Schatten auf der Sonnenbank - Pia Casutt

Solarien
Schatten auf der Sonnenbank
Fur Jugendliche und sonnenbrandgefahrdete Personen sind Sonnenstudios tabu, doch viele
Anbieter halten sich nicht an gesetzliche Vorgaben und spielen mit der Gesundheit ihrer Kunden.
UV-Strahlung - stammt sie nun aus Sonnen­ wie elektronische Zutrittsysteme sicherstellen.
licht oder von der Sonnenbank - ist nicht un­ Das Aufstellen von Verbotsschildern alleine
gefahrlich und erhoht das Risiko, an Haut­ reicht nicht aus.
krebs zu erkranken. Die viel zitierte "gesunde Doch nicht nur fUr jungere Menschen ist die
Braune" ist nichts anderes als eine Abwehr­ Benutzung von Solarien mit Gefahren verbunreaktion
unseres Korpers und keineswegs als den. Laut WHO ist der Besuch eines Solariums
gesund zu bezeichnen. Auch das "Vorbrau­ gar auf die h6chste Risikostufe fUr eine Krebsnen"
im Solarium, etwa vor einem Urlaub, erkrankung zu setzen. Deshalb sollten auch
entspringt einem Mythos. Der Eigenschutz der Erwachsene streng darauf achten, dass sie
Haut, der dadurch aufgebaut wird, entspricht nicht zu vieI UV-Strahlung abbekommen. Wer
in etwa einem Lichtschutzfaktor 4, ist also wie viel vertragt, das wird uber den sogenann­
auBerst bescheiden. Er reicht bestenfalls aus, ten Hauttyp definiert. Bei einer Oberschreitung
um in der Sommersonne unserer Breiten eine der personlichen Sonnendosis kommt es zu
Stunde ohne Sonnenbrand zu uberstehen. schmerzhaften Hautrotungen (Sonnenbrand),
Besonders gefahrlich istein Zuviel an UV-Strah­ eventuell zur Blasenbildung und zu Pigmentlung
fUr Kinder und Jugendliche. Ihre Haut ist verschiebungen. Kunstliche UV-Strahlen kon­
empfindlicher und dunner als die von Erwachnen bei entsprechend veranlagten Personen
senen. Der Kinderhaut fehlt die Fahigkeit, Horn­ Lichtdermatosen (Hautveranderungen) aushaut
zu bilden, die einen - wenn auch schwalosen. Hohe UV-Dosen fUhren zur vorzeitigen
chen - Schutz bietet. Aus diesem Grund hat der Hautalterung und erhohen das Risiko, an Haut­
Gesetzgeber im vergangenen Jahr einer lange krebs zu erkranken. Die Fahigkeit zur Pigment­
erhobenen Forderung von lV1edizinern und bildung, die einen gewissen Eigenschutz ge­
Verbraucherschutzern nachgegeben und mit wahrleistet, ist hochst unterschiedlich aus­
1. September 2010 Minderjahrigen die Benutgepragt. Besonders gefahrdet sind Menschen
zung von Solarien verboten. Bei Zuwiderhand­ des Hauttyps 1mit rotlichen beziehungsweise
lung drohen den Sonnenstudio-Betreibern hellblonden Haaren, heller Haut und vielen
Strafen von bis zu 2.180 Euro. Sie mussen die Sommersprossen. Sie entwickeln keine Braune
Einhaltung durch Ausweiskontrollen bezie­ und bekommen bereits bei geringer UV-Strahhungsweise
andere geeignete MaBnahmen lung unweigerlich einen Sonnenbrand. Deshalb
sollten sie aus gesundheitlichen Grunden
kompetent
keinesfalls ein Solarium aufsuchen.
In unserem Test haben wir uberpruft, ob der
Jugendschutz in Sonnenstudios eingehalten
Vorbraunen. Sonnen im Solarium als wird. Unsere minderjahrige Testperson (T1)
Vorbraunung fUr den Urlaub ist nicht sinnvall.
Der dadurch aufgebaute Eigenschutz
auBerte den Wunsch, sich besonnen zu lasder
Haut entspricht einem Lichtschutzfaktor
4, ist also verschwindend gering.
__....----"._
Hauttyp. Personen mit heller Haut
(Hauttyp 1 und auch Hauttyp 2) sollten
Solarien unter keinen Umstanden aufsuchen,
da eine gesundheitliche Gefahrdung
besteht.
1m Sonnenstudio. Kunden sollten sich
vor der Besonnung vom Personal beraten
lassen und unbedingt auf einer Schutzbrllle
bestehen. Make-up, Deo und sonstige
Kosmetika sind im Sonnenstudio
tabu. Am Tag einer kunstlichen Bestrahlung
sollte zusatzlich kein Sonnenbad
genommen werden.
sen. Wurde ihr der Zugang zum Solarium gewahrt,
legte sie sich nicht unter die kunstliche
Sonne, sondern gab an, dass sie es sich doch
noch einmal uberlegen wolle. Ebenfalls getestet
haben wir, wie serios die Betreiber ihre
Dienstleistung anbieten. Dazu suchte eine
Person, die unzweifelhaft dem Hauttyp 1 zuzurechnen
ist - sehr helle Haut, hellblonde
Haare, haufige Sonnenbrandneigung (T2) -,
die zu testenden Studios auf. Wurde ihr Zutritt
gewahrt, legte sich unsere Testperson
allerdings nicht selbst auf die Sonnenbank,
sondern platzierte neun Messgerate darauf,
urn die Strahlungsintensitat zu messen,
Wurde Testperson 2 der Zutritt verweigert,
prufte eine weitere Testperson mit geringer
Sonnenbrandneigung (13), ob die gesetzlichen
Vorgaben eingehalten werden. Dabei
wurde auch darauf geachtet, ob wichtige
Empfehlungen gegeben wurden, etwa die,
sich vor dem Sonnenbad abzuschminken und
kein Parfum oder Deo zu verwenden. Ebenfalls
eruiert werden sollte, ob der Kunde
Medikamente einnimmt. Bestimmte Arzneimittel
wie etwa Antibiotika erhohen namlich
die Lichtempfindlichkeit, damit steigt das
Risiko fUr einen Sonnenbrand.
Daruber hinaus interessierte uns auch, ob
bestimmte Vorschriften eingehalten werden,
etwa betreffend Gefahrenhinweise, aufliegende
Informationsblatter, das Vorhandensein
von Schutzbrillen oder das Aushangen
von Gebrauchsanweisungen sowie zur Kennzeichnung
der Gerate. SchlieBlich registrierten
wir auch freundliche Bedienung und wel

Sun Club: Da wir - wie in dieser Branche nicht unublich - auch "Aushilfen" haben, kann es durchaus am
Anfang des Inkrafttretens der gesetzlichen Verordnung passiert sein, dass - wie von Ihnen behauptet - ein
Kunde unter 18 Jahren angenommen wurde. Unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen verlangen von jedem
Jugendlichen - ohne Ausnahme - einen Ausweis und sollte der Kunde unter 18 Jahren sein, wird er auch
nicht angenommen! ...
Testkriterien
Die Testkriterien finden registrierte Abonnenten
auf www.konsument.at.
Solarien
Ohne Rucksicht
auf Verluste
Sehr helle oder junge Haut reagiert besonders
empfindlich auf UV-Strahlung. Wer in der
Jugendzeit haufig einen Sonnenbrand hatte
oder sich regelmaBig ins
Solarium begibt, tragt ein
deutlich erhiihtes Risiko,
im Laufe des Lebens an
Hautkrebs zu erkranken.
Das haben Studien und
Untersuchungen gezeigt.
Ais im vergangenen Jahr
daruber diskutiert wurde,
Bernhard Matuschak Minder]'ahrigen den Zu-
Redakteur
bmatuschak@konsumenl.at tritt zu Sonnenstudios zu
verbieten, und sich ein
entsprechendes Gesetz abzeichnete, wehrten
sich die Solarienbetreiber nach Kraften. Von
"staatlicher Bevormundung" und "wirtschaftlichem
Ruin" war die Rede. Die Vertreter
der Branche wurden auch nicht mude, die
positiven Aspekte der kunstlichen Braune ins
Feld zu fUhren und das eigene Verantwortungsbewusstsein
im Umgang mit der
Strahlung hervorzuheben.Auch in den Werbebotschaften
der Anbieter ist immer wieder
von "Fursorge" fUr die Kunden, "kompetenter
Beratung" und "gesunder Braune" die
Rede. Unser Test entlarvt die schonen Worte
als pure Hulsen. Ohne mit der Wimper zu
zucken, werden Gesundheit der Kunden und
Jugendschutz dem schniiden Mammon geopfert.
1m Anhang der Solarienverordnung
findet sich die Feststellung, dass Personen
mit Hauttyp 1 "unter keinen Umstanden" auf
die Sonnenbank gehiiren. Unsere Testperson
mit Hauttyp 1 erhielt dennoch in 13 von
15 getesteten Studios ohne jeglichen Hinweis
auf gesundheitliche Bedenken Zutritt. Die
dabei zugeteilte Strahlendosis hatte in neun
Fallen unweigerlich einen Sonnenbrand zur
Foige gehabt. Sechs von 15 Anbieter missachteten
den Jugendschutz komplett. Minderjahrige
konnen hier offen bar problemlos
ihr Sonnenbad nehmen. In eimem Studio
wurde nach dem Alter gefragt. Ais unsere
Testperson wahrheitsgemaB antwortete,
wurde augenzwinkernd - es musse ja niemand
davon wissen - die Zugangskontrolle
mit falscher e-card umgangen, frei nach
dem weit verbreiteten Motto: Hauptsache
Geschafte werden gemacht, ohne Rucksicht
auf Verluste.
KONSUMENT 5/2011 29