ahorn
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Andreas Bärtels
Andreas Bärtels
Arten|Farben|Formen
Ahorn
5
Inhalt
9 Geleitwort
13 Einleitung
16 Die Gattung Acer
16 Habitus
16 Rinde
18 Blätter
20 Blüten
22 Früchte
23 Benennung
24 Verbreitung
27 Systematische Übersicht über die Gattung
27 Sektion Parviflora Koidz. ( Typusart Acer nipponicum )
28 Sektion Palmata Pax ( Typusart Acer palmatum )
29 Sektion Wardiana ( de Jong ) de Jong ( Typusart Acer wardii )
29 Sektion Macrantha Pax ( Typusart Acer pensylvanicum )
30 Sektion Glabra Pax ( Typusart Acer glabrum )
30 Sektion Negundo ( Boehmer ) Maxim. ( Typusart Acer negundo )
31 Sektion Indivisa Pax ( Typusart Acer carpinifolium )
31 Sektion Acer ( Typusart Acer pseudoplatanus )
32 Sektion Pentaphylla Hu et Cheng ( Typusart Acer pentaphyllum )
32 Sektion Trifoliata Pax ( Typusart Acer triflorum )
33 Sektion Lithocarpa Pax ( Typusart Acer sterculiaceum )
33 Sektion Platanoidea Pax ( Typusart Acer platanoides )
34 Sektion Pubescentia ( Pojark. ) Ogata ( Typusart Acer pilosum )
34 Sektion Ginnala Nakai ( Typusart Acer tataricum subsp. ginnala )
34 Sektion Rubra Pax ( Typusart Acer rubrum )
34 Sektion Hyptiocarpa Fang ( Typusart Acer laurinum )
35 Ahorne in der Kulturlandschaft
38 Ahorne in der Garten- und Landschaftsgestaltung
43 Ahorne als Allee- und Stadtstraßenbäume
46 Ahorne als Bonsais und Penjings
6
Ahorn
48 Ahorne als Nutzpflanzen
48 Das Holz der Ahornbäume
50 Ahornarten als Lieferanten von Ahornsirup
54 Ahorne als Futter- und Speiselaubbäume
55 Ahorne als Nahrungsquelle für Säugetiere, Vögel und Insekten
58 Ahorne als Heilpflanzen
59 Einführung fremdländischer Ahornarten
59 Pflanzensammler in Nordamerika
62 Pflanzensammler in China
66 Pflanzensammler in Japan
72 Pflanzensammler in Indien
73 Pflanzensammler in Russland
74 Pflanzensammler und die von ihnen eingeführten Arten
75 Ahornarten und -sorten mit eponymischen Namen
77 Ahorne in Erzählungen und Gedichten,
im Volksglauben und in der Volkskunst
80 Der Ahorn in der japanischen Kultur
82 Eurosibirische Arten und deren Sorten
85 Gartenwert von Sorten
85 Acer campestre L., Feld-Ahorn, Maßholder
92 Acer cappadocicum Gled., Kolchischer Ahorn, Kolchischer Spitz-Ahorn
96 Acer heldreichii Orph. ex Boiss., Griechischer Berg-Ahorn
99 Acer hyrcanum Fisch. et C. A. Mey., Balkan-Ahorn, Hyrkanischer Ahorn
100 Acer monspessulanum L., Burgen-Ahorn, Französischer Ahorn,
Dreilappiger Ahorn, Französischer Maßholder
103 Acer opalus Mill., Frühlings-Ahorn, Schneeballblättriger Ahorn,
Italienischer Ahorn
106 Acer platanoides L, Spitz-Ahorn
115 Acer pseudoplatanus L., Berg-Ahorn
122 Acer sempervirens L., Immergrüner Ahorn, Kreta-Ahorn
123 Acer tataricum L., Tatarischer Steppen-Ahorn
127 Acer velutinum Boiss., Samt-Ahorn, Persischer Berg-Ahorn
Inhalt
7
129 Ostasiatische Arten und deren Sorten
134 Acer acuminatum Wall. ex D. Don, Zugespitzer Ahorn
134 Acer argutum Maxim., ex Miq., Feinzähniger Ahorn
135 Acer buergerianum Miq., Dreizahn-Ahorn
138 Acer caesium Wall. ex Brandis, Blaugrüner Ahorn
140 Acer campbellii Hook. F. et Thompson ex Hiern, Campbells Ahorn
141 Acer capillipes Maxim. ex Miq., Roter Schlangenhaut-Ahorn
143 Acer carpinifolium Siebold et Zucc., Hainbuchenblättriger Ahorn
144 Acer caudatum Wall., Geschwänzter Ahorn
145 Acer cissifolium ( Siebold et Zucc. ) K. Koch, Cissusblättriger Ahorn
147 Acer crataegifolium Siebold et Zucc., Weißdornblättriger Schlangenhaut-Ahorn
148 Acer davidii Franch., Davids Schlangenhaut-Ahorn
152 Acer diabolicum Blume ex K. Koch, Hornfrucht-Ahorn, Teufels-Ahorn
153 Acer distylum Siebold et Zucc., Lindenblättriger Ahorn
154 Acer erianthum Schwer., Wollblütiger Ahorn
155 Acer griseum ( Franch. ) Pax, Zimt-Ahorn
157 Acer henryi Pax, Henrys Ahorn
158 Acer japonicum Thunb., Japanischer Fächer-Ahorn, Thunbergs Fächer-Ahorn
162 Acer longipes Franch. ex Rehder, Langstieliger Ahorn
163 Acer mandshuricum Maxim., Mandschurischer Ahorn
164 Acer maximowiczianum Miq., Nikko-Ahorn
165 Acer micranthum Siebold et Zucc., Kleinblütiger Ahorn
167 Acer miyabei Maxim., Miyabes Ahorn
169 Acer nipponicum H. Hara, Nippon-Ahorn
170 Acer oblongum Wall. ex DC.
171 Acer oliverianum Pax, Olivers Fächer-Ahorn
172 Acer palmatum Thunb., Echter Fächer-Ahorn
197 Acer pectinatum Wall. ex G. Nicholson, Kammartiger Ahorn
200 Acer pictum Thunb., Japanischer Spitz-Ahorn
202 Acer pseudosieboldianum ( Pax ) Kom., Koreanischer Fächer-Ahorn
204 Acer pubipalmatum W. P. Fang, Chinesischer Fächer-Ahorn
204 Acer pygnanthum K. Koch, Chinesischer Rot-Ahorn
205 Acer rufinerve Siebold et Zucc., Rostnerviger Schlangenhaut-Ahorn
207 Acer shenkanense W. P. Fang ex C.C. Fu
208 Acer shirasawanum Koidz., Shirasawas Fächer-Ahorn
210 Acer sieboldianum Miq., Siebolds Fächer-Ahorn
211 Acer sinopurpurascens, W. C. Cheng, Chinesischer Purpur-Ahorn
212 Acer stachyophyllum Hiern
214 Acer sterculiaceum Wall.
215 Acer tegmentosum Maxim., Koreanischer Schlangenhaut-Ahorn, Amur-Ahorn
216 Acer triflorum Kom., Dreiblütiger Ahorn
218 Acer truncatum Bunge, Chinesischer Spitz-Ahorn
219 Acer tschonoskii Maxim., Tschonoskis Schlangenhaut-Ahorn
8
Ahorn
221 Nordamerikanische Arten und deren Sorten
222 Farbspiel des nordamerikanischen Herbstes
223 Acer circinatum Pursh, Weinblatt-Ahorn
225 Acer glabrum Torr., Kahler Ahorn
225 Acer macrophyllum Pursh, Oregon-Ahorn
229 Acer negundo L., Eschen-Ahorn
233 Acer pensylvanicum L., Amerikanischer Schlangenhaut-Ahorn
235 Acer rubrum L., Rot-Ahorn
240 Acer saccharinum L., Silber-Ahorn
243 Acer saccharum Marshall, Zucker-Ahorn
249 Acer spicatum Lam., Vermont-Ahorn
251 Ahornhybriden
251 Acer ×bornmuelleri Borbás, Bornmüllers Ahorn
252 Acer ×boscii Spach, Boscs Ahorn
252 Acer ×conspicuum van Gelderen et Oterdoom, Ansehnlicher Ahorn
255 Acer ×coriaceum Bosc ex Tausch, Lederblättriger Ahorn
256 Acer ×dieckii ( Pax ) Pax, Diecks Ahorn
257 Acer ×freemanii A. E. Murray, Freemanns Ahorn
259 Acer ×hillieri Lancaster, Hilliers Ahorn
259 Acer ×hybridum Bosc, Hybrid-Ahorn
260 Acer ×martinii Jord., Martinis Ahorn
260 Acer ×ramosum Schwer., Verzweigter Ahorn
261 Acer ×rotundilobum Schwer., Rundblättriger Ahorn
261 Acer ×schwerinii Pax, Schwerins Ahorn
261 Acer Sunset Maples ( A. truncatum × A. platanoides )
262 Acer ×zoeschense Pax, Zoeschener Ahorn
264 Vermehrung
264 Bemerkungen zum Vermehrungsgut
267 Vermehrung durch Aussaat
269 Vermehrung durch Veredelungen
270 Vermehrung durch Stecklinge
271 Krankheiten und Schädlinge
271 Tierische Schaderreger
273 Pilzliche Schaderreger
276 Nichtparasitäre Schädigungen
279 Literatur
287 Bildnachweis
Ahorn
9
Geleitwort
Kaum zwei Jahre sind vergangen, seit mich Andreas Bärtels gebeten hat, ein Vorwort
zu seinem Buch über die Gattung Prunus, die Kirschen, zu schreiben.
Und schon kommt mir die Ehre wieder zu. Dieses Mal stehen die Ahorne ( Acer )
im Fokus.
Wer kennt Andreas Bärtels nicht! Mit ihm verfügt die Welt der Bäume über eine
Kapazität, sowohl internationalen als auch weltweiten Standards. Er gehört mit seinen
Verdiensten zur Gilde der außergewöhnlichen Dendrologen wie Gerd Krüssmann,
D. M. van Gelderen oder Alan Mitchell, um nur einige zu nennen.
Es ist hier fast unnötig, daran zu erinnern, dass Andreas Bärtels den Forstbotanischen
Garten von Göttingen geleitet hat oder dass er als Geschäftsführer der Deutschen
Dendrologischen Gesellschaft gewaltet hat, deren Vizepräsident er in der Folge war.
In der Welt der Bäume, aber nicht nur in dieser, kennt jeder eines oder mehrere
seiner unzähligen Werke – es sind mehr als zwanzig, in elf Sprachen übersetzt ! – oder
eine der vielen Hundert wissenschaftlichen und auf hohem Niveau gemeinverständlichen
Publikationen.
Diese verschiedenen Veröffentlichungen decken die ganze Palette der Bäume und
Sträucher ab. Der Autor behandelt mit Gewandtheit und Pädagogik nicht nur die einheimischen,
sondern auch die exotischen Gewächse, das Baumschulwesen, die Vermehrung
und die Verwendung der Pflanzen. Seine Führer über die mediterranen und
die tropischen Pflanzen sind weitverbreitet und wurden schon mehrfach neu aufgelegt.
Mit seinem neuesten Werk stürzt sich Andreas Bärtels in die märchenhafte Vielfalt
an Formen und Farben der Gattung Acer, indem er eine allumfassende Monografie
über diese Gattung verfasste. Wie schon mit seinem Buch über die Gattung Prunus,
einem Werk einmaliger Breite, enthüllen sich die vielfachen Facetten der Ahorne über
viele Seiten auf faszinierende Weise.
Aber weshalb ein solches Werk über die Ahorne ? Die Frage beantwortet sich von
selbst durch den Titel des Buches : Die Gattung Acer bietet für sich allein eine unglaubliche
Vielfalt an Farben und Formen. Und das ist kein Zufall : Gemäß dem Autor und
den gängigen Theorien gibt es zwischen 125 und 230 Ahornarten. Es handelt sich um
eine der Gattungen mit der reichsten Diversität an Arten auf der nördlichen Hemisphäre.
Mit 99 Arten, davon 61 Endemiten, kennt China die weiteste Verbreitung an
Ahornen.
10
Ahorn
Wie schon bei der Gattung Prunus behandelt Andreas Bärtels in seiner Beschreibung
der Ahorne alle möglichen Facetten der Gattung. Alle Formen an Kreuzungen, so
unterschiedlich wie die Blätter selbst, werden dargestellt. Die Mehrzahl der Ahorne ist
laubabwerfend, aber mit Blättern, die einfach, gefingert, tief gelappt oder eingeschnitten,
gefiedert oder sonst zusammengesetzt sind. Zudem gibt es gekräuselte, gekrümmte
oder ( ein ) gerollte Blattformen. Die Natur hat also, gelegentlich unter Mithilfe des
Menschen, alles Mögliche an Blättern geschaffen. Die verschiedenfarbigen Rinden
einiger Arten bereichern dieses Kapitel.
Als Beispiele der großen Diversität seien nur die einfachen Blätter von Acer carpinifolium
erwähnt, die den Blättern der Hagebuche ähnlich sind ; im Gegensatz dazu
Acer negundo mit seinen unpaarig gefiederten Blättern, oder die Besonderheit der
Ahorne mit drei Blättchen wie Acer henryi. Die Artenvielfalt unter den Ahornen und
ihre Formenvariabilität sind faszinierend und verkörpern den dendrologischen Reichtum
… und weshalb wir diese Wissenschaft so lieben.
Der Höhepunkt des unerhörten Zierwerts dieser ungewöhnlichen Palette wird
mit der Herbstfärbung der Kronen erreicht. Welcher Fotograf, welcher Maler, ob
Amateur oder Fachmann, hat sich nicht gewünscht, einmal eine Herbstlandschaft mit
Ahornen zu verewigen. Dieses Schwärmen lässt sich erklären durch das Erleben des
berühmten Indian Summer in Nordamerika oder der herrlichen japanischen Gärten.
Die einheimischen Arten werden selbstverständlich auch behandelt, doch sind es
vor allem die strauchartigen asiatischen Ahorne – eine Art Bindeglied zwischen Kleinbäumen
und Sträuchern –, die eine Extravaganz und einen unglaublichen Überfluss
an Formen und Farben manifestieren, welche den wichtigsten Reiz dieser Enzyklopädie,
ja der Ahorne überhaupt, ausmachen.
Dieses Buch wäre nicht ein vollständiges Werk Bärtels’, wenn der Autor nicht auch
die Frage der Verwendung der Arten in den Städten, entlang großer Straßen sowie auf
Plätzen, in Parks und Gärten und selbst in natürlicher Umgebung behandeln würde.
Mit der Vielzahl an Arten und Varietäten findet sich für jeden Ahorn ein Platz ! Auch
die Besonderheiten des Zucker-Ahorns als Lieferant des Ahornsirups, sein Klangholz
für Musikinstrumente oder sein begehrtes Holz für Einlegearbeiten ( Intarsien ) und
diverse Furniere ( z. B. Vogelaugenahorn ) rechtfertigen interessante Erwägungen.
Schließlich gilt es zu präzisieren, dass neben den biologischen Aspekten – Habitus,
Rinde, Blumen, Früchte usw. – auch die Aufschlüsselung der verschiedenen Ahorne
wie auch Fragen der Nomenklatur und der systematischen Evolution gut abgehandelt
werden. Auch den Krankheiten und Schädlingen ist ein Kapitel gewidmet, und ebenso
befasst sich das Werk mit mythologischen, kulturellen und historischen Aspekten des
Ahorns.
Wie stets in seinen Werken gibt Bärtels einer einfachen und logischen Präsenta -
tion den Vorzug : Zuerst werden die Arten bezüglich der drei großen Verbreitungsgebiete
beschrieben : Eurosibirien, Ostasien, Nordamerika. Ein Kapitel ist den Hybriden
und Varietäten vorbehalten. Die Arten werden stets alphabetisch nach ihren wissenschaftlichen
Namen behandelt. Eine prägnante sehr interessante und breit gefächerte
Geleitwort
11
Bibliografie vervollständigt auf hervorragende Weise dieses wirklich außerordent -
liche Werk.
Am Schluss dieser Zeilen liegt mir daran, Andreas Bärtels noch einmal meinen
Dank und meine Wertschätzung für die Energie, die große Arbeit und sein Engagement,
das die Publikation eines Werks solcher Breite erfordert, auszudrücken. Das Resultat
ist unbestrittenermaßen wiederum auf der Höhe des Ansehens, das Andreas Bärtels
als dendrologischer Autor genießt.
Roger Beer
Präsident der Schweizerischen Dendrologischen Gesellschaft
Ahorn
13
Einleitung
Ahorne sind, je nach Auffassung, mit 125 bis 230 Spezies eine der artenreichsten
Gehölzgattungen der nördlichen Hemisphäre. Sie kommen dort in allen gemäßigten
Klimazonen vor, in der eurosibirischen Vegetationszone ebenso wie im russischen
Fernen Osten, in Ostasien und Nordamerika. In China hat die Gattung mit 99 Arten
ihre Hauptverbreitung. 61 Ahornarten sind in China endemisch.
Ahorne sind durch ihre Vielfalt an Wuchs- und Blattformen eine besonders
reizvolle Gattung. Diese umfasst stattliche Großbäume, wie z. B. den in Mitteleuropa
heimischen Berg-Ahorn, Acer pseudoplatanus, aber auch Arten mit einer besonders
zierlichen Textur wie die Fächer-Ahorne, allen voran der Echte Fächer-Ahorn, Acer
palmatum. Die Brücke zwischen diesen bilden Großsträucher oder Kleinbäume wie
der in Mitteleuropa weitverbreitete Feld-Ahorn, Acer campestre, oder die vorwiegend
in Ostasien heimischen Schlangenhaut-Ahorne, z. B. Acer capillipes, mit ihren auffallenden
Rindenausbildungen.
So vielfältig wie die Wuchsformen, so mannigfaltig sind auch die Blätter ausgebildet,
die bei den meisten Ahornarten sommergrün sind. Sie können einfach und
ungelappt sein und an die Blätter der Hainbuche erinnern wie beim Hainbuchenblättrigen
Ahorn, Acer carpinifolium. Zahlreiche Ahornarten haben gelappte Blätter mit
drei, fünf, sieben, neun oder elf Lappen, die die Blattspreite in ganz verschiedener
Weise teilen. Zusammengesetzt und unpaarig gefiedert sind z. B. die Blätter des Eschen-
Ahorns, Acer negundo, mit den meist fünf Blättchen, dreizählig die Blätter von Acer
cissifolium, Acer henryi, Acer mandshuricum und Acer maximowiczianum.
Die Formenvielfalt der Ahornblätter erfährt im Herbst ihren Höhepunkt, wenn
sich die Blätter zahlreicher Arten ganz prachtvoll und spektakulär in vielfältigen Schattierungen
goldgelb bis leuchtend rot verfärben. Ein Ersatz für die oft nur wenig auffälligen
Blüten der Ahorne, die aber gelegentlich doch recht gut zur Geltung kommen.
Etwa beim Spitz-Ahorn, Acer platanoides, mit seiner Fülle an leuchtend grünlich gelben
Blüten, die den Baum vor dem Laubaustrieb schmücken, oder beim Zucker-Ahorn,
Acer saccharum, mit seinen großen, grünlich gelben Blüten, die zu langen, traubigen
Infloreszenzen geordnet sind.
Ahornarten gehören in ihren natürlichen Habitaten nur selten zu den vorherrschenden
Baumarten, trotzdem sind sie wichtige und auffällige Waldbäume, die durch
ihre herbstliche Laubfärbung weiträumig Waldbilder prägen können wie z. B. während
14
Ahorn
des berühmten Indian Summer im östlichen Nordamerika und in den nicht minder
farbenprächtigen Herbstlandschaften in Japan, Korea, China und dem russischen Fernen
Osten. Ahornarten liefern ein wertvolles, z. T. hochpreisiges Möbel- und Klangholz
und einen begehrten Blutungssaft, wie beim Zucker-Ahorn, aus dem der Ahornsirup
hergestellt wird.
In der Garten- und Landschaftsgestaltung sind Ahorne unentbehrlich. Die großkronigen
Arten als Park-, Allee- oder Stadtstraßenbäume, die kleinkronig oder
strauchig wachsenden Arten eher als Gartengehölze. Neben den Arten steht uns eine
Fülle an Sorten zur Verfügung, von denen hier nahezu alle beschrieben werden, die in
Mitteleuropa in Kultur sind.
In diesem Buch werden zunächst die biologischen Eigenschaften der Gattung –
Habitus, Rinde, Blätter, Blüte, Früchte – beschrieben. Dann folgen Benennung, Verbreitung
und die systematische Übersicht über die Gattung. Ausführlich werden die
Möglichkeiten der Verwendung in der Kulturlandschaft sowie in der Garten- und
Landschaftsgestaltung beschrieben. Neben dem Holz der Ahornbäume und dem Blutungssaft
des Zucker-Ahorns wurden früher auch die Blätter als Viehfutter und für die
menschliche Ernährung genutzt
Mehrere Kapitel widmen sich der Einführung fremdländischer Ahornarten, den
Pflanzensammlern und den von ihnen eingeführten Arten.
Eine Auflistung eponymischer Pflanzennamen und eine Sammlung von Erzählungen,
Liedern, Märchen und Mythen, die dem Ahorn gewidmet sind, schließen die
einleitenden Kapitel ab.
Den Hauptteil bilden ausführliche Beschreibungen der Ahornarten und deren
Sorten. Sie sind nach den drei Vegetationszonen gegliedert, in denen Ahornarten
natürlich vorkommen : Eurosibirien, Ostasien und Nordamerika. In einem weiteren
Kapitel werden Ahornhybriden und deren Sorten beschrieben. Innerhalb dieser Kapitel
werden die Arten in alphabetischer Reihenfolge ihrer wissenschaftlichen Namen
beschrieben.
Waake-Bösinghausen im Sommer 2018
Die Gattung Acer
16
Ahorn
Die Gattung Acer
Bis vor wenigen Jahren bildete die Gattung Acer zusammen mit der nur zwei in China
heimische Arten umfassenden Gattung Dipteronia die Familie der Aceraceae, der
Ahorngewächse. Auf der Basis molekulargenetischer Untersuchungen wurde die
Familie aufgegeben. Die Gattung Acer gehört nun zusammen mit den Rosskastanien
( Aesculus ), die früher die Familie der Hippocastaneae bildeten, zur Familie der
Sapindaceae, der Seifenbaumgewächse. Zusammen bilden sie die Unterfamilie der
Rosskastaniengewächse, der Hippocastanoideae.
Habitus
Zur Gattung Acer gehören ausschließlich sommer- oder immergrüne Bäume und Sträucher.
Einige Arten wie z. B. der in Europa heimische Berg-Ahorn, Acer pseudoplatanus,
können sich zu imposanten Baumgestalten mit mächtigen, oft kuppelförmigen Kronen
entwickeln. Neben baumförmig wachsenden Arten umfasst die Gattung aber auch
feingliedrig aufgebaute, zierlich belaubte Arten wie z. B. die Fächer-Ahorne.
Rinde
Als Rinde, die oft als Gesicht des Baumes bezeichnet wird, versteht man alle Gewebe
außerhalb der Zellteilungsschicht im Stamm, als Borke nur die äußeren, abgestorbenen
Bereiche der Rinde. Die Rinde ist bei den Ahornarten sehr unterschiedlich ausgebildet.
Ihre Struktur kann schuppenförmig sein und interessante Muster in verschiedenen
Farben und Formen bilden wie beim heimischen Berg-Ahorn, Acer pseudoplatanus. Sie
wird dann als Schuppen- oder Plattenborke bezeichnet. Die Borke ist beim Spitz-Ahorn,
Acer platanoides, durch x-förmig miteinander verbundene Korkkambien netzartig und
im Alter dunkelbraun bis schwärzlich. Dieser Rindentyp wird als Netzborke bezeichnet.
Besonders eindrucksvoll ist die Rindenstruktur bei den Schlangenhaut-Ahornen ( z. B.
Acer capillipes, Acer davidii, Acer rufinerve, Acer pensylvanicum und Acer tegmentosum ),
deren lange glatt bleibende, grüne Rinde von schmalen weißen Längsstreifen durchzogen
ist. Dieser Rindentyp wird als Glattrinde bezeichnet, auch als Krümelkork, weil
die Korkzellen nach außen abkrümeln. Einmalig unter den Ahornen ist das Rindenbild
des Zimt-Ahorns, Acer griseum. Die oberen Schichten seiner glatten, zimtbraunen
Die Gattung Acer
17
Rinde, lösen sich in dünnen, waagerechten Streifen ab. Bei Acer triflorum lösen sich die
äußeren Rindenschichten in langen, dünnen Streifen ab. Der Rindentyp dieser beiden
Arten wird als Ringelrinde oder Streifenkork bezeichnet. Der Feld-Ahorn, Acer campestre,
ist ein Beispiel für eine Art, deren Zweige mit flügelartigen Korkleisten ausgestattet
sein können. Die Stämme tragen eine unauffällige, kleinfeldrige Schuppenborke.
1 Schuppenborke : Acer pseudoplatanus
2 Netzborke : Acer platanoides
3 Glattrinde : Acer davidii
4 Ringelrinde : Acer griseum
5 Borke durch Längs- und Querrisse fast
rechteckig gefeldert : Acer campestre
6 Zweige mit Korkleisten : Acer campestre
18
Ahorn
Das Zweigsystem ist in Lang- und Kurztriebe gegliedert. Langtriebe gipfeln meist in
einer Endknospe, die von zwei bis fünfzehn Paar Schuppen umhüllt sind. Bei den
Arten der Sektion Palmata sind die Endknospen meist verkümmert. Junge Zweige sind
kahl oder behaart und mehr oder weniger dicht von Lentizellen bedeckt. Diese fehlen
bei den Arten der Sektion Palmata.
Blätter
Demandt ( 2014 ) vergleicht das Bauprinzip der Blätter mit dem der Bäume, es wiederhole
die Baumstruktur : « So wie aus dem Stamm die Äste, so entfächern sich aus dem
Blattstiel die Rippen und Nebenrippen. […] Die Variationen der Blätter sind aber so
vielfältig wie die Arten. […] Die Gesamtzahl aller Baumblätter mag so hoch sein, wie
sie will – zwei gleiche fänden sich darunter nicht. »
7 Beispiele für verschiedene
Blattformen bei der Gattung Acer
( Zeichnungen A. Roloff
aus Roloff A., Bärtels A., 5. Aufl.
( 2018 ) : Flora der Gehölze ).
Acer buergerianum :
Blätter dreilappig,
Blattlappen zugespitzt
Acer campestre :
Blätter fünflappig,
vergleichsweise klein
Acer carpinifolium :
Blätter einfach,
hainbuchenähnlich
Acer circinatum :
Blätter fünf- bis
siebenlappig
Acer cissifolium :
Blätter dreizählig
Acer macrophyllum :
Blätter fünflappig,
besonders groß
Acer monspessulanum :
Blätter dreilappig,
sehr klein, Blattlappen
abgerundet
Acer negundo :
Blätter unpaarig
gefiedert
Acer palmatum :
Blätter fächerförmig,
sieben- bis neunlappig
Acer platanoides :
Blätter fünflappig,
Blattlappen zugespitzt,
Blattstiel Milchsaft
führend
Acer pseudoplatanus :
Blätter fünflappig,
Blattlappen gerundet
Acer pseudosieboldianum :
Blätter fächerförmig,
neun- bis elflappig
Acer tegmentosum :
Blätter dreilappig, groß
Die Gattung Acer
19
Acer-Arten haben gegenständige, oft lang gestielte Blätter. Nebenblätter ( Stipeln ) werden
nicht ausgebildet. Die Blätter sind meist einfach und mit 3 bis 11 Lappen handförmig
gelappt. Sie können aber auch ungelappt, unpaarig gefiedert oder drei- bis fünfzählig
sein. Sie können Breiten von 20 bis 30 cm erreichen wie die tief fünflappigen
Blätter von Acer macrophyllum, sie können aber auch klein sein wie die nur 3 bis 6 cm
breiten, dreilappigen, ledrigen Blätter von Acer monspessulanum. Bei den Arten der
Serie Platanoideae, z. B. Acer campestre, Acer cappadocicum und Acer platanoides, ist
der Blattstiel mit Milchsaft ausgestattet, er tritt aus, wenn man den Blattstiel bricht oder
an der Basis vom Ansatz löst.
Aus dekorativer und ästhetischer Sicht kommt den Ahornblättern neben ihrer vielfältigen
Textur aufgrund der prachtvollen, leuchtenden Herbstfärbung eine besondere
Bedeutung zu. Die Frage, welche Baumart mit der prachtvollsten Herbstfärbung aufwartet,
beantwortet Demandt ( 2005 ) so :
« Die Frage, welche Jahreszeit die schönste sei, wird ein Freund der Bäume wohl
mit dem Herbst beantworten. Er präsentiert die Bilanz des Jahres und reizt die
Bäume, noch einmal alles zu zeigen, was sie können, bevor der Frost den Schlussstrich
zieht. Nun wäre zu entscheiden, welchem Herbstblatt der Schönheitspreis
gebührt. Birke und Ginkgo schmücken sich mit goldenen Dukaten ; Eichen und
Buchen werben mit reichen Schattierungen zwischen hellgelb und rotbraun. Der
Meister des Herbstes aber ist der Ahorn. Auch wenn die heimischen Arten die
Pracht der kanadischen nicht erreichen, zaubern sie doch auch bei uns die wunderbarsten
Kunstwerke hervor. Schon der Form nach sucht das Blatt des Spitzahorns
seinesgleichen, sein herbstliches Farbspiel gar übertrifft an Reichtum
jedes andere Laub. »
8 Spitz-Ahorn, Acer platanoides,
in prachtvoller Herbstfärbung
20
Ahorn
Blüten
Die ziemlich unscheinbaren Blüten der Acer-Arten werden meist an beblätterten
Kurztrieben in Trauben, Rispen oder Schirmrispen ( auch als Doldenrispen oder
Trugdolden bezeichnet ) angelegt, nicht selten lange vor oder gleichzeitig mit der
Laubentfaltung. Die radiären, meist fünf-, selten vierzähligen Blüten besitzen meist
freie, oft gleichartige Kelch- und Kronblätter. Sie sind mit einer gut ausgebildeten,
freiliegenden Nektarscheibe ausgestattet, einem mehr oder weniger deutlich scheiben-
oder ringförmigen Nektarpolster ( Nektarium ) im Zentrum der Blüten. Durch
den reichlich produzierten, offen dargebotenen Nektar sind Ahornblüten wichtige
Nektar- und Pollenquellen für Honig- und Wildbienen. Die Nektarscheibe kann
außerhalb der Staubblätter ( = extrastaminal ), zwischen den Staubblättern ( = intrastaminal
) oder beiderseits der Staubblätter ( = amphistaminal ) platziert sein. Die Blüten
besitzen einen oberständigen, zweifächrigen Fruchtknoten mit zwei Samenanlagen,
von denen sich aber nur eine entwickelt, meist acht ( selten vier, fünf, zehn oder
zwölf ) verwachsene Staubblätter und einen meist zweigabeligen Griffel mit je einer
Narbe.
9 Acer pseudoplatanus : Blüten in Trauben
10 Acer campestre : Blüten in Schirmrispen
11 Acer japonicum : Blüten mit farbigen
Kelch- und Kronblättern
12 Acer negundo : Weibliche Blüten
mit beginnender Fruchtbildung
Die Gattung Acer
21
Die Blüten können zwittrig oder eingeschlechtig, einhäusig ( = monözisch ) oder
zweihäusig ( = diözisch ) verteilt sein, Letzteres betrifft 14 von 125 Arten. Einhäusig
verteilt, bedeutet bei der Gattung Acer, dass sich auf einer Pflanze neben zwittrigen
mehr oder weniger häufig auch männliche und weibliche Blüten befinden. Nicht
selten sind bei Ahornblüten Reduktionserscheinungen zu bemerken wie z. B. der
Verlust der Kronblätter oder eines Staubblattkreises, die rudimentäre Entwicklung
eines Geschlechts, die zur Eingeschlechtigkeit führt. Betroffen können davon einzelne
Blüten innerhalb eines Blütenstands, ganze Blütenstände und schließlich ganze
Pflanzen sein. Diese Geschlechterverteilung steht im Zusammenhang mit der Entwicklung
von der Ein- zu Zweihäusigkeit und damit von der Insekten- zur sekundären
Windblütigkeit wie z. B. bei Acer negundo. Die Geschlechterverteilung kann bei
einem Ahornindividuum von Jahr zu Jahr konstant, aber auch jährlichen Wechseln
unterworfen sein.
Nach de Jong ( 1976 ) lassen sich bei Acer ihrer Funktion nach vier Blütentypen
unterscheiden : weibliche, männliche, zwittrige ( selten ) und asexuelle ( sehr selten ).
Männliche Blüten haben längere Staubfäden und einen rudimentären oder fehlenden
Fruchtknoten. Weibliche Blüten haben verkürzte Staubfäden, ihre Staubbeutel sind
verkümmert und öffnen sich nicht. Weibliche und männliche Blüten eines Ahornindividuums
reifen meist nicht gleichzeitig, auch die Abfolge des Aufblühens variiert innerhalb
der Art von Baum zu Baum. Die Blüten werden als vorweiblich ( = protogyn )
bezeichnet, wenn sie sich vor den männlichen entfalten ; reifen die männlichen vor den
weiblichen, werden sie als vormännlich ( = proterandrisch ) bezeichnet. Dieses morphologisch
und zeitlich variable Blühverhalten vieler Ahornarten dient vor allen dazu,
die Selbstbestäubung zu verhindern. Die weiblichen Blüten aller Ahornarten haben
eine unterschiedlich stark ausgeprägte Neigung zur Parthenokarpie, zur Fruchtentwicklung
ohne Befruchtung ( Aas 2009 ).
Ahornblüten werden im Wesentlichen durch Hautflügler, Fliegen und Käfer
bestäubt, angelockt durch den reichlich und offen präsentierten Nektar.
13 Acer rubrum : Männliche Blüten 14 Acer rubrum : Weibliche Blüten
22
Ahorn
Früchte
Ahornfrüchte werden als Spaltfrüchte ausgebildet, die bei der Reife in zwei einsamige,
am Grunde mehr oder weniger kugelige, geflügelte Teilfrüchte ( = Merikarpien ) entlang
der Scheidewand ( = Septen ) zerfallen. Die Fruchtflügel stehen in einem spitzen bis
stumpfen Winkel zueinander oder sind nahezu waagerecht ausgebreitet. Die Teilfrüchte
sind als Schraubenflieger, auch als Propellerflieger bezeichnet, ausgebildet, die vom
Wind über weite Strecken verbreitet werden. Die Früchte des Berg-Ahorns werden nach
Schmidt ( 2009 ) bis zu 125 m vom Mutterbaum verfrachtet, auf vereistem Schnee und
bei stärkerem Wind auch bis zu 2 km weit. Nach Leins und Erbar ( 2008 ) fällt die
Teilfrucht eines Berg-Ahorns als Propellerflieger bei windstiller Luft mit einer mittleren
Geschwindigkeit von 120 cm/s zu Boden. Dabei dreht sich der Propeller in einer Sekunde
zwölfmal. Schraubenflieger, sind wohl das am häufigsten verwandte Windverbreitungsmodell.
Ahornfrüchte verbleiben nicht selten bis weit in den Winter hinein am
Baum. Die Windverbreitung von Samen, Früchten, Fruchtständen oder ganzen Pflanzen
wird als Anemochorie bezeichnet ( Hecker 1981 ). Bei Ahornarten ist die Neigung zur
Pathenokarpie unterschiedlich ausgeprägt. Bei der Parthenokarpie ( = Jungfernfrüchtigkeit
) werden ohne vorherige Bestäubung Früchte, aber keine Samen ausgebildet.
15 Acer platanoides :
Fruchtflügel waagerecht ausgebreitet
16 Acer monspessulanum :
Fruchtflügel parallel stehend
17 Acer heldreichii subsp. trautvetteri :
Fruchtflügel spitzwinklig gespreizt
18 Acer tataricum subsp. ginnala :
Fruchtflügel farbig ausgebildet
Die Gattung Acer
23
Benennung
Der Gattungsname Acer wurde 1753 durch Carl von Linné in « Species plantarum »
erstveröffentlicht. Aus der Originalarbeit wurde 1913 als nomenklatorischer Typus
( Lectotypus ) der Berg-Ahorn, Acer pseudoplatanus L., ausgewählt.
Der Gattungsnamen Acer ist von lateinisch acer = spitz abgeleitet, wegen der spitz
zulaufenden Blattlappen des Spitz-Ahorns, Acer platanoides, und anderer Ahornarten.
Acer ist der einzige lateinische Baumname, der nicht feminin, sondern aus unbekannten
Gründen ein Neutrum ist. Der deutsche Name Ahorn geht auf die indogermanische
Wurzel aќ- = spitz zurück.
Fremdländische Trivialnamen für Ahorn sind :
Chinesisch : feng shu
Dänisch : løn
Englisch : maple
Finnisch : vaahtera
Französisch : érable ( männlich )
Japanisch : kaede
Katalanisch : auró ( männlich )
Litauisch : klevas
Niederländisch : esdoorn
Norwegisch : lønn
Polnisch : klon
Okzitanisch : argelabre ( männlich )
Portugiesisch : bordo ( männlich )
Russisch : kljon
Schwedisch : lönn
Spanisch : acre ( männlich )
Tschechisch : javor ( männlich )
Niederdeutsche Namen für Ahorn sind nach Gams ( 1925 ) Ā˙ ârn ( Stade, Robenburg ),
Auheuren ( Westfalen, Lengerich ), Ahoren ( Göttingen ). In Mitteldeutsch wird der
Ahorn als Orn ( Hessen ), Ehren ( Mosel ), Ohre ( Nahe ), Ihren ( Eifel, Thüringen ), Oărne
( Thüringer Wald, Brotterode ), Ehrn ( Oberharz ) bezeichnet. Oberdeutsche Namen sind
Ā˙ cher ( Kärnten ), Ā˙ chån ( Niederösterreich ), Ā˙ hore, Ā˙ horn ( Ostschweiz ).
Bäume dienten zu allen Zeiten als Identitätsmerkmale für einzelne Menschen,
Familien, Gemeinden oder Staaten wie z. B. der Zucker-Ahorn, Acer saccharum, als
Staatssymbol Kanadas und mehrerer US-Bundesstaaten im östlichen Nordamerika :
New York, Vermont, West Virginia und Wisconsin. Der Rot-Ahorn, Acer rubrum, ist
Staatsbaum von Rhode Island.
24
Ahorn
Verbreitung
Prähistorische Verbreitung
Ahornarten hat es auf europäischem Boden schon in prähistorischen Zeiten gegeben.
Davon zeugen unter anderem Funde von Ahornblättern aus der Molasse der Schweiz
und von Oehningen in Südbaden. Es sind vor allem die Untere ( vor 37 bis 30 Mill.
Jahren ) und die Obere Süßwassermolasse ( vor etwa 30 bis 22 Mill. Jahren ), in denen
zahlreiche fossile Blattreste und Fossilplatten gefunden worden sind. Das gilt auch für
die Oehninger Fundstellen am Schienerberg zwischen Stein am Rhein und Radolfzell.
Die seit 1704 betriebenen und heute fast vollständig verfallenen Kalksteinbrüche am
Fuße des Schienerberges stehen gegenwärtig unter Naturschutz. Neben verschiedenen
Eichen und anderen Arten wurden in der Schweizer Molasse und in Oehningen auch
Reste fossiler Ahornblätter gefunden, die zunächst 16 verschiedenen Arten zugeordnet
worden sind. Nach einer umfangreichen Revision der in schweizerischen Museen liegenden
fossilen Ahornreste blieb nur eine Art aus dem Uferwald des Oehninger Maarsees
bestehen : Acer trilobatum Lam. ( Hantke 1965 ).
Neben zahlreichen anderen fossilen Baumarten sind im unteren Fischbachton des
Tagebaues Frechen bei Köln auch Ahornarten gefunden worden. Die dort abgebaute
Braunkohle hat ihren Ursprung im Tertiär ( oft auch als Braunkohlezeit beschrieben ),
als im Bereich der Niederrheinischen Bucht mächtige Torfpakete abgelagert und später
als Braunkohle abgebaut wurden. Entstanden ist die Braunkohle vor etwa 12 Mill. Jahren
aus Pflanzen der ausgedehnten Braunkohlenmoore der Niederrheinischen Bucht.
Die im Tagebau gefundenen fossilen Ahornblätter und Teilfrüchte aus der Fischbachflora
stimmen am besten mit dem im östlichen Nordamerika heimischen Rot-Ahorn,
Acer rubrum L., und dem Berg-Ahorn, Acer pseudoplatanus L., überein ( Kramer 1974 ).
Wie viele andere Pflanzenarten sind in den Eiszeiten auch die in Europa heimischen
Ahornarten wie z. B. Acer pseudoplatanus, Acer platanoides, Acer campestre, Acer
opalus und Acer monspessulanum in süd- und südosteuropäische Refugien zurückgedrängt
worden und haben dort überlebt. Erst nach der letzten Eiszeit, die vor etwa
12 500 bis 10 000 Jahren endete, konnten überlebende Arten zurückwandern. Berg-
Ahorn, Acer pseudoplatanus, und Spitz-Ahorn, Acer platanoides, waren in der Haselzeit
( 8000 bis 6800 Jahre v. Chr. ) und der frühen Eichenmischwald-Zeit ( 5500 bis 2500 v.
Chr. ) wieder in Mitteleuropa heimisch.
Früchte von Acer platanoides sind von Bertsch ( zitiert bei Firbas 1949 ) im
Federsee bei Moosburg bereits vom Beginn der Haselzeit gefunden worden. Von Acer
pseudoplatanus sind Früchte und Hölzer von Neuweiler, Weber und Bertsch ( zitiert
bei Firbas 1949 ) im Federseegebiet aus der Zeit vom Mesolithikum bis in die Bronzezeit
gefunden worden. Die ältesten stammen aus mesolithischen Schichten bei Moosburg,
die dem Haselhochstand angehören.
Die Gattung Acer
25
Rezente Verbreitung
Nach van Gelderen et al. ( 1994 ) umfasst die Gattung gegenwärtig 125 sommer- und
immergrüne Baum- und Straucharten, nach anderer Auffassung 100 bis 200 Arten. Sie
kommen vorwiegend in den gemäßigten Breiten der Nordhemisphäre vor.
Nach Meusel und Jäger ( 1992 ) wird « die Südgrenze des Gattungsareals in Malenesien
durch Acer laurinum Hassk., in Guatemala durch Acer orizabense ( Rydb. )
Standl., Acer serratum Pax und Acer skutchii Rehd. bestimmt ».
Das Mannigfaltigkeitszentrum der Gattung befindet sich in China. Nach der « Flora
of China » ( Wu und Raven, 1999 bis 2011 ) sind dort 99 Arten heimisch, 61 davon sind
in China endemisch.
Aus der Fülle ostasiatischer Arten sind für die europäische Gartenkultur Arten aus zwei
Sektionen von besonderer Bedeutung. Zunächst die Arten der Serie Palmata in der
Sektion Palmata, der Fächer-Ahorne. Allen voran Acer palmatum mit den überaus
zahlreichen Sorten, gefolgt von Acer japonicum und Acer shirasawanum, zu denen
ebenfalls interessante Sorten gehören. Viel seltener sind bei uns die Fächer-Ahorne
Acer pseudosieboldianum und Acer sieboldianum in Kultur.
In der Sektion Macrantha sind die Schlangenhaut-Ahorne zusammengefasst, meist
kleinkronige Arten, deren lange glatt bleibende Rinde von auffälligen weißen Längsstreifen
durchzogen sind. Dazu gehören ostasiatische Arten wie Acer capillipes, Acer
davidii, Acer rufinerve und Acer tegmentosum sowie Acer pensylvanicum aus dem östlichen
Nordamerika.
19 Arealkarte der Gattung Acer in Eurasien, Nordafrika, Zentral- und Nordamerika
26
Ahorn
Bei zunehmender Erderwärmung könnte Acer buergerianum eine größere Wertschätzung
erfahren als gegenwärtig. Andere attraktive ostasiatische Arten sind Acer carpinifolium
mit den hainbuchenähnlichen Blätter, Acer griseum mit der ungewöhnlichen
zimtbraunen Rinde, Acer cissifolium, Acer henryi und Acer mandshuricum mit den
filigranen, dreizähligen Blättern sowie Acer triflorum mit den fünfzähligen Blättern.
Nach Nelson et al. ( 2014 ) und Spellenberg et al. ( 2014 ) sind in Nordamerika
( USA und Kanada ) 13 Acer-Arten heimisch, einige davon werden hier als Unterarten
behandelt. In Europa häufig kultivierte nordamerikanische Ahornarten sind Acer
saccharinum mit der geschlitztblättrigen Sorte ‘ Laciniatum Wieri ’, Acer negundo mit
einigen buntlaubigen Sorten und Acer rubrum mit einigen Sorten, die durch ihre
prachtvolle Herbstfärbung bemerkenswert sind. Vergleichsweise selten wird Acer
macrophyllum gepflanzt, ein stattlicher Baum mit besonders großen Blättern und auffallend
großen Blütentrauben. Auch der durch die Gewinnung von Ahornsirup in den
USA und Kanada wirtschaftlich wichtige Zucker-Ahorn, Acer saccharum, ist ein eher
seltener Gast in unseren Gärten und Parkanlagen.
Acer circinatum ist der einzige Fächer-Ahorn, der nicht in Ostasien heimisch ist.
Die überwiegend in Ostasien heimischen Schlangenhaut-Ahorne sind in Nordamerika
durch Acer pensylvanicum vertreten.
Die für mitteleuropäische Gartenkultur wichtigsten Arten aus dem Raum Türkei,
Kaukasien und Nordiran sind der Kolchische Spitz-Ahorn, Acer cappadocicum subsp.
cappadocicum, mit der im Golf von Neapel heimischen subsp. lobelii, sowie der großblättrige
Samt-Ahorn, Acer velutinum.
Von den 15 europäischen Ahornarten und -unterarten haben der Berg-Ahorn, Acer
pseudoplatanus, der Spitz-Ahorn, Acer platanoides, und der Feld-Ahorn, Acer campestre,
ausgedehnte Verbreitungsgebiete. Sie werden nicht nur in Europa mit zahlreichen
Sorten besonders häufig kultiviert. Viel kleiner sind die Verbreitungsgebiete von Arten
wie dem Griechischen Berg-Ahorn, Acer heldreichii subsp. heldreichii, mit dem in der
Nordtürkei und Westkaukasien verbreiteten Kaukasischen Ahorn, der subsp. trautvetteri
und dem Balkan-Ahorn, Acer hyrcanum. Zu den Arten mit einem eng begrenzten
Areal gehören auch der Burgen-Ahorn, Acer monspessulanum, der west-submediterran
verbreitete Schneeballblättrige Ahorn, Acer opalus subsp. opalus mit der subsp. obtusatum,
der Bosnische Ahorn, Acer sempervirens, die einzige wintergrüne europäische Art,
und der Tatarische Steppen-Ahorn, Acer tataricum subsp. tataricum mit dem in Ostasien
heimischen Feuer-Ahorn, der subsp. ginnala.