beraterdepesche 01 I 2021
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eraterdepesche 01 | 2021
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GESETZE UND VERORDNUNGEN
• Verlängerung der Frist zur Abgabe der Steuererklärungen 2019
• Neuregelung für den Abzug der Aufwendungen im Homeoffice
(JStG 2020)
• Corona: Verlängerung der Antragsfrist für Überbrückungshilfe
II bis 31.01.2021 und Gewährung der Überbrückungshilfe
III
• Verlängerung der Regelungen zur Kurzarbeit
• Rekapitalisierung von kleinen und mittelständischen Unternehmen
während der Coronakrise
URTEILE DES BFH UND DER FINANZGERICHTE
• Absage für die BMF-Arbeitshilfe bei der Kaufpreisaufteilung
von Grundstücken
• Voraussetzungen der steuerrechtlichen Anerkennung mehrstöckiger
Freiberufler-Personengesellschaften
• Passivierung von Verbindlichkeiten bei Rangrücktritt
• Ablaufhemmung nach beiderseitigen Erledigungserklärungen
• Kein doppelter Haushalt trotz finanzieller Beteiligung
GESETZE UND VERORDNUNGEN
www.stbverband-koeln.de/
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Verlängerung der Frist zur Abgabe der
Steuererklärungen 2019
Die Koalitionspartner haben am 17.12.2020 beschlossen,
die Frist für die Abgabe der Steuererklärungen
2019 für beratene Fälle bis zum
31.08.2021 zu verlängern. Dies ist in Abstimmung
mit dem Bundesfinanzminister erfolgt.
BStBK und DStV hatten sich dafür seit Monaten
eingesetzt, denn der Berufsstand ist seit Beginn
der Coronakrise rund um die Uhr für seine Mandanten
im Einsatz. Egal ob Beratungen zu Kurzarbeitergeld,
KfW-Krediten, befristeten Umsatzsteuersenkungen
oder Überbrückungshilfen. Zu
all diesen Themen suchen die Mandanten Rat und
Unterstützung ihres Steuerberaters.
Inzwischen ist der Durchbruch gelungen. Die Frist
ist bis zum 31.08.2021 verlängert worden. Die
Berufsangehörigen können sich nun weiterhin
mit voller Kraft für ihre Mandanten und deren
wirtschaftliches Überleben einsetzen, ohne
kostspielige Verspätungszuschläge zu riskieren.
BERATERHINWEISE
Zu beachten bleibt, dass weiterhin 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer
entstanden ist, Nachzahlungszinsen drohen, § 233a AO. Zur Zinshöhe, § 238 AO, entschied der BFH
(Beschl. v. 25.04.2018, IX B 21/18, BStBl II, 415, und v. 03.09.2018, VIII B 15/18, BFH/NV 2018, 1279),
dass die Verfassungsgemäßheit ernstlich zweifelhaft sei. Entscheidungen des BVerfG (Az. 1 BvR
2237/14 betr. VZ ab 2009 und Az. 1 BvR 2422/17 betr. VZ ab 2012) stehen noch aus.
Neuregelung für den Abzug der Aufwendungen im
Homeoffice (JStG 2020)
Jahres steu er ge setz 2020
(JStG 2020)
Aufgrund der andauernden Coronakrise arbeiten
Arbeitnehmer vermehrt im Homeoffice. Damit
einhergehend stellt sich aus steuerlicher Sicht die
Frage nach dem Eingreifen der in § 4 Abs. 5 S. 1 Nr.
6b EStG normierten Abzugsbeschränkung. Dabei
scheitert ein Abzug der Homeoffice-Kosten ganz
überwiegend an einem nicht vorhandenen häuslichen
Arbeitszimmer i. S. der durch die Rechtsprechung
herausgearbeiteten Definition. Denn
diese qualifiziert bspw. ein Durchgangszimmer
oder die klassische „Arbeitsecke“ nicht als häusliches
Arbeitszimmer. Vor diesem Hintergrund
wurde bereits in der öffentlichen Anhörung am
26.10.2020 zu dem von der Bundesregierung vor-
gelegten Entwurf eines Jahressteuergesetzes
2020 (JStG 2020) von Teilen der dort anwesenden
Sachverständigen gefordert, die Vorschrift des
§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG an die aktuelle coronabedingte
Arbeitssituation anzupassen.
Die Koalitionspartner verständigten sich sodann
auf eine Neuordnung der steuerlichen Berücksichtigung
des häuslichen Arbeitszimmers. Hiernach
soll eine Homeoffice-Pauschale von 5 € pro
Arbeitstag im Homeoffice, begrenzt auf maximal
600 € jährlich (entspricht 120 Tage Homeoffice)
eingeführt werden. Diese ist davon abhängig,
dass der Steuerpflichtige seine gesamte betriebliche
oder berufliche Tätigkeit ausschließlich in
der häuslichen Wohnung ausgeübt hat. Sie hängt
nicht von den üblichen Voraussetzungen für den
Abzug von Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer
ab.
BERATERHINWEISE
Nachdem der Bundesrat dem JStG 2020 am 18.12. zugestimmt hat, ist es als JStG 2020 vom 21.12.
am 28.12.2020 im BGBl. I 2020, 3096, veröffentlicht worden. Die Homeoffice-Pauschale geht in
der geltenden Arbeitnehmer-Werbungskostenpauschale nach § 9a Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG auf
und wird nicht zusätzlich gewährt. Sie wird nur für die Tage gewährt, an denen der Steuerpflichtige
keine andere betriebliche oder berufliche Arbeitsstätte aufsucht. Aus Sicht der Steuerpflichtigen
stellt sich die Frage der Nachweisführung. Hier bleibt zu hoffen, dass Gesetzgeber und Finanzverwaltung
eine „bürokatriefreundliche“ Regelung finden.
Corona: Verlängerung der Antragsfrist für
Überbrückungshilfe II bis 31.01.2021 und Gewährung
der Überbrückungshilfe III
www.dstv.de/
interessenvertretung/beruf/
beruf-aktuell/
www.bundesfinanzministerium.de
Die Antragsfrist für die Überbrückungshilfe II
wird bis zum 31.01.2021 verlängert. Ursprünglich
war vorgesehen, dass die Anträge lediglich
bis zum 31.12.2020 gestellt werden können. Anschließend
sollen weitergehende Hilfen als sog.
Überbrückungshilfe III bis Ende Juni 2021 gewährt
werden. Dabei soll es weitere Verbesserungen geben
(bspw. bei der Ansetzbarkeit von Ausgaben
für Instandhaltung, Modernisierungsmaßnahmen
oder auch Kosten für Abschreibungen). Bei
der Höhe sind anstelle von bislang max. 50.000 €
pro Monat künftig bis zu max. 200.000 € pro Monat
Betriebskostenerstattung möglich. Zu den Fördermaßnahmen
soll auch eine „Neustarthilfe für Soloselbständige“
gehören.
Antragsberechtigt sind Soloselbständige, die im
Rahmen der Überbrückungshilfen III keine Fixkosten
geltend machen können und die ihr Einkommen
im Referenzzeitraum (im Normalfall das
Jahr 2019) zu mindestens 51% aus selbständiger
Tätigkeit erzielt haben. Betroffene (z.B. aus dem
Kunst- und Kulturbereich) sollen künftig eine
einmalige Betriebskostenpauschale (= Neustarthilfe)
in Höhe von 25% des Umsatzes (maximal
5.000 €) für den Zeitraum bis Ende Juni 2021 als
steuerbaren Zuschuss erhalten. Die Betriebskostenpauschale
wird gewährt, wenn der Umsatz des
Soloselbständigen während der siebenmonatigen
Laufzeit Dezember 2020 bis Juni 2021 im Vergleich
zu einem siebenmonatigen Referenzumsatz 2019
um mehr als 50% zurückgegangen ist.
Die Neustarthilfe ist aufgrund ihrer Zweckbindung
nicht auf Leistungen der Grundsicherung anzurechnen.
Es handelt sich um einen Zuschuss, der
– wenn die Antragsvoraussetzungen vorliegen –
nicht zurückzuzahlen ist. Die Neustarthilfe soll
als Vorschuss ausgezahlt werden, auch wenn die
konkreten Umsatzeinbußen während der Laufzeit
Dezember 2020 bis Juni 2021 bei Antragstellung
noch nicht feststehen.
BERATERHINWEISE
Die Überbrückungshilfe III, welche die sog. Neustarthilfe enthalten wird, soll ab dem 01.01.2021
gelten. Aufgrund der nötigen technischen Programmierungen und der Abstimmungen mit
den Ländern und der EU-Kommission können die Anträge wohl erst einige Wochen nach
Programmstart im neuen Jahr gestellt werden.
Verlängerung der Regelungen zur Kurzarbeit
www.bundestag.de/
dokumente
Der Bundestag hat am 20.11.2020 das Beschäftigungssicherungsgesetz
(BeschSiG) in 2./3. Lesung
beschlossen. Das Gesetz soll gemeinsam mit zwei
weiteren Verordnungen am 01.01.2021 in Kraft
treten. Das Maßnahmenpaket umfasst folgende
Komponenten:
Gesetz zur Beschäftigungssicherung infolge der
COVID-19-Pandemie: Die Regelung zur Erhöhung
des Kurzarbeitergeldes (auf 70/77 % ab dem vierten
Monat und 80/87 % ab dem siebten Monat)
wird bis zum 31.12.2021 verlängert für alle Beschäftigten,
deren Anspruch auf Kurzarbeitergeld
bis zum 31.03.2021 entstanden ist. Die bestehenden
befristeten Hinzuverdienstregelungen werden
insoweit bis zum 31.12.2021 verlängert, als dass
das Entgelt aus einer während der Kurzarbeit aufgenommenen
geringfügig entlohnten Beschäftigung
anrechnungsfrei bleibt. Zudem wird der
Anreiz, Zeiten des Arbeitsausfalls für berufliche Weiterbildung
zu nutzen, dadurch weiter gestärkt, dass
die für diese Fälle geregelte hälftige Erstattung der
Sozialversicherungsbeiträge nicht mehr daran geknüpft
wird, dass die Qualifizierung mindestens
50 % der Zeit des Arbeitsausfalls betragen muss.
Erste Verordnung zur Änderung der Kurzarbeitergeldverordnung
(BGBl. I, 2259): Die Zugangserleichterungen
(Mindesterfordernisse, negative
Arbeitszeitsalden) werden bis zum 31.12.2021
verlängert für Betriebe, die bis zum 31.03.2021
mit der Kurzarbeit begonnen haben. Die Öffnung
des Kurzarbeitergeldes für Leiharbeitnehmerinnen
und Leiharbeitnehmer wird bis zum 31.12.2021
verlängert für Verleihbetriebe, die bis zum
31.03.2021 mit der Kurzarbeit begonnen haben.
Die vollständige Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge
während der Kurzarbeit wird bis
zum 30.06.2021 verlängert. Vom 01.07.2021 bis
zum 31.12.2021 werden die Sozialversicherungsbeiträge
zu 50 % erstattet, wenn mit der Kurzarbeit
bis zum 30.06.2021 begonnen wurde.
Zweite Verordnung über die Bezugsdauer für das
Kurzarbeitergeld (BGBl. I, 2165): Die Bezugsdauer
für das Kurzarbeitergeld wird für Betriebe, die
mit der Kurzarbeit bis zum 31.12.2020 begonnen
haben, auf bis zu 24 Monate verlängert, längstens
jedoch bis zum 31.12.2021.
BERATERHINWEISE
Nachdem der Bundesrat dem Beschäftigungssicherungsgesetz zugestimmt hat, ist es
am 03.12.2020 im BGBl I 2020, 2691, verkündet worden. Das Gesetz tritt größtenteils am
01.01.2021 in Kraft, Teile davon allerdings bereits am Tag nach der Verkündung, einzelne
Regelungen am 01.07.2021 bzw. am 01.01.2022.
Rekapitalisierung von kleinen und mittelständischen
Unternehmen während der Coronakrise
www.bmwi.de
Um die Eigenkapitalbasis von mittelständischen
Unternehmen zu stärken, soll jenen die Möglichkeiten
zur Rekapitalisierung eingeräumt
werden. Hierzu plant der Bund die bestehenden
Beteiligungsangebote der mittelständischen Beteiligungsgesellschaft
in Kooperation mit den
Bundesländern deutlich auszubauen. Zu diesem
Zweck haben das BMF sowie das BMWi erhebliche
Erleichterungen für die Übernahme von Beteiligungen
durch die mittelständischen Beteiligungsgesellschaften
beschlossen. Dafür werden die
Rückgarantieerklärungen des Bundes angepasst
und verbessert.
BERATERHINWEISE
Mittelständische Unternehmen sollten prüfen, ob die Einwerbung von Beteiligungskapital
eine sinnvolle Ergänzung zum klassischen Bankkredit sein kann.
URTEILE DES BFH UND DER FINANZGERICHTE
Absage für die BMF-Arbeitshilfe bei der
Kaufpreisaufteilung von Grundstücken
BFH, Urt. v. 21.7.20, IX R 26/19,
DStR 2020, 2658
Das FG darf eine vertragliche Kaufpreisaufteilung
auf Grund und Gebäude, die die realen Wertverhältnisse
in grundsätzlicher Weise verfehlt und
wirtschaftlich nicht haltbar erscheint, nicht durch
die unter Verwendung der Arbeitshilfe des BMF
ermittelte Aufteilung ersetzen.
BFH, Urt. v. 21.7.20, IX R 26/19, DStR 2020, 2658
Eine Vermieterin hatte eine Eigentumswohnung
in einer Großstadt zum Kaufpreis von 110.000 €
erworben. Davon sollten gemäß Kaufvertrag
20.000 € auf das Grundstück entfallen. Der Gebäudeanteil
für Abschreibungszwecke betrug folglich
rund 82 %. Dem folgte das FA nicht und ermittelte
mit der im Internet bereitgestellten BMF-Arbeitshilfe
zur Kaufpreisaufteilung einen Gebäudeanteil
von rund 31%. Die Klage hiergegen blieb ohne Erfolg.
Auch das FG bewertete die Arbeitshilfe als geeignetes
Wertermittlungsverfahren und geeignete
Schätzungshilfe.
Der BFH hingegen sah die Revision als begründet
an. Zwar sei die im entschiedenen Fall zur Anwendung
gekommene vertragliche Kaufpreisaufteilung
wirtschaftlich nicht haltbar und verfehle die
realen Wertverhältnisse, jedoch sei eine ersatzweise
Anwendung der BMF-Arbeitshilfe gleichfalls
keine geeignete Lösung. Die Arbeitshilfe gewährleiste
die von der Rechtsprechung geforderte
Aufteilung nach den realen Verkehrswerten von
Grund und Gebäude im entschiedenen Fall nicht.
Vielmehr verenge sie die zur Verfügung stehenden
Bewertungsverfahren auf das vereinfachte Sachwertverfahren
und lege der Kaufpreisaufteilung
unzulässige Parameter zugrunde. Darüber hinaus
fehle es an der Berücksichtigung eines sog. Ortsoder
Regionalisierungsfaktors bei der Ermittlung
des Gebäudewerts.
BERATERHINWEISE
Seit Einführung der BMF-Arbeitshilfe zur Kaufpreisaufteilung in 2014 steht diese in der Praxis
regelmäßig in der Kritik. Durch die Berechnungssystematik des BMF-Tools kommt es häufig zu
einer Überbewertung des Grund und Bodens gegenüber dem Gebäude. Dies führt zu Streitigkeiten
mit der Finanzverwaltung – legt sie die Ergebnisse der BMF-Arbeitshilfe der Besteuerung
zugrunde. Steuerpflichtige sollten bereits im Kaufvertrag eine nachvollziehbare Regelung zur
Aufteilung des Kaufpreises auf Grundstück und Gebäude zu vereinbaren. Diese ist grundsätzlich
für die Aufteilung auf Grund und Boden sowie Gebäude zugrunde zu legen und als Grundlage zur
Berechnung der AfA auf das Gebäude heranzuziehen (vgl. BFH, Urt. v. 16.09.2015, IX R 12/14),
soweit sie nicht nur zum Schein getroffen wurde und keinen Gestaltungsmissbrauch darstellt.
Voraussetzungen der steuerrechtlichen Anerkennung
mehrstöckiger Freiberufler-Personengesellschaften
BFH, Urt. v. 04.08.20, VIII R 24/17,
DStR 2020, 2526
Die freiberufliche Tätigkeit einer Unterpersonengesellschaft
wird nicht bereits dadurch
begründet, dass jeder Obergesellschafter zumindest
in einer anderen Unterpersonengesellschaft
des Personengesellschaftsverbunds als
Freiberufler leitend und eigenverantwortlich
tätig wird.
BFH, Urt. v. 04.08.20, VIII R 24/17, DStR 2020,
2526
Klägerin war eine Steuerberatungsgesellschaft
in der Rechtsform einer KG. Komplementär war
im Streitjahr Rechtsanwalt und Steuerberater
A, Kommanditistin die C-KG. An der C-KG waren
als Komplementäre die E-OHG mit einem Anteil
von 51 % sowie weitere natürliche Personen
ohne Beteiligung am Gesellschaftsvermögen
und als Kommanditistin die G+H KG mit einem
Anteil von 49 % beteiligt. Die E-OHG und die G+H
KG bildeten die oberste Gesellschaftsebene und
waren an zahlreichen weiteren Gesellschaften
des S-Konzerns beteiligt. Ihr Unternehmensgegenstand
stimmte mit dem der C-KG und der
Klägerin überein. Gesellschafter der E-OHG und
der G+H KG waren ausschließlich Steuerberater,
Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte, die in
den jeweiligen Obergesellschaften aktiv in die
Mandatsbearbeitung eingebunden waren. Sie
wurden auch in denjenigen Untergesellschaften
leitend und eigenverantwortlich tätig, an denen
sie als Komplementär beteiligt oder bei denen
sie als Geschäftsführer eingesetzt waren. Bei der
Klägerin war dies im Streitjahr nicht der Fall. Im
S-Konzern bestanden überregionale Arbeitsgruppen
mit unterschiedlichen Branchenschwerpunkten,
in denen u.a. spezielle Fälle, Fachfragen und
Arbeitshilfen erarbeitet wurden. Hierbei wirkten
einzelne Obergesellschafter als Spezialisten bei
der Bearbeitung von Mandaten in den Untergesellschaften
mit. Jedenfalls in der Klägerin als
Untergesellschaft waren sie im Streitjahr nicht in
dieser Weise tätig. Das FA stellte insgesamt gewerbliche
Einkünfte für die Gesellschafter der
Klägerin für das Streitjahr fest. Die hiergegen
gerichtete Klage wies das FG ab.
Auch der BFH wies die Revision als unbegründet
zurück. Zur Anerkennung einer mehrstöckigen
Freiberufler-Personengesellschaft sei erforderlich,
dass auch alle mittelbar an der Untergesellschaft
beteiligten Gesellschafter der Obergesellschaft
die Tatbestandsmerkmale des § 18 Abs. 1
Nr. 1 EStG erfüllen. Eine Unterpersonengesellschaft
erziele deshalb nur dann freiberufliche
Einkünfte, wenn neben den unmittelbar an ihr
beteiligten natürlichen Personen alle mittelbar
beteiligten Gesellschafter der Obergesellschaften
über die persönliche Berufsqualifikation
verfügen und in der Unterpersonengesellschaft
zumindest in geringfügigem Umfang leitend und
eigenverantwortlich mitarbeiten. Eine freiberufliche
Tätigkeit der Klägerin werde auch nicht
dadurch begründet, dass die Obergesellschafter
in den Obergesellschaften und zumindest in einer
anderen Untergesellschaft des S-Konzerns als
Steuerberater leitend und eigenverantwortlich
tätig geworden sind.
BERATERHINWEISE
Der BFH konnte im vorliegenden Fall offen lassen, ob die über die C-KG mittelbar an der Klägerin
beteiligten natürlichen Personen ohne Vermögensbeteiligung überhaupt als Mitunternehmer
ihrer Obergesellschaft anzusehen waren und auch diese auf Ebene der Klägerin in
geringfügigem Umfang hätten tätig werden müssen.
Passivierung von Verbindlichkeiten bei Rangrücktritt
BFH, Urt. v. 19.8.20, XI R 32/18,
DStR 2020, 2716, BFHE n.n.
Eine Rangrücktrittserklärung, die die Erfüllung
der Verpflichtung nicht nur aus zukünftigen
Gewinnen und Einnahmen, sondern auch aus
„sonstigem freien Vermögen“ vorsieht, löst
selbst dann weder handels- noch steuerbilanziell
ein Passivierungsverbot aus, wenn der
Schuldner aufgrund einer fehlenden operativen
Geschäftstätigkeit aus der Sicht des Bilanzstichtages
nicht in der Lage ist, freies Vermögen zu
schaffen, und eine tatsächliche Belastung des
Schuldnervermögens voraussichtlich nicht eintreten
wird.
BFH, Urt. v. 19.8.20, XI R 32/18, DStR 2020, 2716,
BFHE n.n.
Die Klägerin, eine konzernangehörige GmbH,
hatte ihre operative Geschäftstätigkeit mindestens
seit dem Jahr 2006 mit Ausnahme der Anmietung
und Weitervermietung ihres Betriebsgeländes
eingestellt und diese erst im Jahr 2017
wieder aufgenommen. Am 21.09.2007 verzichtete
der Gesellschafter B gegenüber der Klägerin,
die zu diesem Zeitpunkt eine bilanzielle Überschuldung
aufwies, auf Forderungen und gab
zugleich eine Rangrücktrittserklärung ab. Am
26.09.2008 verzichtete B gegenüber der Klägerin
erneut auf einen Teil der Forderungen. Die
Klägerin buchte die Forderungen, auf die B verzichtet
hatte, jeweils gewinnerhöhend aus. Nach
einer Außenprüfung ging das FA davon aus, dass
aufgrund der fehlenden operativen Geschäftstätigkeit
sowie der – mit Ausnahme der besicherten
Forderung – Vermögenslosigkeit der Klägerin
mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit
nicht mit einer Rückzahlung der Verbindlichkeiten
gegenüber B zu rechnen sei. Die Klägerin sei
durch die bestehende Verpflichtung wirtschaftlich
nicht belastet. Die Prüfer schlugen vor, die
Verbindlichkeiten gegenüber B zum 30.09.2008
bis auf einen Betrag in Höhe des freien Vermögens
gewinnerhöhend aufzulösen.
Nach Ansicht des FG und des BFH sind die Verbindlichkeiten
dagegen weiterhin zu passivieren. Mit
dem Rangrücktritt wurde der Forderung vereinbarungsgemäß
eine nachrangige Stellung zugewiesen,
die eine Befriedigung nur aus freiem,
nicht zur Schuldendeckung benötigtem Vermögen
der Gesellschaft gestattet. Die Verbindlichkeit
bleibe damit aber rechtlich bestehen und
werde nur in ihrem Rang verändert. Der Rangrücktritt
stelle keinen Forderungsverzicht dar,
der Gläubiger bleibe Inhaber der Forderung. Die
wirtschaftliche Belastung der Klägerin sei am
Bilanzstichtag nicht entfallen. Das rechtliche Bestehen
einer Verbindlichkeit bewirke im Regelfall
eine wirtschaftliche Belastung und rechtfertige
somit eine Passivierung der Verbindlichkeit. Auch
werde kein steuerbilanzielles Passivierungsverbot
nach § 5 Abs. 2a EStG ausgelöst, da die Vorschrift
auf Rangrücktrittsvereinbarungen nicht
anwendbar sei, wenn die Verbindlichkeit auch
aus dem sog. freien Vermögen zu tilgen ist.
BERATERHINWEISE
Mit dem Urteil bestätigt der BFH die Leitlinien für die Ausgestaltung von Rangrücktrittsvereinbarungen,
welche aktuell aufgrund der wirtschaftlichen Schwierigkeiten in manchen
Branchen hohe Bedeutung hat. Rangrücktrittsvereinbarungen sind ein geeignetes Mittel,
um eine insolvenzrechtliche Überschuldung zu vermeiden, ohne aber steuerliche Gewinne
aus einer evtl. Ausbuchung der Verbindlichkeit zu erzeugen.
Ablaufhemmung nach beiderseitigen
Erledigungserklärungen
BFH, Urt. v. 23.07.20, V R 37/18,
DStR 2020, 2488
Übereinstimmende Erledigungserklärungen
führen im Zusammenhang mit der Zusage einer
Bescheidänderung noch nicht zu einer unanfechtbaren
Entscheidung über den Rechtsbehelf.
BFH, Urt. v. 23.07.20, V R 37/18, DStR 2020,
2488
Im Rahmen einer Außenprüfung beim Kläger traf
der Betriebsprüfer mehrere Feststellungen zur Umsatzsteuer
2006, die zu einer Erhöhung der steuerpflichtigen
Umsätze führten. In der Anlage 1 zum
Prüfungsbericht wurden für das Streitjahr – aus
nicht mehr nachvollziehbaren Gründen – die entgeltlichen
Umsätze um 122.270 € zu hoch erfasst.
Auf dieser Grundlage erließ das FA einen Änderungsbescheid
zur USt 2006. Im Klageverfahren
fand eine mündliche Verhandlung statt, in der
sich das FA bereit erklärte, die bisher angesetzte
Geschäftsführervergütung herabzusetzen. Die Beteiligten
erklärten daraufhin übereinstimmend
den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Allerdings
blieb auch hier die fehlerhafte Umsatzerhöhung
von 122.270 € unbemerkt. Erst nach Erlass
des in der mündlichen Verhandlung zugesagten
zweiten Änderungsbescheids vom 23.11.2016 zur
USt 2006 fiel dem Kläger der Fehler auf und begehrte
eine Minderung der Umsätze nach § 129 AO.
Das FA wies den Einspruch als unbegründet zurück.
Der hiergegen eingelegten Klage gab das FG statt.
Die Revision des FA hatte keinen Erfolg. Das FG
habe die Änderungsvoraussetzungen nach § 129
AO zutreffend bejaht. Liegen die Voraussetzungen
des § 129 AO vor, komme es auf eine zusätzliche
Anwendung von § 351 Abs. 1 AO im Hinblick auf
den dort vorgesehenen Vorbehalt zu den Vor-
schriften über die Aufhebung und Änderung von
Verwaltungsakten nicht an. Auch stehe der Änderung
der Eintritt der Festsetzungsverjährung nicht
entgegen, da der Ablauf der Festsetzungsfrist nach
§ 171 Abs. 3a AO gehemmt war.
BERATERHINWEISE
In den Fällen der Beendigung durch Klagerücknahme oder übereinstimmende Erledigungserklärungen
endet die Ablaufhemmung des § 171 Abs. 3a AO grundsätzlich mit Abgabe der
genannten Prozesserklärungen. Die übereinstimmenden Erledigungserklärungen im Zusammenhang
mit der Zusage einer Bescheidänderung führen nach obiger Entscheidung des
BFH dagegen noch nicht zu einer unanfechtbaren Entscheidung über den Rechtsbehelf.
Kein doppelter Haushalt trotz finanzieller Beteiligung
FG Münster, Urt. v. 07.10.20,
13 K 1756/18 E, juris
Bei jungen Arbeitnehmern, die nach Beendigung
der Ausbildung weiterhin im elterlichen
Haushalt ihr Zimmer bewohnen, ist zu vermuten,
dass sie im Haus ihrer Eltern bzw. gemeinsam
mit ihren Eltern keinen eigenen Hausstand
unterhalten. Eine Kostenbeteiligung im elterlichen
Haushalt führt nicht zu einer anderen
Beurteilung.
FG Münster, Urt. v. 07.10.20, 13 K 1756/18 E, StED
2020, 775, juris
Streitig war, ob bei den Einkünften der Klägerin aus
nichtselbständiger Tätigkeit Werbungskosten für
eine doppelte Haushaltsführung steuerlich anzuerkennen
sind. Seit dem 01.09.2015 war die Klägerin
in K angestellt und mietete zum 01.01.2016
eine 54 qm Wohnung in K an. Die Klägerin meldete
ihre Wohnung in K beim dortigen Einwohnermeldeamt
als Zweitwohnsitz an. Ihren melderechtlichen
Hauptwohnsitz hatte die Klägerin wie bisher
im Haus ihrer Eltern. Nach eigenen Angaben der
Klägerin befand sich ihr Lebensmittelpunkt im
Streitjahr 2016 nach wie vor an ihrem Heimatort.
Mit ihren Eltern vereinbarte die Klägerin eine Kostenbeteiligung
von 200 € pro Monat. In ihrer Einkommensteuererklärung
für das Jahr 2016 machte
die Klägerin erfolglos Werbungskosten für eine
doppelte Haushaltsführung geltend.
Das FG sah die Klage als unbegründet an. Bei jungen
Arbeitnehmern, die nach Beendigung der
Ausbildung weiterhin im elterlichen Haushalt ihr
Zimmer bewohnen, sei zu vermuten, dass sie im
Haus ihrer Eltern bzw. gemeinsam mit ihren Eltern
keinen eigenen Hausstand unterhalten. Vielmehr
sei der junge Arbeitnehmer in einer solchen Konstellation
in den (fremden) Hausstand der Eltern
eingegliedert, den er nicht wesentlich bestimmt
bzw. mitbestimmt. Eine Kostenbeteiligung im elterlichen
Haushalt führe nicht zu einer anderen
Beurteilung.
BERATERHINWEISE
Ungeachtet der Neufassung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG gelten die BFH-Rechtsprechungsgrundsätze
damit unverändert fort. Die Revision wurde nicht zugelassen.
IMPRESSUM
Herausgeber:
Steuerberater-Verband e.V. Köln I Von-der-Wettern-Straße 17 I 51149 Köln
Tel. 02203 993090 I Fax 02203 993099 I info@stbverband-koeln.de I www.stbverband-koeln.de
V.i.S.d.P: RA/FAStR Dr.Wilfried Bachem I Redaktion: StB Klaus Wittkowski
Redaktionsschluss: 22. Dezember 2020 I Erscheinungsweise: monatlich
Bezugspreis Jahresabonnement: Verbandsmitglieder 95 EUR zzgl. 7 % MwSt. I Nichtmitglieder 145 EUR zzgl. 7 % MwSt.
Bildnachweis: © BFH, Andreas J. Focke / © adobestock.de
Nur für den persönlichen Gebrauch. Vervielfältigungen nicht gestattet.