<br />

lyrical and the satirical merge in a very particular way: “in times of trouble / i<br />

think of returning to glorious / England / but even english women bleed / each<br />

month / and tell her royal highness to / fuck off“ (transl. Hilary Kaplan). Effortlessly<br />

and effectively the poem moves between the oral and literary registers.<br />

In 1973 Marshal Emiliano Médici ruled Brazil with an iron fist. He was<br />

the third in a series of military junta presidents who kept the country under<br />

political and artistic repression from 1964 to 1985. Angélica Freitas would<br />

grow up in the alleged peacefulness of a tropical country which nonetheless<br />

shared a dark history of repression: the massacres of indigenous peoples,<br />

Africans who rebelled against slavery, numerous popular revolts. Amongst all<br />

this: a constant attempt to gain control over the great majority of the female<br />

population in Brazil. A violence that can be felt and seen, but which can’t be<br />

heard in a country that consciously choses to sell itself as “a paradise.” The<br />

issue is addressed incisively in one of Freitas’s most often cited poems, included<br />

in um útero é do tamanho de um punho (A Uterus is the Size of a Fist,<br />

2012): “a sober woman / is a clean woman / an inebriated woman / is a dirty<br />

woman / among the animals of this world / those with or without claws or<br />

fingernails / it is the inebriated, dirty woman / whose parts are used for everything.<br />

The titles of her poems and books—including the upcoming canções de<br />

atormentar (Songs of Torment)—allow us to comprehend the traditions in<br />

which the poetry of Angelica Freitas is steeped; satirical poetry, which, in a<br />

sense, inaugurates lusophone literature in the figure of Gregório de Matos<br />

in the seventeenth century, right up to Oswald de Andrade in the twentieth.<br />

However, the central or most-discussed aspect of Angelica Freitas’s work<br />

is the emergence of the female body in poetry. Today, a number of Brazilian<br />

female writers point to um útero é do tamanho de um punho as constituting<br />

a powerful new movement towards satirical poetry in the twenty-first century:<br />

critical, potent, aiming to unmask through words. In the poet’s own words,<br />

she considers herself to be among those “who’d rather turn to salt,” in reference<br />

to Lot’s anonymous wife.<br />

In the poet’s own words, she considers herself<br />

to be among those “who’d rather turn<br />

to salt,” in reference to Lot’s anonymous wife.<br />

88<br />

Angélica Freitas<br />

Literature<br />

07/20-07/21


Einen Hafen<br />

der Freiheit<br />

bieten<br />

International Cities of<br />

Refuge Network (ICORN)<br />

Providing<br />

a Haven<br />

for Freedom<br />

Mit dem ICORN-Stipendium für gefährdete Kulturschaffende<br />

setzt das <strong>Berliner</strong> <strong>Künstlerprogramm</strong> des<br />

DAAD ein Zeichen für Kunst- und Meinungsfreiheit.<br />

Finanziert wird das Stipendium vom Land Berlin, das<br />

im Mai 2018 dem International Cities of Refuge Network<br />

beigetreten ist. Dank der in Norwegen ansässigen<br />

Organisation konnten bislang weltweit mehr als 200<br />

gefährdete und bedrohte KünstlerInnen und PublizistInnen<br />

temporäre Zuflucht in fast 80 Städten finden. Als<br />

Partnerinstitution des Landes Berlin hat das <strong>Berliner</strong><br />

<strong>Künstlerprogramm</strong> die Betreuung der StipendiatInnen<br />

übernommen.<br />

Mohammed Ashraf ist seit August <strong>2020</strong> Gast des<br />

ICORN-Programms. Der ägyptische Lyriker, Essayist,<br />

politische Aktivist und Forscher verbrachte die letzten<br />

beiden Jahre in Schweden, wo er sich für Reporter ohne<br />

Grenzen mit der Entwicklung einer Methode zum<br />

Umgang mit geflüchteten SchriftstellerInnen und JournalistInnen<br />

beschäftigte. In Ägypten hatte er zuvor<br />

mehrere sozio-politische Artikel sowie Essays zu Literatur-<br />

und Kunstkritik und zur Meinungsfreiheit verfasst.<br />

Ashrafs Lyrik ist beeinflusst von den Trends der<br />

postmodernen Philosophie. Während seines Aufenthaltes<br />

in Berlin widmet er sich einem Projekt, das seine<br />

Erfahrungen in verschiedenen Ländern verarbeitet –<br />

in einer ungewöhnlichen Kombination aus umgangssprachlichem<br />

Ägyptisch und Standardarabisch. AM<br />

With the ICORN fellowship for at-risk cultural workers,<br />

the DAAD Artists-in-Berlin Program aims to support<br />

artistic freedom and freedom of expression. The fellowship<br />

is funded by the State of Berlin, which joined<br />

the International Cities of Refuge Network in May 2018.<br />

Thanks to the Norway-based organization, more than<br />

200 at-risk and threatened artists and journalists have<br />

found temporary refuge in nearly eighty cities worldwide.<br />

As a partner institution of the State of Berlin,<br />

the Artists-in-Berlin Program oversees and provides<br />

administrative support to fellowship holders.<br />

Mohammed Ashraf has been a guest of the ICORN<br />

program since August <strong>2020</strong>. The Egyptian poet,<br />

essayist, political activist, and researcher spent the last<br />

two years in Sweden, where he worked for Reporters<br />

Without Borders on developing a method for working<br />

with refugee writers and journalists. In Egypt he had<br />

previously authored several socio-political articles and<br />

essays on literary and art criticism and freedom of expression.<br />

Ashraf’s poetry is influenced by trends in postmodern<br />

philosophy. During his stay in Berlin, he will focus<br />

on a project addressing his experiences in various<br />

countries using an unusual combination of colloquial<br />

Egyptian and standard Arabic language. AM<br />

89<br />

Mohammed Ashraf<br />

© Jasper Kettner


Narrative<br />

erweitern<br />

Expanding<br />

Narratives<br />

Vercihan Ziflioğlu, preisgekrönte Journalistin und<br />

Verfasserin von sieben Büchern, traf im September<br />

<strong>2020</strong> in der Hauptstadt ein; ihr Aufenthalt wird durch<br />

ein Stipendium des Landes Berlin ermöglicht. Die Autorin,<br />

Mitglied der armenischen Community in Istanbul,<br />

schrieb für Hürriyet, die auflagenstärkste Tageszeitung<br />

der Türkei, und arbeitete für internationale Medien wie<br />

das Al Jazeera Media Network. Sie wurde mit nationalen<br />

wie internationalen Preisen ausgezeichnet, etwa<br />

dem Anna Lindh Journalist Award. Ihre sieben Bücher<br />

fanden in der Türkei, in Armenien, Russland und Bulgarien<br />

großen Anklang, weitere Texte wurden ins Englische,<br />

Arabische, Deutsche und Georgische übersetzt.<br />

Ziflioğlu hat in ihrer Karriere als Schriftstellerin verschiedene<br />

kreative Pfade verfolgt – von Sachliteratur<br />

und rechercheintensiven dokumentarischen Texten<br />

über Lyrik und fiktionale Prosa bis hin zur Kombination<br />

eigener Kohlezeichnungen mit Kurzgeschichten. Während<br />

ihres Aufenthalts wird sie an ihrem ersten Roman<br />

arbeiten, der in Berlin zur Zeit des Ersten Weltkriegs<br />

spielt. SF<br />

Vercihan Ziflioğlu, an award-winning journalist and<br />

author of seven books, arrived in Berlin in September<br />

<strong>2020</strong>; her residency grant is being funded by the city<br />

of Berlin. As a member of the Armenian community<br />

in Istanbul, she wrote for Turkey´s biggest selling daily<br />

Hurriyet and worked for international media such as<br />

Aljazeera Network. She has been awarded with national<br />

and international prizes including the Anna Lindh<br />

Journalist Award. Her seven books have received much<br />

attention in Turkey, Armenia, Russia, and Bulgaria,<br />

and her texts have been translated to English, Arabic,<br />

German, and Georgian.<br />

Ziflioğlu has explored numerous creative forms in<br />

her writing career, from non-fiction and research-based<br />

documentary texts to poetry and fiction, as well as<br />

combining her own charcoal drawings with short stories.<br />

During her stay, she will work on her first novel, set<br />

in Berlin during World War I. SF<br />

90<br />

Vercihan Ziflioğlu<br />

© Jasper Kettner


Delaine Le Bas, St Sara Kali George, <strong>2020</strong>, Verschiedene Materialien / Mixed media<br />

Installationsansicht / installation view, 11. Berlin Biennale / 11th Berlin Biennale<br />

daadgalerie, 09-11/20, Courtesy Delaine Le Bas; Yamamoto Keiko Rochaix, London<br />

© Silke Briel


© Jasper Kettner


Die Poesie der<br />

melancholischen<br />

Rebellion<br />

Alida Bremer<br />

Bibliografie (Auswahl)<br />

Pijavice nad<br />

Santa Crusom<br />

AGM<br />

Zagreb, 2006<br />

Poslanice običnim<br />

ljudima<br />

Algoritam<br />

Zagreb, 2007<br />

An die verlorenen<br />

Hälften<br />

Edition<br />

Korrespondenzen<br />

Wien, 2010<br />

[Ü: Alida Bremer]<br />

Bog neće pomoći<br />

(Gott will nicht helfen)<br />

Algoritam<br />

Zagreb, 2012<br />

Crna pokrajina<br />

Algoritam<br />

Zagreb, 2013<br />

Schwarzes Land<br />

Edition<br />

Korrespondenzen<br />

Wien, 2015<br />

[Ü: Alida Bremer]<br />

Zemlja, zemlja<br />

(Boden, Boden)<br />

Fraktura<br />

Zaprešić, 2017<br />

Inmitten von urbanen Alltagsszenen funkeln Katzenaugen, wachsen und<br />

faulen Früchte – Orangen, Birnen, Pfirsiche –, schwarze Hunde jagen<br />

schwarze Vögel, jemand liebt Fleischbällchen, „es rauschen die Feiertage<br />

vergangener Staaten“. Ein See führt lange Monologe, erzählt von seinem<br />

Leben – eine anthropomorphe Landschaft, auf deren Wasseroberfläche sich<br />

unser Dasein spiegelt.<br />

Marko Pogačar wird nicht nur als Erneuerer der kroatischen Poesie beschrieben,<br />

sondern auch als eine Stimme voller Magie, die alle Grenzen hinter<br />

sich lässt und sich mit Leidenschaft und Leichtigkeit in die poetische Weltgemeinschaft<br />

einreiht. Ob der in Odessa geborene Dichter Ilya Kaminsky<br />

oder der spanische Dichter Martín López-Vega, ob der deutsche Kritiker<br />

Andreas Nentwich oder der rumänische Lyriker Claudiu Komartin – sie alle<br />

sind sich einig, dass es sich um eine herausragende Erscheinung handelt;<br />

verglichen wird er mit Rimbaud, mit Hölderlin oder Novalis, mit Joseph<br />

Brodsky und dem ungarischen Filmemacher Béla Tarr.<br />

1984 in Split geboren, machte sich Marko Pogačar im Alter von 22 Jahren<br />

mit seinem ersten Gedichtband Pijavice nad Santa Crusom (Wirbelstürme<br />

über Santa Cruz, 2006) bemerkbar. Der slowenische Dichter Tomaž Šalamun<br />

schrieb: „Marko Pogačar ist ein Wunder.“ In seinem zweiten Gedichtband<br />

Poslanice običnim ljudima (Sendschreiben an gewöhnliche Menschen,<br />

2007, dt. An die verlorenen Hälften, 2010) wandte sich der junge Dichter<br />

ein Jahr später „an die Schneiderinnen, an die Nachbarn, an die verschlafenen<br />

Hausfrauen“. Er verkündete seine dichterischen Botschaften mit großer<br />

Selbstverständlichkeit, so etwa in einem „an die müden Trotzkisten“ gerichteten<br />

Gedicht: „Pogačar denkt: alles ist Gott = Gott ist nichts“. Und zwei<br />

Jahre später erklärte er im dritten Gedichtband Predmeti ((Gegenstände,<br />

2009, dt. An die verlorenen Hälften, 2010): „Meine Sprache ist eine dunkle /<br />

fleischige Faust.“<br />

Es folgten Essaybände, Erzählungen und Reiseberichte – minuziös komponierte<br />

Texte geprägt von Alltagsphänomenen und politischen Analysen,<br />

von metaphysischen Vorahnungen und symbolischen Imaginationen. Seine<br />

Gedichte und Prosatexte wurden in mehr als dreißig Sprachen übersetzt,<br />

er war Gast internationaler Poesiefestivals und Residence-Programme, die<br />

Spur dieser Reisen zieht sich durch seine Texte als poetische Reflexion eines<br />

melancholischen Nomaden.<br />

Je besser der Dichter die Welt kennenlernte, desto dringlicher erschien<br />

ihm die Notwendigkeit der Rebellion: „und heiß wie ein Ofen muss ein<br />

Mensch sein, / damit er die Welt um sich herum zum Schmelzen bringt“, so<br />

heißt es in seinem vierten Gedichtband Crna pokrajina (2013, dt. Schwarzes<br />

Land, 2015).<br />

Auf seiner beharrlichen Suche nach dem authentischen Ausdruck für die<br />

Wirrungen unserer Epoche bewegt sich Marko Pogačar zwischen Umgangssprache<br />

und erhabenem Ton, Fachjargon und Psalmen, Ironie und Selbstreflexion,<br />

Popkultur und Natur, zwischen intimen Bekenntnissen und radikalen<br />

Gesten. Er ist ein Meister der präzisen Formulierungen, zugleich feiert er in<br />

seinen Texten die Sprache mit ihren Klängen und Rhythmen und verwandelt<br />

bisweilen mit spielerischer Lust politische und philosophische Inhalte in<br />

rätselhafte Melodien.<br />

„Pogačar denkt: alles ist Gott = Gott ist nichts.“<br />

93<br />

Marko Pogačar<br />

Literatur<br />

09/20-09/21


The Poetry of<br />

Melancholy Rebellion<br />

Alida Bremer<br />

Selected Bibliography<br />

Pijavice nad<br />

Santa Crusom<br />

AGM<br />

Zagreb, 2006<br />

Poslanice običnim<br />

ljudima<br />

Algoritam<br />

Zagreb, 2007<br />

An die verlorenen<br />

Hälften<br />

Edition<br />

Korrespondenzen<br />

Vienna, 2010<br />

[Transl.: Alida Bremer]<br />

Bog neće pomoći<br />

(God will not help)<br />

Algoritam<br />

Zagreb, 2012<br />

Crna pokrajina<br />

Algoritam<br />

Zagreb, 2013<br />

Schwarzes Land<br />

Edition<br />

Korrespondenzen<br />

Vienna, 2015<br />

[Transl.: Alida Bremer]<br />

Zemlja, zemlja<br />

(Ground, Ground)<br />

Fraktura<br />

Zaprešić, 2017<br />

Amid scenes of day-to-day urban life, the eyes of cats flash and pieces of<br />

fruit—oranges, pears, and peaches—grow and rot. Black dogs chase after<br />

black birds; someone is in love with meatballs; “holidays of former countries<br />

hum.” A lake declaims long monologues, tells stories of its life: an anthropomorphic<br />

landscape with our existences reflected in its surface.<br />

Marko Pogačar has been described as not only a renewer of Croatian<br />

poetry, but an enchanted voice who leaves behind all borders and assumes<br />

his rightful place among the global community of poets with zeal and a soft<br />

touch. Everyone from the Odessa-born poet Ilya Kaminsky to the Spanish<br />

poet Martín López-Vega, and from the German critic Andreas Nentwich to<br />

the Romanian poet Claudiu Komartin agrees that Pogačar stands apart. He<br />

has been compared with the likes of Rimbaud, Hölderlin, Novalis, Brodsky,<br />

and the Hungarian filmmaker Béla Tarr.<br />

Born in Split in 1984, Marko Pogačar made waves at age 22 with his<br />

first poetry collection Pijavice nad Santa Crusom (Twisters over Santa Cruz,<br />

2006). The Slovenian poet Tomaž Šalamun has called Marko Pogačar “a miracle.”<br />

In his second collection Poslanice običnim ljudima (Epistles of the Common<br />

People, 2007), released a year later, the young poet turned his attention<br />

“to female tailors, to my neighbors, to dreamy housewives.” He proclaimed his<br />

lyrical messages matter-of-factly; for example in a poem addressed to the<br />

“tired Trotskyites” he writes “Pogačar thinks: everything is God = God is nothing.”<br />

And two years later, in his third collection of poems Predmeti (Objects,<br />

2009), he wrote: “My tongue is a dark / meaty fist.”<br />

This was followed by books of essays, short stories, and travel writing,<br />

minutely composed and replete with everyday phenomena and political<br />

analysis, metaphysical premonitions, and symbolic reveries. His poems and<br />

prose have been translated into more than thirty languages. He has been<br />

invited to international poetry festivals and residency programs, and these<br />

journeys have left their traces in his work as the poetic reflections of a melancholy<br />

nomad.<br />

The better the poet acquainted himself with the world, the more urgently he<br />

treated the necessity of rebellion: “[J]ust as an oven red-hot a man must be /<br />

to melt all that world around him,” he writes in his fourth poetry collection Crna<br />

pokrajina (Black Region, 2013).<br />

On his tenacious quest for an authentic expression of our era’s trials and<br />

tribulations, Marko Pogačar moves between colloquialism and elegant prosody,<br />

jargon and psalms, irony and self-reflection, pop culture and nature,<br />

intimate confessions and radical gestures. He is an ace at precise articulation,<br />

and yet his writing simultaneously celebrates the sounds and rhythms of language,<br />

at times morphing political and philosophical themes into enigmatic<br />

melodies with playful relish.<br />

“Pogačar thinks: everything<br />

is God = God is nothing.”<br />

94<br />

Marko Pogačar<br />

Literature<br />

09/20-09/21


20. internationales literaturfestival berlin, silent green, 09/20<br />

Jacek Dehnel, Fariba Vafi © Ali Ghandtschi


Mahmoud Khaled, Proposal for a House Museum of an Unknown Crying Man, 2017<br />

Installationsansicht / installation view, 15. Istanbul Biennale / 15th Istanbul Biennial, 2017<br />

© Courtesy of the artist<br />

MAHMOUD<br />

KHALED


Die Dialektik von<br />

Enthüllen und<br />

Verbergen<br />

Anja<br />

Lückenkemper<br />

Mahmoud Khaleds künstlerische Praxis setzt sich mit der Konstruktion von<br />

männlicher Identität in einer zunehmend von mittelbarem und virtuellem Austausch<br />

geprägten Gesellschaft auseinander. Seine Videos, Fotoarbeiten und<br />

Installationen porträtieren ein breites Spektrum an Gender-Identitäten von<br />

Bauchtänzern über Bodybuildern bis hin zu Stierkämpfern und erforschen an<br />

bestimmte Situationen gebundene Machtdynamiken im Cyberspace, wie sie sich<br />

beispielsweise in einem fiktiven Grindr-Chat finden. Der ägyptische Künstler arbeitet<br />

mit den Grenzbereichen und Ambivalenzen von Realität und Inszenierung<br />

und streicht dabei auch die Bedeutung von Kunst als Form des politischen Aktivismus<br />

und Raum für kritische Reflexion heraus. Ausgehend von der jeweiligen<br />

Thematik verbindet er Fotografie und Video mit skulpturalen Formen sowie Text,<br />

Sound und Alltagsgegenständen.<br />

Auf der Istanbul-Biennale 2017 präsentierte Khaled mit Proposal for a<br />

House Museum of an Unknown Crying Man eine fiktionalisierte Auseinandersetzung<br />

mit dem Fall der sogenannten Cairo 52. Diese Bezeichnung bezieht<br />

sich auf die 52 Männer, die am 11. Mai 2001 an Bord eines schwimmenden<br />

Nachtclubs verhaftet wurden. Nach brutaler physischer und psychischer Misshandlung<br />

wurden sie wegen liederlichen und obszönen Verhaltens sowie Verunglimpfung<br />

der Religion angeklagt. Ein Pressefoto des Prozesses zeigte einen<br />

weinenden Mann, der versucht, sein Gesicht mit einem Stück weißen Stoffes<br />

zu bedecken. Das Bild wurde auf einen Schlag zu einer Ikone der ägyptischen<br />

Schwulen-Community, aufgeladen mit Bedeutung, die gar nicht unbedingt<br />

intendiert war. In dem Bemühen, einen derart signifikanten Moment in Erinnerung<br />

zu halten, erbaute Khaled ein „Hausmuseum“, das Gemälde, Skulpturen,<br />

Objekte, Fotografien sowie persönliche Gegenstände und einen Audio-Guide<br />

präsentiert, der aus der Sicht eines Nachbarn an den „unbekannten weinenden<br />

Mann“ gerichtet ist und von einem Exilantendasein an einem ungenannten<br />

Zufluchtsort erzählt. Über die fiktionale Dokumentation der Biografie dieses<br />

anonymen Mannes verhandelt der Künstler größere Fragestellungen, etwa<br />

nach der Dialektik von Enthüllen und Verbergen, den Wechselbeziehungen<br />

zwischen öffentlicher und privater Sphäre sowie der andauernden Verfolgung<br />

Homosexueller im Nahen Osten.<br />

Es ist eben diese genaue, feinfühlige und weitsichtige Artikulation einer gesellschaftlichen<br />

wie menschlichen Verfasstheit und deren inhärenter Verletzlichkeit,<br />

die das künstlerische Werk Mahmoud Khaleds ausmacht. Die prozessorientierten<br />

und multidisziplinären Arbeiten schaffen eine Zugänglichkeit und<br />

Bedeutung, die über die unmittelbare Prekarität der verhandelten Themen hinausweist<br />

auf verbotene Liebe, umfassendes politisches Versagen und die unsichtbaren<br />

Räume, die seine Protagonisten in ihrem soziale Umfeld besetzen.<br />

Mahmoud Khaled studierte Bildende Kunst in Alexandria, Ägypten und<br />

Trondheim, Norwegen. Zu seinen Ausstellungen der letzten Jahre zählen: I<br />

want you to know that I am hiding something from you in der Helena Anrather<br />

Gallery, New York (2018); A New Commission for an Old State in der Gypsum<br />

Gallery, Kairo (2018); 15. Istanbul Biennale (2017); 13. Sharjah Biennale,<br />

AE (2017); Terra Mediterranea – in Action, NiMAC Arts Center, Nicosia (2017);<br />

Hips Don’t Lie, Centre Pompidou, Malaga (2016); Electronic Superhighway,<br />

Whitechapel Gallery, London (2016); Complicity, Sultan Gallery, Kuwait<br />

(2016); On Building Nations, Edith-Ruth-Haus, Oldenburg.<br />

Es ist eben diese genaue, feinfühlige und<br />

weitsichtige Artikulation einer gesellschaftlichen<br />

wie menschlichen Verfasstheit und deren<br />

inhärenter Verletzlichkeit, die das künstlerische<br />

Werk Mahmoud Khaleds ausmacht.<br />

97<br />

Mahmoud Khaled Bildende Kunst Noch nicht in Berlin


The The Dialectic of<br />

Mahmoud Khaled’s art practice sculptures, explores objects, the photographs, construction of and male personal identity in<br />

Revelation of Revelation and and a society that is increasingly items, shaped as well by as mediated an audio and guide virtual narrated exchanges. from the The<br />

Concealment<br />

subjects of his videos, photographic perspective of works, a neighbor and installations to an “Unknown feature Crying a range<br />

of gender identities, from Man,” belly speaking dancers, of to his bodybuilders life in a place and of bullfighters, exile and refuge.<br />

dynamics Through that the occur fictitious in cyberspace, documentation such of as the a<br />

and<br />

Mahmoud Anja Khaled’s art practice explores situational the con-powestruction Lückenkemper of male identity in a society fictitious that conversation is in-<br />

on anonymous Grindr. Working man’s with biography, the ambivalences Khaled addresses and overcreasingly<br />

shaped by mediated laps and between virtual exchanges.<br />

The subjects of his videos, of political photographic activism and cealment, a space for the critical intersection reflection. of public The Egyptian and private artist<br />

reality and issues staging, such Khaled as the considers dialectic the of revelation role of art and as a con-<br />

form<br />

works, and installations feature adapts a range his of medium gender to the space, subject and matter, the ongoing often combining persecution photographs of LGBTQI+ and<br />

identities, from belly dancers, videos to bodybuilders with sculptural and forms, citizens texts, in the sound Middle elements, East. and everyday objects.<br />

bullfighters, and explores situational At the power Istanbul dynamics<br />

that occur in cyberspace, Museum such as of a an fictitious Unknown lation Crying of Man, a social a fictionalized and human approach condition to and the its case of<br />

Biennial in This 2017 sensitive, Khaled precise, presented and his insightful Proposal articu-<br />

for a House<br />

conversation on Grindr. Working the with “Cairo the 52”—52 ambivalences<br />

and overlaps between floating reality and nightclub staging,<br />

Cairo. Khaled’s After grave artistic physical approach. and His emotional process-oriented<br />

abuse, the men<br />

gay inherent men who vulnerability were arrested is at on the 11 core May, of 2001 Mahmoud aboard a<br />

Khaled considers the role of art were as a later form convicted of political<br />

activism and a space for critical “contempt reflection. of religion.” The A openness press photograph that extends covering their the meaning trial procedures beyond the<br />

on and charges multidisciplinary of “debauchery,” works “obscene operate behavior,” on a level and of<br />

Egyptian artist adapts his medium shows to a the crying subject man attempting immediate to cover precariousness his face with of his a piece themes of white such as cloth.<br />

matter, often combining photographs The image and instantly videos became forbidden an icon love, and systematic signifier for political the male failure, gay and community<br />

in elements, Egypt, by and against invisible its will. spaces In an his attempt protagonists to commemorate occupy within a sig-<br />

the<br />

with sculptural forms, texts, sound<br />

everyday objects.<br />

nificant moment, Khaled their constructs social contexts. a “house museum” that showcases a<br />

At the Istanbul Biennial in 2017 collection Khaled of presented<br />

his Proposal for a House Museum as well as of an audio Unk-<br />

guide ria, narrated Egypt and from in the Trondheim, perspective Norway. of a neighbor His recent to an<br />

paintings, sculptures, Mahmoud objects, Khaled photographs, studied fine and art in personal Alexand-<br />

items,<br />

nown Crying Man, a fictionalized “Unknown approach Crying to the Man,” exhibitions speaking of include: his life in I Want a place You of to exile Know and That refuge. I Am<br />

case of the “Cairo 52”—52 gay Through men who the fictitious were documentation Hiding Something of the from anonymous You, Helena man’s Anrather biography, Gallery,<br />

such New as York the dialectic (2018); A of New revelation Commission and concealment,<br />

for an<br />

arrested on 11 May, 2001 aboard Khaled a floating addresses night-issueclub in Cairo. After grave physical the intersection and emotional of public Old and State private Gypsum space, and Gallery, the ongoing Cairo, EG persecution (2018); of<br />

abuse, the men were later convicted LGBTQI+ on citizens charges in the 15th Middle Istanbul East. Biennial, TR (2017); Sharjah Biennial<br />

and 13, AE insightful (2017); articulation Terra Mediterranea of a social – in and Action, human<br />

of “debauchery,” “obscene behavior,” This and sensitive, “cont-preciseempt of religion.” A press photograph condition covering and its the inherent NiMAC vulnerability Arts Center, is at the Nicosia, core of CY Mahmoud (2017); Hips Khaled’s<br />

trial procedures shows a crying artistic man attempting<br />

approach. His process-oriented Don’t Lie, Centre and Pompidou, multidisciplinary Málaga, ES works (2016); operate<br />

to cover his face with a piece of on white a level cloth. of openness The that Electronic extends Superhighway, their meaning Whitechapel beyond the immediate Gallery,<br />

image instantly became an icon precariousness and signifier for of his themes London, such UK as (2016); forbidden Complicity, love, systematic Sultan Gallery, political<br />

the male gay community in Egypt, failure, by and the against invisible spaces Kuwait, his KW protagonists (2016); On Building occupy within Nations, their Edith- social<br />

its will. In an attempt to commemorate contexts. a significant<br />

moment, Khaled constructs Mahmoud a “house mu-<br />

Khaled studied Porn Company, fine art in Alexandria, Galpão VB Egypt | Associação and in Trondheim,<br />

Cultural<br />

Ruth-Haus, Oldenburg (2016); Proposal for a<br />

seum” that showcases a collection Norway. of paintings, His recent exhibitions Videobrasil, include: São I Want Paulo, You BR to (2016); Know and That It’s I Am Never<br />

Hiding Something from Too You, Late Helena to Talk Anrather About Gallery, Love, Nile New Sunset York (2018); Annex,<br />

A New Commission for Cairo, an Old EG State (2014). at Gypsum Gallery, Cairo, EG (2018);<br />

15th Istanbul Biennial (2017); Sharjah Biennial 13 (2017); Terra Mediterranea –<br />

This sensitive, in Action, precise, NiMAC Arts Center, and Anja Lückenkemper<br />

Nicosia insightful<br />

(2017); Hips Don’t Lie, Centre<br />

Pompidou, Málaga (2016); Electronic Superhighway, Whitechapel Gallery,<br />

articulation of London a social (2016); Complicity, and Sultan human Gallery, Kuwait condition<br />

(2016); On Building<br />

Nations, Edith-Ruth-Haus, Oldenburg (2016); Proposal for a Porn Company,<br />

Galpão VB | Associação Cultural Videobrasil, São Paulo (2016); and It’s<br />

and its inherent vulnerability is at the core of<br />

Never Too Late to Talk About Love, Nile Sunset Annex, Cairo (2014).<br />

Mahmoud Khaled’s artistic approach.<br />

This sensitive, precise, and insightful<br />

articulation of a social and human condition<br />

and its inherent vulnerability is at the core of<br />

Mahmoud Khaled’s artistic approach.<br />

Mahmoud Khaled VISUAL ART 64<br />

98<br />

Mahmoud Khaled Visual Arts Not yet arrived


Ieva Epnere (Fellow 2019), Rīgas cirks Riga Circus, <strong>2020</strong>,<br />

Innenansicht / Inside Pages, Foto / Photo: Ieva Epnere,<br />

Hrsg. / Publ.: Bom Dia Tarde Boa Noite / <strong>Berliner</strong> <strong>Künstlerprogramm</strong> des DAAD


© Valeria Fiorini<br />

LUCRECIA<br />

MARTEL<br />

Making of Zama (Lucrecia Martel, 2017)


Die Präzision der<br />

Entomologin<br />

Alan Pauls<br />

Filme (Auswahl)<br />

Rey Muerto<br />

(Kurzfilm, 1995)<br />

La ciénaga<br />

(Spielfilm, 2001)<br />

La niña santa<br />

(Spielfilm, 2004)<br />

La mujer sin cabeza<br />

(Spielfilm, 2008)<br />

Zama<br />

(Spielfilm, 2017)<br />

AI<br />

(Kurzfilm, 2019)<br />

Jeder Film von Lucrecia Martel ist ein Ereignis. Es sind geheimnisvolle, mit<br />

höchster Diskretion gefilmte Werke (Martel hat eine geradezu sprichwörtliche<br />

Vorliebe für das Geheimnis), die hohe Erwartungen wecken. Aber diese lang<br />

ersehnten Filme besetzen stets die unmöglichsten Orte (mit denen nicht einmal<br />

Martels bedingungsloseste ZuschauerInnen rechnen). Das ist eines der<br />

Merkmale, das sie als Filmemacherin so einzigartig macht: Ihr Stil ist so unverwechselbar<br />

wie die Welten, in die sie vordringt, doch jeder Film ist eine Überraschung,<br />

ein Wagnis, eine neue Herausforderung, die sowohl die Erfahrung<br />

der ZuschauerInnen als auch den ästhetischen Werdegang ihrer Regisseurin<br />

noch eigenartiger macht.<br />

Nach einem vielversprechenden Kurzfilm, Rey muerto (Toter König, 1995),<br />

einer Western-Version der bedrückenden Provinzwelt, die eines ihrer Markenzeichen<br />

werden sollte, debütierte Martel mit La ciénaga (Morast, 2001): zweifellos<br />

das mächtigste, vollkommenste und einflussreichste Erstlingswerk des<br />

Neuen Argentinischen Kinos. Martel machte ihre ersten Schritte und schien<br />

schon alles zu wissen. Was sie filmte, war unvergleichlich. Als wahrhaft programmatischer<br />

Film legte La ciénaga den Grundstein für ihre weiteren Werke:<br />

La niña santa (Das heilige Mädchen, 2004), La mujer sin cabeza (Die Frau<br />

ohne Kopf, 2008), Zama (2017). Es sind wenige Filme – vier Langfilme in<br />

zwanzig Jahren –, doch alle originell, anregend, ungewöhnlich, verstörend.<br />

La ciénaga ist Salta, die Stadt im Norden Argentiniens, in der Martel zur<br />

Welt kam, mit ihrem im Niedergang befindlichen Bürgertum, ihren versehrten<br />

Familien, ihren feuchtheißen und sich selbst entfremdeten Sommern – der<br />

perfekte Nährboden für dieses Geflecht kleiner Geschichten, Gerüchte, Ressentiments<br />

und Glaubensbekenntnisse, die Martels Kamera wie keine andere<br />

aufzuzeichnen versteht. All diese Dinge machen ihre Arbeit aus, aber an<br />

erster Stelle steht die Faszination für das Lokale, für die Art und Weise, wie<br />

gesprochen wird, wie Beziehungen entstehen, für Rituale, Protokolle, endemische<br />

Lebensformen, die Martel mit der Präzision einer Entomologin seziert<br />

und in der Echokammer der Gegenwartsgesellschaft zum Schwingen bringt.<br />

Ihr Charakteristikum ist ein singulärer „provinzieller Kosmopolitismus“,<br />

der mit absolutem Blick und Gehör die – schamhaften, stummen, stets drohenden<br />

– Erschütterungen des jeweiligen Ortes einfängt und mit den kritischen<br />

Debatten der globalen Agenda verbindet. Schon in La ciénaga findet<br />

sich auch ihre Vorliebe für den Kreislauf, die Vermischung, den Austausch<br />

von class, gender, Alter, Spezies. Wider die strengen Hierarchien einer archaischen<br />

Gesellschaft ist bei Martel alles mit allem in Berührung: class mit<br />

gender, das Verlangen mit der Macht, die Verwandtschaft mit der Sexualität,<br />

der Verstand mit dem Wahnsinn, die Kultur mit der Natur. In La niña santa<br />

sind das Begehren und das Heilige allzu vertraute Nachbarn, zwei Seiten<br />

desselben Schwindels; in La mujer sin cabeza verbrüdert sich die Ehre mit<br />

der Schuld und dem Verbrechen; in Zama, Martels erstem Ausflug in den<br />

Historienfilm, ist die (Welt-)Geschichte eine Halluzination, purer Rausch: die<br />

Hochebene, auf der ein Kolonialbeamter ausharrt und zwischen Hunden,<br />

Frauen, Ausländern, Pferden, Schwarzen, Indigenen langsam verblutet. Bei<br />

Martel gibt es keine Grenzen oder es gibt sie nur als unbeständige, poröse<br />

Zonen, die mehr verbinden, als dass sie trennen. Ihr Kino ist ein Laboratorium<br />

auseinanderstrebender Koexistenzen.<br />

Ihr Charakteristikum ist ein singulärer „provinzieller<br />

Kosmopolitismus“, der mit absolutem<br />

Blick und Gehör die (...) Erschütterungen des<br />

jeweiligen Ortes einfängt und mit den kritischen<br />

Debatten der globalen Agenda verbindet.<br />

101<br />

Lucrecia Martel Film Noch nicht in Berlin


An Entomologist’s<br />

Precision<br />

Alan Pauls<br />

Selected Films<br />

Rey Muerto<br />

(Short film, 1995)<br />

La ciénaga<br />

(Feature film 2001)<br />

La niña santa<br />

(Feature film, 2004)<br />

La mujer sin cabeza<br />

(Feature film, 2008)<br />

Zama<br />

(Feature film, 2017)<br />

AI<br />

(Short film, 2019)<br />

Each of Lucrecia Martel’s films is an event. They are mysterious works, filmed<br />

in utmost secrecy (she is notorious for being secretive), which often raises<br />

expectations. But the films one expects are never situated where the spectator<br />

expects them to be (not even for the most diehard Martel cineaste). This is one<br />

of the qualities that makes her unique as a filmmaker: her style is as distinct<br />

as the varying worlds that her works inhabit, yet each film is surprising, audacious,<br />

and challenging in new ways, making both the viewer’s experience as<br />

well as the director’s aesthetic trajectory into something rarified.<br />

After a promising short film, Rey muerto (Dead King, 1995), a Western<br />

take on the oppressive milieu in the provinces which will become one of her<br />

trademarks, Martel made her feature-length debut with La ciénaga (The<br />

Swamp, 2001), undoubtedly the most powerful, complete, and influential debut<br />

of the so-called New Argentine Cinema. Martel was taking her initial steps and<br />

already seemed to know everything. What she filmed was without parallel.<br />

A truly programmatic film, La ciénaga established the horizon in which all her<br />

films would appear: La niña santa (The Holy Girl, 2004), La mujer sin cabeza<br />

(The Headless Woman, 2008), Zama (2017). A handful of films—four features<br />

in twenty years—all of them original, exhilarating, remarkably unsettling.<br />

La ciénaga is Salta, the city in northern Argentina where Martel was born,<br />

with its bourgeoisie in decline, its wounded families, and its sticky, alienating<br />

summers—the perfect breeding ground for this web of little tales, gossip,<br />

grudges, and beliefs that Martel’s camera knows how to capture like no other.<br />

All of Martel is there, but first and foremost is her fascination with the local<br />

manners of speaking and interacting, the plainly rooted rituals, protocols, and<br />

typical ways of life, laid bare by Martel with an entomologist’s precision and<br />

resounding through the echo chamber of contemporary society.<br />

The singularity of her “provincial cosmopolitanism” is apparent, an ability<br />

to completely articulate the eyes and ears with which she captures the seismic<br />

shifts of her land—discreet, silent, ever menacing—along with the most<br />

critical debates on the global agenda. Also evident is her affinity for movement,<br />

mixing, the dealings of the classes, genres, ages, and species, which renders<br />

each of her shots into a kind of theater of unique wantonness both fluid and<br />

explosive. Contravening the rigid hierarchies of an archaic society, in Martel<br />

everything comes up against each other: class with gender, desire with power,<br />

lineage with sexuality, reason with madness, nature with nurture. In La niña<br />

santa, desire and the sacred are neighbors in too close a proximity, perhaps<br />

two sides of the same vertiginous face; in La mujer sin cabeza, respectability<br />

rubs shoulders with guilt and criminal acts; in Zama (Martel’s first foray into<br />

period cinema), history is hallucinatory, pure lysergia: a bleak expanse in which<br />

a colonial official waits and bleeds out his days among dogs, women, foreigners,<br />

horses, Blacks, Indians. There are no borders in Martel, or they exist only<br />

as unstable, porous strips, divulging far more than they divide. Lucrecia Martel’s<br />

cinema is a laboratory of divergent coexistence.<br />

The singularity of her “provincial cosmopolitanism”<br />

is apparent, an ability to completely articulate<br />

the eyes and ears with which she captures<br />

the seismic shifts of her land (...) along with the<br />

most critical debates on the global agenda.<br />

102<br />

Lucrecia Martel Film Not yet arrived


© Courtesy of the artist<br />

AFFONSO<br />

UCHOA


Der eigenwillige<br />

dritte Blick<br />

Fabio Andrade<br />

Filmografie (Auswahl)<br />

Ou a Noite<br />

Incompleta<br />

Ko-Regie mit Luiz<br />

Gabriel Lopes,<br />

Maurício Rezende<br />

und Priscila Amoni<br />

(Kurzfilm, 2006)<br />

Desígnio<br />

(Kurzfilm, 2009)<br />

Mulher à Tarde<br />

(Spielfilm, 2010)<br />

A Vizinhança do Tigre<br />

(Spielfilm, 2014)<br />

Arábia<br />

Ko-Regie mit<br />

João Dumans<br />

(Spielfilm, 2017)<br />

Sete Anos em Maio<br />

(Kurzer Spielfilm, 2019)<br />

Eine der größten formalen Überraschungen in der Bibel findet sich im<br />

sechsten Buch des Neuen Testaments, in Paulus’ Römerbrief. Gegen Ende<br />

emanzipiert sich der Schreiber vom Autor und stellt sich als „Tertius, der diesen<br />

Brief schrieb“ vor. Tertius (wörtlich „der Dritte“ auf Latein) von Iconium<br />

fungierte als Paulus’ Sekretär bei dessen längstem Brief. Dieser Schachzug<br />

hat im Lauf der Zeit eine breitgefächerte Debatte evoziert, die von narrativer<br />

Authentizität (Wer war Tertius? War er Christ? War er ein Sklave? Welche<br />

Beziehung hatte er zum Apostel Paul?) bis zur Medienarchäologie (Wurde<br />

der Brief zunächst in einer anderen Sprache formuliert und musste übersetzt<br />

werden? Waren Schreiber damals üblich?) reicht. All diese Fragen bündeln<br />

sich in einer zentralen Überlegung: Welchen Einfluss hat derjenige, der eine<br />

Geschichte erzählt, auf ihren Verlauf?<br />

Affonso Uchôas Filme sind nicht durchweg religiös. Zumindest aber beginnt<br />

und endet der Film, der am deutlichsten einen Erzähler-Tertius zitiert –<br />

in Form des gefundenen Notizbuchs in Arábia (Arabien, 2017, Ko-Regie mit<br />

João Dumans) – in der Stadt Ouro Preto, der Wiege der katholischen<br />

Barockkunst Brasiliens. Und: Seine Filme zeugen von der Bedeutung einer<br />

vermittelnden Instanz, die am Übergang zweier Welten angesiedelt ist.<br />

Sie kann ein Charakter sein (wie Andre – Murilo Caliari – in Arábia) oder ein<br />

filmisches Mittel (wie die lange Einstellung in Sete Anos em Maio, Sieben<br />

Jahre im Mai, 2019), vor allem aber spiegelt sich darin die Position des<br />

Filmemachers selbst.<br />

Der 1984 in São Paulo geborene Uchôa war international kaum bekannt,<br />

als sein Film Arábia im Wettbewerb des Internationalen Filmfestivals Rotterdam<br />

Premiere feierte, einen globalen Siegeszug antrat und dabei Lorbeeren<br />

auf Festivals wie dem Buenos Aires International Festival of Independent<br />

Cinema, der Viennale, FIDMarseille und IndieLisboa sowie begeisterte Kritiken<br />

erntete. Sein Nachfolger, Sete Anos em Maio, wurde erstmals auf dem<br />

Festival Visions du Réel vorgestellt und im internationalen Wettbewerb Burning<br />

Lights ausgezeichnet. Seither feierte der Film, trotz seiner ungewöhnlichen<br />

Länge von nur 42 Minuten, auf Festivals wie dem Toronto International<br />

Film Festival, dem Jeonju International Film Festival und Film Madrid Erfolge.<br />

Schon vor der internationalen Anerkennung hatte Uchôa zwei Spielfilme<br />

(A Vizinhança do Tigre, Die Nachbarschaft des Tigers, 2014; und Mulher à<br />

Tarde, Nachmittagsfrau, 2010) und zwei Kurzfilme (Desígnio, Gestaltung,<br />

2009; und Ou a Noite Incompleta, Oder die unvollständige Nacht, 2006,<br />

Ko-Regie mit Luiz Gabriel Lopes, Maurício Rezende und Priscila Amoni) gedreht,<br />

die auf vielen lokalen Festivals gezeigt wurden. Der nun erfolgte große<br />

Auftritt im internationalen Kino fällt zusammen mit der Entstehung einer<br />

einzigartigen Ästhetik. Uchôa nutzt den cinephilen Formalismus seiner früheren<br />

Filme, um in A Vizinhança do Tigre die harte Realität seines treffend benannten<br />

Wohnviertels – Nacional in der Stadt Contagem in Minas Gerais –<br />

gleichzeitig zu brechen und zu verstärken. Dieser eigenwillige dritte Blick sagt<br />

sich von der kreativen Materie der Welt vor seinen Augen los und ist doch in<br />

sie verwickelt. Uchôa schafft eine Filmsprache, die der politischen Berufung<br />

des lateinamerikanischen Kinos neuen Schwung verleiht und es zu einer radikalen<br />

Selbstreflexivität drängt, die sich dem Erzählen nicht verweigert,<br />

sondern aus dem zerbrechlichen Gewebe des täglichen Lebens schöpft.<br />

Uchôa schafft eine Filmsprache, die<br />

sich dem Erzählen nicht verweigert,<br />

sondern aus dem zerbrechlichen<br />

Gewebe des täglichen Lebens schöpft.<br />

104<br />

Affonso Uchôa Film Noch nicht in Berlin


This Idiosyncratic<br />

Third Glance<br />

Fabio Andrade<br />

Selected Films<br />

Ou a Noite Incompleta<br />

Co-directed with<br />

Luiz Gabriel Lopes,<br />

Maurício Rezende<br />

und Priscila Amoni<br />

(Short film, 2006)<br />

Desígnio<br />

(Short film, 2009)<br />

Mulher à Tarde<br />

(Feature film, 2010)<br />

A Vizinhança do Tigre<br />

(Feature film, 2014)<br />

Arábia<br />

Co-directed with<br />

João Dumans<br />

(Feature film, 2017)<br />

Sete Anos em Maio<br />

(Short feature film, 2019)<br />

One of the most surprising formal operations in the Christian bible takes<br />

place in the sixth book of the New Testament, in Paul the Apostle‘s Epistle to<br />

the Romans. Near the end, the writer breaks free from the author, introducing<br />

himself as “Tertius, who wrote down this letter.” Tertius (literally “third” in<br />

Latin) of Iconium was the amanuensis for Paul the Apostle’s longest epistle.<br />

This narrative wrinkle has generated debates that range from narrative authenticity<br />

(who was Tertius? Was he Christian? Was he a slave? What was<br />

the relationship between him and Paul the Apostle?) to media archaeology<br />

(was the Epistle conceived in a different language that required translation?<br />

Were scribes common at the time?), altogether pointing to the relevance of<br />

mediation: who tells a tale adds a tail.<br />

The films by Affonso Uchôa are not consistently religious, even though the<br />

one that most directly invokes a narrative Tertius—the found notebook in<br />

Arábia (Araby, 2017), co-directed with João Dumans—starts and ends in<br />

the city of Ouro Preto, the cradle of Brazilian catholic baroque art. Nonetheless,<br />

his films are testimonies of the importance of the mediator—an element<br />

that exists in the fold between two different worlds, which can sometimes be<br />

a character (Andre—Murilo Caliari—in Araby), or a filmmaking device (the<br />

long take in Seven Years in May, 2019), but that is also reflective of the position<br />

of the filmmaker himself.<br />

Born in São Paulo, in 1984, Uchôa was not widely known by international<br />

audiences until Araby premiered in competition at International Film Festival<br />

Rotterdam, kickstarting a successful global run, collecting laurels from Buenos<br />

Aires International Festival of Independent Cinema, Viennale, FIDMarseille,<br />

Indie Lisboa, and rave reviews along the way. Its follow-up, Sete Anos<br />

em Maio (Seven Years in May, 2019), won an award at the Burning Lights<br />

International Competition at its premiere at Visions du Réel, and has since<br />

thrived in festivals such as the Toronto International Film Festival, Jeonju<br />

International Film Festival and Film Madrid despite its awkward run time of<br />

42 minutes.<br />

His trajectory precedes international recognition with two feature films<br />

(A Vizinhança do Tigre, The Hidden Tiger, 2014; and Mulher à Tarde, Woman<br />

in the Afternoon, 2010) and two shorts (Desígnio, Design 2009; and Ou a<br />

Noite Incompleta, Or an Incomplete Night, 2006, co-directed with Luiz<br />

Gabriel Lopes, Maurício Rezende, and Priscila Amoni) widely circulated in<br />

local festivals. His emergence in international cinema coincides with the coalescence<br />

of a singular aesthetic in his film The Hidden Tiger, which uses<br />

the cinephilic formalism of his earlier films—Desígnio and Woman in the<br />

Afternoon—to distort and potentialize the gripping reality of his aptly-named<br />

neighborhood—Nacional, in the city of Contagem, Minas Gerais. This idiosyncratic<br />

third glance, both removed from and implicated in the creative<br />

matter of the world before it, results in films that refresh the political vocation<br />

of Latin American cinema, pushing it toward a radical self-reflection that<br />

does not refuse narration, but instead pulls it from the frail fabric of daily life.<br />

Uchôa achieves a cinematic language<br />

that does not refuse narration, but instead<br />

pulls it from the frail fabric of daily life.<br />

105<br />

Affonso Uchôa Film Not yet arrived


Preise und Auszeichnungen 2019/20<br />

Literatur<br />

Peter Handke, Fellow 1968,<br />

und Olga Tokarczuk, Fellow 2001,<br />

werden mit dem Nobelpreis<br />

für Literatur 2019 bzw. 2018<br />

ausgezeichnet.<br />

Der Zirkel der Literaturliebhaber<br />

von Amir Hassan Cheheltan,<br />

Fellow 2009, erhält den<br />

Internationalen Literaturpreis<br />

des Haus der Kulturen der Welt.<br />

Cees Nooteboom, Fellow 1989,<br />

wird mit dem spanischen<br />

Premio Formentor de las Letras<br />

ausgezeichnet.<br />

László F. Földényi, Fellow 1988,<br />

erhält den Leipziger Buchpreis für<br />

Europäische Verständigung für<br />

Lob der Melancholie.<br />

Erik Lindner, Fellow 2012,<br />

Sergio Raimondi, Fellow 2018,<br />

und Serhij Zhadan, Fellow 2010,<br />

nehmen am Literaturfestival<br />

Poetica in Köln teil.<br />

Mathias Énard, Fellow 2013 und<br />

Prix-Goncourt-Preisträger, ist<br />

der 13. Friedrich Dürrenmatt-<br />

Gastprofessor für Weltliteratur<br />

der Universität Bern.<br />

Georgi Gospodinov,<br />

Fellow 2008, ist Gast im<br />

<strong>Berliner</strong> Wissenschaftskolleg.<br />

Film<br />

Queen Lear von Pelin Esmer,<br />

Fellow 2018, erhält eine<br />

Nominierung für den besten<br />

Dokumentarfilm beim SEEfest<br />

<strong>2020</strong> in Los Angeles.<br />

Mangrove und Lovers Rock von<br />

Steve McQueen, Fellow 1999,<br />

werden für den Wettbewerb des<br />

Festival de Cannes ausgewählt.<br />

Marie Losier, Fellow 2013, wird<br />

in die Dokumentarfilmpreis-<br />

Jury der Berlinale berufen.<br />

Karim Aïnouz, Fellow 2004,<br />

präsentiert auf der Berlinale<br />

die Dokumentation Nardjes A.<br />

A House in the Country von<br />

Davi Pretto, Fellow 2018, wird<br />

für den Berlinale Co-Production<br />

Market <strong>2020</strong> ausgewählt.<br />

Athina Rachel Tsangari,<br />

Fellow 2017, präsentiert auf<br />

der Berlinale ihr Serienprojekt<br />

Trigonometry.<br />

Akram Zaatari, Fellow 2010,<br />

präsentiert auf der Berlinale<br />

im Rahmen von Forum Expanded<br />

seinen Film Al-Houbut.<br />

Salomé Lamas, Fellow 2014,<br />

nimmt mit Terra de Ninguém /<br />

No Man‘s Land an der Berlinale<br />

teil.<br />

Felipe Bragança, Fellow 2014,<br />

nimmt mit A Yellow Animal<br />

beim International Film Festival<br />

Rotterdam teil.<br />

Salomé Lamas, Fellow 2014,<br />

ist mit dem Filmessay Extinction,<br />

Nelson Carlo De Los Santos<br />

Arias, Fellow 2019, mit dem<br />

Spielfilm Cocote beim Festival<br />

Frames of Representation am<br />

ICA London vertreten.<br />

Mahdi Fleifel, Fellow 2017,<br />

erhält bei den Vienna Shorts<br />

den Vienna Shorts Film Award<br />

für 3 Logical Exits.<br />

Mira Fornay, Fellow 2016,<br />

ist Jurymitglied des Sofia<br />

International Film Festivals.<br />

Kunst<br />

Ayşe Erkmen, Fellow 1993,<br />

erhält den Ernst Franz<br />

Vogelmann-Preis für Skulptur.<br />

Alfredo Jaar, Fellow 1990,<br />

wird mit dem Hasselblad<br />

Foundation International Award<br />

in Photography ausgezeichnet.<br />

Janet Cardiff, Fellow 2000,<br />

und George Bures Miller erhalten<br />

den Wilhelm-Lehmbruck-<br />

Preis der Stadt Duisburg und<br />

des Landschaftsverbandes<br />

Rheinland.<br />

Runo Lagomarsino, Fellow 2019,<br />

erhält den Friends of Moderna<br />

Museet Sculpture Prize in<br />

Stockholm.<br />

Bani Abidi, Fellow 2011,<br />

wird für den Kunstpreis der<br />

Böttcherstraße in Bremen<br />

<strong>2020</strong> nominiert.<br />

Ibrahim Mahama, Fellow 2017,<br />

nimmt an der Biennale of<br />

Sydney teil.<br />

Ashley Hans Scheirl,<br />

Fellow 2018, wird ausgewählt,<br />

Österreich auf der Biennale di<br />

Venezia 2021 zu vertreten.<br />

Stan Douglas, Fellow 1994,<br />

wird ausgewählt, Kanada auf<br />

der Biennale di Venezia 2021<br />

zu vertreten.<br />

Osías Yanov, Fellow <strong>2020</strong>,<br />

nimmt an der Berlin Biennale teil.<br />

Mathieu Kleyebe Abonnenc,<br />

Fellow 2019, nimmt an der<br />

Manifesta in Marseille teil.<br />

Judy Radul, Fellow 2012, nimmt<br />

an der Gwangju Biennale teil.<br />

Ho Tzu Nyen, Fellow 2014,<br />

präsentiert die Videoinstallation<br />

No Man II im Rahmen der Wiener<br />

Festwochen.<br />

Edith Dekyndt, Fellow 2015,<br />

Bethan Huws, Fellow 2007,<br />

und Per Kirkeby, Fellow 1982,<br />

sind mit Arbeiten bei der zehnten<br />

Ausgabe der KölnSkulptur<br />

vertreten.<br />

Rossella Biscotti, Fellow 2018,<br />

erhält ein Stipendium der<br />

Graham Foundation.<br />

Musik<br />

Die österreichische Komponistin<br />

Olga Neuwirth, Fellow 1996,<br />

erhält den Robert Schumann-<br />

Preis für Dichtung und Musik<br />

<strong>2020</strong>.<br />

Yair Klartag, Fellow 2017,<br />

erhält den Henri Lazarof<br />

International Commission Prize.<br />

Das PreisträgerInnenkonzert<br />

Together Games von<br />

Ashley Fure, Fellow 2018,<br />

sowie die Auftragsarbeit … like<br />

dissolving ancient amber and<br />

letting a trapped insect fly away<br />

von Turgut Erçetin, Fellow 2016,<br />

werden beim ECLAT Festival<br />

Neue Musik Stuttgart aufgeführt.<br />

Ondřej Adámek, Fellow 2011,<br />

präsentiert das Auftragswerk<br />

Seven Stones beim Festival<br />

d‘Aix-en-Provence.<br />

Ashley Fure, Fellow 2018, erhält<br />

den 64. Kompositionspreis der<br />

Landeshauptstadt Stuttgart.<br />

Clara Iannotta, Fellow 2013,<br />

und Mirela Ivičević, Fellow 2019,<br />

nehmen am Ultraschall-Festival,<br />

Berlin, teil.<br />

Yair Klartag, Fellow 2017,<br />

Olga Neuwirth, Fellow 1996,<br />

und Christian Wolff, Fellow 1974,<br />

steuern Uraufführungen bei<br />

für die Münchener Biennale –<br />

Festival für neues Musiktheater.<br />

sergey kasich, Fellow 2019,<br />

nimmt am CTM Festival in<br />

Berlin teil.<br />

106


Awards and Honors 2019/20<br />

Literature<br />

Peter Handke, fellow 1968,<br />

and Olga Tokarczuk, fellow 2001,<br />

were awarded the Nobel Prize<br />

for Literature in 2019 and 2018,<br />

respectively.<br />

Amir Hassan Cheheltan’s<br />

The Circle of Literature Lovers,<br />

fellow 2009, received the<br />

International Literature Prize<br />

from the Haus der Kulturen<br />

der Welt.<br />

Cees Nooteboom, fellow 1989,<br />

was awarded the Spanish literary<br />

award Premio Formentor de las<br />

Letras.<br />

László F. Földényi, fellow 1988,<br />

received the Leipzig Book Prize<br />

for European Understanding for<br />

In Praise of Melancholy.<br />

Erik Lindner, fellow 2012,<br />

Sergio Raimondi, fellow 2018,<br />

and Serhij Zhadan, fellow 2010,<br />

took part in the Poetica Festival<br />

for World Literature in Cologne.<br />

Mathias Énard, fellow 2013<br />

and Prix Goncourt prize winner,<br />

became the thirteenth Friedrich<br />

Dürrenmatt Guest Professor for<br />

World Literature at the University<br />

of Bern.<br />

Georgi Gospodinov, fellow<br />

2008, was a guest at the<br />

Wissenschaftskolleg in Berlin.<br />

Film<br />

Queen Lear by Pelin Esmer,<br />

fellow 2018, received a<br />

nomination for best documentary<br />

at SEEfest <strong>2020</strong> in Los Angeles.<br />

Mangrove and Lovers Rock by<br />

Steve McQueen, fellow 1999,<br />

was selected for competition<br />

at the Festival de Cannes.<br />

Marie Losier, fellow 2013,<br />

was appointed to the Berlinale<br />

Documentary Film Award Jury.<br />

Karim Aïnouz, fellow 2004,<br />

presented the documentary<br />

Nardjes A at the Berlinale.<br />

A House in the Country by<br />

Davi Pretto, fellow 2018, was<br />

selected for the Berlinale<br />

Co-Production Market <strong>2020</strong>.<br />

Athina Rachel Tsangari,<br />

fellow 2017, presented her series<br />

project Trigonometry at the<br />

Berlinale.<br />

Akram Zaatari, fellow 2010,<br />

presented his film Al-Houbut<br />

at the Berlinale in the Forum<br />

Expanded program.<br />

Salomé Lamas, fellow 2014,<br />

participated in the Berlinale with<br />

Terra de Ninguém / No Man’s<br />

Land.<br />

Felipe Bragança, fellow 2014,<br />

took part in the International Film<br />

Festival Rotterdam with A Yellow<br />

Animal.<br />

Salomé Lamas, fellow 2014,<br />

was represented at the Frames<br />

of Representation film festival<br />

at ICA London with the filmic<br />

essay Extinction, and Nelson<br />

Carlo De Los Santos Arias,<br />

fellow 2019, was represented<br />

with the feature film Cocote.<br />

Mahdi Fleifel, fellow 2017,<br />

received the Vienna Shorts Film<br />

Award for 3 Logical Exits at the<br />

Vienna Shorts Film Festival.<br />

Mira Fornay, fellow 2016, was<br />

a jury member for the Sofia<br />

International Film Festival.<br />

Visual Art<br />

Ayşe Erkmen, fellow 1993,<br />

was awarded the Ernst Franz<br />

Vogelmann Prize for Sculpture.<br />

Alfredo Jaar, fellow 1990,<br />

received the Hasselblad<br />

Foundation International<br />

Award in Photography.<br />

Janet Cardiff, fellow 2000,<br />

and George Bures Miller received<br />

the Wilhelm Lehmbruck Prize<br />

from the City of Duisburg and<br />

the Rhineland Regional Council.<br />

Runo Lagomarsino, fellow 2019,<br />

received the Friends of Moderna<br />

Museet Sculpture Prize in<br />

Stockholm.<br />

Bani Abidi, fellow 2011, was<br />

nominated for the Art Prize of<br />

Böttcherstraße in Bremen <strong>2020</strong>.<br />

Ibrahim Mahama, fellow 2017,<br />

took part in the Biennale of<br />

Sydney.<br />

Ashley Hans Scheirl, fellow<br />

2018, was selected to represent<br />

Austria at the Biennale di<br />

Venezia 2021.<br />

Stan Douglas, fellow 1994, was<br />

selected to represent Canada at<br />

the 2021 Venice Biennale.<br />

Osías Yanov, fellow <strong>2020</strong>,<br />

took part in the Berlin Biennale.<br />

Mathieu Kleyebe Abonnenc,<br />

fellow 2019, participated in<br />

Manifesta in Marseille.<br />

Judy Radul, fellow 2012, took<br />

part in the Gwangju Biennale.<br />

Ho Tzu Nyen, fellow 2014,<br />

presented the video installation<br />

No Man II as part of the Wiener<br />

Festwochen.<br />

Edith Dekyndt, fellow 2015,<br />

Bethan Huws, fellow 2007,<br />

and Per Kirkeby, fellow 1982,<br />

were represented with works at<br />

the tenth edition of KölnSkulptur.<br />

Rossella Biscotti, fellow 2018,<br />

received a grant from the<br />

Graham Foundation.<br />

Music<br />

Austrian composer<br />

Olga Neuwirth, fellow 1996,<br />

received the Robert Schumann<br />

Prize for Poetry and Music <strong>2020</strong>.<br />

Yair Klartag, fellow 2017, was<br />

awarded the Henri Lazarof<br />

International Commission Prize.<br />

The winning concert Together<br />

Games by Ashley Fure,<br />

fellow 2018, as well as the<br />

commissioned work… like<br />

dissolving ancient amber and<br />

letting a trapped insect fly away<br />

by Turgut Erçetin, fellow 2016,<br />

were performed at the ECLAT<br />

Festival Neue Musik Stuttgart.<br />

Ondřej Adámek, fellow 2011,<br />

presented the commissioned<br />

work Seven Stones at the<br />

Festival d‘Aix-en-Provence.<br />

Ashley Fure, fellow 2018,<br />

received the 64th Composition<br />

Prize from the City of Stuttgart.<br />

Clara Iannotta, fellow 2013,<br />

and Mirela Ivičević, fellow 2019,<br />

took part in the Ultrasound<br />

Festival, Berlin.<br />

Yair Klartag, fellow 2017,<br />

Olga Neuwirth, fellow 1996,<br />

and Christian Wolff, fellow 1974,<br />

co-premiered works at the<br />

Munich Biennale Festival for<br />

New Music Theater.<br />

sergey kasich, fellow 2019, took<br />

part in CTM Festival in Berlin.<br />

107


Alumni 1963-2019<br />

2019<br />

Bildende Kunst / Visual Arts<br />

Pierre Bismuth Frankreich/Belgien<br />

France/Belgium<br />

Burak Delier Türkei Turkey<br />

Ieva Epnere Lettland Latvia<br />

Edi Hila Albanien Albania<br />

Mathieu Kleyebe Abonnenc<br />

Französisch-Guayana/Frankreich<br />

French Guiana/France<br />

Runo Lagomarsino Schweden/<br />

Brasilien Sweden/Brazil<br />

Film<br />

Manuel Abramovich<br />

Argentinien Argentina<br />

Nelson Carlos de los Santos Arias<br />

Dominikanische Republik<br />

Dominican Republic<br />

Ralitza Petrova Bulgarien Bulgaria<br />

Literatur / Literature<br />

Ghayath Almadhoun<br />

Palästina/Syrien/Schweden<br />

Palestine/Syria/Sweden<br />

Don Mee Choi Südkorea/USA<br />

South Korea/USA<br />

Nicoleta Esinencu<br />

Moldawien Moldova<br />

Tom McCarthy Großbritannien/<br />

Europäische Union<br />

UK/European Union<br />

Madame Nielsen Dänemark<br />

Denmark<br />

Alan Pauls Argentinien Argentina<br />

Musik / Music<br />

Mirela Ivičević Kroatien Croatia<br />

Sergey Kasich Russland Russia<br />

Matana Roberts USA USA<br />

2018<br />

Bildende Kunst / Visual Arts<br />

Biscotti, Rossella Italien Italy<br />

Ho Rui An Singapur Singapore<br />

Maljković, David Kroatien Croatia<br />

Rungjang, Arin Thailand Thailand<br />

Scheirl, Ashley Hans<br />

Österreich Austria<br />

Spínola, Julia Spanien Spain<br />

Film<br />

Esmer, Pelin Türkei Turkey<br />

Pretto, Davi Brasilien Brazil<br />

Viana, João Portugal Portugal<br />

Literatur / Literature<br />

Florian, Filip Rumänien Romania<br />

Mungan, Murathan Türkei Turkey<br />

Ortuño, Antonio Mexiko Mexico<br />

Raimondi, Sergio Argentinien<br />

Argentina<br />

Ristović, Ana Serbien Serbia<br />

Różycki, Tomasz Polen Poland<br />

Musik / Music<br />

Fure, Ashley USA USA<br />

Gutiérrez, Carlos Bolivien Bolivia<br />

Ting, Liping Taiwan Taiwan<br />

2017<br />

Bildende Kunst / Visual Arts<br />

Abu Hamdan, Lawrence<br />

Libanon Lebanon<br />

Díaz Polanco, Wilson<br />

Kolumbien Colombia<br />

Issa, Iman Ägypten/USA<br />

Egypt/USA<br />

Magor, Liz Kanada Canada<br />

Mahama, Ibrahim Mohammed<br />

Ghana Ghana<br />

Margolles, Teresa Mexiko Mexico<br />

Film<br />

Fleifel, Mahdi Palästina/Dänemark<br />

Palestine/Denmark<br />

Rodrigues, João Pedro<br />

Portugal Portugal<br />

Tsangari, Athina Rachel<br />

Griechenland Greece<br />

Literatur / Literature<br />

Gappah, Petina Simbabwe<br />

Zimbabwe<br />

Jian, Ma VR China/<br />

Großbritannien China/<br />

United Kingdom<br />

Meruane, Lina Chile Chile<br />

Smilevski, Goce<br />

Mazedonien Macedonia<br />

Tengour, Habib Algerien Algeria<br />

Yang, Jeffrey USA USA<br />

Musik / Music<br />

Bumšteinas, Arturas<br />

Litauen Lithuania<br />

Calvo, Charo Spanien Spain<br />

Eastley, Max Großbritannien<br />

United Kingdom<br />

Klartag, Yair Israel Israel<br />

2016<br />

Bildende Kunst / Visual Arts<br />

Auder, Michel Frankreich France<br />

Cennetoğlu, Banu Türkei Turkey<br />

Lim, Minouk Südkorea South Korea<br />

Metwaly, Jasmina & Rizk, Philip<br />

Ägypten/Polen Egypt/Poland<br />

Ramírez-Figueroa, Naufus<br />

Guatemala Guatemala<br />

Tabet, Rayyane Libanon Lebanon<br />

Film<br />

Essafi, Ali Marokko Morocco<br />

Fornay, Mira Slowakei Slowakia<br />

Salhab, Ghassan Libanon<br />

Lebanon<br />

Literatur / Literature<br />

Bousselmi, Meriam<br />

Tunesien Tunisia<br />

Laor, Yitzhak Israel Israel<br />

Madzirov, Nikola<br />

Mazedonien Macedonia<br />

Reybrouck, David van<br />

Belgien Belgium<br />

Sajko, Ivana Kroatien Croatia<br />

Wainaina, Binyavanga<br />

Kenia Kenya<br />

Musik / Music<br />

Bailie, Joanna Großbritannien<br />

United Kingdom<br />

Erçetin, Turgut Türkei Turkey<br />

Yan Jun VR China China<br />

2015<br />

Bildende Kunst / Visual Arts<br />

Atkins, Ed Großbritannien<br />

United Kingdom<br />

Dekyndt, Edith Belgien Belgium<br />

Kim, Sung Hwan Südkorea<br />

South Korea<br />

Kovanda, Jiří Tschechische<br />

Republik Czech Republic<br />

Spong, Sriwhana<br />

Neuseeland New Zealand<br />

Trinh Thi, Nguyen Vietnam<br />

Vietnam<br />

Film<br />

Bekolo, Jean-Pierre<br />

Kamerun Cameroon<br />

Campolina, Clarissa<br />

Brasilien Brazil<br />

Raheb, Eliane Libanon Lebanon<br />

Literatur / Literature<br />

Bán, Zsófia Ungarn Hungary<br />

Bator, Joanna Polen Poland<br />

Chaves, Luis Costa Rica<br />

Costa Rica<br />

Hinsey, Ellen USA/Frankreich<br />

USA/France<br />

Jones, Lloyd Neuseeland<br />

New Zealand<br />

Olsen, Lance USA USA<br />

Musik / Music<br />

Filidei, Francesco Italien Italy<br />

Kerbaj, Mazen Libanon Lebanon<br />

Power, Karen Irland Ireland<br />

2014<br />

Bildende Kunst / Visual Arts<br />

Kasemkitvatana, Chitti<br />

Thailand Thailand<br />

Marie Cool Fabio Balducci<br />

Frankreich/Italien France/Italy<br />

Ogboh, Emeka Nigeria Nigeria<br />

Tzu Nyen, Ho Singapur Singapore<br />

van Oldenborgh, Wendelien<br />

Niederlande Netherlands<br />

Xiaohu Zhou VR China China<br />

Film<br />

Fliegauf, Bence Ungarn Hungary<br />

Lamas, Salomé Portugal Portugal<br />

Marins Jr., Helvécio Brasilien Brazil<br />

Literatur / Literature<br />

Alloula, Malek Algerien Algeria<br />

Brassinga, Anneke<br />

Niederlande Netherlands<br />

Burnside, John Großbritannien<br />

United Kingdom<br />

Jones, Gail Australien Australia<br />

Malna, Afrizal Indonesien<br />

Indonesia<br />

Naudé, Charl-Pierre<br />

Südafrika South Africa<br />

Musik / Music<br />

Budón, Osvaldo Argentinien/<br />

Uruguay Argentina/Uruguay<br />

Korabiewski, Konrad Dänemark/<br />

Polen Denmark/Poland<br />

Parkins, Zeena USA USA<br />

Pelzel, Michael Schweiz<br />

Switzerland<br />

2013<br />

Bildende Kunst / Visual Arts<br />

Bronson, AA Kanada Canada<br />

Gowda, Sheela Indien India<br />

Nkanga, Otobong Nigeria Nigeria<br />

Richards, James Großbritannien<br />

United Kingdom<br />

Takamine, Tadasu Japan Japan<br />

Ter-Oganyan, David<br />

Russland Russia<br />

108


Film<br />

Aguilar, Sandro Portugal Portugal<br />

Bragança, Felipe Brasilien Brazil<br />

Losier, Marie USA USA<br />

Literatur / Literature<br />

Énard, Mathias Frankreich France<br />

Habila, Helon Nigeria Nigeria<br />

Herliany, Dorothea Rosa<br />

Indonesien Indonesia<br />

Krog, Antjie Südafrika<br />

South Africa<br />

Ostashevsky, Eugene USA USA<br />

Prieto, José Manuel Kuba Cuba<br />

Musik / Music<br />

Filanovsky, Boris Russland Russia<br />

Iannotta, Clara Italien Italy<br />

Torvund, Øyvind Norwegen Norway<br />

2012<br />

Bildende Kunst / Visual Arts<br />

Bodzianowski, Cezary<br />

Polen Poland<br />

Caycedo, Carolina Kolumbien/<br />

Großbritannien Colombia/<br />

United Kingdom<br />

Eshetu, Theo Äthiopien/Italien<br />

Ethiopia/Italy<br />

Harsha, N S Indien India<br />

Radul, Judy Kanada Canada<br />

Rose, Tracey Südafrika<br />

South Africa<br />

Film<br />

Guo, Xiaolu VR China/<br />

Großbritannien<br />

China/United Kingdom<br />

Khalili, Bouchra Marokko/<br />

Frankreich Morocco/France<br />

Lelio, Sebastián Chile Chile<br />

Literatur / Literature<br />

Jha, Raj Kamal Indien India<br />

Liao Yiwu VR China China<br />

Lindner, Erik Niederlande<br />

Netherlands<br />

Schischkin, Michail Russland/<br />

Schweiz Russia/Switzerland<br />

Schweblin, Samanta<br />

Argentinien Argentina<br />

Venclova, Tomas Litauen/USA<br />

Lithuania/USA<br />

Musik / Music<br />

Adachi, Tomomi Japan Japan<br />

Bång, Malin Schweden Sweden<br />

Kampela, Arthur Brasilien Brazil<br />

Martínez, Israel Mexiko Mexico<br />

Film<br />

Farhadi, Asghar Iran Iran<br />

Kogut, Sandra Brasilien Brazil<br />

Mograbi, Avi Israel Israel<br />

Rudnizkaja, Alina Russland Russia<br />

Literatur / Literature<br />

Alexijewitsch, Swetlana<br />

Weißrussland Belarus<br />

Babstock, Ken Kanada Canada<br />

Carvalho, Bernardo<br />

Brasilien Brazil<br />

Chirikure, Chirikure<br />

Simbabwe Zimbabwe<br />

Hage, Rawi Libanon/Kanada<br />

Lebanon/Canada<br />

Tyrewala, Altaf Indien India<br />

Musik / Music<br />

Adámek, Ondřej Tschechische<br />

Republik Czech Republic<br />

Cusack, Peter Großbritannien<br />

United Kingdom<br />

Nas, Mayke Niederlande<br />

Netherlands<br />

2010<br />

Bildende Kunst / Visual Arts<br />

Bornstein, Jennifer USA USA<br />

Cruzvillegas, Abraham<br />

Mexiko Mexico<br />

Donnelly, Trisha USA USA<br />

Geiger, Marcus Schweiz<br />

Switzerland<br />

Junceau, Brandt USA USA<br />

Téllez, Javier Venezuela Venezuela<br />

Film<br />

Gray, Bradley Rust USA USA<br />

Zaatari, Akram Libanon Lebanon<br />

Literatur / Literature<br />

Dalembert, Louis-Philippe<br />

Haiti/Frankreich Haiti/France<br />

Gavron, Assaf Israel Israel<br />

Golynko, Dmitri Russland Russia<br />

Kaygusuz, Sema Türkei Turkey<br />

Kemény, István Ungarn Hungary<br />

Sjón Island Iceland<br />

Zhadan, Serhij Ukraine Ukraine<br />

Musik / Music<br />

Makino, Yutaka Japan Japan<br />

Pattar, Frédéric Frankreich France<br />

Steen-Andersen, Simon<br />

Dänemark Denmark<br />

2009<br />

Literatur / Literature<br />

Cheheltan, Amir Hassan Iran Iran<br />

Iuga, Nora Rumänien Romania<br />

Khemiri, Jonas Hassen<br />

Schweden/Tunesien<br />

Sweden/Tunisia<br />

Kuczok, Wojciech Polen Poland<br />

Masłowska, Dorota Polen Poland<br />

Ramos, Pablo<br />

Argentinien Argentina<br />

Musik / Music<br />

Bianchi, Oscar Schweiz/Italien<br />

Switzerland/Italy<br />

DeMarinis, Paul USA USA<br />

Kim, Suk-Jun Korea Korea<br />

Toledo, Marcelo Argentinien<br />

Argentina<br />

2008<br />

Bildende Kunst / Visual Arts<br />

Allora, Jennifer & Calzadilla,<br />

Guillermo USA/Puerto Rico<br />

USA/Puerto Rico<br />

Andrade Tudela, Armando<br />

Peru Peru<br />

Brzeżańska, Agnieszka<br />

Polen Poland<br />

Collins, Phil Großbritannien<br />

United Kingdom<br />

Šedá, Kateřina Tschechische<br />

Republik Czech Republic<br />

Shkololli, Erzen Kosovo Kosovo<br />

Film<br />

Extremera Martinez, Jose Luis<br />

Spanien Spain<br />

Hong, James T. Taiwan/USA<br />

Taiwan/USA<br />

Morelli, Carlos A. Uruguay Uruguay<br />

Literatur / Literature<br />

Gospodinov, Georgi Bulgarien<br />

Bulgaria<br />

Haddad, Qassim Bahrain Bahrain<br />

Hawkey, Christian USA USA<br />

Lapcharoensap, Rattawut<br />

Thailand/USA Thailand/USA<br />

Nagarkar, Kiran Indien India<br />

Topol, Jáchym Tschechische<br />

Czech Republic<br />

Musik / Music<br />

Gobeil, Gilles Kanada Canada<br />

Kourliandski, Dmitri<br />

Russland Russia<br />

Suppan, Wolfgang<br />

Österreich Austria<br />

Sabu Japan Japan<br />

Torossian, Gariné Libanon Lebanon<br />

Literatur / Literature<br />

Bartis, Attila Rumänien/Ungarn<br />

Romania/Hungary<br />

Fadanelli, Guillermo Mexiko Mexico<br />

Rasanaŭ, Ales Weißrussland<br />

Belarus<br />

Sommer, Piotr Polen Poland<br />

Vorpsi, Ornela Albanien Albania<br />

Wajsbrot, Cécile Frankreich<br />

France<br />

Musik / Music<br />

An Chengbi VR China China<br />

Henderson, Douglas B. USA USA<br />

Lim, Liza Australien Australia<br />

Maïda, Clara Frankreich France<br />

2006<br />

Andere Künste / Other Arts<br />

Božić, Saša Kroatien Croatia<br />

Laub, Michel Belgien Belgium<br />

Sančanin, Zeljka Kroatien Croatia<br />

Bildende Kunst / Visual Arts<br />

Adeagbo, Georges Benin Benin<br />

Bajević, Maja Bosnien-<br />

Herzegowina/Frankreich<br />

Bosnia-Herzegovina/France<br />

Ben-Ner, Guy Israel/USA<br />

Israel/USA<br />

Ortega, Damián Mexiko Mexico<br />

Rooij, Willem de Niederlande<br />

Netherlands<br />

Tomić, Milica Serbien Serbia<br />

van Kerckhoven, Anne-Mie<br />

Belgien Belgium<br />

Film<br />

Fenz, Robert USA USA<br />

Grant, Brendan Irland Ireland<br />

Reibenbach, Tsipi Israel Israel<br />

Rony, Sasson Israel Israel<br />

Literatur / Literature<br />

Abad, Héctor Kolumbien<br />

Colombia<br />

Ališanka, Eugenijus Litauen<br />

Lithuania<br />

Drakulić, Slavenka Kroatien/<br />

Schweden Croatia/Sweden<br />

Végel, László Serbien/Ungarn<br />

Serbia/Hungary<br />

Vörös, István Ungarn Hungary<br />

Waberi, Abdourahman<br />

Dschibuti/Frankreich<br />

Djibouti/France<br />

2011<br />

Bildende Kunst / Visual Arts<br />

Abidi, Bani Pakistan Pakistan<br />

Castillo Deball, Mariana<br />

Mexiko Mexico<br />

Dueñas, Danilo Kolumbien<br />

Colombia<br />

Mona Vătămanu & Florin Tudor<br />

Rumänien Romania<br />

Rosler, Martha USA USA<br />

Toufic, Jalal Irak/Libanon<br />

Iraq/Lebanon<br />

Bildende Kunst / Visual Arts<br />

Gaillard, Cyprien<br />

Frankreich France<br />

Lee, Tim Kanada Canada<br />

Mitchell, Dane Neuseeland<br />

New Zealand<br />

Sietsema, Paul USA USA<br />

Suh, Do-Ho Korea Korea<br />

Film<br />

Butikaschwili, Temur<br />

Georgien Georgia<br />

Cockburn, Daniel Kanada Canada<br />

Hager, Dalia Israel Israel<br />

2007<br />

Bildende Kunst / Visual Arts<br />

Huws, Bethan Großbritannien<br />

United Kingdom<br />

Kamerić, Šejla Bosnien-<br />

Herzegowina Bosnia-Herzegovina<br />

Olowska, Paulina Polen Poland<br />

Ondák, Roman Slowakei Slowakia<br />

Sikander, Shahzia Pakistan Pakistan<br />

Zmijewski, Artur Polen Poland<br />

Film<br />

Gomes, Marcelo Brasilien Brazil<br />

Musik / Music<br />

Azguime, Miguel Portugal<br />

Portugal<br />

Bauer, Martin Argentinien<br />

Argentina<br />

Gadenstätter, Clemens<br />

Österreich Austria<br />

Gervasoni, Stefano Italien Italy<br />

Mantler, Michael Österreich<br />

Austria<br />

Normandeau, Robert<br />

Kanada Canada<br />

Schumacher, Michael J.<br />

USA USA<br />

109


2005<br />

Andere Künste / Other Arts<br />

Burnaschew, Taras<br />

Russland Russia<br />

Busowkina, Darja Russland Russia<br />

Shchetnev, Nikolay Russland Russia<br />

Bildende Kunst / Visual Arts<br />

Braila, Pavel Moldau Moldova<br />

Dockx, Nico Belgien Belgium<br />

Iveković, Sanja Kroatien Croatia<br />

Mirra, Helen USA USA<br />

Narkevicius, Deimantas<br />

Litauen Lithuania<br />

Torfs, Ana Belgien Belgium<br />

Film<br />

Enyedi, Ildikó Ungarn Hungary<br />

Goss, Jacqueline USA USA<br />

Ismailova, Saodat Usbekistan<br />

Uzbekistan<br />

Literatur / Literature<br />

Andruchowytsch, Juri Ukraine<br />

Ukraine<br />

Anjel, Memo Kolumbien Colombia<br />

Christensen, Inger Dänemark<br />

Denmark<br />

Šteger, Aleš Slowenien Slowenia<br />

Sweeney, Matthew Irland Ireland<br />

Teixeira, Paulo Portugal Portugal<br />

Musik / Music<br />

Andre, Mark Frankreich France<br />

Djambazov, Vladimir Bulgarien<br />

Bulgaria<br />

Endo, Takumi Japan Japan<br />

Ronchetti, Lucia Italien Italy<br />

Toeplitz, Kasper T. Polen Poland<br />

2004<br />

Andere Künste / Other Arts<br />

Pelmus, Manuel Rumänien<br />

Romania<br />

Wehbi, Emilio García Argentinien<br />

Argentina<br />

Bildende Kunst / Visual Arts<br />

Chichkan, Iliya Ukraine Ukraine<br />

Sala, Anri Albanien/Frankreich<br />

Albania/France<br />

Shimabuku Japan Japan<br />

Sullivan, Catherine USA USA<br />

Xu Tan VR China China<br />

Yacoub, Paola & Lasserre, Michel<br />

Libanon/Frankreich<br />

Lebanon/France<br />

Film<br />

Aïnouz, Karim Brasilien Brazil<br />

Galan Julve, Celia Spanien Spain<br />

Lou Ye VR China China<br />

Literatur / Literature<br />

Bănulescu, Daniel Rumänien<br />

Romania<br />

Borkovec, Petr Tschechische<br />

Republik Czech Republic<br />

Celati, Gianni Italien Italy<br />

Feng Li VR China China<br />

Michalopoulou, Amanda<br />

Griechenland Greece<br />

Tolnai, Ottó Ungarn Hungary<br />

Musik / Music<br />

di Scipio, Agostino Italien Italy<br />

Imai, Shintaro Japan Japan<br />

Kotik, Petr USA USA<br />

Walshe, Jennifer Irland Ireland<br />

2003<br />

Andere Künste / Other Arts<br />

Gelabert, Cesc Spanien Spain<br />

Bildende Kunst / Visual Arts<br />

Buckingham, Matthew USA USA<br />

Cuevas, Minerva Mexiko Mexico<br />

Hatoum, Mona Palästina/<br />

Großbritannien Palestine/United<br />

Kingdom<br />

Herrera, Arturo Venezuela/USA<br />

Venezuela/USA<br />

Kozyra, Katarzyna Polen Poland<br />

Penalva, João Portugal/<br />

Großbritannien Portugal/United<br />

Kingdom<br />

Film<br />

Bargur, Ayelet Israel Israel<br />

Hess, Anne-Marie USA USA<br />

Siegel, Amie USA USA<br />

Literatur / Literature<br />

Gürsel, Nedim Türkei/Frankreich<br />

Turkey/France<br />

Lins, Paulo Brasilien Brazil<br />

Šalamun, Tomaž Slowenien<br />

Slowenia<br />

Szijj, Ferenc Ungarn Hungary<br />

Toscana, David Mexiko Mexico<br />

van den Boogaard, Oscar<br />

Niederlande Netherlands<br />

Vera, Yvonne Simbabwe<br />

Zimbabwe<br />

Musik / Music<br />

Gál, Bernhard Österreich Austria<br />

Hervé, Jean-Luc Frankreich France<br />

Shin, Soo-Jung Südkorea<br />

South Korea<br />

2002<br />

Bildende Kunst / Visual Arts<br />

Bhimji, Zarina Uganda/<br />

Großbritannien Uganda/<br />

United Kingdom<br />

Claerbout, David Belgien Belgium<br />

Eriksson, Annika Schweden<br />

Sweden<br />

Hiller, Susan USA USA<br />

Roberts, Liisa Finnland Finland<br />

Zinny, Dolores & Maidagan, Juan<br />

Argentinien Argentina<br />

Film<br />

Comforty, Jacob (Jacky)<br />

Israel Israel<br />

Lee, Helen Kanada/Korea<br />

Canada/Korea<br />

Literatur / Literature<br />

Arzola, Jorge Luis Kuba Cuba<br />

Giralt Torrente, Marcos<br />

Spanien Spain<br />

Lang, Zsolt Rumänien/Ungarn<br />

Romania/Hungary<br />

Pelewin, Viktor Russland<br />

Russia<br />

Rosa Mendes, Pedro<br />

Portugal Portugal<br />

Tschertschessow, Alan<br />

Russland Russia<br />

Musik / Music<br />

Blondeau, Thierry<br />

Frankreich France<br />

Dafeldecker, Werner<br />

Österreich Austria<br />

Orts, José Antonio Spanien Spain<br />

Witzthum, Emmanuel Israel Israel<br />

2001<br />

Bildende Kunst / Visual Arts<br />

Althamer, Pawel Polen Poland<br />

Graham, Rodney Kanada Canada<br />

Ligon, Glenn Ägypten Egypt<br />

Mik, Arnout Niederlande<br />

Netherlands<br />

Sidén, Ann-Sofi Schweden<br />

Sweden<br />

Tan, Fiona Australien Australia<br />

Wallinger, Mark Großbritannien<br />

United Kingdom<br />

Film<br />

Nerwen, Diane USA USA<br />

Ustaoğlu, Yeşim Türkei Turkey<br />

Verow, Todd USA USA<br />

Literatur / Literature<br />

Agualusa, José Eduardo<br />

Angola Angola<br />

Cărtărescu, Mircea<br />

Rumänien Romania<br />

Hamilton, Hugo Irland Ireland<br />

Parti Nagy, Lajos Ungarn Hungary<br />

Tokarczuk, Olga Polen Poland<br />

Velikić, Dragan Jugoslawien<br />

Yugoslavia<br />

Musik / Music<br />

Barrett, Richard Großbritannien<br />

United Kingdom<br />

Lévy, Fabien Frankreich France<br />

Qu Xiao-Song VR China China<br />

Suzuki, Kotoka Japan Japan<br />

2000<br />

Bildende Kunst / Visual Arts<br />

Cardiff, Janet Kanada Canada<br />

Dean, Tacita Großbritannien<br />

United Kingdom<br />

Devlin, Lucinda USA USA<br />

Huyghe, Pierre Frankreich France<br />

Janssens, Ann Veronica<br />

Belgien Belgium<br />

Tottie, Sophie Schweden Sweden<br />

Film<br />

Hong Hyung-Sook<br />

Südkorea South Korea<br />

Peña, Franco de Venezuela<br />

Venezuela<br />

Raven, Lise USA USA<br />

Literatur / Literature<br />

Darvasi, László Ungarn Hungary<br />

Franz, Carlos Chile Chile<br />

Kárason, Einar Island Iceland<br />

Métail, Michèle Frankreich France<br />

Zhai Yongming VR China China<br />

Musik / Music<br />

Fullman, Ellen USA USA<br />

Osborn, Ed USA USA<br />

Verandi, Mario Argentinien/<br />

Großbritannien Argentina/<br />

United Kingdom<br />

1999<br />

Bildende Kunst / Visual Arts<br />

Ahtila, Eija-Liisa Finnland<br />

Finland<br />

Doherty, Willie Nordirland<br />

Northern Ireland<br />

Lockhart, Sharon USA USA<br />

McBride, Rita USA USA<br />

McQueen, Steve Großbritannien<br />

United Kingdom<br />

Valldosera, Eulália Spanien Spain<br />

Vincourova, Katerina<br />

Tschechische Republik Czech<br />

Republic<br />

Film<br />

Johnson, Liza USA USA<br />

Špaček, Radim Tschechische<br />

Republik Czech Republic<br />

Tsintsadze, Dito (Dimitri)<br />

Georgien Georgia<br />

Literatur / Literature<br />

Balla, Zsófia Ungarn Hungary<br />

Eugenides, Jeffrey USA USA<br />

Guerra Naranjo, Alberto<br />

Kuba Cuba<br />

Narbikova, Valeria<br />

Russland Russia<br />

Razanav, Ales<br />

Weißrussland Belarus<br />

Rico Direitinho, José<br />

Portugal Portugal<br />

Musik / Music<br />

Ali-Sade, Frangis<br />

Aserbaidschan Azerbaijan<br />

Donato, François<br />

Frankreich France<br />

Haas, Georg Friedrich<br />

Österreich Austria<br />

Kuivila, Ronald USA USA<br />

Mallik, Premkumar Indien India<br />

1998<br />

Bildende Kunst / Visual Arts<br />

Collishaw, Matt<br />

Großbritannien United Kingdom<br />

Dijkstra, Rineke Niederlande<br />

Netherlands<br />

Durham, Jimmie USA USA<br />

Lamelas, David Argentinien<br />

Argentina<br />

Wilks, Stephen Großbritannien<br />

United Kingdom<br />

Film<br />

Denis, Claire Frankreich France<br />

Giovinazzo, Buddy USA USA<br />

Traore, Nissi Joanny<br />

Burkina Faso Burkina Faso<br />

110


Literatur / Literature<br />

Bodor, Ádám Ungarn Hungary<br />

Bonassi, Fernando Brasilien Brazil<br />

Leung Ping-Kwan Hongkong<br />

Hong Kong<br />

Márton, László Ungarn Hungary<br />

Morábito, Fabio Italien/Mexiko<br />

Italy/Mexico<br />

Swartz, Richard<br />

Schweden Sweden<br />

Musik / Music<br />

Castagnoli, Giulio Italien Italy<br />

Giannotti, Stefano Italien Italy<br />

Silvestrov, Valentin<br />

Ukraine Ukraine<br />

Wishart, Trevor Großbritannien<br />

United Kingdom<br />

1997<br />

Bildende Kunst / Visual Arts<br />

Gordon, Douglas Großbritannien<br />

United Kingdom<br />

Grimonprez, Johan Belgien<br />

Belgium<br />

Medalla, David Philippinen/<br />

Großbritannien Philippines/<br />

United Kingdom<br />

Pippin, Steven Großbritannien<br />

United Kingdom<br />

Sekula, Allan USA USA<br />

van Warmerdam, Marijke<br />

Niederlande Netherlands<br />

Wisniewski, Jeffrey USA USA<br />

Film<br />

Chamidow, Tolib Tadschikistan<br />

Tajikistan<br />

Zielinski, Rafal Kanada/USA<br />

Canada/USA<br />

Literatur / Literature<br />

Fioretos, Aris Schweden Sweden<br />

Ford, Richard USA USA<br />

Nicol, Mike Südafrika South Africa<br />

Schindel, Robert Österreich<br />

Austria<br />

Vargas Llosa, Mario Peru Peru<br />

Musik / Music<br />

Auinger, Sam Österreich Austria<br />

Dhomont, Francis Frankreich/<br />

Kanada France/Canada<br />

Huber, Rupert Österreich Austria<br />

Lombardi, Luca Italien Italy<br />

Mason, Benedict Großbritannien<br />

United Kingdom<br />

1996<br />

Bildende Kunst / Visual Arts<br />

Mikhailov, Boris Ukraine Ukraine<br />

Moulene, Jean-Luc<br />

Frankreich France<br />

Phaophanit, Vong Laos/<br />

Großbritannien Laos/United<br />

Kingdom<br />

Rist, Pipilotti Schweiz<br />

Switzerland<br />

Wilson, Jane & Louise<br />

Großbritannien United Kingdom<br />

Wood, Craig Großbritannien<br />

United Kingdom<br />

Film<br />

Chudojnasarow, Bachtiar<br />

Tadschikistan Tajikistan<br />

Khudojnazarov, Bakhtiar<br />

Tadschikistan Tajikistan<br />

Perez Valdes, Fernando Kuba<br />

Cuba<br />

Rechwiaschwili, Alexandre<br />

Georgien Georgia<br />

Literatur / Literature<br />

Beatty, Paul USA USA<br />

Garaczi, László Ungarn Hungary<br />

Luik, Viivi Estland/Finnland<br />

Estonia/Finland<br />

Posthuma, Ard Niederlande<br />

Netherlands<br />

Shu Ting VR China China<br />

Steiger, Bruno Schweiz<br />

Switzerland<br />

Musik / Music<br />

Collins, Nicolas USA USA<br />

Grillo, Fernando Italien Italy<br />

Lacy, Steve USA USA<br />

Miranda, Fatima Spanien Spain<br />

Neuwirth, Olga Österreich Austria<br />

1995<br />

Bildende Kunst / Visual Arts<br />

Birkás, Ákos Ungarn Hungary<br />

Orozco, Gabriel Mexiko Mexico<br />

Samore, Sam USA USA<br />

Zittel, Andrea USA USA<br />

Film<br />

Keiller, Patrick Großbritannien<br />

United Kingdom<br />

Livingston, Jennie M. USA USA<br />

Literatur / Literature<br />

Boullosa, Carmen Mexiko Mexico<br />

Ćosić, Bora Kroatien Croatia<br />

Karahasan, Dževad Bosnien-<br />

Herzegowina Bosnia-Herzegovina<br />

Kukorelly, Endre Ungarn Hungary<br />

Magani, Mohamed Algerien<br />

Algeria<br />

Nasrin, Taslima Bangladesch<br />

Bangladesh<br />

Naum, Gellu Rumänien Romania<br />

Rifbjerg, Klaus Dänemark<br />

Denmark<br />

Musik / Music<br />

Calon, Christian Kanada/<br />

Frankreich Canada/France<br />

Clementi, Aldo Italien Italy<br />

Lundén, Peter Schweden Sweden<br />

Matej, Daniel Slowakei Slowakia<br />

Mitterer, Wolfgang Österreich<br />

Austria<br />

Morris, Lawrence D. „Butch“<br />

USA USA<br />

1994<br />

Bildende Kunst / Visual Arts<br />

Douglas, Stan Kanada Canada<br />

Frize, Bernard Frankreich France<br />

Hirst, Damien Großbritannien<br />

United Kingdom<br />

Hohenbüchler, Irene u. Christine<br />

Österreich Austria<br />

Melin, Truls Schweden Sweden<br />

Mullican, Matt USA USA<br />

Film<br />

Bodrow, Sergej Russland Russia<br />

Diaz Torres, Daniel Kuba Cuba<br />

Kwirikadse, Irakli Georgien Georgia<br />

Rjazanov, Eldar Russland Russia<br />

Literatur / Literature<br />

Duo, Duo VR China China<br />

Kapuściński, Ryszard<br />

Polen Poland<br />

Rubinstein, Lev Russland Russia<br />

Shawn, Wally USA USA<br />

Ugrešić, Dubravka Kroatien<br />

Croatia<br />

Wernisch, Ivan Tschechische<br />

Republik Czech Republic<br />

Musik / Music<br />

Léandre, Joëlle Frankreich France<br />

Namtchylak, Sainkho Russland/<br />

Österreich Russia/Austria<br />

Suzuki, Akio Japan Japan<br />

1993<br />

Bildende Kunst / Visual Arts<br />

Cadieux, Geneviève Kanada<br />

Canada<br />

Erkmen, Ayse Türkei Turkey<br />

Green, Renée USA USA<br />

Marclay, Christian USA/Schweiz<br />

USA/Switzerland<br />

Wentworth, Richard<br />

Großbritannien United Kingdom<br />

Film<br />

Menkes, Nina USA USA<br />

Literatur / Literature<br />

Blandiana, Ana<br />

Rumänien Romania<br />

Dinescu, Mircea<br />

Rumänien Romania<br />

Kertész, Imre Ungarn Hungary<br />

Krynicki, Ryszard Polen Poland<br />

Menasse, Robert Österreich<br />

Austria<br />

Ndiaye, Marie Frankreich France<br />

Toussaint, Jean-Philippe<br />

Belgien Belgium<br />

Waldrop, Rosemarie & Keith<br />

USA USA<br />

Musik / Music<br />

Garland, Peter USA USA<br />

Knaifel, Alexander Russland<br />

Russia<br />

Paci Daló, Roberto Italien Italy<br />

Tenney, James USA USA<br />

1992<br />

Andere Künste / Other Arts<br />

Gelabert, Cesc Spanien Spain<br />

Perron, Wendy USA USA<br />

Bildende Kunst / Visual Arts<br />

Abramović, Marina Niederlande/<br />

Jugoslawien Netherlands/<br />

Yugoslavia<br />

Ledins, Hardijs Lettland Latvia<br />

Pozarek, Vaclav Schweiz/CSFR<br />

Switzerland/CSFR<br />

Tyndall, Peter Australien<br />

Australia<br />

Whiteread, Rachel<br />

Großbritannien United Kingdom<br />

Wilson, Richard<br />

Großbritannien United Kingdom<br />

Wool, Christopher USA USA<br />

Film<br />

Mitchell, Eric USA USA<br />

Silver, Shelly USA USA<br />

Weiss, Andrea USA USA<br />

Literatur / Literature<br />

Ajgi, Gennadij UdSSR USSR<br />

Bayen, Bruno Frankreich France<br />

Brodkey, Harold USA USA<br />

Gu Cheng VR China China<br />

Holub, Miroslav CSFR CSFR<br />

Krall, Hanna Polen Poland<br />

Sorokin, Vladimir UdSSR USSR<br />

Musik / Music<br />

Dalbavie, Marc-André<br />

Frankreich France<br />

Hirsch, Shelley USA USA<br />

Kosk, Patrick Finnland Finland<br />

Machajdík, Peter<br />

Slowakei Slowakia<br />

Monahan, Gordon<br />

Kanada Canada<br />

Young, La Monte USA USA<br />

1991<br />

Andere Künste / Other Arts<br />

Tompkins, Mark USA USA<br />

Bildende Kunst / Visual Arts<br />

Art in Ruins, (Hannah Vowles/<br />

Glyn Banks) Großbritannien<br />

United Kingdom<br />

Goldin, Nan USA USA<br />

Hahn, Alexander Schweiz<br />

Switzerland<br />

Miller, John E. USA USA<br />

Müller, Josef Félix Schweiz<br />

Switzerland<br />

Film<br />

Amaral, Suzana Brasilien Brazil<br />

Chen Kaige VR China China<br />

Eisenberg, Daniel USA USA<br />

Ogorodnikow, Valeri UdSSR USSR<br />

Literatur / Literature<br />

Banciu, Carmen Francesca<br />

Rumänien Romania<br />

Blažević, Neda Miranda<br />

Jugoslawien Yugoslavia<br />

Díaz, Jesús Rafael Kuba Cuba<br />

Eisenberg, Deborah USA USA<br />

Hogan, Desmond Irland Ireland<br />

Konstantinow, Wenzeslaw<br />

Bulgarien Bulgaria<br />

Lotringer, Sylvère Frankreich<br />

France<br />

Mathews, Harry USA USA<br />

Pepetela, (Artur Pestana)<br />

Angola Angola<br />

Ríos, Julián Spanien Spain<br />

Yang Lian VR China China<br />

111


Musik / Music<br />

Eloy, Jean-Claude Frankreich<br />

France<br />

Enström, Rolf Schweden Sweden<br />

Kantscheli, Gija A. Georgien<br />

Georgia<br />

Moss, David USA USA<br />

1990<br />

Andere Künste / Other Arts<br />

Corsetti, Giorgio Barberio<br />

Italien Italy<br />

Bildende Kunst / Visual Arts<br />

Brito, Ronaldo Brasilien Brazil<br />

de Francia, Peter Großbritannien<br />

United Kingdom<br />

Goldstein, Zvi Israel Israel<br />

Jaar, Alfredo Chile Chile<br />

Klingler, Monica Schweiz<br />

Switzerland<br />

Kopystiansky, Igor + Svetlana<br />

UdSSR USSR<br />

Miyajima, Tatsuo Japan Japan<br />

Shalev-Gerz, Esther<br />

Frankreich/Israel France/Israel<br />

Film<br />

Askoldow, Alexander<br />

UdSSR USSR<br />

Birri, Fernando Argentinien/Italien<br />

Argentina/Italy<br />

Kramer, Robert USA USA<br />

Red, Raymond Philippinen<br />

Philippines<br />

Saniewski, Wiesław Polen Poland<br />

Literatur / Literature<br />

Agee, Joel USA USA<br />

Coover, Robert USA USA<br />

Farah, Nuruddin Somalia Somalia<br />

Glück, Anselm Österreich Austria<br />

Györffy, Miklós Ungarn Hungary<br />

Liu Binyan VR China China<br />

Otero, Lisandro Kuba Cuba<br />

Prigow, Dmitri UdSSR USSR<br />

Reich, Asher Israel Israel<br />

Ribeiro, João Ubaldo<br />

Brasilien Brazil<br />

Šnajder, Slobodan<br />

Jugoslawien Yugoslavia<br />

Musik / Music<br />

Kulenty, Hanna Polen Poland<br />

Lucier, Alvin USA USA<br />

Minard, Robin Kanada Canada<br />

Rosenzweig, Michael<br />

Großbritannien United Kingdom<br />

Taylor, Cecil USA USA<br />

1989<br />

Andere Künste / Other Arts<br />

Diasnas, Hervé Frankreich France<br />

Bildende Kunst / Visual Arts<br />

Adams, Dennis USA USA<br />

Dujourie, Lili Belgien Belgium<br />

Kabakov, Ilya UdSSR USSR<br />

Mckeever, Ian Großbritannien<br />

United Kingdom<br />

Peress, Gilles Frankreich/USA<br />

France/USA<br />

Rotella, Mimmo Italien Italy<br />

Ullman, Micha Israel Israel<br />

Film<br />

Horn, Andrew USA USA<br />

Pantzis, Andreas Zypern Cypress<br />

Tarr, Béla Ungarn Hungary<br />

Literatur / Literature<br />

Barnet, Miguel Kuba Cuba<br />

Bei Dao VR China China<br />

Breytenbach, Breyten Südafrika/<br />

Großbritannien South Africa/<br />

United Kingdom<br />

Edgü, Ferit Türkei Turkey<br />

Federman, Raymond USA USA<br />

Kott, Jan USA USA<br />

Lobo Antunes, António<br />

Portugal Portugal<br />

Nooteboom, Cees<br />

Niederlande Netherlands<br />

Oravecz, Imre Ungarn Hungary<br />

Özlü, Demir Türkei Turkey<br />

Sontag, Susan USA USA<br />

Sterchi, Beat Paul Schweiz<br />

Switzerland<br />

Musik / Music<br />

Dench, Chris Großbritannien<br />

United Kingdom<br />

Jones, Norris-Sirone USA USA<br />

Rose, Jon Australien/<br />

Großbritannien Australia/<br />

United Kingdom<br />

Ungvary, Tamas Schweden<br />

Sweden<br />

Zabelka, Mia Österreich Austria<br />

Zykan, Otto Österreich Austria<br />

1988<br />

Bildende Kunst / Visual Arts<br />

Armleder, John M. USA USA<br />

Dias, Antonio Brasilien Brazil<br />

Gálantai, György Ungarn Hungary<br />

Harrison, Newton & Helen<br />

USA USA<br />

Hutchinson, Peter USA USA<br />

Kolibal, Stanislav CSFR CSFR<br />

Qin Yufen VR China China<br />

Zhu Jinshi VR China China<br />

Film<br />

Gören, Serif Türkei Turkey<br />

Iosseliani, Otar UdSSR/Georgien<br />

USSR/Georgia<br />

Sharits, Paul USA USA<br />

Literatur / Literature<br />

Balestrini, Nanni Italien Italy<br />

Fernandez Cubas, Cristina<br />

Spanien Spain<br />

Földényi, László Ungarn Hungary<br />

Fuentes, Carlos Mexiko Mexico<br />

Kurucz, Gyula Ungarn Hungary<br />

Nowak, Ernst Österreich Austria<br />

Rojas, Gonzalo Chile Chile<br />

Wolff, Tobias USA USA<br />

Zoderer, Joseph Italien Italy<br />

Musik / Music<br />

Behrman, David USA USA<br />

Blomqvist, Anders Schweden<br />

Sweden<br />

Branca, Glenn USA USA<br />

Fénelon, Philippe Frankreich<br />

France<br />

Forward, Fast Großbritannien<br />

United Kingdom<br />

Gordon, Peter USA USA<br />

Jeney, Zoltán Ungarn Hungary<br />

Radulescu, Horatiu Rumänien/<br />

Frankreich Romania/France<br />

1987<br />

Bildende Kunst / Visual Arts<br />

Caramelle, Ernst Österreich Austria<br />

Gudmundsson, Sigurdur Island<br />

Iceland<br />

Haraszty, István Ungarn Hungary<br />

Henderikse, Jan Niederlande<br />

Netherlands<br />

Le Brun, Christopher<br />

Großbritannien United Kingdom<br />

Logue, Joan USA USA<br />

Trakas, George Kanada Canada<br />

Unsworth, Ken Australien<br />

Australia<br />

Wurm, Erwin Österreich Austria<br />

Film<br />

Jarmusch, Jim USA USA<br />

Literatur / Literature<br />

Abish, Walter USA USA<br />

António, João Brasilien Brazil<br />

Belben, Rosalind Großbritannien<br />

United Kingdom<br />

Bon, François Frankreich France<br />

Conti, Carlo Marcello Italien Italy<br />

Kneubühler, Theo Schweiz<br />

Switzerland<br />

Krasznahorkai, László Ungarn<br />

Hungary<br />

Kunene, Mazisi Südafrika/<br />

Großbritannien South Africa/<br />

United Kingdom<br />

Manea, Norman Rumänien<br />

Romania<br />

Pombo, Alvaro Spanien Spain<br />

Szaruga, Leszek Polen Poland<br />

Temple, Philip Neuseeland<br />

New Zealand<br />

Musik / Music<br />

Christiansen, Henning Dänemark<br />

Denmark<br />

Fox, Christopher Großbritannien<br />

United Kingdom<br />

Galas, Diamanda USA USA<br />

Szymański, Pawel Polen Poland<br />

Vaggione, Horacio Argentinien<br />

Argentina<br />

1986<br />

Bildende Kunst / Visual Arts<br />

Aquino, Edmundo Mexiko Mexico<br />

Bloom, Barbara USA USA<br />

Borges, Jacobo Venezuela<br />

Venezuela<br />

Breicha, Otto Österreich Austria<br />

Cantafora, Arduino Italien Italy<br />

Hradil, Rudolf Österreich Austria<br />

Nørgaard, Bjørn Dänemark<br />

Denmark<br />

Rodriguez, Oscar<br />

Nicaragua Nicaragua<br />

Sherman, Stuart USA USA<br />

Torres, Francesc Spanien Spain<br />

Zaugg, Rémy Schweiz Switzerland<br />

Film<br />

Barrish, Jerry R. USA USA<br />

Jacobs, Kenneth USA USA<br />

Kobland, Ken USA USA<br />

Rios, Humberto Argentinien<br />

Argentina<br />

Literatur / Literature<br />

Aridjis, Homero Mexiko Mexico<br />

Blunda, Mino Italien Italy<br />

Csejka, Gerhardt Rumänien<br />

Romania<br />

Edwards, Jorge Chile Chile<br />

Fac, Bolesław Polen Poland<br />

Fayad, Luis Kolumbien Colombia<br />

Kornhauser, Julian Polen Poland<br />

Mertens, Pierre Belgien Belgium<br />

Petri, György Ungarn Hungary<br />

Rosei, Peter Österreich Austria<br />

Musik / Music<br />

Amacher, Maryanne USA USA<br />

Loy, Gareth USA USA<br />

Mandolini, Ricardo Argentinien<br />

Argentina<br />

Nono, Luigi Italien Italy<br />

Santos, Carles Spanien Spain<br />

1985<br />

Bildende Kunst / Visual Arts<br />

Averbuch, Ilan Israel Israel<br />

Cahn, Miriam Schweiz<br />

Switzerland<br />

Cha, Ouhi Südkorea South Korea<br />

Cibulka, Heinz Österreich Austria<br />

Collings, Matthew Großbritannien<br />

United Kingdom<br />

Dupuy, Jean Frankreich France<br />

Oppenheim, Dennis Allen<br />

USA USA<br />

Rodriguez-Larrain, Emilio<br />

Peru Peru<br />

Snell, Eric Großbritannien<br />

United Kingdom<br />

Wasko, Ryszard Polen Poland<br />

Film<br />

Cantrill, Arthur Australien Australia<br />

Tarkowski, Andrej UdSSR/<br />

Italien USSR/Italy<br />

Wachsmann, Daniel Israel Israel<br />

Literatur / Literature<br />

Braun, Andrzej Polen Poland<br />

Davvetas, Demosthenes<br />

Griechenland Greece<br />

Fonseca, Rubem Brasilien Brazil<br />

Frangopoulos, Theophilos<br />

Griechenland Greece<br />

Fuchs, Nelleke Niederlande<br />

Netherlands<br />

Gao Xingjian VR China China<br />

Laederach, Jürg Schweiz<br />

Switzerland<br />

Oda, Makoto Japan Japan<br />

Sanchez, Luis Rafael<br />

Puerto Rico Puerto Rico<br />

Tuwhare, Hone Neuseeland<br />

New Zealand<br />

Winkler, Josef Österreich Austria<br />

112


Musik / Music<br />

Battistelli, Giorgio Italien Italy<br />

Driscoll, John USA USA<br />

Fujita, Masanori Japan Japan<br />

Luo Zhongrong VR China China<br />

1984<br />

Bildende Kunst / Visual Arts<br />

Andre, Carl USA USA<br />

Baracco Barrios, Juvenal Peru Peru<br />

Bohatsch, Erwin Österreich<br />

Austria<br />

Colette USA USA<br />

Keel, Anna Schweiz Switzerland<br />

Kozłowski, Jaroslaw Polen Poland<br />

McKenna, Stephen Großbritannien<br />

United Kingdom<br />

Mikl, Josef Österreich Austria<br />

Moshenson, Edna Israel Israel<br />

Oleszko, Patricia USA USA<br />

Padin, Clemente Uruguay Uruguay<br />

Quartucci, Carlo & Tatò, Carla<br />

Italien Italy<br />

Film<br />

Friedrich, Su USA USA<br />

Sanchez, Cristián Chile Chile<br />

Literatur / Literature<br />

Atwood, Margaret<br />

Kanada Canada<br />

Becher, Martin Roda<br />

Österreich Austria<br />

Cisneros, Antonio Peru Peru<br />

Dalos, György Ungarn Hungary<br />

Klinger, Kurt Österreich Austria<br />

Korczak, Jerzy Polen Poland<br />

Marchi, Otto Schweiz Switzerland<br />

Osanyin, Bode Nigeria Nigeria<br />

Rokeah, David Israel Israel<br />

Musik / Music<br />

Aharonian, Coriún<br />

Uruguay Uruguay<br />

Earls, Paul USA USA<br />

Gaussin, Allain Frankreich France<br />

Paraskevaidis, Graciela Uruguay<br />

Uruguay<br />

Stuppner, Hubert Italien Italy<br />

Teitelbaum, Richard USA USA<br />

1983<br />

Bildende Kunst / Visual Arts<br />

Bartolini, Luciano Italien Italy<br />

Beke, László Ungarn Hungary<br />

Hansen, Al USA USA<br />

Hendricks, Geoffrey USA USA<br />

Hofkunst, Alfred Schweiz<br />

Switzerland<br />

Inan, Ergin Türkei Turkey<br />

Knowles, Alison USA USA<br />

Kriesche, Richard Österreich<br />

Austria<br />

Paik, Nam June USA USA<br />

Rowdon, Annette Großbritannien<br />

United Kingdom<br />

Spitzer, Serge Israel Israel<br />

Film<br />

Larcher, David Großbritannien<br />

United Kingdom<br />

Literatur / Literature<br />

Bănulescu, Stefan<br />

Rumänien Romania<br />

Creeley, Robert USA USA<br />

Eörsi, István Ungarn Hungary<br />

Farag, Alfred Ägypten Egypt<br />

Geiser, Christoph Schweiz<br />

Switzerland<br />

Joans, Ted USA USA<br />

Lipska, Ewa Polen Poland<br />

McNeish, James Neuseeland<br />

New Zealand<br />

Willson, Ricardo Chile Chile<br />

Zou Difan VR China China<br />

Musik / Music<br />

Bloch, Augustyn Polen Poland<br />

Corner, Philip USA USA<br />

Dubrovay, László Ungarn Hungary<br />

Fontana, Bill USA USA<br />

Johnson, Tom USA USA<br />

Szöllösy, Andràs Ungarn Hungary<br />

van Hove, Fred Belgien Belgium<br />

Wada, Yoshimasa Japan Japan<br />

1982<br />

Bildende Kunst / Visual Arts<br />

Andersch, Gisela Schweiz<br />

Switzerland<br />

Bour, Bernadette Frankreich France<br />

Colombo, Gianni Italien Italy<br />

Eisler, Georg Österreich Austria<br />

Gerchman, Rubens<br />

Brasilien Brazil<br />

Giroud, Michel Frankreich France<br />

Glusberg, Jorge Argentinien<br />

Argentina<br />

Hastings, Rafael Peru Peru<br />

Jonas, Joan USA USA<br />

Kirkeby, Per Dänemark Denmark<br />

Leitner, Bernhard<br />

Österreich Austria<br />

Mclean, Bruce Großbritannien<br />

United Kingdom<br />

Morandini, Marcello Italien Italy<br />

Smith, Robert USA USA<br />

Thomkins, André Schweiz<br />

Switzerland<br />

Zush, Evru Spanien Spain<br />

Film<br />

Bódy, Gábor Ungarn Hungary<br />

Gehr, Ernie USA USA<br />

Rose, Robina Großbritannien<br />

United Kingdom<br />

Literatur / Literature<br />

Artmann, H.C. Österreich Austria<br />

Brandão, Ignácio de Loyola<br />

Brasilien Brazil<br />

Buitrago, Fanny<br />

Kolumbien Colombia<br />

Callado, Antônio Brasilien Brazil<br />

Dourado, Autran Brasilien Brazil<br />

Eisendle, Helmut Österreich<br />

Austria<br />

Goytisolo, Juan Spanien Spain<br />

Kiral, Özlü Tezer Türkei Turkey<br />

Krausmann, Rudi Österreich/<br />

Australien Austria/Australia<br />

Mwangi, Meja Kenia Kenya<br />

Nizon, Paul Schweiz/Frankreich<br />

Switzerland/France<br />

Valdes, Hernán Chile Chile<br />

Musik / Music<br />

Enriquez, Manuel Mexiko Mexico<br />

Manzoni, Giacomo Italien Italy<br />

Nobre, Marlos Brasilien Brazil<br />

Pascoal, Hermeto Brasilien Brazil<br />

Smetak, Walter Brasilien Brazil<br />

1981<br />

Bildende Kunst / Visual Arts<br />

Abraham, Raimund Österreich/<br />

USA Austria/USA<br />

Adams, Mac USA USA<br />

Eggenschwiler, Franz Schweiz<br />

Switzerland<br />

Fox, Terry USA USA<br />

Grassi, Giorgio Italien Italy<br />

Krier, Leon Großbritannien<br />

United Kingdom<br />

Magnago-Lumpugnani, Vittorio<br />

Italien Italy<br />

Morris, Michael Kanada Canada<br />

Paolini, Giulio Italien Italy<br />

Raetz, Markus Schweiz<br />

Switzerland<br />

Trasov, Vincent Kanada Canada<br />

Film<br />

Handler, Mario Venezuela<br />

Venezuela<br />

Hutton, Peter B. USA USA<br />

Klopfenstein, Clemens<br />

Schweiz Switzerland<br />

Lanaz, Lucienne Schweiz<br />

Switzerland<br />

Mackinnon, Stewart<br />

Großbritannien United Kingdom<br />

Literatur / Literature<br />

Gorenstein, Friedrich UdSSR/<br />

Österreich USSR/Austria<br />

Hänny, Reto Schweiz Switzerland<br />

Kostelanetz, Richard USA USA<br />

Makombo, Bambote Zentralafrika<br />

Central Africa<br />

Nádas, Péter Ungarn Hungary<br />

Taner, Haldun Türkei Turkey<br />

Woroszylski, Wiktor Polen Poland<br />

Musik / Music<br />

Dagar, Zahir-Uddin &<br />

Faiyaz-Uddin Indien India<br />

Kosugi, Takehisa Japan Japan<br />

Miller, Harry Südafrika South Africa<br />

Pärt, Arvo Österreich Austria<br />

Subotnik, Morton USA USA<br />

Zinsstag, Gérard Schweiz<br />

Switzerland<br />

1980<br />

Bildende Kunst / Visual Arts<br />

Antonakos, Stephen USA USA<br />

Bruszewski, Wojciech<br />

Polen Poland<br />

Gette, Paul-Armand<br />

Frankreich France<br />

Hoover, Nan Niederlande<br />

Netherlands<br />

Janz, Robert<br />

Großbritannien/USA<br />

United Kingdom/USA<br />

Jovánovics, György Ungarn<br />

Hungary<br />

Jungwirth-Schmeller, Martha<br />

Österreich Austria<br />

Kounellis, Yannis Italien Italy<br />

Luginbühl, Bernhard Schweiz<br />

Switzerland<br />

Rafelghem, Paul van<br />

Belgien Belgium<br />

Spagnulo, Giuseppe Italien Italy<br />

Williams, Emmett USA USA<br />

Literatur / Literature<br />

d’Eramo, Luce Italien Italy<br />

Esterházy, Péter Ungarn Hungary<br />

Kajzar, Helmut Polen Poland<br />

Peri Rossi, Cristina<br />

Uruguay Uruguay<br />

Schmidt, Alfred-Paul<br />

Österreich Austria<br />

Späth, Gerold Schweiz Switzerland<br />

Musik / Music<br />

Corcoran, Frank Irland Ireland<br />

Grisey, Gérard Frankreich France<br />

Kang, Sukhi Südkorea South Korea<br />

Maros, Miklós Schweden Sweden<br />

Schaeffer, Bogusław Polen Poland<br />

Schidlowsky, Leon Israel Israel<br />

1979<br />

Bildende Kunst / Visual Arts<br />

Armando Niederlande<br />

Netherlands<br />

Bay, Didier Frankreich France<br />

Campus, Peter USA USA<br />

Jackson, Richard USA USA<br />

Kanovitz, Howard USA USA<br />

Knizak, Milan CSFR CSFR<br />

Kolář, Jiři CSFR CSFR<br />

Kubota, Shigeko USA USA<br />

Kuehn, Gary USA USA<br />

Miralda, Antoni Spanien Spain<br />

Nussberg, Lew UdSSR/Frankreich<br />

USSR/France<br />

Willats, Stephen Großbritannien<br />

United Kingdom<br />

Film<br />

Faye, Safi Senegal Senegal<br />

Jost, Jon USA USA<br />

Kren, Kurt Österreich Austria<br />

Murphy, J.J. USA USA<br />

Literatur / Literature<br />

Kalisky, René Belgien/Frankreich<br />

Belgium/France<br />

Magnusson, Sigurdur Island Iceland<br />

Róžewicz, Tadeusz Polen Poland<br />

Tsepeneag, Dumitru<br />

Frankreich France<br />

Zagajewski, Adam Polen Poland<br />

Musik / Music<br />

Jones, Joe USA USA<br />

La Barbara, Joan USA USA<br />

Lentz, Daniel USA USA<br />

Roy, Biresh Indien India<br />

Schmidt, Daniel USA USA<br />

1978<br />

Bildende Kunst / Visual Arts<br />

Burgin, Victor Großbritannien<br />

United Kingdom<br />

113


Castro, Lourdes Portugal Portugal<br />

Denes, Agnes USA USA<br />

Helm, Robert USA USA<br />

Kudo, Tetsumi Japan Japan<br />

Lassnig, Maria Österreich Austria<br />

Lesák, František Österreich Austria<br />

Marcheschi, Cork USA USA<br />

Page, Robin Kanada Canada<br />

Pistoletto, Michelangelo<br />

Italien Italy<br />

Tót, Endre Ungarn Hungary<br />

Vautier, Ben Frankreich France<br />

Literatur / Literature<br />

Avaria de la Fuente, Antonio<br />

Chile Chile<br />

Brandys, Kazimierz Polen Poland<br />

Haraszti, Miklós Ungarn Hungary<br />

Ingrassia, Anthony USA USA<br />

Musik / Music<br />

Lobi, Kakraba Ghana Ghana<br />

Nunes, Emmanuel<br />

Portugal Portugal<br />

Riley, Terry USA USA<br />

Tchichai, John Dänemark Denmark<br />

1977<br />

Bildende Kunst / Visual Arts<br />

Davis, Douglas USA USA<br />

Mccoy, Ann USA USA<br />

Morley, Malcom Großbritannien<br />

United Kingdom<br />

Poirier, Anne & Patrick<br />

Frankreich France<br />

Psychopedis, Jannis<br />

Griechenland Greece<br />

Simonds, Charles USA USA<br />

Tabaka, Maya UdSSR USSR<br />

Tilson, Joe Großbritannien<br />

United Kingdom<br />

Zeniuk, Jerry USA USA<br />

Film<br />

Pitt Kraning, Suzan USA USA<br />

Ratynski, Bogdan Michal<br />

Polen Poland<br />

Szabó, István Ungarn Hungary<br />

Literatur / Literature<br />

Cluchey, Rick USA USA<br />

Collazos, Oscar<br />

Kolumbien Colombia<br />

Konrád, György Ungarn Hungary<br />

Lem, Stanisław Polen Poland<br />

Schneider, Hansjörg Schweiz<br />

Switzerland<br />

Musik / Music<br />

Khan, Imrat Indien India<br />

Neuhaus, Max USA USA<br />

Scherchen, Tona Frankreich<br />

France<br />

Sinopoli, Giuseppe Italien Italy<br />

Wolkonski, Andrej UdSSR/Schweiz<br />

USSR/Switzerland<br />

1976<br />

Bildende Kunst / Visual Arts<br />

Ardon, Mordecai Israel Israel<br />

Branch, Winston Großbritannien<br />

United Kingdom<br />

Broniatowski, Karol Polen Poland<br />

Dimitrijević, Braco Jugoslawien<br />

Yugoslavia<br />

Graham, Daniel USA USA<br />

Iannone, Dorothy USA USA<br />

Kawara, On Japan Japan<br />

Opalka, Roman Polen/Frankreich<br />

Poland/France<br />

Sarkis, Zabunyan Frankreich France<br />

von Huene, Stephan USA USA<br />

Film<br />

Alvarez, Carlos Kolumbien<br />

Colombia<br />

Rainer, Yvonne USA USA<br />

Literatur / Literature<br />

Canetti, Diana Türkei Turkey<br />

El Sharouni, Youssef<br />

Ägypten Egypt<br />

Hamburger, Michael<br />

Großbritannien United Kingdom<br />

Hauser, Arnold Rudolf<br />

Rumänien Romania<br />

Karpowicz, Tymoteusz<br />

Polen Poland<br />

Mikkawy, Abdel-Ghaffar<br />

Ägypten Egypt<br />

Stoica, Petre Rumänien Romania<br />

Musik / Music<br />

Chatterjee, Sankha Indien India<br />

Ferneyhough, Brian<br />

Großbritannien United Kingdom<br />

Ichiyanagi, Toshi Japan Japan<br />

Yuasa, Jôji Japan Japan<br />

1975<br />

Bildende Kunst / Visual Arts<br />

Arroyo, Eduardo Spanien/<br />

Frankreich Spain/France<br />

Baratella, Paolo Italien Italy<br />

Boltanski, Christian Frankreich<br />

France<br />

Kaprow, Allan USA USA<br />

McCallion, Barry USA USA<br />

Potts, Don USA USA<br />

Prent, Mark Kanada Canada<br />

Shimotani, Chihiro Japan Japan<br />

Snelson, Kenneth USA USA<br />

Weiner, Lawrence USA USA<br />

Film<br />

Hübner, Douglas Chile Chile<br />

Lajolo, Anna Italien Italy<br />

Leonardi, Alfredo Italien Italy<br />

Lombardi, Guido Italien Italy<br />

Literatur / Literature<br />

Füruzan, Selçuk Türkei Turkey<br />

Higgins, Dick USA USA<br />

Middleton, Christopher<br />

Großbritannien United Kingdom<br />

Myrdal, Jan Schweden Sweden<br />

Skármeta, Antonio Chile Chile<br />

Sommer, Harald Österreich<br />

Austria<br />

Musik / Music<br />

Boone, Charles USA USA<br />

Fariñas, Carlos Kuba Cuba<br />

Kobrin, Edward USA USA<br />

Weddington, Maurice USA USA<br />

1974<br />

Bildende Kunst / Visual Arts<br />

Bokor, Miklós Frankreich France<br />

Broodthaers, Marcel Belgien<br />

Belgium<br />

Buren, Daniel Frankreich France<br />

Byars, James Lee USA USA<br />

Filliou, Robert Frankreich France<br />

Gertsch, Franz Schweiz<br />

Switzerland<br />

Hamilton, Richard<br />

Großbritannien United Kingdom<br />

Hanson, Duane USA USA<br />

Inoue, Bukichi Japan Japan<br />

Lakner, László Ungarn Hungary<br />

Paolozzi, Eduardo<br />

Großbritannien United Kingdom<br />

Sandle, Michael<br />

Großbritannien United Kingdom<br />

Valenta, Rudolf CSFR CSFR<br />

Film<br />

Dwoskin, Stephen<br />

Großbritannien United Kingdom<br />

Literatur / Literature<br />

Mészöly, Miklós Ungarn Hungary<br />

Mrożek, Sławomir Polen /<br />

Frankreich Poland/France<br />

Valtinos, Thanassis<br />

Griechenland Greece<br />

Musik / Music<br />

Chowning, John USA USA<br />

Moran, Robert USA USA<br />

Reich, Steve USA USA<br />

Souster, Tim Großbritannien<br />

United Kingdom<br />

Wolff, Christian USA USA<br />

1973<br />

Bildende Kunst / Visual Arts<br />

Brisley, Stuart Großbritannien<br />

United Kingdom<br />

Calzolari, Pier Paolo Italien Italy<br />

Caniaris, Vlassis<br />

Griechenland Greece<br />

Christmann, Gunter S.<br />

Australien Australia<br />

Cook, William Delafield<br />

Australien Australia<br />

Fisher, Joel A. USA USA<br />

Iimura, Takahido Japan/USA<br />

Japan/USA<br />

Ipousteguy, Jean<br />

Frankreich France<br />

Kienholz, Edward USA USA<br />

Merz, Mario Italien Italy<br />

Spoerri, Daniel Schweiz/<br />

Frankreich Switzerland/<br />

France<br />

Literatur / Literature<br />

Costa, Bernard da<br />

Frankreich France<br />

Mayröcker, Friederike<br />

Österreich Austria<br />

Okopenko, Andreas<br />

Österreich Austria<br />

Ramirez, Sergio<br />

Nicaragua Nicaragua<br />

Sorescu, Marin<br />

Rumänien Romania<br />

Musik / Music<br />

Bertoncini, Mario Italien Italy<br />

Cardew, Cornelius Großbritannien<br />

United Kingdom<br />

Fulkerson, James USA USA<br />

Gorecki, Henryk Polen Poland<br />

Huber, Klaus Schweiz Switzerland<br />

Krauze, Zygmunt Polen Poland<br />

Schimi, Iraj Iran Iran<br />

Vieru, Anatol Rumänien Romania<br />

1972<br />

Bildende Kunst / Visual Arts<br />

Arakawa, Shusaku USA/Japan<br />

USA/Japan<br />

Bálint, Endre Ungarn Hungary<br />

Bertholo, René Portugal Portugal<br />

Brouwn, Stanley Niederlande<br />

Netherlands<br />

Canogar, Rafael Spanien Spain<br />

Fujiwara, Makoto Japan Japan<br />

Kowalski, Piotr Frankreich France<br />

Logothetis, Stathis<br />

Griechenland Greece<br />

Radović, Zoran<br />

Jugoslawien Yugoslavia<br />

Literatur / Literature<br />

Achleitner, Friedrich<br />

Österreich Austria<br />

Baconsky, Anatol<br />

Rumänien Romania<br />

Bocheński, Jacek Polen Poland<br />

Botsford, Keith USA USA<br />

Gustafsson, Lars Schweden<br />

Sweden<br />

Koumandareas, Menis<br />

Griechenland Greece<br />

Moody-Straus, Anne USA USA<br />

Wong, May Singapur Singapore<br />

Musik / Music<br />

Brouwer, Leo Kuba Cuba<br />

Bussotti, Sylvano Italien Italy<br />

Cage, John USA USA<br />

Calonne, Jacques<br />

Belgien Belgium<br />

Donatoni, Franco Italien Italy<br />

Lanza, Alcides<br />

Argentinien Argentina<br />

Morthenson, Jan<br />

Schweden Sweden<br />

Stroé, Aurel Rumänien Romania<br />

1971<br />

Bildende Kunst / Visual Arts<br />

Attersee, Christian-Ludwig<br />

Österreich Austria<br />

Baker, George USA USA<br />

Colville, Alex Kanada Canada<br />

Erro, Gudmundur Island Iceland<br />

Riley, Bridget Großbritannien<br />

United Kingdom<br />

Sedgley, Peter<br />

Großbritannien United Kingdom<br />

Tsoclis, Constantin<br />

Griechenland Greece<br />

Literatur / Literature<br />

Denes, Ivan Rumänien/Israel<br />

Romania/Israel<br />

Gatti, Armand Frankreich France<br />

114


Jonke, Gert F. Österreich Austria<br />

Odojewski, Włodzimierz Polen<br />

Poland<br />

Sanguineti, Edoardo Italien Italy<br />

Suescún, Nicolás Kolumbien<br />

Colombia<br />

Tabori, George Ungarn/<br />

Großbritannien Hungary/United<br />

Kingdom<br />

Musik / Music<br />

Cerha, Friedrich Österreich<br />

Austria<br />

Feldman, Morton USA USA<br />

Kurtág, György Ungarn Hungary<br />

Lazarof, Henri USA USA<br />

Marek-Zakiej, Tadeusz Polen<br />

Poland<br />

Maros, Rudolf Ungarn Hungary<br />

Niculescu, Stefan Rumänien<br />

Romania<br />

1970<br />

Bildende Kunst / Visual Arts<br />

Black, David USA USA<br />

Brusse, Mark Niederlande<br />

Netherlands<br />

Kotik, Jan CSFR CSFR<br />

Seley, Jason USA USA<br />

Stuart, Ian Irland Ireland<br />

Xenakis, Constantin Griechenland<br />

Greece<br />

Film<br />

Beavers, Robert USA USA<br />

Literatur / Literature<br />

Bauer, Wolfgang Österreich<br />

Austria<br />

Enquist, Per Olov Schweden<br />

Sweden<br />

Jandl, Ernst Österreich Austria<br />

Vassilikos, Vassilis Griechenland<br />

Greece<br />

Musik / Music<br />

Brown, Earle USA USA<br />

Haubenstock-Ramati, Roman<br />

Österreich Austria<br />

Kotoński, Włodzimierz Polen<br />

Poland<br />

Kupkovič, Ladislav CSFR CSFR<br />

Mamangakis, Nikos Griechenland<br />

Greece<br />

Mayuzumi, Toshiro Japan Japan<br />

Szalonek, Witold Polen Poland<br />

1969<br />

Bildende Kunst / Visual Arts<br />

Castillo, Jorge Spanien Spain<br />

Engelman, Martin<br />

Niederlande Netherlands<br />

Goeschl, Roland Österreich Austria<br />

Mizui, Yasuo Japan Japan<br />

Sekal, Zbynĕk CSFR CSFR<br />

Literatur / Literature<br />

Aravantinou, Mando<br />

Griechenland Greece<br />

Faria, Benigno Almeida<br />

Portugal Portugal<br />

Higgins, Aidan Irland Ireland<br />

Nápravnik, Milan CSFR CSFR<br />

Skinas, Alexander Griechenland<br />

Greece<br />

Musik / Music<br />

Cervetti, Sergio Uruguay Uruguay<br />

Ishii, Maki Japan Japan<br />

Kopelent, Marek CSFR CSFR<br />

Ligeti, György Ungarn/Österreich<br />

Hungary/Austria<br />

Olah, Tiberiu Rumänien Romania<br />

1968<br />

Bildende Kunst / Visual Arts<br />

Akrithakis, Alexis<br />

Griechenland Greece<br />

Dorazio, Piero Italien Italy<br />

Dublon, Kurt Israel Israel<br />

Morales, Honorio<br />

Argentinien Argentina<br />

Rickey, George USA USA<br />

Literatur / Literature<br />

Handke, Peter Österreich Austria<br />

Herbert, Zbigniew Polen Poland<br />

Musik / Music<br />

Cvetko, Dragotin<br />

Jugoslawien Yugoslavia<br />

Dallapiccola, Luigi Italien Italy<br />

Goodman, Alfred USA USA<br />

Méfano, Paul Frankreich France<br />

Penderecki, Krzystof Polen Poland<br />

1967<br />

Bildende Kunst / Visual Arts<br />

Armitage, Kenneth<br />

Großbritannien United Kingdom<br />

Ikeda, Masuo Japan Japan<br />

Literatur / Literature<br />

Wirpsza, Witold Polen Poland<br />

Musik / Music<br />

Antoniou, Theodore<br />

Griechenland Greece<br />

Arrigo, Girolamo Italien Italy<br />

Calder, Clement USA USA<br />

de Pablo, Luis Spanien Spain<br />

Ferrari, Luc Frankreich France<br />

Halffter, Cristóbal Spanien Spain<br />

Kelemen, Milko Jugoslawien<br />

Yugoslavia<br />

Pesko, Zoltàn Ungarn Hungary<br />

Ringger, Rolf Urs Schweiz<br />

Switzerland<br />

Stibilj, Milan Jugoslawien<br />

Yugoslavia<br />

Taylor, Robert USA USA<br />

Wildberger, Jacques<br />

Schweiz Switzerland<br />

Yoshida, Hidekazu Japan Japan<br />

1966<br />

Bildende Kunst / Visual Arts<br />

Iida, Yoshikuni Japan Japan<br />

Sasaki, Shiro Japan Japan<br />

Literatur / Literature<br />

Gross, Alexander USA USA<br />

Rexroth, Kenneth USA USA<br />

Vrkljan, Irena Jugoslawien<br />

Yugoslavia<br />

Musik / Music<br />

Evangelisti, Franco Italien Italy<br />

Johnson, Carl USA USA<br />

Miroglio, Francis Frankreich<br />

France<br />

Santoro, Claudio Brasilien Brazil<br />

Shinohara, Makoto Japan Japan<br />

Wimberger, Gerhard Österreich<br />

Austria<br />

1965<br />

Bildende Kunst / Visual Arts<br />

Haderer, Werner Deutschland<br />

Germany<br />

Koch, Gérard Frankreich France<br />

Raccanelli, Lucio Italien Italy<br />

Musik / Music<br />

Ginastera, Alberto Argentinien<br />

Argentina<br />

Schuller, Gunther USA USA<br />

1964<br />

Bildende Kunst / Visual Arts<br />

Albanese, Russero Italien Italy<br />

Behrmann, Angelika Deutschland<br />

Germany<br />

di Carlo, Franco Italien Italy<br />

Dionisio, Roberto Italien Italy<br />

Fangor, Wojciech Polen Poland<br />

Francken(-Steinreich), Ruth<br />

Frankreich France<br />

Masson, André Frankreich France<br />

Remotti, Remo Italien Italy<br />

Saura, Antonio Spanien Spain<br />

Vedova, Emilio Italien Italy<br />

Literatur / Literature<br />

Auden, Wystan H. USA USA<br />

Bentley, Eric USA USA<br />

Benyoetz, Elazar Koppel Israel<br />

Israel<br />

Butor, Michel Frankreich France<br />

Sander, Hans-Dietrich<br />

Deutschland Germany<br />

Musik / Music<br />

Alsina, Carlos (Roqué)<br />

Argentinien Argentina<br />

Amy, Gilbert Frankreich France<br />

Andriessen, Louis<br />

Niederlande Netherlands<br />

Belloc, Enrique<br />

Argentinien Argentina<br />

Berio, Luciano Italien Italy<br />

Carter, Elliott USA USA<br />

Chadabe, Joël USA USA<br />

Curran, Alvin S. USA USA<br />

Globokar, Vinko<br />

Jugoslawien Yugoslavia<br />

Henze, Hans Werner<br />

Deutschland Germany<br />

Heyworth, Peter<br />

Großbritannien United Kingdom<br />

Koellreutter, Hans Brasilien/<br />

Deutschland Brazil/Germany<br />

Pires, Filipe Portugal Portugal<br />

Sessions, Roger USA USA<br />

Stefani, Gino Italien Italy<br />

Strawinsky, Igor USA USA<br />

Vlad, Roman Italien Italy<br />

Yun, Isang Südkorea South Korea<br />

1963<br />

Bildende Kunst / Visual Arts<br />

Benrath, Frédéric Frankreich<br />

France<br />

Cravo, Mario Brasilien Brazil<br />

Goldstein, Marvin USA USA<br />

Hader, Dagmar Deutschland/Chile<br />

Germany/Chile<br />

Jaffe, Shirley USA/Frankreich<br />

USA/France<br />

Kruschewsky, Mercedes<br />

Brasilien Brazil<br />

Reboucas, Antonio de Almeida<br />

Brasilien Brazil<br />

Scott, William Großbritannien<br />

United Kingdom<br />

Westheim, Paul Mexiko Mexico<br />

Literatur / Literature<br />

Bachmann, Ingeborg<br />

Österreich Austria<br />

Gombrowicz, Witold<br />

Polen/Argentinien<br />

Poland/Argentina<br />

Prenzlow, Joachim<br />

Deutschland Germany<br />

Read, Piers Paul<br />

Großbritannien United Kingdom<br />

Roehler, Klaus Deutschland<br />

Germany<br />

Musik / Music<br />

Matthes, Klaus<br />

Deutschland Germany<br />

Rüfer, Rüdiger Deutschland<br />

Germany<br />

Rzewski, Frederic USA USA<br />

Takahashi, Yuji Japan Japan<br />

Xenakis, Iannis Griechenland<br />

Greece<br />

115


Impressum / Imprint<br />

Herausgeber / Publisher<br />

<strong>Berliner</strong> <strong>Künstlerprogramm</strong><br />

des DAAD / DAAD Artistsin-Berlin<br />

Program<br />

Koordination / Coordination<br />

Dahlia Borsche<br />

Alexandra Meiner<br />

Redaktion / Editors<br />

Dahlia Borsche (V.i.S.d.P.)<br />

Silvia Fehrmann<br />

Melanie Roumiguière<br />

Gesamtredaktion /<br />

Managing Editor<br />

Martin Hager<br />

Übersetzungen / Translations<br />

Timo Berger (S./p. 101),<br />

Kathleen Heil (S./pp. 102), Jutta<br />

Himmelreich (S./pp. 49-53),<br />

Anna Jäger (S./pp. 7, 15, 17, 29,<br />

37, 47, 72-75, 77, 104), Odile<br />

Kennel (S./p. 87), Claudia Kotte<br />

(S./p. 11), Laura Radosh (S./pp.<br />

44, 56), Jake Schneider (S./pp.<br />

26, 84, 94), Erik Smith (S./pp. 3,<br />

22/23, 32, 41, 64-69. 70/71,<br />

81, 85, 89/90), Julia Stoff<br />

(S./pp. 13, 19), Moji Taalipasand<br />

(S./pp. 57-60), Jacqueline Todd<br />

(S./pp. 35, 62-63, 98), Pedro<br />

Vainer (S./p. 87)<br />

Lektorat / Copy Editors<br />

Martin Hager (DE)<br />

Taïca Replansky (EN)<br />

Endkorrektorat / Proofreading<br />

Iris Ströbel<br />

Gestaltung / Graphic Design<br />

Klimaitė Klimaitė<br />

Druck / Print<br />

Brandenburgische<br />

Universitätsdruckerei und<br />

Verlagsgesellschaft<br />

Potsdam mbh<br />

Auflage / Copies<br />

November <strong>2020</strong>: 1.200<br />

© <strong>Berliner</strong> <strong>Künstlerprogramm</strong><br />

des DAAD<br />

<strong>Berliner</strong> <strong>Künstlerprogramm</strong><br />

des DAAD / DAAD Artistsin-Berlin<br />

Program<br />

Direktion / Director<br />

Silvia Fehrmann (SF)<br />

Leitung Bildende Kunst /<br />

Head of Visual Arts<br />

Melanie Roumiguière (MR)<br />

Leitung Musik / Head of Music<br />

Dahlia Borsche (DB)<br />

Leitung Literatur und Film /<br />

Head of Literature and Film<br />

Silvia Fehrmann (SF)<br />

Projektleitung Archivdigitalisierung<br />

/ Project Manager<br />

Archive Digitalization<br />

Kathleen Clancy<br />

Projektassistenz Musik,<br />

Auswahlverfahren /<br />

Project Assistance Music,<br />

Selection Processes<br />

Sebastian Dürer<br />

Projektassistenz BKP-Leitung<br />

und ICORN-Programm /<br />

Project Assistance Director’s<br />

Office and ICORN Program<br />

Alexandra Meiner (AM)<br />

Projektassistenz Literatur und<br />

Film, Wohnungsbetreuung /<br />

Project Assistance Literature<br />

and Film and Apartment<br />

Management<br />

Laura Muñoz-Alonso<br />

Projektassistenz Bildende Kunst,<br />

Sonderprogramme /<br />

Project Assistance Visual Arts,<br />

Special Programs<br />

Malte Roloff (MRo)<br />

Veranstaltungsbetreuung /<br />

Event Support<br />

Veronique Ansorge,<br />

Tillmann Betz, John Broback,<br />

Biljana Milkov, Ilse Troll<br />

Archiv / Archive<br />

Sabine Blödorn<br />

Wohnungs- und Gastebetreuung /<br />

Accommodation Management<br />

and Guest Service<br />

Sebastian Brehmer<br />

Büro Berlin des DAAD /<br />

DAAD Berlin Office<br />

Verwaltung und Finanzen /<br />

Administration and Finances<br />

Regine Dzyck, Yvonne Klatt<br />

Technischer Dienst und<br />

Poststelle / Technical Service<br />

and Postmaster<br />

Gritt Wiese<br />

Bildnachweise/Photo Credits<br />

Porträtfotos / Portrait Pictures<br />

Irma Fadhila (S./p. 6), Jasper<br />

Kettner (S./pp. 12, 18, 24, 30, 36,<br />

42, 54, 76, 82, 86, 89, 90, 92),<br />

Diana Levine/MIT Media Lab<br />

(S./p. 85)<br />

Ausstellungsfotos /<br />

Exhibition Pictures<br />

Blaise Adilon (S./p. 45), Silke<br />

Briel (S./p. 91), Thomas Bruns<br />

(S./pp. 10, 16, 28, 33, 46, 66, 67,<br />

69, 70, 73, 74, 75), Åsa Lundén<br />

(S./p. 39), Mathias Völzke<br />

(S./p. 79)<br />

Veranstaltungsfotos /<br />

Event Pictures<br />

Kai Bienert (S./p. 9),<br />

Sebastian Bolesch (S./p. 34),<br />

Ali Ghandtschi (S./p. 95),<br />

Stefanie Kulisch (S./pp. 22, 23),<br />

Eunice Maurice (S./pp. 40, 64,<br />

65, 66, 68), Nico Scagliarini<br />

(S./p. 21), Marlena Waldthausen<br />

(S./pp. 62, 63), Krzystof Zielińksi<br />

(S./pp. 27, 33, 40)<br />

Weitere Fotos / Other Pictures<br />

Ieva Epnere (S./pp. 48, 61, 99),<br />

Valeria Fiorini (S./p. 100),<br />

Lim Sheau Yun (S./p. 71)<br />

Deutscher Akademischer<br />

Austauschdienst (DAAD) /<br />

German Academic<br />

Exchange Service<br />

Präsident / President<br />

Prof. Dr. Joybrato Mukherjee<br />

Generalsekretärin /<br />

Secretary General<br />

Dr. Dorothea Rüland<br />

Stellvertretender Generalsekretär<br />

und Leiter des Büros Berlin /<br />

Deputy Secretary General<br />

and Head of the Berlin Office<br />

Christian Müller<br />

Kennedyallee 50<br />

53175 Bonn<br />

www.daad.de<br />

<strong>Berliner</strong> <strong>Künstlerprogramm</strong><br />

des DAAD / DAAD<br />

Artists-in-Berlin Program<br />

Markgrafenstraße 37<br />

10117 Berlin<br />

www.berliner-kuenstlerprogramm.de<br />

daadgalerie<br />

Oranienstraße 161<br />

10969 Berlin<br />

www.daadgalerie.de


Das <strong>Berliner</strong> <strong>Künstlerprogramm</strong><br />

des DAAD wird gefördert aus<br />

Mitteln des Auswärtigen Amtes<br />

und des <strong>Berliner</strong> Senats.<br />

The Artists-in-Berlin<br />

Program is funded by the<br />

German Foreign Office<br />

and the Senate of Berlin.<br />

Die Digitalisierung des Archivs des <strong>Berliner</strong> <strong>Künstlerprogramm</strong>s<br />

des DAAD wird gefördert durch die Förderrichtlinie zum Erhalt<br />

Kulturellen Erbes der Senatsverwaltung Kultur und Europa und des<br />

Forschungs- und Kompetenzzentrums Digitalisierung Berlin (digiS).<br />

Die ICORN-Stipendien werden gefördert aus Mitteln des<br />

Landes Berlin im Rahmen des Programms „Weltoffenes Berlin“<br />

der Senatsverwaltung für Kultur und Europa.<br />

The digitization of the DAAD Artists-in-Berlin Program<br />

Archive is funded by the Senate Department for<br />

Culture and Europe and the Research and Competence<br />

Centre Digitalisation Berlin (digiS).<br />

The ICORN fellowships are funded by the Land of Berlin<br />

within the program “Weltoffenes Berlin” of the Senate<br />

Department for Culture and Europe.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!