Zuerich Wirtschaft 4/2020
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Ausgabe 4/<strong>2020</strong><br />
Zebrabox ab S. 16 | Elektro-Autos 2021 ab S. 38 | Starke Frauen - Porträts ab S. 4 | Home-Office ab S. 22
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<strong>2020</strong> neigt sich dem Ende zu...<br />
Liebe Leserin, lieber Leser<br />
<strong>2020</strong> neigt sich dem Ende zu und wird zweifellos als ein aussergewöhnliches<br />
Jahr in die Geschichte eingehen. Die Corona-Pandemie hat innerhalb weniger<br />
Monate unser Leben - privat wie auch beruflich - fundamental verändert und<br />
Megatrends wie Digitalisierung und Nachhaltigkeit befeuert. Arbeiten im Home<br />
Office ist schon fast zur Routine geworden und hat einen Innovationsschub in<br />
der Kommunikationstechnologie bewirkt. Unternehmen, gerade auch die Innovationsführer<br />
unter den KMU, setzen nachhaltiges <strong>Wirtschaft</strong>en im Rahmen<br />
ihrer Wertschöpfung ganz oben auf ihre Prioritätenliste. Erfolgreiche Frauen<br />
im Business, Medien und Kultur prägen unsere Gesellschaft; wir porträtieren<br />
Protagonistinnen dieser Bewegung - allen voran die in Zürich wohnhafte Unternehmerin<br />
Patricia Falco Beccalli. Unter dem Motto "stay curious" interviewt die<br />
ehemalige CNBC-Moderatorin interessante Persönlichkeiten aus aller Welt auf<br />
ihrem YouTube-basierten Mentorit.TV-Kanal. Ein weiteres eindrückliches Beispiel<br />
dafür, wie die, durch die Corona-Pandemie beschleunigte digitale Transformation<br />
innert kürzester Zeit neue Geschäftsideen und -modelle hervorbringt.<br />
Wir wünschen Ihnen einen besinnlichen Jahresausklang, erholsame Festtage<br />
und einen guten Start ins Neue Jahr. Bleiben Sie gesund.<br />
<br />
3
Highlights<br />
Aura Davis - Ein schweizer Talent<br />
KMU <strong>Wirtschaft</strong> im Gespräch mit dem vielversprechenden<br />
Schweizer Talent und Vollblut-Musikerin<br />
Aura Davis. Ab Seite 4<br />
Keinen Platz?<br />
Self Storage hat sich in den letzten zwanzig Jahren<br />
von einem Nischenprodukt zu einer breit<br />
genutzten Dienstleistung entwickelt. Zebrabox<br />
Ab Seite 16<br />
Trend 2021<br />
Elektro-Autos werden immer beliebter - und<br />
innovativer. Wir zeigen die Highlights 2021.<br />
Ab Seite 40<br />
4
Inhaltsverzeichnis:<br />
Aura Davis - Das Stimmwunder S. 6 - 8<br />
Gegen Food Waste - Alexandra Suter S. 10 -11<br />
Star aus der Schweiz bei „Voice of Germany““ S. 12<br />
Porträt - Patricia Falco Beccalli S. 14 - 17<br />
Storage-Lösungen Zebrabox S. 18 - 19<br />
Neue Rekorde - Bitcoin S. 20 - 21<br />
Digitaler Reifegrad S. 22 - 23<br />
Home-Office geht weiter S. 24 - 26<br />
Naturschutz S. 28 - 29<br />
Nachhaltiges <strong>Wirtschaft</strong>en S. 30 - 33<br />
Grüne Revolution beim Bau S. 34 - 36<br />
Kreativ und Sicher S. 38 - 39<br />
Mobilität S. 40 - 41<br />
E-Autos 2021 S. 42 - 43<br />
Phishing mails S. 46 - 48<br />
Business Impact S. 50 - 51<br />
IT-Sicherheit S. 52 - 53<br />
Fehler in Datenbanken S. 54 - 55<br />
Virus befällt Kassensystem S. 56<br />
BNI Balsberg S. 58 - 59<br />
Impressum S. 60<br />
<br />
5
Highlight<br />
„Ich wünsche mir vor allem, weiter<br />
zu wachsen“<br />
KMU <strong>Wirtschaft</strong> im Gespräch mit dem vielversprechenden Schweizer<br />
Talent und Vollblut-Musikerin Aura Davis.<br />
6
Highlight<br />
Aura Davis, dein neuer Hit „Keep running“ klingt als ein sehr<br />
persönliches Werk. Gab es etwas zu verarbeiten?<br />
Gibt es das nicht immer? (lacht) Jedes Wort aus meiner Feder<br />
hat immer einen sehr persönlichen Kern. Keep Running ist hier<br />
keine Ausnahme. Ich verbringe sehr viel Zeit mit mir und meinen<br />
Gedanken und reflektiere mein Handeln, Denken und Fühlen.<br />
Wenn ich etwas über mich gelernt habe, dann dass es in Ordnung<br />
ist, mit dem Kopf durch die Wand zu wollen.<br />
Es ist in Ordnung Ambitionen zu haben und sie laut auszuleben.<br />
Es ist genauso in Ordnung, von etwas wegzulaufen, wenn es<br />
einem aus irgendeinem Grund nicht gut tut.<br />
Man muss nicht immer für andere stark sein und in einer Situation<br />
verweilen, nur weil das vielleicht fairer für andere wäre. Mit<br />
Keep Running, versuche ich mich selbst daran zu erinnern.<br />
Die Lyrics des Songs starten „Like in the famous song, I was<br />
born to run“ Welche Version hat dich inspiriert und wer sind<br />
deine musikalischen Vorbilder?<br />
Um ehrlich zu sein, es ist nicht eine Version des Songs die für<br />
die Zeile verantwortlich ist. Es sind die Worte. Die Botschaft,<br />
die zwischen den wundervoll geschriebenen Zeilen verborgen<br />
liegt.<br />
„The highway‘s jammed<br />
with broken heroes<br />
On a last chance power drive<br />
Everybody‘s out on the run tonight<br />
But there‘s no place left to hide“<br />
Oder eben: Like in that famous song, I was born to run.<br />
Was bedeutet Musik für dich?<br />
Musik bedeutet für mich Freiheit.<br />
Wieso Freiheit?<br />
Ich übersetze Freiheit für mich mit “Live your emotions out<br />
loud”. Musik ermöglicht es mir, alles zu fühlen was man in diesem<br />
Leben fühlen kann.<br />
Du bist ein grosser Fan der Nashville-Szene. Was macht diese<br />
Musik besonders in deinen Ohren?<br />
Auch hier, es ist weniger die Musik an sich. Es sind tatsächlich<br />
die Geschichten und die Art und Weise wie mit Worten umgegangen<br />
wird.<br />
Es sind oftmals keine kurzen Sätze, sondern ganze Paragraphen.<br />
In Nashville sagt niemand “You broke my heart”.<br />
In Nashville sagt man:<br />
“Hey, you call me up again just<br />
to break me like a promise<br />
So casually cruel in the<br />
name of being honest<br />
I‘m a crumpled up piece<br />
of paper lying here<br />
‚Cause I remember it all, all, all too well”<br />
Es geht halt oft wirklich um die Worte, und als absoluter Word-<br />
Nerd, bin ich davon total fasziniert.<br />
<br />
7
Highlight<br />
äusserst durchtriebene Fantasie tat dann wohl den Rest, als<br />
ich realisierte dass ich ja eigentlich wie jeder andere auch ein<br />
Buch schreiben kann (lacht). Musik war in der Familie immer<br />
da - meine Mamma hat immer gesungen. Die Liebe zur Musik<br />
ist also irgendwie genauso angeboren wie die Liebe zu Worte.<br />
Dass ich beides kombinieren kann, hat für mich durchaus etwas<br />
mit Poesie zu tun.<br />
Was bedeutet die Bühne für dich? Bekommst du Entzugserscheinungen<br />
ohne Gigs wie jetzt in der Corona-Zeit?<br />
Ich war seit ich klein bin, oft auf der Bühne. Seit ich aber als Aura<br />
Davis offiziell Musik mache, hatten wir tatsächlich noch keine<br />
Möglichkeit auf einer Bühne live zu spielen. Unsere gesamte<br />
Planung, sei es die EP und der Showcase oder auch Musikvideos,<br />
musste aufgrund von Corona auf Eis gelegt werden. Die<br />
EP produzieren wir nun aber dennoch weiterhin zu Ende. Man<br />
ist ja heutzutage gottseidank technisch soweit dass Locations<br />
mit den richtigen Leuten und Tools überhaupt keine Rolle mehr<br />
spielt. Schade natürlich, dass die physische Nähe zu den Fans<br />
komplett fehlt. Aber die sozialen Medien erlauben es uns heute,<br />
durchaus dennoch eine Form von Nähe zu schaffen. Ich schreibe<br />
täglich auf Instagram und Facebook mit meinen Leuten und liebe<br />
es, wenn ich Videos erhalte in welchen Fans zu meiner Musik<br />
die Quarantäne übertanzen (ehrlich jetzt, sendet mir bitte mehr<br />
davon!) Wir hoffen natürlich wie alle anderen auch, dass wir<br />
nächstes Jahr endlich live spielen können. Bis dahin aber bleiben<br />
wir positiv und konzentrieren uns auf das, was wir beeinflussen<br />
können. Und das heisst: Wir machen eine echt geile EP!<br />
Erzähl uns von deinen Träumen. Wohin bringt dich deine Musikkarriere?<br />
Für die Zukunft wünsche ich mir vor allem als Musiker und<br />
Mensch weiter zu wach-sen. Ich habe diese Reise gerade erst<br />
begonnen und es gibt noch so viel zu erzählen. So viel zu lernen.<br />
So viel zu fühlen. Ich wünsche mir, noch mehr Gleichgesinnte<br />
zu finden. Wie schon erwähnt, es ist in Ordnung Ambitionen zu<br />
haben. Und ich will schlichtweg von allem noch mehr.<br />
Wie wirst du dereinst rückblickend dein Leben beschreiben?<br />
If I had known how it feels,<br />
I would‘ve done it anyway.<br />
Deine Gitarre ist deine ständige Begleiterin (bis ins Bett).<br />
Wie entstehen deine Songs?<br />
Ich schreibe meistens auf Gitarre, das stimmt. Allerdings weniger<br />
nach Verstand, sondern mehr nach Gefühl. Meistens habe<br />
ich tatsächlich keine Ahnung, was ich da genau tue. Ich schreibe<br />
jeden Tag. Manchmal bewusst, manchmal nur kleine Notizen<br />
auf Servietten oder sonst was. Wenn ich dann die Gitarre bei mir<br />
hab, spiele ich meistens einfach etwas rum. Wenn es sich gut<br />
anfühlt mach ich damit weiter und wenn nicht, na dann mach<br />
ich eben was anderes. Es ist sehr individuell und geschieht tatsächlich<br />
meistens eher spontan.<br />
Schon als Kind hast Du Gedichte geschrieben? Ist Musik Poesie<br />
für dich?<br />
Als Kind mit wenig Freunden und ständig streitenden Eltern,<br />
lernte ich früh mit mir selber klar zu kommen. Ich war halt wirklich<br />
oft alleine und war früh fasziniert von Büchern. Ich habe<br />
mit 4 Jahren begonnen zu lesen und ab da so ziemlich alles verschlungen<br />
was man mir mit Buchstaben vorgelegt hat. Meine<br />
8
Wir<br />
KMU<br />
« Wir vertrauen Sunrise, weil<br />
sie die besten Lösungen für<br />
das mobile Arbeiten bieten.»<br />
Adrian Meili, CEO,<br />
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Highlight<br />
„Wir kämpfen gegen Food Waste“<br />
Interview mit Alexandra Suter, Leiterin Hotellerie und Gastronomie Stadtspital Waid und Triemli<br />
Alexandra Suter, wie haben Sie es in jungen Jahren zu der<br />
aktuellen Führungsposition geschafft?<br />
Ich habe mich in den letzten zehn Jahren nebenberuflich kontinuierlich<br />
weitergebildet. Dies sehe ich als eine wichtige Grundlage<br />
für eine langfristige Karriere und um Führungsverantwortung<br />
übernehmen zu können. Nebst der Ausbildung, gehören<br />
sicher eine positive Einstellung, die Bereitschaft zu Veränderung<br />
und nicht zuletzt auch ein wenig Glück dazu. Mit dreissig Jahren<br />
bin ich heute für circa 300 Mitarbeitende in der Hotellerie und<br />
Gastronomie des Stadtspitals Waid und Triemli verantwortlich.<br />
Ich bin sehr stolz und glücklich, dass ich meine Leidenschaft für<br />
das Gesundheitswesen und die Ernährung hier einbringen kann.<br />
Wie haben Sie diese Leidenschaft für feines Essen in sich entdeckt?<br />
Als Schweizer Familie bestand unser Menüplan aus typisch nationalen,<br />
„währschaften“ Gerichten, wie Kartoffeln in allen Variationen<br />
mit Zutaten aus dem eigenen Garten. Als ich dann mein<br />
eigenes Geld verdiente, habe ich entdeckt, dass es auch Restaurants<br />
mit Küche aus allen Erdteilen gibt und dass man aus den<br />
einzelnen Zutaten auch Kunstwerke zaubern kann – statt gekochte<br />
Kartoffeln, Gratin oder Rösti auch Kartoffelspuma oder<br />
Kartoffelsoufflée. Ein schön und mit Liebe dekorierter Teller ist<br />
für mich ein Kunstwerk. Ich schätze und respektiere die grosse<br />
Arbeit und Hingabe, welche Köchinnen und Köche in ihre Kreationen<br />
stecken. Nach meiner kulinarischen Weltreise weiss ich<br />
wieder die Natürlichkeit regionaler und saisonaler Gerichte zu<br />
schätzen. Das trifft auch auf meine Arbeit zu, wo ich aus voller<br />
Überzeugung die reiche Auswahl von regionalen Produzenten<br />
und die Vielfalt der Erzeugnisse und saisonaler Gerichte förde-<br />
re. Auf der Suche nach dem Besonderen und Unverfälschten<br />
muss man gar nicht weit gehen.<br />
Die Corona-Pandemie stellt für Unternehmen – Mitarbeiter<br />
wie Vorgesetzte – eine grosse Herausforderung dar. Wie ist<br />
Ihr vorläufiges Fazit aus Management- und Leadership-Perspektive?<br />
In solch herausfordernden Zeiten ist Empathie in der Führung<br />
besonders wichtig. Die Menschen sind verunsichert und haben<br />
Angst. Deshalb ist es elementar, entschieden zu führen, transparent<br />
zu kommunizieren und zu informieren.<br />
Als Errungenschaft aus der Krise sehe ich aber auch, dass wir in<br />
unserem Bereich als Team stärker zusammengewachsen sind.<br />
Wir, in der operativen und organisatorischen Spitalführung, waren<br />
gerade während des Lockdowns stark gefordert. Ohne das<br />
Miteinander hätten wir nicht erreicht, dass das Wir-Gefühl heute<br />
deutlicher im Vordergrund steht. Zeitgleich haben wir auch<br />
einen grossen Schritt in der Digitalisierung gemacht. Somit haben<br />
wir die Krise als Chance zur Weitentwicklung genutzt.<br />
Gesundheit und Ernährung sind zwei Megatrends, welche<br />
Ihre Arbeit bestimmen. Wie hält man die Qualität angesichts<br />
eines immer weiter steigenden Kostendrucks hoch?<br />
Die Stadtspitäler Waid und Triemli wurden vor knapp zwei Jahren<br />
zusammengelegt. Dies hilft im Bereich Hotellerie und Gastronomie<br />
Synergien zu erschliessen und betriebswirtschaftlicher<br />
zu sein. Kostenbewusstsein ist wichtig, aber gerade in<br />
einem Spital sind gesunde und qualitativ gute Ernährung wesentliche<br />
Eckpfeiler für motivierte und gesunde Mitarbeitende,<br />
sowie für die Genesung von Patientinnen und Patienten. Wir<br />
10
Highlight<br />
achten sehr auf regionale, saisonale, biologische und nachhaltige<br />
Lebensmittel. Milch- und Fleischprodukte kommen ausschliesslich<br />
aus nachhaltiger Schweizer Produktion. Im Bereich<br />
Food-Wasting gehören wir seit einem Jahr zu den Vorreitern bei<br />
den Schweizer Spitälern.<br />
Das Management von Teams in zwei Kliniken/Spitälern mit<br />
unterschiedlichen Kulturen ist eine Herausforderung. Wie<br />
gehen Sie bei der Schaffung einer Kultur und Teambuilding<br />
vor?<br />
In der Tat waren die Kultur, die Betriebssysteme und die Abläufe<br />
an den beiden Standorten unterschiedlich. Die betroffenen Mitarbeitenden<br />
beider Spitäler hatten vor der Zusammenführung<br />
keine grossen Berührungspunkte. Bei einer Zusammenführung<br />
dieser Grössenordnung gehören Unsicherheiten bei den Mitarbeitenden<br />
dazu. Ein erster, wichtiger Schritt war die Erstellung<br />
eines transparenten Kommunikationskonzeptes und die<br />
Schaffung klarer Verantwortungs- und Sitzungsstrukturen. In<br />
den ersten sechs Monaten haben wir viele teambildende Workshops<br />
durchgeführt. Schwerpunkte waren die Erstellung einer<br />
gemeinsamen Hotellerie- und Gastronomiestrategie sowie die<br />
Definition neuer Werte und die Erarbeitung unseres Leitbildes.<br />
Ich spüre, dass wir dadurch standortübergreifend ein klares<br />
Verständnis für die Zielausrichtung gewonnen haben und aus<br />
zwei unterschiedlichen Teams nun zu einer Einheit zusammengewachsen<br />
sind.<br />
Nachhaltigkeit, Energieeffizienz, Digitalisierung – wie beeinflussen<br />
solche Megatrends Ihre Arbeit?<br />
Das Stadtspital Waid und Triemli verpflegt rund 2400 Personen<br />
am Tag, was einer durchschnittlichen Jahresleistung von<br />
876‘000 Mahlzeiten entspricht.<br />
Nebst einer ständigen Erweiterung unseres Portfolios mit vegetarischen<br />
und veganen Gerichten, nimmt auch der Verkauf eben<br />
dieser Menüs ständig zu.<br />
Wurden im Jahr 2017 fast 28‘000 vegetarische Gerichte verkauft,<br />
so waren es 2019 bereits knapp 36‘500 Gerichte, was<br />
einer Zunahme von 32% entspricht. Der CO2-Fussabdruck verbessert<br />
sich dadurch merklich und auch der Einkauf von biologischen<br />
und nachhaltigen Produkten steigt stetig an. Der Kampf<br />
gegen Food-Waste ist uns ein grosses Anliegen. In der Schweiz<br />
werden pro Jahr 2.6 Mio. Tonnen Lebensmittel verschwendet,<br />
wir stellen uns dem aktiv entgegen indem eine permanente<br />
Überwachung und Protokollierung aller Lebensmittelabfälle<br />
stattfindet. Nur so können wir uns ständig verbessern und mithelfen,<br />
nicht nur für die Stadt Zürich, sondern gesamtheitlich,<br />
etwas beizutragen. Die Menge des biologischen Abfalls konnte<br />
in den letzten zwei Jahren um 20% gesenkt werden. Projekte<br />
rund um das Thema Food-Waste und Nachhaltigkeit haben<br />
stets eine grosse Priorität. Im Rahmen eines Pilotprojekts mit<br />
der Firma Kitro können wir genau mit einer Kamera analysieren,<br />
in welche Lebensmittelsubstanzen sich die Verschwendung<br />
unterteilt. So erfahren wir, welche Gerichte den Gästen<br />
schmecken und welche Lebensmittelbestandteile am meisten<br />
auf den Tellern zurückbleiben. Auch nehmen wir am Pilotprojekt<br />
von Olanga teil, eine App welche in Zusammenarbeit mit<br />
dem Bundesamt für Umwelt entwickelt wurde und durch intelligente<br />
Menüvorbestellung den Lebensmittelaufwand deutlich<br />
reduziert. Wir retten überschüssiges Essen, in dem wir bei „Too<br />
Good To Go“ mitmachen. Auch beim Material achten wir streng<br />
auf Nachhaltigkeit, unsere Servietten werden aus rezykliertem<br />
Papier hergestellt und wir verzichten auf Plastikgeschirr. Unsere<br />
Take-Away-Schalen sind biologisch abbaubar und wir nutzen<br />
die allseits bekannten und nachhaltigen reCIRCLE-Schalen.<br />
Welche beruflichen Ziele haben Sie, welche persönlichen<br />
Träume, die Sie verraten wollen?<br />
Ich möchte die Hotellerie und Gastronomie des Stadtspitals<br />
Waid und Triemli in der Kunden-und Patientenzufriedenheit<br />
ganz vorne platzieren, quasi als Visitenkarte, mit dem Image<br />
eines fortschrittlichen, qualitätsorientierten und verantwortlichen<br />
Betriebs. Ich bin überzeugt, dass dies auch ein entscheidender<br />
Faktor für die Gewinnung neuer und den Erhalt<br />
bestehender Mitarbeitender ist. Darüber hinaus kann ich mir<br />
vorstellen, meine Passion und Wissen im Rahmen eines Lehrauftrags<br />
weiterzugeben.<br />
<br />
11
Highlight<br />
Ich packe alles – meine Leben, Gefühle und<br />
die Vergangenheit – in meine Songs<br />
KMU <strong>Wirtschaft</strong> im Gespräch mit Freschta, Schweizerin mit<br />
afghanischen Wurzeln und „Voice of Germany“-Star<br />
Voice of Germany hat Dich zum Star gemacht. Was hat das in<br />
deinem Leben verändert?<br />
Über Nacht war ich in der Schweiz und in Deutschland bekannt.<br />
Deutschland ist ein interessanter Markt mit grossem Potenzial<br />
für mich. Ausserdem konnte ich neue Kontakte aus dem Musik-<br />
Business knüpfen, welche für mich neue Türen geöffnet haben.<br />
„Meine 3 Minuten“ mit dem deutschen Rapper Sido bleibt<br />
uns im Gedächtnis. Wie kam es zu dem Duett?<br />
Da jeder Finalist mit seinem/ihrem Coach ein Lied releasen<br />
durfte, kam es so zu diesem Song.<br />
Ein toller Song mit einer Message dahinter. War ein grossartiges<br />
Erlebnis. Noch heute habe ich Kontakt mit Sido, was ich sehr<br />
schätze.<br />
Du standst auch mit Dua Lipa auf der Bühne, international<br />
eine grosse Nummer. Was bedeuten Dir solche Auftritte?<br />
So was ist ein fantastisches Erlebnis auf „Augenhöhe“. Man<br />
lernt von solchen Top-Stars, wie man selbstbewusster und professioneller<br />
auftreten kann. Dieser Auftritt bedeutete sehr viel<br />
für mich, da ein Traum in Erfüllung ging.<br />
Auf deiner Website schreibst du von den Schwierigkeiten<br />
von Künstlern in der Corona-Krise…<br />
Wir Künstler gehen gerade durch eine harte Zeit, weil Auftritte<br />
und ganze Tourneen von heute auf morgen abgesagt worden<br />
sind und immer noch werden.<br />
Die Zukunft ist ungewiss. Doch man hat Zeit für neue Songs,<br />
und kann innovativ sein und sich zum Beispiel auf die Vermarktung<br />
auf Online-Plattformen anstelle von Live-Auftritten fokussieren.<br />
Du arbeitest an neuer Musik. Für <strong>2020</strong> sind neue Tracks geplant.<br />
Auf was dürfen wir uns freuen?<br />
Bald erfolgt ein Release in Zusammenarbeit mit einem bekannten<br />
Schweizer Rapper. Ausserdem arbeite ich intensiv an Solo-Projekten,<br />
wobei inhaltlich mein Leben, meine Gefühle und<br />
auch die Vergangenheit thematisiert werden. Öffentlich gebe<br />
ich keine tiefen Einblicke in mein privates Leben, ich packe lieber<br />
alles in meine Songs.<br />
Mit Markus Glur von Skytone Music bist du eine neue Kooperation<br />
eingegangen. Wie kam es dazu?<br />
Ich strebe eine langfristige Zusammenarbeit an und möchte<br />
alle Arbeitsschritte mit-verfolgen und nicht „nur“ die Sängerin<br />
sein. Markus bietet hohe Qualität und sehr viel Know-how.<br />
Unser Ziel ist es, weitere Projekte auf hohem professionellen<br />
Niveau zu produzieren und zu vermarkten. Dabei soll möglichst<br />
viel «Made in Switzerland» sein. Aktuell bauen wir auch ein professionelles<br />
PR & Marketing Team auf.<br />
Deine Eltern stammen aus Afghanistan. Wie sehr prägen diese<br />
Wurzel deine Musik?<br />
Ich bin in der Schweiz aufgewachsen, jedoch stark von dieser<br />
Kultur geprägt. Nicht nur meine Songtexte werden meine<br />
Wurzeln spiegeln, sondern auch meine Musik. Mein Ziel ist es,<br />
europäischen Sound mit demjenigen aus dem Nahen Osten zu<br />
ver-schmelzen.<br />
Als eine der wenigen Schweizer Künstler hast du es in<br />
Deutschland geschafft. Was ist spannend an diesem Markt?<br />
Die Grösse und Vielfalt des Marktes sind reizvoll. Es gibt ganz<br />
einfach mehr Möglichkeiten. Die Schweiz bleibt aber meine Basis,<br />
da ich hier zuhause bin.<br />
12
Denken Sie hier<br />
an Turnschuhe?<br />
Warum nicht.<br />
Unternehmer denken weiter. Zum Beispiel, wie aus<br />
Plastikmüll nachhaltige Turnschuhe hergestellt werden<br />
können. Und wir sind die Bank, die mitgeht.<br />
credit-suisse.com/unternehmer<br />
Credit Suisse<br />
unterstützt<br />
Unternehmer<br />
Copyright © <strong>2020</strong> Credit Suisse Group AG und/oder mit ihr verbundene Unternehmen. Alle Rechte vorbehalten.<br />
<br />
13
„Stay curious to thrive“<br />
KMU <strong>Wirtschaft</strong> im Gespräch mit der Medien-<br />
Unternehmerin, Investorin und Wahl-Zürcherin<br />
Patricia Falco Beccalli<br />
14
Highlights<br />
Frau Falco Beccalli, Sie sind Medienunternehmerin, Investorin<br />
und Business Angel. Wie bekommt man dies als Ehefrau<br />
und Mutter unter einen Hut?<br />
Gerne würde ich dazu antworten: ‘Grosse Leidenschaft allein! ’Aber<br />
Leidenschaft ist nur ein Teil der Gleichung ‘alles unter einen Hut’<br />
zu bekommen. Die anderen Quotienten sind Disziplin, Organisation<br />
und Liebe. Disziplin überbrückt die Momente, die wir alle<br />
als Motivations- oder Energielosigkeit kennen. Oder wenn man<br />
erschöpft denkt, ‘warum mache ich das alles hier? ’ Disziplin<br />
fragt nicht: ‘habe ich jetzt Lust und Leidenschaft, meinen Verantwortungen<br />
gerecht zu werden oder nicht zu meinem Wort<br />
zu stehen. Sie flüstert mir vielmehr zu: ‘Mach einfach so gut es<br />
geht’ oder ‘Immer weiter im Text’ oder ‘Autopilot, Patricia, Autopilot’.<br />
Gute Organisation ist eine<br />
grosse Kunst, denn sie hängt<br />
von Prioritätensetzung ab. Oft<br />
verheddern wir uns im Tagesgeschehen,<br />
sind beschäftigt aber<br />
(er)schaffen eigentlich nichts.<br />
Wir wiegen uns in dem Gefühl,<br />
‘wenigstens etwas gemacht’ zu<br />
haben. Doch das ist ein gefährlicher<br />
Trugschluss, besonders<br />
wenn z.B. Geschäftspartner,<br />
oder auch die Familie auf einen<br />
zählen.<br />
Die Liebe meiner Familie, meiner<br />
Tochter, Victoria, und mein<br />
Mann Nani sind unverzichtbar<br />
für mich. Sie stehen 100% zu mir<br />
und meiner Karriere. Sie erden<br />
mich, geben mir Halt und Unterstützung;<br />
sind die grössten Fans<br />
und besten Kritiker, von denen<br />
ich weiss, dass sie ganz im Sinne<br />
meiner Ziele und Entwicklung an<br />
mir Kritik üben. Liebe ist ein Privileg<br />
und ich bin ihr täglich ganz<br />
bewusst dankbar. Vielleicht ist<br />
dies - besonders bezüglich der<br />
Disziplin und Organisation – eine<br />
eher rigide und rationale Weise,<br />
mein ‘ausgeglichenes Leben’, zu<br />
beschreiben. Meine Kindheitserfahrungen<br />
spielen sicherlich eine<br />
grosse Rolle. Ich war immer auf mich selbst gestellt, da meine<br />
Eltern als politische Flüchtlinge aus Ungarn nach Deutschland<br />
kamen – mittellos und mit mir als Baby im „Gepäck“. Sie verstanden<br />
weder die Sprache, noch den ‘westlichen Kapitalismus’.<br />
Oft alleine und ein Schlüsselkind – bei berufstätigen Eltern war<br />
ich schon im zarten Alter tagsüber auf mich gestellt – hatte ich<br />
keine andere Wahl als einfach zu funktionieren und selbständig<br />
zu handeln. ‘Nichts dem Zufall überlassen’, war bei uns<br />
grossgeschrieben. Keiner von uns, weder meine Eltern noch<br />
ich, hatten die Option einfach einzuknicken oder etwas aus dem<br />
‘Ruder laufen zu lassen.‘ Auch wenn es schwer für mich war, besonders<br />
finanziell, hat mich meine Kindheit bestens auf ein ‘dynamisches<br />
Leben’ in all’ seinen Nuancen, vorbereitet. Ich habe<br />
schnell gelernt, dass ich meine Träume selbst erarbeiten muss<br />
und dass Herausforderungen im Alltag, für mich Chancen sind<br />
zu wachsen, besser zu werden und mich weiterzuentwickeln.<br />
Meine Neugier und mein Optimismus motivieren mich täglich<br />
aufs Neue!<br />
Als Business TV-Anchor, unter anderem für CNBC, haben Sie<br />
internationale Bekanntheit erlangt. Jetzt sind Sie selbst Medienunternehmerin.<br />
Wie kam’s dazu und wie gross ist die Umstellung?<br />
Die knapp13 Jahre im Finanz-TV, erst mit RAI in Rom und dann<br />
mit CNBC in London, habe ich geliebt und in vollen Zügen genossen.<br />
Und damit meine ich nicht, dass man mich plötzlich auf<br />
der Strasse erkannte. Natürlich schmeichelt es dem Ego, macht<br />
einen ein Stück weit stolz. Aber ich habe meine Position als Anchor<br />
immer als grosses Privileg bewertet. Ich hatte Zugang zu<br />
den interessantesten, mächtigsten, innovativsten, reichsten<br />
Menschen der Welt, konnte ihnen Fragen stellen und ganz nah<br />
beobachten, wie sie Ihren Erfolg kreierten und managten. Ich<br />
hatte ein fantastisch kreatives Team, und meine Co-Moderatoren<br />
waren immer gut aufgelegt, was natürlich den ganzen Tenor<br />
der Sendung bestimmen kann.<br />
Ende 2012 verliess ich CNBC, nicht letztens auf die Bitte meines<br />
Mannes hin. Für ihn war es schwer, dass ich um 03.00 Uhr<br />
aus dem Bett kroch, um meine ‘Morning Show’ um 05.00 Uhr<br />
morgens zu moderieren. Da auch er eine sehr hohe Position<br />
innehielt, und er mich auch<br />
als ‘Corporate Wife’ an diversen<br />
Veranstaltungen<br />
brauchte, habe ich mich von<br />
CNBC (schweren Herzens)<br />
getrennt.<br />
Die Umstellung war hart,<br />
denn nie zuvor hatte ich<br />
NICHT gearbeitet! Hatte<br />
immer eine Karriere, mein<br />
eigenes Einkommen und<br />
finanzielle Unabhängigkeit.<br />
Damit will ich sagen, dass<br />
die Umstellung sich nicht<br />
nur auf den Arbeitgeber,<br />
sondern auch auf emotionaler<br />
Ebene abgespielt hat.<br />
Mentorit.TV hat sich selbst<br />
erfunden. Die Idee ist das<br />
Ergebnis meiner schon erwähnten<br />
Neugier. Anfang<br />
April, im vollen Lockdown<br />
der ‘ganzen Welt’, hatte ich<br />
so viele Fragen. Irgendwie<br />
hatte ich das Gefühl, Covid-19<br />
wird schlimm und<br />
keine Alltagsfliege. Ich wollte<br />
wissen, was meine Freunde<br />
und mein professionelles<br />
Netzwerk über die Pandemie<br />
dachten. Wie schätzten<br />
sie die Situation ein und wie<br />
sahen sie die Zukunft? Was waren die Erwartungen und wie gingen<br />
sie damit um? Also fasste ich kurzum den Entschluss, und<br />
schrieb mein Netzwerk mit der Frage an, ob sie mit mir und ‘der<br />
Welt’ ihre ganz persönlichen Einblicke, Prognosen und Befürchtungen<br />
auf in einem Video-Interview zu teilen. Et voilà<br />
Und warum der Name Mentorit.TV? Ganz einfach, weil ich daran<br />
glaube, dass jeder Mensch mit seinen ganz persönlichen Erfahrungen<br />
– ob professionell oder privat – Kerneinsichten bekommen<br />
hat, die es wert sind mit ‘der Welt’ zu teilen. Somit kann<br />
jeder ein Mentor sein!<br />
CNBC Money Switzerland hat jüngst den Konkurs vermeldet.<br />
Was gibt Ihnen die Zuversicht, in diesem anspruchsvollen Umfeld<br />
Erfolg zu haben.<br />
Mentorit.TV – meinen YouTube Kanal – mit einer grossen TV<br />
Sender zu vergleichen, ist unrealistisch. Die Medienlandschaft<br />
hat sich seit der Einführung der Digitalisierung, den Sozialen<br />
Medien und der Smart-Phones komplett verändert. Der Zuschauer<br />
konsumiert Medieninhalte heutzutage anders. Gezielt<br />
und ungeduldig ist sein Suchverhalten auf dem Netz. Das klassische<br />
TV Programm wird mit seinen hunderten Kanälen einfach<br />
durchgezappt. Dementsprechend kämpfen viele grosse Sender<br />
mit dem Überleben. Man sehe die Schliessung von CNN Money<br />
Switzerland vor einigen Wochen hier in Zürich. Und Mentorit.TV<br />
muss sich unter über 500 Millionen YouTube Kanälen Gehör ver-<br />
<br />
15
schaffen und Zuschauer gewinnen. Die Corona-Krise hat aber<br />
auch gezeigt, dass die technologische Entwicklung in den letzten<br />
30 Jahren uns kostengünstige und effiziente Alternativen<br />
bietet, Medieninhalte zu schaffen und zu vermarkten. Beispiel<br />
Konferenzen: diese werden momentan komplett online gehalten.<br />
Diese zu moderieren, hat ein ganz anderes Feeling, besonders<br />
weil man sein Auditorium nicht spürt oder mitdiskutieren<br />
lassen kann. Das ist schade, aber immerhin die Technologie<br />
hilft, dass es überhaupt noch einen intellektuellen Austausch<br />
auf einem virtuellen Podest gibt.<br />
Ich liebe Business, aber auch das Rampenlicht. Der Ton und<br />
der Modus Operandi auf dem Trading-Floor in den Banken war<br />
mir zu rau und schon bald wusste ich, dass ich eine Alternative<br />
suchen würde. Ich hatte Glück, denn ich habe es mit meiner<br />
Position bei RAI und CNBC geschafft, zwei Leidenschaften zusammenzuführen:<br />
Business und Rampenlicht! Der Schritt war<br />
rein emotional, denn als Bankerin verdiente ich gutes Geld und<br />
bekam Boni. Beim TV musste ich ganz von unten anfangen... in<br />
allerlei Hinsicht.<br />
Und ja, natürlich hatte ich bei CNBC eine Entourage, vom Junior-<br />
Producer bis zum Make-up. Jetzt mache ich 50% allein: Gäste-<br />
Pipeline, Interview Themen, Recherche, Make-up, Sendung und<br />
das Schneiden der Sendung für das YouTube Format aber auch<br />
für alle anderen Plattformen, so wie Twitter, FB, Instagram, LinkedIn.<br />
Die anderen 50% liegen bei der aktiven Kommunikation und<br />
Vermarktung meiner Inhalte. Dafür habe ich nunmehr ein Team<br />
zusammengestellt. Eine grosse Investition, die sich aber bestimmt<br />
lohnt. Sie publizieren nicht nur auf den oben genannten.<br />
Plattformen, sondern jetzt gibt es auch einen Newsletter (alle<br />
zwei Wochen), den Mentorit.TV Monitor, der unser Netzwerk im<br />
Bild hält. Eines habe ich in dieser Umstellung schnell gelernt:<br />
Niemals die Arbeit von Social Media-Marketingfirmen unterschätzen!<br />
Zusammen mit Ihnen steht oder fällt der Erfolg von<br />
Mentorit.TV!<br />
Was differenziert Ihr Format von Angebot der Konkurrenz?<br />
Im Gegensatz zu meinem vorigen Arbeitgeber CNBC, ist Mentorit.TV<br />
nicht News-, sondern Contentgetrieben. Mein Ziel ist<br />
es in die Tiefe zu gehen und einfühlsam mit meinen Gesprächspartnern<br />
Themen und Stories zu entdecken. Unsere Followers<br />
fühlent sich wohl, Neues zu entdecken, ob über Kunst, Politik,<br />
<strong>Wirtschaft</strong>, Medizin oder innovative Technologien wie Crypto<br />
oder Blockchain. Mein USP ist es, die besten Köpfe, Denker und<br />
Avantgardisten meinem Publikum zu bieten. STAY CURIOUS ist<br />
das Motto von Mentorit.TV. Das ist eine Aufforderung, unseren<br />
Tag so anzugehen als wäre es der ERSTE und nicht der LETZ-<br />
TE unseres Lebens. Solange wir uns ‘pushen’ etwas Neues zu<br />
entdecken, offen für Inspiration und andere Sichtweisen sind,<br />
solange werden wir uns entwickeln – das anders ausgedrückt –<br />
unsere persönliche Evolution geht weiter. Und das ist für mich<br />
Leben!<br />
Meine derzeitige Serie: Covid-19 – from Crisis to Creation, soll<br />
Hoffnung geben und zeigen, wie meine Interviewpartner das<br />
Beste aus der Pandemie und <strong>Wirtschaft</strong>skrise machen. Egal in<br />
welchem Sektor oder in welchem Land.<br />
Redaktionell lasse ich mich auch von meinen Followern leiten.<br />
Ich glaube ganz fest an die Co-Kreation der Inhalte zusammen<br />
mit meiner Audience. Ich höre genaue hin und neheme meine<br />
Audience sehr ernst!<br />
Sie selbst haben eine interessante Lebensgeschichte zu erzählen.<br />
Wieso macht man als erfolgreiche Investment-Bankerin<br />
den Schritt in die Medienwelt?<br />
Um einen kleinen Kontext zu geben, eigentlich wollte ich immer<br />
Schauspielerin werden. Seit dem 6. Lebensjahr nahm ich<br />
Ballettunterricht und wurde mit 13 auch in die staatliche Ballettschule<br />
in Frankfurt – das Dr. Hoch’s Konservatorium – aufgenommen.<br />
Ich spielte viel Theater, Klavier und Saxofon und<br />
nahm zeitweise Gesangsunterricht. Bis, ja bis mir dann ein Ex-<br />
Freund sagte, er würde mich verlassen, sollte ich auf der Bühne<br />
jemanden für eine Rolle küssen. Ich sollte doch vielmehr in<br />
England etwas mit Business und Finanzen studieren. Das war<br />
ein sehr grosser Richtungswechsel. Nach der Uni bin ich dann in<br />
meinen ersten Job gestolpert, als ich einen Investmentbanker<br />
von Lehman Brothers. auf einem Weinfest in Deutschland kennenlernte.<br />
Der bat mir nach dem Uni-Abschluss eine Stelle an et<br />
voilà , ich landete im Banking.<br />
Als Frau hatten Sie sich in von Männern dominierten Branchen<br />
– Finanzen wie Medien – durch Leistung durchzusetzen.<br />
Welchen Rat haben Sie für junge, karriereorientierte Frauen?<br />
Es hat sich zwar einiges im Sinne von ‘Gender Equality’ getan,<br />
aber volle Emanzipation oder Gleichberechtigung gibt es (noch<br />
lange) nicht. Ein Mann wird eine Frau immer zuerst als Frau sehen<br />
und erst im zweiten Schritt als ein professionelles Mitglied<br />
des Teams. Hart aber wahr... und je eher das eine Frau versteht,<br />
desto besser für ihren Werdegang. Frauen machen oft den Fehler<br />
mit Männern auf der Mann-Ebene zu konkurrieren, anstatt<br />
ihre femininen Qualitäten positiv einzusetzen. Gerade im Banking<br />
waren (zu meiner Zeit jedenfalls) die Frauen fast männlicher<br />
im Habitus und im Dressing als die Männer. Ich konnte das<br />
nie nachvollziehen und um ehrlich zu sein, hatte ich den Eindruck,<br />
dass Männer dies eher belächelten und nicht respektierten.<br />
Leistung und harte Arbeit zählen, ja, aber das Networking ist<br />
fundamental und bringen weiter. Frauen meinen oft, sie werden<br />
entdeckt und promotet, wenn sie nur brav Performance bringen.<br />
Klar, das ist eine Seite der Medaille. Die andere Seite aber<br />
ist, ‘Dabei-zu-sein’ im Pub oder bei Sportevents z.B., was zum<br />
Erfolg führt.<br />
16
Würde und Werte sind Grundsteine deiner langlebigen Reputation<br />
und Lebensqualität. Das gilt für das Arbeitsumfeld, sowie<br />
im Privaten. Behalte immer deine Würde und eine gute Portion<br />
Selbstliebe. Lasse nicht alles mit dir machen, du bist kein Opfer,<br />
sondern der Protagonist in deiner Lebensgeschichte. Lasse niemanden<br />
deine Werte korrumpieren und stehe zu dir.<br />
Ihr Business Know-how bringt Ihnen auch Vorteile als Investorin?<br />
Was macht Falco Capital?<br />
I am a SURVIVOR! Mein Mann und ich erkrankten am Corona<br />
Virus Ende Januar <strong>2020</strong>. Damals wollten wir uns im Uni Spital<br />
testen lassen, aber da war nichts zu machen. Die damaligen Bedingungen<br />
zum Corona Test waren, dass man in China gewesen<br />
sein musste, oder mit einem Chinesen etwas hatte oder oder,<br />
oder... Das war eine komische Erfahrung, weil wir verantwortungsvoll<br />
handeln wollten und bereit waren, sofort in Quarantäne<br />
zu gehen, um unsere Mitmenschen zu schützen. Und ‘das<br />
System’ oder der ‘Corona-Fragenkatalog’ uns dies untersagte.<br />
Falco Capital ist neben Mentorit.TV mein Hauptfokus. Wir sind<br />
zehn Partner und investieren in sogenannte ‘scale-up’ Firmen.<br />
Das sind junge Firmen, denen finanzielle Investitionen allein<br />
nicht reichen, um international erfolgreich und nachhaltig zu<br />
wachsen. Wir haben ein neues Investment Model entwickelt,<br />
welches wir mit ‘Operational Investors’ bezeichnen. Die Investition<br />
ist eine Mischung von ‘Cash-Investment’ und ‘ Sweat-Investment’.<br />
Cash-only-Investoren zu finden, ist relativ einfach. Jedoch fehlt<br />
den Unternehmen meist die Expertise wie dieses Geld effizient<br />
eingesetzt wird, um das Unternehmen zum Erfolg zu bringen.<br />
Das ist das USP von Falco Capital. Alle zehn Partner haben eine<br />
spezielle Expertise, die sie einbringen, um dem Unternehmen<br />
besonders in operativen Prozessen (Hands-on und NICHT als<br />
Berater) zu unterstützen. Es geht von Strategieentwicklung<br />
bis zur Supply-Chain Optimierung oder den Aufbau von Distributions-Strukturen<br />
auf globaler Ebene durch unser Netzwerk.<br />
Nochmal: Falco Capital ist kein Berater, der mit guten und teuren<br />
Ratschlägen das Firmenmanagement dann alleine lässt.<br />
Wir stehen mit TAT zur Seite.<br />
Wir sind der Überzeugung und beobachten es seit einigen Jahren,<br />
dass das klassische Venture Kapital ein ‘Auslaufmodel’ der<br />
Investitionsart ist. Das Prinzip ‘Spray, Hope and Pray’ hat viele<br />
Problematiken, besonders für Firmen die zwar eine Geldspritze<br />
erhalten haben, aber nicht wissen, wie es eingesetzt werden<br />
soll. Das ist so, als würde man im Lotto gewinnen, aber nichts<br />
von Fonds-Management verstehen. Das Geld ist schneller weg,<br />
als man meint.<br />
Zurück zu Mentorit-TV – wie planen Sie langfristig die Finanzierung<br />
zu sichern?<br />
Oh, da bin ich total unbefangen und kenne mich gar nicht aus.<br />
Was ich natürlich sehe, ist das YouTube Kanäle mit einer grossen<br />
Anzahl an Follower auch Werbung schalten. Mentorit.TV ist da<br />
noch ganz am Anfang. Ein Geschäftsmodell, welches auf Sponsoring<br />
aufgebaut ist und auf kurze Sicht eventuell realistischer.<br />
Die Analyse meiner Zuschauer wird aufzeigen für welche Firma<br />
es potenziell Sinn macht, eine Sendereihe zu sponsern. Wenn<br />
der Content und die Audience im Sinne des Unternehmens ist,<br />
kann das effektiv in Unternehmen-Marketing eingesetzt werden.<br />
Mein Medien- und Kommunikationsberater, Bernhard Bauhofer<br />
von Sparring Partners hier in Zürich ist da sehr kreativ und<br />
setzt solche Konzepte seit Jahren erfolgreich um.<br />
Sie haben an vielen Orten der Welt gelebt. Jetzt ist Zürich Ihr<br />
Zuhause. Was macht die Stadt besonders und wie sieht ihre<br />
Zukunft nach Corona aus?<br />
Ich liebe Zürich, denn es ist eine Stadt mit der richtigen Mischung<br />
an Lebensqualität, Weltoffenheit und Internationalität.<br />
Hier passiert so vieles, besonders auch in der Start-up- und<br />
Crypto-Szene. Für mich als Investorin, hat sich hier immer nur<br />
Positives entwickelt. Und damit meine ich sowohl die Unternehmen,<br />
also auch die Menschen, die hinter den Unternehmen<br />
stehen. Privat fühle ich mich hier zuhause und kann es eigentlich<br />
gar nicht unterschreiben, dass die Schweizer die Ausländer<br />
(wie mich) angeblich nicht akzeptieren. Ganz im Gegenteil. Ich<br />
bin immer auf sehr offene und hilfsbereite Schweizer getroffen<br />
und habe mittlerweile einen sehr bunten und schönen Freundeskreis.<br />
Erst im Mai, als wir einen Antikörpertest durchführen liessen,<br />
hatten wir die Bestätigung, dass wir tatsächlich Covid-19-Survivors<br />
sind. Interessant ist nur, dass wir weder unsere Tochter,<br />
noch meine Eltern oder unsere Angestellten angesteckt hatten,<br />
trotz dem engen und regen Kontakt in der Zeit unserer akuten<br />
Erkrankung....<br />
Zu guter Letzt: Sie haben schon grössere Persönlichkeiten<br />
interviewt. Wer fehlt Ihnen auf der Liste, den Sie noch unbedingt<br />
befragen wollen?<br />
Wow… das ist eine Frage? Natürlich kann ich da die ganz großen<br />
Namen der <strong>Wirtschaft</strong>, Kunst und Politik aufzählen. Aber<br />
wie ich schon erwähnte, jeder von uns hat eine Geschichte zu<br />
erzählen, von der wir alle lernen können. Ich bin so dankbar für<br />
all die Gäste, die sich bis dato Zeit für Mentorit.TV genommen<br />
haben. Mein Wunsch wäre es, auf diesem Niveau mich weiterentwickeln<br />
zu können. Und da zähle ich auch auf das Netzwerk<br />
meiner Follower, ganz im Sinne von Content-Co-Creation!<br />
<br />
17
Porträt<br />
Self Storage:<br />
nach aktuellsten Kundenbedürfnissen konzipiert<br />
Herr Schmutz, Sie gelten als Pionier des Self Storage in der<br />
Schweiz. Wie hat sich das Geschäft seit den Anfängen entwickelt?<br />
Self Storage hat sich in den letzten zwanzig Jahren von einem<br />
Nischenprodukt zu einer breit genutzten Dienstleistung entwickelt.<br />
Die stetig wachsende Urbanisierung und Mobilität der<br />
Gesellschaft führen dazu, dass Kunden Bedürfnisse und Erwartungen<br />
an innovative Dienstleistungen entwickeln, die sie<br />
in diesem dynamischen aber auch angespannten Umfeld unterstützen<br />
und ihr Leben erleichtern. Dies gilt sowohl für private<br />
wie auch für Firmen, egal in welcher Größe.<br />
Dazu kommt die Digitalisierung, die vieles vereinfacht, und<br />
gleichzeitig die Geschwindigkeit der Gesellschaft erhöht. Somit<br />
bewegen wir uns immer schneller, und versuchen immer mehr<br />
gleichzeitig zu erledigen. Self Storage fügt sich in dieses Bild<br />
hinein, in dem es flexible Lagerlösungen anbietet, die schnell<br />
und unkompliziert von Kunden gemietet und wenn nicht mehr<br />
gebraucht wieder abgegeben werden können.<br />
Im Januar steht die Eröffnung des Standorts in Winterthur<br />
Töss auf der Agenda. Was zeichnet diesen Neubau aus?<br />
Zebrabox hat als Ziel, die oben erwähnten Bedürfnisse der<br />
Schweizer urbanen Bevölkerung zu bedienen. Wir freuen uns,<br />
mit unserem neuen Standort in Winterthur zur Dynamik dieser<br />
Stadt einen Beitrag zu leisten. Dazu ist dieser Standort ein<br />
Neubau, wo wir unsere langjährige Erfahrung einfließen lassen,<br />
damit unsere Kunden das Bestmögliche im Self Storage erhalten.<br />
Die Summe vieler wesentlichen Sachen und kleinen Details<br />
führt dazu, dass jeder seine Zebrabox schnell, sicher und unkompliziert<br />
nutzen kann. Dazu gehören zum Beispiel hindernisfreies<br />
Einlagern, kurze Wege, großzügige Warenlifte, wettergeschützte<br />
Ladeflächen, ausreichende Parkplätze, und vieles<br />
mehr. Dazu ist uns der Wohlfühlfaktor unserer Kunden wichtig.<br />
Unsere Räumlichkeiten sind sauber, videoüberwacht, gut beleuchtet,<br />
und jeder Lagerraum ist individuell mittels Alarmanlage<br />
gesichert.<br />
Indem Sie ganz verschiedenen Menschen Lagerräume anbieten,<br />
lösen Sie auch deren Probleme. In welchen Lebenssituationen<br />
werden Menschen zu Ihren Kunden?<br />
Die steigende soziale und professionelle Mobilität der Leute<br />
bringt das Leben viel öfters in Phasen des Wechsels, wo nicht<br />
mehr alles stabil ist. Dies ist zum Beispiel der Fall bei einem Joboder<br />
Partnerwechsel, beim Schritt in die Selbstständigkeit –<br />
Thema „ich gründe ein Start-up“ – bei einem Auslandaufenthalt<br />
oder anderen, neu sich ergebenden Lebenssituationen. Diese<br />
bringen für die Betroffenen oft neue Perspektiven mit sich, aber<br />
auch Stress. Zebrabox positioniert sich da als Begleiter, wir können<br />
Ermöglicher sein – viele Start-up sind aus einer Zebrabox<br />
geboren – und gleichzeitig Stressabbauer – nach dem Motto<br />
„meine Möbel können schnell und sicher bei Zebrabox eingelagert<br />
werden“.<br />
Langfristig bietet Zebrabox ihren Beitrag zur Verdichtung der<br />
Städte, indem wir auf effiziente Weise dem durch die Urbanisierung<br />
bedingten schwindenden Stauraum eine Alternative<br />
anbieten. Den fehlenden Keller meiner Loftwohnung kompensiere<br />
ich durch meine Zebrabox.<br />
Wie können Sie KMUs unterstützen?<br />
Zebrabox hat seit jeher viele gewerbliche Kunden, von der<br />
Kleinstunternehmung bis zu den grossen Multis in der Schweiz.<br />
KMUs nutzen typischerweise eine Zebrabox für Kleinlager von<br />
Außendienstmitarbeiter und Servicetechniker, für Archiv, oder<br />
auch als lokale logistische Kleinhubs. Self-Storage mit Stadtlagen<br />
wird in Zukunft sicher eine wichtige Rolle in der Problematik<br />
der Last Mile-Logistik spielen können.<br />
18
Porträt<br />
Digitalisierung und Künstliche Intelligenz sind über alle Branchen<br />
hinweg im Vormarsch. Spielen sie Sie in Ihrem Geschäft<br />
auch eine Rolle?<br />
Unser Kerngeschäft ist mit der Lagerung von physischen Gegenständen<br />
verbunden, und dies wird auch so bleiben. Dazu<br />
wird natürlich alles, was rund herum liegt, digitalisiert. Heute<br />
schon kann der Kunde auf der Website den passenden Lagerraum<br />
aussuchen, buchen, bezahlen, und dann beziehen, ohne<br />
dass er dazu Direktkontakt zu einem unserer Mitarbeiter haben<br />
muss. Aber er kann mit jemanden sprechen, falls er dies doch<br />
möchte! Das ist mir ein wichtiges Anliegen, die Digitalisierung<br />
der Prozesse soll primär dem Kunden nutzen und der Flexibilität<br />
dienen, nicht denm Ersatz von Mitarbeitern.<br />
Ein Beispiel dazu sind unsere selbstfahrenden Roboter, die wir<br />
in gewissen Lagern einsetzen. Diese erlauben uns Neukunden<br />
in Standorten zu begleiten, wo es wirtschaftlich nicht möglich<br />
ist, permanent Mitarbeiter zu haben. Der Mitarbeiter kann über<br />
den Bildschirm vom Roboter trotzdem ‚vor Ort‘ sein, und den<br />
Kunden entsprechend beraten.<br />
Nachhaltigkeit bekommt auch in der Bau- und Immobilienbranche<br />
eine immer grössere Bedeutung.<br />
Selbstverständlich bemühen wir uns, unseren Footprint so gering<br />
wie möglich zu halten. Im neuen Gebäude in Winterthur,<br />
wird zum Beispiel dank einer klugen Technik die Energienutzung<br />
sehr tief gehalten.<br />
Die Temperatur im Gebäude wird das ganze Jahr mittels sieben<br />
Erdsonden und der Zirkulation von Wasser für Heizung oder<br />
Kühlung in den Betondecken stabilisiert. Zudem konnten wir<br />
in den letzten Jahren durch sukzessiven Ersatz von konventionellen<br />
Leuchtmitteln durch LED-Beleuchtung, den Stromverbrauch<br />
für die Beleuchtung mehr als halbieren.<br />
Zebrabox ist ein Name, den man nicht so schnell vergisst. Wie<br />
kam es zu dieser Firmenbezeichnung?<br />
Der Name ist Programm für unsere Dienstleistung. Jedes Zebra<br />
sieht mit seinen Streifen ähnlich aus, ist aber einzigartig. Bei<br />
unseren Kunden ist dies gleich, jeder braucht Lagerraum, aber<br />
mit einem individuellen Bedürfnis. Das decken wir bestmöglich<br />
mit unserem flexiblen Angebot ab.<br />
Jede Kundin und jeder Kunde, der bei Zebrabox Gegenstände<br />
lagert, hat eine ganz persönliche Geschichte zu erzählen.<br />
Können Sie uns die ein oder andere Anekdote verraten?<br />
Mit der Zeit könnten wir ein Buch darüber schreiben, die Kunden<br />
der Zebrabox sind ein Spiegel der Gesellschaft. Die Privatkunden<br />
sind mit den eingelagerten Objekten ja meistens emotional<br />
gebunden. Es spielen sich entsprechend am Rande des Einlagerns<br />
teilweise Geschichten ab, die eher in die Kategorie "Soap<br />
Opera" gehören.<br />
Oft stehen Kunden mit einem vollen Lieferwagen vor dem Eingang,<br />
und brauchen dringend einen Lagerraum. Dies vermehrt<br />
nach den Feiertagen, bevor die Scheidungsrate wieder ansteigt.<br />
Andere wiederum bewahren Erbsachen auf, und kommen diese<br />
einmalig im Jahr „besuchen“. Anfragen, ob Gewächshäuser bei<br />
uns möglich sind, erhalten wir auch, müssen diese aber ablehnen.<br />
Im geschäftlichen Bereich durften wir vor kurzem im Rahmen<br />
der Renovation eines Hotels einen riesen Kronleuchter beherbergen,<br />
der einen ganzen Lagerraum von 10 m2 für sich beanspruchte.<br />
Ein Kaffeehersteller musste seine Special Editions,<br />
die er aufbewahren wollte, vom Büro auslagern, weil diese sonst<br />
von den Mitarbeitern getrunken würden. Auch hier war die gesicherte<br />
Zebrabox der Retter.<br />
Online bringen Zebrabox-Kundinnen und Kunden ihre Zufriedenheit<br />
mit den Dienstleistungen zum Ausdruck. Wie macht<br />
man hier den Unterschied?<br />
In der Tat wird heute schnell online bewertet, was wir grundsätzlich<br />
ja auch unterstützen. Dies erlaubt eine ehrliche Bewertung<br />
unserer Arbeit, und gibt zudem einen positiven<br />
Druck auf die Organisation, damit wir den Erwartungen der<br />
Kunden entsprechen, oder besser diese übertreffen. Einen<br />
Ausrutscher kann es dabei bei den Bewertungen immer geben,<br />
ich kenne keine Organisation, die nie Fehler macht.<br />
Wir versuchen, auch mit der Digitalisierung nah am Kunden zu<br />
bleiben, und bemühen uns schnell und unkompliziert zu sein.<br />
Die Idee dahinter ist, dem Kunden nicht einen Lagerraum zu vermieten,<br />
sondern eine massgeschneiderte Lösung anzubieten.<br />
Christian Schmutz<br />
Founder and Chief Executive Officer Zebrabox<br />
<br />
19
Digitalisierung<br />
Digitaler Schub durch Corona<br />
Deutschland vernetzt sich: Aus dem Homeoffice lässt es sich trotz aller Widrigkeiten<br />
besser arbeiten als es viele Menschen noch vor Wochen für möglich gehalten<br />
haben. Wird Deutschland jetzt zum digitalen Überflieger?<br />
Millionen Deutsche arbeiten von zu Hause aus, treffen sich in<br />
Videokonferenzen und nutzen plötzlich digitale Plattformen.<br />
Was noch vor Wochen unvorstellbar war, ist in der Corona-Krise<br />
schnell zur neuen Normalität geworden. Doch das ist nicht das<br />
ganze Bild. Denn noch immer setzen viele Unternehmen auf althergebrachte<br />
analoge Abläufe. Und auch mehr als einen Monat,<br />
nachdem die Corona-Pandemie mit voller Härte Deutschland<br />
erreicht hat, übermitteln viele Gesundheitsämter in Deutschland<br />
die Zahl neuer Infektionen und Todesfälle mit dem Fax-Gerät<br />
ins Berliner Robert-Koch-Institut.<br />
Digitales Arbeiten zur Krisenbewältigung<br />
Trotzdem kommen immer mehr Unternehmen und ihre Mitarbeiter<br />
auf den Geschmack, wenn es um die Arbeit aus dem<br />
Homeoffice geht. „Vor allem Branchen, die bislang nicht zu den<br />
Digitalisierungsvorreitern gezählt haben, haben jetzt die Möglichkeit,<br />
die ‚tief hängenden digitalen Früchte‘ zu ernten und so<br />
mithilfe von digitalen Lösungen schnell zu guten Ergebnissen<br />
zu kommen“, sagt Nils Britze im Gespräch mit der DW. Er leitet<br />
beim Branchenverband der deutschen Informations- und Telekommunikationsbranche,<br />
Bitkom, den Bereich für digitale Geschäftsprozesse.<br />
„Digitale Technologien haben aktuell und grundsätzlich enormes<br />
Potenzial. Und gerade jetzt sind das Lösungen, die das<br />
gesellschaftliche Leben aufrechterhalten, angefangen beim<br />
Online-Shopping bis hin zum digitalen Bürgeramt und zum Bildungsbereich,<br />
Stichwort: virtuelles Klassenzimmer.“<br />
Zukunftsvision papierloses Büro<br />
Glaubt an dauerhaften Digitalisierungs-Schub durch die Corona-Krise:<br />
Bitkom-Experte Nils Britze<br />
Natürlich gibt es große Unterschiede bei der Digitalisierung der<br />
deutschen <strong>Wirtschaft</strong>. Größere Unternehmen sind da meistens<br />
schon weiter als kleine und mittelgroße Unternehmen (KMU),<br />
bestätigt Britze. Noch immer seien viele Firmen genauso wie<br />
20
Digitalisierung<br />
Teile des Bildungssystems und der Verwaltung papierbasiert,<br />
vertrauten auf Briefpost, dem Faxgerät und den Versand von<br />
Broschüren. Doch durch die Corona-Krise seien viele Entscheider<br />
aufgewacht.<br />
Sogar kleinere Firmen, die abgesehen von Emails vorher kaum<br />
digital gearbeitet haben, können jetzt schnell auf den digitalen<br />
Zug aufspringen, so Britze. „Mithilfe von Cloud-Technologie<br />
kann jeder Unternehmer innerhalb von ein paar Stunden eine<br />
digitale Lösung zum digitalen Unterschreiben, zum gemeinsamen<br />
Bearbeiten von Dokumenten, oder für Videokonferenzen<br />
einrichten.“<br />
Neue Führungskultur gefragt<br />
Hätte man dafür wie früher in die IT-Infrastruktur innerhalb der<br />
Firma mit Rechnern und Servern investieren müssen, wäre das<br />
nicht zu stemmen gewesen, so Britze. „Das ist ja eigentlich fast<br />
ein Wunder, wie schnell Unternehmen da nachbessern konnten.“<br />
Virtueller Klassenraum per Videokonferenz in<br />
Singapur<br />
Allein digitale Tools für alte Arbeitsabläufe zu nutzen, reiche<br />
allerdings nicht aus, meint Britze. „Man muss Prozesse<br />
hinterfragen, anders aufstellen, Prozesse anpassen, um<br />
den vollen Nutzen digitaler Technologie zu bekommen.“<br />
Bei der Digitalisierung müsse man eben neue Wege beschreiten<br />
und könne nicht einfach so weitermachen wie bisher.<br />
„Wenn sie einen schlechten analogen Prozess digitalisieren,<br />
dann haben Sie am Ende einen schlechten digitalen Prozess“,<br />
unterstreicht der Experte für digitale Geschäftsprozesse.<br />
Dazu kommt, dass auch Chefs umdenken müssen. „Wenn<br />
sich Führungskräfte und Mitarbeiter nicht täglich persönlich<br />
sehen, ist natürlich ein gewisses Vertrauen absolute<br />
Grundlage für das produktive Zusammenarbeiten.<br />
Und Führungskräfte müssen sich über diese Herausforderung<br />
auch ein Stück weit Gedanken machen und überlegen,<br />
wie sie ihre Mitarbeiter produktiv an Bord behalten.“<br />
Sechsmal mehr Homeoffice-Nutzer in den USA<br />
Kate Lister von der Beratungsfirma Global Workplace Analytics,<br />
die derzeit eine Umfrage über die Beteiligung von digitalen<br />
Heimarbeitern durchführt, sagt voraus, dass 30 Prozent der<br />
Menschen in den USA künftig mehrere Tage pro Woche von zu<br />
Hause aus arbeiten werden.<br />
Videokonferenzsitzung bei Memphis Meats in<br />
Berkeley, Kalifornien<br />
Gegenüber dem Technologie-Blog Recode sagte Lister, dass es<br />
da einen gewaltigen Nachholbedarf gebe. Während vor der Corona-Krise<br />
in den USA nur knapp fünf Prozent der Arbeitnehmer<br />
aus dem Home Office gearbeitet haben, ist dieser Anteil durch<br />
die Corona-Krise auf mehr als 30 Prozent nach oben geschnellt,<br />
ergab eine aktuelle Studie der US-Hochschule MIT.<br />
Und damit ist fürs Erste auch der maximal mögliche Anteil von<br />
Mitarbeitern im Home Office in den USA erreicht, rechnete die<br />
University of Chicago vor.<br />
Auch Bitkom-Experte Britze ist zuversichtlich, dass man nach<br />
der Corona-Krise das Rad der Digitalisierung nicht mehr zurückdrehen<br />
kann.<br />
„ Diese Entwicklung wird sich verstetigen. Und es wäre natürlich<br />
wünschenswert, wenn Deutschland zum digitalen Überflieger<br />
werden würde. Am Ende haben wir das selbst in der Hand.“<br />
<br />
21
Digitalisierung<br />
100 TAGE DIGITAL EXCELLENCE<br />
CHECKUP – DAS SIND DIE ERSTEN<br />
INSIGHTS<br />
Digitale Reifegrad Assessments sind Kompass in der digitalen Welt:<br />
sie helfen Führungskräften Status und Handlungsfelder aufzuzeigen.<br />
swissICT hat vor 100 Tagen mit dem Digital Excellence Checkup ein<br />
Tool der neusten Generation lanciert – lesen Sie hier Hintergründe und<br />
die ersten Erkenntnisse.<br />
Seit Anfang Juli <strong>2020</strong> ist der neue Digital Excellence Checkup<br />
unter www.swissict.ch/checkup nun verfügbar. Mittlerweile haben<br />
bereits 210 Personen das kostenlose Online-Tool genutzt,<br />
um die digitale Fitness ihrer Organisationen zu beurteilen. Die<br />
hohe Abschlussquote (> 50 Prozent) der gestarteten Befragungen<br />
und der tiefe Anteil an «weiss nicht» Antworten (< 2 Prozent)<br />
lassen auf Mehrwert und Einfachheit des Tools sowie Verständlichkeit<br />
der Fragen schliessen.<br />
Der Checkup wird von relevanten Personen benutzt: Knapp 80<br />
Prozent der Teilnehmenden sind Führungskräfte, 42 Prozent<br />
gehören zum Top-Management ihrer Unternehmen.<br />
70 Prozent der Checkup-Benutzer arbeiten nicht in einer IT-<br />
Abteilung, nur 21 Prozent sind in einem IT- oder Telco- Unternehmen<br />
tätig. Digitalisierung ist damit klar ein Thema, das<br />
Führungskräfte in allen Branchen und in allen funktionalen Einheiten<br />
stark interessiert.<br />
In welchen Bereichen haben die von der Befragungsteilnehmenden<br />
beurteilten Unternehmen denn Handlungsbedarf? Die<br />
Auswertung der aktuellen Datenbasis lässt folgende Schlüsse<br />
zu (siehe auch Abb. 1):<br />
In einer branchenübergreifenden Betrachtung scheint der<br />
grösste Handlungsbedarf in den Dimensionen<br />
Abb. 1: Handlungsfelder (rot): Vergleich des Erfüllungsgrads<br />
mit Relevanz je Dimensionen. (Quelle: swissICT, Bramwell Kaltenrieder)<br />
Kompass im digitalen Wandel<br />
Führungskräfte stehen aktuell vor grossen Herausforderungen:<br />
neben dem Bewältigen der Covid19-Krise sind sie mit den grossen<br />
Veränderungen der Digitalisierung konfrontiert. Beim Navigieren<br />
ihres Unternehmens durch die hohen Wellen des digitalen<br />
Wandels, bei dem sie regelmässig vor neuen Technologien,<br />
verändertem Kundenverhalten und neuen Geschäftsmodellen<br />
der Mitbewerber stehen, wünschen sich viele Unternehmenslenker*innen<br />
ab und zu einen Kompass.<br />
Digital Maturity Assessments sind bewährte Instrumente, um<br />
sich ein klares Bild zum Stand der Digitalisierung im Unternehmen<br />
zu verschaffen. Auf der Grundlage eines mehrdimensionalen<br />
Reifegradmodells helfen sie, die wichtigste Fragen in<br />
diesem Kontext zu beantworten: «Wo befinden wir uns als Organisation<br />
in diesem Wandel und im Vergleich zur Branche?»<br />
und «Welches sind unsere wichtigsten digitalen Handlungsfelder<br />
in den kommenden Jahren?»<br />
• Strategie und Transformationsmanagement,<br />
• Innovationsmanagement und<br />
• Daten<br />
zu bestehen.<br />
Die drei Branchen mit dem grössten Nachholbedarf sind<br />
• Transport & Logistik,<br />
• Konsumgüter (Hersteller) und<br />
• Maschinenindustrie<br />
Abb. 2: Digitale Reife als Wettbewerbsvorteil. (Quelle: eigene<br />
Darstellung in Anlehnung an Rushkoff, Booty, Veuve)<br />
Digitale Reife als Wettbewerbsvorteil<br />
Die digitale Reife einer Organisation – oft auch als digitaler<br />
Reifegrad bezeichnet – ist das Ergebnis eines Digital Maturity<br />
Assessments. Als Indikator für den Fortschritt der digitalen<br />
Transformation eines Unternehmens ist sie gut erforscht und in<br />
der Praxis anerkannt. Bereits 2012 veröffentlichte das Center of<br />
Digital Business der MIT Sloan School of Management ein ers-<br />
22
Digitalisierung<br />
tes Modell zur Bestimmung der digitalen Reife und führte auf<br />
dieser Grundlage auch eine quantitative Studie durch (Westerman,<br />
Tannou, Bonnet, Ferraris, & McAfee, 2012).<br />
Die Ergebnisse zeigten den positiven Einfluss der digitalen Reife<br />
auf die Performance der Unternehmen auf: Im Vergleich mit<br />
Branchenkollegen konnten Unternehmen mit hohem digitalen<br />
Reifegrad höhere Pro-Kopf-Umsätze, Gewinn und Börsenbewertungen<br />
aufweisen. Eine Studienreihe der Universität St.Gallen<br />
entwickelte die Ansätze zwischen 2015 und 2017 weiter und<br />
bestätigte unter anderem, dass Unternehmen mit hohem digitalem<br />
Reifegrad die Ziele ihrer Transformation deutlich besser<br />
erreichen oder gar übertreffen (Berghaus, Back, & Kaltenrieder,<br />
2017).<br />
• Kader-Workshops,<br />
• der Initialisierung einer neuen Strategiephase,<br />
• als Bestandteil der Erhebung von Handlungsfeldern<br />
einer Digitalstrategie oder<br />
• der Strategie-Controllings,<br />
dienen die daraus abgeleiteten Erkenntnisse als wertvolle Orientierungspunkte<br />
auf dem Weg zur erfolgreichen Zukunft ihrer<br />
Unternehmen.<br />
Der Digital Excellence Checkup von swissICT:<br />
aktuell, einfach, neutral<br />
Tools zur digitalen Standortbestimmung von Unternehmen<br />
sind nur so gut, wie ihr zugrundeliegendes Modell, die Einfachheit<br />
des Befragungsprozesses und die Handlungsorientierung<br />
der Ergebnisse.<br />
Experten der swissICT-Fachgruppe Digital Transformation Insights<br />
und der Jury des Digital Transformation Awards haben<br />
in den vergangenen 18 Monaten die Grundlage für die neuste<br />
Generation eines Digital Maturity Assessments geschaffen. Mit<br />
der Konsolidierung verschiedener vorbestehender Ansätze (u.a.<br />
UniSG und FHNW) und der Einführung von differenzierbaren<br />
Wichtigkeiten der Reifedimensionen entstand ein zeitgemässes<br />
Reifegradmodell, das die individuellen Branchen- und Strategieprämissen<br />
der Unternehmen abbilden lässt.<br />
Das von swissICT entwickelte Befragungstool macht das Reifegradmodell<br />
schliesslich dem breiten Publikum in verschiedenen<br />
Varianten zugänglich und garantiert dessen Neutralität: wer<br />
möchte denn schon, dass der Kompass nur in die Richtung eines<br />
einzelnen Anbieters zeigt. Ebenso stellt swissICT den vertraulichen<br />
Umgang mit den generierten Daten sicher.<br />
Anwendung von Digital Maturity Assessments im strategischen<br />
Management<br />
Digital Maturity Assessments helfen, sich im Wald der unzähligen<br />
digitalen Optionen zurechtzufinden und die richtigen Entscheidungen<br />
zu treffen. Nutzen Führungskräfte dieses Instrument<br />
zum Beispiel im Rahmen von<br />
Abb 3. Die sieben Dimensionen des swissICT Maturity Models.<br />
(Quelle: swissICT, Bramwell Kaltenrieder)<br />
Wann haben Sie für Ihr Unternehmen zuletzt auf den digitalen<br />
Kompass geschaut? In 10 Minuten wissen Sie, wo Sie stehen –<br />
hier geht’s direkt zum Digital Excellence Checkup von swissICT.<br />
Autor: Bramwell Kaltenrieder ist Professor für Digital Business<br />
und Innovation an der Berner Fachhochschule. Er ist Co-Leiter<br />
der swissICT-Fachgruppe Digital Transformation Insights sowie<br />
Jury-Präsident der Kategorie Digital Transformation Award<br />
Grossunterenehmen beim Digital Economy Award. Als Gründer<br />
der Strategie- und Innovationsberatung Exploit unterstützt er<br />
zudem Unternehmen dabei, im digitalen Zeitalter neue strategische<br />
Wettbewerbsvorteile aufzubauen.<br />
Quellen:<br />
Berghaus, S., Back, A., & Kaltenrieder, B. (2017). Digital Maturity<br />
& Transformation Report 2017. Universität St. Gallen,<br />
80. https://doi.org/10.1007/s13398-014-0173-7.2<br />
Westerman, G., Tannou, M., Bonnet, D., Ferraris, P., & McAfee,<br />
A. (2012). The Digital Advantage: How Digital Leaders<br />
Outperform their Peers in Every Industry. MIT Sloan Management<br />
Review, 1–24<br />
<br />
23
Digitalisierung<br />
Tipps und Tricks für das erfolgreich<br />
Home Office<br />
Homeoffice erlebt einen Boom, nicht zuletzt wegen der Corona-Pandemie. Bereits<br />
früher haben einige Firmen und Mitarbeiter deren Vorteile und Nachteile kennen<br />
gelernt. Beachtet man gewisse Verhaltensregeln und verfügt über die technischen<br />
Voraussetzungen, dann werden die Nachteile massiv reduziert. Bei KMU<br />
Digitalisierung leben wir den digitalen Ansatz seit der Gründung vor 2 Jahren und<br />
profitieren nun von der dezentralen Organisation. Wir durften viele Erfahrungen<br />
machen und lernen. Auf dieser Basis ist dieser Artikel entstanden.<br />
Organisation und einen klar definierten Arbeitsraum<br />
Homeoffice, ah ja die wo auf dem Sofa rumhängen. Ist ein beliebter<br />
Vorwurf. Sicherlich ist es keine gute Idee, vom Sofa oder<br />
Bett aus zu arbeiten. Jedoch kann ein Sofa für eine Videokonferenz<br />
sehr eignet sein. Die Bezeichnung „Home Office“ hat einen<br />
guten Grund und legt bereits nahe, was wichtig ist: bestimmen<br />
Sie dafür einen Bereich (es muss kein ganzes Zimmer sein), in<br />
dem Sie ungestört und ohne äußere Ablenkung arbeiten können.<br />
Der Esstisch, am Nachmittag der Balkon oder die Terrasse.<br />
Organisieren sie sich zu Hause und schaffen Sie sich Arbeitsoder<br />
Kommunikationszonen.<br />
Kleider machen Leute – ziehen Sie sich so an, als<br />
wären Sie im Büro<br />
Es ist verlockend im Pyjama den ganzen Tag rum zu hängen.<br />
Dies hat etwas vom Sonntags-Feeling. Sich Arbeitstauglich zu<br />
kleiden obwohl Sie zuhause arbeiten, hat aber eine große psychologische<br />
Wirkung:<br />
Es stellt Ihr Gehirn auf „Arbeitsmodus“ und verhindert, dass sie<br />
vor lauter Entspannung nicht in Gang kommen. Behalten Sie<br />
Ihre Tagesabläufe bei. Spätestens bei der nächsten Videokonferenz<br />
machen Sie so auch einen deutlich besseren ja professionelleren<br />
Eindruck. Was uns gleich zum nächsten Punkt führt…<br />
24
Digitalisierung<br />
Digitale und verschiedene Kommunikationsformen<br />
Telefongespräche oder E-Mails, Textnachrichten oder Chat,<br />
jeder hat seine ganz eigenen, persönlichen Vorlieben, um mit<br />
anderen Kontakt aufzunehmen und zu pflegen. Im Homeoffice<br />
ist es wichtig, alle Formen gut zu beherrschen und die zur Situation<br />
passende Kommunikationsform auszuwählen. So kann<br />
es je nach Situation besser sein, eine E-Mail zu schreiben statt<br />
zu telefonieren, genauso wie es sinnvoller sein mag, statt Nachrichten<br />
zu verschicken eine Videokonferenz abzuhalten.<br />
Wählen Sie also bewusst aus, für welche Kommunikationsform<br />
Sie sich entscheiden und seien Sie offen für verschiedene Wege.<br />
Nach unseren Erfahrungen ist es von grossem Vorteil, wenn<br />
Sie viele oder alle Formen der Kommunikation zentral über ein<br />
Device bedienen können. So müssen Sie nicht zwischen verschiedenen<br />
Geräten hin und her wechseln. Unsere Kunden oder<br />
Team Chats laufen daher entweder über WhatsApp via Browser<br />
auf dem Laptop oder via Chat der voll in unsere Applikationen<br />
integriert ist. Sprich egal ob ich im CRM, an einer Präsentation<br />
oder an der Buchhaltung bin, ich sehe immer die Nachrichten<br />
und Fragen der Kollegen an mich.<br />
Vermeiden Sie Multitasking<br />
Es ist verlockend, E-Mails zu beantworten oder andere Aufgaben<br />
zu erledigen, wenn man in einer Videokonferenz mit<br />
mehreren Teilnehmern festsitzen, die kein Ende findet. Das gilt<br />
insbesondere, wenn man sich bereits von seinen Teamkollegen<br />
isoliert fühlt. Aber der Verlust der Konzentration (und des Blickkontakts)<br />
kann anderen den Eindruck vermitteln, dass der Kollege<br />
im Homeoffice desinteressiert oder sogar eingebildet ist.<br />
Um einen guten Eindruck zu hinterlassen und dem Drang nach<br />
Multitasking zu widerstehen, können sich Homeoffice-Worker<br />
einfach etwas weiter von ihrem Computer entfernt positionieren,<br />
so dass sie von der Taille an sichtbar sind. Ihre Teamkollegen<br />
sollten ihre Hände sehen können und sie sollten oft direkt in<br />
die Kamera schauen, damit ihre Teamkollegen virtuellen Blickkontakt<br />
haben. Je nach Situation ist es auch legitim, dezent und<br />
anständig auf den Zeitplan zu verweisen. Genau gleich wie klassische<br />
Meetings sollten auch Videokonferenzen effizient und<br />
zielorientiert geführt werden.<br />
Home Office heisst nicht 24 Stunden Arbeit<br />
Arbeitgeber und Kunden müssen verstehen lernen, dass auch<br />
im digitalen Zeitalter nicht eine 24 Stunden Verfügbarkeit die<br />
Normalität ist. Vielleicht braucht es Krisen wie die Corona Pandemie<br />
um dies zu lernen.<br />
Aber auch Arbeitnehmer müssen lernen flexibel und doch zu<br />
sich selber streng zu sein und sich selber feste Anfangs- und<br />
Endzeiten für den persönlichen Arbeitstag fest zu legen, die<br />
Sie auch konsequent einhalten. Dabei geht es nicht nur darum<br />
sicherzustellen, dass Sie eine bestimmte Anzahl von Stunden<br />
arbeiten, wenn Sie genau um acht Uhr starten und um fünf Uhr<br />
aufhören. Feste Arbeitszeiten schaffen die Grundlage dafür, die<br />
Ihnen zur Verfügung stehende Zeit bestmöglich zu nutzen. Zudem<br />
ist eine klare Abgrenzung zwischen Arbeitsleben und Privatleben<br />
insbesondere für die Arbeit von zuhause aus enorm<br />
wichtig, damit Sie mental gesund bleiben.<br />
Zugleich kann auch eine Prise Flexibilität helfen, in dem man<br />
nach Absprache im Team gewisse Zeitfenster frei gestaltet<br />
werden. Zum Beispiel am Montag ab 15.30 Uhr keine Meetings<br />
zu machen, damit das Amt als Curling-Coach platz hat und 2<br />
Stunden die an diesem Tag fehlen dafür fix am Samstag morgen<br />
oder Donnerstag Abend einzuplanen.<br />
Planung und Arbeitslisten<br />
Nur wer weiss was er will und wohin er geht, kann sagen ob er<br />
seine Ziele erreicht hat. Damit konzentriert auf ein bestimmtes<br />
Ziel hin gearbeitet werden kann, ist es hilfreich, sich eine tägliche<br />
Aufgabenliste zu erstellen. So können Sie selbst kontrollieren,<br />
wie erfolgreich Sie Ihre Arbeit machen, auch wenn Sie dies<br />
zuhause tun. Dieser Tip ist daher für Silo- oder Homeoffice Arbeiter<br />
genau gleich wertvoll. Setzen Sie sich kritisch damit auseinander,<br />
welche Priorität die einzelnen Aufgaben haben und<br />
legen Sie fest, was bis zum Ende des Tages erledigt sein muss.<br />
Anschliessend überprüfen Sie, welche Aufgaben Sie erledigen<br />
konnten, und welche nicht. Daraus ergibt sich dann wieder die<br />
Planung für den nächsten Tag und eröffnet Ihnen die Möglichkeit,<br />
die eigene Leistung zu bewerten und Ihre Aufgaben konsequent<br />
zu organisieren. So lernen Sie auch, frühzeitig zu erkennen<br />
was Sie an Ihrer Arbeitsorganisation und -platz ändern<br />
sollten um effizienter und effektiver zu sein.<br />
Machen Sie Pausen<br />
Was im Büro gilt, über Kleidung und Arbeitsbereich haben wir<br />
schon gesprochen, gilt auch im Homeoffice. Es ist wichtig von<br />
Zeit zu Zeit eine Pause einzulegen, – so wie Sie das auch im Büro<br />
machen würden. Verlassen Sie den Arbeitsbereich bewusst, holen<br />
Sie sich einen Tee oder Kaffee oder stehen kur auf den Balkon.<br />
So gibt Ihnen die Pause die Möglichkeit, den Kopf wieder<br />
freizubekommen und manche Dinge aus einem anderen Blickwinkel<br />
zu betrachten, so dass Sie anschließend mit neuer Energie<br />
an Ihre Aufgaben gehen können.<br />
Vermeiden Sie Ablenkungen durch Familie oder<br />
Freunde<br />
Gerade wenn die Schulen geschlossen sind ein schwieriges Thema<br />
und diese Regel ist vielleicht etwas verwirrend: Sie sollen/<br />
können Ihre Familie natürlich nicht ignorieren, wenn Sie gebraucht<br />
werden. Aber machen Sie aus der Arbeit im Home Office<br />
keine Gruppenveranstaltung.<br />
Setzen Sie auch hier klare Grenzen und bitten Sie die Familie<br />
oder Freunde, Sie so zu behandeln, als wären Sie tatsächlich im<br />
Büro. Ansonsten laufen Sie Gefahr, Ihre Aufgaben aus den Augen<br />
zu verlieren.<br />
<br />
25
Digitalisierung<br />
Der Krisenmodus.<br />
Sind Ihre Kinder jedoch nicht in der Schule oder betreut, so ist<br />
es umso wichtiger gemeinsam Regeln und Arbeitspläne zu machen.<br />
Papi arbeitet eine Stunde an Projekt XY – in dieser Zeit<br />
lesen die Kinder oder machen Hausaufgabe Z und dann wird 15-<br />
30 Minuten die Arbeit und das gelernte der Kinder besprochen<br />
und neue Lernziele definiert. Ja, die Arbeitszeit für Papi verlängert<br />
sich auf Grund der zusätzlichen Pausen. Im Krisen-Modus<br />
ist es legitim und es ist wichtig hier an die Solidarität zwischen<br />
Arbeitnehmern und Arbeitgebern zu appellieren und dies zu leben.<br />
Vielleicht kann auch die Nachbarin ein, zwei Stunden auf<br />
alle Kinder aufpassen und Sie revanchieren sich am Nachmittag<br />
mit 2 Stunden Betreuung.<br />
Home Office Arbeiter müssen sich um Nähe<br />
kümmern – Kommunizieren Sie aktiv<br />
Trotz aller Möglichkeiten, die uns moderne Kommunikationsmittel<br />
bieten: der persönliche Austausch ist immer noch ein<br />
sehr wichtiges menschliches Bedürfnis. Falls Sie dauerhaft von<br />
zuhause arbeiten, sollten Sie Ihre Kunden und Kollegen regelmäßig<br />
persönlich treffen, zum Beispiel beim Lunch. Oder Sie<br />
richten sich einen festen Tag pro Woche ein, in dem Sie vor Ort<br />
im Büro sind und den persönlichen Kontakt aufrechterhalten.<br />
Kurzfristig kann dies für 1-2 Monate unterbrochen werden,<br />
wenn die Umstände dies erfordern. Es sollte aber nicht die Regel<br />
werden.<br />
Tägliche Arbeitsroutine hilft<br />
Routine klingt negativer als es ist. Oft hat es einen negativen<br />
Beigeschmack im Sinne von langweilig, lästig und ermüdend.<br />
Jedoch ein klar strukturierter Arbeitsablauf hingegen ermöglicht<br />
Ihnen, sich in die Arbeit zu vertiefen und verbessert Ihre<br />
Konzentrationsfähigkeit. Dadurch finden Sie leichter in den<br />
„Arbeitsmodus“, egal ob im Büro oder Home Office. Auf die gleiche<br />
Weise können Sie Ihre Pausen in ihren Arbeitstag einbetten.<br />
Belohnung nicht vergessen<br />
Auch im Homeoffice sollten Sie sich für die Arbeit belohnen. Ein<br />
frischer Kaffee oder eine längere Pause nach einem erfolg motiviert.<br />
Denn kleine Belohnungen über den Tag verteilt, honorieren<br />
Ihre Leistung und steigern nachweislich Ihre Motivation.<br />
Die Möglichkeiten, sich bewusst etwas Gutes zu tun, sind im<br />
Home Office wesentlich größer als in der Firma – also nutzen Sie<br />
diesen Vorteil! Bei mir heisst diese Belohnung übrigens “Ghandi<br />
Pur” ein ganz ausgezeichneter indischer Kaffee von Kaffeepur.<br />
ch – wie heisst diese bei Ihnen?<br />
Klare Abmachungen<br />
Ganz wichtig ist es auch, zwischen Ihnen und Ihrem Team, respektive<br />
Ihrem Arbeitgeber klare Abmachungen zu vereinbaren<br />
und einzuhalten. Diese Abmachungen können je nach dem variieren<br />
oder der aktuellen Situation angepasst werden – aber sie<br />
müssen offen, ehrlich und Transparent geklärt werden.<br />
Wenn Sie diese Regeln beachten, werden Sie alle Annehmlichkeiten<br />
genießen können, die Arbeiten von zuhause aus ermöglicht,<br />
ohne dass Sie dabei Ihre Motivation oder Produktivität<br />
opfern müssen. Denn Wohlbefinden und Kreativität sind eine<br />
wichtige Grundlage dafür, unser Menschliches-Potenzial ganzheitlich<br />
zu aktivieren. Kommt der Krisenfall dazu, ist es umso<br />
wichtiger um als Gesellschaft stark aus dieser Krise heraus zu<br />
kommen.<br />
26
Daten weg.<br />
Desktop sperren rettet<br />
Unternehmen.<br />
gdata.ch/awareness-training
Nachhaltigkeit<br />
Staaten könnten Überdüngung<br />
eindämmen<br />
Viele Länder könnten in der Landwirtschaft weniger Stickstoffdünger einsetzen,<br />
ohne dass die Ernteerträge wegbrächen. Das zeigt ein internationales Forschungsteam<br />
um die beiden ETH-Wissenschaftler David Wüpper und Robert Finger.<br />
Stickstoffhaltige Düngemittel sind ein in der Landwirtschaft<br />
vieleingesetztes Ertragssteigerungsmittel. (Bild: Adobe Stock)<br />
Die Welt wird mit Stickstoff überschwemmt. Er dient in der<br />
Landwirtschaft als Dünger, um, die Produktion zu steigern.<br />
Das verursacht eines der grössten Umweltprobleme unserer<br />
Zeit. Unter der Stickstoffverschmutzung leiden Gewässer, Böden<br />
aber auch die Gesundheit von Mensch und Tier. Auch die<br />
natürliche Artenvielfalt nimmt ab, wenn Stickstoff über die Luft<br />
oder Regen in Lebensräume wie Moore oder Wälder gelangt, die<br />
nicht direkt gedüngt werden.<br />
Einen mächtigen Hebel zur Eindämmung des Problems könnten<br />
nationale Regierungen sein. Sie müssten eine nationale und<br />
internationale Politik betreiben, die das globale Ernährungssystem<br />
auf höhere Erträge und eine viel geringere Umweltbelastung<br />
ausrichtet. Doch wie stark Länder ihre Stickstoffverschmutzung<br />
und ihre Ernten tatsächlich beeinflussen, war<br />
bislang kaum untersucht.<br />
Gesamteffekt der Länder quantifiziert<br />
Die ETH-Forscher David Wüpper und Robert Finger von der<br />
Professur für Agrarökonomie und –politik haben deshalb zusammen<br />
mit weiteren internationalen Autoren erstmals den<br />
Gesamteffekt fast aller Länder der Welt auf ihre Stickstoffverschmutzung<br />
und die Ernteerträge berechnet. Die Resultate<br />
ihrer Studie sind soeben in der Fachzeitschrift «Nature Food»<br />
erschienen.<br />
In dieser Publikation zeigen die Forschenden auf, dass Länder<br />
die Stickstoffverschmutzung tatsächlich besonders stark beeinflussen.<br />
Der Einfluss einzelner Länder auf die Verschmutzung<br />
ist oft um ein Vielfaches grösser als derjenige auf die Ernteerträge.<br />
Eindämmen, ohne dass Erträge wegbrechen<br />
Das zeigt sich daran, dass viele Länder die sogenannte Ertragslücke<br />
nur geringfügig verkleinern, selbst wenn sie sehr viel mehr<br />
Stickstoff einsetzen. Die Ertragslücke ist die Differenz zwischen<br />
möglichem und dem tatsächlich erzielten Ertrag. Wenn einzelne<br />
Länder versuchen, die Ertragslücke um 1 Prozent zu schliessen,<br />
ist dies insgesamt mit einem globalen Anstieg der Stickstoffbelastung<br />
um 35 Prozent verbunden.<br />
Mit anderen Worten: Einige Länder setzen extrem hohe Düngemengen<br />
ein, aber holen nur sehr wenig mehr Ertrag heraus. Die<br />
Forschenden kommen deshalb zum Schluss, dass viele Länder<br />
die Verwendung dieses Nährstoffs eindämmen könnten, ohne<br />
dass die Erträge wegbrechen.<br />
Im Rahmen ihrer Studie identifizierten die Forschenden auch<br />
die Faktoren, welche den gesamten Stickstoffeinsatz und die<br />
Stickstoffverschmutzung im Verhältnis zu den Erträgen erklären.<br />
Wichtige Faktoren sind unter anderem die Qualität von Institutionen,<br />
wirtschaftliche Entwicklung, die Grösse der Bevölkerung,<br />
aber auch wie hoch der Anteil der Landwirtschaft an der<br />
Gesamtwirtschaft eines Landes ist.<br />
Weitere wichtige Faktoren, die die Stickstoffverschmutzung<br />
eines Landes beeinflussen, sind etwa direkte Subventionen, mit<br />
denen ein Staat Stickstoffdünger verbilligt. Aber auch indirekte<br />
Zuschüsse oder Politikmassnahmen, die beeinflussen, wie<br />
teuer landwirtschaftliche Produkte im Vergleich zu den Düngerkosten<br />
sind, Regulierungen und Gesetze, Ausbildung der Bewirtschafter,<br />
Technologien oder auch Handelsstrukturen sind<br />
relevant.<br />
28
Nachhaltigkeit<br />
Globale Daten ausgewertet<br />
Ein Beispiel dafür, wie Ländereigenheiten die Stickstoffverschmutzung<br />
steuern, ist die Grenze zwischen Kasachstan und<br />
China. Von Natur aus ist es dort trocken und die Vegetation<br />
spärlich. Auf Satellitenaufnahmen ist zu erkennen, dass die Vegetation<br />
auf der chinesischen Seite genau bis zur Grenze üppig<br />
grün ist, um auf der kasachischen Seite der Grenzlinie abrupt<br />
zu ändern und weniger grün ist. Das weist auf Bewässerung in<br />
Kombination mit reichlicher Stickstoffdüngung auf der chinesischen<br />
Seite hin.<br />
Die Grenze China-Kasachstan aus dem All: Die Grenze zwischen<br />
den beiden Ländern wird durch die Landnutzungspolitik definiert.<br />
(Bild: Nasa Earth Observatory)<br />
«Von Natur aus gäbe es keinen solchen Sprung in der Vegetation»,<br />
sagt David Wüpper, Erstautor der Studie. «Dieses Beispiel<br />
illustriert, dass es für die Stickstoffverschmutzung und den Ertrag<br />
ausschlaggebend ist, in welchem Land die Felder liegen»,<br />
sagt Wüpper. «Den gleichen Ertrag auf chinesischer Seite könnte<br />
man jedoch auch mit deutlich weniger Stickstoffverschmutzung<br />
erreichen.»<br />
Auch die Schweiz ist keine Musterschülerin in Bezug auf die<br />
Stickstoffverschmutzung. Wie auch in anderen europäischen<br />
Ländern wird in der Schweiz nach wie vor viel Stickstoffdünger<br />
ausgebracht, den die Pflanzen nicht vollumfänglich aufnehmen<br />
können. Der Überschuss landet in Bächen, Seen und anderen<br />
Ökosystemen.<br />
«Die Landwirtschaft hierzulande ist sehr intensiv», erklärt Wüpper.<br />
Das wirke sich direkt auf die Stickstoffverschmutzung aus,<br />
nicht zuletzt deshalb, weil Schweizer Tiere mit Futter aus dem<br />
Ausland gefüttert werden. Der Hofdünger, der bei der Tierhaltung<br />
anfällt, wird allerdings auf Schweizer Böden ausgebracht<br />
– und trägt damit zur Stickstoffverschmutzung bei.<br />
Ökonomische Instrumente als politische Option<br />
«Insgesamt erkennen wir aber eine globale Ungleichverteilung<br />
der Düngeressourcen», resümieren die Forscher. Hier zu viel, in<br />
anderen Regionen der Welt zu wenig, etwa in Teilen Afrikas südlich<br />
der Sahara, wo Bauern zu wenig Stickstoffdünger verwenden.<br />
Sie könnten jedoch mit wenig mehr Stickstoff ihre Erträge<br />
deutlich steigern. Würde es gelingen, die globale Ungleichverteilung<br />
abzuschwächen, könnten an manchen Orten Erträge<br />
beträchtlich gesteigert werden. Andernorts würde dafür die<br />
Verschmutzung beträchtlich reduziert.<br />
Ein Weg ist über den Preis für Stickstoffdünger. In Ländern, wo<br />
zu viel davon verwendet wird, müsste der Dünger entsprechend<br />
teurer werden, etwa durch die Einführung einer Stickstoffsteuer<br />
oder andere politische Instrumente. In Ländern, wo zu wenig<br />
Stickstoffdünger verwendet wird, sollten die Preise zum Beispiel<br />
durch Subventionen gesenkt werden.<br />
Ein weiterer Ansatz sind die Landwirtschaftsbetriebe selbst. Die<br />
Politik und die Industrie könnten Landwirten Anreize bieten, die<br />
Produktion umweltfreundlicher zu gestalten. Sie könnten beispielsweise<br />
bestimmte Produktionsverfahren fördern, die zu<br />
einer höheren Effizienz des Stickstoffeinsatzes führen. Nicht<br />
zuletzt könnten Bauern, die weniger Stickstoff verwenden und<br />
dafür mit weniger Ertrag rechnen müssen, vom Staat finanzielle<br />
Kompensationen erhalten.<br />
Präzisionslandwirtschaft hat Potenzial<br />
Auch mithilfe von neuen Technologien liesse sich die Stickstoffeffizienz<br />
steigern. «Das Stichwort ist Präzisionslandwirtschaft,<br />
in der zum Beispiel Dünger gezielt nur wo effektiv nötig ausgebracht<br />
wird. Das kann die Effizienz des Einsatzes erhöhen<br />
und die Umweltprobleme verringern, ohne dass die Produktion<br />
schrumpft», erklärt Finger.<br />
«Ein sehr grosser Hebel ist aber auch der Konsum», erklärt<br />
Wüpper. Ein Drittel der Lebensmittel geht zwischen Feld und<br />
Teller verloren. Das fördere die Stickstoffverschmutzung und<br />
Umweltschäden. «Verringern wir Nahrungsmittelabfälle, reduzieren<br />
wir auch Umweltprobleme». Auch eine fleischarme Ernährung<br />
hilft, die Nährstoffüberschüsse zu senken. Wird weniger<br />
Fleisch produziert, landet auch weniger Hofdünger auf den<br />
Feldern.<br />
Literaturhinweis<br />
Wuepper D, Le Clech S, Zilberman D, Mueller N, Finger R:<br />
Countries Influence the Trade-Off between Crop Yields and<br />
Nitrogen Pollution.<br />
<br />
29
Nachhaltigkeit<br />
Digitalisierung<br />
Verantwortung als Chance: das Transformationsthema<br />
Sustainability<br />
Vom Nebenschauplatz zum Unternehmensziel: warum nachhaltiges <strong>Wirtschaft</strong>en<br />
heute so dringlich ist – und wie die Umsetzung am besten gelingt<br />
Nachhaltigkeit ist in aller Munde. Doch Lippenbekenntnisse reichen<br />
heute nicht mehr. Es ist höchste Zeit, dass auf Worte auch<br />
Taten folgen. Allzu oft schmücken sich Unternehmen zwar mit<br />
grünen Lorbeeren, betreiben im Alltagsgeschäft aber trotzdem<br />
weitgehend „business as usual“. Auch weiterhin gibt es immer<br />
wieder Situationen, in denen die Aktivitäten von Firmen mit gesellschaftlichen<br />
Wertvorstellungen oder ökologischen Belangen<br />
kollidieren. Dabei ist der Bedarf nach echter, transformativer<br />
Sustainability akuter denn je. Und zwar nicht nur, weil die<br />
ökologischen und sozialen Problemfelder täglich bedrohlicher<br />
werden. Darüber hinaus steigt der Handlungsdruck auf Unternehmen<br />
heute ganz direkt und von mehreren Seiten zugleich:<br />
Regulatoren, Kunden und Investoren fordern überprüfbare<br />
Nachhaltigkeit. Darauf nicht einzugehen, stellt ein geschäftliches<br />
Risiko dar. Lesen Sie in diesem Artikel von Deloitte, wie<br />
Firmen aus der Not eine unternehmerische Tugend machen und<br />
den Schritt zur Nachhaltigkeit als Chance nutzen.<br />
Was Sustainability heute so drängend macht?<br />
Dafür genügt ein Blick in die Nachrichten. Klimawandel, Hungersnöte,<br />
Flüchtlingsströme, Plastikmüll in den Meeren und<br />
Artensterben. Eine Schreckensbotschaft jagt die nächste. Dass<br />
etwas geschehen muss, bezweifelt niemand. Ökologische und<br />
soziale Nachhaltigkeit ist zu einer Frage des Überlebens der<br />
Menschheit geworden. Was früher oft als Thema für Idealisten<br />
galt, wird heute allgemein in seiner Brisanz erkannt – und<br />
zwar auf höchster Ebene. Allerspätestens seit der Verabschiedung<br />
der Sustainable Development Goals 2016 durch die UN,<br />
kurz: SDGs, gilt ohne Wenn und Aber: Das Thema „Sustainable<br />
Future“ geht alle an – Bürger, staatliche Institutionen und insbesondere<br />
auch Unternehmen. Diesen letzten Punkt haben die<br />
SDGs unterstrichen und damit eine weitreichendere Diskussion<br />
über die unternehmerische Verantwortung angestoßen. Die<br />
siebzehn beschlossenen Ziele drehen sich um Maßnahmen zur<br />
Sicherung von Frieden, Ernährungssicherheit, Wasserversorgung,<br />
Sustainable Energy, Bildungschancen und anderem. Die<br />
SDGs werden außerdem in einem Katalog von 169 Zielvorga-<br />
ben für ihre Umsetzung noch präzisiert. Spielregeln für Morgen:<br />
Sustainability im regulatorischen Trend<br />
Die hehren UN-Ziele sind überzeugend ¬– doch wie können Unternehmen<br />
effektiv zu deren Verwirklichung beitragen? Sollen<br />
Unternehmen nun plötzlich die Welt retten? Ein bisschen schon.<br />
Das fordern zumindest zunehmend deutlich die Regulatoren<br />
und schaffen so unmittelbare Treiber für Veränderung. Vorhaben<br />
der internationalen Staatengemeinschaft wie die SDGs sind<br />
oft Vorboten nationalstaatlicher Regelungen in Sachen „green<br />
policy“. Immer mehr Regierungen konkretisieren die anstehenden<br />
Schritte zum Erreichen der SDGs in eigenen Programmen,<br />
Vorschriften und Gesetzen, etwa die Bundesregierung mit ihrer<br />
überarbeiteten Nachhaltigkeitsstrategie. Ähnlich das Gesetz<br />
zur Umsetzung der EU-CSR-Direktive (Corporate Social Responsibility,<br />
deutsch: unternehmerische Sozialverantwortung)<br />
oder der Nationale Aktionsplan Menschenrechte, der helfen<br />
soll, globale Lieferketten nachhaltiger zu gestalten. Ein wichtiger<br />
Bereich, da sich Investments in Sozialverträglichkeit oft<br />
nicht unmittelbar auszahlen wie etwa Energieeffizienz-Maßnahmen.<br />
Angesichts dieser Trends ist es jedenfalls im wohlverstandenen<br />
Eigeninteresse der Unternehmen, vorausschauend<br />
zu agieren und Regulierung frühzeitig zu antizipieren. Doch die<br />
regulatorische Entwicklung ist längst nicht der einzige Treiber<br />
für Sustainability. Im Folgenden weitere gute Gründe für Unternehmen,<br />
sich auf mehr Nachhaltigkeit auszurichten.<br />
Wandel im Markt: Nachfrage nach Nachhaltigkeit<br />
Öko ist in und Fairtrade ein Verkaufsschlager, auch wenn das<br />
Konzept im Detail einige Kritik erfährt. Nur zwei Beispiele, wie<br />
stark sich das Konsumentenbewusstsein gewandelt hat. Nachhaltigkeit<br />
ist längst aus der früheren Nische in den Mainstream<br />
gewandert. Der breite Markt verlangt sie heute – nicht nur die<br />
oft zitierten Millennials, sondern auch immer mehr andere Bevölkerungsgruppen<br />
interessieren sich für nachhaltige, gesunde,<br />
umweltverträgliche Produkte und Ernährung. Unzählige Startups<br />
engagierter junger Entrepreneure haben sich genau dieses<br />
30
Nachhaltigkeit<br />
Themas angenommen, von veganer Nahrung bis zu Recycling.<br />
Wer diesen Trend am Markt verschläft, sieht neben der nachhaltigen<br />
Konkurrenz schnell ziemlich alt aus.<br />
Rendite mit Gewissen: Die Rolle von Institutionellen<br />
und Retail Investoren<br />
Investoren wollen Profite – aber nicht mehr um jeden Preis. Immer<br />
mehr Anleger möchten nämlich inzwischen genauer wissen,<br />
was eigentlich in ihren Sparplänen, Pensionen und ETFs<br />
alles an einzelnen Investments enthalten ist.<br />
Ökologisch oder sozial fragwürdige Aktien sind bei vielen Privatanlegern<br />
verpönt. Aber auch institutionelle Anleger wie Pensionsfonds<br />
oder Staatsfonds fordern immer häufiger die Einhaltung<br />
nachhaltiger Standards. Asset Manager und Anbieter<br />
von Finanzdienstleistungen müssen diesen gewandelten Markt<br />
bedienen und behelfen sich dafür bei der Bewertung aus einer<br />
Vielzahl von Ratings und Benchmarks, die Nachhaltigkeit messbar<br />
machen sollen. Indizes wie der Dow Jones Sustainability Index<br />
DJSI machen es z.B. möglich, gezielt ETFs oder Fonds zum<br />
Thema Sustainable Investing aufzulegen. Research- und Rating-Häuser<br />
wie ISS oder MSCI bieten Datenbanken und andere<br />
Dienste, die bei der Beurteilung von Nachhaltigkeit Kriterien<br />
liefern können. Auch hier ist mit verstärkter staatlicher Regulierung<br />
zu rechnen: Gemäß einem aktienrechtlichen Referentenentwurf<br />
werden institutionelle Anleger und Vermögensverwalter<br />
in naher Zukunft bei der Offenlegung ihrer Anlagestrategie<br />
auch ESG-Kriterien (Environmental, Social and Corporate Governance,<br />
deutsch: Umwelt, Soziales und Unternehmensführung))<br />
berücksichtigen müssen (§ 134c AktG Ref-E).<br />
Nachhaltige Zukunft, nachhaltige Gewinne: Sustainability<br />
lohnt sich<br />
Es ist offensichtlich: Es gibt neue und zunehmend harte Regeln,<br />
die befolgt werden wollen. Wenn Regulierungen eingeführt<br />
oder verschärft werden, ist Compliance unabdingbar. Sustainability<br />
fordert Unternehmen aber weit über diesen Rahmen hinaus.<br />
Nur wer Vorschriften einhält, kann seine operative Lizenz<br />
behalten. Doch wer weitergehend auch eine Transformation in<br />
Richtung Nachhaltigkeit in Angriff nimmt, sichert sich eine mindestens<br />
ebenso wichtige „Lizenz“: die Option zu wachsen. Stärkung<br />
der Marke, Aufwertung der Produktpalette, Verringerung<br />
intangibler Risiken und neue Business Models mit Sustainability-Aspekt<br />
können sich als attraktive Umsatz- und Gewinntreiber<br />
erweisen.<br />
Außerdem gehen viele ökologische Maßnahmen in der Sustainable<br />
Economy auch ganz direkt mit ökonomischem Nutzen<br />
einher, drehen sie sich doch oft um Effizienzgewinne (etwa Rohstoff-Recycling).<br />
Insgesamt führt nachhaltigeres <strong>Wirtschaft</strong>en<br />
zu mehr Resilienz auf allen Ebenen des Business, was für ein<br />
Unternehmen natürlich äußerst vorteilhaft ist. Wer weniger<br />
Plastik einsetzt, ist Ölpreisschwankungen weniger ausgesetzt;<br />
wer faire Löhne zahlt, stabilisiert Belegschaften in Produktionsstätten.<br />
Und eine dritte „Lizenz“ winkt Unternehmen, die sich<br />
als Pioniere der Nachhaltigkeit positionieren: die zum Mitgestalten.<br />
Denn wer als nachhaltiger Player ernstgenommen wird,<br />
kann aktiv zum regulatorischen Diskurs beitragen und erhält<br />
einen „seat at the table“.<br />
Tatsächlich ist es ja auch im Sinne der Regierungen, gerade große<br />
Unternehmen ins Projekt Sustainable Future einzubinden.<br />
Deren Beitrag zur Umsetzung der SDGs ist dank des massiven<br />
Hebels größer als etwa der von kleinen Vorzeige-Start-ups mit<br />
perfekt nachhaltigen Geschäftsmodellen, aber vernachlässigbarem<br />
Marktanteil.<br />
Wo es hakt: Problemfelder und ihre Bewältigung<br />
Nachhaltigkeit ist eine „Win-Win-Proposition“ – genauer genommen<br />
sogar ein dreifaches „Win“: Umwelt, Gesellschaft und<br />
das Unternehmen selbst profitieren davon. Dies wurde bereits<br />
1994 im „Triple Bottom Line“-Konzept von John Elkington postuliert,<br />
einem Drei-Säulen-Modell, das auf die synchrone Umsetzung<br />
in allen drei Bereichen abzielt (Environment, Society,<br />
Economy). Warum hapert es dann oft immer noch an stringenter<br />
Umsetzung? Transparenz zu erzeugen und Einblicke zu gewinnen,<br />
was die Ursachen und Quellen von negativen Effekten<br />
für Umwelt und Gesellschaft angeht – das ist oft nicht trivial.<br />
Auch ist mit den bisher verwendeten Produktionsmethoden<br />
und Technologien die nötige Entkoppelung von Wachstum und<br />
Ressourceneinsatz nicht ohne weiteres umsetzbar, insbesondere<br />
nicht angesichts einer weiter wachsenden Weltbevölkerung,<br />
sinkenden Ertragszuwächsen in der Landwirtschaft und<br />
gleichzeitiger Verschmutzung der Ökosysteme. Neue, digitale<br />
Technologien können hier als ein wirkungsvoller Schmierstoff<br />
im „Uhrwerk“ der Zahnräder Umwelt, Gesellschaft und Unternehmen<br />
verstanden werden, der bei der effizienten Umsetzung<br />
höchst hilfreich sein kann.<br />
Die Experten von Deloitte haben drei Bereiche<br />
identifiziert, in denen zielführende Transformation<br />
vorrangig ansetzt:<br />
1. Sustainability muss auf der Führungsebene verankert werden<br />
Auch wenn sich diese Einsicht noch nicht überall durchgesetzt<br />
hat: Sustainability ist ein wesentlicher Sachbereich für Vorstand<br />
und Aufsichtsrat. Natürlich konkurrieren viele Themen<br />
um die Aufmerksamkeit des Top-Managements. Doch die nachhaltige<br />
Transformation gelingt nur, wenn sie auch von ganz<br />
oben gewollt, gestaltet und gesteuert wird. Sustainability ist<br />
ein C-Level-Thema quer durch die Management Funktionen und<br />
auch für Audit Committee, Risikomanagement und interne Revision.<br />
Erneut finden hier ebenfalls regulatorische Verschärfungen<br />
statt, die Nachhaltigkeit zu einem zentralen Governance-<br />
Aspekt machen. Regelungen wie die EU-Nonfinancial Reporting<br />
Direktive schreiben Details zu Berichten zu ESG-Themen vor.<br />
Auch die aktuell in Konsultation befindliche Neufassung des<br />
Deutschen Corporate Governance Kodex weist in der Präambel<br />
auf diese erweiterte Verantwortung hin.<br />
2. Sustainability muss systematisch gemessen und erfasst werden.<br />
Die Bemühungen um das Ziel „Sustainable Future“ basieren<br />
auf Werten, Absichten, ja Idealen. Alles Dinge, deren konkrete<br />
Umsetzung im Betrieb schwer einzuschätzen ist. Geeignete<br />
Metriken und Reporting-Formate schaffen Abhilfe: Soll der<br />
Transformationsprozess in den Wertschöpfungsketten des<br />
Unternehmens effizient gestaltet werden, muss man die Beiträge<br />
zu den SDGs auch messen. Für die externe Bewertung<br />
etwa durch Analysten existieren die erwähnten Sustainability-<br />
Benchmarks, Indizes und Datenbanken. Für interne Prozesse<br />
entwickelt die Global Reporting Initiative oder das Sustainability<br />
Accounting Standards Board international zukunftsweisende<br />
Kriterien. Auch wenn es hierbei noch viele miteinander<br />
in Konflikt stehende Standards gibt, die den Fortschritt manchmal<br />
auch etwas zu bremsen scheinen: Allein die Fülle an<br />
Aktivität auf diesem Feld zeigt eine klare Marschrichtung.<br />
3. Sustainability muss in die Strategie- und Innovationsprozesse<br />
integriert werden Sustainability hat heute strategische Bedeutung<br />
erlangt. Wenn das so ist, dann muss sie aber auch in Unternehmensstrategien<br />
und sämtliche Strategiebildungsprozesse<br />
einfließen. Im Idealfall beginnt das schon bei der Unternehmens-Vision<br />
und Mission Statements, die den „Purpose“ der ei-<br />
<br />
31
Nachhaltigkeit<br />
Digitalisierung<br />
genen Organisation beschreiben. Und diese Ausrichtung findet<br />
sich dann auch in der Strategie- und Innovationskultur wieder.<br />
Jede konkrete Innovation und Prozessoptimierung erhält somit<br />
eine zusätzliche Dimension. Sustainability ist heute schlicht ein<br />
Teil dessen, was als Qualität verstanden wird. Innovative Business<br />
Models, neue Produkte und ein nachhaltigerer Produkt-<br />
Mix sind das Ergebnis. Die Methoden der Digitalisierung von<br />
Blockchain über des Internet of Things bis hin zu Künstlicher<br />
Intelligenz helfen zusätzlich in der Analyse und Steuerung von<br />
Sustainability-Anforderungen, bei der Steigerung von Transparenz<br />
und der Optimierung von Nachhaltigkeitsleistungen.<br />
Vordenker in Sachen Nachhaltigkeit: Beispiele<br />
aus der Praxis<br />
Ökologische und soziale Missstände gibt es viele. Aber ebenso<br />
zahlreich sind die Chancen für Unternehmen, bei deren Bewältigung<br />
durch ihr Handeln einen echten Unterschied zu machen.<br />
Im Folgenden Beispiele für Felder, in denen ein Umdenken heute<br />
schon stattfindet – weg von der linearen Ressourcen-Verwendung<br />
hin zur zirkulären Rohstoff-Ökonomie, weg von sozial<br />
fragwürdigen Lieferketten hin zu neuen und verträglicheren<br />
Modellen:<br />
1. Vermeidung von Verschwendung von Lebensmitteln<br />
Die Weltbevölkerung wächst, viele Menschen leiden Hunger.<br />
Gleichzeitig gehen Lebensmittel durch ineffiziente Strukturen<br />
in der Wertschöpfungskette verloren. Das betrifft ungefähr 40<br />
Prozent der globalen Nahrungsmittelproduktion. Mit digitalen<br />
Lösungsansätzen können jedoch große Mengen an Lebensmittelabfällen<br />
vermieden werden. Der größte Teil der Abfälle fällt<br />
bei den Konsumenten an, aber auch im Einzelhandel geht es<br />
um signifikante Volumen. Für den Einzelhandel liegen die Ursachen<br />
in der Komplexität, mangelnder Transparenz und in der<br />
geringen Synchronisation innerhalb der Lebensmittelversorgungskette.<br />
Der digitale Lösungsansatz von Deloitte „Future of<br />
Fresh“ erhöht nicht nur die Frische der Lebensmittel, sondern<br />
reduziert Abfallmengen durch die Vernetzung der Akteure entlang<br />
der Wertschöpfungskette. Deloitte hat diesen neuartigen<br />
Approach bereits mehrfach eingesetzt und durch die Generierung<br />
neuer Performance Daten mit Hilfe von Sensorik und<br />
künstlicher Intelligenz signifikante Einsparungen bei mehreren<br />
globalen Einzelhändlern erzielt. Je nach Reifegrad des Partners<br />
ergaben sich durch Deloitte-Projekte Einsparungen zwischen<br />
25-50 Prozent.<br />
2. Vermeidung von Plastikmüll<br />
Ein Megaproblem, das derzeit besonders viel Aufmerksamkeit<br />
erfährt. Völlig zu Recht, denn Plastikmüll und seine Abbauprodukte<br />
bedrohen ganze Ökosysteme, Nahrungskreisläufe und<br />
damit unsere Gesundheit. Stellen Unternehmen ihre Wertschöpfungsketten<br />
entsprechend um, winken neben ökologischen<br />
Benefits auch Differenzierungs- und Einsparungspotenziale.<br />
Kosten durch den Einsatz von Plastik werden durch die Verwendung<br />
von recyceltem Material verringert, oder auch durch die<br />
Einführung völlig neu gestalteter Verpackungen, welche nach<br />
ihrer Nutzung leichter recycelt werden können. Plastik ist ein<br />
grundsätzlich extrem langlebiges Material und muss auch als<br />
solches behandelt werden. Eine rein energetische Verwertung<br />
von Plastikmüll oder der Austritt aus dem Wertstoff-Kreislauf<br />
in die Natur: das ist zunächst einmal eine unnötige Verschwendung<br />
wertvoller Kohlenwasserstoffketten. Zirkuläre Systeme,<br />
welche noch effektiver funktionieren, werden nun aber zunehmend<br />
von Unternehmen selbst implementiert. Gleichzeitig wird<br />
intensiv an alternativen, biobasierten Materialien geforscht,<br />
welche helfen sollen, die Abhängigkeit vom fossilen Plastik zu<br />
verringern. Deloitte Sustainability unterstützt die Material- und<br />
auch Service- Innovation im Bereich Plastikverwendung und<br />
Verpackungsdesign.<br />
3. Transparenz in der Lieferkette: Fischereiindustrie<br />
Die Fischereiwirtschaft ist enormen Herausforderungen ausgesetzt.<br />
Problemfelder sind die Überfischung von Beständen<br />
und Fütterungspraktiken, die für Menschen und Umwelt schädlich<br />
sind. Ob beim Fischfang oder der Aquakultur, die Herkunft,<br />
die Qualität des Fisches sowie Arbeitsstandards werden durch<br />
unterschiedliche Industriestandards beeinflusst. Jedoch ist deren<br />
Einhaltung und Glaubwürdigkeit teilweise fragwürdig. Als<br />
Akteure im Umgang mit einem der wertvollsten Lebensmittel<br />
(nach dem Wertanteil des weltweiten Handels an Lebensmitteln)<br />
versuchen Regulierer und das Management von verant-<br />
32
Nachhaltigkeit<br />
wortungsvollen Fischereibetrieben zunehmend mithilfe von<br />
Digitalisierung Licht in das Dunkel der Lieferketten zu bringen.<br />
Deloitte Sustainability initiierte und begleitet einen umfassenden<br />
Dialog mit Akteuren, von Fischfutterherstellern bis zu<br />
Handelsunternehmen, um mehr Transparenz in der Fischereiindustrie<br />
zu schaffen. Hierbei kann beispielsweise die Blockchain<br />
Technologie einen wesentlichen Beitrag zur Schaffung von Vertrauen<br />
leisten.<br />
4. Blockchain Zukunftstechnologie mit nachhaltigen Use<br />
Cases<br />
Neue Technologien wie z.B. Blockchain, ein dezentrales Register<br />
von Transaktionen, können bei der Realisierung von Infrastrukturprojekten<br />
zur Bekämpfung des Klimawandels helfen.<br />
Beispielsweise bei der Finanzierung, der Projektumsetzung und<br />
beim Monitoring bzw. der Mitigation von Aktivitäten. Große Infrastrukturanlagen<br />
werden etwa von unterschiedlichen Investorengruppen<br />
finanziert, um eine annehmbare Risikoverteilung<br />
realistisch abbilden zu können. Mithilfe von Krypto-Tokens kann<br />
ein größerer Kreis an Investoren mit festgeschriebenem Anreizsystem<br />
und Verantwortlichkeiten konform mit regulatorischen<br />
Anforderungen in eine komplexe, dezentrale Finanzierung eingebunden<br />
werden. Auch der Handel mit CO2-Zertifikaten kann<br />
über eine solche Plattform effizient und günstig abgewickelt<br />
werden. Je mehr Zertifikate und Infrastrukturprojekte mit der<br />
Basistechnologie Blockchain umgesetzt werden, desto transparenter<br />
und steuerbarer werden globale Aktivitäten zur Bekämpfung<br />
des Klimawandels.<br />
5. Bezahlsysteme in benachteiligten Gesellschaften<br />
Ein Hinderungsgrund für Entwicklung und Wohlstand ist, dass<br />
in vielen armen Regionen kein funktionierendes Finanzsystem<br />
existiert. Etwa aufgrund einer mangelnden Verfügbarkeit von<br />
Konten und Kreditkarten. Die Vodafone-Tochter safaricom hat<br />
in Kenia das mobile Bezahlsystem M-Pesa geschaffen, mit dem<br />
dieses Problem gelöst wird. Die rapide Verbreitung führte zu effizienteren<br />
Transaktionen, fördert so Handel und <strong>Wirtschaft</strong>. 25<br />
Prozent des BIP werden heute über den Dienst abgewickelt. Nebenbei<br />
machte M-Pesa die kenianischen Konsumenten zu globalen<br />
Vorreitern in Sachen Mobile Payment. Ganz zu schweigen<br />
von dem neuen Geschäftsmodell, das der Konzern auf diesem<br />
Weg erschlossen hat – und das inzwischen auf andere Märkte<br />
ausgeweitet wurde.<br />
Nachhaltige Unterstützung: Das Sustainability<br />
Team von Deloitte<br />
Sustainability – letztlich ein Thema für das gesamte Unternehmen,<br />
quer durch sämtliche Bereiche. Wie setzt man eine Transformation<br />
mit derart weitreichenden Implikationen effizient<br />
um? Wesentlich ist dabei nicht nur Exzellenz in Sustainability-<br />
Aspekten, sondern fundierte Expertise in den einzelnen Funktionen<br />
und geographischen Regionen.<br />
Auf beides kann das deutsche Sustainability-Team von Deloitte<br />
zurückgreifen, auch weil seine Fachleute Zugang zum großen<br />
Erfahrungspool des globalen Deloitte-Netzwerks haben. Sie<br />
werden aktiv, wenn es um die Unterstützung der Kollegen aus<br />
Prüfung, Strategieentwicklung oder Operations geht.<br />
Und sie erarbeiten Einzellösungen für Kunden, von der Überprüfung<br />
der Wirksamkeit von sozialen Audits über die Schaffung<br />
von IT-Strukturen für Nachhaltigkeits-Reporting bis hin<br />
zur Entwicklung ganzer Sustainability-Konzepte. So helfen sie<br />
Unternehmen, die Transformation als nachhaltigen Erfolg zu<br />
gestalten.<br />
Ihr Ansprechpartner<br />
Thomas Krick<br />
Director | Sustainability<br />
tkrick@deloitte.de<br />
+49 151 58071682<br />
<br />
33
Bau und Immobilien<br />
Nachhaltigkeit im Bauwesen:<br />
die grüne Revolution<br />
Höhere Baukosten werden mit geringen Betriebskosten belohnt. Die Wohnund<br />
Arbeitsqualität in Green Buildings ist sehr hoch. Nachhaltiges Bauen belebt<br />
das Stadtbild und schützt die Landschaft.<br />
Den Energie- und Ressourcenverbrauch minimieren, den Flächenverbrauch<br />
reduzieren und die Natur durch ein Gebäude<br />
während des gesamten Lebenszyklus‘ (Bau, Nutzung und Rückbau)<br />
möglichst wenig belasten: Das sind die drei bedeutenden<br />
Säulen des ökologisch nachhaltigen Bauens. Aus dieser Perspektive<br />
wird die Gebäudequalität hinsichtlich der Auswirkungen<br />
auf die Umwelt beurteilt.<br />
Nachhaltiges Bauen umfasst somit alle Bereiche von der Wahl<br />
des Grundstücks über die Architektur und Energie-, Wasser-,<br />
Materialeffizienz, den Betrieb, die Instandhaltung sowie Abfallvermeidung<br />
bis hin zum Ressourcen-effizienten Betrieb und<br />
schließlich der Dekonstruktion nach einer Nutzungszeit von 50<br />
– 100 Jahren.<br />
„Nachhaltig“ heißt jedoch nicht nur „öko“. Denn „Green Buildings“<br />
sind „smart“: In grünen intelligenten Gebäuden sorgt<br />
umweltfreundliche sowie automatisierte Hightech für die effiziente<br />
Nutzung von Energie und Ressourcen sowie eine angenehme<br />
Atmosphäre mit hoher Lebensqualität und Produktivität.<br />
Früher normal – heute eine Entscheidung für die Zukunft<br />
Einstmals war nachhaltiges Bauen aufgrund der verfügbaren<br />
Baustoffe selbstverständlich. Dann kamen neue Materialien<br />
und Verfahren, die zunehmend als belastend für Mensch und<br />
Umwelt wahrgenommen wurden. Das Ideal, (wieder) ökologisch<br />
nachhaltig zu bauen, kam in den 1970er Jahren auf. Treiber war<br />
joch nicht nur der populär werdende Naturschutzgedanke in<br />
eher subkulturellen Kreisen; auch der Schock der Ölkrise brachte<br />
neue Methoden einer alternativen Energieerzeugung in den<br />
Fokus.<br />
Was unter anderem aus purem Pragmatismus heraus entstand,<br />
wird heute zunehmend zu einem gesellschaftlichen Anspruch.<br />
Denn ein Handeln gemäß den Prinzipien einer nachhaltigen<br />
Entwicklung (sustainable development) erhöht für die heutigen<br />
Generationen die Lebensqualität – und erhält für zukünftige<br />
Generationen eine Welt voller Vielfalt.<br />
Die Bedeutung des nachhaltigen Bauens beschreibt das „Bundesministerium<br />
des Innern, für Bau und Heimat“ so: „Die nachhaltige<br />
Entwicklung besitzt weltweit als Leitbild für die Zukunft<br />
eine herausragende Bedeutung. Das Bauwesen nimmt dabei<br />
eine besondere Stellung ein, weil es wesentliche Bedürfnisse<br />
des Menschen wie Wohnen und infrastrukturelle Bedürfnisse<br />
befriedigt und zugleich große wirtschaftliche und für die Umwelt<br />
relevante Aufwendungen damit verbunden sind.“<br />
Die entscheidenden Faktoren und Effekte des nachhaltigen<br />
Bauen<br />
1. Energie aus Solarzellen<br />
2. Gebäude werden Energie-Selbstversorger<br />
3. Kooperieren beim klimaneutralen Bau<br />
4. Nachhaltige Baustoffe<br />
5. Die Zukunft für nachhaltiges Bauen<br />
1. Die Kraft der Sonne: Ökologisch nachhaltige Energie aus<br />
Solarzellen<br />
Die Sonne: ein Superkraftwerk. Naheliegend, diese kostenlos<br />
zu uns geschickte Energie zu nutzen. Daher fangen auf einer<br />
zunehmenden Anzahl von Eigenheimdächern funkelnde Solarzellen<br />
die Vorstufe des umweltfreundlich gewonnenen Stroms<br />
ein. Deutlich gesunkene Produktionskosten und Subventionen<br />
haben diesen Trend sehr begünstigt. Parallel dazu wächst das<br />
Bewusstsein hinsichtlich des nachhaltigen Bauens. Designer<br />
und Bauträger nutzen beispielsweise verstärkt Recycling, wählen<br />
länger haltbare und regenerative Materialien, setzen auf<br />
34
effizientere Isolierung und reduzieren die Umwelteinflüsse an<br />
Baustellen.<br />
Bau und Immobilien<br />
Höhensonne nutzen mit Photovoltaik-Anlagen<br />
2. Gebäude werden Energie-Selbstversorger<br />
Der nächste Level: Nachhaltige Gebäude, die Energie nicht nur<br />
hinzugewinnen, sondern vielmehr Energie-autark sind. Das ist<br />
sozusagen der Gold-Standard eines Green Buildings, bei dem<br />
von einem vollkommen klimafreundlichen Gebäude aufgrund<br />
nachhaltiger Architektur gesprochen werden kann. Das gelingt<br />
mit Photovoltaik-Zellen, die in eine Fassade eingefasst sind oder<br />
als transparente Module für Fenster sowie Oberlichter verwendet<br />
werden. Und Windkraftwerke auf Wolkenkratzern nutzen<br />
den dort vorherrschenden beinahe konstanten Luftstrom.<br />
Nachhaltige Technik: biologisch abbaubare<br />
High-Tech Nanomaterialien<br />
3. Kooperieren beim klimaneutralen Bau<br />
Selbstversorgende, nachhaltige Gebäude entstehen in Kooperation<br />
zwischen Industrie, Immobilienentwicklern und öffentlichen<br />
Forschungseinrichtungen, wie zum Beispiel dem<br />
Fraunhofer-Institut für Bauphysik. Auf dieser Basis konzipierte<br />
nachhaltige Gebäude übertreffen oftmals alle drei Grenzwerte<br />
für den LEED Platin-Status. Unter anderem durch die Integration<br />
erneuerbarer Energiequellen in die Gebäudestruktur, intelligente<br />
und sehr energieeffiziente Verteilungssysteme für<br />
Beheizung und Abkühlung sowie Vorrichtungen für natürliche<br />
Luftströme im Gebäude statt Klimaanlage.<br />
Energiewände: Große Außenwandflächen sind<br />
ein hervorragender Ort für Solarzellen<br />
4. Hochentwickelte nachhaltige Baustoffe<br />
Die Idee der Nachhaltigkeit hat alle Industrien erfasst und<br />
transformiert diese in High-Tech-Innovatoren. So auch die Bauindustrie.<br />
Relevant für die Entscheider bleibt jedoch stets der<br />
Kostenfaktor, vor allem bei kommerziell genutzten Gebäuden.<br />
Denn traditionelle Baumethoden sind meist weitaus günstiger.<br />
Wettbewerbsfähig bleiben grüne Bauunternehmen durch spannende<br />
Innovationen. Ein gutes Beispiel dafür sind Phasenwechselmaterialien<br />
für die Isolierung. Im Gegensatz zu herkömmlich<br />
dafür verwendeten Materialien, die den Strom von Wärme<br />
durch Lufttaschen und Fasermaterialien aufhält, absorbieren<br />
Phasenwechselmaterialien Wärme und geben sie wieder ab,<br />
indem sie zwischen flüssigem und festem Zustand alternieren.<br />
Eine andere erwähnenswerte Entwicklung sind biologisch abbaubare<br />
Materialien. Zwar sind recycelte Produkte ein guter<br />
Anfang, wahrhaft umweltfreundliche Materialien müssen jedoch<br />
aufgrund ihres natürlichen Ursprungs rückstandslos und<br />
schadstofffrei abbaubar sein. Beispiele dafür sind biologisch<br />
abbaubare Farben mit Milchproteinen, Calcium und natürliche<br />
Mineralien oder Isolations-Material aus Hanf.<br />
Nachhaltiges Bauen mit Holz<br />
Doch es müssen nicht immer neu entwickelte Materialien sein.<br />
So wie uns die Sonne ihr Licht liefert, gibt es in der Nähe fast<br />
jeder Baustelle Wälder. Holz als Baustoff ist gleich aus mehreren<br />
Gründen ideal für den Bau nachhaltiger Gebäude. Denn der<br />
nachwachsende Rohstoff ist währen seines Wachstums entscheidend<br />
für unsere Atemluft. Später im Bauwesen genutzt,<br />
hat Holz zahlreiche positive Effekte; allerdings vorausgesetzt,<br />
es stammt aus der einheimischen Waldwirtschaft, nur dann<br />
sind die Transportwege kurz.<br />
Vorteilhaft ist der geringe Energieaufwand für Bereitstellung<br />
und Aufbereitung des Materials. Vor allem: Wenn Holzprodukte<br />
am Ende ihrer Lebensdauer energetisch verwertet werden, können<br />
sie mehr klimaneutrale Energie liefern, als zur Herstellung<br />
verbraucht wurde. Holz ist flexibel einsetzbar, entweder massiv<br />
oder als Verbundwerkstoff. Es weist bei niedrigem Eigengewicht<br />
eine hohe Zug- sowie Druckfestigkeit auf und erlaubt<br />
den Bau hoch wärmedämmender Gebäudehüllen mit geringen<br />
Wandstärken. Echte Nachhaltigkeit fußt auf ökologischen Ma-<br />
Mittlerweile lassen sich 90 Prozent aller Netzwerkübergriffe auf Phishing zurückführen.<br />
<br />
35
Bau und Immobilien<br />
terialien, Langlebigkeit sowie Regionalität der Baustoffe – und<br />
führt letztlich neben oder gerade durch die ökologischen Faktoren<br />
zu mehr Wohngesundheit. So ist ein Haus zukunftsfähig<br />
und damit werthaltig.<br />
Grüne Bürogebäude: Großes Potenzial für Nachhaltigkeit<br />
im Bauwesen<br />
5. Die Zukunft für nachhaltiges Bauen<br />
Nachhaltiges Bauen zielt darauf ab, eine hohe ökologische Qualität<br />
durch angemessene Bauweisen sicherzustellen. Konventionelles<br />
Bauen ist durch große Energie- und Stoffströme geprägt.<br />
Nachhaltiges Bauen reduziert sehr bewusst die dadurch<br />
entstehenden negativen Effekte und schützt so das Ökosystem.<br />
Das hohe Innovations-Potenzial aller beteiligten Industrien begünstigt<br />
die positiven Effekte. Die Prinzipien des nachhaltigen<br />
Bauens sollten jedoch nicht nur bei Neubauten umgesetzt werden,<br />
sondern auch bei der Modernisierung im Bestand.<br />
Technologien für die saubere Energiegewinnung, leistungsfähige<br />
und abbaubare Materialien sowie High-Tech für die intelligente<br />
Gebäudesteuerung schützen nicht nur unseren Planeten,<br />
sondern – mit Weitsicht betrachtet – auch das Budget. Immer<br />
mehr Projektentwickler erkennen und schätzen beispielsweise<br />
die geringeren Lebenszykluskosten der nachhaltigen Gebäude.<br />
Bauherren, Betreiber und Nutzer: Sie profitieren von besserer<br />
Bauqualität, geringeren Betriebskosten, höheren Vermarktungschancen,<br />
geringerem Leerstand, höherem Marktwert und<br />
höheren Mieterträgen. Nicht zu vernachlässigen ist der positive<br />
Imagegewinn für Eigentümer und Nutzer.<br />
Nachhaltiges Bauen ist viel mehr als eine kurzfristige Mode.<br />
Unser Planet verlangt nach dieser Umbesinnung – und wir Menschen<br />
führen in nachhaltigen Gebäuden ein schöneres Leben.<br />
Apropos: Lesen Sie doch gleich weiter, welche positiven Effekte<br />
Dachbegrünung für Mensch und Umwelt hat.<br />
Singapur ist einer der Großinvestoren für nachhaltiges<br />
Bauen<br />
Soziokulturelle Aspekte<br />
Zusätzlich zu den ökologischen Aspekten des nachhaltigen<br />
Bauens sind die soziokulturellen Auswirkungen eines Gebäudes<br />
bedeutend. Denn ein Bauwerk ist stets im städtebaulichen bzw.<br />
landschaftsräumlichen Zusammenspiel zu betrachten. Auch<br />
andere, funktionale und den Menschen berührende Aspekte<br />
sollten bei der Planung berücksichtigt werden. Und: Bei baulichen<br />
Maßnahmen im Bestand ist ein denkmalpflegerischer Ansatz<br />
zu verfolgen.<br />
Zertifizierung nachhaltiger Gebäude<br />
Einer der Anbieter von Zertifizierungssystemen für nachhaltiges<br />
Bauen ist die „Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen<br />
– DGNB e.V.“. Sie bietet eine internationale Zertifizierung<br />
an, die der objektiven Beschreibung und Bewertung der Nachhaltigkeit<br />
von Gebäuden und Quartieren dient. Betrachtet wird<br />
hierfür der vollständige Gebäudelebenszyklus. Der Vorteil für<br />
36
37
Bau und Immobilien<br />
Seit 25 Jahren für Planen und Netze, auch<br />
bedruckt … und neu für die Sicherheit!<br />
Loyal Trade GmbH ist der Grosshandel für PE-Produkte, sowie bedruckte Textilund<br />
Kunststoffplanen. Für das Team um Unternehmer Thomas Feier sind - neben<br />
dem umfangreichen Sortiment - kompetente, persönliche Beratung in Sachen<br />
Material und Montage selbstverständlich.<br />
Schon ein viertel Jahrhundert ist die Dälliker Firma Loyal Trade<br />
GmbH im Geschäft mit hochwertigen Kunststoffnetzen, Planen<br />
und technischen Textilien in allen möglichen Ausführungen<br />
und Qualitäten.<br />
Bedruckte Gerüstschutznetze machen aus Rohbauten<br />
Hingucker<br />
Grossformatwerbung, Megaposter, Endlosbanden, Bühnenverkleidung<br />
oder raffinierte Mobile-Flags gehören ebenfalls zum<br />
attraktiven Programm. Oder wer’s noch spezieller will, kann<br />
zum Beispiel die zukünftige Gebäudegestaltung als Fassadenspiegelung<br />
auf Netz drucken lassen. Und immer noch aktuell<br />
die Polymesh-Bauzaunbanner. Natürlich auch bedruckt lieferbar.<br />
Full-Service-Angebot<br />
Von der Idee, über die Gestaltung und Ausführung, bis zur Einrichtung<br />
… auf Wunsch bekommen Sie alles aus einer Hand.<br />
Fragen Sie nach dem detaillierten Loyal Trade Full-Service-Angebot.<br />
Und im Bereich Arbeitssicherheit bieten die Dälliker das<br />
umfassende Beratungs- und Schulungs-Paket.<br />
PSAgA und kollektive Sicherheit – für Loyal Trade eine<br />
Herzensangelegenheit<br />
Seit einiger Zeit ist auch ein breites Programm an hochwertiger<br />
PSAgA-Ausrüstung (Persönliche Sicherheits-Ausrüstung gegen<br />
Absturz) lieferbar. Abgerundet wird das Sortiment mit allem<br />
was es zur Sicherung und Abschirmung von Mensch, Tier, Pflanzen<br />
oder Material vor allem für Bau, Industrie, Transport, Umwelt<br />
aber auch Landwirtschaft, Gartenbau sowie Sport/Freizeit<br />
benötigt.<br />
Gut investiert: Aluminium-Geländer, -Treppen und -Leitern<br />
für die Absturz-Sicherung<br />
Gerade dort wo’s einfach ist sollte man keine Kompromisse machen.<br />
Zum Beispiel bei Flachdach-Geländern oder auch bei Leitern<br />
und Überstiegen. Geeignete, hochwertige Produkte sind<br />
bei Loyal Trade schnell und preiswert verfügbar und schützen<br />
die Gesundheit oder gar das Leben.<br />
Für Flachdächer zum Beispiel gibt’s eine Vielzahl an attraktiven<br />
Lösungen, selbsttragend oder zur fixen Montage, attraktiv,<br />
leicht und stabil aus Aluminium.<br />
Die modularen Elemente lassen sich fast in jede Form bringen.<br />
38
Bau und Immobilien<br />
Übrigens! Loyal Trade schützt auch die Natur<br />
90% der Produkte werden aus wiederverwertbaren Rohstoffen<br />
hergestellt. Wir sind ständig im internationalen Kontakt um die<br />
neuesten Technologien in Sachen Anwendung, Qualität und<br />
Nachhaltigkeit für den Schweizer Markt zu recherchieren.<br />
Lieferung in die ganze Schweiz<br />
Und noch etwas: Das Programm der Loyal Trade Profis ist günstiger<br />
als Sie denken und vor allem sofort verfügbar. Standardprodukte<br />
werden sogar innert 24 Stunden in die ganze Schweiz<br />
geliefert! Lassen Sie sich positiv überraschen.<br />
Loyal Trade GmbH<br />
8108 Dällikon<br />
044 760 17 77<br />
loyaltrade.ch<br />
<br />
39
Mobilität<br />
Wir müssen alle Sektoren der<br />
Mobilität berücksichtigen<br />
Die 2018 lancierte Mobilitätsinitiative gewinnt zunehmend an Fahrt. Konstantinos<br />
Boulouchos, treibende Kraft hinter dem Vorhaben, erklärt, wie weit die Umsetzung<br />
fortgeschritten ist und in welche Richtung sich die Initiative entwickeln<br />
soll.<br />
Von: Felix Würsten<br />
Herr Boulouchos, Anfang 2018 hat die ETH Zürich zusammen<br />
mit den SBB die Lancierung einer gross angelegten<br />
Mobilitätsinitiative verkündet. Wie weit ist das Vorhaben inzwischen<br />
gediehen?<br />
Konstantinos Boulouchos: Es ist sehr viel passiert seither. Zu<br />
Beginn erhielten wir von den SBB eine Donation zur Anschubfinanzierung<br />
der Initiative über 10 Jahre hinweg. Inzwischen<br />
konnten wir weitere Partner gewinnen: Siemens ist seit 2019<br />
mit im Boot. Und dieses Jahr konnten wir mit der AMAG einen<br />
zusätzlichen Partner gewinnen. Zusammen mit dem Engagement<br />
einer Privatperson wurden mittlerweile insgesamt 18<br />
Mio. Franken an Donationen eingebracht. Davon konnten über<br />
10 neue Forschungsprojekte mit je knapp 3 Mio. Franken von<br />
der Initiative und durch Eigenmittel finanziert werden.<br />
Die zwölf bisher bewilligten Projekte betreffen in erster Linie<br />
den Schienenverkehr. Warum diese Fokussierung?<br />
Dass der Schienenverkehr bislang im Vordergrund steht, hängt<br />
damit zusammen, dass die SBB bisher der grösste Partner sind.<br />
Wir streben aber einen breiteren Ansatz an und wollen alle Sektoren<br />
der Mobilität berücksichtigen. Mit der AMAG haben wir<br />
nun einen starken Partner aus dem Bereich Strassenverkehr<br />
dabei, so dass das Spektrum der verschiedenen Mobilitätsformen<br />
nun breiter abgedeckt ist. Mittelfristig möchten wir auch<br />
die Luftfahrt und wenn möglich die Schifffahrt einbeziehen. Die<br />
Schweiz ist zwar ein Binnenland, aber es gibt hierzulande viele<br />
Firmen, die in diesem Bereich tätig sind.<br />
Wie bringen Sie die Interessen von so unterschiedlichen<br />
Partnern zusammen?<br />
Das ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Unsere Industriepartner<br />
sind natürlich in erster Linie interessiert, ihre Probleme von<br />
heute zu lösen. Wir müssen daher aufpassen, dass wir nicht in<br />
der betriebswirtschaftlichen Sichtweise stecken bleiben. Als<br />
ETH-Forschende sind wir an der längerfristigen Perspektive interessiert,<br />
an den grundlegenden Problemen.<br />
Was heisst das konkret?<br />
Es gibt drei zentrale Themen, die alle Bereiche der Mobilität betreffen.<br />
Das erste Thema ist die Dekarbonisierung: Wir müssen<br />
das Verkehrssystem klimafreundlicher machen, indem wir die<br />
fossilen Treibhausgasemissionen möglichst stark reduzieren.<br />
Das zweite Thema ist die Digitalisierung, die auch die Mobilität<br />
grundlegend verändern wird. Und das dritte grosse Thema<br />
ist die Planung der Infrastruktur. Wir stossen überall an Kapazitätsgrenzen<br />
und müssen das Verkehrssystem als Ganzes<br />
optimieren. Die breite Fachexpertise der ETH, kombiniert mit<br />
wichtigen Impulsen aus der Praxis, eröffnet das Potenzial, eine<br />
führende Position auf diesem Gebiet einzunehmen.<br />
Sie sind als Forscher gleichzeitig auch noch im nationalen<br />
Kompetenzzentrum SCCER Mobility engagiert. Wie spielen<br />
die beiden Plattformen zusammen?<br />
Das SCCER Mobility ist grundsätzlich ein anderes Vehikel. Es<br />
handelt sich um ein nationales Kompetenzzentrum, an dem sich<br />
Gruppen aus verschiedenen Hochschulen beteiligen. Allerdings<br />
läuft dieses Zentrum Ende Jahr nach sieben Jahren aus. Mit der<br />
Mobilitätsinitiative möchten wir das Netzwerk erhalten, das wir<br />
innerhalb der ETH aufgebaut haben, und in den zukunftsträchtigen<br />
Bereichen ausbauen. Zudem planen wir ein neues Kompetenzzentrum<br />
für Mobilität.<br />
Warum braucht die ETH ein solches Zentrum?<br />
Es geht nicht nur darum, Forschungsprojekte zu lancieren. Es<br />
braucht auch neue Angebote in der Lehre und neue Professuren.<br />
Und wir müssen unbedingt den Outreach stärken, also der<br />
Öffentlichkeit, der Verwaltung, der Politik und der Industrie ver-<br />
40
Mobilität<br />
mitteln, was heute Stand der wissenschaftlichen Forschung ist.<br />
Wie ist eigentlich die Resonanz innerhalb der ETH? Da die Projekte<br />
bisher eher auf den Schienenverkehr ausgerichtet waren,<br />
haben sich vor allem Forschende aus dem Departement Bau,<br />
Umwelt und Geomatik sowie aus dem Departement Maschinenbau<br />
und Verfahrenstechnik, die sich mit Energiebereitstellung,<br />
Digitalisierung und Robotik befassen, engagiert. Wir sind aber<br />
daran, vermehrt Forschende aus der Elektrotechnik und der<br />
Informatik stärker einzubeziehen, ebenso wie Wissenschaftler<br />
aus den Departementen Management, Technologie und Ökonomie<br />
sowie Umweltwissenschaften. Ich hoffe, dass wir in Zukunft<br />
auch grössere und interdisziplinäre Projekte realisieren<br />
können, an denen sich dann vier oder fünf unterschiedliche<br />
Forschungsgruppen beteiligen. Das Potenzial dazu wäre an der<br />
ETH vorhanden.<br />
Aber noch sind wir nicht soweit.<br />
Eine solche Initiative aufzubauen braucht viel Zeit, das darf man<br />
nicht unterschätzen. Bis man mit einem Partner einen Vertrag<br />
unterzeichnen kann, vergehen in der Regel einige Jahre.<br />
Die gegenwärtige Krise macht die Suche nach neuen Partnern<br />
wohl nicht einfacher, gerade im Bereich Luftfahrt. Das ist so. Gemeinsam<br />
mit der ETH Foundation engagieren wir uns, neue Partner<br />
an Bord zu holen. Vor der Corona-Krise sahen wir, dass die Industrie<br />
durchaus grosses Interesse an unserer Initiative hat. Das<br />
kohlenstoffarme Fliegen stellt die Branche vor eine grosse Herausforderung,<br />
nicht nur die Fluggesellschaften, sondern auch die<br />
Flugzeugbauer, die Flughäfen und alle anderen Akteure. Trotz<br />
der gegenwärtig schwierigen Lage der Industrie sind wir zuversichtlich,<br />
dass wir Partner aus weiteren Sektoren des Mobilitätssystems<br />
für spannende Forschungsarbeiten gewinnen werden.<br />
Die Mobilitätsinitiative der ETH Zürich<br />
Anfang 2018 hat die ETH Zürich zusammen mit den Schweizerischen<br />
Bundesbahnen (SBB) eine langfristig angelegte Mobilitätsinitiative<br />
lanciert. Nachdem 2019 Siemens hinzukam,<br />
konnte <strong>2020</strong> die AMAG Group AG als erster Partner aus der<br />
Automobilbranche gewonnen werden. Die formelle Vertragsunterzeichnung<br />
fand am 9. November <strong>2020</strong> statt.<br />
Mit der Mobilitätsinitiative werden bisher vor allem Forschungsprojekte<br />
auf Doktoranden- und Postdoktorandenebene unterstützt.<br />
Die Projekte zielen beispielsweise darauf ab, Diagnoseinstrumente<br />
zu entwickeln, die man zur Überwachung der<br />
Bahnanlage in regulären Zügen einsetzen kann, oder untersuchen<br />
das Zusammenwirken von Schiene und Rad, um die Abnützung<br />
an den Fahrzeugen besser voraussagen zu können.<br />
Auch grundsätzliche Aspekte werden untersucht, zum Beispiel<br />
wie sich der Güterverkehr klimafreundlicher gestalten lässt.<br />
Andere Projekte wiederum erforschen, wie man mit Hilfe von<br />
künstlicher Intelligenz oder mit Fernerkundungsmethoden<br />
Schäden an der Infrastruktur frühzeitig erkennen kann oder<br />
welche Folgen sich ergeben, wenn man Photovoltaikanlagen<br />
und Ladestationen für Elektroautos an das Stromnetz der Bahn<br />
anschliesst.<br />
Konstantinos Boulouchos ist<br />
Professor für Energietechnik<br />
und Leiter des Laboratoriums<br />
für Aerothermochemie und<br />
Verbrennungssysteme. Er war<br />
Gründungsdirektor des Energy<br />
Science Center (ESC) an der ETH<br />
Zürich und leitet heute das Swiss<br />
Competence Center for Energy<br />
Research – Efficient Technologies<br />
and Systems for Mobility (SCCER Mobiltity). Zudem ist<br />
der Präsident der Energiekommission der Schweizer Akademien<br />
der Wissenschaften.<br />
<br />
41
Mobilität<br />
Elektroautos 2021: Das sind die<br />
9 Top Neuheuten des Jahres<br />
Tesla hat es vorgemacht: Die dürftige Reichweite bei Elektroautos gehört der Vergangenheit<br />
an. Hersteller wie BMW, Mercedes, VW und Co. bauen immer reichweitenstärkere<br />
Fahrzeuge, mit spannenden Innovationen. Ob mit grosser oder doch weniger Reichweite<br />
- die Elektorautos 2021 sind vielversprechend.<br />
Ein kleines Highlight: 2021 kommt der Neue Fiat 500 mit einer<br />
Cabrio-Ausführung auf den Markt. Foto: © Fiat<br />
Das Jahr 2021 beschert uns in Sachen Elektroautos vielversprechende<br />
Neuheiten. Von absolut erschwinglich bis zum Highend<br />
Luxus-E-Auto und vom familienfreundlichen Mini-SUV bis zum<br />
sportlichen Flitzer sind jegliche Bedürfnisse der Kunden Abgedeckt.<br />
Das sind die Top Favoriten der Elektroautos 2021.<br />
Ab 77‘600 CHF, dann bereits mit reichhaltiger Serienausstattung<br />
aber ohne Allradantrieb, rollt das E-Auto mit seinen 286 PS<br />
elektrischer Leistung aus dem Autohaus. Voll geladen schafft es<br />
die Neuheit mit 74 kWh-Akku auf eine Reichweite von bis zu 460<br />
km. Ende <strong>2020</strong> können interessierte Käufer das Auto auf bmw.<br />
ch bereits konfigurieren.<br />
Weitere elektrische Neuheiten aus dem Hause BMW sind geplant.<br />
So kommt ein neuer BMW i4 (Reiselimousine), das Top-<br />
Modell iNext (E-SUV der Luxusklasse) und ein i1 (Einsteigermodell<br />
in die E-Kompaktklasse) im Jahr 2021 voraussichtlich auf<br />
den Markt. BMW startet damit mit seiner angekündigten Offensive<br />
für neue Elektroautos.<br />
1BMW iX3: Stromgetriebener Bruder des Erfolgsmodells<br />
Der Kompakt-SUV BMW X3 nimmt seit Jahren eine Top 5-Position<br />
bei den Zulassungen ein. Kein Wunder ist das Fahrzeug<br />
beliebt: Nicht zu gross, nicht zu klein, dennoch alltags-, familien-<br />
und freizeittauglich mit dem gewissen Überblick über<br />
den Strassenverkehr. Mit der elektrisch angetriebenen Neuheit<br />
BMW iX3 will der Konzern nun Anfang des Jahres 2021 an den<br />
Erfolg des Volumenmodells im Elektrobereich anknüpfen. Aussichten?<br />
Zwar war der direkte Konkurrent Audi mit dem Strom-<br />
SUV e-tron (Reichweite bereits 500 km) zwei Jahre schneller,<br />
dennoch sind die Erfolgsaussichten für den Elektro-SUV gut.<br />
WERBUNG<br />
Der BMW iX3 kommt auf eine Reichweite von bis zu 460 km.<br />
Foto: © BMW<br />
Die angepeilte Zielgruppe ist gross und nicht zuletzt durch den<br />
Erfolg des BMW i3 hat der bayrische Autobauer seine Elektrokompetenz<br />
bereits unter Beweis gestellt.<br />
2. Einmaliges Highlight? Der sich selbst ladende Sion<br />
Nachhaltigkeit haben sich die Gründer des Münchner Start-<br />
Ups Sono Motors auf die Fahne geschrieben. Dafür steht auch<br />
die Entwicklung der Neuheit Sion. Der ab September 2021 in<br />
Schweden produzierte Stromer ist die einzige Elektroauto-Neuheit,<br />
die zumindest für Kurzstrecken nicht aufgeladen werden<br />
müsste, da sie ihre eigene Stromversorgung an Bord hat.<br />
Der Sion lädt sich für Kurzstrecken mit Solarstrom auf. Foto: ©<br />
Sono Motors GmbH<br />
Die Entwickler haben die komplette Karosserie mit Solarzellen<br />
überzogen, was die CO2-Emissionen des E-Autos im Vergleich<br />
zur Konkurrenz nochmals drückt. Drücken kann, sollte es besser<br />
heissen. Denn die Selbstaufladung funktioniert nur, wenn<br />
42
Mobilität<br />
die Sonne scheint, wenn die Strecke von etwa April bis September<br />
bei maximal 34 km oder im Winter bei lediglich zehn Kilometern<br />
liegt. Dies sind die angegebenen Reichweiten, wenn sich<br />
der Sion für einen Tag im Freien selbst aufladen kann.<br />
An der Steckdose geladen kommt das E-Auto von Sono Motors<br />
mit seinem 120 Kilowatt/163 PS leistenden E-Motor und einer<br />
35 kWh starken Batterie auf eine Reichweite von bis zu 250 km<br />
und ist damit ein Favorit für Arbeits-Pendler.<br />
3Highlight Model Y: Nachfolger des Erfolgs-Stromer<br />
Tesla Model 3<br />
Die Zahlen der Neuzulassungen von Elektroautos steigen deutlich<br />
und der gesamte Anteil an Fahrzeugen mit alternativen Antrieben<br />
lag im ersten Halbjahr <strong>2020</strong> bei 21,6 Prozent (1. Hj. 2019:<br />
10,4 Prozent). Eine dominante Rolle nimmt hier der Tesla Model<br />
3 ein, von dem bis und mit Oktober <strong>2020</strong> laut Auto Swiss 3134<br />
Fahrzeuge zugelassen wurden. Damit ist er das drittbeliebteste<br />
Auto in der aktuellen Zulassungsstatistik. Lediglich geschlagen<br />
vom VW Tiguan (3466) und dem Skoda Octavia (5082).<br />
Das Model Y von Tesla gibt‘s ab 67‘300 Franken. Foto: © Tesla<br />
Nun startet Anfang 2021 mit dem Model Y die Serienproduktion<br />
eines weiteren Teslas. Das neue Tesla Model ist ein Elektro-SUV,<br />
der auf dem Model 3 basiert, allerdings zehn Prozent grösser<br />
ist und bis zu sieben Passagiere an Bord nehmen kann. Auf den<br />
ersten Blick erinnert das Design des Model Y dank dem kuppelförmigen<br />
Dach und einer stark abgeflachten Motorhaube an<br />
den ersten VW New Beetle. Je nach Ausstattung liegt die Leistung<br />
zwischen 266 und 443 PS oder 199 und 331 KW. Die Reichweite<br />
liegt dabei zwischen 480 und 505 km. Werte wie man sie<br />
bei Tesla gewöhnt ist. Ob sie für Schweizer Strassen nötig sind,<br />
das ist eine andere Frage.<br />
Das Model Y von Tesla gibt es ab einem Preis von 58‘620 Euro,<br />
umgerechnet etwa 67‘300 CHF.<br />
Zum Vergleich: Der Startpreis des Model 3 mit 325 - 510 PS oder<br />
239 - 377 KW liegt bei 44‘990 CHF, in der Topausstattung bei<br />
59‘990 CHF.<br />
4. Günstigstes Elektroauto am Markt: Dacia Spring Electric<br />
Mit dem Spring Electric bringt Dacia Anfang 2021 einen Mini<br />
E-SUV auf den Markt, der mit drei Varianten und einem attraktiven<br />
Preis punktet. Der angedachte Preis in der Basisversion<br />
Elektro-SUV soll unter 20‘000 CHF liegen. Eine Kampfansage,<br />
die aber auch nur möglich ist durch sein kleines Aggregat (22<br />
KW/44 PS) und dem weitgehenden Verzicht - ganz Dacia-typisch<br />
- auf allzu viel High-Tech.<br />
Der Mini-SUV Dacia Spring Electric soll bereits ab 20‘000 Franken<br />
erhältlich sein. Foto: © Dacia<br />
Wen das nicht stört, der bekommt mit dem neuen Modell aus<br />
Rumänien einen fünftürigen Viersitzer mit 300 L Kofferraumvolumen,<br />
der eine Reichweite von 225 km beziehungsweise<br />
295 km (im Stadtverkehr) schafft. Diese Reichweite kann noch<br />
etwas gesteigert werden, denn im wählbaren Eco-Modus kommen<br />
weitere zehn Prozent Reichweite hinzu. Die Motorleistung<br />
wird damit auf 31 PS reduziert und die Maximalgeschwindigkeit<br />
sinkt dann von 125 Km/h auf 100 Km/h.<br />
Die Varianten des Fahrzeugs sehen eine Endverbraucher-Version<br />
vor, eine spezielle Car-Sharing-Variante und eine ‚Cargo‘-<br />
Ausführung. Letztere bietet lediglich zwei Sitze, dafür aber 800<br />
L Ladevolumen bei einer Zuladung von maximal 375 Kg. Das<br />
Fahrzeug ist als günstige Variante für den Nahlieferverkehr<br />
ohne CO2-Emissionen und Feinstaubbelastung gedacht.<br />
5. Neuer Fiat 500 ausschliesslich elektrisch<br />
Während der ‚alte‘ 500er Fiat weitergebaut wird, kommt ein<br />
überarbeitetes, geringfügig gewachsenes Modell auf den<br />
Markt, das rein elektrisch fährt und schlicht der Neue Fiat 500<br />
heisst. Es wirkt erwachsener, eher etwas maskuliner, und hat für<br />
seine Klasse jede Menge technische Features wie eine 360-Grad<br />
Kamera. Das Design wurde mit dem ‚Red Dot Award <strong>2020</strong>‘ ausgezeichnet.<br />
Wahlweise als Faltdach-Cabrio kommt der schicke und flotte<br />
Kleinwagen mit 117 PS Leistung und einem 42 kWh-Speicher<br />
2021 in die Autohäuser und fährt mit vollem Akku immerhin 320<br />
km. Fast schon langstreckentauglich wird er durch den serienmässigen<br />
85 kW-Lader, der das Fahrzeug an entsprechender<br />
Ladestation in zehn Minuten für immerhin 100 km Reichweite<br />
wieder auflädt. An normalen Ladesäulen benötigt die Batterie<br />
vier Stunden für eine Füllung auf 100 Prozent. Cool: Den als<br />
Doppeltürer mit Heckklappe erhältlichen Fiat gibt es auch in<br />
einer 3 + 1-Version. Diesem wurde an der Beifahrerseite eine<br />
weitere, entgegengesetzt öffnende kleine Tür spendiert.<br />
Der Preis für die Schweiz ist noch nicht veröffentlicht. In<br />
Deutschland startet er mit knapp unter 30.000 Euro, entspricht<br />
etwa CHF 32.000.<br />
<br />
43
44
45
Digitalisierung<br />
Phishing-Mails erkennen und abwehren<br />
Mit gefälschten Mails verschaffen sich Cyberkriminelle immer wieder Zugang zu<br />
Firmennetzwerken. Wie Unternehmen durch eine Phishing Simulation das Knowhow<br />
ihrer Angestellten in puncto IT-Sicherheit messen und das Bewusstsein für<br />
Cyberrisiken entscheidend verbessern können, erklärt Cornelia Lehle, Sales Director<br />
G DATA Schweiz, im Interview.<br />
Wie sieht die Bedrohungslage für Unternehmen zurzeit aus?<br />
Cornelia Lehle: In den ersten Monaten dieses Jahres ist die<br />
Zahl der Angriffsversuche stark gestiegen. Das hängt sicherlich<br />
auch direkt mit der Corona-Pandemie zusammen. Cyberkriminelle<br />
nutzten gerade zu Beginn der Krise die Verunsicherung<br />
der Menschen aus und verschickten massenhaft Mails mit<br />
einem direkten Bezug zu COVID-19. Angehängt waren aber<br />
Dateien mit Schadsoftware oder der enthaltene Link führte<br />
zu einer präparierten Webseite, mit dem Ziel Login-Daten<br />
abzugreifen und diese zu verkaufen. Gleichzeitig spielte den<br />
Angreifern auch der Trend in die Karten, dass viele Angestellte<br />
im Homeoffice gearbeitet haben oder es immer noch tun.<br />
Unternehmen konnten ihren Mitarbeitern im Homeoffice aber<br />
unter dem gebotenen Zeitdruck keine ausreichend gesicherte<br />
Infrastruktur zur Verfügung stellen. Die Komplexität der Netzwerke<br />
hat durch Homeoffice noch einmal zugenommen, die<br />
IT-Sicherheit ist aber nicht im gleichen Masse mitgewachsen.<br />
Warum sind Cyberattacken auf Unternehmen heute immer<br />
noch so erfolgreich?<br />
Cornelia Lehle: Natürlich erkennen technische Sicherheitslösungen<br />
einen Grossteil der Angriffsversuche und verhindern<br />
den externen Zugriff von Angreifern. Kriminelle Hacker sind<br />
heutzutage aber wirtschaftlich orientiert und wollen mit wenig<br />
Aufwand einen maximalen Profit erzielen. Daher suchen sie immer<br />
den Weg des geringsten Widerstands, um ans Ziel zu kommen.<br />
Das sind natürlich technische Sicherheitslücken wie etwa<br />
ein nicht installiertes Software-Update oder ein unzureichend<br />
gesicherter RDP-Zugang mit einem zu einfachen Passwort. In<br />
der Realität ist leider oft der Mitarbeiter das schwächste Glied<br />
in der Kette. Da reicht ein falscher Klick in einer Mail auf den Anhang<br />
oder einen Link und schon haben Angreifer Zugriff auf das<br />
Netzwerk. Es ist dann nur noch eine Frage der Zeit, bis sie die<br />
Kontrolle übernehmen und Daten kopieren oder verschlüsseln,<br />
um Lösegeld zu erpressen.<br />
46
Digitalisierung<br />
Was müssen Unternehmen machen, um ihre Mitarbeiter für<br />
das Thema IT-Sicherheit zu sensibilisieren?<br />
Cornelia Lehle: In unserem Berufsalltag, aber auch im privaten<br />
Leben sind viele Prozesse vollautomatisiert und IT-gestützt.<br />
Eine sichere Versorgung mit digitalen Informationen ist mittlerweile<br />
genauso wichtig, wie die Versorgung mit Strom oder<br />
Wasser. Aber bei dem Thema IT-Sicherheit<br />
verschliessen Vorstände, Geschäftsführer<br />
und Angestellte immer<br />
noch die Augen. So setzen sehr viele<br />
Angestellte leicht zu merkende Passwörter<br />
für die IT-Benutzerkonten ein,<br />
doch einfache Kennwörter lassen sich<br />
sehr schnell knacken. Wenn Angreifer<br />
an die Login-Daten eines IT-Administrators<br />
gelangen, haben sie nahezu unbehelligt<br />
ihr Ziel schnell erreicht und<br />
können im Firmennetzwerk agieren.<br />
Warum fallen Menschen immer noch<br />
auf Phishing-Nachrichten herein?<br />
Cornelia Lehle: Cyberkriminelle verfolgen<br />
beim Phishing ein klares Ziel.<br />
Sie verleiten ihr Opfer dazu, vertrauliche Informationen wie<br />
etwa Login-Daten preiszugeben, auf einen Link zu klicken oder<br />
einen Mailanhang zu öffnen. So erhalten die Angreifer am Ende<br />
Zugriff auf das Netzwerk oder können die Systeme mit Schadsoftware<br />
infizieren. Dabei nutzen sie das menschliche Verhalten<br />
konsequent aus. Hilfsbereitschaft, Neugier oder Gier spielen<br />
ihnen dabei in die Karten. Im Unternehmensumfeld gehört der<br />
Umgang mit Bewerbungen auf ausgeschriebene Stellen oder<br />
Rechnungen zur Tagesordnung. Angreifer nutzen den gewohnten<br />
Umgang mit diesen Mails aus, da Mitarbeiter bei Routinearbeiten<br />
schneller unaufmerksam sind. Immer wieder bauen<br />
die Angreifer in den Mails Zeitdruck auf, um die Opfer zum raschen<br />
und unüberlegten Handeln zu zwingen. Es werden also<br />
sehr menschliche Eigenschaften ausgenutzt. Wenn ein Mitarbeiter<br />
erstmal davon überzeugt ist, dass er aus legitimen Gründen<br />
beispielsweise auf einer Webseite sein Passwort eingeben<br />
soll, können auch gute technische Sicherheitsmassnahmen wie<br />
Zwei-Faktor-Authentifizierung umgangen<br />
werden. Phishing wird immer<br />
raffinierter – zwar landen weiterhin<br />
unzählige Massenmails in den Postfächern,<br />
aber die Gefahr durch gezielte<br />
Attacken hat zugenommen. Dazu<br />
spähen die Angreifer in Sozialen Medien<br />
oder auf der Firmen-Homepage<br />
ihr Opfer aus und erstellen darauf<br />
aufbauend eine massgeschneiderte<br />
Phishing-Mail. In dieser nehmen sie<br />
etwa auf eine Veranstaltung Bezug,<br />
die ein Mitarbeiter besucht hat. Solche<br />
so genannten Spear-Phishing-<br />
Mails sind von echten Nachrichten<br />
kaum zu unterscheiden. Wenn sie mit<br />
Hilfe von Malware, wie etwa Emotet,<br />
bestehende E-Mail-Verläufe auslesen<br />
und Mails von innerhalb der Organisation mit einem infizierten<br />
Anhang verschicken, wird es noch schwieriger, diese zu erkennen.<br />
Hier braucht es schon eine AV-Lösung, die auf dem neuesten<br />
Stand ist. Hinzu kommt: Über diesen Weg greifen Cyberkriminelle<br />
auch weitere Opfer an.<br />
Gibt es typische Kennzeichen für eine Phishing-Mail?<br />
Cornelia Lehle: Das hängt viel von der Art des Angriffs ab und<br />
reicht von Massen-Spam mit mehreren tausend Empfängern,<br />
bis hin zu gezieltem Spear-Phishing. Bei einfachen Phishing-<br />
Mails fehlt beispielsweise die direkte Anrede. Die Nachricht<br />
enthält massive Rechtschreib- und Grammatikfehler oder ist in<br />
ihrer Argumentation nicht schlüssig. Ein anderes Erkennungsmerkmal<br />
ist auch der Absender. Zwar lässt sich dieser Name<br />
ändern, aber bei genauem Hinsehen ist häufig eine gefälschte<br />
E-Mail-Adresse dahinter verborgen. Wenn aber die Angreifer<br />
bereits einen anderen Account gekapert haben und von dort<br />
Mails verschicken, ist es sehr schwer, dies zu erkennen. Wer eine<br />
verdächtige E-Mail erhält, sollte immer die Legitimität hinterfragen<br />
und im Notfall den Absender anrufen oder den zuständigen<br />
IT-Mitarbeiter um Hilfe bitten.<br />
Wer beispielsweise eine Mail von einem sozialen Netzwerk über<br />
eine neue Kontaktanfrage erhält, die einem komisch vorkommt,<br />
sollte den Link in der Mail nicht anklicken, sondern die Webseite<br />
direkt besuchen. Eine legitime Kontaktanfrage wird auch dort<br />
angezeigt und Anwender umgehen so das Risiko, auf eine Phishing-Webseite<br />
reinzufallen.<br />
Wie können Unternehmen dafür sorgen, dass ihre Angestellten<br />
zukünftig keine Phishing-Mails anklicken?<br />
Cornelia Lehle: Unternehmen müssen IT-Sicherheit ganzheitlich<br />
betrachten. Neben technischen Sicherheitsmassnahmen<br />
sollten Mitarbeiter zum Bestandteil der Verteidigungsstrategie<br />
werden. Hier reicht ein Schulungsvideo, mit dem Mitarbeiter<br />
über Phishings-Mails und andere Cybergefahren informiert<br />
werden, nicht aus. Auch eine zweitägige Präsenzschulung greift<br />
auf Dauer zu kurz. Das Bewusstsein der Angestellten für IT-Sicherheitsrisiken<br />
zu schärfen, ist ein langfristiger Prozess. Das<br />
geht aus meiner Sicht nur mit Hilfe von umfangreichen Security<br />
Awareness Trainings. Wenn sich die Angestellten der Risi-<br />
<br />
47
ken bewusst sind, handeln sie vorsichtiger und gehen kritischer<br />
mit Mails um. Gleichzeitig haben sie dann auch Verständnis für<br />
Passwort-Vorgaben und andere sicherheitsrelevante Themen.<br />
So wird kein Mitarbeiter einen unbekannten USB-Stick ungeprüft<br />
an seinem Rechner anschliessen.<br />
Welchen Beitrag leisten<br />
Phishing-Simulationen<br />
im Rahmen eines Security<br />
Awareness Trainings?<br />
Cornelia Lehle: Bei Phishing-Simulationen<br />
können<br />
Angestellte auf spielerische<br />
Weise Erfahrungen<br />
mit gefährlichen Mails<br />
sammeln. Es versetzt sie<br />
in die Lage, routinierter<br />
mit Phishing umzugehen<br />
und steigert ihr Selbstbewusstsein.<br />
Die Unternehmen<br />
können mit einer<br />
Simulation außerdem den<br />
Status der IT-Sicherheit<br />
messen. Ein Reporting zeigt dem Verantwortlichen, ob und wie<br />
viele Mitarbeiter eine gefährliche Mail geöffnet und sogar den<br />
enthaltenen Link angeklickt haben. Damit ist klar, wie gross<br />
der Handlungsbedarf ist und an welcher Stelle dieser besteht.<br />
Anschliessend sollten Firmen ein Security Awareness Training<br />
durchführen, um das Bewusstsein der Mitarbeiter für Cybergefahren<br />
nachhaltig zu verbessern und Wissen aufzubauen. Wer<br />
dann noch eine weitere Phishing-Simulation durchführt, kann<br />
sehen, wie sich das Sicherheitsniveau im Unternehmen verbessert<br />
hat. Natürlich ist das ein kontinuierlicher Prozess.<br />
Wie sollte eine Phishing-Simulation ablaufen?<br />
Cornelia Lehle: Idealerweise sollte die Übung drei bis vier Wochen<br />
dauern.<br />
Die Phishing-Mails sollten dabei verschiedene Schwierigkeitsstufen<br />
abdecken und auch die zeitliche Komponente, also die<br />
Zeit des Versands sollte variieren. Denn die Aufmerksamkeit<br />
der Mitarbeiter ist nicht konstant. So ist mancher Angestellter<br />
in Vorfreude auf den Feierabend oder das Wochenende nicht<br />
mehr so aufmerksam, wie zu Beginn des Arbeitstages. Ich bin<br />
mir ziemlich sicher, dass jeder Mitarbeiter auf mindestens eine<br />
Mail hereinfällt. Aber genau aus diesem Fehler lernen sie am<br />
meisten.<br />
Welche Dinge sollten Unternehmen beachten, wenn sie eine<br />
Phishing-Simulation durchführen wollen?<br />
Cornelia Lehle: Natürlich müssen Firmen die arbeitsrechtlichen<br />
Rahmenbedingungen erfüllen. Aus meiner Sicht ist aber ein anderer<br />
Punkt viel entscheidender: Für eine Phishing Simulation<br />
braucht es einen passenden Rahmen. Dazu gehört beispielsweise<br />
ein Meldeprozess für verdächtige Mails. Im Verdachtsfall<br />
sollten verdächtige Nachrichten nicht einfach gelöscht, sondern<br />
überprüft werden. Dann können die IT-Sicherheitsverantwortlichen<br />
umgehend Massnahmen einleiten, wenn sich der Verdacht<br />
bestätigt. Dazu gehört etwa die Anpassung der eingesetzten<br />
Spam-Filter, damit diese Mails direkt blockiert werden. Zudem<br />
bedarf es auch einer Firmenkultur, die Mitarbeiter schützt, die<br />
auf eine Phishing-Mail hereingefallen sind. Nur wer offen über<br />
dieses Verhalten spricht und es nicht sanktioniert, schafft innerhalb<br />
der Belegschaft ein Bewusstsein für das bestehende Risiko.<br />
Ein Mitarbeiter, der auf einen Phishing-Angriff hereingefallen<br />
ist, sollte dies offen ansprechen können.<br />
48
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Business Impact Analyse –<br />
Genügend vorbereitet auf einen Notfall<br />
Gerade in Krisenzeiten wird die Wichtigkeit einer guten Vorbereitung erkennbar.<br />
Tritt eine Krise oder ein grösseres negatives Ereignis ein, gilt es schnell zu reagieren.<br />
Zu diesem Zeitpunkt ist es aber zu spät, sich mit allen notwendigen Schritten<br />
im Detail auseinanderzusetzen.<br />
Nun muss reagiert und nicht mehr diskutiert werden. Die Business<br />
Impact Analyse zeigt im Vorfeld, auf was der Fokus bei<br />
einem solchen Ereignis gelegt werden muss und welche Massnahmen<br />
zur Reduktion der Folgen ergriffen werden müssen.<br />
Das Krisenmanagement ist unabhängig von Unternehmensprozessen<br />
und das Ziel besteht darin, Menschen zu retten (z.B. Gebäude-Evakuation<br />
in der Schadensbegrenzung (Umwelt /Sachwerte)<br />
sowie eine Krisensituation generell zu bearbeiten.<br />
Auch die Betreuung von Mitarbeitern und gegebenenfalls Angehörigen<br />
sowie der richtige Umgang mit den Medien sind klassische<br />
Aufgaben des Krisenmanagements.<br />
Gemäss ISO 22301 (Sicherheit und Ausfallsicherheit - Business<br />
Continuity Management-Systeme) und BSI 100-4 (Notfallmanagement)<br />
des Deutschen Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik<br />
sieht das Vorgehen bei der Einführung und<br />
beim Betrieb eines BCM wie folgt aus:<br />
1. Eigene Organisation (Struktur und Prozesse) verstehen<br />
(mittels Business Impact Analyse)<br />
2. BCM-Strategie entwickeln<br />
3. Reaktionsmassnahmen und Notfallpläne entwickeln<br />
und implementieren<br />
4. BCM-Übungen durchführen<br />
5. Reaktionsmassnahmen und Notfallpläne überprüfen<br />
und weiterentwickeln<br />
Im nachfolgenden wird der erste Punkt, die Business Impact<br />
Analyse (BIA), im Detail angeschaut. Diese dient dazu, kritische<br />
Prozesse zu identifizieren und zu bewerten. Dabei werden Pro-<br />
50 <br />
zesse mit hohem Einfluss auf andere Prozesse und auch Abhängigkeiten<br />
von Prozessen untereinander erfasst.<br />
In einem ersten Schritt werden die Prozesse in einem Unternehmen<br />
angeschaut. Dabei ist wichtig, diese zuerst ohne Bewertung<br />
oder grosse Diskussionen anzuschauen.<br />
Auch eher triviale Prozesse, wie den Briefkasten leeren, gehören<br />
da dazu. Gleichzeitig wird erfasst, ob Prozesse von anderen<br />
Prozessen abhängig sind.<br />
Erst wenn alle erfasst sind, werden in den Prozessen auch die<br />
beiden Werte RPO und RTO bestimmt.<br />
• RTO (Recovery Time Objective): Wie lange darf ein Geschäftsprozess/System<br />
ausfallen? Es ist also der Zeitbedarf,<br />
der vom Zeitpunkt des Schadens bis zur vollständigen<br />
Wiederherstellung der Geschäftsprozesse<br />
reicht.<br />
• RPO (Recovery Point Objective): Welcher Datenverlust<br />
kann in Kauf genommen werden? Dies gibt den maxmalen<br />
Zeitraum an, der zwischen zwei Datensicherungen<br />
liegen darf.<br />
RPO und RTO im zeitlichen Ablauf (Tabelle 1):<br />
Prozessname Beschreibung RPO RTO<br />
Verkauf von Dienstleistungen Prozess umfasst das Bereitstellen von<br />
1 Tag 2 Tage<br />
Dienstleistungen und deren Vermarktung<br />
Mitarbeiter-Rekrutierung Prozess umfasst alle Schritte vom ersten Gespräch<br />
bis zur Einstellung<br />
2 Tage 1 Woche<br />
Im zweiten Schritt werden die verarbeiteten Daten angeschaut.<br />
Dies Daten können Kundendaten, Beschreibung technische Vertraulichkeit (C) Dokumente Integrität (I) Verfügbarkeit und Anlei- (A)<br />
Kundendaten<br />
Mitarbeiterdaten (HR)<br />
Informationen über<br />
Kunden (z.B.<br />
Kaufverhalten)<br />
Informationen der<br />
Mitarbeitenden (z.B.<br />
Absenzen)<br />
Sehr hoch (sh) Hoch (h) Hoch (h)<br />
Sehr hoch (sH) Normal (n) Normal (n)
tungen, Strategien, interne Dokumente von Mitarbeitenden,<br />
Prozesslisten und vieles weitere sein. Diese Daten werden nach<br />
der Kritikalität bewertet. Dazu gehören die Vertraulichkeit, die<br />
Integrität und die Verfügbarkeit.<br />
• Vertraulichkeit (Confidentiality): Schutz der Daten vor<br />
unberechtigter Offenlegung.<br />
• Integrität (Integrity): Erkennung von Datenmanipulationen<br />
(Modifikation, Duplizierung).<br />
• Verkauf von Dienstleistungen<br />
Verfügbarkeit Prozess (Availability): umfasst das Bereitstellen Die Daten von stehen dann<br />
Prozessname Beschreibung RPO RTO<br />
1 Tag 2 Tage<br />
Dienstleistungen und deren Vermarktung<br />
Mitarbeiter-Rekrutierung zur Verfügung, Prozess wenn umfasst sie alle benötigt Schritte vom ersten werden Gespräch 2 Tage 1 Woche<br />
bis zur Einstellung<br />
Beispiel für die Festlegung der Datenkritikalität (Tabelle 2):<br />
Mit dieser Vererbung, und allenfalls Anpassung der Kritikalität,<br />
können Massnahmen geplant werden. Braucht es mehr<br />
Redundanzen? Müssen weitere Mitarbeitende oder externe<br />
Lieferanten involviert werden? Dazu wird idealerweise eine Risiko-Analyse<br />
durchgeführt. Schauen wir uns den Fall eines Systemausfalls<br />
an. Die Eintrittswahrscheinlichkeit ist eher gering,<br />
aber die Auswirkung kann schnell kritisch werden. Als (Gegen-)<br />
Massnahme kann das System redundant aufgebaut, eine Offline-Sicherung<br />
mit kurzen Abständen oder eine Anpassung des<br />
Prozesses, z.B. auf Papier, geprüft werden.<br />
Kontrollen und KPIs<br />
Digitalisierung<br />
Daten Beschreibung Vertraulichkeit (C) Integrität (I) Verfügbarkeit (A)<br />
Kundendaten<br />
Informationen über Sehr hoch (sh) Hoch (h) Hoch (h)<br />
Kunden (z.B.<br />
Kaufverhalten)<br />
Mitarbeiterdaten (HR) Informationen der<br />
Mitarbeitenden (z.B.<br />
Absenzen)<br />
Sehr hoch (sH) Normal (n) Normal (n)<br />
Im dritten Schritt werden die genutzten Anwendungen, Gebäude,<br />
involvierten Mitarbeitenden, Lieferanten und weitere Abhängigkeiten<br />
erfasst und mit den Prozessen verknüpft. Diese<br />
Elemente erben damit die vorher definierte Kritikalität.<br />
Bei elektronischer Verarbeitung wird im vierten Schritt erfasst,<br />
auf welchen Systemen die Anwendungen laufen. Dabei wird<br />
nicht unterschieden, ob diese Systeme virtuell oder physisch<br />
sind. Jedoch muss bei virtuellen Systemen angegeben werden,<br />
auf welcher Hardware diese laufen. Je nachdem können nun<br />
auch die Netzwerke und die genutzten Räume (z.B. Serverräume,<br />
Switch-Schränke, etc.) in einen Zusammenhang gebracht<br />
werden.<br />
Bei der Vererbung werden drei Arten unterschieden:<br />
• Maximumprinzip: dabei wird die höchste Kritikalität<br />
übernommen (bezogen auf die Vertraulichkeit, die Integrität<br />
und die Verfügbarkeit).<br />
• Verteilungseffekt: wenn genügend Redundanzen vorhanden<br />
sind, kann zum Beispiel die Verfügbarkeit reduziert<br />
werden. Dies ist beispielsweise dann der Fall,<br />
wenn Systeme in zwei redundanten Rechenzentren<br />
betrieben werden. Damit kann eines ausfallen, ohne<br />
dass der Prozess davon negativ beeinflusst wird.<br />
• Kumulationseffekt: die Kritikalität wird erhöht. Typisch<br />
ist dies bei Hardware-Systemen, auf denen eine<br />
grosse Anzahl von virtuellen Maschinen betrieben<br />
werden. Die einzelnen virtuellen Systeme sind unkritisch,<br />
da aber bei einem Hardware-Ausfall viele gleichzeitig<br />
ausfallen, wird die Anforderung an die Verfügbarkeit<br />
des Servers erhöht.<br />
BIA-Ablauf:<br />
Risiko-Analyse<br />
Aus der vorherigen Massnahme «Offline-Sicherung» sollte anschliessend<br />
eine Kontrolle abgeleitet werden. So sollte das<br />
Backup wöchentlich überprüft werden, um festzustellen, ob<br />
alle notwendigen Daten korrekt gesichert wurden.<br />
Eine weitere Kontrolle könnte ein Wiederherstellungstest alle<br />
drei Monate, das heisst quartalsweise, sein. Damit wird überprüft<br />
und geübt, dass in einem Notfall die Daten auch schnell<br />
und vollständig wiederhergestellt werden können.<br />
Zudem werden allfällige Stolpersteine identifiziert und können<br />
frühzeitig behoben werden. Aus Kontrollen können KPIs (Key<br />
Performance Indicator) definiert und gemessen werden. In Bezug<br />
auf das Backup könnten dies «Anzahl nicht überprüfter<br />
Backup-Jobs» oder «Anzahl nicht erfolgreicher Wiederherstellungstests»<br />
sein.<br />
Zu jedem KPI sollten auch die Messgrössen definiert werden.<br />
So bedeutet 0: «Alles in Ordnung», 1: «Tolerierbar», 2: «Nicht tolerierbar».<br />
Diese KPIs dienen als Information für Management-<br />
Bewertungen und allfällig notwendiger Korrekturen.<br />
Fazit<br />
Wird die Business Impact Analyse mit genügend Zeit und mit<br />
der entsprechenden Tiefe durchgeführt sowie regelmässig den<br />
sich ändernden Anforderungen angepasst, kann ein möglicher<br />
Notfall zwar nicht verhindert, aber die Folgen davon stark verringert<br />
werden.<br />
Durch das konsequente Weiterführen werden Massnahmen,<br />
Kontrollen und Messgrössen definiert und damit eine Rückmeldung<br />
zur Qualität der getroffenen Schritte ermöglicht. Die<br />
Business Impact Analyse kann damit ein Unternehmen ideal<br />
vorbereiten und vor einem grossen Schaden schützen.<br />
goSecurity<br />
Andreas Wisler<br />
Inhaber, Dipl. Ing FH<br />
<br />
51
Digitalisierung<br />
IT-Sicherheit:<br />
Per Dark Web Scan der Gefahr ins Auge blicken<br />
Im Dark Web finden Hacker seit Jahren eine ideale Plattform, um sensible Informationen wie Zugangsdaten,<br />
die im Zuge von Sicherheitslecks erbeutet wurden, illegal zum Verkauf anzupreisen.<br />
Das Fatale: Unternehmen wissen meist nicht einmal, dass „ihre“ Daten hier bereits gehandelt<br />
werden. Genau aus diesem Grund ist es durchaus ratsam, einmal gezielt hinter die Kulissen des<br />
Dark Webs zu blicken.<br />
Mit gestohlenen Zugangsdaten lässt sich heutzutage viel Geld<br />
verdienen und wer auf der Suche nach Passwörtern ist, wird im<br />
Dark Web schnell fündig. Schliesslich treffen Cyberkriminelle<br />
in den Untiefen des Datenozeans auf perfekte Bedingungen für<br />
perfide Machenschaften: Die Webseiten im Dark Web sind zwar<br />
öffentlich zugänglich, verbergen aber ihre IP-Adressen, was es<br />
Benutzern unmöglich macht, den Host zu identifizieren. Es ist<br />
erschreckend, wie viele vertrauliche Informationen – von E-<br />
Mail-Adressen mit zugehörigen Passwörtern über Kreditkarteninformationen<br />
bis hin zu vielen weiteren persönlichen Details –<br />
auf diese Weise allgemein verfügbar sind und illegal gehandelt<br />
werden. Hacker fahren darüber ein lukratives Geschäft, welches<br />
nicht selten das Fundament für weitere Angriffsszenarien liefert.<br />
Es verwundert daher kaum, dass auch die Methoden, um<br />
an vertrauliche Daten wie Passwörter zu kommen, immer ausgefeilter<br />
werden (siehe Kasten). Ein einziger bekannter Zugang<br />
kann zum Ausgangspunkt für weiteren Datendiebstahl im grossen<br />
Stil werden. Einschlägige Statistiken wie der Verizon Data<br />
Breach Investigations Report zeigen, dass sich ein enorm hoher<br />
Anteil an Cyberangriffen jedes Jahr auf gestohlene Anmeldeinformationen<br />
zurückführen lässt.<br />
Risiko ist allgegenwärtig<br />
Wie gross das Ausmass der Bedrohung ist, untermauert auch der<br />
„2019 Global State of Cybersecurity in Small and Medium-Sized<br />
Businesses Report“ des Ponemon Institute. Danach vermeldeten<br />
63 Prozent der Unternehmen einen Sicherheitsvorfall, bei<br />
dem sensible Informationen über Kunden und Mitarbeitende<br />
verloren gingen. Die damit verbundene Gefahr ist äusserst facettenreich.<br />
Sind Cyberkriminelle erst einmal im Firmennetz<br />
„drin“, können sie Malware installieren, weitere Zugangsdaten<br />
abgreifen bzw. vertrauliche Inhalte stehlen, wichtige Daten löschen<br />
oder verändern, böswillig Geldtransfers anstossen oder<br />
mit eingeschleuster Ransomware ihr Unwesen treiben – um nur<br />
einige Beispiele zu nennen.<br />
Suche im Dark Web bringt Schwachstellen an Licht<br />
Ob die eigenen Unternehmensdaten bereits im Dark Web kursieren,<br />
lässt sich mit einem neuen, kostenlosen Werkzeug von<br />
WatchGuard – dem Dark Web Scan – schnell herausfinden.<br />
Dazu muss auf der entsprechenden Webseite (https://www.<br />
watchguard.com/wgrd-resource-center/dark-web-scan)nur<br />
die gewünschte Firmen-Domain angegeben werden und in<br />
Sekundenschnelle ist klar, ob es konkreten Anlass zur Sorge<br />
gibt. Hinter dem Formular verbirgt sich ein Sammelsurium an<br />
frei verfügbaren Datensätzen, die die Security-Experten von<br />
WatchGuard aus dem Dark Web zusammengetragen und für<br />
solche gezielten Suchanfragen gebündelt haben. Sollte der<br />
Scan einen oder mehrere Treffer erzielen, kann darüber hinaus<br />
eine detaillierte Analyse angefordert werden, die dabei unterstützt,<br />
die potenzielle Gefahr genauer zu spezifizieren. Der<br />
Report offenbart dann unter anderem die konkret zur Domain<br />
gehörenden E-Mail-Adressen, die Teil eines Datenlecks waren,<br />
sowie zusätzliche Informationen hinsichtlich der genauen Datenquelle<br />
oder des Zeitpunkts, zu dem die Daten abgeflossen<br />
sind.<br />
Der Gefahr den Riegel vorschieben<br />
Wenn die Suche nach unternehmensbezogenen Daten im Dark<br />
Web zu Ergebnissen führte, sollte das Risiko des Missbrauchs<br />
der betroffenen Zugangsinformationen zügig eingedämmt<br />
werden. Hierbei helfen folgende Massnahmen:<br />
• Passwörter zurücksetzen: Damit dies unternehmensweit<br />
geschehen kann, gilt es umgehend die IT-Abteilung zu<br />
informieren.<br />
• Auf zusätzliche Bedrohungen prüfen: Empfohlen ist die<br />
Durchführung einer Sicherheitskontrolle durch das IT-<br />
Team, um nach weiteren Schwachstellen zu suchen, die im<br />
Zuge eines Datenlecks aufgetreten sein könnten.<br />
52
Digitalisierung<br />
Wissen, wie‘s geht<br />
• MFA einschalten: Sollte noch keine Multifaktor-Authentifizierung<br />
im Einsatz sein, ist jetzt der richtige Zeitpunkt, darüber<br />
nachzudenken. Auf diese Weise lässt sich eine zusätzliche<br />
Sicherheitsebene schaffen – für interne Unternehmensanwendungen,<br />
VPN-Zugänge wie auch Cloud-Instanzen.<br />
• Sensibilisierung der Mitarbeitenden: Wenn es konkrete<br />
Hinweise darauf gibt, dass Zugangsinformationen im<br />
Dark Web gehandelt werden, ist dies ein perfekter Aufhänger,<br />
um die gesamte Belegschaft noch einmal auf<br />
essenzielle Sicherheitspraktiken hinzuweisen und insbesondere<br />
dafür zu sensibilisieren, wie wichtig es ist, berufliche<br />
und persönliche Passwörter getrennt zu halten<br />
• Kontrollroutinen etablieren: Datensicherheitsvorfälle ereignen<br />
sich immer wieder. Von daher ist es ratsam, regelmässig<br />
einen Dark Web Scan durchzuführen, damit im erneuten<br />
Verdachtsfall schnell gehandelt werden kann.<br />
Gerade in Anbetracht der Tatsache, dass aktuell immer mehr<br />
Mitarbeitende aus dem Homeoffice agieren, ist es mit dem Aufruf<br />
zu mehr Sicherheitsbewusstsein und Disziplin im Umgang<br />
mit Passwörtern kaum noch getan. Schliesslich reicht ein einziger<br />
Beschäftigter aus, der zu lax mit diesem Thema umgeht, um<br />
Hackern Tür und Tor zu internen Ressourcen zu öffnen. Mehr<br />
oder weniger strenge Passwortrichtlinien haben in den letzten<br />
Jahren kaum Abhilfe geschaffen. Selbst wenn deren Umsetzung<br />
– zum Teil durch administrative Werkzeuge – erzwungen wurde,<br />
liess der erreichte Effekt doch eher zu wünschen übrig. Viele<br />
Mitarbeitende zeigen sich nach wie vor wenig einfallsreich,<br />
wenn es um die Vergabe neuer Kennwörter geht – Stichwort Bequemlichkeit.<br />
Oftmals wird ein bestehendes Login nur minimal<br />
abgeändert und das Risiko des Missbrauchs bleibt hoch.<br />
Mehr Sicherheit durch Multifaktor-Authentifizierung<br />
Es ist Unternehmen jeder Art und Grösse daher dringend angeraten,<br />
mit Multifaktor-Authentifizierung eine zusätzliche<br />
Sicherheitsebene einzuziehen. Das Argument, dass solche Lösungen<br />
gerade für kleine und mittelständische Organisationen<br />
zu teuer, komplex und administrativ zu aufwendig sind, gilt<br />
mittlerweile schon längst nicht mehr. Bereits seit 2018 tritt<br />
WatchGuard mit „AuthPoint“ als cloudbasiertem Dienst<br />
mit eigener Smartphone-App den Beweis an, dass sich<br />
Sicherheit und Anwenderkomfort im Rahmen der Multifaktor-Authentifizierung<br />
durchaus in Einklang bringen lassen.<br />
Autor: Paul Moll,<br />
Field Marketing Manager Central Europe bei WatchGuard Technologies<br />
Die Methoden und Werkzeuge, die Cyberkriminelle<br />
anwenden, um in den Besitz von sensiblen Informationen<br />
wie Passwörtern zu gelangen, entwickeln sich<br />
konsequent weiter und setzen nicht zuletzt immer<br />
stärker auf Automatisierung. Hier ein Einblick zu den<br />
gängigsten Vorgehensweisen:<br />
Wörterbuchangriff: Es wird versucht, mithilfe elektronischer<br />
Wörterbücher das Passwort zu erraten.<br />
Diese Listen umfassen nicht selten die am häufigsten<br />
verwendeten Passwörter. Insofern begibt sich<br />
jeder Anwender, der seinen Zugang über «123456»<br />
oder ein einfaches Wort aus dem täglichen Sprachgebrauch<br />
absichert, auf dünnes Eis.<br />
Brute-Force-Attacke: Hierbei verwenden Hacker<br />
Tools, um wiederholt jede mögliche Passwort-Kombination<br />
aus Buchstaben, Zahlen und Symbolen auszuprobieren,<br />
bis das Passwort geknackt ist.<br />
Credential Stuffing: Diese Angriffsform basiert auf<br />
dem Fakt, dass viele Menschen die gleichen Passwörter<br />
für verschiedene Konten verwenden. Ist ein<br />
solches Login einmal bekannt, werden automatisch<br />
weitere Anwendungen gesucht, bei denen dieses<br />
funktioniert.<br />
Social Engineering: In unterschiedlichster Ausprägung<br />
wird darauf abgezielt, menschliche Schwächen<br />
auszunutzen und Anwender so zu täuschen sowie<br />
zu manipulieren, dass sie ihre Zugangsdaten selbst<br />
preisgeben. Mittel der Wahl ist dabei häufig Phishing:<br />
Es werden beispielsweise E-Mails oder Webseiten gefälscht,<br />
um Passwörter zu entlocken.<br />
<br />
53
Digitalisierung<br />
450 logische Fehler in populären Datenbanken<br />
aufgespürt<br />
Von: Daniel Meierhans<br />
Datenbanken müssen immer leistungsfähiger werden. Darunter scheint jedoch<br />
die Zuverlässigkeit zu leiden.<br />
Jetzt haben ETH-Informatiker ein Tool entwickelt, das mit drei<br />
unterschiedlichen Methoden automatisch logische Fehler in<br />
Datenbanksystemen aufspürt. Bisher konnten damit über 450<br />
Bugs gefunden und behoben werden.<br />
SQL-Datenbanken (Structured Query Language) bilden das<br />
Rückgrat der Informatik. ETH-Forscher haben nun Methoden<br />
entwickelt, die darin automatisch logische Fehler finden.<br />
Wenn eine Adresse im Smartphone abgespeichert ist, gehen<br />
wir wie selbstverständlich davon aus, dass wir sie mit der richtigen<br />
Abfrage auch finden. Genauso wie mit den geeigneten Begriffen<br />
alle passenden Artikel im Webshop aufgelistet werden.<br />
Bloss: So selbstverständlich, wie wir meinen, ist das nicht. Ein<br />
logischer Fehler im Datenbank-Management-System (DBMS),<br />
in dem die gespeicherten Informationen verwaltet werden,<br />
kann falsche Antworten zurückliefern, ohne dass wir den Fehler<br />
überhaupt bemerken.<br />
Überraschend viele Fehler in allen Systemen<br />
Und genau derartige logische Fehler sind erstaunlich häufig.<br />
Oder besser gesagt, sie waren es bis vor kurzem. Forscher vom<br />
Advanced Software Technologies Lab der ETH Zürich haben<br />
jetzt nämlich ein Tool entwickelt, das automatisch logische Fehler<br />
in Datenbanksoftware aufspürt. Bereits konnten damit über<br />
450 Programmierdefekte in weitverbreiteten Datenbanken gefunden<br />
und anschliessend behoben werden.<br />
«Wir waren selbst überrascht, wie viele Fehler in gängigen Datenbank-Management-Systemen<br />
stecken», erläutert Manuel<br />
Rigger: «Mit unseren Methoden haben wir beispielsweise in der<br />
auf fast allen Smartphones und auch in vielen Web-Browsern<br />
laufenden SQLite-Datenbank über 150 Programmfehler entdeckt.<br />
Und das ist kein extremer Fall. Die Quote ist in allen Systemen,<br />
die wir bisher untersucht haben, ähnlich gross.»<br />
Komplexe Programme und kaum erkennbare Bugs<br />
Dass die ETH-Informatiker derart viele Bugs finden, hat zwei<br />
Hauptgründe. Zum einen sind heutige Datenbanken sehr komplex<br />
und können mehrere Millionen Zeilen Programm-Code<br />
umfassen. Da ist es praktisch unvermeidlich, dass Widersprüche<br />
entstehen und Programmierfehler passieren. Zum anderen<br />
sind logische Fehler nicht so einfach zu finden. Im Gegensatz<br />
zu Bugs, die das System abstürzen lassen, äussern sie sich nur<br />
selten offensichtlich. In der Regel ist ein Vergleich mit dem richtigen<br />
Ergebnis nötig, um sie zu bemerken. Genau das war bisher<br />
nur mit viel Aufwand möglich.<br />
Das bis anhin einzige in der Praxis genutzte automatisierte<br />
Testverfahren ist bereits vor über 20 Jahren entworfen worden.<br />
Es beruht auf dem Vergleich von Abfragen mit unterschiedlichen<br />
Datenbanksystemen. Da jeder Hersteller spezifische<br />
Erweiterungen und Anpassungen am Abfrage-Standard SQL<br />
(Structured Query Language) vornimmt, ist das Formulieren<br />
von eindeutig vergleichbaren Fragen inzwischen aber auf einen<br />
kleinen Kernbereich der Systeme beschränkt. Die Abfragesprachen<br />
der Hersteller unterscheiden sich nämlich ähnlich wie die<br />
Dialekte einer menschlichen Sprache zum Teil erheblich.<br />
Zwei Wochen Arbeit verloren<br />
Persönlich vermutet Rigger zudem noch einen dritten Grund,<br />
wieso den Fehlern bisher nicht mit mehr Entschlossenheit nachgegangen<br />
wurde: Im Datenbankbereich konzentrieren sich<br />
54
Digitalisierung<br />
derzeit die Aktivitäten darauf, die Systeme mit Methoden der<br />
künstlichen Intelligenz wie maschinellem Lernen noch leistungsfähiger<br />
zu machen. Daneben erscheint die Fehlersuche<br />
naturgemäss wenig attraktiv.<br />
Rigger selbst hat seine Wurzeln im Software-Testing und in der<br />
Entwicklung von Compilern, mit denen verschiedene Programmier-<br />
und Maschinensprachen ineinander übersetzt werden<br />
können. Aufmerksam geworden auf die Fehler-Problematik im<br />
Datenbankbereich ist er durch eigene ärgerliche Erfahrungen,<br />
als wegen eines Fehlers im Datenbank-Management-System<br />
zwei Wochen Arbeit verloren gingen.<br />
Drei Methoden für drei Fehlertypen<br />
In der Folge hat sich der Testing-Spezialist gemeinsam mit dem<br />
Leiter des Advanced Software Technologies Lab, Zhendong Su,<br />
dem Problem angenommen. Ihre Lösung besteht in drei unterschiedlichen<br />
Methoden, mit denen sich zuverlässige Vergleichsabfragen<br />
finden lassen. Bei sogenannten «Query Partitioning»<br />
werden Abfragen automatisiert in mehrere Teile zerlegt und<br />
dann kontrolliert, ob das Ganze und die Summe der Teile das<br />
Gleiche ergeben.<br />
Mit der zweiten Methode lassen sich gezielt Fehler aufspüren,<br />
die durch Optimierungs-Mechanismen in den Datenbanken<br />
hervorgerufen werden. Dabei werden die Abfragen für den Vergleich<br />
so abgewandelt, dass der Optimierungsmechanismus<br />
nicht mehr funktionieren kann.<br />
Im Gegensatz zur den ersten zwei Methoden, die auch ohne<br />
detaillierte Kenntnisse der fraglichen Datenbank automatisiert<br />
durchgeführt werden können, verlangt die dritte ein spezifisches<br />
Datenbankwissen und auch eine individuelle Implementierung<br />
des Vergleichs. Bei der sogenannten «Pivoted Query<br />
Synthesis» wird eine ganze Reihe in der relationalen Datenbanktabelle<br />
zufällig ausgewählt. Danach muss eine Abfrage erstellt<br />
werden, welche die gewählte Reihe zum Ergebnis hat. So<br />
können logische Fehler wesentlich effizienter identifiziert werden,<br />
als wenn wie bisher einzelne Einträge von Hand analysiert<br />
werden müssen.<br />
Tool ist bereits bei Herstellern im Einsatz<br />
Mit ihren Methoden und dem Tool SQLancer, in welchem diese<br />
automatisiert wurden, haben die ETH-Informatiker offensichtlich<br />
schlafende Geister geweckt. Das Interesse der Datenbank-<br />
Hersteller ist ausgesprochen gross. Obwohl die drei Verfahren<br />
bisher nur informell als Preprints und über Social Media kommuniziert<br />
wurden und erst in diesen Tagen an einschlägigen<br />
Fachkonferenzen offiziell vorgestellt werden, haben bereits<br />
mehrere Hersteller angefangen, ihre Software damit zu testen.<br />
«Diverse Hersteller haben bereits zahlreiche Bugs in ihren<br />
Systemen gefunden und den SQLancer fest in ihr Testing eingebaut,»<br />
weiss Rigger aus vielen direkten Kontakten: «Einige<br />
haben auch Programmiercode zu unserem als Open Source veröffentlichten<br />
Projekt beigesteuert oder das Tool an ihre spezifischen<br />
Bedürfnisse angepasst und erweitert.»<br />
<br />
55
Digitalisierung<br />
Schadprogramm attackiert beliebtes<br />
Kassensystem für Restaurants<br />
ESET Analyse: Backdoor ModPipe infiltriert gezielt POS-System von Oracle<br />
Jena, 12. November <strong>2020</strong> – Cyberkriminelle haben es mit der<br />
Backdoor ModPipe gezielt auf die Kassensysteme ORACLE<br />
MICROS Restaurant Enterprise Sales (RES) 3700 Point-of-Sale<br />
(POS) abgesehen. Das System ist eine weit verbreitete Management-Software-Suite,<br />
die zu Hunderttausenden in gastronomischen<br />
Betrieben wie Bars, Restaurants oder Hotels zum Einsatz<br />
kommt. ModPipe ist modular aufgebaut und kann dem jeweiligen<br />
Einsatzort flexibel angepasst werden. Nach einer erfolgreichen<br />
Infektion erhalten die Angreifer Zugriff auf vertrauliche<br />
Informationen wie personenbezogene Daten oder Transaktionsdaten<br />
des Betreibers. Ihre umfangreiche Analyse haben die<br />
ESET Forscher nun auf WeLiveSecurity veröffentlicht.<br />
„Der Aufbau von ModPipe deutet darauf hin, dass die Entwickler<br />
hinter dem Schadprogramm über umfassende Kenntnisse zum<br />
RES 37000 Kassensystem verfügen“, erklärt der ESET Forscher<br />
Martin Smolár, der ModPipe entdeckt hat. „Bereits 2019 haben<br />
wir zum ersten Mal ihre Grundkomponenten gefunden und analysiert.<br />
Diese wurden offensichtlich verbessert. “<br />
Backdoor ist modular aufgebaut<br />
Was die Hintertür so besonders macht, sind die herunterladbaren<br />
Module. ModPipe enthält einen benutzerdefinierten Algorithmus,<br />
der RES 3700 POS-Datenbankpasswörter sammelt.<br />
Dazu entschlüsselt er Windows-Registrierungswerten.. Dies<br />
unterstreicht die tiefen Kenntnisse der Angreifer über das Kassensystem.<br />
Sie haben sich für so eine ausgeklügelte Methode<br />
entschieden, anstatt die Daten über einen einfacheren, aber<br />
auch offensichtlicheren Ansatz, wie beispielsweise Keylogging,<br />
zu sammeln. Die herausgeschleusten Anmeldedaten ermöglichen<br />
den Betreibern hinter dem Schadprogramm den Zugriff<br />
auf Datenbankinhalte, einschließlich verschiedener Konfigurationen,<br />
Statustabellen und Informationen über POS-Transaktionen.<br />
Mit der analysierten Variante von ModPipe erhalten die<br />
Angreifer jedoch keinen Zugriff auf sensible Daten wie Kreditkartennummern<br />
und Ablaufdaten. Diese Informationen sind<br />
durch Verschlüsselung zusätzlich geschützt. Das Ziel der Angreifer<br />
bleibt daher unklar, weil sie nur wenige wertvolle Informationen<br />
erhalten. Die ESET Forscher vermuten, dass ein weiteres<br />
herunterladbares Modul existiert, dass es den Kriminellen<br />
erlaubt, die sensibleren Daten zu entschlüsseln.<br />
Was Benutzer des Kassensystem tun sollten<br />
Um die Betreiber hinter ModPipe in Schach zu halten, wird Betroffenen<br />
im Gastgewerbe sowie allen anderen Unternehmen,<br />
die den RES 3700 POS verwenden, geraten, dies zu tun:<br />
• Die neueste Version der POS-Software sollte installiert<br />
werden.<br />
• Generell ist es elementar, dass bei den eingesetzten<br />
Geräten das Betriebssystem und weitere installierte<br />
Software immer auf dem neuesten Stand ist.<br />
• Eine zuverlässige, mehrschichtige Sicherheitssofware,<br />
die ModPipe und ähnliche Bedrohungen erkennt,<br />
sollte im Einsatz sein.<br />
Die gesamte Analyse gibt es auf WeLiveSecurity:<br />
https://www.welivesecurity.com/deutsch/<strong>2020</strong>/11/12/hungrig-nach-daten-modpipe-backdoor-bedroht-pos-software-imgastgewerbe/<br />
56
«Es gibt kein effizienteres Netzwerk»<br />
Jungunternehmer Ilker Agackesen über das Business-Netzwerk BNI<br />
Ilker Agackesen, Shoplino GmbH, Regensdorf, www.shoplino.ch<br />
Firmengründung: 2013, Anzahl Mitarbeitende: 5<br />
Branche: Verpflegung am Arbeitsplatz, Snacks, Kaffee, Getränke, Früchte<br />
Spezialitäten:<br />
Früchteboxen, als Abo frisch vom Markt direkt ins Unternehmen geliefert<br />
Homedelivery für Privatkunden im Raum Zürich, Onlineshop www.shoplino.ch<br />
58
Das Beste zum Schluss<br />
Umbruch und Krisen decken erbarmungslos Schwächen, aber auch Stärken von<br />
Unternehmensnetzwerken auf. Business Network International, kurz BNI, ist ein<br />
weltweites Empfehlungsnetzwerk mit lokal organisierten Teams. BNI Balsberg<br />
ist eines von schweizweit 81, das für einige Firmen den Ausweg aus der Coronakrise<br />
gewiesen hat.<br />
Die Shoplino GmbH von Ilker Agackesen ist erfolgreiches Beispiel<br />
dafür, wie man mit BNI die kurzen Wege und verbindlichen<br />
Empfehlungen in Krisensituationen nutzen kann. «Ohne<br />
BNI hätte ich in der aktuellen Situation niemals so schnell neue<br />
Ideen und Partner gefunden», sagt Ilker Agackesen, Geschäftsführer<br />
des Familienbetriebs in Regensdorf. Der Kleinbetrieb hat<br />
sich unter anderem mit Früchteboxen auf die Verpflegung am<br />
Arbeitsplatz für mittlere und grössere Unternehmen spezialisiert.<br />
Mit der Umstellung auf Homeoffice blieben vom einen Tag<br />
auf den anderen viele Bestellungen aus und Früchteabos wurden<br />
gekündigt.<br />
Verbindliche Empfehlungen<br />
Mit den Empfehlungen aus dem BNI-Netzwerk hat Agackesen<br />
innerhalb kürzester Zeit ein neues Angebot für seine Firmenkunden<br />
in der Vorweihnachtszeit entwickelt. «Die meisten<br />
Weihnachtsessen für Mitarbeitende und Kunden fallen dieses<br />
Jahr aus. Da habe ich in Zusammenarbeit mit Fondueproduzenten<br />
und einem Weinhändler ein Fondue-Geschenkset entwickelt»,<br />
erklärt der Jungunternehmer. Es ist als Eventersatz<br />
und Dankeschön für die Loyalität und Flexibilität in diesem<br />
turbulenten Jahr dienen und findet bereits regen Absatz – «eine<br />
Win-Win-Win-Situation für mich und für die ebenfalls leidenden<br />
Eventbranche und Weinhändler.»<br />
Dieses Beispiel beweist, dass die Strukturen und Prozesse von<br />
BNI perfekt auf kurzfristige wie auch unvorhergesehene Umsatzeinbrüche<br />
ausgerichtet ist. Genau aus einer solchen Situation<br />
heraus entstand das Netzwerk 1985 in den USA und hat sich<br />
bis heute mit über 270‘000 Mitgliedern und über 16 Milliarden<br />
Dollar Jahresumsatz zur weltweit erfolgreichsten Netzwerkorganisation<br />
entwickelt.<br />
In der Schweiz existieren 81 Unternehmerteams mit über 2500<br />
Unternehmerinnen und Entscheidern, die sich wöchentlich<br />
treffen – nach wie vor physisch, online oder inzwischen beides<br />
gleichzeitig – und sich gegenseitig mit Empfehlungen und Kontakten<br />
unterstützen, sich über aktuelle Entwicklungen austauschen<br />
und regelmässig Workshops und Weiterbildungen besuchen,<br />
die von BNI Schweiz organisiert werden.<br />
Wert gelegt wird. Unter dem Motto «Wer gibt, gewinnt» steht<br />
der Netzwerkgedanke im Zentrum und fördert den Austausch<br />
und das gemeinsame Wachstum.<br />
Gegenseitiges Learning<br />
Ilker Agackesen engagiert sich seit gut einem Jahr im BNI Balsberg<br />
und konnte sein Netzwerk seither entscheidend erweitern<br />
und seinen Umsatz dementsprechend steigern. «Es geht mir<br />
nicht nur darum, meinen Umsatz zu maximieren», sagt Agackesen,<br />
«sondern auch darum, im ständigen Austausch mit anderen<br />
Unternehmerinnen und Unternehmern zu stehen und um<br />
sich gegenseitig dabei zu unterstützen, geschäftlich wie auch<br />
persönlich weiterzukommen und zu wachsen.»<br />
BNI Balsberg sucht aktuell noch nach: Anwalt/Anwältin, Optiker-In,<br />
Immobilienverwalter-In, Kosmetiker-In, Gesundheits-/<br />
Wellnessspezialist. Aber auch Gäste und Besucher aus anderen<br />
Branchen sind willkommen, das Unternehmerteam zu besuchen.<br />
Kontakt: Deborah Meier, debby@facility24.ch<br />
Fondue-Geschenkbox von Shoplino GmbH<br />
Statt Mitarbeiter-Weihnachtsessen: fixfertiges Käsefondue<br />
aus regionaler Produktion, auf Wunsch mit Beilagen<br />
und einer Flasche Wein im Geschenkset direkt an die Mitarbeitenden<br />
oder Kunden nach Hause geliefert.<br />
In Kollaboration mit:<br />
Wintialp, Chalet im Stadtpark Winterthur, wintialp.ch<br />
Hirsch und Kirsch, Schweizer Fondue-Fertigmischung<br />
aus erstklassigen Zutaten, hirschundkirsch.ch<br />
Vino e Sapori, Markus Ineichen, italienische Exklusivimporte<br />
von Wein und Grappa, vinoesapori.ch<br />
3 Millionen Umsatz im Jahr<br />
«Jedes Mitglied hat wöchentlich die Möglichkeit, sich dem Kernteam,<br />
den Gästen aus anderen Teams und den eingeladenen externen<br />
Besuchern zu präsentieren und konkret nach Kontakten<br />
in Unternehmen oder Branchen zu fragen», erklärt Deborah<br />
Meier, Direktorin des Unternehmerteams BNI Balsberg, das<br />
jeden Donnerstagmorgen um 6:30 Uhr in Seebach zusammenkommt.<br />
«Wir sind momentan 26 Mitglieder und generieren<br />
durch diese Empfehlungen einen Jahresumsatz von über drei<br />
Millionen.»<br />
Im Grossraum Zürich existieren 10 solche sogenannte Chapters.<br />
Jede Branche ist exklusiv nur einmal pro Team vertreten.<br />
Damit soll nicht der Wettbewerb verhindert, sondern jedem<br />
Mitglied die Verantwortung übertragen werden, seine Branche<br />
mit seinen Dienstleistungen und Produkten in seinem Team<br />
bestmöglich abzudecken. Das garantiert eine maximale Verbindlichkeit<br />
und generiert Vertrauen, worauf bei BNI grossen<br />
<br />
59
Impressum<br />
Impressum<br />
Herausgeber:<br />
Vessa GmbH<br />
Station 122<br />
4252 Bärschwil<br />
Verlagsleitung:<br />
Christoph Borer<br />
c.borer@vessa-media.ch<br />
Redaktion:<br />
Gabriela Sokoli<br />
Dieter Mertel<br />
Verkauf:<br />
Christoph Borer<br />
Wiliam Müller<br />
Grafik und Satz:<br />
Belfiore Working Group<br />
Bilderquellen:<br />
Adobe Stock<br />
ESET Deutschland GmbH<br />
GO Security<br />
G Data<br />
Integrated Communikations<br />
Sophos<br />
Watchguard<br />
Baramundi<br />
Inter Generika<br />
Eset<br />
Swiss 21.org<br />
BMW Schweiz<br />
Land Rower Schweiz<br />
VW Group<br />
Arval<br />
Wir Bank<br />
Cross Works<br />
Credit Suisse<br />
ETH Zürich<br />
Bernhard Bauhofer<br />
Druckerei:<br />
Saxoprint<br />
www.saxoprint.ch<br />
60
Denken Sie hier<br />
an Turnschuhe?<br />
Warum nicht.<br />
Unternehmer denken weiter. Zum Beispiel, wie aus<br />
Plastikmüll nachhaltige Turnschuhe hergestellt werden<br />
können. Und wir sind die Bank, die mitgeht.<br />
credit-suisse.com/unternehmer<br />
Credit Suisse<br />
unterstützt<br />
Unternehmer<br />
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Objekttüren und Zargen<br />
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