Magazin 365 Tage ürs Leben Bundesverband-Kinderhospiz e.V. - No.7
Was macht uns stark, was trägt uns durch schwierige Zeiten? Gerade für Angehörige von lebensverkürzend erkrankten Kindern, für verwaiste Eltern und für Menschen, die sich beruflich um schwerstkranke Kinder kümmern, sind Kraftquellen im Alltag wichtig. Wodurch sie neue Energie schöpfen, das erzählt die Titelgeschichte unseres neuen Magazins. Das Dossier der neuen Ausgabe geht der Frage nach, was am Ende eines Lebens zählt: Es zeigt auf, was eine gute Palliativversorgung ausmacht – und was sie tatsächlich leisten kann. Elke Büdenbender, Ehefrau des Bundespräsidenten und damit Deutschlands „First Lady“, schreibt in einem Grußwort, was sie von der Kinderhospizarbeit hält – und welche Erfahrungen sie als Schirmherrin des Kinder-Lebens-Laufs gemacht hat. Diesem Staffellauf durch die ganze Republik, der größten Öffentlichkeitskampagne für die Kinderhospizarbeit in der Bundesrepublik widmet sich ein Schwerpunkt des Magazins – mit Geschichten, Fotos und Eindrücken von der über 7000 Kilometer langen Strecke. Und dann, dann erzählen wir noch von den Problemen, mit denen Eltern zu kämpfen haben, die sich um ihre schwerstkranken Kindern kümmern: Kämpfe mit Krankenkassen um Pflegebewilligungen und mangelnde Unterstützung und Akzeptanz im sozialen Umfeld – das sind nur zwei von vielen Stichworten. Wir lassen Botschafter und Mitgliedseinrichtungen ihre Arbeit und neuen Projekte schildern, wir berichten von unserem Sorgentelefon OSKAR, unserem Benefiz-Open-Air-Konzerttag, dem so genannten Charity Event – und wir beleuchten mit Zahlen und Fakten, was unser Verband so getan hat in jüngerer Vergangenheit. Und das ist nur ein Auszug unserer Themen. 92 Seiten stark ist unser Magazin – und Sie werden merken: Lesen lohnt!
Was macht uns stark, was trägt uns durch schwierige Zeiten? Gerade für Angehörige von lebensverkürzend erkrankten Kindern, für verwaiste Eltern und für Menschen, die sich beruflich um schwerstkranke Kinder kümmern, sind Kraftquellen im Alltag wichtig. Wodurch sie neue Energie schöpfen, das erzählt die Titelgeschichte unseres neuen Magazins. Das Dossier der neuen Ausgabe geht der Frage nach, was am Ende eines Lebens zählt: Es zeigt auf, was eine gute Palliativversorgung ausmacht – und was sie tatsächlich leisten kann. Elke Büdenbender, Ehefrau des Bundespräsidenten und damit Deutschlands „First Lady“, schreibt in einem Grußwort, was sie von der Kinderhospizarbeit hält – und welche Erfahrungen sie als Schirmherrin des Kinder-Lebens-Laufs gemacht hat. Diesem Staffellauf durch die ganze Republik, der größten Öffentlichkeitskampagne für die Kinderhospizarbeit in der Bundesrepublik widmet sich ein Schwerpunkt des Magazins – mit Geschichten, Fotos und Eindrücken von der über 7000 Kilometer langen Strecke. Und dann, dann erzählen wir noch von den Problemen, mit denen Eltern zu kämpfen haben, die sich um ihre schwerstkranken Kindern kümmern: Kämpfe mit Krankenkassen um Pflegebewilligungen und mangelnde Unterstützung und Akzeptanz im sozialen Umfeld – das sind nur zwei von vielen Stichworten. Wir lassen Botschafter und Mitgliedseinrichtungen ihre Arbeit und neuen Projekte schildern, wir berichten von unserem Sorgentelefon OSKAR, unserem Benefiz-Open-Air-Konzerttag, dem so genannten Charity Event – und wir beleuchten mit Zahlen und Fakten, was unser Verband so getan hat in jüngerer Vergangenheit. Und das ist nur ein Auszug unserer Themen. 92 Seiten stark ist unser Magazin – und Sie werden merken: Lesen lohnt!
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Jahresmagazin 2019/2020 des Bundesverband Kinderhospiz e. V.
No. 7
TAGE FÜRS LEBEN
Was uns
stark macht
Vom Leben mit schwerstkranken Kindern
€ 3,65
ISSN 210-151x
WOHIN DIE REISE GEHT
Vom Kinder-Lebens-Lauf quer
durch Deutschland SEITE 30
WAS AM ENDE ZÄHLT
Von Möglichkeiten und Grenzen
guter Palliativversorgung SEITE 42
WOFÜR WIR KÄMPFEN
Vom schwierigen Alltag einer
pflegenden Mutter SEITE 66
ES KOSTET T NICHT
VIEL,
UNBEZAHLBAR
ZU SEIN.
Mit einem Los der Deutschen Fernsehlotterie unterstützt jeder, der mitspielt,
soziale Projekte im ganzen Land und leistet so einen wichtigen Beitrag
für mehr Solidarität und Hilfsbereitschaft. Zusätzlich winkt mit jedem
Los die Chance auf tolle Gewinne. Werden auch Sie ein Gewinn für
andere und mit etwas Glück ein Gewinner!
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Editorial
zählen Sie doch mal durch: Wie viele
starke Menschen lernen Sie auf den
nächsten 90 Seiten kennen? Wie
viele Mutmacher, Dabeibleiber und
Aushalter, wie viele Kämpfer, Mitfühler,
Aufmerksammacher, Ideenentwickler,
wie viele Zuversichtverbreiter,
Positivdenker, Unterstützer
und Hinseher? Ich bin sicher: Viel
mehr als Sie erwarten von einem
Magazin zur Kinderhospizarbeit,
diesem emotional schwierigen
Thema. Seien Sie neugierig – und
lesen Sie sich durch unser Heft!
In unserer Titelgeschichte berichten
Mitarbeiter in Kinderhospizen,
was sie motiviert, sich um
schwerstkranke Kinder zu kümmern
und was sie zurückbekommen.
Eltern erzählen, wo sie die
Kraft finden, ihr unheilbar krankes
Kind durch sein kurzes Leben zu
begleiten – und wie sie sich nach
seinem Tod neu ausrichten. Eine
Mutter, die ihren schwerstkranken
Sohn pflegt, schreibt Ihnen einen
sehr persönlichen Brief – über all
die kräftezehrenden, so unnötigen
Kämpfe, die sie im Alltag führen
muss. Nur, damit ihr Sohn die Hilfe
bekommt, die ihm ohnehin zusteht.
Wir erzählen von einem verwaisten
Vater, der mit viel Energie und
Zuversicht die Kinderhospizarbeit
in Japan vorantreibt. Und wir lassen
in unserem Dossier Menschen
mit viel Erfahrung zu Wort kommen,
die sagen, worauf es in den
letzten Tagen eines Lebens wirklich
ankommt. So viel vorneweg:
Es lohnt sich, das zu wissen.
Immer wieder lernen wir bei unserer
Arbeit Eltern, ganze Familien
kennen, die sich um ihr krankes
Kind kümmern und dabei über
sich hinauswachsen. Sie meistern
Herausforderungen, Belastungen
und Krisen, die gar nicht machbar
scheinen. Ihre Stärke, ihre Willenskraft,
ihr Durchhaltevermögen, sie
machen uns oft geradezu sprachlos
vor Hochachtung.
Zur Wahrheit gehört aber auch:
Nicht alle Betroffenen halten den
dauernden Ausnahmezustand
aus, in dem sie leben. Bei vielen
reicht die Kraft nicht. Wir sehen
Ehen zerbrechen, wir sehen Verzweiflung,
Wut, Hilflosigkeit, Ohnmacht,
Depressionen und Schmerz,
körperlichen und seelischen – bei
Eltern, Geschwistern und bei kranken
Kindern.
Das zeigt uns: Es bleibt noch viel zu
tun, um die rund 50 .000 betroffenen
Familien in Deutschland angemessen
zu unterstützen. Viel, viel,
viel. Wir arbeiten weiter daran,
dass schwerstkranke Kinder, die
absehbar sterben werden, eine
bessere Versorgung bekommen –
und dass diese bessere Versorgung
gesetzlich verankert wird. Daran,
den Jungen und Mädchen glückliche
Momente mit ihren Familien
zu ermöglichen. Daran, gute Erinnerungen
zu schaffen.
In diesem Sinne: Bleiben Sie
uns und der Kinderhospizarbeit
verbunden!
Sabine Kraft
Geschäftsführerin
Bundesverband Kinderhospiz e. V.
Spendenkonto Bundesverband Kinderhospiz e. V.: IBAN DE03 4625 0049 0000 0290 33 BIC: WELADED1OPE 03
Editorial
Liebe Leserinnen
und Leser,
ich freue mich sehr, dass Sie sich mit diesem
Magazin des Bundesverbands Kinderhospiz
auf ein Thema einlassen, das viele Menschen
am liebsten meiden würden. An Kinder zu
denken, die aufgrund einer unheilbaren
Erkrankung vielleicht schon bald sterben
müssen, ist fürchterlich. Noch fürchterlicher
allerdings ist es, Familien, die um das Leben
ihres Kindes bangen, damit alleine zu lassen.
Weltweit machen sich Vertreterinnen und
Vertreter der Kinderhospizarbeit für betroffene
Familien stark. Denn immer noch müssen
Millionen von Kindern und Jugendlichen
großes Leid ertragen, weil ihnen keine ausreichende
Palliativversorgung zur Verfügung
steht.
In Deutschland haben wir das Glück eines
sehr verlässlichen und hochwertigen Netzwerkes
der Kinderhospizarbeit. Unter dem
Dach des Bundesverbands Kinderhospiz
sammeln sich Einrichtungen und Organisationen,
die darauf spezialisiert sind, die richtigen
Hilfen zu geben. Diese Arbeit und all
diejenigen, die sie leisten, verdienen unsere
Aufmerksamkeit und Unterstützung sowie
unseren größten Respekt.
Elke Büdenbender
Ehefrau des Bundespräsidenten
Frank-Walter Steinmeier
Als Schirmherrin des Kinder-Lebens-Laufs
durfte ich eine besondere und wertvolle
Erfahrung machen: Wer Familien begegnet,
die ein schwerstkrankes Kind haben, der
trifft oft auf Menschen mit erstaunlicher
Stärke und Gelassenheit, mit einem lebensbejahenden
Mut, das Beste aus jedem Moment
zu machen. Das hat mich sehr beeindruckt,
und diese Fähigkeit wünsche ich uns allen.
Bleiben wir neugierig und offen dafür!
Herzlichst,
Ihre Elke Büdenbender
04 Spendenkonto Bundesverband Kinderhospiz e. V.: IBAN DE03 4625 0049 0000 0290 33 BIC: WELADED1OPE
Botschafter für den
Bundesverband Kinderhospiz –
ein Engagement für Menschen mit
viel Verantwortungsgefühl, aber wenig Zeit.
Ein Engagement für Sie!
Machen auch Sie mit!
Wir freuen uns über jede Art der Unterstützung.
Nehmen Sie einfach Kontakt zu uns auf,
dann können wir gemeinsam beraten,
wie Sie sich als Botschafter am besten einbringen können:
Bundesverband Kinderhospiz e. V.
Sabine Kraft, Geschäftsführung
Telefon: 07653 82640-99
www.bundesverband-kinderhospiz.de
Inhalt
No. 7
03 Editorial
04 Grußwort von Elke Büdenbender
Lesen Sie, was die First Lady
zur Kinderhospizarbeit zu sagen hat.
TITELTHEMA
08 „Farbe für den Winter sammeln“
Wo Menschen, die sich um schwerstkranke
Kinder kümmern, ihre Kraft und Stärke finden.
16 Wenn aus Trauer und Abschied Neues wächst
Vier schier unglaubliche Geschichten davon,
wie Familien mit dem Verlust eines Kindes umgehen.
HELFEN UND SPENDEN
20 Ganz nah dran an den Stars
Beim Charity Event feiern erkrankte
Kinder mit ihren Idolen.
22 „Einfach etwas zurückgeben“
will Marcus Reichel, der Mann hinter dem
Charity Event – mit einer besonderen Geschichte.
23 Berührend gut gelaunt
Sänger und Botschafter Vincent Gross
engagiert sich für die Kinderhospizarbeit.
24 Gutes tun statt den Fiskus zu beschenken
Hier erfahren Sie, warum es sich lohnt, sein
Erbe zu Lebzeiten clever zu regeln.
20
Ganz nah
dran an
den Stars
08
TITELTHEMA
„Farbe für den
Winter sammeln“
BOTSCHAFTER UND PROJEKTE
26 „Ich bin mehr als du denkst“
singen die Mitglieder der Grüne Bande –
und lassen sich für eine Fotokampagne ablichten.
30 Fürs Leben laufen
Der Kinder-Lebens-Lauf ist die größte Kampagne
zur Kinderhospizarbeit aller Zeiten.
32 „In den hab ich mich sofort verliebt“
Lena Schwaiger machte ein tierisch
gutes Gewinnerbild für den Mila-Fotopreis.
33 Unmögliches möglich machen
Die Aktion Kindertraum feiert beim
Kinder-Lebens-Lauf Geburtstag.
34 Ohne sie wäre der Kinder-Lebens-Lauf
nicht möglich gewesen
Dank dieser Unterstützer konnten wir uns
für die Kinderhospizarbeit auf den Weg machen.
36 „Was darf ich tun?“
fragt der neue Botschafter Daniel Böcking –
und legt los.
38 Faszination auf Eis
Eine gemeinsame Auszeit für Kinder, Eltern und
einen neuen Unterstützer der Kinderhospizarbeit.
Auf dem Titel angekündigte Themen sind
mit einem gekennzeichnet.
06 Spendenkonto Bundesverband Kinderhospiz e. V.: IBAN DE03 4625 0049 0000 0290 33 BIC: WELADED1OPE
Inhalt
INTERNATIONALES
40 „Es bleibt noch viel zu tun“
Wie ein verwaister Vater die Kinderhospizarbeit
in Japan voranbringt.
DOSSIER
42 Was am Ende zählt
Eine gute Palliativversorgung kann vieles leisten –
das lesen Sie in unserem Dossier.
42
DOSSIER
Was am Ende zählt
KINDERHOSPIZARBEIT
54 Loslassen ohne loszulassen
Die Geschichte einer Familie mit schwerstkrankem
Kind, die sich auch noch für andere einsetzt.
56 Nachgefragt beim Kinderhospiz dienst in Karlsruhe
Von Trommelworkshops, Theater
und anderen Highlights.
57 Nachgefragt beim Kinderhospizdienst
in Bad Segeberg
Von Trauergruppen, Familientagen
und einer Online-Beratung.
58 Erholen, entspannen und neue Energie schöpfen
Das neue Kinderhospiz in Stuttgart
entlastet betroffene Familien.
60 Nachgefragt beim Kinderhospizdienst in Greifswald
Von einem Elterncafé, Versorgungsnöten
und einer Usedom-Reise.
61 Nachgefragt beim Kinderhospizdienst
in Marktheidenfeld
Von Oasentagen, Fachkräftemangel
und großem Unterstützungsbedarf.
62 Erfahrene Visionäre
Engagiertes Team entwickelt in Bamberg
ein neues Kinderhospizzentrum.
63 Gemeinsam Wege finden
BVKH bietet neue Schulung
für pädagogisches Fachpersonal an.
64 „Es muss besser werden!“
Positionspapier fordert politische Lösungen
für Probleme der Kinderhospizversorgung.
Im Interesse einer besseren Lesbarkeit wird nicht ausdrücklich
in geschlechts spezifische Personenbezeichnungen
differenziert. Die gewählte männliche Form schließt
eine adäquate weibliche Form gleichberechtigt ein.
MEDIZIN UND PFLEGE
66 Von Kindern, die durchs Raster fallen
Eltern müssen um die Bewilligung der Pflege
ihrer schwerstkranken Kinder kämpfen.
70 Das Vergessen stoppen?
Wie eine neue Therapie bei
„Kinderdemenz“ helfen kann.
74 Ein Leben in Alarmstufe Gelb
Sie haben Post: Eine pflegende Mutter
schreibt Ihnen einen Brief.
AUS DEM VERBAND
76 Was der BVKH 2018 erreicht hat
Das Geschäftsjahr in Notizen.
78 Das bietet der BVKH seinen Mitgliedern
Lobbyarbeit, Beratung und vieles mehr:
ein Überblick.
79 Hilfe in dunklen Stunden
Das Sorgentelefon OSKAR unterstützt
Betroffene und Fachleute rund um die Uhr.
80 Mitgliederverzeichnis
Hier finden Sie eine Übersicht und
alle Adressen der Mitglieder des BVKH.
86 Gemeinsam loslassen
Abschiede dürfen genauso individuell
sein wie das Leben selbst.
KOCHS KOLUMNE
89 Vom Zauber, Kindern zu helfen
Kolumnist Thomas Koch macht sich mal
grundsätzlich Gedanken über die Spendenbereitschaft
– und hat dann eine Idee.
90 Impressum
Spendenkonto Bundesverband Kinderhospiz e. V.: IBAN DE03 4625 0049 0000 0290 33 BIC: WELADED1OPE 07
Titelthema
„Farbe für den
Winter sammeln“
08
Titelthema
Wie Eltern schwerstkranker oder verstorbener
Kinder neue Kraft schöpfen – und was Menschen
motiviert, sich beruflich oder ehrenamtlich um
diese Kinder und ihre Angehörigen zu kümmern
TEXT: CLAUDIA FÜSLER
FOTOS: DIRK NEUMANN / NEWMAN.PICTURES
„Fotografieren spendet
mir neue Energie“,
sagt Dirk Neumann,
Botschafter des Bundesverbands
Kinderhospiz.
Der 45-Jährige ist wegen
einer unheilbaren Nervenerkrankung
erwerbsunfähig;
in der Fotografie hat
der Autodidakt 2016 seine
persönliche Kraftquelle
gefunden. „Wenn ich mit
meiner Kamera in der Natur
unterwegs bin, lässt mich
das meine körperlichen
Beschwerden für kurze
Momente fast vergessen.
Zu fotografieren ist wie
Medizin für mich, wie Balsam
für die Seele.“ Als der
Bundesverband Kinderhospiz
anfragte, zögerte
Dirk Neumann keine
Sekunde – und sagte sofort
zu, dass seine Bilder mit diesem
Artikel erscheinen dürfen.
www.newman.pictures
„Wir sind ein sehr fröhliches Haus“,
sagt Brigitte Kramer, und man mag
es gar nicht glauben. Ein Kinderhospiz?
Fröhlich? Seit mehr als 30
Jahren arbeitet Brigitte Kramer in
Bethel, davon sieben Jahre
im Kinder- und Jugendhospiz
Bethel. Gemeinsam
mit ihren Kolleginnen
und Kollegen betreut
sie schwer kranke und
sterbende Kinder und
Jugendliche sowie deren
Angehörige. Trauer und Tod
gehören zu ihren täglichen Begleitern.
Und doch erzählt sie mit einer
Wärme und Begeisterung in der
Stimme von ihrem Job, als sei es
der schönste auf der Welt. „Ist es
auch“, bestätigt Brigitte Kramer, „ich
könnte mir für mich kein besseres
Arbeitsfeld vorstellen.“
Was motiviert Menschen, die dem
Tod begegnen? Täglich, wie Ärzte,
Pflegende, Betreuende, ehrenamtliche
Helfer. Oder in einem zeitlich
begrenzten Rahmen, wie Eltern, die
ein Kind verloren haben oder wissen,
dass sie es verlieren werden.
Wie kann man etwas aushalten,
das so sehr an die eigene Substanz
geht? Das das universelle Lebensprinzip
„die Alten gehen zuerst“
missachtet? Wie geht man um
mit so viel Schmerz, Verlust und
Angst, ohne dabei selbst kaputtzugehen?
Und auch: Wie schaffen es
Eltern, nach dem Tod ihres Kindes
weiterzumachen?
09
Titelthema
Motivation
Welche Gründe sind ausschlaggebend
dafür, dass
jemand tut, was er tut? Was
bewegt ihn zu seinem Verhalten?
Die Wissenschaft
nennt dieses Streben nach
einem Ziel Motivation. Sie
unterscheidet, vereinfacht
gesagt, in intrinsische und
extrinsische Motivation.
Intrinsisches Handeln
basiert auf einem inneren
Antrieb: Man macht eine Aufgabe
um ihrer selbst willen,
einfach, weil sie Spaß macht.
Oder man handelt auf eine
bestimmte Weise, weil das
dem eigenen Ideal entspricht.
Das trifft auf viele
Menschen zu, die in der Kinderhospizarbeit
tätig sind.
Extrinsische Motivation
dagegen hat immer mit
äußeren Faktoren zu tun:
Der Handelnde erwartet
zum Beispiel Vorteile oder
Belohnungen für sein Verhalten,
etwa Geld, beruflichen
Aufstieg, Berühmtheit. Oder
er hat eine Rolle übernommen
– Fußball-Stürmer, Projektleiter
oder erster Geiger
etwa – und will diese Rolle
entsprechend den Erwartungen
ausfüllen. Oder der
Handelnde macht sich die
Ziele seines Arbeitgebers zu
eigen: Als Verkäufer setzt er
sich dann für mehr Umsatz,
als Personalbeauftragter für
ein soziales Miteinander und
Gerechtigkeit ein.
10
Die Motive eines Menschen zu
erforschen gehört zu den schwereren
Aufgaben der Wissenschaft.
Sie sind nicht objektiv messbar.
Wer erfahren möchte, warum Menschen
tun, was sie tun, muss mit
ihnen reden. Experten unterscheiden
in eine von äußeren Faktoren
abhängende, sogenannte extrinsische,
und eine aus dem Menschen
selbst kommende, die sogenannte
intrinsische Motivation. Im Ehrenamt
generell sind beispielsweise
intrinsische Motive deutlich ausgeprägter
als extrinsische, das haben
zahlreiche Studien gezeigt.
Der tägliche Umgang mit kranken
Kindern, die absehbar sterben werden,
könnte einen frustrieren. Tut
es auch, gibt Brigitte Kramer zu.
„Wir haben ein tolles Team, wir
vertrauen einander, tragen uns
gegenseitig und wissen, was diese
Arbeit mit einem machen kann“,
erklärt die Pflegedienstleiterin,
„deshalb gilt: Hinter verschlossener
Tür und untereinander ist es
erlaubt, wütend zu sein und Frust
rauszulassen.“ Und das passiert.
Die Arbeit ist nicht immer leicht,
es gibt schwierige Zeiten und Situationen,
die einen mehr angreifen
als andere. Doch die Familien sollen
davon nichts mitbekommen.
Denen will das Team Bethel vor
allem mit einem helfen: die aktuelle
Situation ein wenig leichter
machen. Deshalb ist auch Humor
so wichtig. „Wir könnten hier
natürlich in ganz viel Leid
versinken, davon gibt es
genug“, sagt Brigitte
Kramer, „doch daran
können wir nichts
ändern.“ Was man
ändern könne, sei der
Umgang mit dem Leid.
Zu zeigen, dass es Menschen
gibt, die sich interessieren und
kümmern in dieser Zeit. Neben
all dem Furchtbaren auch schöne
Augenblicke, Momente, ja sogar
Stunden zu schaffen. Wünsche
zu erfüllen und ein Pferd in das
Zimmer eines sterbenden Kindes
zu bringen. Oder einen Ferrari auf
den Hof fahren lassen. Und gemeinsam
zu lachen, wann immer es nur
geht. „Farbe für den Winter sammeln“,
nennt Brigitte Kramer das.
Ihre Arbeit, sagt Brigitte Kramer,
sei ein Geschenk: „Manchmal habe
ich das Gefühl, es ist wie ein Auftrag,
und ich empfinde es als sehr
erfüllend, dem nachzugehen.“ Man
bekomme so viel zurück. Eltern
geben ihr Liebstes in die Hände der
Hospiz-Mitarbeiter, einen größeren
Vertrauensbeweis gibt es nicht.
Und dieses Vertrauen möchte keiner
enttäuschen. Sie selbst, erzählt
Brigitte Kramer, habe im Leben
schon viel Schlimmes erlebt und
nahestehende Menschen verloren.
„Ich habe erfahren, wie wichtig es
ist, dass einfach Menschen da sind,
Seite an Seite mit mir stehen und
mit mir gemeinsam durch alles
durchgehen.“ Genau das versuchen
sie und ihr Team den Kindern und
Jugendlichen im Hospiz zu geben,
und deren Angehörigen. Das Ende
des Lebens, sagt Brigitte Kramer,
sei sehr intim. „Ich bin immer wieder
demütig und dankbar, dass ich
dabei ein Begleiter sein darf.“
Ganz ähnlich beschreibt das
Miriam van Buiren. Die Ärztin leitet
das Palliativ Care Team am
Zentrum für Kinderheilkunde
und Jugendmedizin
der Universitätsklinik
Freiburg. „Die
Situationen, die wir
erleben, sind so essenziell,
intensiv, relevant und
schonungslos, einfach so
ungeheuer wichtig im Leben dieser
Menschen, dass ich sehr gerne
Wir dürfen nie aufhören,
die Welt mit Kinderaugen zu sehen.
Soziale Verantwortung ist Porsche sehr wichtig. Deshalb unterstützen wir
mit dieser Anzeige die wertvolle Arbeit des Bundesverbands Kinderhospiz e. V.
Titelthema
ein Teil davon bin“, sagt sie. Helfen
können, wenn es um das große
Ganze geht. Immer wieder erlebe
sie, wie dankbar die Familien sind,
dass einfach jemand dableibt und
das Drama gemeinsam mit ihnen
aushalte. „Ich denke, dass wir da
etwas Gutes tun.“
Wer dauerhaft mit schwer kranken
und sterbenden Kindern arbeiten
will, muss eines akzeptieren: Das
Leben ist unfair. Die Natur ist nicht
perfekt, und dass es viele Kinder
gibt, die vor ihren Eltern sterben
oder ihr Leben lang an schweren
Erkrankungen leiden, gehört dazu.
„Aus dieser Akzeptanz heraus können
wir gut da sein für die Familien“,
sagt Miriam van Buiren. „Wir
sehen, dass sie sehr viel abbekommen
haben von dem Leid, das das
Leben auch mit sich bringt, und
helfen ihnen, so gut es geht damit
klarzukommen.“ Das Wissen
darum, dass es eine äußerst sinnvolle
Arbeit sei, die sie und ihr Team
leisten, sei ein großer Antrieb, sagt
Miriam van Buiren. Doch dazu, weitermachen
zu können, gehört auch
eine professionelle Distanz. Nur so
kann man diese Arbeit über viele
Jahre machen und sie aushalten.
„Wir sind zugewandt und empathisch“,
erklärt Miriam van Buiren,
„aber wir machen uns auch klar:
Das ist nicht mein Leid. Ich nehme
also Anteil am Leid der Familie,
leide aber nicht mit.“ Natürlich
kommt es vor, dass genau diese
Distanz verloren geht, weil einen
das Schicksal eines Kindes besonders
berührt. In einem solchen Fall
helfen dem Team der Austausch
untereinander und die Supervision.
„Die ist generell sehr wichtig, weil
wir immer wieder mal das Gefühl
haben, unzulänglich zu sein, weil
wir nicht so helfen können, wie wir
gerne würden.“
12
Titelthema
Die eigene Auseinandersetzung
mit den Themen Sterben, Tod und
Trauer ist ein wesentlicher Motivator
der Ehrenamtlichen, die sich
beim Kinderhospizdienst Freiburg
engagieren. Diese Erfahrung
haben die beiden Koordinatoren
Verena Berg-Oestringer und Kian
Bank gemacht. „Da hat sich durch
die Hospizbewegung in den vergangenen
Jahren viel geändert in
der Wahrnehmung: Das Sterben
ist kein Tabuthema mehr“, sagt
Verena Berg-Oestringer. Auffällig
viele junge Menschen melden sich
und wollen Familien mit schwer
kranken oder sterbenden Kindern
begleiten.
Was sie antreibt? Zunächst auch
einmal die klassischen Gründe,
aus denen Menschen ein Ehrenamt
übernehmen, sagt Kian Bank:
„Sie möchten anderen Menschen
helfen und sich gebraucht fühlen.
Es gibt kein Geld und
keine Zertifikate für diese
sinnvolle Arbeit, aber neben
der Wertschätzung auch Einblicke
in ein vielleicht ganz
anderes Familien- und Wertesystem.“
Quasi ein Garant für
eine persönliche Weiterentwicklung.
„Wenn Sie als Ehrenamtlicher
eine Familie durch eine
solche Situation begleiten, laufen
Sie Gefahr, dass sie hinterher
nicht mehr der gleiche Mensch
sind wie zuvor“, sagt Verena
Berg-Oestringer und lacht.
Es gibt auch Ehrenamtliche,
die sich bei ihr und ihrem
Kollegen Kian Bank melden,
weil sie etwas besser machen
wollen. Weil sie beispielsweise
selbst einen nahen Angehörigen
verloren und gemerkt haben, wie
sehr ihnen eine Begleitung gefehlt
hat. Oder aber das genaue Gegenteil:
Aus der eigenen Erfahrung
heraus zu wissen, wie gut es tut,
wenn Menschen einem in der
dunkelsten Stunde des Lebens zur
Seite stehen, wollen sie aus Dankbarkeit
genau das zurückgeben.
Und diejenigen, die am unmittelbarsten
betroffen sind, wenn
absehbar ist, dass ein Junge, ein
Mädchen vor der Zeit sterben werden?
Die Eltern, wie halten die das
aus? Wie gehen die damit um?
„Es gibt da nicht den einen, den
richtigen Weg. Jeder muss seinen
eigenen Weg finden“, sagt Kristine
Lindtner. Die 41-Jährige sagt
das nicht nur so dahin. Sie weiß,
wie hart das ist – den eigenen
13
Titelthema
Die Autorin
Claudia Füßler
ist während dieser Recherche
von allen Beteiligten
immer wieder auf einen
Gedanken hingewiesen worden,
den sie eigentlich gut
kennt, aber im trubeligen
Alltag gerne mal vergisst:
dankbar zu sein für das, was
man hat, und den Moment
zu genießen. Das versucht
die freie Journalistin, die
sich viel mit wissenschaftlichen
und sozialen Themen
beschäftigt, von nun an
wieder ein wenig mehr zu
berücksichtigen – bei der
täglichen Arbeit genauso
wie bei den Wochenendtrips
in den Schwarzwald.
14
Weg finden, mit einem Kind zu
leben und zu wissen, dass sie sich
von ihm wird verabschieden müssen.
Ihr Sohn Felix, 15, hat einen
Gehirntumor. Der Tumor konnte
bei der großen OP 2015 nicht ganz
entfernt werden. Ein Rest sitzt
noch im Sprachzentrum. Wie
lange Felix noch leben wird, weiß
niemand. Immer wieder stürzt
er in tiefe Depressionsabgründe.
Immer wieder dreht er in manischen
Phasen total auf. Und dann
sind da noch die vier anderen Kinder.
Die gesunden, die die Mama
eben auch brauchen. Kristine
Lindtners Mann geht arbeiten,
morgens möglichst früh, damit er
möglichst zeitig wieder daheim
ist und helfen kann. Einer muss ja
Geld verdienen.
Kristine Lindtners Aufgaben
beginnen um 5.50 Uhr und enden
um 22 Uhr. Müde sei sie eigentlich
immer, sagt sie. Und wann findet
sie Zeit für sich, wo neue Energie?
An guten Tagen geht sie zwischendurch
ein Stündchen alleine
zu Billy, dem Shetlandpony. „Ich
komme an, habe den Kopf voll,
bin unaufmerksam. Vielleicht
tritt mir das Pferd auf den Fuß.
Das tut weh und zugleich erdet es
mich. Ich konzentriere mich auf
das Pferd und schalte ab. Das ist
meine Stunde Auszeit.“ Ohne die
Oma, die Geld zuschießt, auch das
gehört zur Wahrheit, könnten sich
die Lindtners das Pony gar nicht
leisten. Und dabei ist es nicht
nur für Kristine so wichtig, sondern
auch für die Kinder. Selbst
Felix, der meist im Rollstuhl sitzt,
reitet. Einmal sogar ein Turnier.
Kristine Lindtner führte Billy und
ihren Sohn über den Parcours, die
Zuschauer applaudierten. Felix
schwärmt bis heute: „Das war echt
schön. Zu warten, bis ich dran war
– das war toll und aufregend. Als
ich auf dem Pferd saß, hatte ich so
ein Kribbeln im Bauch, das ganze
Reiten lang. Und als ich fertig
war, wollte ich sofort noch mal.“
Die guten gemeinsamen Momente,
sagt Kristine Lindtner, gäben
Kraft. Mal sind es eben Zeiten mit
dem Pferd, mal ein Aufenthalt im
stationären Kinderhospiz, mal das
Charity-Konzert des Bundesverbands
Kinderhospiz. „Auch wenn
das jetzt wie Werbung klingt. Es
ist wahr“, sagt sie. Davon zehrten
alle.
Ob sie nicht hadert mit der schweren
Krankheit ihres Sohnes, mit
dem Schicksal, das alle in der Familie
mittragen müssen? Kristine
Lindtner muss da nicht lange überlegen:
„Ich sitze nicht jeden Tag
da und denke: Oh Gott, was haben
wir für ein schlimmes Leben. Ich
lebe eigentlich gern. Und diese
Lebenseinstellung möchte ich an
all meine Kinder weitergeben.“
Aber: Ja, dunkle Tage, die gibt es
auch. Tage, an denen der schwierige
Weg einfach zu schwierig ist.
„Wenn ich in einem kleinen Loch
bin und hadere und grübele, dann
merke ich, dass mir genau das die
Energie nimmt. Dann weiß ich: Ich
muss Gas geben – und weitermachen.“
Weitermachen für die Kinder,
die gesunden und das kranke,
für den Mann, für die Familie –
und, sagt Kristine Lindtner, „für
das Leben an sich. Auch wenn das
jetzt vielleicht ein bisschen pathetisch
klingt.“ Sie sei nicht der Typ,
der falsche Zuversicht verbreite
und den Kindern erzähle, die Ärzte
fänden sicher noch ein Heilmittel
für Felix. „Das mag ich nicht. Ich
will die Kinder nicht anlügen“, sagt
sie. „Aber ich will ihnen ein Grundvertrauen
vermitteln ins Leben als
solches: Nichts ist so schlimm, dass
man nicht weitermachen kann.
Egal, was ist – es geht weiter.“
Titelthema
15
Titelthema
Wenn aus Trauer und
Abschied Neues erwächst
Das eigene Kind ist gestorben. Und dann? Wie kann es weitergehen, das Leben?
Wie? Unsere Autorin CLAUDIA FÜSLER hat mit verwaisten Vätern und
verwaisten Müttern gesprochen, die aus ihrer Trauer heraus große innere
Stärke entwickelt, einen neuen Umgang mit ihrem Verlust hervorgebracht und
ihrem eigenen Leben eine neue Wendung gegeben haben. Vier Geschichten,
die nahezu unglaublich sind. Vier Geschichten, die Mut machen.
Der Anfang von etwas Neuem
Sie fühle sich oft, als habe sie
zwei Kammern in sich, sagt Flor
Schmidt. Eine voller Freude und
Dankbarkeit, eine voller Liebe und
Trauer. Als sie neulich bei ihrem
jüngeren Sohn in Innsbruck waren,
sie und ihr Mann, sind sie alle
gemeinsam auf einen Berg gewandert.
Oben angekommen, ließen
sie die Blicke schweifen über das
Wolkenmeer und die zahlreichen
Gipfel. So glücklich und dankbar
sei sie gewesen, erinnert sich Flor
Schmidt, und habe die Berge, das
Zusammensein genossen. Gleichzeitig
war da auch immer noch
Trauer, weil einer fehlt. Ihr älterer
Sohn Nico, der in der Silvesternacht
2012 von einem
Auto erfasst und tödlich
verletzt wurde. Bis heute
fühlt sich Flor Schmidt
ihrem Erstgeborenen tief
verbunden. Ein Kind, das
man so sehr liebt, kann
man auch durch den Tod
nicht verlieren, sagt sie.
Die Kraft fürs Weitermachen
hat sie vor allem in
der Natur gefunden, und
im Reden und Schreiben.
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Viele Bücher hat sie gelesen nach
Nicos Tod, „ich wollte mir eine Vorstellung
davon machen, wo er jetzt
sein könnte“. Weil sie gemerkt hat,
wie sehr es ihr hilft, über die eigenen
Erfahrungen und Gedanken zu
sprechen, hat Flor Schmidt gemeinsam
mit einer anderen Mutter,
die ebenfalls ihren Sohn verloren
hat, den Gesprächskreis Jugend-
Lichter gegründet, der von ihnen
geleitet wird. Hier können Eltern,
die ihr jugendliches Kind verloren
haben, sich austauschen über
Fragen, deren Bedeutung nur sie
verstehen. Wie gestaltet man den
Geburtstag und Todestag des Kindes?
Wie geht man damit um, wie
die Menschen auf einen reagieren?
„Man merkt, dass man mit seinen
Gefühlen nicht alleine ist, und
das trägt einen ungemein“, sagt
Flor Schmidt. Für sie ist die Natur
zu einem wichtigen Rückzugsort
geworden – mental und physisch.
Einmal die Woche geht sie mindestens
in den Wald.
Seit 2006, nach ihrer Ausbildung an
der Freiburger Heilpflanzenschule,
arbeitet Flor Schmidt mit Heilpflanzen.
Auf der Basis ihrer Ausbildung
als Seelsorgerin bringt sie jetzt
die Wirkungen einiger Pflanzen
mit der Trauer in Verbindung und
berät dazu andere Menschen. Sie
hat drei Bücher geschrieben.
In ihrem jüngsten
„Weiter als das Ende“
erzählt sie davon, wie sie
durch ihre Trauer eine
tiefe innere Verbindung
zu ihrem verstorbenen
Sohn gefunden hat. Und
dass der Tod nicht nur ein
Ende, sondern gleichzeitig
auch der Anfang von
etwas Neuem sein kann.
www.carpe-florem.de
Titelthema
Mit Freude trauern
Andreas Süskow wüsste gern, wie
seine Tochter heute aussähe. Eine
junge Frau wäre Sina, 24 Jahre alt.
Sina ist vor 13 Jahren gestorben, auf
Andreas Süskows Schoß, in der elterlichen
Küche. Sina war acht Jahre alt,
als bei ihr eine – bei so jungen Kindern
sehr seltene – Leukämieform
festgestellt wurde. „Die Diagnose
war ein schwerer Schock“, erzählt
Süskow. „Danach ist das Thema Tod
immer mitgeschwungen, auch wenn
wir uns bewusst damit nicht auseinandergesetzt
haben.“
Auf Sinas Tod, sagt Andreas Süskow,
war sein Unterbewusstsein
also vorbereitet. Sehr schnell
danach war für ihn klar, dass er
sich zum Trauerbegleiter ausbilden
lassen wird. Im Nachhinein, sagt
er, wirke es für ihn, als sei Sina ein
Engel gewesen. Einer, der vorbeigeflogen
ist, um ihn und seine Frau in
diese Richtung zu schieben. Heute
gestalten die beiden Trauerfeiern,
halten Trauerreden und Vorträge
zum Thema. Sie machen Musik und
Kabarett. Ja, zum Thema Trauer.
Denn Trauer und Lebensfreude,
sagt Andreas Süskow, stehen sich
an den beiden Enden gegenüber,
zu denen ein Pendel ausschlagen
kann. Sie sind miteinander verbunden:
Wenn das Pendel zur
Trauer schwingt, holt es Schwung,
um wieder hinüberzukommen zur
Lebensfreude. „Viele empfinden es
als Verrat an dem Verstorbenen,
wenn man in der Trauerzeit Freude
empfindet und vielleicht sogar
lacht“, sagt Süskow. „Das ist etwas,
was wir gut konnten und können.
Und wir halten es für
enorm wichtig.“ Trauern
hat viel mit Erinnerungen
zu tun. Und sich
an schöne oder lustige
Momente mit den Verstorbenen
erinnern, bedeute,
mit Freude zu trauern.
Süskow und seine Frau
ermuntern die Menschen in Trauergesprächen,
Anekdoten zu erzählen,
sich humor- und liebevoll zu
erinnern.
Für Süskow haben Trauernde ein
ganz besonderes Gefühl dafür, was
wirklich wichtig ist im Leben. Und
das seien, zumindest sofern wir
nicht hungern und nicht frieren,
nicht materielle Dinge, sondern
die Beziehungen, die wir zu unseren
Nächsten haben, die Liebe und
das Mitgefühl zu ihnen. In unserer
Konsumgesellschaft werde uns
immer eingeredet, dass uns noch
etwas fehle zum Glück – und das
müssten wir kaufen. „Trauernde
hingegen“, erzählt Süskow, „erinnern
uns an die Vergänglichkeit
aller Dinge und machen uns darauf
aufmerksam, dass wir dankbar sein
sollten für das, was das Leben uns
jetzt und hier bereithält. Sonst merken
wir vielleicht erst, wie wichtig
uns manche Dinge und besonders
Menschen sind, wenn sie uns fehlen.“
Dankbarkeit für das, was ist,
sei für ihn auch Glück, sagt Süskow.
Und nicht zuletzt diese Botschaft
gibt er gemeinsam mit seiner Frau
heute in Vorträgen, Liedern und
Bühnenstücken weiter.
trauerleben.jimdo.com
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Titelthema
„Josefs Geschichte erzählen“
Ulrich Neustadt muss nicht lange
überlegen. „Freunde“, sagt er auf
die Frage, was ihm Kraft gegeben
habe zum Weitermachen. „Wir
haben sehr viele gute Freunde, die
uns durch dick und dünn begleitet
und das alles gemeinsam mit uns
ausgehalten haben, das war eine
große Kraftreserve“, sagt Neustadt.
Am 3. Oktober 2015 ist sein Sohn
Josef gestorben, nach einem nur 22
Monate kurzen Leben. Dass Josef
sterben wird, wussten Ulrich und
Anne Neustadt bereits kurz nach
seiner Geburt. „Diese vorausgenommene,
antizipatorische Trauer ist
ein ganz besonderes Gefühl, man
trauert um einen Menschen, der
noch da ist“, erinnert sich Neustadt.
Der Alltag seiner Familie, die
neben Josef noch aus seiner Frau
Anne und seiner älteren Tochter
besteht, war fast zwei Jahre
lang eine Ausnahmesituation.
Josef brauchte rund um die Uhr
Betreuung und medizinische Versorgung,
es war immer jemand
bei der Familie, Privatsphäre gab
es kaum. „Wenn es gar nicht mehr
ging, habe ich versucht, mich zu
bewegen“, sagt Ulrich Neustadt. In
Situationen, in denen Josef stabil
oder die Familie gerade im Kinderhospiz
war, ist er einfach rausgegangen
und losgelaufen. „Da
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konnte ich Kraft schöpfen und den
Kopf freikriegen, das war für mich
ein wichtiger Punkt.“
Mit Josefs Tod verbinden die Neustadts
ein warmes Gefühl. „Es war
Josef, der uns lange geführt hat und
an dem wir uns orientiert haben,
und es war genauso Josef, der entschieden
hat, dass er nicht mehr
atmet“, erzählt Ulrich Neustadt. Die
Begegnung mit Josef habe auch die
Beziehung verändert, er sei mit seiner
Frau näher zusammengerückt,
sie tauschen sich heute noch mehr
aus als zuvor. Das, was sie erlebt
haben, beschreiben die Neustadts
seit dem 30. November 2017 in
einem Blog, Tag für Tag schildern
sie das Leben mit Josef – von seiner
Geburt bis zu seinem Tod in Echtzeit,
nur vier Jahre später. Josefs
Leben ist komplett medizinisch
dokumentiert worden, 22 Monate
lang haben Menschen in Formularen
und Dokumenten festgehalten,
wie es ihm geht und wie er therapiert
wird. „All diesen Unterlagen
wollen wir unsere Sicht der Dinge,
unser eigenes Narrativ entgegensetzen“,
sagt Ulrich Neustadt, „uns
war schnell klar, dass das etwas ist,
das wir als seine Eltern tun wollen:
Josefs Geschichte erzählen.“
Aber, und das ist Ulrich Neustadt
wichtig: nicht nur. Ihm und seiner
Frau geht es auch um gesellschaftliche
Selbstverständlichkeiten und
Tabus, um den konfliktreichen Pflegealltag
und darum, die palliativmedizinische
Versorgung ihres
Sohnes zu zeigen. „Es gibt so viele
Vorurteile und Schemata darüber,
wie sich Betroffene fühlen und wie
das Leben von betroffenen Eltern
ist, es werden so viele unreflektierte
Zuschreibungen vorgenommen.
Und niemand wagt mehr zu
fragen, wie es konkret ist“, sagt
Ulrich Neustadt.
Der Blog 22monate.de aber zeigt es.
Für ihr Engagement haben Josefs
Eltern den Blogfamilia Award
bekommen. „Das macht deutlich,
dass der Blog auch Relevanz für
Professionelle und Nichtbetroffene
hat“, sagt Ulrich Neustadt, „und wir
freuen uns sehr, auf diese Art und
Weise das Thema erfolgreich in der
Öffentlichkeit etablieren zu können.“
www.22monate.de
Titelthema
Ein Stern für Lena
Info-Veranstaltung
Für Familien wie die aus
unseren vier Beispielgeschichten,
aber auch für
Fachkräfte aus der Kinderhospizarbeit
veranstaltet
der Bundesverband Kinderhospiz
regelmäßig die
Info-Veranstaltung „Aus der
Trauer wächst die Kraft“
in Zusammenarbeit mit
FriedWald. Termine können
erfragt werden in der
BVKH-Geschäftsstelle unter
Tel. 07653/8 26 40 0
Sie haben ihrer Tochter ein Versprechen
gegeben: „In der ersten Nacht
nach Lenas Tod haben wir ihr versichert,
dass wir daran nicht zerbrechen
und verzweifeln werden“,
erzählt Conni Wacker. Gut dreieinhalb
Jahre ist das jetzt her, und
seither ist das Leben nicht mehr,
wie es war. Am 9. September 2015
wird Lena von ihrem Mitbewohner
ermordet. Sie ist 21 Jahre alt
und will in drei Tagen ihre Ausbildung
zur Erzieherin beginnen. Am
Morgen noch tanzt sie ausgelassen
durch das elterliche Wohnzimmer
und singt „Jetzt fängt mein neues
Leben an“. Conni Wacker freut sich
am Glück ihrer Tochter. Sie hat sie
danach nicht mehr lebend gesehen.
Schock, Unglauben, ein Nicht-begreifen-Wollen
sind die ersten
Gefühle, an die Conni Wacker sich
erinnert, nachdem ihr die Polizei
die furchtbare Nachricht überbracht
hat. „Sein Kind zu verlieren,
ist das Schlimmste, was einem
passieren kann. Es ermordet zu
wissen, ist ein Albtraum.“ Nach ein
paar Tagen hat sich ein Wissen in
ihr Bewusstsein gearbeitet: „Entweder
du stürzt dich vom Hochhaus,
oder du gehst das Leben an.“
Conni Wacker und ihr Mann haben
sich für das Leben entschieden.
Sehr schnell war ihnen klar, dass
sie der alles umfassenden Traurigkeit
über den Verlust ihrer Tochter
etwas entgegensetzen wollten.
Etwas, das auch ihre Lena gut
gefunden hätte, die so mutig und
gerechtigkeitsliebend war.
Am 15. Juni 2016 wäre Lena 22
Jahre alt geworden – an diesem Tag
gründeten die Wackers den Verein
„Ein Stern für Lena * Gegen
Gewalt!“. Sie wollen damit in Schulen
sowie Kinder- und Jugendeinrichtungen
Projekte initiieren und
fördern, die sich mit gewaltpräventiven
und selbststärkenden Angeboten
beschäftigen. „Wir wissen,
dass wir eine gute, sinnvolle Arbeit
tun, wir stürzen uns da sehr rein“,
erzählt Conni Wacker, „und Lena
ist immer dabei. Sie trägt das im
Herzen mit. Ich höre das manchmal,
dass sie das gut findet, was
wir machen.“ Stark und zupackend,
sagt Conni Wacker, seien sie und
ihr Mann schon immer gewesen.
Und auch heute noch könne ihr
Mann ein zugewandter Lehrer sein,
sie lachen beide viel und gern. Aber
die Leichtigkeit gibt es nicht mehr.
Dennoch, sagt Conni Wacker, sei
sie stolz auf das, was sie mit dem
Verein bisher erreicht haben. „Es
ist ein neues, anderes Leben. Wir
wollten nicht unser altes einfach
weiterleben, nur ohne Kind, das
ging einfach nicht mehr“, erzählt
sie. Kraft schöpfen die Wackers aus
ihrer Arbeit. Und Gesprächen mit
Menschen, die genau wissen, wie
es ihnen geht. Regelmäßig treffen
sie sich mit anderen verwaisten
Eltern. Da muss sie niemandem
etwas erklären. Jeder kennt ihre
Geschichte, jeder kann zumindest
ansatzweise nachempfinden, wie
es ihnen geht. Lenas Eltern werden
ihre Tochter weiterleben lassen:
Ihren Gerechtigkeitssinn, das Einstehen
für etwas und jemanden.
„Ihr Lachen“, sagt Conni Wacker,
„höre ich immer noch.“
www.ein-stern-fuer-lena.de
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Helfer & Spender
Ganz nah dran
an den Stars
Lebensverkürzend erkrankte Kinder feiern
ihre Idole bei der 12. Auflage des Charity Events
20 Spendenkonto Bundesverband Kinderhospiz e. V.: IBAN DE03 4625 0049 0000 0290 33 BIC: WELADED1OPE
Helfer & Spender
Die paar Jungen und Mädchen auf der Bühne gucken
ziemlich verwundert. Irgendwie kam das alles ziemlich
plötzlich gerade: Kräftige Hände haben ihnen
einfach hochgeholfen – und jetzt stehen sie da, mitten
im Rampenlicht. Vor ihnen: massenhaft jubelnde
Zuschauer. Und direkt neben ihnen: Sänger Pietro Lombardi
und Rapper Kay One, die sie lässig begrüßen. Mit
ihrem Idol auf der Bühne tanzen und feiern! Von diesem
Moment beim Charity Open Air 2018 werden die
Kinder noch lange schwärmen.
Die Mädchen und Jungen, zum Teil selbst schwerstkrank,
gehören zu jenen 28 Familien mit lebensverkürzend
erkrankten Kindern, die der Bundesverband
Kinderhospiz als Ehrengäste in den Helvetia Parc in
Groß-Gerau eingeladen hatte. Beim Meet & Greet mit
den Stars durften sie backstage Selfies schießen –
und später aus dem VIP-Bereich die Show verfolgen:
Die Jungs von Feuerherz, Mike Singer, „Deutschland
sucht den Superstar“-Gewinnerin Marie Wegener und
Schlagersängerin Vanessa Mai, Daniele Negroni und
der neue BKVH-Botschafter Vincent Gross (Porträt auf
S. 23) – schwer zu sagen, wer für die größte Begeisterung
sorgte.
5.600 junge und ältere Menschen, mehr als je zuvor,
feierten bei Bilderbuchwetter bis spät am Abend: Da
explodierte zum Abschluss ein bombastisches Feuerwerk,
ein wahrer Farbenregen über dem Helvetia Parc
– und so mancher Besucher fiebert seitdem schon der
nächsten Auflage des Charity Open Airs entgegen.mis
Spendenkonto Bundesverband Kinderhospiz e. V.: IBAN DE03 4625 0049 0000 0290 33 BIC: WELADED1OPE 21
Helfer & Spender
„Einfach etwas zurückgeben“
Der Mann hinter dem Charity Open Air
und seine besondere Geschichte
Kaum einer der Besucher in Groß-Gerau
kennt den Mann mit dem markanten Bart
und den Lachfältchen, der übers Gelände
läuft, Augen und die Ohren immer offen:
Gibt’s irgendwo ein Problem, für das jetzt
eine Lösung her muss?
Dabei ist Marcus Reichel, der Mann mit
Lachfältchen und Problemlösungen, der
Kopf des Charity Events – und zugleich dessen
Seele: 2007 nahm Reichel Kontakt zum
Bundesverband Kinderhospiz auf und stellte
2008 dann direkt das erste Event auf die
Beine. Seitdem ist die Veranstaltung stetig
gewachsen, bekannter geworden bei Stars,
Sponsoren, Werbepartnern und Zuschauern
– „und ich habe immer mehr dazugelernt“,
sagt Reichel, in Sachen Veranstaltungsmanagement
quasi Autodidakt. Wie er auf die
Idee kam, eine Benefizveranstaltung zu
organisieren für schwerstkranke Kinder?
Er sei damals selbst nur mit viel Glück von
einer Erkrankung genesen, sagt der 41-Jährige.
„Und da wollte ich einfach etwas
zurückgeben.“ Er sagt das so, als sei es
selbstverständlich: etwas zurückzugeben,
weil man selbst Glück hatte. Für ihn – die,
die ihn kennen, wissen das – ist das tatsächlich
selbstverständlich.
Und jetzt, wo er erneut ernsthaft erkrankt
ist, diesmal an Krebs? Da bleibt das Selbstverständliche
für Reichel selbstverständlich,
kommt Aufhören nicht infrage. Im Gegenteil.
„Dadurch, dass ich nun am eigenen
Leib erfahre, wie sich eine Krebserkrankung
anfühlt, wie es ist, durch eine Chemotherapie
die Haare zu verlieren – dadurch verstehe ich
erst wirklich, was die Kinder durchstehen,
für die wir das Charity Event auf die Beine
stellen.“ Er schweigt kurz und sagt dann:
„Ich habe größte Hochachtung vor ihnen.“
Und deshalb arbeitet Marcus Reichel weiter
an der nächsten Veranstaltung, organisiert,
trifft sich mit Sponsoren, kontaktiert Künstler,
wann immer es irgendwie geht.
Ein ganzes Jahr Vorlauf braucht die Organisation
jedes Open Airs inzwischen. Marcus
Reichel stemmte das bisher praktisch alles
allein – und ehrenamtlich: „Ich habe jeden
Lieferschein ausgedruckt, jedes einzelne Eintrittsticket
verschickt.“
Besonders aufregend, erzählt er, sei für ihn
immer der Freitag: Wenn Bühne, Stände,
Dekoration aufgebaut werden. „Da setzt sich
das Puzzle zusammen, das ich die Monate
zuvor im Kopf hatte.“ Für die eigentliche Veranstaltung
am Samstag, und das sagt Marcus
Reichel immer wieder, habe sich inzwischen
ein tolles Team an freiwilligen Helfern gebildet,
auf das er sich blind verlassen könne.
„Und wenn dann die Kinder, gesunde wie
kranke, aufs Gelände kommen und strahlen
– das ist ein ganz tolles Gefühl.“ mis
22 Spendenkonto Bundesverband Kinderhospiz e. V.: IBAN DE03 4625 0049 0000 0290 33 BIC: WELADED1OPE
Helfer & Spender
Berührend gut gelaunt
Schlagerstar Vincent Gross ist
Botschafter für die Kinderhospizarbeit
Als Vincent Gross die Bühne beim Sommer
Open Air in Groß-Geraus betritt, kennt das Publikum
kein Halten mehr. Der 21-Jährige gehört
zu den Shootingstars in der deutschsprachigen
Musik- und Schlagerszene und erobert mit
seinen unbeschwerten Songs die Herzen seiner
Fans. Zahlreiche Schilder „Vincent!“ und
„I love you“ werden geschwenkt, Vincent
strahlt, winkt und hüpft auf der Bühne, während
er seinen Hit „Nordlichter“ singt.
Der junge Schweizer, der sich mit dem Zitat
„Friede, Freude, Party! So habe ich es am
liebsten“ beschreibt, hat bei all den Fernsehauftritten
und dem Trubel um seine Person
die Bodenhaftung nicht verloren. Vor dem
Durchbruch in seiner Musikerkarriere
absolvierte Vincent Gross in der
Schweiz das Abitur und den
Zivildienst, außerdem widmete
er sich dem Kampfsport
Taekwondo, errang
zwei schwarze Gürtel und
den Schweizer Meistertitel.
Doch die Liebe zur
Musik verdrängte alle anderen
Interessen. „Alles begann
damit, dass mein Bruder mir ein
paar Gitarrenakkorde beibrachte“,
erinnert er sich lachend. Er fing regelrecht
Feuer, nahm Unterricht und veröffentlichte
bald erste YouTube-Videos.
„Ich bin ein absolut positiv denkender
Mensch“, sagt Vincent Gross von sich, und
diese Fröhlichkeit hat er auch auf seine Herzensangelegenheit,
die Kinderhospizarbeit,
übertragen. „2017 durfte ich zum ersten
Mal beim großen Sommer Open Air für den
Bundesverband Kinderhospiz auftreten“,
erzählt er. „Wegen eines ausgefallenen Musikers
bin ich spontan eingesprungen, habe
meine Gitarre gepackt und mit den Kindern
musiziert. Das war unglaublich berührend
und toll!“ Ein Jahr später wird er an gleicher
Stelle zum Botschafter des Bundesverbands
ernannt, und seitdem legt sich Vincent Gross
voll ins Zeug. Von wegen schweres Thema –
auf seinem Facebook-Account macht Vincent
strahlend darauf aufmerksam, wie wichtig
es ihm ist, sich für lebensverkürzend
erkrankte Kinder einzusetzen.
Ob er einen lebensgroßen
Papp-Aufsteller von sich für
den guten Zweck versteigert
oder sich auf einer Parkbank
im Schnee neben einem
aufblasbaren Flamingo auf
den nächsten Auftritt beim
Sommer Open Air freut – seine
Fröhlichkeit wirkt so ehrlich wie
ansteckend! Derzeit arbeitet der junge
Musiker mit Hochdruck an seinem dritten
Album – auch das sicher wieder mit Gute-Laune-Garantie.
AB
Spendenkonto Bundesverband Kinderhospiz e. V.: IBAN DE03 4625 0049 0000 0290 33 BIC: WELADED1OPE 23
Helfer & Spender
Gutes tun statt den
Fiskus zu beschenken
Frühzeitig ein Testament
zu schreiben, ist sinnvoll –
gerade, wenn eine
gemeinnützige
Einrichtung erben soll
Was bleibt von mir, wenn ich einmal
sterbe? Und was geschieht mit dem, was
ich hinterlasse? Solche Fragen berühren
gleich zwei heikle Themen auf einmal:
den Tod und das Geld. Kein Wunder,
dass die wenigsten Menschen gern
über ihr Testament nachdenken – und
erst recht nicht gern darüber sprechen.
Genau das aber wäre wichtig, darin
sind sich quasi alle Fachleute einig:
über eine Erbregelung nachdenken,
sie schriftlich festhalten und darüber
sprechen. Denn ohne Testament greift
automatisch die gesetzliche Erbfolge –
und die entspricht nicht immer dem,
was sich ein Verstorbener zu Lebzeiten
gewünscht hätte Was viele nicht
wissen: Gibt es beispielsweise keine
erbberechtigten Angehörigen, fällt das
Vermögen automatisch an den Staat. Es
sei denn, ein Testament legt etwa eine
gemeinnützige Einrichtung als Erben
fest. Testamentsspende nennt sich das
– und dafür entscheiden sich immer
wieder auch Menschen, deren Kinder
und Enkel finanziell schon auf sicheren
Beinen stehen und die ihr Vermögen
deshalb ganz oder teilweise einem
guten Zweck vererben wollen.
„Eine Testamentsspende ist eine wunderbare
Möglichkeit, auch nach dem
eigenen Tod noch Gutes zu bewirken“,
sagt Sabine Kraft, Geschäftsführerin
des Bundesverbands Kinderhospiz.
„Wer unsere Arbeit mit einer Testamentsspende
unterstützt, unterstützt
Familien mit einem unheilbar kranken
Kind. Denn wir machen uns für deren
Belange stark und haben so beispielsweise
durchgesetzt, dass die Krankenkassen
Aufenthalte in einem stationären
Kinderhospiz wesentlich besser
finanzieren. Außerdem organisieren
wir regelmäßig Konzerte, Freizeitparkbesuche
und Hubschrauberflüge
beispielsweise. Das schafft unvergessliche
Momente für diese Familien,
kleine Glücks-Augenblicke in einem
sehr belasteten Alltag. Ohne großherzige
Spender wäre das unmöglich.“
Wer sein Erbe einer sozialen Einrichtung
vermachen will, sollte Verschiedenes
beachten, empfiehlt Kraft: Die
begünstigte Einrichtung selbst muss
rechtsfähig sein – also etwa ein eingetragener
Verein. Außerdem sollten unbedingt
der vollständige Name und der
Sitz der Organisation genannt werden,
um Verwechslungen auszuschließen.
Übrigens: Ein Testament aufzusetzen,
schadet praktisch nie – auch dann
nicht, wenn ganz klassisch die eigene
Familie erbt. Denn so lässt sich eben
am besten sicherstellen, dass das Vermögen
tatsächlich im Sinne des Verstorbenen
verteilt wird – und kein
Streit unter den Erben entbrennt. Solche
Streits sind nämlich ziemlich häufig:
Laut einer repräsentativen Umfrage
von Ende 2018 brechen sie in etwa
einem von fünf Erbfällen in Deutschland
aus.
mis
Wenn Sie die
Kinderhospizarbeit
begünstigen möchten,
melden Sie sich bitte beim
BVKH. Sabine Kraft berät Sie
auf Wunsch gern bei Ihnen
zu Hause , um genau festzuhalten,
was Sie wem zukommen
lassen wollen. Der
BVKH führt eine Gesamtliste
aller Kinderhospizangebote
und sendet Ihnen die Broschüre
„Testamentsspende –
Schwerkranken Kindern und
ihren Familien Lebenswert
schenken“ gerne zu. Melden
Sie sich über kraft@bundesverband-kinderhospiz.de
oder Tel. 0765/826 40 99.
Wer zu Lebzeiten eine
gemeinnützige Einrichtung
unterstützen mag, kann
dies durch eine Spende tun
– und damit sogar Steuern
sparen. Der BVKH berät Sie
auch gern zur Möglichkeit
einer Zustiftung zur Bundesstiftung
Kinderhospiz, die
betroffene Familien direkt
unterstützt. Eine solche
Zustiftung tut ebenso für
immer Gutes – und spart
ebenso sofort Steuern.
24 Spendenkonto Bundesverband Kinderhospiz e. V.: IBAN DE03 4625 0049 0000 0290 33 BIC: WELADED1OPE
HIER IST LERNEN
EIN ERLEBNIS
DIE AUTOSTADT IN WOLFSBURG
ERLEBEN ERFAHREN ERINNERN
Wer Naturphänomene, Technik, Wissenschaft
direkt erlebt, versteht auch
komplizierte Zusammenhänge mit
Leichtigkeit. Die Inszenierte Bildung
bietet praktische Erfahrung und theoretische
Erkenntnis, nützliches Wissen
und Spaß am Lernen für Wissbegierige
jeden Alters. Sie zeigt Vorschulkindern,
Schülerinnen, Schülern und
Erwachsenen in Workshops zu vielfältigen
Themen, wie spannend Mobilität
mit all ihren Facetten sein kann.
Wer Prozesse und Experimente erlebt,
macht wichtige Erfahrungen. Die
Autostadt ist vom niedersächsischen
Kultusministerium als außerschulischer
Lernort anerkannt. Ihre Angebote ergänzen
den schulischen Unterricht.
Im Zentrum der Inszenierten Bildung
steht ein Leitbild, das zum einen das
menschliche Grundbedürfnis nach Mobilität
herausstellt, zum anderen Verpflichtungen
aufzeigt, die sich aus einer
nach haltigen Entwicklung ergeben.
Die Angebote der Inszenierten Bildung
sind praxisbezogen und handlungsorientiert.
Die Attraktionen der Autostadt
und die Workshops regen dazu an,
naturwissenschaftliche Zusammenhänge
und technische Phänomene
durch Ausprobieren und Mitmachen
kennenzulernen. Eigene Erlebnisse
und Erfahrungen schaffen die besten
Voraussetzungen für das Lernen. Die
Erinnerung, die so entsteht, bildet die
Grundlage von Wissen.
Botschafter & Projekte
„Ich bin mehr
als du denkst!“
Die „Grüne Bande“ feierte ihren ersten Geburtstag.
Mit dem Jugendprojekt des Bundesverbands Kinderhospiz
melden sich schwerstkranke Jugendliche,
ihre Geschwister und Freunde selbst zu Wort.
TEXT: ANJA BIEBER
FOTOS: BUNDESVERBAND KINDERHOSPIZ
26 Spendenkonto Bundesverband Kinderhospiz e. V.: IBAN DE03 4625 0049 0000 0290 33 BIC: WELADED1OPE
Botschafter & Projekte
Es ist ein Gänsehaut-Moment,
als Felix sich für das Foto hinter
seinen Rollstuhl stellt. Er ist vorsichtig,
denn laufen kann Felix
nur noch ein paar Schritte weit. In
seinem Gehirn wächst ein Tumor,
der den 15-Jährigen immer weiter
einschränkt. Fotograf Thomas
Binn porträtiert Felix als eines der
Clubmitglieder der „Grünen Bande“,
die in Köln zu einem Kreativtreffen
zusammengekommen sind. Die
Jugendlichen wollen sich für ihre
eigenen Belange einsetzen. Aber
wie macht man das eigentlich?
Für die geplante Fotokampagne
haben Felix und die anderen Statements
verfasst. Mal leise und nachdenklich,
mal laut und provokant
sind die Sätze, die sie zu ihren
Fotos veröffentlichen möchten.
Felix steht hinter seinem Rollstuhl
und darf dem Fotografen
den „Stinkefinger“ zeigen. Das
würde er manchmal auch gerne
in der Öffentlichkeit tun, wenn
er so blöde angeglotzt wird. Oder
ihm jemand mit gesunden Beinen
den letzten Platz im Aufzug wegschnappt.
So wie Felix geht es
vielen hier in Köln. Sie alle haben
schon viel zu oft erfahren, wie es
ist, wenn einen die eigene Krankheit
behindert, und die Umwelt
noch dazu. Verletzende Bemerkungen,
Ausgrenzung. Und immer dieses
unerträgliche Mitleid.
Während Felix vor der weißen
Fotowand steht, sitzen Robin
Eichinger und Ela Querfeld mit
Gitarre in einer anderen Ecke des
Raums. Wie Fotograf Thomas Binn
setzen sich die beiden Musiker als
Botschafter für die Kinderhospizarbeit
ein. Gerade komponieren sie
einen eigenen Song für die Grüne
Bande. Felix’ Schwester Nina achtet
darauf, dass der entstehende Songtext
auch die Perspektive der
Geschwisterkinder mit aufnimmt.
Denn auch Ninas Leben wird durch
Felix’ Krankheit bestimmt, und
viele Menschen sehen in der sensiblen
13-Jährigen nur die Schwester
ihres Bruders. Ela Querfeld tippt in
ihren Laptop: „immer in der zweiten
Reihe“, „wieder mal ein Tag hinüber“.
Die Textschnipsel werden zu
einer zweiten Strophe zusammengefügt;
am Ende des Tages können
die Mitglieder der Grünen Bande
den eigenen Song schon mitsingen.
Der Refrain beginnt mit den Worten:
„Ich will kein Mitleid, ich bin
mehr als du denkst“.
Bandenchefin Sina gibt derweil ein
Interview für die Kamera, mit der
die Momente des gemeinsamen
Wochenendes für einen eigenen
Film eingefangen werden. „Die
Grüne Bande ist so wichtig, weil wir
hier merken, dass wir nicht alleine
sind“, sagt Sina. Die 17-Jährige hat
das Konzept für das Jugendprojekt
mit dem Bundesverband Kinderhospiz
entwickelt und ist seit Gründung
2017 dessen „Chefin“. Sabine Kraft,
Geschäftsführerin des Bundesverbands
Kinderhospiz, ist sehr stolz
auf die Entwicklung des Jugendprojekts
im ersten Jahr: „Das Konzept
geht auf. Die Jugendlichen füllen es
mit viel, viel Leben – und Spaß! Das
freut uns sehr.“ Mit „Aktion Kindertraum“
hat der Bundesverband
einen Kooperationspartner für die
Grüne Bande gefunden, der die Aktionen
der Jugendlichen finanziell
unterstützt. Auch dessen Geschäftsführerin
Ute Friese lobt: „Es ist toll
zu sehen, wie die Bandenmitglieder
die Möglichkeiten nutzen, die
die Grüne Bande ihnen bietet. Wir
freuen uns sehr, Teil dieses Projekts
zu sein!“
Spendenkonto Bundesverband Kinderhospiz e. V.: IBAN DE03 4625 0049 0000 0290 33 BIC: WELADED1OPE 27
Botschafter & Projekte
„Ich brauch kein Mitleid“
Du schaust mich an und ich tu dir leid,
im Club letzte Nacht hab ich gefeiert all night
Heute ins Kino, morgen zum Reiten,
häng nachts an den Schläuchen, wieder Medis einleiten
„Es gibt so viele von uns, und obwohl wir an
ganz unterschiedlichen Krankheiten leiden,
erleben wir doch alle sehr ähnliche Dinge.
Es ist toll, sich darüber austauschen zu können!“,
sagt Bandenchefin Sina. Sie nervt
besonders, dass bei all den Klinikaufenthalten
und Untersuchungen, die ihre Krankheit
SMA (Muskelschwund) mit sich bringt, immer
noch häufig über sie gesprochen wird – statt
mit ihr. Das hat Felix auch schon erlebt. „Da
fragen die Leute meine Mutter, wie es mir
geht, obwohl ich doch danebensitze!“ Felix
zieht eine Grimasse.
Einmal im Jahr macht der Bundesverband
Kinderhospiz gemeinsam mit Aktion Kindertraum
möglich, dass die Mitglieder der Grünen
Bande sich begegnen können. Ansonsten
tauschen sich die Jugendlichen über ihre
Facebook-Seite oder eine WhatsApp-Gruppe
aus. Und wer beim Bandentreffen nicht
dabei sein kann, weil seine Krankheit mal
wieder andere Pläne hatte, an den wird trotzdem
gedacht: Für die Bandenmitglieder, die
nicht nach Köln reisen konnten, baumeln
jetzt trotzdem Vorhängeschlösser mit ihren
Namen an der Hohenzollernbrücke. Sina ist
zufrieden: „Ich finde besonders cool, was
wir in nur einem Jahr für eine Gemeinschaft
geworden sind“.
Mehr zur Grünen Bande:
www.gruene-bande.de
www.facebook.com/diegruenebande/
E-Mail: chef@gruene-bande.de
Hättst du gedacht, dass mit Rolli, Katheter
Prothese am Bein oder Pulsoximeter
ich stolz darauf bin, dass ich so leben kann
und die grüne Bande hält uns zusamm’
Ich brauch kein Mitleid,
ich bin viel mehr, als du denkst
unsere Zeit ist begrenzt
deine wie meine, meine wie deine (alleine)
Ich bin es echt leid
dass meine Krankheit mich bremst
nimm mich einfach als Mensch
Wir sind nicht normal und dabei völlig normal
u-oh-oh …
Jedes Mal, wenn das Monster sie packt,
und die Krankheit den Alltag unplanbar macht
Stehen wir da – wir Schwestern und Brüder
kommen so oft zu kurz, schon wieder ein Tag hinüber.
An jedem Tag sind wir für uns da
zu jeder Stunde in jeder Stadt
egal, was morgen kommt, wir gehen Hand in Hand
Oder rollen als grüne Bande quer durchs ganze Land
Ich brauch kein Mitleid,
ich bin viel mehr, als du denkst
unsere Zeit ist begrenzt
deine wie meine, meine wie deine (alleine)
Ich bin es echt leid
dass meine Krankheit mich bremst
nimm mich einfach als Mensch
Wir sind nicht normal und dabei völlig normal
u-oh-oh …
28 Spendenkonto Bundesverband Kinderhospiz e. V.: IBAN DE03 4625 0049 0000 0290 33 BIC: WELADED1OPE
Botschafter & Projekte
Fürs Leben laufen
Das gab es noch nie: Mit dem Kinder-Lebens-Lauf hat der Bundesverband
Kinderhospiz im Sommer 2018 eine unvergleichliche Kampagne
gestartet. Die Pilgerreise mit Hunderten Teilnehmern führte von
Kinderhospiz zu Kinderhospiz – über 7200 Kilometer weit!
Promintente Unterstützung:
Schirmherrin Elke Büdenbender
und TV-Moderatorin
Sandra Maischberger.
Das meterlange Metalltor von Hangar
5 rumpelt, als es sich langsam
zur Seite schiebt. Auf das ehemalige
Flugfeld in Berlin Tempelhof
ergießt sich ein Menschenstrom.
Mittendrin ein kleines Mädchen in
einem E-Rollstuhl, dem die anderen
zujubeln. Mila hält stolz das
Wahrzeichen des weltweit ersten
Kinder-Lebens-Laufs in die Höhe,
die engelsförmige Fackel. Diese
hat sie gerade drinnen von Elke
Büdenbender überreicht bekommen.
Die Ehefrau des Bundespräsidenten
Frank-Walter Steinmeier
ist Schirmherrin des Kinder-Lebens-Laufs,
ihr liegt die Kinderhospizarbeit
ganz besonders am Herzen.
Gemeinsam mit Mila legt sie
die ersten Meter der Strecke zurück,
die am Ende des Sommers mehr als
7200 Kilometer umfassen wird.
132 Tage lang, bis zum Welthospiztag
am 13. Oktober, wandert die Fackel
von Hand zu Hand, von Kinderhospiz
zu Kinderhospiz, macht in allen
Bundesländern Station. Mal sind es
große Läufergruppen, die die Fackel
wie einen Staffelstab weitergeben,
30 Spendenkonto Bundesverband Kinderhospiz e. V.: IBAN DE03 4625 0049 0000 0290 33 BIC: WELADED1OPE
Botschafter & Projekte
manchmal auch nur zwei tapfere
Radfahrer, die sich durch die Sommerhitze
kämpfen. Ob Bürgermeister,
Polizisten, Kindergartenkinder,
die Bundeswehr oder unzählige Vereine
– der Kinder-Lebens-Lauf trifft
landauf, landab auf wunderbare
Unterstützer, die die Fackel zu Fuß,
zu Pferd, auf dem Rad, im Rollstuhl,
auf Segelbooten oder Flussdampfern,
im Flugzeug, in Kutschen und
Oldtimern weitertragen.
„Wir hätten uns nicht träumen lassen,
dass der Kinder-Lebens-Lauf
ein solcher Erfolg werden würde“,
berichtet Sabine Kraft, Geschäftsführerin
des Bundesverbands
Kinderhospiz. Die Mitgliedseinrichtungen
des Bundesverbands
entwickelten ganz verschiedene
Ideen, wie der Kinder-Lebens-Lauf
bei ihnen vor Ort aussehen sollte.
„Ob riesiges Sommerfest oder ganz
kleines, persönliches Treffen zwischen
Fackelträgern, es ergab sich
an jeder einzelnen Station eine
wunderbare Begegnung von Menschen,
die sich für Kinderhospizarbeit
starkmachen!“, so Kraft.
Nicht nur in Deutschland wirkte
die Idee des Laufs für die Kinderhospizarbeit
buchstäblich bewegend.
Sabine Kraft hatte die Idee
des Kinder-Lebens-Laufs international
bekannt gemacht – bei
einem Kongress des weltweiten
Netzwerks für Kinderpalliativversorgung
ICPCN, dessen ehrenamtlichen
Vorsitz sie innehatte. Für
jeden teilnehmenden Staat brachte
Sabine Kraft eine eigene Fackel mit
– und startete selbst nach ihrer
Rückkehr den ersten Kinder-Lebens-Lauf
der Welt in Berlin.
Als die kleine Mila am 13. Oktober
2018 bei den Abschlussfeierlichkeiten
im Europa-Park im badischen
Rust auf der Bühne steht, sind
alle traurig, dass die Reise nach
über 7200 Kilometern vorbei sein
soll. Mila hat nur einen Wunsch:
„Die Fackel soll weitergehen!“ Den
erfüllt der Bundesverband Kinderhospiz
gemeinsam mit seinen Mitgliedern
nur allzu gerne: 2020 fällt
der Startschuss für eine weitere
Rundreise für die Kinderhospizarbeit!
AB
Die Angel-Fackel
„Mit der Kinder- Lebens-Lauf-
Fackel hat es etwas ganz
Besonderes auf sich“, sagt
Sabine Kraft. „Ihre Engelsform
hat ein Vater entworfen,
dessen Tochter Angelina
mit 17 Jahren an einem Hirntumor
sterben musste.“ Zur
Erinnerung an seine „Angel“
schenkte der Vater dem Bundesverband
Kinderhospiz
einen Engel – und der Verband
verwendet die Form
seither immer dann, wenn
ein besonderes Zeichen
gesetzt werden soll. Stellvertretend
für die weit über
40.000 Kinder und Jugendlichen
in Deutschland, die
an lebensverkürzenden
Krankheiten leiden und für
Millionen betroffener Kinder
weltweit wird Angelinas
Zeichen als Fackel beim
Kinder-Lebens-Lauf von
Hand zu Hand gereicht.
Spendenkonto Bundesverband Kinderhospiz e. V.: IBAN DE03 4625 0049 0000 0290 33 BIC: WELADED1OPE 31
Botschafter & Projekte
Sie machte das
schönste Bild
des Kinder-
Lebens-Laufs:
Lena Schwaiger
mit ihrem
eigenen Hund
„Camillo“.
„In den hab ich
mich sofort verliebt“
Lena Schwaiger ist das Fotomodel fürs Gewinnerbild
des MILA-Fotopreises direkt vor die Füße gelaufen
Es ist ein Riesentrubel im Innenhof der Stiftung
Ambulantes Kinderhospiz München
(AKM). Heute macht hier der „Kinder-Lebens-Lauf“
des Bundesverbands Kinderhospiz
Station! Viele Besucher und betreute
Familien feiern miteinander die Ankunft
der Angel-Fackel. Mittendrin saust Lena
Schwaiger durch die Menge. Als Leiterin des
Bereichs Öffentlichkeitsarbeit & Fundraising
hat sie mit ihrem Team das Fest organisiert
und alle Hände voll zu tun. Trotzdem müssen
natürlich auch noch Bilder gemacht werden
– Lena Schwaiger schnappt sich die Kamera
und fängt die gute Stimmung ein. „Wir hatten
an diesem Tag wirklich Full house; so
viele Unterstützer und Mitläufer waren
dabei!“, erinnert sie sich.
In der Menge entdeckt Lena Schwaiger auch
Anna Mirabichvili, die die Wegstrecke bis
nach Augsburg begleiten möchte. Sie hat
ihren Hund dabei, beide tragen das offizielle
Kinder-Lebens-Lauf-Shirt. Gelassen steht
„Sazou“ zwischen all den aufgeregten Zweibeinern
und wartet darauf, dass es endlich
losgeht mit dem Gassigehen heute. „Der war
unglaublich süß, und ich hab mich
sofort in ihn verliebt“, erzählt Lena
Schwaiger lachend, die selbst eine
richtige Tiernärrin ist. Schon war
das perfekte Bild im Kasten, das dann auch
einige Wochen später der kleinen Mila als
Preisrichterin am besten gefiel.
Seit drei Jahren arbeitet Lena Schwaiger für
die Stiftung AKM, die ihre Eltern 2005 aus
eigener Betroffenheit heraus gegründet hatten
und noch immer leiten. Zwei Geschwister
hat die 29-Jährige verloren; jetzt ist ihr wichtig,
sich für andere Familien mit lebensverkürzend
erkrankten Kindern einzusetzen.
„Ich finde es super, dass ich mit meinem
Team ganz konkret dazu beitrage, dass den
Familien besser geholfen werden kann“, sagt
sie. Die 500 Euro Preisgeld, mit denen das
beste Bild des Kinder-Lebens-Laufs dotiert
war, gehen deshalb auch an die Stiftung,
die bayernweit umfassende Unterstützung
für Familien mit schwerst- oder unheilbar
kranken Ungeborenen, Kindern, Jugendlichen
und jungen Erwachsenen sowie einem
schwer erkrankten Elternteil anbietet. AB
32 Spendenkonto Bundesverband Kinderhospiz e. V.: IBAN DE03 4625 0049 0000 0290 33 BIC: WELADED1OPE
Unmögliches möglich machen
Botschafter & Projekte
Aktion Kindertraum erfüllte über 3000 Herzenswünsche seit ihrer Gründung –
und feierte ihren 20. Geburtstag gemeinsam mit dem Bundesverband Kinderhospiz
Ein heißer Samstag Anfang August
2018. Der Universitätsplatz in der
Heidelberger Altstadt ist heute
ungewöhnlich farbenfroh: Die
Aktion Kindertraum hat hier eine
Art Erlebniswelt aus blauen Zelt-Pavillons
mit gelben Sternen aufgebaut.
Passanten informieren sich in
dieser Ausstellung darüber, wie die
Wunscherfüller arbeiten und welche
Träume sie schon haben wahr
werden lassen. Wer mag, begibt
sich auf eine kleine Fantasiereise
oder hängt ein eigenes Wunsch-Zettelchen
an einen gasgefüllten Sternenballon.
Am späten Nachmittag
steigen die goldenen Ballons dann
in den strahlend blauen Himmel.
„Heidelberg ist eine von zehn Stationen
unserer Jubiläumsreise, die wir
anlässlich unseres 20. Geburtstags
organisiert haben“, erläuterte Ute
Friese, Geschäftsführerin der Aktion
Kindertraum. Zugleich ergänzte
die Zelt-Ausstellung mitten in Heidelberg
den Kinder-Lebens-Lauf
des Bundesverbands Kinderhospiz
(BVKH), der am selben Tag dort
haltmachte. Vormittags gab es eine
gemeinsame Talk-Runde zur Frage,
wie Jugendliche mit schweren
Erkrankungen möglichst selbstständig
leben können. Mit dabei:
die 17-jährige Sina Wolf, Chefin
der Grünen Bande – einem Projekt
des BVKH von und für erkrankte
Jugendliche und deren Freunde,
das von der Aktion Kindertraum
unterstützt wird. (Mehr zur Grünen
Bande auf S. 26.) Später dann tauchten
die Eishockeyspielerinnen der
Mad Dogs Mannheim zwischen
den blau-gelben Zelten auf dem
Universitätsplatz auf, übernahmen
die Angel-Fackel von ihren Vor-Läufern
– und machten sich bei 36 Grad
Sommerhitze mit Inline-Skates auf
zum nächsten Etappenziel.
Die gemeinsame Veranstaltung
in Heidelberg ist nur eine der vielen
Kooperationen von Aktion
Kindertraum und BVKH: „Die
Aktion Kindertraum unterstützt
schwerstkranke Kinder sowie
deren Geschwister und unseren
Verband schon seit fast 10 Jahren
sehr großzügig und unbürokratisch.
Mit ihrer Hilfe finanzieren
Kinderhospize beispielsweise ihre
jährlichen Weihnachtsfeiern“, sagt
BVKH- Geschäftsführerin Sabine
Kraft. „Ute Friese und ihr Team
machen Dinge möglich, die erst
mal unmöglich scheinen. Dafür
sind wir sehr, sehr dankbar.“
So konnte Lucy beispielsweise
dank der Aktion Kindertraum in
die USA reisen. Der kleine Bayern-München-Fan
Lennie traf sein
Torwart-Idol Manuel Neuer, Alina
lässt sich in einer Rollstuhl-Fahrrad-Kombination
chauffieren,
Mikail bekam ein tolles Fotoshooting
mit der ganzen Familie und
Felix übt jetzt mit einem Muskel-Trainingsgerät.
All das wäre
ohne die Aktion Kindertraum
undenkbar gewesen. Über 3000
Herzenswünsche hat Initiatorin
und Geschäftsführerin Ute Friese
mit ihrem Team seit 1998 erfüllt,
unterstützt von über 40.000 Spendern
deutschlandweit. „Und damit
ist noch lange nicht Schluss“, sagt
Friese. „Wir wollen auch die nächsten
20 Jahre lang noch Kinderträume
wahr werden lassen – mindestens!“
mis
Spendenkonto Bundesverband Kinderhospiz e. V.: IBAN DE03 4625 0049 0000 0290 33 BIC: WELADED1OPE 33
Botschafter & Projekte
Starker Partner
für Kinderhospizarbeit
Die Deutsche Fernsehlotterie unterstützte
den Kinder-Lebens-Lauf 2018
Sie sind Fachleute für Glück, sozusagen: Die Deutsche
Fernsehlotterie unterstützt seit über 60 Jahren über ihre zugehörige
Stiftung Deutsches Hilfswerk karitative Einrichtungen
und Projekte. Im Jahr 2018 konnten dank der Mitspielerinnen
und Mitspieler 366 soziale Projekte mit rund 51,5 Millionen Euro
ermöglicht werden, darunter 16 Hospizeinrichtungen.
Das Deutsche Hilfswerk macht sich auch für die Kinderhospizarbeit
stark und fördert unter anderem das neue Kinderhaus
Pusteblume (mehr dazu auf S. 54) und das OSKAR Sorgen telefon.
Ebenso konnte der Bundesverband Kinderhospiz beim Kinder-
Lebens-Lauf 2018 auf die Unterstützung der traditionsreichsten
Soziallotterie Deutschlands zählen. Als die Fackel das vom Deutschen
Hilfswerk mit 200.000 Euro geförderte Kinderhospiz der
Pfeifferschen Stiftungen in Magdeburg erreichte, wurden die
Läufer auch von Stiftungssprecher Felix Forberg bejubelt. „Der
Kinder-Lebens-Lauf ist ein tolles Konzept. Die Idee, alle Kinderhospize
Deutschlands durch einen Fackellauf miteinander zu
verbinden, haben wir sehr gerne unterstützt. Es ist mir sehr zu
Herzen gegangen, selbst dabei zu sein und zu sehen, mit welcher
Begeisterung betroffene und schwer eingeschränkte Kinder mitgemacht
haben.“
Das Deutsche Hilfswerk sucht für seine Förderungen gezielt Projekte
aus, die Menschen unterstützen, die aus gesundheitlichen
oder sozialen Gründen auf Hilfe angewiesen sind. „Für ein solidarisches
Miteinander braucht es in erster Linie Menschen, die
sich für andere einsetzen“, so Christian Kipper, Geschäftsführer
der Deutschen Fernsehlotterie und Botschafter für Kinderhospizarbeit:
„Der Kinder-Lebens-Lauf war dafür ein wunderbares
Beispiel.“
www.fernsehlotterie.de
Bei den Pfeifferschen
Stiftungen
in Magdeburg würdigte
auch Sachsen-
Anhalts Ministerpräsident
Reiner
Haseloff (rechts)
die Unterstützung
der Deutschen
Fernsehlotterie
für den Kinder-
Lebens-Lauf.
Ohne sie wäre der
Kinder-Lebens-Lauf
nicht möglich
gewesen
Engagierte
Experten
Gänsehautmomente
mit „Zwerg perten“ beim
Kinder-Lebens-Lauf
„Der Kinder-Lebens-Lauf war ein
absolut beeindruckendes Erlebnis!“
– Kai Schaffran, Geschäftsführer
von „Zwergperten“, ist auch
im Nachhinein noch Feuer und
Flamme für die Kampagne für die
Kinderhospizarbeit. Sein Unternehmen
unterstützte den Kinder-
Lebens-Lauf als Premiumsponsor,
sodass Hunderte von Läufern auch
das Logo der Kindersitz-Experten
auf dem offiziellen Shirt durchs
Land trugen. „Es war toll, ein Teil
dieser Kampagne sein zu können“,
so Schaffran. Nicht nur beim Startevent
in Berlin und auf einem Streckenabschnitt
bei Karlsruhe waren
die „Zwergperten“ dabei – auch
eine ungewöhnliche Kooperation
brachte „Zwergperten“ für den Kinder-Lebens-Lauf
auf den Weg: Die
Musikschule „Neue Musik Leipzig“
produzierte mit dem Kinderchor
„Kinderhelden“, dessen Leiter und
Sänger Friedrich Wieland Lemke
sowie dem Musiker und Schauspieler
Friedrich Liechtenstein und der
Jazz-Big-Band „Spielvereinigung
Süd“ das Lied „1000 Liter tanken“.
Kai Schaffran regte als Botschafter
für den Bundesverband Kinderhospiz
diese Benefizkooperation an –
der Song wurde im Internet gegen
34 Spendenkonto Bundesverband Kinderhospiz e. V.: IBAN DE03 4625 0049 0000 0290 33 BIC: WELADED1OPE
Botschafter & Projekte
Dank dieser Unterstützer
konnten wir uns auf den
Weg machen – für die
Kinderhospizarbeit.
Monika Friedrich vom BVKH
bedankte sich bei Kai Schaffran
für dessen Engagement.
Erfrischend unkompliziert
JKT Immobilien empfing den Kinder-Lebens-Lauf
am Stammsitz in Berlin
Als Botschafter für Kinderhospizarbeit unterstützt Jörg Kuttig
den Bundesverband Kinderhospiz schon seit 2007. Für den
Geschäftsführer der Immobilienfirma „JKT“ war es keine Frage,
sich auch beim Kinder-Lebens-Lauf einzubringen. JKT ist mit acht
Zweigstellen in ganz Deutschland vertreten, und den Stammsitz
in Berlin in der Cicerostraße stellte Jörg Kuttig gemeinsam mit
seiner Frau Stefanie kurzerhand als Verpflegungsstopp für die
Kinder-Lebens-Läufer zur Verfügung. Gleich am zweiten Tag des
Laufs wurde JKT mit der Angel-Fackel vom Kinderhospizdienst
der Johanniter angelaufen, und alle freuten sich über eine kurze
Verschnaufpause mit leckeren Erfrischungen. Im Anschluss ließ
es sich der vierfache Vater Jörg Kuttig nicht nehmen, gemeinsam
mit seiner Familie weiter bis zur nächsten Station zu laufen. „Die
Begeisterung der Beteiligten war wirklich mitreißend“, freut sich
Kuttig. „Es war schön zu sehen, wie viele höchst engagierte Menschen
es hier in unserer direkten Umgebung in Berlin gibt, die
sich für die Kinderhospizarbeit starkmachen und tolle Arbeit
leisten!“ JKT zählt zu den führenden deutschen Unternehmen
in der Immobilienbewertung und erstellt Gutachten über den
Wert von bebauten und unbebauten Grundstücken sowie von
grundstücksgleichen Rechten. Mit regelmäßigen Spenden hat
Jörg Kuttig den Bundesverband Kinderhospiz bereits mit über
100.000 Euro unterstützt. www.jkt-immo.de
eine Spende zum Download angeboten.
Der Kinderchor trat auch
live auf, als der Kinder-Lebens-Lauf
Station beim Kinderhospiz „Bärenherz“
in Leipzig machte. „Das war
für alle Beteiligten ein Gänsehautmoment“,
erinnert sich Schaffran,
der sich auch beruflich dem
Thema Kinder widmet: die Kindersitz-Experten
„Zwergperten“ sind
mit Geschäften in Deutschland,
Österreich und der Schweiz sowie
einem Online-Service erfolgreich.
www.zwergperten.de
Mehr zu Kai Schaffran,
Jörg Kuttig und den anderen
BVKH-Botschaftern unter
www.bundesverband-kinderhospiz.de/
botschafter
Zwischenstopp bei Premiumsponsor JKT in Berlin:
Jörg Kuttig (Zweiter v.r.) empfing die Fackel- Läufergruppe
mit Sabine Kraft, der Geschäfts führerin des
Bundesverbands Kinderhospiz (rechts).
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Botschafter & Projekte
„Was darf
ich tun?“
Daniel Böcking ist seit 2018
Botschafter für
die Kinderhospizarbeit
TEXT: ANJA BIEBER
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Botschafter & Projekte
Wenn Daniel Böcking über sich selbst schreibt, braucht er genau
fünf Worte. „Ich bin Journalist und Christ.“ Beide Umstände haben
dazu geführt, dass er im Rahmen einer Vortragsveranstaltung dem
Bundesverband Kinderhospiz begegnete – und sofort begeistert war.
„Manchmal gibt es Momente, die einen so tief berühren, dass man
sofort etwas unternehmen möchte“, sagt Böcking. Als er etwas über
die Arbeit für Familien hörte, die ein lebensverkürzend erkranktes
Kind haben, entstand ein solcher Moment. Seit Mai 2018 engagiert sich
Daniel Böcking als Botschafter für den BVKH – und unternimmt etwas!
„Oh, wie süüüß!“ Daniel Böcking und die
kleine Mila sind sich einig. Sie beugen sich
über ein Foto, auf dem ein Hund mit gerunzelter
Stirn in die Kamera blickt. Das Porträt
von „Sazou“ gehört zu den Bildern des
Fotopreises, der nach Mila selbst benannt
ist. Die Sechsjährige hatte beim Kinder-Lebens-Lauf
des Bundesverbands Kinderhospiz
eine wahrhaft tragende Rolle (vgl. S. 30)
und darf nun mit ihrem erwachsenen Mit-Juror
entscheiden, welches das beste Bild ist,
das während des großen Fackel-Laufs entstand.
Mila geht ihre Aufgabe energisch an.
Beim Treffen in den Redaktionsräumen der
BILD, deren stellvertretender Chefredakteur
Daniel Böcking ist, sortiert sie entschlossen
alle eingereichten Kinderbilder
ganz nach vorne. „Guck mal, das
ist witzig“, sagt sie zu Daniel
Böcking. Beide lachen über
ein Bild von einem Schnullerkind,
das nur knapp
größer ist als die Kinder-Lebens-Lauf-Fackel
in
seiner Hand.
Als Daniel Böcking Mila
kennenlernte, hatte er vor der
Begegnung gehörigen Respekt.
Eigentlich hatte der Journalist schon ziemlich
alles gesehen und erst recht darüber
geschrieben. Als er allerdings im Mai 2018
mit seiner sechsjährigen Tochter Elsa auf
Einladung des Bundesverbands Kinderhospiz
Mila treffen durfte, war er aufgeregt. Mila
hat eine besondere Geschichte. Sie leidet an
spinaler Muskelatrophie und sitzt im Rollstuhl.
Die unheilbare Krankheit schwächt
ihre Muskeln immer mehr. Keiner kann
sagen, wie lange Mila noch leben wird.
Der Tag in Berlin wurde zu einem fröhlichen
Treffen mit zwei kichernden Gleichaltrigen,
die sich eisessend fachmännisch über Disney-Prinzessinnen
unterhielten und sich
blendend verstanden. „Der Tag war ein wunderbarer
Beweis dafür, dass im Leben jeder
Moment zählt“, erinnert sich Böcking. Seinen
Einstand als Botschafter für Kinderhospizarbeit
empfand er als so bereichernd, dass er
selbstverständlich auch dabei war, als Mila
das Starterkind des Kinder-Lebens-Laufs
sein durfte. Und spontan für den nach ihr
benannten Fotopreis ein Preisgeld aussetzte.
„Ich bin sehr, sehr dankbar, mich
für den Bundesverband Kinderhospiz
engagieren zu
dürfen. Natürlich möchte
ich so viel wie möglich beitragen
– aber ich nehme
auch unendlich viel mit:
Die Kraft und die Liebe, die
ich bei den Begegnungen
mit den Kindern, Eltern und
Mitarbeitern in so schwierigen
Lebenssituationen erlebt habe, sind
überwältigend und machen in einem guten
Sinne demütig“, sagt Böcking. Für Mila und
ihre Familie ist Daniel längst ein Freund
geworden. Beim Bundesverband freut man
sich über seine ungebrochene Begeisterung
und Leidenschaft für das Thema Kinderhospizarbeit.
Wenn wir Daniel Böcking beschreiben
müssten, bräuchten wir dafür nur vier
Worte: „Was darf ich tun?“
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Botschafter & Projekte
Faszination
auf Eis
Ein Nachmittag bei „Holiday on Ice“
in Dortmund – Bela Seebach
erhält seinen Botschafter-Engel
Die bunten Scheinwerfer-Lichter huschen genauso
schnell über die Eisfläche wie über ihre Gesichter:
Alena, Nils und Charlotte sitzen im Rollstuhl ganz
nah dran und warten in der großen Dortmunder
Westfalenhalle mit gebannten Blicken auf die nächsten
Aktionen auf dem Eis.
TEXT: SIMKE STROBLER
Etliche bunt kostümierte Artisten tanzen dort auf
ihren Kufen über die spiegelglatte Fläche und wirbeln
bei atemberaubenden Sprüngen durch die Luft. Aus
riesengroßen Boxen unter dem Hallendach schmettern
Lieder. An diesem Nachmittag im Januar 2019 ist
„Holiday on Ice“ – und der Bundesverband Kinderhospiz
(BVHK) hatte elf schwerkranke Kinder mit ihren
Familien zu der Show eingeladen.
Sie erlebten zum 75-jährigen Jubiläum der berühmten
Eis-Show viele glanzvolle Momente. Mitten unter den
Jungen und Mädchen und ihren Familien: Bela Seebach,
Inhaber und Geschäftsführer von „Just Spices“,
einer auf Gewürze und Gewürzmischungen spezialisierten
Firma (siehe Fotos oben links). Der Düsseldorfer
Start-up-Unternehmer war aus gutem Grund
ebenfalls zu Gast in Dortmund: Seebach hatte zu seinem
Geburtstag im März 2018 über Facebook Spenden
zugunsten des Bundesverbands Kinderhospiz gesammelt.
Zunächst hatte er dabei 2500 Euro anvisiert,
wurde dann aber selbst von der Spendenbereitschaft
seiner Social-Media-Community überrascht: Am Ende
konnte Seebach der BVKH-Geschäftsführerin Sabine
Kraft stolze 6500 Euro übergeben.
In Dortmund wurde Bela Seebach ganz offiziell zum
Botschafter des BVKH ernannt: BVKH-Mitarbeiterin
Alexandra Fluck, die den Ausflug zu „Holiday on Ice“
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Botschafter & Projekte
für die betroffenen Familien organisiert hatte, überreichte
Seebach seinen persönlichen Botschafter-Engel.
Bei dem Treffen in Dortmund hatte der Unternehmer
erstmals Kontakt zu Kindern und Jugendlichen,
die nach aktuellem Forschungsstand nicht erwachsen
werden dürfen. Seit der Spendenaktion sei es ihm eine
Herzensangelegenheit, sich selbst intensiv mit diesem
schwierigen Thema zu befassen, sagte Seebach. „Und
es meinen Freunden, Bekannten und meinem beruflichen
Netzwerk näherzubringen. Mir ist es sehr
wichtig, dass den betroffenen Kindern und Familien
die größten Herzenswünsche erfüllt werden. Unsere
Mühen dafür sind verhältnismäßig klein, verglichen
mit dem Schicksal der Familien und den Herausforderungen,
die sie bewältigen müssen“, machte der
33-Jährige deutlich. Umso mehr freute er sich, dass er
einige der schwerkranken Kinder und ihre Familien in
Dortmund nicht nur kennenlernen, sondern auch zur
Jubiläumsshow von „Holiday on Ice“ begleiten durfte.
Auch die zehnjährige Sarah aus Krefeld war mit ihrer
Mutter und ihrem jüngeren Bruder nach Dortmund
gekommen. Das Mädchen im Rollstuhl war von dem
Spektakel auf dem Eis fasziniert – und ihre Mutter
Anisa Boukhou-Müller begeistert von dem gesamten
Event: „Das war eine so schöne Abwechslung! Es ist
so toll, dass der Bundesverband Kinderhospiz uns eingeladen
hat und wir das hier erleben durften.“ Die
23-jährige Alena aus Senheim an der Mosel – sie kann
aufgrund ihrer schweren Erkrankung nicht mehr
sprechen – hob während der Show mehrmals den
Daumen. Die Bedeutung dieser Geste war eindeutig:
„Super!“ „Ihr hat vor allem der Showteil mit den Tänzern
und den roten Fächern gefallen“, erzählte ihre
Mutter Claudia Binzen. Sie hatte „Holiday on Ice“ zum
Anlass genommen, mit Alena ein ganzes Wochenende
im Ruhrgebiet zu verbringen: „Solche Aktionen
sind immer wieder schön und bringen uns ganz viel:
Davon können wir auch zu Hause noch wochenlang
zehren – gerade dann, wenn wieder Zeiten kommen,
in denen es uns und vor allem Alena nicht so gut
geht. Dann erinnern wir uns an ,Holiday on Ice‘ und
können gemeinsam lachen und uns freuen.“ „Es war
aufregend und wunderschön“, schwärmten auch die
elfjährige Charlotte und ihre Familie nach der Show.
Sie waren morgens aus dem Schwarzwald nach
Dortmund gekommen und freuten sich über so viel
Abwechslung in ihrem oft herausfordernden Alltag.
Bela Seebach war nicht nur begeistert von der Show,
sondern vor allem davon, die schwerkranken Kinder
für einige Momente so glücklich erlebt zu haben. Spätestens
damit war der Düsseldorfer Unternehmer von
seiner nun offiziell gewordenen Funktion überzeugt:
„Ich freue mich wirklich sehr, Botschafter des Bundesverbands
Kinderhospiz sein zu dürfen.“
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Internationales
So sieht das erste
Kinderhospiz für
Yokohama im Entwurf aus.
„Es bleibt noch viel zu tun“
Hisato Tagawa will die Versorgung schwerstkranker
Kinder in seiner Heimat Japan verbessern:
Erste Erfolge gibt es schon TEXT: MIRJAM STÖCKEL
Hisato Tagawa ist einer jener Menschen,
denen es gelingt, einen
schweren Schicksalsschlag in
große Kraft umzuwandeln. Sechs
Jahre alt war seine Tochter Haruka,
als sie starb. An einem Gehirntumor,
den die Mediziner im
Krankenhaus erst kurz
zuvor diagnostiziert hatten.
Zuvor hatten mehrere
Ärzte die Eltern
immer wieder beruhigt:
Die Kopfschmerzen
der Kleinen, das sei
nichts Schlimmes.
20 Jahre ist das jetzt her. Und
heute? Heute treibt Hisato Tagawa
die Kinderhospizarbeit in seinem
Heimatland Japan voran – und
arbeitet mit seiner Non-Profit-Organisation
„Yokohama Children’s
Hospice Project“ daran, das erste
Kinderhospiz für die Millionenstadt
Yokohama zu eröffnen.
„Man schätzt, dass mindestens
20.000 Kinder in Japan lebensverkürzend
erkrankt sind“,
sagt Tagawa. Schätzungsweise
2500 allein der
krebskranken Kinder
würden pro Jahr versterben.
Offizielle Statistiken
allerdings gebe
es nicht.
„In den letzten zehn Jahren hat
die Pallativversorgung für Kinder
in Japan deutliche Fortschritte
gemacht“, sagt der 61-Jährige.
„Aber sie lässt noch immer zu
wünschen übrig.“ Bisher gebe es
nur ein vollstationäres und ein
Tages-Kinderhospiz im gesamten
Land, beide in der Region Osaka.
Einen richtigen Schub bekommen
habe die Palliativversorgung
für Kinder im Jahr 2012, als sie
offiziell zu einem Schwerpunkt
von Krebs-Kontroll-Programmen
gemacht wurde. Seitdem müssten
alle Kliniken, die auf Krebs
bei Kindern spezialisiert sind,
eine Kinder-Palliativversorgung
sicherstellen und es gebe entsprechende
Weiterbildungsangebote,
berichtet Tagawa. Auch die ambulante
Versorgung verbessere sich
zunehmend.
Tagawa und die übrigen Mitarbeiter
der Non-Profit-Organisation „Yokohama
Children’s Hospice Project“ wollen
nicht nur das dritte Kinderhospiz
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Internationales
Kinderhospize wie das
in Yodogawa – hier der
bunt gestaltete und kindgerecht
eingerichtete
Eingangsbereich – sind in
Japan noch sehr selten.
in Japan eröffnen, sondern sie bieten
auch Workshops und Kurse zur
Kinderpalliativversorgung an – und
knüpfen Netzwerke. In Japan, aber
auch grenzüberschreitend.
So organisieren Tagawa und sein
Team nicht nur internationale Konferenzen,
sondern besuchten Ende
2018 auch das Düsseldorfer Kinderund
Jugendhospiz Regenbogenland.
Dort sprach Tagawa auch mit
Sabine Kraft, Geschäftsführerin
des Bundesverbands Kinderhospiz.
„Wir freuen uns immer sehr über
den Austausch mit Menschen, die
die Kinderhospizarbeit in anderen
Teilen der Welt vorantreiben. Besuche
wie der von Hisato Tagawa sind
eine gute Gelegenheit, Wissen und
Erfahrungen auszutauschen und
sich gegenseitig zu bestärken“,
sagte Kraft, die zum Zeitpunkt
des Treffens auch Vorsitzende des
Internationalen Netzwerks für
Kinderpalliativversorgung ICPCN
war. „Nirgendwo auf der Welt
haben schwerstkranke Kinder,
die absehbar sterben werden, eine
gute Lobby. Darum müssen wir uns
auch über Ländergrenzen hinweg
zusammenschließen und gemeinsam
für diese Kinder eintreten.“
In Japan, so berichtet es Hisato
Tagawa, seien die Kliniken oft nicht
kinder- oder familienfreundlich.
In vielen Krankenhäusern dürften
lebensverkürzend erkrankte
Kinder nur von ihren Eltern
besucht werden, andere Personen
seien nicht willkommen. „Auch
die Besuchszeiten sind beschränkt
– und kleine Geschwister dürfen
die Station oft nicht betreten, sondern
müssen stundenlang auf dem
Flur warten.“ Nur wenige Kliniken
böten Krankenhausunterricht an
und auch die emotionale und spirituelle
Unterstützung für erkrankte
Kinder und ihre Familien sei nicht
ausreichend. „Anders gesagt: Es
bleibt noch viel zu tun, um eine
gute Palliativversorgung zu erreichen,
wie die Weltgesundheitsorganisation
sie definiert“, fasst Tagawa
die Situation zusammen.
Seine Tochter Haruka habe trotz
ihrer schweren Krankheit Spaß
haben und spielen wollen, Hisato
Tagawa erinnert sich daran genau.
Er ist überzeugt: „Kranke Kinder
haben das Recht, ihre Kindheit zu
genießen, sich zu entwickeln, zu
träumen und die gleichen Erfahrungen
zu machen wie gesunde
Kinder in ihrem Alter. Ich glaube,
die Welt wäre ein besserer Ort,
wenn die gesamte Gesellschaft
lebensverkürzend erkrankte Kinder
und ihre Eltern unterstützen
würde.“ Selbst wenn dieses Ziel
auch in Japan noch ein gutes Stück
entfernt ist – Hisato Tagawa wird
weiter darum kämpfen. Mit all
seiner Kraft. childrenshospice.
yokohama/english/
ICPCN
Das Internationale Netzwerk
für Kinderpalliativversorgung
ICPCN setzt
sich seit 2005 für die weltweit
schätzungsweise 21
Millionen Kinder ein, die
so schwer und unheilbar
krank sind, dass sie vor dem
Erwachsenenalter sterben
werden. Es macht sich für
deren bestmögliche medizinisch-pflegerische,
spirituelle
und psychosoziale Versorgung
stark. Dem ICPCN
gehören mehr als 2500 Mitglieder
aus 126 Ländern an
– Einzelpersonen wie auch
Organisationen, die sich für
die Kinderpalliativversorgung
und die Kinderhospizarbeit
engagieren. Sabine
Kraft war von Mai 2016 bis
Mai 2019 ICPCN-Vorsitzende
– als erste Deutsche
überhaupt.
www.icpcn.org
Spendenkonto Bundesverband Kinderhospiz e. V.: IBAN DE03 4625 0049 0000 0290 33 BIC: WELADED1OPE 41
Dossier
Was am
Ende zählt
Über Möglichkeiten und Grenzen
einer guten Palliativversorgung –
und ihr Spannungsfeld zur Sterbehilfe
42
Fragt man die Menschen, wie sie sterben möchten, bekommt man oft zu hören:
Ohne Schmerzen. In Würde. In Frieden. Zu Hause. Fragt man die Menschen, wie das
funktionieren könne, bekommt man oft: keine Antwort. Viele wissen es einfach nicht.
Dabei gibt es Möglichkeiten, den Sterbeprozess so zu gestalten, dass er der Idealvorstellung
nahekommt – und zwar ohne auf die kontrovers diskutierte aktive oder
assistierte Sterbehilfe zurückgreifen zu müssen, die manchem als Ultima Ratio gilt.
Palliativversorgung heißt die Alternative. Doch viele haben nur einen vagen Begriff
von dieser umfassenden Begleitung, die Schmerzfreiheit, Würde und inneren Frieden
zum Lebensende ermöglichen kann. Sie auch? Dann lesen Sie dieses Dossier.
TEXT: KATHRIN WITTWER GRAFIKEN: WILLI RAIBER
Dossier
Zwei Jahre lebte Lena schon mit
einem Hirntumor, hatte voller
Lebenswillen sogar noch eine
Ausbildung angefangen und
einen Freund, als klar wurde: Die
15-Jährige wird den Kampf gegen
den Tumor verlieren. „Wir hatten
gerade gedacht, dass es aufwärtsging,
als man feststellte, dass
der Primärtumor wächst und sie
schon einen zweiten dazubekommen
hatte. Es hieß, man könne
schwer sagen, wie lange Lena
noch hat, aber man könne das
Wachstum nicht mehr so aufhalten
wie bisher. Da habe ich Rotz
und Wasser geheult“, sagt Lenas
Mutter Katja Heitzmann. Ab da
war sie mit ihrer Tochter daheim,
betreute sie bis zu Lenas Tod nur
wenige Monate später.
Umsorgt in allen Bedürfnissen
Aus dem Leben fiel die Familie in
dieser Zeit nicht: Sie war in ein
enges Netzwerk an Helfern eingebunden,
professionellen ebenso
wie ehrenamtlichen und privaten.
Eine Palliativmedizinerin
– gleichzeitig die vertraute Onkologin
– war immer für sie da, ein
Pflegedienst half im Alltag, Hospizaufenthalte
waren möglich, für
die Geschwister kam einmal pro
Woche ein Familientherapeut
vom Jugendamt, die Krankenkasse
genehmigte anstandslos alle Hilfen
und Medikamente, Freunde, Nachbarn
und Familie halfen, wo es nur
ging – mit Spenden für Lenas letzte
große Wünsche, mit praktischer
und moralischer Unterstützung.
Deshalb war längst nicht alles gut.
Aber die Sicherheit, daheim gut versorgt
und nie allein zu sein, wurde
die wertvollste Stütze der Familie
in dieser Zeit: „Für mich war das
Wichtigste, dass rund um die Uhr
jemand für uns da war, auch, dass
ich mit der Verantwortung nicht
allein war. Für Lena war es ganz
wichtig, zu Hause zu sein und hier
sterben zu können. Ich habe jeden
Tag genossen, den ich sie hatte und
mich um sie kümmern konnte“,
erzählt Katja Heitzmann. „Weil
klar war: Es kommt der Moment,
an dem ich mich danach sehnen
werde einfach an ihrem Bett zu
sitzen und ihrem Atem und Herzschlag
zuzuhören.“
Ein lebbares Sterben
ermöglichen
Eine gute pflegerische und medizinische
Versorgung für Lena,
emotionale Begleitung und praktische
Stützen in diesem schweren
Abschied für ihre Eltern und
Geschwister: In ihrem großen
Unglück hatte Familie Heitzmann
das Glück, eine nahezu ideale palliative
Versorgung zu bekommen.
Die Aufgabe der Palliativversorgung
ist es, schwerstkranke Menschen,
die sterben werden, Kinder
wie Erwachsene, so früh und
Sterbehilfe –
was ist das und wie
wird sie in Deutschland
gehandhabt?
Aktive Sterbehilfe
(„Tötung auf Verlangen“)
z. B.: Ein Arzt spritzt einem
Patienten auf dessen
Wunsch hin ein tödliches
Medikament. Diese Praxis
ist in Deutschland unumstritten
verboten.
Passive Sterbehilfe
(„Sterben zulassen“)
z. B.: Eine lebensverlängernde
Therapie (wie eine
Beatmung) wird nach dem
Willen des Patienten (z. B.
festgelegt in einer Patientenverfügung)
nicht eingeleitet
oder beendet. Dies ist
legal.
Indirekte Sterbehilfe
(„Therapie am Lebensende“)
z. B.: Der Patient wird auf
eigenen Wunsch hin mit
starken Schmerzmitteln
behandelt (palliative Sedierung),
um nicht leiden zu
müssen. Ein vorzeitiger Tod
ist nicht Ziel der Behandlung,
wird aber als Nebenwirkung
in Kauf genommen.
Auch dies ist erlaubt.
Assistierter Suizid
(„Beihilfe zur Selbsttötung“)
z. B.: Ein Arzt verschreibt
einem Patienten ein tödlich
wirkendes Medikament,
das dieser dann selbst einnimmt.
Lange galt: Da Suizid
nicht strafbar ist, kann es
auch die Beihilfe dazu nicht
sein. 2015 wurde allerdings
die geschäftsmäßige (= wiederholte,
aber nicht zwingend
kommerzielle) Beihilfe
verboten – s. Infobox S. 49.
43
Dossier
„Im Himmel
hat man Flügel“
„Seelsorge braucht eine große Wahrhaftigkeit und
Ehrlichkeit, auch Leichtigkeit und Humor. Wenn
ein Kind fragt, wie das Sterben oder das Paradies
sind, dann weiß ich das auch nicht. Wir müssen uns
gemeinsam auf den Weg machen, damit das Kind seine
Antwort findet, die ihm in einer angstmachenden Frage
Linderung schafft. Und es zum Beispiel ganz begeistert
ist, dass es im Himmel kein Problem ist, nur ein Bein zu
haben – weil man da ja Flügel bekommt.“
SEELSORGER UWE SANNECK
umfassend wie möglich zu begleiten
– medizinisch, pflegerisch und
psychosozial, um ihr verbleibendes
Leben bestmöglich zu gestalten.
Wenn dies gelingt, „kann man dem
Sterben noch ganz viel Leben hinzufügen
und den Menschen noch
viel Gutes angedeihen lassen“, ist
Uwe Sanneck aus seiner Erfahrung
heraus überzeugt. Seit 30
Jahren ist der Hamburger
Seelsorger unter
anderem in der ambulanten
Hospizarbeit als
Sterbe- und Trauerbegleiter
für Familien da
und erlebt, was auch Palliativmediziner
immer wieder
aus ihrem Alltag berichten: Für
die meisten Menschen ist es für ein
gutes Lebensende essenziell, ohne
Ängste ihren eigenen Weg gehen
zu können. „Geboren werden und
sterben sind die individuellsten
Prozesse überhaupt. Die Lebensmelodie
eines Menschen hat immer
etwas damit zu tun, wie er sich von
der Welt verabschiedet“, so Uwe
Sanneck. Seelsorge übernimmt
dabei eine elementare Aufgabe:
„Es geht darum, dass die Seele zum
Schwingen kommt, dass es eine
Verbindung von Herz und Seele
gibt und daraus etwas Hilfreiches
44
für Abschiedsprozesse entstehen
kann“, beschreibt er. Dazu gehört
auch, Ängste zu nehmen: „Ich bin
da und höre hin, schenke Hinwendung,
Aufmerksamkeit und
Barmherzigkeit. Ich nehme auf,
was Kummer macht, und schaffe
dadurch Linderung. Wenn wir
uns mit unseren Ängsten auseinandersetzen,
finden sie einen
Raum in uns und werden
geringer. Wenn mir dann
noch Glücksmomente
geschenkt werden,
wenn man die Zeit, die
bleibt, so miteinander
verbringen kann, dass
man noch ganz viel voneinander
hat, dann ist Sterben
gut lebbar.“
Wissensdefizite führen
zum Tunnelblick
Immer wieder erwecken allerdings
Umfragen und öffentliche Debatten
den Eindruck, ein gutes Lebensende
könne ausschließlich durch
das Recht auf Sterbehilfe möglich
werden, dadurch, den konkreten
Todeszeitpunkt selbst in der Hand
zu haben. Diese Haltung resultiert
wohl auch daraus, dass viele Menschen
nur eine diffuse Vorstellung
davon haben, was eine umfassende
Palliativversorgung leisten kann.
Dossier
Schon ihre medizinischen Möglichkeiten
– etwa Schmerztherapie
oder Linderung von Übelkeit – werden
oft nicht als das wahrgenommen,
was sie sind: ein wirksamer
Schutz vor dem befürchteten unnötigen
Leiden. Und falls ein Patient
dies wünscht, kann palliative
ärztliche und pflegerische Begleitung
sehr wohl auch im und beim
Sterben helfen – mit allen legalen
Wegen der passiven und indirekten
Sterbehilfe: Eine Behandlung kann
unterlassen oder abgebrochen werden,
eine palliative Sedierung (ein
narkoseähnlicher, symptomfreier
Zustand, aus dem man in den Tod
gleiten kann) kann eingeleitet oder
ein Patienten beim Sterbefasten,
dem freiwilligen Nahrungsverzicht
am Lebensende, begleitet werden.
Berührungsängste verhindern
frühe Begleitung
Viele Menschen verbinden die Palliativversorgung
quasi reflexartig
ausschließlich mit den allerletzten
Atemzügen – und
schrecken deshalb vor
ihr zurück: „Die Menschen
haben Angst
vor uns, weil sie denken,
mit dem Palliativteam
holen sie sich den
‚Tod ins Haus’. Oft werden
wir deshalb nicht so früh eingebunden
wie es wünschenswert
wäre“, sagt Dr. Thomas Voelker.
Der Kinderonkologe und Kinderpalliativmediziner
des Klinikum
Kassels leitet seit fünf Jahren auch
das Spezialisierte Ambulante Palliativ-Versorgungsteam
(SAPV)
für Kinder des Vereins „Kleine
Riesen Nordhessen“. Fachärzte,
speziell ausgebildete Pflegekräfte
und eine Psychologin sowie eine
Sozialarbeiterin stehen hier rund
um die Uhr für schwerstkranke
Kinder, Jugendliche und junge
Erwachsene mit verkürzter
45
Dossier
So regeln andere
Länder die Sterbehilfe
In den Niederlanden, Belgien
und Luxemburg ist die
aktive Sterbehilfe erlaubt,
in Holland und Belgien
unter besonderen Auflagen
selbst für Minderjährige. In
Belgien beispielsweise sind
so seit 2014 drei unheilbar
kranke Kinder zwischen 9
und 17 Jahren auf eigenen
Wunsch, unter Zustimmung
der Eltern, nach medizinischem
und psychologischem
Gutachten aus dem Leben
geschieden. Die Regelung ist
nach wie vor umstritten.
Der assistierte Suizid wird in
mehreren US-Bundesstaaten
toleriert. In Europa gilt die
Schweiz als Hochburg dafür:
Mehrere Organisationen
bieten die Dienstleistung an,
Menschen mit Todeswunsch
tödliche Medikamente
bereitzustellen.
46
Lebenserwartung zur Verfügung.
Rund einhundert Patienten und
ihre Familien hat das Team in den
letzten fünf Jahren bereits begleitet.
Manche tatsächlich nur über
wenige letzte Lebenstage, andere
aber über Jahre. „Familien, die mit
uns Kontakt aufgenommen haben,
sind später dankbar, dass wir für
sie da waren und wünschten sich
manchmal, sie hätten uns früher
dazugeholt“, hat Dr. Voelker dabei
immer wieder erfahren.
Sicherheit im Leben
wie im Sterben
Denn das Team kann den Familien
bieten, was sie in dieser Zeit am
meisten brauchen: „Ein Höchstmaß
an Sicherheit und Lebensqualität“,
so der Arzt. „Wir können
nicht heilen, aber wir lindern das,
was passiert.“ Schmerzfreiheit für
die Kinder ist hier ein erheblicher
Faktor: „Es steckt ganz tief in den
Menschen drin, dass ihr Kind nicht
leiden soll. Dabei schätzen Eltern
die Schmerzen ihrer Kinder häufig
als schlimmer ein, als diese selbst
sie wahrnehmen.“
Auch die Pflege trägt wesentlich
zur Schmerzlinderung bei – und
dazu, die letzten Monate, Wochen
oder Tage schwerstkranker
Kinder gut zu gestalten:
Franka Bennewitz,
Pflegedienstleiterin
im stationären Kinderhospiz
Mitteldeutschland,
erlebt
das in ihrem Alltag
immer wieder. „Pflegefachkräfte
beobachten die erkrankten
Kinder sehr genau. So können
wir individuelle Bedürfnisse und
Symptome erkennen und entsprechend
handeln.“ Häufig greifen
Bennewitz und ihr Team dabei
auf vermeintlich kleine Dinge
zurück, die eine große Wirkung
haben: „Gerade für Kinder mit
einer deformierten Wirbelsäule
ist eine spezielle Lagerung wichtig:
Dazu verwenden wir große
Spezialkissen, die sich dem Körper
anpassen“, erläutert die Pflegefachkraft
mit Onkologie-Schwerpunkt.
„Bei Bauchbeschwerden
sind oft warme Auflagen hilfreich;
Bienenwachskompressen können
Kindern die Atmung erleichtern.
Und wenn ein Kind in der finalen
Phase Unruhe entwickelt, kann
eine Lavendelauflage es ruhiger
werden lassen.“ Gegen Ängste oder
Übelkeit werden spezielle Düfte in
der Raumluft zerstäubt. Zu einer
guten Palliativversorgung gehöre
unbedingt auch, auf die Bedürfnisse
der Eltern und Geschwister
der erkranken Kinder einzugehen,
sagt Bennewitz – sie nennt das
den „Rundum-Blick“: Mal sind es
intensive Gespräche, mal Bastelarbeiten
in der Trauerbegleitung,
mal ein Entspannungsangebot
wie die Klangschalentherapie.
Im Kinderhospiz Mitteldeutschland
arbeiten Pflegekräfte und
Ärzte Hand in Hand; gerade in der
Sterbephase ist das wichtig, wenn
ein erkranktes Kind hohe Morphingaben
oder eine palliative
Sedierung benötigt. Beides
komme durchaus vor,
sagt Franka Bennewitz
– und werde im Vorfeld
mit den Eltern immer
genau besprochen
und abgestimmt. Eine
aktive oder assistierte
Sterbehilfe seien bislang
nie Thema gewesen, sagt Bennewitz:
„Vielleicht spielt der eine
oder andere Elternteil diese Möglichkeiten
gedanklich durch. Aber
gewünscht oder gar eingefordert
hat das noch niemand. Vermutlich,
weil die anderen Arten der Hilfe
immer ausgereicht haben.“
Dossier
Unbeugsamer Lebenswille
Auch in den Familien, die Thomas
Voelker mit dem SAPV-Team
in Nordhessen begleitet, spielen
aktive und assistierte Sterbehilfe
keine Rolle, wenn es darum
geht, Leiden zu vermeiden: „Was
wir immer wieder erleben, ist der
Wille, bis zuletzt zu leben, bei den
Kindern wie bei den Eltern“, sagt
Voelker. „Ich habe es selten erlebt,
dass Kinder ihr Sterben thematisieren
oder gar jammern. Sie gehen
ihren Weg mit einer wahnsinnigen
Stärke und einer sehr beeindruckenden
Größe. Und Väter und
Mütter kämpfen wie Löwen um
ihr Kind. Ihre größte Angst ist, zu
früh aufgegeben, nicht alles Menschenmögliche
versucht zu haben.“
So fällt es vielen Eltern unendlich
schwer loszulassen, einem Ende
der Behandlungen zuzustimmen,
selbst wenn die Ärzte sagen: An dieser
Stelle können wir nichts mehr
tun. „Da ist es oft wichtig, dass wir
die Eltern von dieser Verantwortung
entlasten können“, betont Dr.
Voelker einen elementaren Aspekt
seiner Arbeit. „Wir nehmen die
Familien an die Hand, wir halten
mit ihnen aus, was passiert. Das
ist etwas sehr Wertvolles. Dieses
Sicherheitsversprechen lässt ganz
viele Ressourcen aufblühen.“
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Hinwenden, hinhören –
und Humor haben
Gerade für Familien mit
schwerstkranken Kindern ist
dafür die psychosoziale, die seelsorgerische
Begleitung auch der
Eltern und Geschwister wichtig.
„Ich habe schon oft erlebt, dass
Eltern aus ihren eigenen Unsicherheiten
und Ängsten heraus nicht
mit ihren Kindern über das Sterben
und den Tod reden wollten.
Die Kinder waren darüber richtig
sauer und Hilflosigkeit machte sich
breit“, sagt Uwe Sanneck. „Und
47
Dossier
48
Dossier
ich habe Familien erlebt, in denen
durch offenes Reden der Lebensmut
sehr präsent wurde und es für
alle ein kostbares Geschenk war,
gemeinsam durch den Rest des
Lebens zu wandern.“
Fokus auf Begleitung,
nicht Assistenz
2015 hat die Politik noch einmal
grundsätzlich und klar bekräftigt:
In Deutschland soll der Fokus
auf dieser umfassenden Fürsorge
liegen, um ein gutes Lebensende
möglich zu machen. Damals wurde
das „Gesetz zur Verbesserung der
Hospiz- und Palliativversorgung“
beschlossen. Es macht die medizinische,
pflegerische und seelsorgerische
Palliativversorgung
zur regulären Leistung der gesetzlichen
Krankenkassen und zielt
darauf, alle Formen der palliativen
Versorgung flächendeckend zu stärken:
Palliativstationen in Krankenhäusern,
stationäre und ambulante
Hospize, allgemeine Palliativversorgung
durch niedergelassene
Ärzte und SAPV-Teams wie das von
Dr. Voelker. Die privaten Krankenversicherer
übernehmen in der
Regel analog zu den gesetzlichen
Krankenkassen die Kosten für die
Versorgung durch SAPV-Teams und
im stationären Hospiz; Details werden
in den individuellen Tarifen
der Versicherten geregelt.
Praktisch zeitgleich – und das kann
man durchaus als bewusste politische
Willensbekundung interpretieren
– kam es zu einer Veränderung
im Strafgesetzbuch: Der Paragraf 217
des Strafgesetzbuches stellt seitdem
die geschäftsmäßig organisierte Beihilfe
zum Suizid unter Strafe. Diese
– wenngleich noch mit Unsicherheiten
behaftete – Regelung (s. Infobox
S. 49) ergänzt den Paragrafen 216, der
die aktive Sterbehilfe ausdrücklich
verbietet.
Angst vor Versorgungslücken
Doch auch wenn der Rahmen für
eine umfassende Palliativversorgung
grundsätzlich gegeben ist: In
der Praxis ist sie noch lange nicht
für jeden verfügbar. „Wir haben
derzeit etwa 30 SAPV-Teams speziell
für Kinder bundesweit. In
Hessen sind es – unser Team eingerechnet
– drei, damit decken
wir das Bundesland gut ab. Aber es
gibt auch noch Regionen mit weißen
Flecken in der Versorgung“,
bestätigt Dr. Thomas Voelker für
seinen Fachbereich. Zu wenige
(Kinder-)Palliativmediziner und
– dem Fachkräftemangel geschuldet
– viel zu wenige Fachkräfte in
Intensiv-Pflegediensten lassen vielerorts
noch keine zuverlässige Versorgung
zu, vor allem nicht ambulant.
Eltern bleiben deshalb mit der
Pflege ihres Kindes oft allein, sind
damit ebenso oft überfordert und
verzweifeln, weil ihr Kind so nicht
die professionelle Pflege bekommt,
die es braucht.
Solche Lücken in der Versorgung
machen vielen Menschen Angst,
am Lebensende doch unnötig leiden
zu müssen. Davon ist Sabine
Kraft, Geschäftsführerin des Bundesverbands
Kinderhospiz, überzeugt.
Diese Angst bringe sicherlich
so manchen dazu, darüber nachzudenken,
ob und unter welchen
Umständen die aktive Sterbehilfe
oder ein assistierter Suizid eben
doch eine Option seien. „Deshalb
müssen wir dafür sorgen, dass für
alle schwerstkranken Menschen –
alte wie junge – eine optimale ärztliche,
pflegerische und psychosoziale
Versorgung verfügbar ist und
dass jeder auch um die vielen Möglichkeiten
dieser Form von Sterbebegleitung
weiß. Erst dann wird
sich zeigen, wie real der Bedarf an
aktiver und assistierter Sterbehilfe
tatsächlich ist.“
Unsicherheit
beim assistierten Suizid
2015 verbot der neue § 217
im Strafgesetzbuch die
geschäftsmäßige Beihilfe
zum Suizid. Die Regelung
wurde jedoch seitdem als
unklar kritisiert: Wen konkret
betrifft das, fallen ggf.
auch Wege der passiven
Sterbehilfe unter den Paragrafen,
wann bleibt die
Beihilfe (vor allem durch
Mediziner) weiter straffrei?
Im April 2019 verhandelte
das Bundesverfassungsgericht
sechs Klagen von
Schwerstkranken, Palliativmedizinern
und Sterbehilfe-Vereinen,
die eine klare
Regelung zugunsten einer
straffreien assistierten Sterbehilfe
fordern. Die Richter
signalisierten, die Bedenken
der klagenden Ärzte zu
teilen. Das Urteil stand bei
Redaktionsschluss Ende
April 2019 noch nicht fest.
Umstritten ist auch das
Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes
aus 2017,
Todkranken in Notlagen
den Erwerb eines tödlichen
Medikaments für einen
schmerzfreien Suizid zu
ermöglichen. Auf Weisung
des Bundesgesundheitsministeriums
setzt das zuständige
Bundesinstitut für
Arzneimittel und Medizinprodukte
das Urteil bisher
nicht um. Die Bundesärztekammer
begrüßt das, Patientenklagen
dagegen laufen.
49
Dossier
Wünsche ernst nehmen
Dieser Bedarf wird wohl deutlich
kleiner sein, als man aus den
zuweilen hitzigen öffentlichen
Debatten der Vergangenheit ableiten
mag – aber er wird kaum ganz
verschwinden, sagt selbst Europas
bekanntester Palliativmediziner
Prof. Dr. Gian Domenico Borasio:
„Palliativmedizin kann und soll die
Zahl der Anfragen nach Suizidbeihilfe
reduzieren und verdient dabei
nachhaltige Unterstützung. Aus der
Welt schaffen kann sie diese Anfragen
jedoch nicht“, schreibt er in seinem
Buch „Selbstbestimmung im
Sterben“. Nicht jeder Mensch könne
ein Weiterleben erstrebenswert
finden, wenn er das Gefühl habe,
Würde, Lebenssinn und individuelle
Freiheit seien verloren gegangen
– und nicht jeder könne aus
seiner Persönlichkeit und Lebensgeschichte
heraus mit dem Verlust
von Selbstbestimmung umgehen.
Vielfältige Herausforderungen
Damit die Palliativversorgung als
funktionierendes, flächendeckend
verfügbares Sicherheitsnetz optimal
zum Tragen kommen kann, gilt
50
es – in einem Prozess gemeinsam mit
Krankenkassen und Politik – noch
viel zu klären. „Wie schafft man es,
für verhältnismäßig wenige Patienten
auf großer Fläche eine funktionierende
Struktur aufzubauen? Wie
können wir erreichen, dass Krankenkassen
und –versicherungen das Versorgungsanrecht
von schwerkranken
Langzeitpatienten anerkennen
und den Familien durch ablehnende
Bescheide nicht die Stütze ihres Systems
wegbricht? Welche Anreize
muss man schaffen, um unter Ärzten
und Pflegekräften ausreichend
Nachwuchs zu finden, der sich dieser
großen Aufgabe stellt? Da müssen
wir vieles reflektieren und uns
weiterentwickeln“, nennt Dr. Voelker
aus seiner Sicht entscheidende
Punkte. Trotzdem ist er zumindest
vorsichtig optimistisch: „Da ist viel
im Aufbruch. Es gründen sich zum
Beispiel viele neue SAPV-Teams. Ich
bin gespannt, wie die Situation in
zehn Jahren aussieht.“
Gut versorgt bis zum Schluss
Für Katja Heitzmann war es während
Lenas Krebserkrankung eine
enorme Erleichterung, dass die
gute Palliativversorgung ihr als
Mutter die größte Sorge und schwierigste
Gewissensfrage ersparte: „Ich
glaube, Lena hat nicht sehr gelitten
– auch wenn sie zum Schluss nur
im Schlaf unter Schmerzmitteln
schmerzfrei sein konnte“, sagt die
45-Jährige. „Ich bin heilfroh, dass
es nicht dazu kam, dass sie zu mir
gesagt hat: ‚Mama, ich will nicht
mehr. Helft mir sterben.‘ Ich kann
mir aber vorstellen, dass man schon
darüber nachdenkt, wenn man
nicht so gut versorgt ist wie wir.
Wer will schon sein Kind leiden
sehen?“
Autorin Kathrin Wittwer schreibt seit
rund 20 Jahren Texte quasi jeder Art;
immer wieder geht es dabei um Familien,
Eltern und Kinder. Alle Gespräche
bei der Recherche für dieses Dossier
empfand die Kommunikations- und
Medienwissenschaftlerin als große
Bereicherung und sie hätte gern noch
viel mehr erzählt – über die beeindruckenden
Familien, die engagierte Arbeit
des Arztes und des Seelsorgers, die
Anregungen des Ethikers: Ihnen allen
gebührt herzlicher Dank für ihre Zeit,
Offenheit und Geduld.
Dossier
Jeder Tag ein Kampf
Familie Binzen fühlt sich im Alltag mit
lebensbegrenzt erkrankten Kindern alleingelassen
Familie Binzen lebt in einem weißen
Fleck auf der Palliativversorgungskarte:
Es gibt keinen Arzt
in der Nähe. Schon gar keinen
Experten für Leukodystrophie, die
extrem seltene Stoffwechselkrankheit,
die gleich beide ihrer Töchter
traf und an der die jüngere Katharina
bereits gestorben ist. Zwölf
Pflegedienste im Umkreis können
keine Kapazitäten für die Bedürfnisse
der inzwischen 23-jährigen,
schwerkranken Alena erübrigen,
der Versuch einer stationären Kurzzeitpflege
endete im Stress, weil
man die Bedürfnisse der jungen
Frau nicht ernst genommen hatte.
Kuren mit lebensbegrenzt erkrankten
Kindern – Fehlanzeige. Die vier
erlaubten Wochen Hospiz im Jahr
reichen da als Entlastung schlicht
nicht aus. Trotzdem lehnt es die
Krankenkass ab, mit der die Mutter
gefühlt um jede Leistung kämpfen
muss, gesparte Pflegebudgets in
andere, hilfreiche Kanäle umzuschichten.
Selbst beim Arzt war es
nicht immer selbstverständlich,
Medikamente zu bekommen,
die Claudia Binzen – „ich bin zur
Löwenmama geworden“ – letztlich
auch selbst recherchiert und
dosiert, weil niemand da ist, der
ihr das abnehmen kann. „Wir versuchen
diese ganzen Katastrophen
mit viel Humor zu nehmen und
scherzen auch mit den Kindern.
Diese Einstellung hilft uns sehr,
auch wenn mein rheinischer Optimismus
inzwischen stark sarkastisch
geworden ist“, sagt Claudia
Binzen, nach nahezu 20 Jahren
Pflege kranker Kinder inzwischen
selbst gesundheitlich schwer
angeschlagen.
Die Familie redet über die Krankheit,
das Sterben, den Tod, Alenas
besondere Beerdigungswünsche
– offen, ohne Beschönigung.
Risikoreiche Behandlungen und
Reanimationsmaßnahmen hat
die Familie ausgeschlossen, auch
über Sterbehilfe gesprochen. „Ich
möchte auf gar keinen Fall, dass
mein Kind gequält wird. Solange
sie klar ist und zeigt, was
sie will, ist alles in Ordnung.
Wenn sie nur noch
daliegt, ruhiggestellt,
und ohne Perspektive
alles über sich ergehen
lassen müsste … So etwas
ertragen zu müssen,
wäre kein Leben mehr.
Das wäre ganz schlimm
zu sehen und ich würde
es auch für mich selber
nicht wollen, darin bin
ich ganz klar. Dann lieber
die palliative Sedierung
als Hilfe, dass sie
einschlafen darf.“
Das Gewissen
als Kompass
In zwei Fragen sind sich
deutsche Politiker parteiübergreifend
einig: Aktive
Sterbehilfe darf es bei uns
nicht geben, eine gute Hospiz-
und Palliativversorgung
ist wichtig. CDU/CSU und
Grüne haben dies explizit
im Wahlprogramm, andere
Parteien nennen hier allgemein
eine Verbesserung der
Pflegesituation. In der Frage
der assistierten Sterbehilfe
herrscht auch innerhalb
von Parteien Uneinigkeit,
Positionspapiere wurden
fraktionsübergreifend
erstellt. Bei Abstimmungen
in dieser Frage gilt nur
das eigene Gewissen, kein
Fraktionszwang. Auch die
Nicht- Umsetzung des Urteils
des Bundesverwaltungsgerichtes
spaltet.
51
Dossier
Gut leben –
und dann gehen lassen dürfen
Heike Heil musste das Recht auf passive
Sterbehilfe für ihren Sohn erstreiten
Die Grafiken, die diesen Text
bebildern, stammen von
Willi Raiber und sind dem
Kinderbuch „Was ist los mit
Ben?“ entnommen. Ben ist
so schwer krank, dass er
sterben wird. Wie schwierig
diese Situation ist und welche
Hilfe von außen es dabei
braucht – das alles wird aus
der Perspektive von Bens
Geschwisterkind erzählt und
durch Raibers Zeichnungen
illustriert. Das Buch kostet
8,90 Euro und kann unter
Tel. 07653/8 26 40 0 bestellt
werden.
52
„Mich bringt so schnell nichts
zur Strecke. Ich stehe zu der Einstellung,
jedem Tag die Chance zu
geben, der beste meines Lebens
zu werden“, sagt Heike Heil. Dass
Sohn Niclas unter Komplikationen
als Frühchen zur Welt kam und
bei ihm mit einem Jahr eine
geistige Behinderung, spastische
Lähmung, nahezu Blindheit
und ein epileptisches Feld
im Kopf diagnostiziert wurden,
war für sie kein Grund,
das Familienleben durch die
Krankheit bestimmen zu lassen
– auch nicht, als mit 16
Jahren die Epilepsie ausbrach.
„Die Anfälle waren heftig, aber
wir haben trotzdem phänomenal
gelebt. Niclas stand mit einer großen
Freude und offenem Herzen
im Leben. Wir hatten eine richtige
Symbiose, ich habe immer gespürt,
wie es ihm ging“, sagt die Mutter.
Mit 23 musste Niclas nach einem
schweren Anfall wiederbelebt werden,
das Hirn blieb vier Minuten
ohne Sauerstoff, er brauchte Hochfrequenzbeatmung
und Dialyse.
„Als ich im Krankenhaus ankam
und meinen Sohn sah, war mir
sofort klar, welchen Weg er eingeschlagen
hat“, sagt Heike Heil. „Ich
habe den Ärzten erklärt, dass er
diese Welt verlassen möchte. Alles
andere war aus meiner Sicht ein
unnötiges Hinauszögern und eine
sinnlose Qual. Aber meine Klarheit
hat den Ärzten Angst gemacht.“ In
der Folge wurde die Absprache, die
Behandlung einzustellen, infrage
gestellt; die Ärzte bestanden auf
einer klärenden MRT-Aufnahme
des Gehirns. Heike Heil ärgerte
sich: „23 Jahre lang wusste ich,
was gut für meinen Sohn war und
jetzt darf ich das nicht entscheiden?“
Um die passive Sterbehilfe
für ihren Sohn durchzusetzen, ging
sie sogar vor die Ethikkommission
der Klinik, sprach aus Herz und
Seele für ihre Überzeugung. Man
einigte sich trotzdem auf das MRT
– und ließ Niclas danach gehen: Zu
groß waren die Schädigungen seines
Hirns, die Mutter hatte recht
gehabt. „Aber ich habe dann auch
verstanden, dass die Ärzte ihre
Zweifel ausräumen mussten und
bin sehr dankbar, dass wir diesen
Weg so gegangen sind“, sagt sie im
Nachhinein.
Heike Heil hat über diese Erfahrungen
ihre Lebensberufung gefunden:
Als Krisen-, Sterbe- und Trauerbegleiterin
ist sie inzwischen selbst
Teil der palliativen Versorgung.
„Ich bin überzeugt, dass in jedem
Menschen eine Seele wohnt, und
diese hat ihre Aufgabe. Mit dem
ersten Atemzug ist eines unbestritten:
dass der Sand in der Uhr des
Lebens beginnt zu laufen. Der Tod
gehört zum Leben wie Weinen zum
Lachen.“
Gute Vorsorge ist wichtig für
ein selbstbestimmtes Lebensende
Dr. Arnd T. May ist Leiter von www.EthikZentrum.de, des
Zentrums für Angewandte Ethik in Erfurt, und Mitglied im
wissenschaftlichen Beirat des Bundesverbands Kinderhospiz.
Der Medizinethiker ist Experte für Selbstbestimmung
am Lebensende – und hat dazu ganz klare Ansichten:
Dossier
Patientenverfügung:
am besten mit
Expertenrat
Ausführliche Informationen
und Formulare rund um die
Patientenverfügung bietet
das Bundesjustizministerium
unter: www.bmjv.de
(unter „Themen“– „Vorsorge
und Patientenrechte“).
Experten der Stiftung
Patientenschutz beraten
Betroffene und Angehörige
am kostenfreien Patientenschutztelefon
unter den
Nummern 0231/73 80 730,
030/28 444 840 und
089/20 20 810.
www.stiftungpatientenschutz.de
Herr Dr. May, was ist Ihre persönliche
Antwort auf die Frage, was
Sie am Lebensende brauchen?
Mich beruhigt es maximal, wenn
ich im Vorfeld einen Menschen
gefunden habe, dem ich vertraue,
im Rahmen einer Vorsorgevollmacht
meinen Willen umzusetzen.
Diese Wünsche habe ich in
einer Patientenverfügung sehr
klar festgelegt, damit sie
keine Missverständnisse
aufwerfen. Einmal im
Jahr mache ich mit mir
selbst einen Termin,
diese Dokumente darauf
zu prüfen, ob sie
noch meinen Werten und
Einstellungen entsprechen.
Nach diesem Termin bin ich immer
sehr beruhigt. Das ist das, was ich
beeinflussen kann, wie ich mich
selbst gut vorbereiten kann. Der
andere Punkt ist, was andere für
mich tun können.
In Umfragen sprechen sich die
Menschen in Mehrheit sogar
für aktive Sterbehilfe aus. Wie
ist es da einzuordnen, dass die
Politik dies strikt ausschließt?
Nach meinem Verständnis entscheiden
das Menschen, die wir alle
gewählt haben. Wir haben uns als
Bürgerinnen und Bürger nach einer
gesellschaftlichen Debatte also
dafür entschieden. Das ist Demokratie.
Die Tötung auf Verlangen ist
bei uns aus gutem Grund verboten
und sollte es auch bleiben.
Ist es nicht verständlich, dass
Menschen nicht leiden wollen?
Das sind immer die Schlagworte:
Angst vor einer unmenschlichen
Behandlung, anonymes Sterben
im Heim. Aber da frage ich mich,
was den Menschen noch fehlt bei
allem, was es schon an Unterstützung
gibt? Man muss sich informieren,
vielleicht auch um Ansprüche
kämpfen, aber im Grunde ist
alles da. Wenn ich meine
Schmerzen, meinen
Leidenszustand nicht
mehr ertragen kann,
dann gibt es die probate
Möglichkeit der
palliativen Sedierung,
dann erlebe ich das nicht.
Der einzige Unterschied zu aktiver
oder assistierter Sterbehilfe ist,
dass ich keine Erfolgsgarantie für
einen bestimmten Todeszeitpunkt
bekomme.
Und wenn mir das nicht reicht?
Ich habe in Deutschland jede
Möglichkeit, mein Leben selbst
vorzeitig zu beenden, so ich denn
weiß, wie ich das mache. Suizid
ist straffrei. Ich habe aber keinen
Rechtsanspruch und keinen moralisch-ethischen
Anspruch darauf,
dass mich jemand in diesem
Wunsch unterstützt, qualitätsgesichert
zu einer bestimmten Zeit zu
sterben.
53
Kinderhospizarbeit
Loslassen
ohne
loszulassen
Familie Burdach hält fest zusammen. Mit ihrem lebensverkürzt erkrankten Sohn ins
Kinderhospiz gehen? Das kam für die Eltern lange Zeit nicht infrage. Auch, weil sie
nicht wussten, was das überhaupt bedeutet. Heute besuchen Nadine, Daniel, Erik
und Filip regelmäßig Kinderhospizeinrichtungen – und engagieren sich für diese.
TEXT: KATHARINA HOFMANN / DEUTSCHE FERNSEHLOTTERIE
BILDER: JAN EHLERS /DEUTSCHE FERNSEHLOTTERIE
„Wir dachten über ein Kinderhospiz
wie wohl die meisten Menschen:
Man assoziiert erst mal nur
das eine damit.“ Daniel Burdach
sitzt auf der Couch und schweigt
für einen Moment. „Doch damit“,
sagt er dann, „hat ein Kinderhospiz
nur sekundär zu tun.“ Sein jüngster
Sohn Filip gluckt kurz auf. „Stimmt
doch, oder?“, fragt Daniel Burdach
den 10-Jährigen lächelnd. Antworten
kann Filip nicht – das Sprechen
hat er nie gelernt. Filip hat MPS IIIa,
eine Form der seltenen genetischen
Stoffwechselerkrankung Mukopolysaccharidose.
„Ein bestimmter
Stoff im Körper kann nicht abgebaut
werden“, erklärt seine Mutter
Nadine Burdach. „Filip fehlt
das entsprechende Enzym. Das
Abbauprodukt setzt sich deshalb
im Gehirn ab und wird dort gespeichert.
Dadurch kommt es zunehmend
zu Defiziten.“
54 Spendenkonto Bundesverband Kinderhospiz e. V.: IBAN DE03 4625 0049 0000 0290 33 BIC: WELADED1OPE
Kinderhospizarbeit
Info:
Das Kinderhaus Pusteblume
der Johanniter-Unfall-Hilfe
e. V. soll Anfang 2020 in
Burg im Spreewald eröffnet
werden. Es verbindet ein stationäres
Kinder- und Jugendhospiz
und eine ambulant
betreute Wohngruppe zu
einem ganzheitlichen Konzept.
Mit dem Bau wird eine
Versorgungslücke geschlossen,
denn in Brandenburg ist
dies das einzige stationäre
Kinderhospiz. In der Kombination
mit der ambulant
betreuten Wohngruppe für
schwerkranke Kinder ist es
außerdem ein deutschlandweit
einzigartiges Konzept.
Die Deutsche Fernsehlotterie
unterstützt den Bau des
Kinderhauses Pusteblume
mit 300.000 Euro. Was Hilfe
vor Ort bewegen kann, zeigt
sie Ihnen im Online-Magazin
„Du bist ein Gewinn“. Dort
erhalten Sie spannende Einblicke
in soziale Projekte:
fernsehlotterie.de/magazin
Wer die Burdachs kennenlernt,
merkt schnell: Diese Familie hält
fest zusammen. Ihren Alltag meistern
die vier als Team – ohne große
Hilfe. Unter der Woche geht Filip,
wie sein Bruder auch, zur Schule.
Nadine Burdach geht in dieser
Zeit ihrem Job als Schulbegleitung
beim gemeinnützigen ambulanten
Dienst der Lebenshilfe nach, Daniel
ist Angestellter in einer Behörde.
Den Schritt, in ein Kinderhospiz
zu gehen, haben sie sich lange Zeit
nicht leicht gemacht. Erst als eine
Bekannte, deren Tochter ebenfalls
lebensverkürzt erkrankt war, den
Vorschlag machte, es zusammen
auszuprobieren, stimmten die
Burdachs zu. „Das hat es einfacher
gemacht“, sagt Nadine. „Das
erste Mal im Hospiz war trotzdem
komisch“, ergänzt ihr Mann. „Wir
konnten nicht loslassen.“ Doch die
Familie lernte schnell, dass es nicht
darum geht, das kranke Kind abzugeben
– sondern darum, die Pflege
zwar in andere Hände zu geben,
dafür die gewonnene Zeit aber
intensiver nutzen zu können. Mit,
aber auch mal ohne Filip. So bleibt
Zeit für Dinge, die in anderen Familien
alltäglich sind: „Kino, Fußball –
banale Sachen, die bei uns normalerweise
nicht so einfach gehen“,
sagt Daniel Burdach. Für Erik ist
der Besuch im Kinderhospiz wie
Urlaub. Inzwischen fährt die Familie
regelmäßig dorthin.
Heute ist Anja Schwinghoff vom
Regionalverband Südbrandenburg
der Johanniter-Unfall-Hilfe
zu Besuch bei Familie Burdach.
Die Fundraiserin hat ein Modell
des Kinderhauses Pusteblume mitgebracht,
das derzeit in Burg im
Spreewald entsteht. Als Daniel und
Nadine hörten, dass in ihrer Nähe
ein Kinderhospiz gebaut wird,
meldeten sie sich sofort bei dem
Projektverantwortlichen Roland
Hauke. Seitdem stehen sie im intensiven
Kontakt – und unterstützen
das Vorhaben durch die Organisation
von Benefiz-Aktionen.
Der größte Wunsch der Burdachs
ist natürlich: „Heilung.“ Doch die
gibt es für Filip nicht. „Er baut
bereits ab“, sagt seine Mutter. „In
der Forschung gab es Versuche, das
fehlende Enzym durch ein Enzymersatzpräparat
zu ersetzen. Es dauert
aber lange, bis es so weit ist
und die Therapie zugelassen wird.“
Auch, wenn ein solches Medikament
für Filip zu spät kommen
wird – Familie Burdach kämpft
weiter, für andere Patienten und
ihre Angehörigen. Sie engagieren
sich im bundesweiten Verein MPS
e. V., Daniel Burdach sogar als Patientenvertreter
im G-BA (Gemeinsamer
Bundesausschuss). Doch bei
allem Einsatz – ob Benefiz-Aktionen
oder im Verein – geht eines für
sie immer vor: die Familie.
Spendenkonto Bundesverband Kinderhospiz e. V.: IBAN DE03 4625 0049 0000 0290 33 BIC: WELADED1OPE 55
Kinderhospizarbeit
nachgefragt
bei …
Kinderhospizdienst
für Stadt und Landkreis Karlsruhe
www.kinderhospiz-karlsruhe.de
… Christine Ettwein-Friehs, Leiterin des ambulanten
Kinderhospizdiensts Stadt und Landkreis Karlsruhe
Kinderhospizdienst
Karlsruhe und Landkreis
Kaiserstraße 172
76133 Karlsruhe
Tel.: 0721/831 849 31
www.kinderhospizdienstkarlsruhe.de
Hauptamtliche Vollzeitstellen
für Koordination, Vernetzung,
Verwaltung: 3
Ehrenamtliche Familienbegleiter:
38 Frauen, 10 Männer
Laufende Familienbegleitungen
derzeit: 30
Begleitungen laufen seit: 2006
Gründungsjahr: 2005
Welche Angebote haben
Sie für Familien mit unheilbar
krankem Kind?
Wir begleiten Familien mit lebensverkürzend
erkranktem Kind und
wir bieten Trauerbegleitung für
Eltern, Geschwister und neu auch
für die ganze Familie an. Also für
alle Generationen, auch für Großeltern,
die das möchten. Zum festen
Repertoire gehören ein Familientag
auf dem Reiterhof, ein Märchennachmittag
im Advent und Trommelworkshops
für Geschwister.
Oft organisieren auch Spender mit
ihren eigenen Ressourcen Veranstaltungen
für unsere Familien.
Und wie finanziert
sich Ihre Arbeit?
Wir werden durch die Krankenkassen
gefördert und können
damit etwa ein Drittel der Kosten
finanzieren. Zwei Drittel der Arbeit
ist spendenfinanziert
Wie sind die Familien denn
in Ihrer Region versorgt?
Wir begleiten Familien in der
Stadt und dem Landkreis
Karlsruhe; das ist die übliche
Größe eines Kinderhospizdiensts
hier in
Baden-Württemberg.
Wir haben eine Kinderklinik
vor Ort und ein
relativ dichtes Netz an
Kinderärzten. In Heidelberg
und in Freiburg gibt es je ein Spezialisiertes
Ambulantes Palliativteam
für Kinder, das auch unsere
Familien betreut. Das funktioniert
recht gut. Außerdem gibt es
am Klinikum Karlsruhe ein Sozialpädiatrisches
Zentrum – das ist
natürlich eine große Unterstützung.
Wir sind mit all diesen Stellen
gut vernetzt. Uns geht es in
der Großstadt also relativ gut. Mit
den Pflegediensten allerdings ist
es grenzwertig: Schwerstkranke
Kinder können gerade so versorgt
werden. Falls es mal Unstimmigkeiten
gibt, haben die Eltern keine
große Auswahl und können den
Pflegedienst nicht einfach wechseln.
Sie müssen die Zähne zusammenbeißen
und Kompromisse
machen.
Was war denn ein Höhepunkt
in der Arbeit des Karls ruher
Kinderhospizdiensts?
Der Tag der Kinderhospizarbeit
2019! Da führte ein Puppentheater
das Stück „Oskar und die
Dame in Rosa“ auf. Das Theater
war voll. Auch viele betroffene
Kinder kamen und konnten sich
auf die Geschichte einlassen. Das
war sehr berührend. Unser zehnjähriges
Jubiläum war auch sehr
schön. Es hat uns gezeigt: Wir
sind fest etabliert. Und der
Kinder-Lebens-Lauf war
natürlich ein großes
Highlight. Ja, wenn ich
anfange darüber nachzudenken...
Eigentlich
reiht sich Highlight an
Highlight. (Sie überlegt kurz)
Und darin zeigt sich doch das Charakteristische
der Kinderhospizarbeit:
Es geht nicht nur um Trauer
und Leid, sondern es steckt auch
viel Leben drin.
56 Spendenkonto Bundesverband Kinderhospiz e. V.: IBAN DE03 4625 0049 0000 0290 33 BIC: WELADED1OPE
nachgefragt
bei …
Kinderhospizarbeit
… Uwe Arendt, Leiter der Muschel
Welche Angebote macht
die Muschel – und für wen?
Unsere Hauptzielgruppe sind Familien
mit lebensverkürzend und
lebensbedrohlich erkrankten Kindern,
die von unseren ehrenamtlichen
Mitarbeitern zu Hause begleitet
werden. Zusätzlich begleiten
wir aber auch Kinder, deren Vater
oder Mutter palliativ erkrankt sind.
Wir haben in Bad Segeberg und in
Lübeck Trauergruppen für Kinder
und Jugendliche. Wir bieten Familien-Nachmittage
an, wir organisieren
Freizeiten, Tagesausflüge
und Workshops für Kinder. Parallel
dazu finden oft Eltern-Cafés statt,
in denen sich die Eltern austauschen
und gegenseitig stärken.
Wie wird Ihre Arbeit
denn finanziert?
Zu etwa 80 Prozent aus Spenden.
20 Prozent bekommen wir von
den Krankenkassen als
Zuschuss. Davon können
wir 1,5 Vollzeitstellen
abdecken. Alles andere
müssen wir selbst finanzieren
– etwa die Arbeit
unserer Musik- und Kunsttherapeuten,
die Workshops für
Kinder oder Sachspenden für Familien
in großer finanzieller Not.
Wie sind die Familien bei Ihnen
im Norden denn versorgt?
Wir kümmern uns um Familien in
den Kreisen Segeberg, Stormarn,
Lauenburg und in Lübeck. Durch
die Vernetzung mit dem Palliativnetz
Travebogen Lübeck und durch
die Unikliniken Lübeck und Kiel
und das Kinderkrankenhaus Neumünster
ist die palliativmedizinische
Versorgung hier sehr gut. Wir
merken aber, dass der Pflegenotstand
sich auch bei uns ausbreitet:
In vielen Familien werden Kinder
nicht termingemäß versorgt und
haben ständig wechselnde Pflegekräfte.
In Einzelfällen müssen Kinder
sogar irgendwo stationär aufgenommen
werden, weil die Pflege zu
Hause nicht gewährleistet werden
kann.
Was an der Muschel macht
Sie zufrieden, vielleicht
auch ein bisschen stolz?
Sehr zufrieden sind wir damit, dass
wir in der Öffentlichkeit inzwischen
gut bekannt sind. So erreichen wir
nicht nur Spender, sondern
vor allem die betroffenen
Familien sehr gut. Stolz
sind wir auf unsere
neue Online-Beratung
für Jugendliche und
junge Erwachsene: Acht
Ehrenamtliche zwischen
18 und 25 mailen mit den Ratsuchenden.
Und stolz bin ich auch auf
unser tolles Team, welches bereits
seit zwölf Jahren zusammenarbeitet.
Auch unsere ehrenamtlichen
Mitarbeiter engagieren sich überdurchschnittlich
lange und sind
immer bereit, die Familien zu unterstützen,
wo es nur geht.
Ambulanter Kinder- und Jugendhospizdienst
Ambulanter Kinder- und Jugendhospizdienst
„Die Muschel“
in Bad Segeberg und Lübeck
Klosterkamp 19
23795 Bad Segeberg
Rigastraße 9
23560 Lübeck
Tel.: 04551/802 3030
www.die-muschel-ev.de
Hauptamtliche Vollzeitstellen
für Koordination, Vernetzung,
Verwaltung: 4
Ehrenamtliche Familienbegleiter:
58 Frauen, 5 Männer
Laufende Familienbegleitungen
derzeit: 27
Begleitungen laufen seit: 2006
Förderverein gegründet: 2004
Spendenkonto Bundesverband Kinderhospiz e. V.: IBAN DE03 4625 0049 0000 0290 33 BIC: WELADED1OPE 57
Kinderhospizarbeit
Erholen, entspannen
und neue Energie schöpfen
Das neue Kinderhospiz Stuttgart unterstützt
Familien individuell – auch mit Musik und Hunden
Ein kleines Mädchen im Rollstuhl
hält eine Glocke in der Hand und
bewegt sie hin und her. Ganz langsam
nur, die Bewegung fällt ihr
sichtlich schwer. Der Glockenklang
erfüllt den Musiktherapie-Raum im
Kinder- und Jugendhospiz Stuttgart.
Jetzt lächelt das Mädchen. „Manche
schwerstkranken Kinder treten
über Musik in einen Dialog ein und
verleihen ihrer Freude oder ihrer
Trauer Ausdruck“, sagt Musiktherapeutin
Ann-Christin Waldbauer.
„Durch Trommelschläge oder eben
das Läuten einer Glocke verschaffen
sie sich Gehör. Freude oder Wut
lassen sie beispielsweise mit Hilfe
von schnellem oder lautem Klavierspielen
heraussprudeln.“
Musik als therapeutisches Ausdrucksmittel
– Szenen wie diese
gibt es seit Dezember 2017 bei uns
immer wieder. Damals wurde das
stationäre Kinder- und Jugendhospiz
Stuttgart, die erste Einrichtung
dieser Art in Baden-Württemberg,
eröffnet – und schnell war klar:
Das wurde höchste Zeit, denn der
Bedarf bei Familien mit einem
lebensverkürzend erkrankten Kind
war und ist groß.
Diese Familien haben hier die Möglichkeit,
sich zu erholen, auszuruhen,
mit anderen in Kontakt zu
kommen und Kraft zu schöpfen,
um auch weiterhin in ihrem Alltag
bestehen zu können. Gerade in den
Ferien ist die Nachfrage sehr hoch,
doch auch ansonsten waren wir
bereits im ersten Jahr gut besucht.
Viele Gäste sind schwerst mehrfach
behindert, oft wegen einer
genetischen Erkrankung oder eines
Unfalls. Unser ältester Gast war mit
27 Jahren schon ein junger Erwachsener,
die kleinsten sind Neugeborene,
die beispielsweise an Trisomie
18 erkrankt sind.
Gleichzeitig können acht erkrankte
Kinder, Jugendliche und junge
Erwachsene bei uns sein. Ob ihre
Familien, also Eltern, Geschwister
oder auch Großeltern, mitkommen
oder die Kinder alleine hier
58 Spendenkonto Bundesverband Kinderhospiz e. V.: IBAN DE03 4625 0049 0000 0290 33 BIC: WELADED1OPE
Kinderhospizarbeit
Die Autorin
Sabrina Gänsbauer
arbeitet seit der Eröffnung
für das Kinder- und Jugendhospiz
Stuttgart und ist dort
zuständig für die psychosoziale
Begleitung der Familien. Sie
ist Diplom-Pädagogin, Leiterin
für therapeutischen Tanz und
Trauerbegleiterin und hat zuvor
als psychosoziale Mitarbeiterin
auf einer Kinderkrebsstation
gearbeitet.
sind, darf jede Familie für sich
entscheiden. Meist sind die Aufenthalte
eher kurz – zwischen ein
und zwei Wochen. So haben wir
einige Familien bereits mehr als
einmal zu Gast gehabt. Doch auch
längere Aufenthalte sind möglich
und werden immer wieder in
Anspruch genommen. So haben wir
zwischenzeitlich auch zwei Kinder
und eine Jugendliche auf ihrem
letzten Weg bis zum Tod begleitet.
Pflegerisch werden die Kinder von
unseren 35 Pflegekräften rund um
die Uhr versorgt. Fünf Mitarbeiterinnen
begleiten die Kinder und
ihre Familien pädagogisch und
psychosozial. Das Wohlbefinden
und die Bedürfnisse jedes einzelnen
Familienmitglieds stehen
dabei im Vordergrund und wir versuchen
alle Wünsche zu erfüllen.
Unterstützt werden wir dabei von
unseren ehrenamtlichen Mitarbeitern
sowie der Musiktherapeutin
Ann-Christin Waldbauer, einer
Kunstpädagogin, einer Physiotherapeutin,
dem Clownduo Twister
Twins – und von den Hunden Amy,
Mephisto, Emma, Watson und Luna
von den „BRH Rettungs- und Therapiehunden
Fildern und Umgebung
e. V.“. Sie kommen mit ihren Frauchen
jede Woche einmal zu Besuch
– immer freitags. „Darauf freuen
sich viele Kinder schon Tage vorher“,
sagt Hospizleiterin Michaela
Müller. Streicheln, Leckerli geben,
spielen oder kuscheln – all das
ist mit den Hunden möglich, je
nachdem, was die Kinder können
und wollen. „Und wir beobachten
immer wieder, dass der Kontakt mit
den Tieren vielen Kindern sichtlich
guttut: Sie lächeln und sie entspannen
sich. In diesen Momenten findet
eine intensive Kommunikation
statt – ganz ohne Worte.“
Für das leibliche Wohl und die
familiäre und heimelige Atmosphäre
sorgen die vier Mitarbeiterinnen
unseres Hauswirtschaftsteams:
Sie verwöhnen die Familien
und das Personal unter anderem
täglich mit frisch gebackenem
Kuchen. Zusätzlich zu den regelmäßigen
Angeboten wie dem Schwimmen
im hauseigenen Schwimmbad
und den Elterngesprächsgruppen
organisieren wir auch Ausflüge für
die Familien: So waren wir zum
Beispiel schon oft in der Wilhelma,
dem Stuttgarter Zoo und auf dem
Fernsehturm. Und auch das kulturelle
Angebot der Stadt können
unsere Familien genießen.
In unserem Hospiz gibt es viel Raum
und Zeit für Entspannung, Erholung
und Spaß – aber natürlich auch fürs
Traurigsein. Und zwar nicht nur
während des Aufenthalts und so
lange die betroffenen Kinder leben,
sondern über den Tod hinaus – in
Form von Gesprächen, Begegnungen
und Gruppenangeboten. Wir verstehen
uns als Teil des Netzwerks der
Familien und möchten sie auf ihrem
individuellen Weg begleiten.
www.kinderhospiz-stuttgart.de
Spendenkonto Bundesverband Kinderhospiz e. V.: IBAN DE03 4625 0049 0000 0290 33 BIC: WELADED1OPE 59
Kinderhospizarbeit
nachgefragt
bei …
… Katy Lorenschat, Koordinatorin
des Ambulanten Kinderhospizdiensts Leuchtturm
Kinder- und Jugendhospizdienst
Leuchtturm
Poggenweg 29
17489 Greifswald
www.kinderhospizleuchtturm.eu
Hauptamtliche Vollzeitstellen
für Koordination, Vernetzung,
Verwaltung: 1
Ehrenamtliche Familienbegleiter:
30 Frauen, 3 Männer
Laufende Familienbegleitungen
derzeit: 19
Familien werden betreut seit: 2013
Förderverein gegründet: 2010
Welche Angebote
macht Leuchtturm?
Die Begleitung von Familien mit
einem lebensverkürzend erkranktem
Kind – das steht bei uns an
erster Stelle, auch über den Tod
des Kindes hinaus. Außerdem
begleiten wir Jungen und Mädchen,
die um ein Elternteil trauern.
Immer wieder organisieren
wir auch Ausflüge für die Kinder:
Boxen waren wir zum Beispiel
schon. Und wir bauen gerade eine
regelmäßige Kindertrauergruppe
und ein Eltern café auf.
Und wie finanziert sich das alles?
Zum großen Teil über Spenden
– und über den Krankenkassenzuschuss,
aber der
finanziert gerade mal
ein bisschen mehr als
meine Stelle. Die Spenden
machen schätzungsweise
80 Prozent aus.
In welcher Region betreuen
Sie denn Familien – und wie ist
deren Versorgungssituation?
Wir sind praktisch für das gesamte
östliche Mecklenburg-Vorpommern
zuständig. Ganz Mecklenburg-Vorpommern
hat gerade mal zwei
Kinderhospizdienste. Das ist sehr
wenig. Seit 2014 gibt es in Rostock
ein spezialisiertes ambulantes Palliativteam
(SAPV) für Kinder, aber
dieses eine Team ist für das ganze
Bundesland zuständig. Ein Team
für ein ganzes Bundesland! Oft
übernehmen aus der Not heraus
dann SAPV-Teams für Erwachsene
die Versorgung unserer Kinder.
Und es gibt hier keinen einzigen
Pflegedienst speziell für Kinder. Es
gibt nur Dienste für Erwachsene,
die unsere Kinder mitbetreuen –
das aber nicht zufriedenstellend.
Sie können das, was ein Kinderkrankenpflegedienst
leisten würde,
einfach nicht leisten. Wir haben es
wirklich nicht einfach hier oben.
An welche Leuchtturm-
Aktion erinnern Sie sich
denn besonders gern?
An unsere Familienauszeit 2018
auf Usedom! Unsere Familien – oft
alleinerziehende Mütter, die sich
keinerlei Urlaub leisten können –
wünschten sich dringend Erholung.
So haben wir dort
gemeinsam eine Woche
in einem Hotel verbracht.
Sauna, Schwimmen,
Busrundfahrt,
Kinderdisco – alles war
dabei. 17 Familien kamen
mit, sogar Pflegekräfte, die die
Kinder versorgt haben. Möglich
wurde das durch eine Spendenaktion
unserer Regionalzeitung. Es
war durchaus ein Wagnis, Familien
mit schwerstkrankem Kind mitzunehmen
und zugleich Familien, die
um ihr bereits verstorbenes Kind
trauern. Aber es hat ganz wunderbar
geklappt. Es sind so schöne
Freundschaften entstanden. Usedom
war wirklich eine tolle Erfahrung.
Immer wieder fragen uns die
Kinder: Wann machen wir das wieder?
Bis heute grinse ich vor mich
hin, wenn ich nur daran denke.
60 Spendenkonto Bundesverband Kinderhospiz e. V.: IBAN DE03 4625 0049 0000 0290 33 BIC: WELADED1OPE
nachgefragt
bei …
Kinderhospizarbeit
… Koordinatorin Christiane Kunz und Stefan Zöller,
Vorsitzender des Fördervereins
Welche Angebote macht das Sternenzelt
betroffenen Familien?
Wir bieten Beratung an und unsere
ehrenamtlichen Mitarbeiter begleiten
die Familien auf Wunsch für
einige Stunden pro Woche. Es
gibt viermal im Jahr ein Mütterfrühstück
und einmal jährlich ein
Familientreffen, bei dem wir zum
Beispiel gemeinsam einen Tierpark
besucht haben. Außerdem organisieren
wir Treffen für Geschwisterkinder
in den Schulferien. Da können
wir uns viel Zeit nehmen, das
kommt gut an. Und dann gibt es
noch den Oasentag für trauernde
Eltern und Großeltern. Er ist offen
für alle – auch für Familien, die
wir vor dem Tod ihres Kindes noch
nicht begleitet haben.
Wie finanziert
sich Ihr Kinderhospizdienst
denn?
Zum größten Teil aus
Spenden – zu schätzungsweise
75 Prozent.
Der Zuschuss der Krankenkassen
deckt aber gerade mal
etwas mehr als die Kosten unserer
Koordinatorenstelle.
Wie ist die Versorgungssituation
in Ihrer Gegend?
Wir kümmern uns um
Familien in Marktheidenfeld
und einer Region
von 40 bis 50 Kilometer
um Marktheidenfeld
herum. Familien am Rand
unseres Einzugsgebiets weisen
wir auf benachbarte Kinderhospizdienste
hin; sie entscheiden dann,
von welchem sie begleitet werden
möchten. Seit Ende 2017 gibt es in
Würzburg ein Spezialisiertes Ambulantes
Palliativteam für Kinder
und Jugendliche, mit dem wir eng
zusammenarbeiten. Für viele Familien
ist das Team eine große Hilfe.
Die Versorgung der Kinder durch
ambulante Pflegedienste aber ist
nicht ganz optimal: Manche Familien
haben Anspruch auf mehr Stunden
Pflege, als die Dienste anbieten
können. Da schlägt der Fachkräftemangel
durch.
Mit Blick auf Ihre Arbeit:
Was waren prägende Erlebnisse,
was macht Sie zufrieden?
Wir waren kaum fertig mit unserer
ersten Schulung, da kam direkt
die erste Anfrage: Eine Familie
brauchte unsere Begleitung.
Die Erfahrung, wie groß
der Unterstützungsbedarf
ist – die steckt bis
heute in uns und treibt
uns bis heute an. Unsere
regelmäßigen Angebote
– wie Geschwistergruppe,
Mütterfrühstück, Familientreffen
und Oasentag – sind für
uns tolle Erfolge. Auch dass wir
ab Herbst 2019 unsere Ehrenamtlichen
selbst ausbilden, ist ein
gutes Gefühl. Und nicht
zuletzt werden wir mit
unserem Förderverein
den Betrieb eines zweiten
stationären Kinderhospizes
in Bayern
unterstützen – ein Meilenstein,
auf den wir seit jeher
hinarbeiten und dessen Verwirklichung
unseren Familien zugute
kommen wird.
Ambulantes Kinderhospiz
Sternenzelt in Marktheidenfeld
Bahnhofstraße 18
97828 Marktheidenfeld
Tel.: 09391/90 88 40-8
www.kinderhospiz-sternenzelt.de
Hauptamtliche Vollzeitstellen
für Koordination, Vernetzung,
Verwaltung: 2
Ehrenamtliche Familienbegleiter:
18 Frauen, 2 Männer
Laufende Familienbegleitungen
derzeit: 11
Begleitungen laufen seit: 2011
Förderverein gegründet: 2008
Spendenkonto Bundesverband Kinderhospiz e. V.: IBAN DE03 4625 0049 0000 0290 33 BIC: WELADED1OPE 61
Kinderhospizarbeit
Erfahrene
Visionäre
In Bamberg entsteht ein
neues Kinderhospizzentrum
„Herausforderung“ ist das Wort, das Konrad Göller am
meisten gebraucht, wenn man mit ihm über das neue
stationäre Kinderhospiz spricht, das in Bamberg entstehen
soll. Der Vorsitzende des Hospizvereins Bamberg ist
im Planungsteam für das „Leuchtturmprojekt in Nordbayern“:
Zwölf stationäre und vier teilstationäre Plätze
für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene soll es in
dem neuen Haus geben. Für jüngere Gäste soll ein eigener
Bereich geschaffen werden genauso wie für junge
Erwachsene, die sich – und das ist etwas Besonderes! –
in WG-ähnlichen Bereichen ausprobieren dürfen. Göller
rechnet für 2020/2021 mit dem Bau, eine Einweihung
hält er Anfang 2022 für realistisch.
Für das Kinderhospiz kann das Planungsteam in
Bamberg an etablierte Strukturen anknüpfen:
Das neue Haus wird an das bereits bestehende
Hospiz- und Palliativzentrum für
Erwachsene einschließlich einer Hospizakademie
mit 20 Gästezimmern angegliedert.
Dessen Träger – Hospizverein, Stadt
und Landkreis Bamberg – arbeiten bereits seit
20 Jahren zusammen. „Unsere gemeinsame jahrelange
Erfahrung kommt uns bei dem neuen Projekt
zugute“, sagt Konrad Göller – die drei bewährten Partner
haben sich auch als Träger des Kinderhospizes zur
Das Hospiz- und Palliativzentrum
für Erwachsene gibt es schon
seit vielen Jahren in Bamberg.
Das neue Hospiz für Kinder und
Jugendliche soll in dessen unmittelbarer
Nähe entstehen – da
nämlich, wo der Pfeil hinzeigt.
„Franken Hospiz Bamberg gGmbH“
zusammengeschlossen. Ursprünglich
hatte der ambulante Kinderhospizdienst
„Sternenzelt“ in Marktheidenfeld
die Umsetzung einer
stationären Einrichtung für Kinder,
Jugendliche und junge Erwachsene
in Nordbayern vorangetrieben.
„Dort lagen schon Bedarfsanalysen
und alle Einschätzungen vor“,
berichtet Göller, „und dann ist es am
geplanten Grundstück gescheitert.“
Die Staatsregierung in Bayern aber
wollte dem Bedarf in der Region
nachkommen und trat deshalb
an die Bamberger Hospizexperten
heran, die damals gerade über ein Mehrgenerationenhaus
nachdachten. „Die Staatsregierung hat uns 8 bis
9 Millionen Euro im Haushalt zur Verfügung gestellt“,
berichtet Göller. „Das ist ein sehr großes Geschenk!“.
Räumlich wird das geplante Gebäude direkt neben
dem bereits bestehenden Hospizzentrum gebaut, dem
– nach seiner Gründerin benannten – „Christine Denzler-Labisch
Haus“. Der Hubschrauberlandeplatz der Klinik
wird auf deren Dach verlegt, dann kann das neue
Gebäude in einem Grüngürtel in die ruhige Umgebung
am Waldrand eingepasst werden.
Die Bamberger beziehen nun alle mit ein, die in Nordbayern
mit Kinderhospizarbeit zu tun haben:
etwa die zahlreichen ambulanten Kinderhospizdienste,
allen voran die ursprünglichen
Ideenentwickler aus Marktheidenfeld.
„Wir gehen das mit Demut und Bescheidenheit
an“, so Göller. Ihn begeistern vor
allem die visionären Möglichkeiten des
Projekts. „Mir ist wichtig, dass wir hochbelasteten
Familien Lebensräume schaffen, deren
Erfahrung auch in das normale Leben hineinwirkt“, so
Göller. „Unser Ziel wird es sein, kontinuierliche Entlastungen
zu erreichen.“
AB
62 Spendenkonto Bundesverband Kinderhospiz e. V.: IBAN DE03 4625 0049 0000 0290 33 BIC: WELADED1OPE
Kinderhospizarbeit
Gemeinsam Wege finden
BVKH bereitet Erzieher und Lehrer mit einer
neuen Schulung auf den Fall vor, dass ein Kind stirbt
Das Telefon beim Bundesverband Kinderhospiz
klingelt, am Apparat ist die verzweifelte Leiterin
einer Kindertagesstätte: Ein Zweijähriger, der ihre
Kita besucht, ist plötzlich gestorben, die vierjährige
Schwester hat den kleinen Bruder morgens tot im
Bett gefunden.
Die Familie ist notfallpsychologisch versorgt. Die
Kindertagesstätte ist in „Schockstarre“. „Wo ist Tim?“,
wollen die Kinder wissen (alle Namen geändert). „Was
ist mit Anna los?“ Unter den Mitarbeitern machen
sich Sprachlosigkeit und Ohnmacht breit: Wie sollen
wir auf die Fragen der Kinder und Eltern reagieren?
Jedes Kind ist eingebettet in ein soziales Gefüge.
Stirbt ein Kind, gerät dieses soziale System aus der
Balance. Eltern und Geschwister sind am unmittelbarsten
betroffen, aber der Tod eines Kindes trifft alle
Menschen, die mit ihm Kontakt hatten: weitere Angehörige,
Freunde aus Kita oder Schule, Freunde
und Nachbarn – aber eben auch Erzieher
und Lehrer.
Deshalb bietet der Bundesverband Kinderhospiz
(BVKH) nun eine Schulung zum
Thema „Kinder und Sterben“ speziell für
pädagogische Fachkräfte an: „Wir spielen
dabei gedanklich Situationen durch, in denen
Kinder mit Sterben und Tod konfrontiert werden
könnten und überlegen, wie die Einrichtung damit
umgehen kann“, erläutert Marion Werner, beim BVKH
zuständig für Fortbildungen. „Die Erzieher und Lehrer
sind so besser vorbereitet – auch falls tatsächlich
ein Kind verstirbt.“ Außerdem informiert die Fortbildung
über die Kinderhospizarbeit, Trauerbegleitung
und Unterstützungsangebote für Betroffene.
Regelmäßig verweist Marion Werner dabei auf das
Sorgen- und Infotelefon OSKAR des BVKH: Unter
0800 /88 88 47 11 sind speziell geschulte Telefonberater
rund um die Uhr erreichbar, anonym und aus
dem Festnetz kostenlos. Anrufen kann jeder, der in
irgendeiner Weise mit dem Tabu-Thema „Kind und
Sterben“ konfrontiert ist und Unterstützung braucht
– also ausdrücklich auch das weitere soziale Umfeld
eines verstorbenen Kindes.
In Tims Kindertagesstätte organisierte der
Bundesverband Kinderhospiz kurzfristig
eine Krisenintervention: Ein Mitarbeiter
sprach mit den Erzieherinnen und Erziehern
über ihre Trauer und Ohnmacht, das
Nicht-Weiterwissen und die Unsicherheit,
wie sie mit den anderen Kindern und Eltern
über Tims Tod sprechen können, dürfen und sollen.
Dabei entwickelte das Team erste Handlungsansätze
und spürte: Wir finden gemeinsam einen Weg, mit
dieser Situation umzugehen.
PT
Neben der Schulung für pädagogische Fachkräfte bietet
der BKVH beispielsweise eine Weiterbildung „Pädiatrische
Palliative Care“ und hausinterne Qualifizierungen für
Ehrenamtliche an. Er organisiert außerdem die Veranstaltung
„Aus der Trauer wächst die Kraft“ für Fachkräfte und
Betroffene sowie zahlreiche Workshops für seine Mitglieder
zu fach spezifischen Themen. Informationen zum Fortbildungs
angebot gibt es in der BVKH-Geschäftsstelle unter
Tel. 0 76 53/82 64 00
Spendenkonto Bundesverband Kinderhospiz e. V.: IBAN DE03 4625 0049 0000 0290 33 BIC: WELADED1OPE 63
Kinderhospizarbeit
„Es muss
besser werden!“
Bundesverband Kinderhospiz veröffentlicht
politisches Hintergrundpapier zu drängenden
Problemen in der Kinderhospizarbeit TEXT: ANJA BIEBER
Zugegeben, bequem ist es nicht.
Die vielen Probleme und Schwierigkeiten
anzugehen, die den Kinderhospizeinrichtungen
in Deutschland
das Arbeiten erschweren, ist
vielschichtig und mühsam. Der
Bundesverband Kinderhospiz hat
deshalb ein Hintergrundpapier verfasst
mit dem Titel „Es muss besser
werden“ – und es an Bundes- und
Landtagsabgeordnete verschickt:
Dieses Papier weist nicht nur auf
Probleme hin, sondern bietet auch
Lösungsvorschläge.
„Mit unseren Ausführungen möchten
wir aufrütteln“, sagt Sabine
Kraft, Geschäftsführerin des Bundesverbands
Kinderhospiz (BVKH). „Als
Dachverband der deutschen Kinderhospizeinrichtungen
ist es unsere
Aufgabe, auf politischer Ebene auf
bessere Strukturen für die Kinderhospizarbeit
hinzuwirken. Obwohl
es in den vergangenen Jahren bereits
einige Verbesserungen gab, liegt
noch vieles im Argen.“ Was genau,
beschreibt der Verband klar und
deutlich in seinem 12-Punkte-Papier.
Eine zentrale Forderung darin:
eigene Rahmenvereinbarungen
für ambulante Kinderhospizeinrichtungen.
Denn bis heute werden
die Leistungen, die ambulante Kinderhospizdienste
erbringen, über
Vereinbarungen für Erwachsenenhospizdienste
geregelt, die einige
Vorgaben speziell für Kinder enthalten.
„Oft wird das den speziellen
Bedürfnissen schwerstkranker
oder sterbender Kinder und ihrer
Angehörigen aber nicht gerecht“,
heißt es in dem Hintergrundpapier.
64 Spendenkonto Bundesverband Kinderhospiz e. V.: IBAN DE03 4625 0049 0000 0290 33 BIC: WELADED1OPE
Kinderhospizarbeit
Eine eigenständige Rahmenvereinbarung
für ambulante Kinderhospizdienste
müsse zum Beispiel
unmissverständlich klarstellen,
dass junge Erwachsene bis zum
Alter von 27 Jahren grundsätzlich
einen Rechtsanspruch auf eine
ambulante kinder- und jugendhospizliche
Begleitung haben,
wenn sie dies selbst wünschen
– auch dann, wenn die Erkrankung
erst im jungen Erwachsenenalter
aufgetreten ist, so der
Bundesverband.
Der Verband schlägt daher als
Lösung vor, eine eigene Rahmenvereinbarung
(wie es sie bereits
für stationäre Kinderhospize gibt)
unabhängig von den Vorgaben
für Erwachsenenhospizdienste
mit den Kostenträgern auszuhandeln.
„Nur voneinander losgelöste
Gespräche stellen sicher,
dass die Belange der Kinder angemessen
dargelegt und berücksichtigt
werden können“, so der
Bundesverband.
Ein weiteres im Hintergrundpapier
ausführlich dargelegtes Problem:
die Trauerbegleitung für verwaiste
Eltern und Geschwisterkinder, die
laut BVKH „auf der Kippe“ steht.
Derzeit endet die öffentliche Finanzierung
der Kinderhospizarbeit mit
dem Todestag des Kindes – also
gerade dann, wenn eine betroffene
Familie besonders dringend Unterstützung
bei der Bewältigung ihrer
Trauer braucht. „Hier offenbart sich
ein grundlegendes Missverständnis
der Kinderhospizarbeit“, ordnet
Sabine Kraft ein. „Der Auftrag von
Kinderhospizen ist nicht, sich nur
um das kranke Kind zu kümmern.
Die gesamte Familie wird begleitet,
und das darf nicht an einem so
sensiblen Zeitpunkt abgebrochen
werden.“ Oft haben Eltern und
Geschwister über Jahre hinweg ein
Vertrauensverhältnis zu den Mitarbeitenden
der Kinderhospizeinrichtungen
aufgebaut. Doch gewähren
Kostenträger ab dem Todestag
keinerlei Zuschüsse mehr etwa für
die Einsatzplanung durch die Koordinationsfachkraft
oder für die
Fahrtkosten der ehrenamtlichen
Trauerbegleiterinnen und Trauerbegleiter.
Trauerbegleitung kann also
nur da noch stattfinden, wo Kinderhospize
genügend großzügige Spenderinnen
und Spender finden. Der
Bundesverband Kinderhospiz hat
eine Expertengruppe gegründet,
die sich mit dem Thema befasst,
wie man Familien gut auf dem Weg
ins Leben zurückbegleiten kann
und macht in seinem Hintergrundpapier
konkrete Lösungsvorschläge
zur Gewährleistung von Trauerbegleitung
zumindest in der Zeit bis
zur Bestattung des verstorbenen
Kindes oder zu Finanzierungsmodellen
für Reha-Aufenthalte für verwaiste
Familien.
„Wir wollen mit unserem Hintergrundpapier
niemanden anprangern.
Aber die Probleme in der
Kinderhospizarbeit müssen jetzt
angegangen werden“, fordert
Sabine Kraft. „Denn jede Verzögerung
bewirkt, dass Familien mit
einem lebensverkürzend erkrankten
Kind nicht optimal versorgt
werden können – das ist ein unerträglicher
Zustand!“
Das gesamte Hintergrundpapier
stellt der Bundesverband Kinderhospiz
auf seiner Homepage zum Download
bereit: www.bundesverband-kinderhospiz.de/hintergrundpapier
Auf Wunsch und Anfrage unter
info@bundesverband-kinderhospiz.de
ist auch eine postalische Zustellung
möglich.
Post an die Politik:
BVKH-Geschäftsführerin
Sabine Kraft hat das
Forderungspapier an
Bundes- und Landtagsabgeordnete
verschickt.
Das Hintergrundpapier
umfasst u .a.
folgende Punkte:
→ neue Wohnformen
für schwerstkranke
Jugendliche
→ Arztkosten in stationären
Kinderhospizen
→ Abrechnung von
Personalkosten
für Pflegefachkräfte
→ Verweigerung dringend
benötigter
häuslicher Pflege für
schwerstkranke Kinder
→ Übergangsregelung
für Kinderhospizdienste
bei Personalwechseln
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Medizin & Pflege
Von Kindern,
die durchs
Raster fallen
Verzweifelte Eltern kämpfen mit
den Krankenkassen um die Pflege
ihrer Kinder zu Hause – und vermuten
eine Zermürbungstaktik dahinter
66
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Medizin & Pflege
Tanja Müller hat einen Verdacht.
Keine Gewissheit, einen Verdacht nur –
und letztlich beweisen kann sie ihn nicht.
Sie nicht und auch sonst niemand.
Aber Tanja Müller ist mit ihrem Verdacht
nicht allein.
TEXT: MIRJAM STÖCKEL
Name und einige Details
zu Leben sumständen und
Erkrankung wurden verändert,
um die Anonymität
der Familie zu wahren.
Tanja Müller hat eine Tochter mit
frühkindlicher Hirnschädigung
und schwerer Epilepsie. Eine Tochter,
die im Schlaf beatmet und jede
eineinhalb Stunden umgelagert
werden muss. Eine Tochter, deren
Sauerstoffsättigung im Blut durchgängig
von einem aufmerksamen
Menschen überwacht werden
muss, der das Mädchen im Notfall
durch schnelles Eingreifen vor
dem Tod bewahren kann. Tanja
Müller hat also eine schwerst pflegebedürftige
Tochter. Und sie hat
eine gesetzliche Krankenkasse, die
ihr dreimal nacheinander die ärztlich
verordnete nächtliche Pflege
verwehrt hat. So standen Tanja
Müller und ihr Mann über Wochen
ohne Pflegedienst da – denn ohne
Bewilligung der Krankenkasse
übernimmt kein Pflegedienst eine
Versorgung. Ihre Krankenkasse
habe auf diese Weise mehrere
Tausend Euro gespart, sagt Tanja
Müller.
Sie hat den Verdacht, dass dahinter
eine Strategie steckt, eine Zermürbungstaktik.
„Wir waren kurz
davor zu sagen: Okay, die Nachtpflege
steht uns offenbar nicht zu.
Wir waren wirklich kurz davor,
klein beizugeben. Denn wir hatten
weder Zeit noch Energie für diesen
Kampf mit der Krankenkasse. Und
ich glaube, genau darauf hofft die
Kasse: dass wir Eltern einfach aufgeben.
Und dass sie auf diese Weise
ihre Kosten senken kann.“
Dabei ist ein Leben mit einem so
schwer kranken Kind auf Dauer
unmöglich, wenn niemand den
Eltern hilft: „Ich bin 24 Stunden
rund um die Uhr für mein Kind da
und habe Angst, dass es verstirbt,
wenn ich einschlafe“, sagt Tanja
Müller. „Das ist wirklich heftig.“
Immer wieder erzählen Eltern
schwerst oder lebensverkürzend
erkrankter Kinder ähnliche
Geschichten wie Tanja Müller es
tut. Sie erzählen diese Geschichten
den Mitarbeitern in stationären
und ambulanten Kinderhospizen,
den Mitarbeitern bei Pflegediensten
sowieso – und auch beim Bundesverband
Kinderhospiz. Auch bei
Deutschlands größtem Sozialverband,
dem VdK, ist die Problematik
bekannt.
Mal geht es um gesetzliche Krankenkassen,
mal um Privatversicherer.
Wie viele Eltern betroffen sind wie
Tanja Müller? Das weiß niemand.
Offizielle Zahlen gibt es nicht. „Wir
können im Augenblick nicht mit
Sicherheit sagen, dass es ein strukturelles
Problem ist“, sagt Sabine
Kraft, Geschäftsführerin des Bundesverbands
Kinderhospiz. „Aber:
Schon ein einziger Fall, in dem eine
Krankenkasse ungerechtfertigterweise
Pflegebewilligungen verweigert
oder verzögert, wäre einer zu
viel. Für jede betroffene Familie
ist dieses Verhalten eine unzumutbare
Belastung. Sie haben mit
Grundpflege ist die Basisversorgung
kranker Kinder
und umfasst regelmäßig
wiederkehrende Tätigkeiten:
Waschen, Haarekämmen
und Zähneputzen, An- und
Auskleiden, Essen geben,
Ernährung über eine Magensonde,
Wickeln – und die
Förderung von Kommunikation
und Eigenständigkeit.
Finanzierung: Pflegekassen;
manchmal auch Krankenkasse
und Sozialamt
Behandlungspflege ist
gewissermaßen medizinischer
als die Grundpflege:
Sie umfasst etwa Medikamentengabe,
Spritzen, Verbandswechsel,
Inhalationen
und das Absaugen der oberen
Luftwege. Finanzierung:
Krankenkassen
Intensivpflege ist ein hoch
spezialisierter Teil der
Behandlungspflege, den nur
entsprechend ausgebildete
Pflegefachkräfte ausüben
können: Sie umfasst die spezielle
Krankenbeobachtung,
also eine Überwachung des
schwerstkranken Kindes,
und die Interpretation medizinischer
Werte – vor allem
bei Kindern an Beatmungsmaschinen.
Finanzierung:
Krankenkassen
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Medizin & Pflege
Ihr schwerstkrankes Kind
alleine pflegen: Für viele
betroffene Familien ist
diese Belastung auf Dauer
nicht zu schaffen.
ihrem schweren Schicksal ohnehin
genug zu kämpfen. Da braucht es
nicht auch noch Kämpfe mit den
Kostenträgern.“ Der Bundesverband
Kinderhospiz wird in den nächsten
Monaten gezielt Erfahrungsberichte
von betroffenen Eltern sammeln,
um ein besseres Bild von der Situation
zu bekommen. Bislang liegen
etwa ein Dutzend solcher Schilderungen
vor.
Häufig geht es bei Streits wegen
Pflegebewilligungen um jene
Fälle, in denen ein Kind intensive
Pflege braucht – aber weder eine
Intensivpflege noch eine umfassende
Behandlungspflege im Sinne
des Gesetzes (vgl. Infospalte S. 67).
Kinder mit einer schweren Grunderkrankung
also, die etwa wegen
einer zusätzlichen Tendenz zur
Selbstverletzung, einer chronischen
Neigung zu Krampfanfällen
oder einer geistigen Beeinträchtigung
keine Sekunde aus den
Augen gelassen werden können.
„Solche Kinder erfüllen oft weder
die Kriterien für eine umfassende
Behandlungspflege noch für eine
Intensivpflege“, sagt Sabine Kraft.
„Nur mit der Grundpflege sind sie
aber unterversorgt. Sprich: Sie fallen
durchs Raster. Darum fordern
wir die Politik auf, für diese Kinder
eine neue Kategorie zu schaffen –
die der ‚aufwendigen Pflege‘.“
Welche ambulanten Hilfen gibt es für Familien mit
lebensverkürzend erkranktem Kind zu Hause?
Ambulante Kinderhospizversorgung
• Geschulte Ehrenamtler kümmern sich um erkranktes Kind,
um Geschwister oder sind Gesprächspartner für Eltern
• Beratung durch hauptamtliche Mitarbeiter des
Kinderhospizdiensts
• Ziel: die Familie entlasten
• rein psychosoziale Begleitung, keine Pflege
• relativ gutes Angebot, mancherorts Versorgungslücken
Spezialisiertes Ambulantes Palliativ-
Versorgungsteam (SAPV) für Kinder
• Team aus spezialisierten Ärzten und Pflegekräften, oft auch
psychosoziale Begleitung
• kommt in Krisen nach Hause, um Klinikaufenthalt zu vermeiden
• 24 Stunden täglich erreichbar
Häusliche Kinderkrankenpflege,
z.T. spezialisiert auf Intensiv-/
Palliativpflege
• Pflegefachpersonal versorgt das Kind daheim
• Arzt verordnet Pflege je nach Bedarf:
wenige Stunden täglich bis rund um die Uhr
• vielerorts Versorgungslücken wegen
Fachkräftemangel
• in vielen Regionen fehlen diese Teams bzw. sind erst im Aufbau
Eineinhalb Jahre lang hat Tanja
Müller sich mit der Krankenkasse
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Medizin & Pflege
gestritten. Dreimal ist sie vor
Gericht gezogen. Und jedes Mal
hat die Krankenkasse eingelenkt,
kurz bevor es zur Verhandlung
kam. Plötzlich wurde die nächtliche
Behandlungspflege doch bewilligt
– sogar für ein ganzes Kalenderjahr
im Voraus. Tanja Müllers
Geschichte nimmt, so scheint es,
ein glückliches Ende.
Doch dieser Schein trügt. Denn
Tanja Müller findet jetzt einfach
keine qualifizierten Pflegekräfte,
die ihre Tochter zu Hause versorgen
würden. Da ist sie, die Personalnot
in der Kinderkrankenpflege,
mitten in Tanja Müllers Leben. Und
gegen diese Personalnot hilft keine
Pflegebewilligung der Welt etwas:
Ohne ausreichend Mitarbeiter übernimmt
kein Pflegedienst die Versorgung
von Tanja Müllers Tochter.
Und so kämpfen Tanja Müller und
ihr Mann weiter. Zu zweit, alleingelassen.
Jede Nacht. „Es ist ein
Leben am Limit“, sagt Tanja Müller.
„Es ist so traurig: Wir lieben unser
Kind so sehr und möchten es unbedingt
zu Hause behalten. Und dann
werden einem so viele Steine in
den Weg gelegt.“
Eltern, die dem BVKH von Streits
um Pflegebewilligungen berichten
möchten, können sich telefonisch
unter Tel. 07653/8 26 40 0 oder per
Mail an redaktion@bundesverbandkinderhospiz.de
melden.
Was Politik und Kostenträger sagen
Verzögerungstaktik und Zermürbungsstrategie – das werfen
betroffene Eltern den Krankenkassen und -versicherungen
vor, mit denen sie sich um die Pflege ihrer schwerstkranken
Kinder streiten. Ein harter Vorwurf. „365“ hat bei Kostenträger
und Politik um eine Stellungnahme gebeten.
Ob Fälle bekannt seien, in denen Krankenkassen eine ärztlich
verordnete ambulante Behandlungs- bzw. Intensivpflege komplett
verweigert oder früher bewilligte Stundenzahlen drastisch
reduziert hätten – obwohl sich die gesundheitliche Situation
des erkrankten Kindes nachweislich nicht verbessert
hat? „Hierzu liegen uns keine Informationen vor“, schreibt der
Dachverband der gesetzlichen Krankenkassen GKV auf diese
Anfrage. „Über die Leistungen entscheidet die verantwortliche
Krankenkasse auf Basis des konkreten Einzelfalls. Bitte
haben Sie daher Verständnis, dass wir uns dazu nicht äußern.“
Ähnlich die Antwort der Spitzenorganisation der privaten
Krankenversicherungen PKV: „Ein solches Vorgehen eines Versicherungsunternehmens
ist uns nicht bekannt“, schreibt die
Pressestelle. Auch im Bundesministerium für Gesundheit sind
verzögerte oder verweigerte Bewilligungen von häuslicher
Kinderkrankenpflege bisher kein Thema: „Dem BMG liegen
keine Erkenntnisse über Auffälligkeiten bei der Leistungsgewährung
durch die Krankenkassen in diesem Bereich vor“,
schreibt die Pressestelle. Ob und wie sich das Bundesgesundheitsministerium
des Problems annehmen wird? Auf diese
Frage antwortet das Ministerium nicht.
Der Dachverband der gesetzlichen Krankenkassen schreibt
noch: „Wenn es Zweifel an Entscheidungen der einzelnen Krankenkassen
gibt, können Versicherte die Entscheidung beanstanden
und ggf. auch die jeweilige Aufsicht einschalten. Je
nach dem Charakter der Krankenkasse wäre das entweder das
Bundesversicherungsamt oder das Gesundheitsministerium
des jeweiligen Bundeslandes.“ Grundsätzlich sei das natürlich
richtig, entgegnet BVKH-Geschäftsführerin Sabine Kraft.
„Aber genau da liegt doch das eigentliche Problem: Eine solche
Beschwerde bei den Aufsichtsbehörden würde die betroffenen
Familien wieder Unmengen Zeit und Energie kosten. Und
beides haben sie nicht. Sie können also die theoretisch zur Verfügung
stehenden Mittel, um ihr Recht auf ambulante Pflege
ihres Kindes durchzusetzen, in der Praxis gar nicht nutzen.“
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Medizin & Pflege
Das Vergessen
stoppen?
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Medizin & Pflege
Ein Gen ist defekt, ein Protein funktioniert nicht, Nervenzellen werden nicht
vom Stoffwechselabfall gereinigt und sterben ab, immer mehr Fähigkeiten
gehen verloren, bis der Körper schließlich kapituliert – und all das schon
im Kindesalter: Das steckt hinter einer Neuronalen Ceroid-Lipofuszinose
(kurz NCL bzw. engl. CLN). 14 Formen dieser seltenen Erkrankung kennt man,
alle führen unweigerlich früh zum Tod. Für eine Form, die CLN2-Krankheit,
gibt es nun immerhin eine erste Therapie, die den Verlauf verzögern kann,
erklärt Prof. Dr. Alfried Kohlschütter, NCL-Experte und wissenschaftlicher
Beirat des Bundesverbands Kinderhospiz.
INTERVIEW: KATHRIN WITTWER
Herr Prof. Kohlschütter, was
genau ist die CLN2-Krankheit?
Das ist die sogenannte „klassische“
spätinfantile Form der NCL-Erkrankungen.
Die Kinder entwickeln
sich zunächst normal, bis auf
eine häufig verzögerte Sprachentwicklung.
Mit etwa drei Jahren
setzen dann die Symptome ein
– entweder plötzlich mit epileptischen
Anfällen oder schleichend
mit Entwicklungsstillstand, eine
fortschreitende Sehschwäche, ein
Verlust ihrer Bewegungsfähigkeit
und anderer Fähigkeiten kommen
hinzu. In der Regel werden
die Kinder nicht älter als 10 bis 12
Jahre. Es ist eine beunruhigende
und grässliche Erkrankung. Lange
konnte man die Kinder nur palliativ
begleiten.
Seit 2017 ist, nach einer vierjährigen
internationalen Studie unter
Leitung von Dr. Angela Schulz am
Universitätsklinikum Hamburg-
Eppendorf (UKE), eine Therapie
für die CLN2-Krankheit zugelassen.
Wie funktioniert diese?
Bei der CLN2-Krankheit fehlt dem
Körper ein Enzym, um unbrauchbar
gewordene Zellbestandteile zu
beseitigen. Im Gehirn führt dies
zum Absterben von Nervenzellen.
Das fehlende Enzym wird künstlich
hergestellt. Es wird alle 14 Tage
in eine operativ unter die Kopfhaut
gebrachte kleine Kammer aus
Kunststoff eingespritzt und gelangt
durch einen dünnen Schlauch in
eine Gehirnkammer. Von dort wird
das Enzym vom Gehirngewebe
aufgenommen und kann, wie wir
nachweisen konnten, den weiteren
Zerfall des Gehirns und das Fortschreiten
der Krankheitserscheinungen
stoppen. Viele Probleme
der betroffenen Kinder sind zwar
noch nicht geklärt, und Langzeitergebnisse
dieser Behandlung
haben wir noch nicht, doch bin ich
begeistert, welche Tür da aufgestoßen
wurde, erstmals eine der vielen
Demenzkrankheiten wirksam
behandeln zu können.
Wie lange hält die Wirkung
des Medikaments denn an?
Zu den noch offenen Fragen gehört
auch, ob man es bis ans Lebensende
anwenden muss. Es wird noch
Jahre dauern, bis man klare Aussagen
dazu machen kann, ob und wie
die Kinder groß werden. Auch über
die Nebenwirkungen des Wirkstoffs
nach längerer Behandlungszeit
weiß man noch wenig. Die
beobachteten Nebenwirkungen in
den ersten Jahren waren weniger
gefährlich, als zunächst befürchtet
– etwa vorübergehendes Fieber,
Erbrechen oder allergische Reaktionen.
Die eingepflanzte Plastikkammer
im Kopf kann verrutschen oder
porös werden – auch das macht uns
manchmal Probleme.
Zur Person:
Der Pädiater Prof. Dr. Alfried
Kohlschütter ist ein international
bekannter Experte
für NCL-Erkrankungen:
Schon seit den 1970er Jahren
beschäftigt er sich mit
Hirnabbaukrankheiten bei
Kindern. An der Klinik für
Kinder- und Jugendmedizin
am Universitätsklinikum
Hamburg-Eppendorf (UKE)
baute er ein Team zur Erforschung
der NCL-Krankheiten
auf, das sich auch um betroffene
Familien kümmert –
eine Arbeit, ohne die es die
neue Therapie nicht gäbe.
Kohlschütter ist pensioniert,
aber noch immer stark in
die Arbeit am UKE involviert
– und seit 2018 auch Mitglied
im wissenschaftlichen
Beirat des Bundesverbands
Kinderhospiz.
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Medizin & Pflege
Kann das Medikament auch
schon entstandene Schäden
wieder rückgängig machen, die
Kinder also wieder heilen?
Nein, ein ernsterer Schaden im Nervensystem
kann kaum mehr rückgängig
gemacht werden. Und bei
der CLN2-Krankheit besteht noch
eine besondere Tragik: Das kindliche
Gehirn ist bereits betroffen,
bevor mit drei Jahren klare Symptome
offen zutage treten und die
Diagnose gestellt werden kann.
Heißt das: Je früher man mit der
Therapie beginnt, desto besser?
Ja. Wir haben in die Studie auch
jüngere Geschwister aufgenommen,
die noch ohne Symptome,
aber schon diagnostiziert waren.
Ihnen geht es viel besser als den
Älteren, bei denen wir die Behandlung
später begonnen haben. Wahrscheinlich
wäre es am besten,
direkt nach der Geburt zu beginnen.
Allerdings ist da der Zugang
zum kleinen Gehirn schwierig,
man kann erst anfangen, wenn es
technisch möglich ist. Im Moment
ist das jüngste behandelte Kind
zwei Jahre alt.
Hat jedes Kind, das mit NCL2
diagnostiziert wird, ein
Anrecht auf die Therapie?
Diese Frage kann man nicht
für alle Kinder beantworten. In
Deutschland zahlen die gesetzlichen
Krankenkassen dieses Heilverfahren,
verhandeln aber noch
über den sehr hohen Preis dieser
Therapie. Das nationale britische
Gesundheitssystem will die Kosten
nicht übernehmen. Bei Kindern
mit schon stark fortgeschrittenem
Krankheitsverlauf muss man allerdings
prüfen, ob der Nutzen der
Therapie die in diesem Stadium
erheblichen Nebenwirkungen noch
aufwiegen kann. Aktuell werden
bei uns etwa 40 Kinder aus verschiedenen
Ländern behandelt.
Wie geht es weiter mit dieser
neuen Therapiemöglichkeit?
Alle bisher in der Studie behandelten
Kinder werden noch auf Jahre weiter
behandelt und der Krankheitsverlauf
genau beobachtet, bei uns wie
auch in einigen anderen Ländern.
Diese wissenschaftliche Begleitung
soll die bei der Behandlung noch
offenen Fragen klären helfen.
Fakten zu
NCL-Erkrankungen
Die 14 bekannten NCL-Formen
setzen zwischen dem
Babyalter und dem jungen
Erwachsenenalter ein, etwa
700 Kinder in Deutschland
sind betroffen. Bei allen
NCL-Erkrankungen kommt
es zu einer Netzhautschädigung
bis hin zur Erblindung,
zu Epilepsie, zum Verlust von
kognitiven Fähigkeiten, zu
Lähmungen und vorzeitigem
Tod. Häufig wird, basierend
auf dem Hauptsymptom,
auch der vereinfachende
Begriff „Kinderdemenz“
genutzt.
Spezialsprechstunde
NCL-Erkrankungen am UKE
Dr. Angela Schulz
Tel.: 040/7410 20 400
E-Mail: Kinderklinik@uke.de
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Medizin & Pflege
Liebe Leserinnen und liebe Leser,
mir fällt es nicht leicht die Zeit zu finden, Ihnen
zu schreiben, denn ich bin pflegende Mutter
eines kranken und behinderten Sohns. Leider
wird uns das Leben unnötig schwer gemacht.
Stellvertretend für unzählige Familien, denen
es ähnlich geht, möchte ich Ihnen von unseren
alltäglichen Kämpfen erzählen.
Jeder, der ein Kind hat, erinnert sich an
die anstrengende Neugeborenenzeit. Doch
schnell werden die Kleinen selbstständiger
– normalerweise. Auch wir staunen, wie
unsere eineinhalbjährige Tochter ständig Neues lernt. Inzwischen
isst sie allein und beginnt gerade zu reden. All das wird ihr Bruder nie
können. Denn unser Sohn erlitt bei seiner Geburt einen massiven Sauerstoffmangel
und wurde reanimiert. Davon blieben ihm eine Cerebralparese (eine
schwere Bewegungsstörung durch die Gehirnschädigung), Nierenschwäche,
Bluthochdruck, Epilepsie und eine Schluckstörung. Erst nach drei Monaten in
mehreren Kliniken durfte unser Baby endlich mit uns nach Hause. Davor wurden
wir Eltern in die Bauchfelldialyse, die wir daheim durchführen, eingelernt. Noch
heute gleicht sein Zimmer mit den ganzen medizinischen Geräten einer Krankenstation.
Seine Medikamente brauchen im Kühlschrank ein ganzes Fach. Darunter
sind Betablocker, wie sie auch sein Opa bekommt. Mit all dem müssen wir täglich
zurechtkommen, auch psychisch. Inzwischen ist unser kleiner Kämpfer vier
Jahre alt, aber er verharrt auf dem Stand von fünf Monaten. Deshalb ist er rund
um die Uhr und dauerhaft auf unsere Fürsorge angewiesen.
Nichtsdestotrotz ist er unser Sonnenschein, er liebt es, Musik zu hören und mit
seiner Schwester in der Nestschaukel zu liegen. Leider haben wir wenig Gelegenheit
für solche Familiendinge. Mit den vielen Therapien und Arztterminen sind
wir und die Großeltern dauernd eingespannt.
Die Fehlbildungen seiner Arme und Beine erkennen Laien vielleicht nicht auf
Anhieb, Fachleute schon. Manche Gutachter scheinen jedoch bewusst wegzusehen.
Obwohl unser Sohn über eine Sonde ernährt wird, weder sitzen noch greifen kann,
mussten wir hart um seinen Pflegegrad – also die offizielle Anerkennung seiner
Pflegebedürftigkeit – kämpfen. Der Zweitgutachter überprüfte tatsächlich, ob der
kleine Mann wirklich umfällt, wenn man ihn loslässt. Mit derartigen Absurditäten
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Ihre Verena Sophie Niethammer
Medizin & Pflege
sind wir immer wieder konfrontiert. Denn die Pflegegesetze orientieren sich vorrangig
an Erwachsenen. Deshalb ist es mir ein großes Anliegen, dass wir pflegenden
Eltern endlich sichtbar werden. Wir tragen so viel Verantwortung und sind
dabei so abhängig von den Ärzten, Behörden und Krankenkassen. Oft bleibt uns
nur der Weg vors Sozialgericht. Und das zu unserem kraftzehrenden Alltag; ohne
zu wissen, wie viel Zeit uns mit unserem kranken Kind bleibt.
Wir leben immer in Alarmstufe Gelb, da die Situation jederzeit kippen kann.
Wegen seiner Anfälle muss unser Junior kontinuierlich überwacht werden.
Nachts ist er oft stundenlang wach und schreit. Da er nicht spricht, können wir
oft nur erahnen, was ihm fehlt. Das zehrt sehr an uns. Unterstützung bekommen
wir von einem Kinderpflegedienst. Doch die intensive Behandlungspflege
ist stets befristet. Obwohl seine Krankheiten unheilbar sind, müssen wir der
Krankenversicherung immer aufs Neue belegen, dass sich sein Zustand nicht
gebessert hat.
Viele denken, mit der Zeit gehe es unserem Sohn besser. Leider ist das Gegenteil
der Fall: Das meiste, wie die Spastiken und die Hüftfehlbildung, verschlimmert
sich. Diesen Prozess versuchen wir zu verlangsamen mit Operationen und Hilfsmitteln.
Sie werden oft erst nach einem langwierigen Widerspruchsverfahren
bewilligt, was uns verzweifeln lässt. Als seine Steh-Orthese, eine Art Gestell für
aufrechtes Stehen, endlich fertig war, war sie schon fast wieder zu klein. Häufig
lehnt die Kasse, trotz ärztlicher Verordnung, Maßnahmen ab oder wir müssen
hohe Zuzahlungen leisten. So sind wir 2018 zur zweiwöchigen Intensivtherapie
gefahren – statt in den Familienurlaub.
Wenn ich an die Zukunft denke, wird mir bange. Mit den paar Rentenpunkten,
die es für die Pflege gibt, ist mein Weg in die Altersarmut vorgezeichnet.
Ein schwerkrankes Kind zu versorgen, ist ein Fulltime-Job. Nahezu unmöglich,
zusätzlich arbeiten zu gehen. Wie geht es den unzähligen Alleinerziehenden, die
neben Pflege zu einer Teilzeitstelle und Harz-IV-Aufstockung gezwungen sind?
Eine Lösung wäre ein Fürsorgegehalt. Die fehlende Inklusion und Betreuungsmöglichkeiten
habe ich noch gar nicht erwähnt. So vieles liegt im Argen! Bitte
erheben Sie mit und für uns Ihre Stimme, denn es ist Zeit, dass die wichtige Fürsorge-
und Care-Arbeit, die wir Eltern leisten, endlich Anerkennung findet. Und
dass die Rechte unserer Kinder auf Unterstützung und Teilhabe nicht nur auf
dem Papier gelten.
Spendenkonto Bundesverband Kinderhospiz e. V.: IBAN DE03 4625 0049 0000 0290 33 BIC: WELADED1OPE 75
Aus dem Verband
Mitglieder
Die Zahl unserer Mitglieder steigt auf 167. Bei unseren
korporativen Mitgliedern zeigt sich deutlich, dass wir
uns als Verband verstärkt auch mit Organisationen vernetzen,
die nicht reine Kinderhospizarbeit betreiben,
sondern aus angrenzenden Bereichen stammen: Hier
verzeichnen wir 33 Prozent Mitgliederzuwachs! Die
Mitgliedsbeiträge machen übrigens gerade mal zwei
Prozent unseres Budgets von gut 1,8 Mio. Euro aus.
Fortbildungen und Wissenschaft
Wir haben einen wissenschaftlichen Beirat: Prof. Dr.
Jochen Becker-Ebel (Theologe, Schwerpunkt Palliative
Care), Prof. Dr. Alfried Kohlschütter (Pädiater, Schwerpunkt
Hirnabbauerkrankungen), Dr. Arnd T. May (Medizinethiker),
Dr. Kai Nitschke (Psychologe, Schwerpunkt
Gesundheitsstatistiken), Dr. Helga Schlichting (Pädagogin,
Schwerpunkt Förderpädogik) und Prof. Dr. Christian
Schütte-Bäumner (Methoden Sozialer Arbeit, Schwerpunkt
Diversitätssensibilität) beraten uns in Fachfragen.
Viel Nachfrage gibt es weiterhin nach unserem
Kontaktstudiengang „Palliative Care Pädiatrie“, dem
gleichnamigen Aufbaumodul (beide von den Krankenkassen
anerkannt) und unseren In-House-Schulungen
von ehrenamtlichen Kinderhospiz-Mitarbeitern.
Betroffene
Wir geben inzwischen rund ein Drittel unseres Haushalts
aus, um Betroffene zu fördern – direkt und indirekt
(etwa über das Sorgentelefon OSKAR, das nach wie
vor gut angenommen wird). Bei unserer Weihnachtsaktion
haben wir 500 Geschenkpakete für Betroffene und
Kinderhospize verschickt. Ein echtes Highlight: Für eine
Familie, die sich das selbst nicht hätte leisten können,
haben wir mit Hilfe von Spendern eine unvergessliche
Hochzeitsfeier organisiert. Und dann waren da noch
unsere „Traditionsveranstaltungen“ für Betroffene –
wie „Aus der Trauer wächst die Kraft“ und der Welthospiztag
im Europa-Park unter dem Motto „Hut auf!“.
Einnahmen
Öffentlichkeitsarbeit
Unser Mammutprojekt 2018 – der Kinder-Lebens-Lauf –
war ein Riesenerfolg und brachte der Kinderhospizarbeit
öffentliche Aufmerksamkeit wie nie zuvor. Auch dank
unserer Schirmherrin, der „First Lady“ Elke Büdenbender.
Christoph Bohlender (Agentur Serviceplan – inzwischen
Mensch Kreativagentur) stellte für uns die Anzeigenkampagne
„The last word“ auf die Beine – und mit Kai Schaffran
(Zwergperten), Winfried Rothermel (abcdruck GmbH)
und Christoph Knüttel (PACs Verlag) konnten wir weitere
Botschafter aus der Wirtschaftswelt gewinnen.
2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018
Testamente, Bußgelder
Spenden
Sonstige Einnahmen
Summe Einnahmen
Mitgliedsbeiträge
2 Mio.
1,5 Mio.
1 Mio.
500.000
76
Spendenkonto Bundesverband Kinderhospiz e. V.: IBAN DE03 4625 0049 0000 0290 33 BIC: WELADED1OPE
Aus dem Verband
Entwicklung der Mitgliederzahlen
200
150
100
50
2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008
2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018
Mitglieder gesamt
ambulant stationär korporativ Fördermitglied Probemitglied
Politische Lobbyarbeit
Besonders spannend in 2018: Die Verhandlungen mit
den Kostenträgern auf Landesebene über die Tagesbedarfssätze
in stationären Kinderhospizen. Vielfach
bekommen die Kinderhospize jetzt deutlich mehr Geld!
Ein Riesenerfolg, der nur zustande kommen konnte,
weil wir als Verband in den Jahren zuvor politisch viel
Druck gemacht haben, dass entsprechende Änderungen
kommen müssen. Wir sind Mitglied bei der Deutschen
Gesellschaft für Palliativmedizin, dem Kindernetzwerk,
der National Coalition for the Child, der Liga
des Kindes und wirken politisch in vielfältigen Arbeitskreisen
mit, unter anderem arbeiten wir auch mit der
Koordinationsstelle für Hospiz- und Palliativversorgung
und dem Bundesverband Häusliche Kinderkrankenpflege
zusammen. Und nicht zuletzt haben wir unser
Jahresmagazin breit in der Politik verteilt – etwa an alle
Bundes- und Landtagsabgeordneten.
In der Geschäftsstelle
Nach dem Personal- und Aufgabenzuwachs in den
letzten Jahren wurde es Zeit für Umorganisation: Wir
haben jetzt eigenständige Fachbereiche – etwa Wissenschaft
und Fortbildung, Öffentlichkeitsarbeit und
Finanzen. Auch wenn es wegen knapper Finanzen
keine Gehaltserhöhungen und kein Weihnachtsgeld
gibt: Das ganze Team ist unglaublich motiviert –
und macht mich sehr stolz!
Vernetzung und Kooperation
Wir haben mehrere Workshops für unsere Mitglieder
organisiert – etwa zu Rechts- und Pflegefragen – und
weiter eng zusammengearbeitet mit dem Bundesverband
Verwaister Eltern. Was uns richtig freut: Das
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und
Jugend verlinkt (wie viele andere auch) inzwischen auf
unser Sorgentelefon OSKAR. Und dann waren da noch
die 50 Angel-Fackeln, die ich bei einem Treffen des Internationalen
Netzwerks für Kinderpalliativversorgung
verteilt habe – auf dass der Kinder-Lebens-Lauf sich
um den Globus herum fortsetze!
Ausgaben
Einnahmen-Ausgaben-Übersicht
Förderung Kinderhospize
2 Mio.
2 Mio.
Projekte und weitere satzungsgemäße
Ausgaben (Fortbildungen, Magazin,
Vernetzung, Beratung, QM u.a.)
1,5 Mio.
1 Mio.
500.000
526.027
542.690
540.450
559.326
1.004.330
879.058
746.996
906.181
1.553.312
1.246.178
1.309.906
1.520.977
1.838.376
1.752.782
1,5 Mio.
1 Mio.
500.000
2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018
Hilfen für betroffene Familien,
OSKAR Sorgentelefon
Sonstige Aufwendungen (Verwaltung)
Summe Ausgaben
2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018
Gesamteinnahmen
Summe Ausgaben
Spendenkonto Bundesverband Kinderhospiz e. V.: IBAN DE03 4625 0049 0000 0290 33 BIC: WELADED1OPE
77
Politische Lobbyarbeit
verbessert die gesetzlichen Rahmenbedingungen
für Kinderhospizeinrichtungen
und betroffene Familien
Vernetzung
Öffentlichkeitsarbeit
z.B. das Magazin „365“,
Pressemitteilungen und Kampagnen
wie den Kinder-Lebens-Lauf
• Vertretung bei Veranstaltungen und Messen
• Vermittlung von Spenden an Einrichtungen vor Ort
• Veröffentlichung von Stellenanzeigen
• Werbung für Veranstaltungen unserer Mitglieder
• über Social Media
Oskar-Sorgentelefon
• bringt Betroffene in Kontakt mit unseren Mitgliedern
• sichert die 24-Stunden-Erreichbarkeit für alle
ambulanten Kinderhospizdienste
Wissenstransfer
• Workshops zu aktuellen Themen
• Fortbildungen
• Qualitätsmanagement
Individuelle Beratung
und Begleitung
Unterstützung für Familien, die von
unseren Mitgliedern begleitet werden
• durch Sachspenden
• durch Finanzhilfen
• durch Events und Wunscherfüllungen
• bei Hospizneugründungen
• bei Verhandlungen mit Kostenträgern
• bei Umstrukturierungen und
Strategieentwicklung
• bei praxisbezogenen Fragen
Das bietet der Bundesverband Kinderhospiz
seinen Mitgliedern
78
Aus dem Verband
Hilfe in dunklen
Stunden
Das OSKAR Sorgentelefon
des Bundesverbands
Kinderhospiz ist
immer erreichbar
„Hallo, hier ist das OSKAR Sorgentelefon. Wie kann ich
Ihnen helfen?“ Heute Nacht ist es schon der sechste
Anrufende, der so begrüßt wird. Doch in der Leitung
bleibt es zunächst still. Wer die Nummer 0800 8888 4711
wählt, will meist nicht locker plaudern. Das OSKAR
Sorgentelefon ist die Hotline, die der Bundesverband
Kinderhospiz für alle eingerichtet hat, die Fragen
haben zu lebensbedrohlichen oder lebensverkürzenden
Erkrankungen bei Kindern, Jugendlichen und jungen
Erwachsenen. Betroffene Familien und Menschen
aus ihrem Umfeld, Familien in Trauer um ein Kind,
aber auch Fachleute finden bei OSKAR Rat und Hilfe.
Schließlich beginnt der Anrufer leise zu sprechen. Er
muss seinen Namen nicht nennen, OSKAR darf auch
anonym in Anspruch genommen werden. Die Telefonberaterin,
die heute Nacht Dienst hat, lässt ihm Zeit.
Der Mann hat vor zwei Jahren seine kleine Tochter
verloren. Ein Hirntumor. Es ging viel zu schnell.
Seit 2015 gibt es das Sorgentelefon des
Bundesverbands Kinderhospiz. „Wir
haben bemerkt, dass der Bedarf
nach einer solchen Hotline riesig
ist“, berichtet Geschäftsführerin
Sabine Kraft. In Deutschland leiden
über 40.000 Kinder und Jugendliche
an unheilbaren Krankheiten, an
denen sie in absehbarer Zeit sterben
werden. „Bei all den Ängsten
und all dem Schmerz, den die Familien
aushalten müssen, kommt
meist noch die soziale Isolation
dazu, die den Betroffenen schwer zusetzt“, weiß Sabine
Kraft. „Viele Menschen, die sich an uns wenden, haben
sonst niemanden, der noch zuhören will.“
Rund 40 Telefonberater arbeiten vorwiegend ehrenamtlich
für das OSKAR Sorgentelefon und gewährleisten,
dass die Hotline rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr
ansprechbar ist. „Nachts, an Feiertagen oder Wochenenden
ist oft sonst niemand erreichbar“, berichtet
Heike Steinich, die als Koordinatorin die Dienstpläne
schreibt. Das OSKAR Team, das über ganz Deutschland
verteilt ist, wird speziell geschult und tauscht sich
regelmäßig in gemeinsamen Sitzungen und Weiterbildungen
aus.
Das OSKAR Sorgentelefon umfasst eine Datenbank
mit Tausenden hilfreicher Adressen, die an die Anrufenden
weitergegeben werden können. Heute Nacht
entscheidet sich Sophies Vater dazu, seinen
Wohnort anzugeben. Die Abfrage über die
Datenbank ergibt, dass es ganz in seiner
Nähe zum Beispiel eine Selbsthilfegruppe
gibt, die er kontaktieren
könnte. Darüber möchte er
nachdenken.
„Wir machen natürlich nur Vorschläge“,
sagt Heike Steinich. „Aber
es ist sehr schön, dass sich Anrufende
manchmal noch ein weiteres
Mal melden, um sich zu bedanken
und zurückzumelden, dass wir
ihnen helfen konnten!“ AB
Spendenkonto Bundesverband Kinderhospiz e. V.: IBAN DE03 4625 0049 0000 0290 33 BIC: WELADED1OPE 79
Aus dem Verband
Gemeinsam stark
Mitgliederverzeichnis
Hilfe finden: Unsere Übersicht zeigt
Ihnen, wo Familien bei unseren Mitgliedsorganisationen
Unterstützung
finden. Die Adressen unserer Verbandsmitglieder
sind den Bundesländern
zugeordnet. Die Gesamtliste aller Kinderhospize
in Deutschland
erhalten Sie beim
Bundesverband
Kinderhospiz e. V.
Bremen
Schleswig-Holstein
Hamburg
Mecklenburg-Vorpommern
Niedersachsen
Berlin
Sachsen-Anhalt
Brandenburg
Nordrhein-Westfalen
Thüringen
Sachsen
Hessen
Rheinland-Pfalz
Saarland
Bayern
Baden-Württemberg
Stationäre Kinderhospize
Stationäre Kinderhospize in Planung
Ambulante Kinderhospize
Ambulante Kinderhospize in Planung
Korporative Mitglieder
Förderer Kinderhospizarbeit
80 Spendenkonto Bundesverband Kinderhospiz e. V.: IBAN DE03 4625 0049 0000 0290 33 BIC: WELADED1OPE
Aus dem Verband
STATIONÄRE
KINDERHOSPIZE
ɘ ɘBADEN-WÜRTTEMBERG
Kinder-und Jugendhospiz
des Hospiz Stuttgart
Diemershaldenstraße 7 – 11
70184 Stuttgart
Telefon: 0711 23741 830
www.hospiz-stuttgart.de
ɘ ɘBERLIN
Kindertages- und Nachthospiz
Berliner Herz (Tages- und Nachthospiz)
Lebuser Straße 15 A, 10243 Berlin
Telefon: 030 2847017 00
www.humanistisch.de/berlinerherz
ɘ ɘHAMBURG
Theodorus Kinder-Tageshospiz gGmbH
Alte Elbgaustraße 14, 22523 Hamburg
Telefon: 040 33428411
www.theodorus-hamburg.de
ɘ ɘHESSEN
Kinderhospiz Bärenherz Wiesbaden
Bahnstraße 13a, 65205 Wiesbaden
Telefon: 0611 3 60 11 10 30
www.kinderhospiz-wiesbaden.de
ɘ ɘNIEDERSACHSEN
Angelika Reichelt Kinder- und
Jugendhospiz Joshuas Engelreich
Kurt-Schumacher-Straße 241
26389 Wilhelmshaven
Telefon: 04421 96 60 00
www.kinderhospizwilhelmshaven.de
ɘ ɘNORDRHEIN-WESTFALEN
Kinder- und Jugendhospiz Bethel
Remterweg 55, 33617 Bielefeld
Telefon: 0521 1 44 26 50
www.kinderhospiz-bethel.de
DRK Schwesternschaft Krefeld e. V
Kinder- und Jugendhospiz
im stups-KINDERZENTRUM
Jakob-Lintzen-Straße 8, 47807 Krefeld
Telefon: 02151 73 76 500
www.drk-schwesternschaft-kr.de
Bergisches Kinder- und
Jugendhospiz Burgholz
Zur Kaisereiche 105, 42349 Wuppertal
Telefon: 0202 6 95 57 70
www.kinderhospiz-burgholz.de
ɘ ɘRHEINLAND PFALZ
Kinderhospiz Sterntaler e. V.
Kettelerstraße 17 – 19
67373 Dudenhofen
Telefon: 0621 17 82 23 30
www.kinderhospiz-sterntaler.de
ɘ ɘSACHSEN
Kinderhospiz Bärenherz Leipzig
Kees’scher Park 3, 04416 Markkleeberg
Telefon: 0341 35 01 63 23
www.baerenherz-leipzig.de
ɘ ɘSACHSEN-ANHALT
Kinderhospiz
der Pfeifferschen Stiftungen
Pfeifferstraße 10, 39114 Magdeburg
Telefon: 0391 8505 804
www.kinderhospiz-magdeburg.de
ɘ ɘTHÜRINGEN
Kinder- und Jugendhospiz
Mitteldeutschland in Tambach-Dietharz
Talsperrstraße 25 – 27
99897 Tambach-Dietharz
Telefon: 03625 2 33 10
www.kinderhospiz-mitteldeutschland.de
STATIONÄRE KINDER-
HOSPIZE IN PLANUNG
ɘ ɘBADEN-WÜRTTEMBERG
Kinder- und Jugendhospiz Sternschnuppe-Hospiz
Via Luce gGmbH
Virchowweg 22
78054 Villingen-Schwenningen
Telefon: 07720 99 58 9 70
www.kinderhospiz-sternschnuppe.de
ɘ ɘBAYERN
Franken Hospiz Bamberg gGmbH –
Kinder und Jugendhospiz
Sternenzelt Bamberg
Lobenhofferstraße 10
96049 Bamberg
Telefon: 0176 80561284
Probemitglied
Stiftung AKM Zentrum Niederbayern
(teilstationär)
Altstadt 314
84028 Landshut
Telefon: 0871 46 40 49 51
www.kinderhospiz-muenchen.de
Stiftung AKM Zentrum
Südostoberbayern (teilstationär)
c/o RoMed Klinikum Rosenheim
Pettenkoferstraße 10
83022 Rosenheim
Telefon: 08031 39 11 66 11
www.kinderhospiz-muenchen.de
Stiftung AKM Zentrum
Südwestoberbayern (teilstationär)
Brückerstraße 1, 82266 Inning
Telefon: 08143 90 94 04 0
www.kinderhospiz-muenchen.de
ɘ ɘBRANDENBURG
Johanniter-Unfall-Hilfe e. V.; Regionalverband
Südbrandenburg Johanniter-Kinderhaus
„Pusteblume“
Werner-Seelenbinder-Ring 44
03048 Cottbus
Telefon: 0355-47746-160, 0173 619 4420
www.johanniter.de/kinderhospiz
ɘ ɘSAARLAND
Kinderhospiz Heiligenborn e. V.
Saarbrückerstraße 118, 66359 Bous
Telefon: 0160 1 61 98 57
www.heiligenborn.com
Siebenpfeiffer Hospiz und
Palliativgesellschaft gGmbH
Moselstr. 8, 66424 Homburg
Telefon: 06841 96 03 52
Probemitglied
AMBULANTE
KINDERHOSPIZDIENSTE
ɘ ɘBADEN-WÜRTTEMBERG
Kinder- und Jugendhospizdienst
Ostalb und Heidenheim
des Malteser Hilfsdienst e. V.
Gerokstraße 2, 73431 Aalen
Telefon: 07361 93 94 35
www.malteser-kinderdienste.de
Kinder- und Jugendhospizdienst
Sternentraum
Größeweg 100 a, 71522 Backnang
Telefon: 07191 3 73 24 32
www.kinderhospizdienst.net
Hospizstiftung Rems-Murr-Kreis e. V.
Kinder- und Jugendhospizdienst
„Pusteblume“
Bonhoeffer Straße 2, 71522 Backnang
Telefon: 07191 9 27 97 27
www.hospiz-remsmurr.de/
ambulanter-kinderhospizdienst.html
Spendenkonto Bundesverband Kinderhospiz e. V.: IBAN DE03 4625 0049 0000 0290 33 BIC: WELADED1OPE 81
Aus dem Verband
Sonnenschein Ambulanter Kinder- und
Jugend hospizdienst der Malteser im
Main-Tauber-Kreis
Uhlandstraße 7, 97980 Bad Mergentheim
Telefon: 07931 58 25 70
www.malteser-kinderhospizdienstmaintauberkreis.de
Ambulanter Kinder- und Jugendhospizdienst
Freiburg und Breisgau-Hochschwarzwald
Malteser Hilfsdienst e. V.
Heinrich-von-Stephan-Straße 14
79100 Freiburg
Telefon: 0761 4 55 25 33
www.malteser-freiburg.de
Ambulanter Kinderhospizdienst KiDi
(Diakonisches Werk Heidelberg)
Hauptstraße 29, 69117 Heidelberg
Telefon: 06221 5 99 66 21
www.diakonie-heidelberg.de
Große Hilfe für kleine Helden
Ambulanter Kinder-und
Jugendhospizdienst
Am Gesundbrunnen 20 – 26,
74078 Heilbronn
Telefon: 07131 2 78 61 22
www.grosse-hilfe.de
Ökumenischer Hospizdienst Böblingen
Ambulanter Kinder- und Jugendhospizdienst
im Landkreis Böblingen
Max-Eyth Straße 23, 71088 Holzgerlingen
Telefon: 07031 6 59 64 00
www.hospizdienst-bb.de
Kinderhospizdienst für die Stadt
und den Landkreis Karlsruhe
Kaiserstraße 172, 76133 Karlsruhe
Telefon: 0721 83 18 49 31
www.kinderhospizdienst-karlsruhe.de
Ambulanter Hospizdienst Leonberg
für Kinder und Jugendliche
Seestraße 84, 71229 Leonberg
Telefon: 07152 3 35 52 04
www.hospiz-leonberg.de
Ambulanter Kinderhospizdienst
Neckar-Odenwald-Kreis e. V.
Franz-Roser-Platz 2, 74821 Mosbach
Telefon: 06261 9 38 35 83
www.kinderhospiz-nok.de
Ortenauer Kinderund
Jugendhospizdienst
Asternweg 11, 77656 Offenburg
Telefon: 0781 99 05 73 20
www.kinderhospizdienst-ortenau.de
Ökumenischer Hospizdienst Region
Öhringen e. V. Kinder- und Jugendhospizdienst
im Hohenlohekreis
Hunnenstraße 12, 74613 Öhringen
Telefon: 07941 64 80 26
www.hospizdienst-oehringen.de
Sterneninsel e. V. – Ambulanter
Kinder- und Jugendhospizdienst
Pforzheim & Enzkreis
Wittelsbacherstraße 18, 75177 Pforzheim
Telefon: 07231 8 00 10 08
www.sterneninsel.com
AKI Ambulanter Kinder-und Jugendhospizdienst
Schwäbisch Hall e. V.
Mittelhöhe 3, 74523 Schwäbisch Hall
Telefon: 0791 9 56 64 55
www.kinderhospiz-sha.de
MHD e. V. Sigmaringen Amb. Kinderund
Jugendhospizdienst
Allee 9, 72488 Sigmaringen
Telefon: 0170 8828556
www.malteser.sigmaringen.de
Ambulanter Kinder-und Jugendhospizdienst
Lörrach/Hochrhein
Eisenbahnstraße 3, 79585 Steinen
Telefon: 0151 65531220
www.malteser-bw.de
Ambulanter Kinderhospizdienst
des Hospiz Stuttgart
Diemershaldenstraße 7 – 11
70184 Stuttgart
Telefon: 0711 23 74 18 32
www.hospiz-stuttgart.de
Kinderhospizdienst Kuckucksnest e. V.
Adolph-Kolping-Straße 20
79822 Titisee-Neustadt
Telefon: 07703 93 18 38
www.kinderhospizdienstkuckucksnest.de
Hospiz Förderverein VS e. V.
Kinder- und Jugendhospizdienst
Virchowweg 22
78054 Villingen-Schwenningen
Telefon: 07720 99 58 90
www.hospizverein-vs.de
ɘ ɘBAYERN
Bunter Kreis – Nachsorge gGmbH
Ambulanter Kinder- und
Jugendhospizdienst
Stenglinstraße 2, 86156 Augsburg
Telefon: 0821 4 00 48 96
www.bunter-kreis.de
Stiftung AKM
Zentrum Südwestoberbayern
Bruckerstraße 1, 82266 Inning
Telefon: 08143 90 94 04 0
www.kinderhospiz-muenchen.de
Stiftung AKM Zentrum Niederbayern
Altstadt 314, 84028 Landshut
Telefon: 0871 46 40 49 51
www.kinderhospiz-muenchen.de
Kinderhospiz Sternenzelt
Mainfranken e. V.
Bahnhofstraße 18
97828 Marktheidenfeld
Telefon: 09391 9 08 84 00
www.kinderhospiz-sternenzelt.de
Stiftung Ambulantes Kinderhospiz
München (AKM)
Blutenburgstraße 64 + 66
80636 München
Telefon: 089 5 88 03 03 11
www.kinderhospiz-muenchen.de
Stiftung AKM Zentrum
Südostoberbayern
c/o RoMed Klinikum Rosenheim
Pettenkoferstraße 10
83022 Rosenheim
Telefon: 08031 39 11 66 11
www.kinderhospiz-muenchen.de
Hospizverein Bamberg e. V. Ambulanter
Kinder-und Jugendhospizdienst
Lobenhofferstraße 10, 96049 Bamberg
Telefon: 0951 955070
www.hospizverein-bamberg.de
ɘ ɘBERLIN
Kinderhospiz- und Familienbesuchsdienst
des Caritasverbandes Berlin e. V.
Pfalzburgerstraße 18, 10719 Berlin
Telefon: 030 6 66 34 03 63
www.caritas-berlin.de
Stephanus-Kinderhospizdienst
Albertinenstraße 20, 13086 Berlin
Telefon: 030 96 24 95 43
www.stephanus-kinderhospizdienst.de
Johanniter-Unfall-Hilfe e. V. –
Regionalverband Berlin
Soorstraße 76, 14050 Berlin
Telefon: 030 8 16 90 12 56
www.johanniter.de
kinderhospizdienst-berlin
Ambulantes Kinderhospiz
Berliner Herz
Karl-Marx-Allee 66, 10243 Berlin
Telefon: 030 2 34 58 00 60
humanistisch.de/berlinerherz
ɘ ɘBRANDENBURG
Johanniter-Unfall-Hilfe e. V.
RV Oderland-Spree
Kinderhospizdienst Nora
Am Trockendock 1A Haus 2
15890 Eisenhüttenstadt
Telefon: 0173 6194909
www.johanniter.de/bb
82 Spendenkonto Bundesverband Kinderhospiz e. V.: IBAN DE03 4625 0049 0000 0290 33 BIC: WELADED1OPE
Aus dem Verband
KINDERHILFE e. V.
Ambulanter Kinderhospizdienst
Berlin-Brandenburg
Plantagenplatz 2
14482 Potsdam-Babelsberg
Telefon: 0331 81 32 76 03
www.kinderhilfe-ev.de
ɘ ɘBREMEN
Friedehorst gGmbH
Ambulanter Kinderhospizdienst Jona
Knochenhauerstraße 15
28195 Bremen
Telefon: 0421 6 38 12 69
www.friedehorst.de/jona
Ambulanter Kinderhospizdienst
Augenstern, Hospizmodell HOMBRE
Bülkenstraße 31
27570 Bremerhaven
Telefon: 0471 8 06 29 55
hospiz-bremerhaven.de
ɘ ɘHAMBURG
Familienhafen –
Ambulanter Kinderhospizdienst
Nernstweg 20a, 22765 Hamburg
Telefon: 040 79 69 58 20
www.familienhafen.de
Theodorus Kinder-Tageshospiz gGmbH
Ambulanter Kinderhospizdienst
HHanseStrolche
Alte Elbgaustraße 14
22523 Hamburg
Telefon: 040 33 42 84 13
www.theodorus-hamburg.de
ɘ ɘHESSEN
Kinder- und Jugendhospiz
„Kleine Helden“ Osthessen e. V.
Kallbachstraße 11
36088 Hünfeld-Michelsrombach
Telefon: 06652 9 82 92 20
www.kleinehelden-hospiz.de
Sternenkinderzentrum Odenwald e. V.
Wilhelm-Leuscher Straße 31D
64686 Lautertal
Telefon: 0177 9168045
www.sternenkinderzentrumodenwald.de
Ambulanter Kinder- und
Jugendhospizdienst Bärenherz
Bahnstraße 13a
65205 Wiesbaden
Telefon: 0611 3 60 11 10 65
www.kinderhospiz-wiesbaden.de
ɘ ɘMECKLENBURG-VORPOMMERN
Ambulanter Kinder- und
Jugendhospizdienst Leuchtturm
Poggenweg 29
17489 Greifswald
Telefon: 03834 5 20 52 00
www.kinderhospiz-leuchtturm.de
ɘ ɘNIEDERSACHSEN
Kinder- und Jugendhospizdienst
Calluna e. V.
Vor dem Borstel 16, 29646 Bispingen
Telefon: 05194 43 13 50
www.kjhd-calluna.de
Kinderhospiz Cuxhaven-
Bremerhaven e. V.
Franz-Rotter-Allee 13, 27472 Cuxhaven
Telefon: 04721 59 13 91
www.kinderhospiz-cuxhaven.de
KiHO ASB Ambulanter Kinderund
Jugendhospizdienst Hannover
Petersstraße 1 – 2, 30165 Hannover
Telefon: 0511 3 58 54 49
www.asb-hannover-stadt.org
helpful Kinderhospiz e. V.
Am Vosseberg 69, 26871 Papenburg
Telefon: 04961 80 99 075
www.helpful-ev.de
ɘ ɘNORDRHEIN-WESTFALEN
Ambulanter Hospiz- und
Palliativ-Beratungsdienst Lippe e. V.
Leopoldstraße 16, 32756 Detmold
Telefon: 05231 96 28 00
www.hospiz-lippe.de
Hospizverein Erftstadt e. V.,
Ambulanter Kinder- und Jugendhospizdienst
Rhein-Erft-Kreis
Carl-Schurz-Straße 105, 50374 Erftstadt
Telefon: 02235 52 27
www.hospiz-verein-erftstadt.de
Ambulanter Kinder- und Jugendhospizdienst
„Kleine Raupe“ Johanniter-
Unfall-Hilfe e. V.
Hagener Straße 121, 58642 Iserlohn
Telefon: 02371 93 93 16, 0172 1952386
www.johanniter.de/dienstleistungen/
betreuung/kinderhospiz/ambulanterkinderhospizdienst-die-kleineraupe-in-suedwestfalen/
DRK-Schwesternschaft Krefeld e. V.
Ambulanter Kinder- und Jugendhospizdienst
im stups-KINDERZENTRUM
Jakob-Lintzen-Straße 8, 47807 Krefeld
Telefon: 02151 7 37 65 10
www.drk-schwesternschaft-kr.de
„Königskinder“ –
Ambulanter Hospizdienst für Kinder
und Jugendliche gGmbH
Sankt-Mauritz-Freiheit 24, 48145 Münster
Telefon: 0251 39 77 86 14
www.kinderhospiz-koenigskinder.de
Initiative Schmetterling Neuss e. V.
Jülicher Straße 51, 41464 Neuss
Telefon: 02131 1 25 82 50
www.schmetterling-neuss.de
Katholisches Klinikum
Oberhausen GmbH
Ambulantes Kinderhospiz Möwennest
Vestische Straße 6a, 46117 Oberhausen
Telefon: 0208 3 02 66 41
www.moewennest-oberhausen.de
Kinderhospizdienst Ruhrgebiet e. V.
Am Herbeder Sportplatz 17
58456 Witten
Telefon: 02302 27 77 19
www.kinderhospizdienst-ruhrgebiet.de
Kinder- und Jugendhospizdienst
Bergisch Land
Caritas Wuppertal/Solingen e. V.
Laurentiusstraße 9, 42103 Wuppertal
Telefon: 0202 3 89 03 63 10
www.caritas-wuppertal.de
Ambulanter Kinderhospizdienst
Pusteblume der Diakonie Wuppertal
Blankstraße 5, 42119 Wuppertal
Telefon: 0202 4 30 51 24
www.hospizdienst-wuppertal.de
ɘ ɘRHEINLAND PFALZ
Hospizverein für Stadt und Landkreis
Kaiserslautern e. V. Ambulanter
Kinder-und Jugendhospizdienst
Pariser Straße 96, 67655 Kaiserslautern
Telefon: 0631 3 10 64 78
www.hospiz-kaiserslautern.de
Koblenzer Hospizverein e. V.
Ambulantes Kinder- und Jugendhospiz
Hohenzollernstraße 18, 56068 Koblenz
Telefon: 0261 5 79 37 90
www.hospizinkoblenz.de
Mobile Ambulanter Kinder- und
Jugendhospizdienst Mainzer Hospizgesellschaft
Christophorus e. V.
Weißliliengasse 10, 55116 Mainz
Telefon: 06131 23 55 31
mainzer-hospiz.de
nestwärme gGmbH
Christophstraße 1, 54290 Trier
Telefon: 0651 99 20 12 10
www.nestwaerme.de
Spendenkonto Bundesverband Kinderhospiz e. V.: IBAN DE03 4625 0049 0000 0290 33 BIC: WELADED1OPE 83
Aus dem Verband
ɘ ɘSAARLAND
Kinderhospiz-und Palliativteam Saar
Hauptstraße 155, 66589 Merchweiler
Telefon: 06825 95 40 90
www.kinderhospizdienst-saar.de
ɘ ɘSACHSEN
Kinderhospiz Bärenherz Leipzig
Kees’scher Park 3
04416 Markkleeberg
Telefon: 0341 3 50 16 32 40
www.baerenherz-leipzig.de
Ambulanter Hospizund
Beratungsdienst
„NÄCHSTENLIEBE“ e. V.
Auerbacher Straße 78
08248 Klingenthal
Telefon: 0163 61 490 65
www.hospizdienst.net
ɘ ɘSACHSEN-ANHALT
Anhaltische Hospiz-und Palliativgesellschaft
gGmbH Ambulanter
Kinder- und Jugendhospizdienst
Kühnauer Straße 40
06846 Dessau-Roßlau
Telefon: 0340 6 50 19 60
www.anhalt-hospiz.de
in Planung
Ambulantes Kinder- und
Jugendhospiz Halle gGmbH AKJH
Kleine Ulrichstraße 24a, 06108 Halle
Telefon: 0345 95 89 86 09
www.ambulantes-kinderhospiz-halle.de
ɘ ɘSCHLESWIG HOLSTEIN
Die Muschel e. V. Ambulanter Kinderund
Jugendhospizdienst Bad Segeberg
Klosterkamp 19, 23795 Bad Segeberg
Telefon: 04551 8 02 30 30
www.die-muschel-ev.de
Ambulanter Kinder- und
Jugendhospizdienst
im Katharinen Hospiz am Park
Mühlenstraße 1, 24937 Flensburg
Telefon: 0461 50 32 30
www.katharinen-hospiz.de
Ambulanter Kinder-und Jugendhospizdienst
RaBe hospiz-initiative Kiel e. V.
Waitzstraße 17, 24105 Kiel
Telefon: 0431 22 03 35 22
www.hospiz-initiative-kiel.de
Die Muschel e. V. Ambulanter Kinderund
Jugendhospizdienst Lübeck
Rigastraße 9, 23560 Lübeck
Telefon: 04551 8 02 30 30
www.die-muschel-ev.de
Ambulanter Familienhospizdienst
Kinder auf Schmetterlingsflügeln e. V.
Bahnhofstraße 26
23689 Pansdorf
Telefon: 04504 60 73 70
www.kasf.de
Ambulanter Kinder-und Jugendhospizdienst
Rendsburg-Eckernförde
Kirchenstraße 1
24768 Rendsburg
Telefon: 04331 5 91 49 77
www.pflegelebensnah.de
ɘ ɘTHÜRINGEN
Thüringer Kinderhospizdienst
Regionalbüro Erfurt
Augustinerstraße 8
99084 Erfurt
Telefon: 03631 4 60 89 10
www.thueringer-kinderhospizdienst.de
Thüringer Kinderhospizdienst
Regionalbüro Ost-Jena
Sophienstraße 28
07743 Jena
Telefon: 03631 4 60 89 10
www.thueringer-kinderhospizdienst.de
Thüringer Kinderhospizdienst
Regionalbüro West-Mülhausen
Pfortenstraße 8
99974 Mühlhausen
Telefon: 03601 4 08 54 90
www.thueringer-kinderhospizdienst.de
Thüringer Kinderhospizdienst
Regionalbüro Nord-Nordhausen
Harzstraße 58
99734 Nordhausen
Telefon: 03631 4 60 89 10
www.thueringer-kinderhospizdienst.de
Thüringer Kinderhospizdienst
Regionalbüro Südthüringen
Stumpfelsgasse 4
98574 Schmalkalden
Telefon: 03683 4 66 58 10
www.thueringer-kinderhospizdienst.de
AMBULANTE KINDER-
HOSPIZDIENSTE
IN PLANUNG
ɘ ɘBRANDENBURG
Johanniter-Unfall-Hilfe e. V.
Regionalverband Südbrandenburg –
Johanniter-Kinderhaus „Pusteblume“
Werner-Seelenbinder-Ring 44
03048 Cottbus
Telefon: 0355 47 74 61 70
www.johanniter.de/kinderhospiz
in Planung
KORPORATIVE
MITGLIEDER
ɘ ɘBADEN-WÜRTTEMBERG
Luftikus e. V.
Hartranftstraße 48
72250 Freudenstadt
Telefon: 07441 90 55 02
www.luftikus-baiersbronn.de
Solidaria e. V.
Mörikestraße 28/1
74348 Lauffen am Neckar
Telefon: 0176 61 03 51 61
www.solidaria-ev.de
Kinderhospiz Sterntaler e. V.
Häusliche Kinderkrankenpflege
A 3, 2, 68159 Mannheim
Telefon: 0621 17 82 23 30
www.kinderhospiz-sterntaler.de
Unter dem Regenbogen,
Trauerberatung f. Kinder,
Jugendliche und deren Angehörige
Johanniterstraße 35, 78628 Rottweil
Telefon: 0741 34 85 33 42
www.mit-kindern-trauern.de
Palliative Care für Kinderund
Jugendliche –
Landesstelle BW am Hospiz Stuttgart
Stafflenbergstraße 22
70184 Stuttgart
Telefon: 0711 23 74 18 77
www.kinder-palliativ-landesstelle.de
kidi häusliche Kinderkrankenund
Intensivpflege GmbH
Färberstraße 11
78050 Villingen-Schwenningen
Telefon: 07721 9 16 07 70
www.kidi-web.de
Mein Herz lacht e. V.
Community für Eltern
beeinträchtigter Kinder
Auf der Steige 24/4, 71277 Rutesheim
Telefon: 0173 68 63 190
www.meinherzlacht.de
ɘ ɘBAYERN
Palliativakademie Bamberg
Sodenstraße 14, 96047 Bamberg
Telefon: 0951 50 90 61 00
www.palliativakademie-bamberg.de
REGIOMED KLINIKEN GmBH
Gustav-Hirschfeld-Ring 3
96450 Coburg
Telefon: 09561-97 33 0
www.regiomed-kliniken.de
84 Spendenkonto Bundesverband Kinderhospiz e. V.: IBAN DE03 4625 0049 0000 0290 33 BIC: WELADED1OPE
Aus dem Verband
Hand in Hand gegen Tay-Sachs
und Sandhoff in Deutschland e. V.
Theodor-Heuss-Straße 58
97204 Höchberg
Telefon: 0931 99 13 14 00
www.tay-sachs-sandhoff.de
Johanniter-Unfall-Hilfe e. V.
Waltherstraße 6, 97074 Würzburg
Telefon: 0931 7 96 28 27
www.johanniter.de/unterfranken
Stiftung AKM – Bunte Kreise München,
Rosenheim, Landshut, Fünfseenland
Altstadt 314, 84028 Landshut
Telefon: 0871 46 40 49 51
www.kinderhospiz-muenchen.de
ɘ ɘBERLIN
KINDERHiLFE e. V. – Hilfe für
krebs- und schwerkranke Kinder
Berlin Brandenburg
Triftstraße 42, 13353 Berlin
Telefon: 030 8 57 47 83 60
www.kinderhilfe-ev.de
ɘ ɘBRANDENBURG
LöwenKinder Frankfurt (Oder) e. V.
Logenstraße 1
15230 Frankfurt (Oder)
Telefon: 0335 56 57 49 10
www.loewenkinder-ffo.de
ɘ ɘHAMBURG
Förderverein KinderLeben e. V.
Kulemannstieg 10
22457 Hamburg
Telefon: 040 53 87 99 48
www.kinderleben-hamburg.de
Hände für Kinder e. V. – Der Kupferhof
Kupferredder 45
22397 Hamburg
Telefon: 040 64 53 25 20
www.haendefuerkinder.de
ɘ ɘHESSEN
Philip Julius e. V. –
Verein zur Förderung mehrfach
schwerstbehinderter Menschen
Kirchstraße 1, 61118 Bad Vilbel
Telefon: 0176 21 65 17 28
www.philip-julius.de
LaLeLu e. V.
Kirchstraße 19a
63486 Bruchköbel
Telefon: 06181 4 34 19 99
www.lalelu-homepage.de
Bethanien Diakonissen Stiftung –
Sternenkinder
Dielmannstraße 26
60599 Frankfurt am Main
Telefon: 069 9 59 32 37 00
www.bethanien-stiftung.de
Mehrgenerationenhospiz
Heilhaus Kassel gGmbH
Brandaustraße 10
34127 Kassel
Telefon: 0561 98 32 68 21
www.mehrgenerationenhospiz.de
www.heilhaus.org
IFB Inklusion durch Förderung
und Betreuung
Storchenallee 2
65201 Wiesbaden
Telefon: 0611 18 28 30
www.ifb-stiftung.de
ɘ ɘNORDRHEIN-WESTFALEN
Sterntaler e. V. – Trauerbegleitung für
Kinder, Jugendliche und deren Familien
Niedermühlenkamp 6
33604 Bielefeld
Telefon: 0521 5 57 88 33
www.sterntaler-trauerbegleitung.de
BFVEK Bundesverband
zur Begleitung von Familien
vorgeburtlich erkrankter Kinder e. V.
Düsseldorfer Straße 297
47809 Krefeld
Telefon: 02151 4 79 93 99
www.bfvek.de
DRK Schwesternschaft Krefeld e. V.
Inklusive Kindertagesstätte im
stups-KINDERZENTRUM
Jakob-Lintzen-Straße 8
47807 Krefeld
Telefon: 02151 7 37 65 07
www.drk-schwesternschaft-kr.de
Hilfe für verletze Kinder-Seelen e. V.
c/o Anwaltskanzlei Heemeyer
Hohenzollerstraße 7
45659 Recklinghausen
Telefon: 02361 4 05 99 02
www.verletzten-kinderseelen-helfen.de
Sternenland e. V.
Bahnhofstraße 54
48291 Telgte
Telefon: 02504 9 86 90 07
www.kindertrauer-sternenland.de
ɘ ɘSACHSEN
Bundesverband Verwaiste Eltern
und trauernde Geschwister
in Deutschland e. V.
Roßplatz 8 a, 04103 Leipzig
Telefon: 0341 9 46 88 84
www.veid.de
ɘ ɘTHÜRINGEN
Deutsche Kinderhospizund
Familien stiftung DKFS
Harzstraße 58
99734 Nordhausen
Telefon: 03631 46 08 92 60
www.dkfs-hilft.de
FÖRDERMITGLIEDER
ɘ ɘBADEN-WÜRTTEMBERG
Edith-Heilscher-Stiftung
Schloß-Urach-Straße 4
79853 Lenzkirch
Telefon: 07653 8 26 40 99
www.edith-heilscher-stiftung.de
ɘ ɘBAYERN
alegas AG
Am Ährenfeld 6a
81375 München
Telefon: 089 33 02 95 60
www.alegas.de
ɘ ɘNIEDERSACHSEN
Aktion Kindertraum gGmbH
Pfarrlandplatz 4
30451 Hannover
Telefon: 0511 2 11 02 15
www.aktion-kindertraum.de
ɘ ɘNORDRHEIN-WESTFALEN
Aktion Kinderträume – Verein der
Deutschen Fleischwirtschaft e. V.
In der Mark 2
33378 Rheda-Wiedenbrück
Telefon: 05242 96 11 30
www.aktion-kindertraeume.de
Bethe-Stiftung
c/o Deutsche Oppenheim Family Office
Bockenheimer Landstraße 23
60325 Frankfurt
www.bethe-stiftung.org
Spendenkonto Bundesverband Kinderhospiz e. V.: IBAN DE03 4625 0049 0000 0290 33 BIC: WELADED1OPE 85
Aus dem Verband
Einen Sarg selbst gestalten und sich
so auf sehr persönliche Art von einem
Menschen verabschieden: Das ist
beispielsweise beim Berliner Bestattungsunternehmen
Thanatos möglich.
Gemeinsam
loslassen
Von der Trauerfeier bis zum Gedenkort –
Abschiede können so individuell sein wie das Leben selbst
TEXT: ANJA BIEBER
FOTOS: THANATOS BESTATTUNG UND KATINKA ZEUNER
86 Spendenkonto Bundesverband Kinderhospiz e. V.: IBAN DE03 4625 0049 0000 0290 33 BIC: WELADED1OPE
Aus dem Verband
Auf den ersten Blick sieht es eigentlich
nicht aus wie eine Beerdigung.
Dutzende Motorräder knattern
zum Friedhof, die Menschen, die
sich dort zur Beisetzung eines
13-jährigen Mädchens treffen, tragen
bunte Kleidung. „Genau so
hätte sie es gewollt“, sind sich die
Eltern sicher. Ein gutes und tröstliches
Gefühl, mitten in all den
schlimmen Gefühlen an diesem
Tag. Wer als Angehöriger weiß, wie
sich der oder die Verstorbene seine
Abschiedsfeier gewünscht hat, dem
gibt dieses Wissen Halt.
„Trauerfeiern sind so individuell
und bunt wie das Leben“, sagt Stephan
Neuser. Der Generalsekretär
des Bundesverbands Deutscher
Bestatter weiß, dass es für die Hinterbliebenen
wichtig ist, neben den
Wünschen des oder der Verstorbenen
gut auf die eigenen Bedürfnisse
zu achten. „Es muss nicht
die vermeintlich gesellschaftlich
erwartete große Trauerfeier sein“,
so Neuser, „ein Abschied ist ein
sehr privater Moment und darf
auch so gestaltet werden.“ Trauerfeiern
können kirchlich oder konfessionsungebunden
durchgeführt
werden. Wer nicht in einer Kirche
Abschied nehmen möchte, dem
stehen in Beerdigungsinstituten
oft eigene Räume zur persönlichen
Abschiednahme zur Verfügung. Oft
wird ein Kerzenritual in die Feier
integriert, bei dem jeder ein Licht
für den Verstorbenen entzündet –
als sichtbares Zeichen von Liebe,
Hoffnung und Verbundenheit. Und
wer keine Erde in ein Grab werfen
möchte, der darf auch Blütenblätter
hineinfallen lassen.
Immer häufiger werden inzwischen
auch sehr individuelle, oft
bunte Särge beigesetzt, die die
Angehörigen mit Pinseln und Farbe
selbst gestaltet haben. Besonders,
wenn Kinder verstorben sind oder
trauernd zurückbleiben, kann
eine solche gemeinsame Vorbereitung
zum Beispiel dazu beitragen,
Ängste und Unsicherheiten
in Bezug auf die Beerdigung zu
verringern. Auch viele Kinderhospizeinrichtungen
bieten abschiednehmenden
Kindern und Eltern
diese Möglichkeit des gemeinsamen
Loslassens. Bei vielen Beerdigungen
steigen Luftballons auf,
Gedichte oder Geschichten werden
verlesen, Lieblingsmusik erklingt –
es ist kein Widerspruch, an der letzten
Ruhestätte darf es ruhig auch
mal laut zugehen.
Gerade bei der Beisetzung von
jungen Verstorbenen passen
unkonventionelle Abschiedsrituale
oft besser als traditionelle.
Der Wunsch, auf eine passende
Weise von einem verstorbenen
Menschen Abschied zu nehmen
wird deshalb auch in Kinderhospizeinrichtungen
ganz besonders
berücksichtigt. Dort geht es vorrangig
darum, zu leben – so gut
und unbeschwert wie möglich,
für die ganze Familie. Aber natürlich
hat auch das Sterben in Kinderhospizen
seinen Platz, und das
gemeinsame Erinnern. In vielen
stationären Kinderhospizen wurden
dazu bunte und fröhliche
Orte geschaffen: Gärten mit liebevoll
gestalteten Windrädchen oder
bunten Vogelhäuschen, die Namen
und Daten tragen. Steinwände, in
die kleine Nischen für Fotos und
Erinnerungsstücke eingelassen
wurden. Abschiedsbäume, bei
denen jedes Blatt für ein verstorbenes
Kind steht – in Kinder hos pizen
wird längst gelebt, der Trauer
eigene Ausdrucksformen zu geben.
Doch nicht nur, wenn es um Kinder
geht, finden sich bei der Gestaltung
letzter Ruhestätten oder Gedenkorte
immer individuellere Lösungen.
In Berlin, bezeichnenderweise
in einer Werkstatt, die auf dem
Gelände der ehemaligen Mauer und
ihres „Todesstreifens“ steht, arbeitet
Michael Spengler. Der Steinmetz
und Bildhauer hat sich darauf spezialisiert,
mit trauernden Angehörigen
gemeinsam Grabsteine zu
entwerfen. Ein so sensibler Prozess
ermöglicht noch einmal auf eine
ganz besondere Art, sich der oder
dem Verstorbenen zu nähern. „Die
ganze Vielschichtigkeit eines Menschen
in ein Objekt zu packen, das
geht nicht“, sagt Spengler. „Spannend
ist, die Essenz zu finden, das,
was den Menschen am wesentlichen
ausmachte.“ Der Künstler
verzichtet dabei absichtlich auf
einen eigenen, das Werk prägenden
Stil, freimütig bekennt er: „Eigentlich
bin ich wie ein Kunstdieb und
verwende auch mal Einflüsse aus
der Renaissance, aus dem Barock
oder der zeitgenössischen Kunst.“
Spengler arbeitet mit einer Vielzahl
an Materialien und Bearbeitungstechniken.
Mit „Steinspaltungen“
zum Beispiel steht ihm eine eindrucksvolle
Möglichkeit zur Verfügung,
plötzlich eingetretene
Todesfälle zu symbolisieren. Die
Oberflächen schleift Spengler partiell
ab, scharfe Kanten glättet er,
um den Betrachter zum Berühren
einzuladen. „denkwerke“ nennt
er die Grabsteine aus seiner Werkstatt
und sagt, das Grabmal sei eine
„haptische Krücke“, um den Tod im
versöhnlichen Sinne (an)fassbar zu
machen.
Spendenkonto Bundesverband Kinderhospiz e. V.: IBAN DE03 4625 0049 0000 0290 33 BIC: WELADED1OPE 87
Aus dem Verband
Familie Neustadt
ließ Michael
Spengler einen
Grabstein für ihren
verstorbenen Sohn
Josef gestalten –
und fühlte sich bei
diesem Prozess
ernst genommen.
Auch Familie Neustadt aus Berlin
hat für ihren Sohn Josef einen
ganz besonderen Stein gesucht. Der
kleine Junge erlitt durch Komplikationen
während der Geburt eine
schwere Schädigung des Gehirns –
und starb kurz vor seinem zweiten
Geburtstag. „Josef zeigte sich durch
seine Atmung, die ganz anders war
als bei uns“, erzählt seine Mutter
Anne. „Es war beeindruckend, wie
Michael Spengler unsere Worte
und unsere Gefühle in eine Form
transformierte. Josef und uns ernst
nahm.“
Der Entstehungsprozess eines solchen
individuellen Grabsteins kann
und darf dauern – oft ist das Werk
erst nach Monaten ausgereift. „In
der Trauerarbeit tut es den Hinterbliebenen
gut, das Prozesshafte mitzunehmen“,
weiß Spengler. „Michael
hat uns Halt gegeben in der Zeit. War
beständig da. Auch unsere Tochter
Klara wurde mit in dem Prozess einbezogen.
Michael hat uns geholfen,
unseren Gefühlen mit dem Grabstein
einen Ausdruck zu verleihen.
Er konnte unsere Gefühle zu Josef
in einer Einzigartigkeit in eine Form
übersetzen. Davon sind wir immer
noch sehr berührt“, sagt Anne Neustadt
dankbar. (Mehr über Josefs
Geschichte lesen Sie auf S. 18.)
Viele Auftraggeber von Michael
Spengler haben zunächst keinerlei
Vorstellung von „ihrem“ Objekt
und trauen der eigenen Kreativität
nicht so recht über den Weg. Deshalb
stellt ihnen Spengler in der
konzeptionellen Planungsphase
assoziative Fragen wie: „Wenn der
oder die Verstorbene eine Farbe
gewesen wäre – welche?“ oder
„Welche geometrische Form entspricht
seinem oder ihrem Wesen
wohl am besten?“. Das kann manchmal
schwierig und auch schmerzhaft
sein – „bei mir wird auch viel
geweint“, sagt Spengler. Doch heraus
kommen Kunstwerke, die zu
Leben passen und Hinterbliebene,
die sich noch einmal intensiv mit
dem verlorenen Menschen auseinandersetzen
durften. Auf Wunsch
bindet Spengler die Angehörigen
Mit seiner Arbeit
begleitet Steinmetz
Michael Spengler
Menschen durch ihre
Trauer – manchmal
über Wochen,
gar Monate.
auch in den handwerklichen Entstehungsprozess
mit ein, lässt sie zum
Beispiel Schriftzüge ausmalen oder
vergolden. Spenglers besondere und
einfühlsame Arbeit hat Regisseurin
Katinka Zeuner in dem Film „Der
Stein zum Leben“ eingefangen, der
im Mai 2019 in den Kinos anlief.
Wie Künstler Michael Spengler
ermutigt auch Stephan Neuser
(der auch Botschafter des Bundesverbands
Kinderhospiz ist) dazu,
Gedanken an die eigene Beerdigung
und letzte Ruhestätte zuzulassen.
„Sterben ist in unserer Gesellschaft
ein Tabuthema. Doch wer sich auf
sein Lebensende vorbereiten kann
und seinen Lieben mitteilt, wie er
sich einen Abschied wünscht, der
hilft damit auch denen, die zurückbleiben“,
so Neuser.
88 Spendenkonto Bundesverband Kinderhospiz e. V.: IBAN DE03 4625 0049 0000 0290 33 BIC: WELADED1OPE
Aus KOCHS dem KOLUMNE
Verband
Vom Zauber,
Kindern zu helfen
Wären Sie Jury-Mitglied für den Fotopreis des Bundesverbands
Kinderhospiz gewesen, Sie hätten es vermutlich ähnlich
gemacht wie die sechsjährige Mila: In die engere Wahl nahm
Mila gezielt alle Bilder von Kindern und ein Hundefoto.
Milas Auswahl ist wenig verwunderlich – denn nichts
berührt unsere Herzen mehr als Kinder – und Tiere.
Als der Zwergspitz Boo, bekannt als „niedlichster Hund
der Welt“, starb, hinterließ er mehr als 16 Millionen
Facebook-Abonnenten. Nicht nur die BILD, auch die
Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtete. „Grumpy
Cat“, eine Katze mit maximal mürrischem Gesichtsausdruck,
bringt es auf acht Millionen Follower. Katzenvideos
und Hundefotos gehören in den sozialen Medien
zu den meistgeklickten Inhalten.
Keine Branche weiß dies besser für ihre Zwecke einzusetzen
als die Werbung. Will eine Marke besondere
Aufmerksamkeit für ihre Botschaft erzielen, bildet sie
süße Tiere oder kleine Kinder ab. Am besten beides.
Gleiches gilt für unser Spendenverhalten. Nichts öffnet
unsere Brieftaschen mehr als notleidende Kinder und
Tiere. Bei Tieren funktioniert der Trigger immer. Bei
Kindern gibt es nur eine kleine, aber bedeutsame Einschränkung:
Sobald wir mit kranken Kindern konfrontiert
werden, die absehbar sterben werden, schrumpft
unsere Spendenbereitschaft zusehends.
Woran liegt das? Spenden wir lieber für eine gute Ausbildung
von benachteiligten, aber gesunden Kindern,
weil gesunde Kinder etwas Zukunftsgewandtes an sich
haben? Weil sie die Welt erobern können? Sind sie in
unseren Augen unterstützenswerter als kranke Kinder,
denen eine Zukunftsperspektive fehlt?
Wer jemals in seinem Leben ein Kinderhospiz besucht
oder sich damit beschäftigt hat, was lebensverkürzende
Krankheiten für betroffene Familien bedeuten,
der weiß, wie glücklich man Kinder macht, die in
den Genuss einer Kinderhospiz-Begleitung kommen.
Wie sehr man die Familien entlastet, die eine solch
schwere Aufgabe zu bewältigen haben.
Die Kinderhospizarbeit zaubert Freude. Freude ist für
diese Kinder und ihre Familien das wertvollste Glück
auf Erden. Längst nicht alle der über 40.000 erkrankten
Jungen und Mädchen, längst nicht alle Angehörigen
werden so unterstützt, wie es nötig wäre. Auch, weil
der Kinderhospizarbeit Geld fehlt. Geld für die Trauerbegleitung,
für das Sorgentelefon OSKAR, manchmal
sogar für die ärztliche Versorgung im Kinderhospiz –
und vor allem Geld für die dringend nötige Lobbyarbeit
gegenüber Politik und Öffentlichkeit. Denn es braucht
einen Bewusstseinswandel: Schwerstkranke Kinder
und ihre Familien müssen aus dem sozialen Abseits
zurück in die Mitte der Gesellschaft geholt werden –
denn nur da kann es ihnen gut gehen. Dafür brauchen
sie uns alle als starke Fürsprecher.
Mir kommt da eine Idee. Wenn jeder von uns, der
gerade für eine gute Sache spendet – egal wofür –
gleichzeitig ein Zehntel des Betrags an die Kinderhospizarbeit
spendet, zaubern wir das Finanzproblem
weg. Und unendliche Freude her.
Unser Kolumnist Thomas Koch war 35 Jahre lang Manager großer
Agenturen in der Werbebranche und unterstützt heute mit
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Arabischen Frühlings. Er ist seit 2010 Botschafter des Bundesverbands
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