Ausgabe wellhotel 4-2020
Das Fachmagazin für Hotellerie & Gastronomie, Tourismus & Freizeit, Wellness & Beauty
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Foto: www.brandnamic.com<br />
[ fachbeitrag ]<br />
Michael Oberhofer<br />
ist teilhabender<br />
Geschäftsführer der<br />
Unternehmensgruppe für<br />
Tourismus HMM mit den<br />
Agenturen Brandnamic und<br />
OMS sowie der Softwarefirma<br />
Yanovis mit insgesamt<br />
über 150 Mitarbeitern.<br />
Zusammen mit seinen<br />
Mitinhabern Hannes Gasser<br />
und Matthias Prader stellt er<br />
sich diesen herausfordernden<br />
Zeiten mit umfassenden<br />
Maßnahmenpaketen für<br />
die Kunden. Kostenlose<br />
Webinare mit führenden<br />
Experten gehören dazu<br />
ebenso wie die Bereitstellung<br />
von Content, gesammelte<br />
Informationen zum Thema<br />
Corona und zielgerichtete<br />
Marketingmaßnahmen für<br />
die Phase während und<br />
nach der Pandemie.<br />
www.brandnamic.com<br />
Rück- & Ausblicke – ein Jahr im Zeichen der Pandemie<br />
Es gibt seltene Geschehnisse, die so einschneidend,<br />
so umwälzend sind, dass sie alle anderen<br />
in den Schatten stellen und unser Leben<br />
in seinen Grundfesten erschüttern. Ans Jahr <strong>2020</strong><br />
werden wir uns nicht deshalb erinnern, weil es<br />
mit den australischen Buschbränden eingeleitet<br />
wurde, oder weil Großbritannien aus der Europäischen<br />
Union ausgetreten ist – ja, sogar die amerikanischen<br />
Präsidentschaftswahlen, die so wichtig<br />
waren wie vielleicht keine andere Abstimmung<br />
zuvor in der Geschichte der USA, verblassten<br />
neben dem Ereignis, das unsere Welt schlagartig<br />
zu einer anderen machte: die globale Verbreitung<br />
von SARS-CoV-2, der Corona-Pandemie.<br />
| Ein Virus geht um die Welt | Die anfängliche<br />
Hoffnung, das aus China stammende Virus könne<br />
rasch eingedämmt werden, erwies sich als trügerisch.<br />
Wir nahmen unseren gewohnten Alltag<br />
nicht wieder auf. Stattdessen erfuhren wir so etwas<br />
wie kollektive Machtlosigkeit. Viele von uns<br />
erlebten zum ersten Mal eine weitreichende Einschränkung<br />
der persönlichen Bewegungs- und<br />
Entscheidungsfreiheit und das Gefühl, ausgeliefert<br />
zu sein: der Angst um die eigene Gesundheit<br />
und jener der uns wichtigen Menschen; dem<br />
Bangen um die wirtschaftliche Existenz nicht nur<br />
unseres Betriebs, sondern einer ganzen Branche.<br />
Fiel es uns in der ersten Phase im Frühling noch<br />
leichter, uns nicht unterkriegen zu lassen, wurde<br />
das mit der zweiten Infektionswelle und dem<br />
Lockdown im Herbst entschieden schwieriger, bedeuteten<br />
sie doch einen Rückfall in einen Zustand,<br />
den wir gerne überwunden gewusst hätten. Und<br />
gerade weil die Beherbergungsindustrie von den<br />
Maßnahmen zur Eingrenzung der Pandemie übermäßig<br />
betroffen war und ist, begriffen wir, dass es<br />
bei ihrem Erhalt um so vieles mehr geht als um die<br />
Rettung eines wichtigen Wirtschaftssektors.<br />
| Reisen ist mehr als ein Wirtschaftsfaktor |<br />
Reisen, das wissen wir alle, die wir unser Leben<br />
dem Tourismus widmen, ist nicht nur ein luxuriöses<br />
Privileg zur Gestaltung unserer Freizeit. Reisen<br />
ist ein Traum, ein Lebensgefühl. Wenn wir uns<br />
auf den Weg machen, das andere zu entdecken,<br />
machen wir uns in Wahrheit auf den Weg zu uns<br />
selbst – einem besseren, freieren, unbeschwerten<br />
Selbst. Tourismus ermöglicht die Begegnung<br />
von Menschen, die sich sonst nicht begegnet wären,<br />
Menschen mit unterschiedlichen Geschichten,<br />
unterschiedlicher Herkunft, und das heißt:<br />
Er eröffnet Perspektiven, öffnet den Geist. Reisen<br />
bedeutet Lebensqualität, Reisen machen uns<br />
mutiger, sie machen uns wacher, sie lenken unsere<br />
Gedanken in neue Bahnen, lassen uns andere<br />
Aspekte unserer selbst erproben und erkennen,<br />
schaffen Zuversicht und Glückszustände. Neue<br />
Landschaften inspirieren uns, denn wir betrach-<br />
sie nicht bloß, wir erfahren zutiefst, was uns lten<br />
umgibt. Auf Reisen sind wir für jeden Eindruck<br />
empfänglicher. Es ist keine Plattitüde, dass Reisen<br />
offen machen, und zwar unsere Gäste wie auch uns<br />
Gastgeber, denn wir bereichern uns gegenseitig.<br />
| Positives betonen | Diese Erkenntnis durften<br />
wir aus der Pandemie gewinnen, oder zumindest<br />
auffrischen. Was sagt uns das? In jedem Schrecken<br />
liegt eine Erfahrung, aus der wir Positives<br />
ziehen können – und das ist nicht zynisch gemeint.<br />
<strong>2020</strong> hat uns gelehrt, wie wichtig Zusammenhalt<br />
ist, welcher Trost darin liegt, uns gegenseitig<br />
Mut zuzusprechen; dass Geschichte nicht<br />
etwas ist, das klanglos an uns vorüberzieht und<br />
uns nicht berührt, sondern dass sie, immer, aus<br />
menschlichen Schicksalen gemacht ist. Wir haben<br />
gelernt, dass wir die Ungewissheit manchmal<br />
einfach aushalten müssen, wir müssen es ertragen,<br />
zu warten, auch wenn wir es gewohnt waren,<br />
zu handeln; dass wir nicht immer vorauseilen<br />
können, sondern bisweilen verlangsamen und<br />
Tag für Tag, Schritt für Schritt gehen müssen.<br />
Wir durften den Wert wahrer Gastfreundschaft<br />
wiederentdecken, und dies war in der Tat ein Geschenk,<br />
haben wir sie doch in der Vergangenheit<br />
zu oft zugunsten anderer Aspekte unserer Arbeit<br />
vernachlässigt. Worauf es ankommt, so wissen wir<br />
wieder, ist die Begegnung von Mensch zu Mensch<br />
und was wir füreinander sein und tun können.<br />
<strong>2020</strong> hat uns vor allem gelehrt, dass nichts selbstverständlich<br />
ist, aber auch, dass wir immer weitermachen<br />
werden, weil wir keine Alternative<br />
zur Hoffnung gelten lassen.<br />
Wir waren zweifellos auf einem Weg – im Tourismus,<br />
in vielen anderen Lebensbereichen –, der<br />
uns und der Welt nicht nur gutgetan hat. Vielleicht<br />
vermögen wir wieder zu Werten zu finden,<br />
die uns menschlicher machen. Gelingt es uns,<br />
nach diesen Zeiten der Furcht, der Zuversicht,<br />
des Aufbegehrens, des Miteinanders, der Wut, der<br />
Einsicht, der Verzweiflung, der Hoffnung die Pandemie<br />
nicht nur als Bedrohung, als Wendepunkt<br />
zu sehen, sondern sie auch als Chance zu nutzen,<br />
es in Zukunft besser zu machen?<br />
| Es geht immer weiter | Die Geschichte zeigt:<br />
Das Licht kehrt nach jeder Dunkelheit wieder.<br />
Wir haben keine Wahl, als weiterzugehen, als<br />
uns gegenseitig zu beschützen, als auf das Schöne<br />
zu vertrauen. Das Wunderbare an einem Traum<br />
wie dem unseren, dem Traum unserer Branche –<br />
nämlich dem Reisen – ist, dass er nie enden wird.<br />
Er ist derart identitätsstiftend und beflügelnd, so<br />
menschlich, dass er langlebiger sein wird als jedes<br />
Virus. Wir werden uns immer über unsere Horizonte<br />
hinwegträumen, deswegen fällt uns das<br />
Eingesperrtsein auch so schwer. Das Reisen ist ein<br />
Glücksversprechen, das eingehalten werden will.<br />
Wir können uns gewiss sein, dass die Gäste nach<br />
jedem Lockdown wiederkehren werden.<br />
Den Tourismus aus unserer Landschaft wegzudenken,<br />
würde uns ärmer machen. Ihn neu zu<br />
denken und besser zu denken, ist die große Aufgabe<br />
unserer Zeit.<br />
10<br />
WellHotel