Sokrates in der Lünette - im Akademischen Gymnasium Graz

SOKRATES IN DER LÜNETTE
Antiker Kultur auf der Spur im Stadtbild von Graz
Ein Unterrichtsprojekt des Akademischen Gymnasiums
Für die Fächer Latein, Griechisch und Bildnerische Erziehung
Die Philosophen Sokrates und Cicero in der
Lünette einer Hausfassade in der Salzamtsgasse,
Deckengemälde zu Ovids Metamorphosen
in einem Bankgebäude der Hans-
Sachs-Gasse, der Titan Prometheus im Grazer
Kongress, Atlanten und Karyatiden als
immer wiederkehrende Gebälkträger und
Architekturelemente an historischen Gebäuden,
Herkules im Kampf mit dem Nemeischen
Löwen über einem Portal am Jakominiplatz,
unweit davon der Handelsgott Merkur
mit den Flügelschuhen als Giebelschmuck,
die Götter Mars und Minerva als
Bewacher des Zeughauses in der Herrengasse,
die Muse Polyhymnia an der Südseite des
neuen Kunsthauses am Lendkai, Europa und
der Stier im Eingang zum Rathaus, die
Selbstmörderin Lukretia in der Gemäldesammlung
der Alten Galerie in der Neutorgasse,
eine hässlich-schöne Medusa als unheilabwehrende
Fratze im Foyer der Credit-
Anstalt-Bankverein in der Herrengasse …
Die Reihe ließe sich noch lange fortsetzen.
Denn nahezu allgegenwärtig ist die klassische
Antike mit ihren Gestalten aus Mythos und
Geschichte in der Bauplastik und im Schmuck
zahlreicher Gebäude von Graz und in der
Alten Galerie des Joanneums. Das Unterrichtsprojekt
„Antiker Kultur auf der Spur“,
konzipiert für interessierte Schülerinnen und
Schüler der drei 7. Klassen des Vorjahres,
sollte den Beteiligten die Augen öffnen für
jenes kultur-historische Erbe, das uns in bildhafter
Gestalt Motive der klassischen Antike
vergegenwärtigt und einen bemerkenswerten
Beitrag zur künstlerischen Ausgestaltung
unseres Stadtbildes liefert.
In Zweier- und Dreier-Gruppen wurden die
Bildmotive von den Schülerinnen und Schülern
aufgesucht, fotografiert, beschrieben und
mit Hilfe einschlägiger Literatur in den kulturhistorischen
Zusammenhang gestellt. Die
wichtigsten Ergebnisse wurden auf Plakaten
festgehalten und am 13. Juni 2003 im Landhaushof
präsentiert. Zugleich waren als Gäste
des Akademischen Gymnasiums zwei Mädchen
des Klassischen Gymnasiums in Zagreb
anwesend, Jana Pavicic und Sarah Kosovac,
die ihrerseits zuvor in ihrer Heimatstadt unter
Anleitung von Frau Prof. Višnja Cutura nach
antiken Motiven geforscht hatten und ebenfalls
eine Fülle von derartigen Bildern und
Skulpturen aus Zagreb präsentieren konnten:
So erweist sich die klassische Antike als
gemeinsamer Fundus von Motiven für die
Ausschmückung europäischer Städte, exemplarisch
gezeigt an Graz und Zagreb. Soeben
fertiggestellt ist eine Broschüre, welche die
Ergebnisse in Bild und Text zusammenfasst
und einen Überblick über „Antikes“ in unserer
Innenstadt gibt.

Folgende Themen und Motive (von insgesamt 20, die zur Wahl gestellt wurden) sind von folgenden
Schülerinnen und Schülern behandelt worden:
1. Was ist hier antik? Zwei Gefallenen-Gedenktafeln im Stiegenaufgang unserer Schule.
2. Von Hippokrates bis Augustinus – und wer noch aus der Antike?
Eine Altherrenparade auf dem Gebäude von Universität und Technik.
3. Ein Epitaph in der Stadtpfarrkirche für den kaiserlichen Leibarzt.
Was sagt uns darüber die lateinische Inschrift und das Epigramm?
Christian Gänser, Franziska Hütter, Magdalena Rieckh, 7b
4. Sokrates in der Lünette – und wer ist sein Nachbar?
Zwei Philosophen als Fassadenschmuck in der Salzamtsgasse.
5. Wird’s den Titanen nicht zu schwer?
Titanen und andere antike Gestalten am und im Haus Hans-Sachs-Gasse 1.
6. Herkules und kein Ende.
Seine Taten in der Bürgergasse Nr. 1, am Jakominiplatz - und wo noch?
Stefan Kompacher, Matthias Rathofer, 7c
7. Was tun Mars und Bellona (oder ist’s Minerva?) an der Fassade des Zeughauses?
8. Warum sitzt die Muse Polyhymnia am Kunsthaus?
Nicole Linhart, Florentina Woschitz, 7a
9. Schön oder hässlich? Eine marmorne Medusa im Bankfoyer der Creditanstalt Herrengasse.
10. Daphne im Augarten der Hans-Sachs-Gasse – aber wo?
11. Ovids Metamorphosen im Stiegenhaus von Hans-Sachs-Gasse 7 –
aber welche Metamorphosen?
Agnes Kern, 7c, Verena Trieb, 7b
12. Wo und warum sitzen Vesta und Fortuna am Haus Herrengasse 18/20?
13. Was hat Prometheus mit Beethoven zu tun? Ein Marmorrelief im Grazer Kongress.
14. Was treibt Apoll unter den Hirten?
Ein Wandgemälde im sogenannten Blauen Salon im Grazer Kongress.
Alexander Stagl, Sabine Offenbacher, 7a
15. Was macht Venus in der Muschel? Ein Jugendstil-Mosaik im Cafe-Restaurant Wiesler.
16. Eine Frau greift zum Dolch - warum dieser Selbstmord?
Das Lucretia-Gemälde in der Alten Galerie.
Lena Leitner, Clara Fazekas, 7b
Unmittelbarer Anlass für das Unterrichtsprojekt war eine Veranstaltung der UNESCO-Landesarbeitsgemeinschaft
Steiermark: Von 11. – 18. Juni 2003, im Jahr der „Kulturhauptstadt“, fand
in Graz das UNESCO-Weltjugendtreffen statt, das unter dem Motto „Erbe und Zukunft“ stand.
Dr. Wolfgang J. Pietsch