210120_stadtlanddach
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stadt / land / dach<br />
Magazin für Architektur und Raum.<br />
Heftthema Kommentar<br />
Warum ein umweltbewusstes und ästhetisches<br />
Steildach einer Nadel im Heuhaufen gleicht<br />
Grün, grüner, Steildach?<br />
Zumindest im übertragenen Sinn<br />
DACHKULT • 01/21 • UMWELT
INHALT<br />
EDITORIAL<br />
Editorial<br />
/03<br />
Liebe Architekt*innen und Planer*innen,<br />
HERAUSGEBER<br />
Initiative Steildach / Dachkult<br />
Tattenbachstraße 1<br />
86179 Augsburg<br />
Klaus H. Niemann (Sprecher)<br />
Mob.: 0175 / 59 11 518<br />
Mail: niemann@dachkult.de<br />
WEBSITE & SOCIAL MEDIA<br />
dachkult.de<br />
youtube.com/dachkult<br />
facebook.com/dachkult<br />
instagram.com/dachkult<br />
KONZEPT, DESIGN & REDAKTION<br />
Brandrevier GmbH, Essen<br />
www.brandrevier.com<br />
Steildach / Ökologisches Statement unterm steilen Dach<br />
Heftthema / Grün, grüner, Steildach?<br />
Zumindest im übertragenen Sinn<br />
StadtPortrait / Die 8 steht für „Achtsamkeit“<br />
Kommentar / Warum ein umweltbewusstes und<br />
ästhetisches Steildach einer Nadel im Heuhaufen gleicht<br />
Jetzt neu auf dachkult.de<br />
Ausblick<br />
Kontext Dach<br />
Der Podcast von<br />
Dachkult und Kontextur<br />
/04<br />
/06<br />
/08<br />
/10<br />
/11<br />
nachhaltig bauen zu wollen gehört heutzutage schon zum guten<br />
Ton. Energiegewinnung und -verbrauch, Wärmedämmung und der<br />
ökologische Fußabdruck der verwendeten Materialien spielen hierbei<br />
eine wesentliche Rolle. Doch was bedeutet das eigentlich, wie ist<br />
Nachhaltigkeit messbar, und welche Rolle spielt dabei das Dach?<br />
Unsere Ressourcen sind nicht endlos. Umso wichtiger, dass sich nachhaltige<br />
Architektur darauf besinnt, Städte nachzuverdichten, Bestände zu<br />
sanieren und flächensparend zu bauen, anstatt beliebige Neubauten in die<br />
Höhe zu ziehen. Man könnte die Architektur selbst als Ressource betrachten,<br />
die heute vor neuen Herausforderungen steht und mit einem bewussten<br />
Verhalten auf den Klimawandel oder den Rückgang der Rohstoffe und<br />
des Bodens reagieren muss. So sei Nachhaltigkeit auch nicht singulär,<br />
sondern laut dem Architekten Wolfgang Frey immer als ganzheitlicher<br />
Planungsansatz zu verstehen, da die isolierte Betrachtung einzelner<br />
Aspekte nicht ausreiche. Das besagt auch sein „Fünf-Finger-Prinzip“. Ökologie,<br />
Ökonomie, Gesellschaft, Gestaltungswille und Anreiz: Das sind die<br />
fünf Prinzipien der Nachhaltigkeit, anhand deren er die fünf Grundsätze<br />
einer ökologisch und sozial nachhaltigen Architektur illustriert.<br />
Nicht zuletzt aufgrund der politischen Vorgabe der EU, bis 2050 eine möglichst<br />
treibhausgasneutrale Industrieproduktion anzustreben, ist dieses<br />
Bewusstsein natürlich auch längst bei den Herstellern von Steildach-Materialien<br />
angekommen, die alle ihren Beitrag leisten auf dem Weg zu einer<br />
nachhaltigeren Welt.<br />
Ich wünsche Ihnen eine nachhaltig in Erinnerung bleibende Lektüre von<br />
stadt/land/dach.<br />
DRUCK<br />
Woeste Druck + Verlag GmbH & Co. KG<br />
Ihr Klaus H. Niemann<br />
BILDNACHWEIS<br />
1 • Henning Larsen Architects / Nic Lehoux<br />
4/5 • Frederik Laux (Portrait);<br />
Roland Halbe (alle weiteren)<br />
6/7 • Jack Hobhouse (Mitte);<br />
PREFA I Croce & Wir (r)<br />
8/9 • Architekturbüro Klärle (Portrait);<br />
Brigida González (alle weiteren)<br />
10 • weischer architekten<br />
11 • Henning Larsen Architects / Nic Lehoux
STEILDACH • 04<br />
Ökologisches Statement<br />
unterm steilen Dach<br />
Zwischen Kommunikation<br />
und Konzentration<br />
Beim Durchschreiten des Gebäudes<br />
Zurück zur Natur<br />
Überzeugt, dass es für einen signifikanten<br />
Beitrag zur Reduktion der<br />
Winter ließen sich die Architekten<br />
eine weitere Innovation einfallen:<br />
Weltweit erstmalig wurde die<br />
„Wie würde man ein Haus bauen, wenn es keine Energie mehr gäbe?“ –<br />
ist schnell vergessen, dass es sich<br />
CO 2<br />
Emissionen noch mehr Mutes<br />
Stampflehmwand mit einer geo-<br />
eine Frage, der sich die Architekten haascookzemmrich STUDIO2050 bei<br />
um einen großen Raum handelt.<br />
und einer ganzheitlichen Betrach-<br />
thermischen Wandheizung belegt.<br />
haascookzemmrich STUDIO2050<br />
Stuttgart<br />
der Planung des Alnatura Campus in Darmstadt gemeinsam mit ihrem<br />
Bauherrn ganz bewusst stellten. Mit ihren Antworten wagten sie sich auf<br />
Bei aller Offenheit, mit der sich<br />
die Arbeitslandschaft präsentiert,<br />
tung bedarf, setzte das Team um<br />
Martin Haas beim Alnatura Cam-<br />
Mit Mut und Ambition zum Ziel<br />
bisher unbekanntes Terrain und wurden 2019 für ihren Mut und die Umset-<br />
herrscht eine gedämpfte Geräusch-<br />
pus auf natürliche und ressourcen-<br />
Neben Lehm und Lavaschotter<br />
zung mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis Architektur ausgezeichnet.<br />
kulisse. Für die gelungene Akustik<br />
schonende Baustoffe. So bestehen<br />
kommt in den Außenwänden recy-<br />
sorgen in die Betondecke einge-<br />
die selbsttragenden Wandscheiben<br />
celtes Material aus dem Tunnel-<br />
Im ersten Moment erscheint das Gebäude auf dem Grundstück der ehemaligen<br />
legte Absorberstreifen sowie die<br />
der Nord- und Südfassade aus vor<br />
aushub von Stuttgart 21 zum Ein-<br />
Kelley Barracks mit seinen klar strukturierten Längsseiten eher unauffällig. Die<br />
Verkleidung des Holzdaches mit<br />
Ort hergestellten Stampflehmblö-<br />
satz. Der Kamineffekt unter dem<br />
vollständig verglasten Stirnseiten dagegen gewähren erste Einblicke und formu-<br />
einer schallwirksamen Holzlamel-<br />
cken mit einer Kerndämmung aus<br />
Atrium dient als Antrieb für die<br />
lieren eine einladende Geste. Und genau das möchte das Haus auch vermitteln:<br />
lendecke.<br />
Recyclingmaterial. Das Gespür, das<br />
Frischluftzufuhr aus dem angren-<br />
Es soll nicht beeindrucken, sondern einladen, sich offen zeigen für neue Ideen<br />
Überraschend ist auch die helle<br />
bei der Schalung und Verdichtung<br />
zenden Darmstädter Westwald.<br />
und insbesondere für die Menschen, die hier täglich ein und aus gehen.<br />
Atmosphäre, die ihren Ursprung in<br />
der Großformate gefordert wurde,<br />
Und selbstverständlich wird über<br />
Im Inneren verbinden Brücken, Treppen und Stege die geschwungenen Ebenen.<br />
einem Oberlichtband findet. Über<br />
wird jahrzehntelang zum Erhalt<br />
die PV-Anlage auf dem Steildach<br />
Gearbeitet wird überall – im Fokus steht das Netzwerk aus horizontalen und<br />
die gesamte Gebäudelänge verlau-<br />
des Materials beitragen. Denn ge-<br />
Energie gewonnen. Wie sich zeigt,<br />
vertikalen Nachbarschaften, der spontane Gedankenaustausch zwischen Kopie-<br />
fend, verbindet es die beiden ge-<br />
stampfter Lehm ist in seiner Dichte<br />
braucht es das Zusammenspiel der<br />
rer und Teeküche. Dass der Entwurf von den Attributen abweicht, die mit einem<br />
neigten Dachscheiben gestalterisch<br />
nicht nur mit Beton vergleichbar<br />
kleinen und großen Maßnahmen,<br />
Gebäude dieser Art verbunden werden, zeigt sich auch in der Dachform. Zwar<br />
wie konstruktiv zu einer Einheit.<br />
und sorgt im Sommer für ange-<br />
aber auch die Bereitschaft von<br />
assoziieren Architekten bei Bürobauten laut einer früheren Studie der Hochschu-<br />
Das Dach wird zum umschließen-<br />
nehm kühle Räume, sondern bleibt<br />
Architekten und Bauherren, neue<br />
le Bochum eher ein Flachdach. Der Alnatura Campus jedoch ist ein Beispiel dafür,<br />
den Element, ohne den Raum zu<br />
auch von Algen- und Moosbildung<br />
Wege zu beschreiten, um ein klima-<br />
dass auch ein Steildach zu einer einzigartigen Arbeitsatmosphäre beitragen kann.<br />
begrenzen.<br />
verschont. Für die Beheizung im<br />
neutrales Gebäude zu entwickeln./<br />
Die Holzkonstruktion des Daches erhielt abschließend eine Metalldeckung mit industriellem Stehfalz.<br />
Natürliche Oberflächen machen den Innenraum optisch und haptisch erfahrbar.
Heftthema • 06<br />
Grün, grüner, Steildach? Zumindest im<br />
übertragenen Sinn<br />
Nach drei heißen und trockenen Sommern in Folge ist eines noch einmal sehr deutlich geworden:<br />
Der Klimawandel ist kein Ereignis, auf das wir uns irgendwann in der Zukunft einstellen müssen, der<br />
Klimawandel ist längst da. Und mittlerweile legen viele Bauherren*innen großen Wert darauf, dass ein<br />
Gebäude nicht nur energetisch nachhaltig geplant, sondern auch mit natürlichen und umweltfreundlichen<br />
Materialien gebaut wird. Das geneigte Dach als wesentlicher Teil der Gebäudehülle spielt bei<br />
diesen Überlegungen eine zentrale Rolle. Aber das Thema ist komplex und von zahlreichen Faktoren<br />
abhängig.<br />
Um den ökologischen Fußabdruck<br />
eines Daches zu bewerten, sollte<br />
man nicht nur die Errichtung,<br />
sondern den ganzen Lebenszyklus<br />
eines Gebäudes betrachten. Die<br />
Technische Universität Wien hat<br />
in einer Studie schon im Jahr 2014<br />
nachgewiesen, dass Steildächer bei<br />
einer Lebenszyklus-Evaluierung<br />
über einen Zeitraum von 50 Jahren<br />
sowohl in ökonomischer als auch<br />
in ökologischer Hinsicht ähnliche<br />
bzw. sogar bessere Werte erzielen<br />
als Flachdächer.<br />
Wichtig für eine nachhaltige und<br />
umweltfreundliche Steildachplanung<br />
sind auch die Ökobilanz<br />
der eingesetzten Bedachungsmaterialien,<br />
sowie deren Rückbaubarkeit<br />
und Recyclingfähigkeit.<br />
In die Beurteilung der Ökobilanz<br />
von Dachbaustoffen fließt ein,<br />
wie und wo die Rohstoffe für die<br />
Dachmaterialien abgebaut werden<br />
und wie weit die Transportwege<br />
sind. Auch der Energieaufwand<br />
bei der Herstellung der Baustoffe<br />
variiert je nach Material und spielt<br />
zusammen mit der zu erwartenden<br />
Lebensdauer eine große Rolle.<br />
Je nach Material haben Steildächer<br />
eine Lebensdauer, von 80<br />
Jahren oder mehr. Wenn ein Dach<br />
irgendwann erneuert wird, können<br />
nahezu alle Materialien, von der<br />
Unterbahn über die Dämmung bis<br />
zur Eindeckung, sortenrein voneinander<br />
getrennt, recycelt und dem<br />
Wertstoffkreislauf wieder zugeführt<br />
werden. Mittlerweile gibt es<br />
sogar einen sehr aktiven Second-<br />
Hand-Markt für gut erhaltene<br />
Dachziegel mit natürlicher Patina.<br />
Das entspricht dem auch in der<br />
Architektur immer relevanter werdenden<br />
Prinzip Cradle-to-Cradle,<br />
wonach die Gebäude von heute<br />
zum Materiallager von morgen<br />
werden.<br />
PV-Anlagen lassen sich mittlerweile ästhetisch<br />
perfekt in die Dacheindeckung integrieren.<br />
Energie sparen, Energie erzeugen<br />
Doch nicht nur in der Lebenszyklusbetrachtung,<br />
sondern auch in<br />
der Planung eines Steildaches liegt<br />
unglaublich viel Energieeinsparpotenzial.<br />
Allein die Positionierung<br />
eines Gebäudes auf dem Grundstück,<br />
seine Ausrichtung zum<br />
Wind und zur Sonne, hat große<br />
Auswirkungen auf den späteren<br />
Energieverbrauch. Hinzu kommt<br />
die Möglichkeit, durch Solarthermie<br />
und PV-Anlagen auf dem<br />
Dach Energie zu erzeugen. Selbst<br />
Tech-Visionäre wie Elon Musk sind<br />
in diesem Markt aktiv und haben<br />
mit dazu beigetragen, dass die<br />
technische Entwicklung bei Photovoltaik-Anlagen<br />
in den letzten<br />
Jahren extrem vorangeschritten<br />
ist. Mittlerweile gibt es zahlreiche<br />
leistungsstarke Lösungen, die ein<br />
Gebäude nicht nur energieautark<br />
machen, sondern auch ästhetisch<br />
perfekt in die Dacheindeckung<br />
integriert sind.<br />
Beinahe selbstverständlich ist<br />
es mittlerweile, dass ein Dach<br />
gedämmt werden muss. Über ein<br />
ungedämmtes Steildach gehen<br />
bis zu 30 Prozent der Heizenergie<br />
verloren, und bei direkter Sonneneinstrahlung<br />
heizen sich nicht<br />
ausreichend gedämmte Dachräume<br />
so stark auf, dass sie praktisch<br />
unbewohnbar werden. Neben der<br />
klassischen Dachdämmung mit<br />
unterschiedlichsten Dämmmaterialien<br />
ist in letzter Zeit auch<br />
das sogenannte Cool-Roof im<br />
Gespräch. Hierbei handelt es sich<br />
um helle, die Sonneneinstrahlung<br />
reflektierende Dacheindeckungen,<br />
mit denen die Wärmeentwicklung<br />
unter dem Dach spürbar reduziert<br />
werden kann./<br />
Bei den sogenannten Cool-Roofs refelektiert die<br />
helle Dacheindeckung die Sonneneinstrahlung.<br />
CO 2<br />
-Emissionen im Vergleich*<br />
0,54<br />
T/m 2 BGF<br />
0,64<br />
T/m 2 BGF<br />
Ausgebautes<br />
Steildach<br />
Flachdach<br />
*bezogen auf Produktion und Gebäudebetrieb<br />
Lebenszyklusanalyse Steildach, Technische Universität Wien, 2015
StadtPORTRAIT • 08<br />
architekturbüro KLÄRLE<br />
Bad Mergentheim<br />
Die 8 steht für „Achtsamkeit“<br />
Wer sich mit der Architektur von Rolf Klärle befasst, erkennt schnell<br />
zwei wesentliche Merkmale, die sich wie ein roter Faden durch seine<br />
Arbeit ziehen: seine Begeisterung für das Bauen im Bestand und der<br />
ländliche Kontext. Für seine Achtsamkeit im Umgang mit Ressourcen<br />
und menschlichen Bedürfnissen gilt er heute als einer der Visionäre<br />
in der Nachhaltigkeitsdebatte der deutschen Architektur.<br />
„Wir kombinierten den „Hof“ mit seiner Hausnummer 8.<br />
Der Name suggeriert Achtsamkeit im Umgang mit<br />
Materialien und Menschen. Die Zahl liegend betrachtet,<br />
steht außerdem für Unendlichkeit, einen geschlossenen<br />
Kreislauf, in dem nichts verloren geht.“<br />
Rolf Klärle über den umgebauten HOF8 im tauberfränkischen Schäftersheim<br />
Für seine nachhaltige Aufwertung wurde der HOF8 mit dem Sonderpreis des deutschen Nachhaltigkeitspreises ausgezeichnet.<br />
Die verschieden hohen Tonnendächer sind inspiriert von der bewegten Topografie des Taubertals.<br />
Dass Rolf Klärle einen starken<br />
Ein Bauernhof mit Zukunft<br />
beherbergen Scheune, Bauerhaus<br />
die Bewohner gerne identifizie-<br />
wirkt sie wie die eigentliche Dach-<br />
und Verkaufsräumen des lokalen<br />
Bezug zu dörflichen Strukturen<br />
Umso erfreulicher war es für ihn,<br />
und Remise heute eine Hebam-<br />
ren und der als Treffpunkt seine<br />
haut der Gebäude und versorgt<br />
Familienunternehmens reihen sich<br />
und damit auch Steildächern hat,<br />
als seine Schwester Martina Klärle<br />
menpraxis, die Büroräume der<br />
gestalterischen und emotionalen<br />
den gesamten HOF8 sowie fünf<br />
vier verschieden hohe Tonnendä-<br />
ist nicht überraschend. Aufge-<br />
mit einem Auftrag aus seinem Hei-<br />
Bauherrin sowie zwei Senioren-<br />
Werte auf zeitgenössische Art zu<br />
Elektroautos als Teil eines Carsha-<br />
cher aneinander, die dem Gebäude<br />
wachsen ist er in Schäftersheim,<br />
matdorf auf ihn zukam. Sie hatte<br />
wohnungen. Die Anordnung des<br />
vermitteln weiß. Bei aller Behut-<br />
ring-Projektes für die Bewohner<br />
ein markantes Aussehen verleihen.<br />
einem 700-Seelen-Dörfchen im<br />
die alte Hofanlage im Zentrum<br />
Ensembles und seine archaische<br />
samkeit, die hierfür im Umgang<br />
mit Strom.<br />
Das Element des Außergewöhn-<br />
Nordosten Baden-Württembergs.<br />
von Schäftersheim gekauft, um<br />
Formensprache mit den nutzungs-<br />
mit dem Bestand nötig war, galt<br />
lichen setzt sich auch im Inneren<br />
Er weiß das Leben auf dem Land zu<br />
sie vor dem Abriss zu retten. Ihre<br />
typischen Satteldächern blieben<br />
es auch, den hohen energetischen<br />
Schnaps brennen,<br />
fort: Roher Sichtbeton trifft auf<br />
schätzen und kennt die Bedeutung<br />
Pläne zur Erneuerung der Dorfmit-<br />
erhalten. Über eine vertikale<br />
Anforderungen gerecht zu werden:<br />
Ressourcen nutzen<br />
eine natürliche Holzbekleidung<br />
von Ortskernen für das Leben der<br />
te verfolgten dabei aber ein noch<br />
Holzlattung, die sich über die<br />
Als „Plusenergiehof“ konzipiert,<br />
In einem Gewerbegebiet in Bad<br />
an der Unterseite des Tonnenge-<br />
Bewohner. In die Jahre gekommene<br />
höheres Ziel: Der zukünftige HOF8<br />
gesamte Fassade sowie Teile der<br />
produziert die neue Hofanlage<br />
Mergentheim zwischen Kartbahn<br />
wölbes. Und auch hier ließ es sich<br />
Altbauten, die für Außenstehende<br />
sollte verdeutlichen, dass der Er-<br />
Dachflächen zieht, fasste Kläre<br />
einen Überschuss von 80 Prozent<br />
und Kieswerk steht die Brennerei<br />
Kläre nicht nehmen, vorhandenes<br />
eher abwertend wirken mögen,<br />
halt ländlicher Strukturen möglich<br />
die differenzierten Funktionen<br />
in Bezug auf den Verbrauch von<br />
Herz. Obwohl Lage und Bauauf-<br />
Potenzial für energetische Zwecke<br />
sieht er als Chance, um das Dorf zu<br />
ist – und zwar unter Einhaltung<br />
zusammen.<br />
Strom und Wärme. Die dunkel<br />
gabe auf den ersten Blick nicht<br />
zu nutzen. Das heiße Abwasser<br />
erneuern. Mit „Erneuerung“ meint<br />
einer hohen Gestaltungsqualität,<br />
schimmernde Photovoltaik-An-<br />
so recht in das Portfolio von Rolf<br />
wird nach dem Brennvorgang in<br />
er nicht abreißen und neu bauen,<br />
energetischer Aspekte und eines<br />
Zielsetzung „Plusenergiehof“<br />
lage, die dazu in den größten Teil<br />
Klärle passen mögen, schaffte er es<br />
einen Schacht geleitet und sorgt<br />
sondern den Bestand erhalten und<br />
vertretbaren wirtschaftlichen<br />
Heute, rund sechs Jahre nach<br />
der Satteldächer integriert wurde,<br />
auch hier, Architektur und Nach-<br />
dort für die Grundwärme des Ge-<br />
weiterentwickeln, ohne seine Her-<br />
Rahmens.<br />
seiner Fertigstellung, ist der HOF8<br />
fügt sich selbstverständlich in das<br />
haltigkeit auf beispielhafte Weise<br />
bäudes. Solarzellen auf dem Dach<br />
kunft und die damit verbundenen<br />
Gemäß dem Leitsatz „Geboren<br />
wieder – und vielleicht noch mehr<br />
Gesamtbild ein. Vollflächig und<br />
unter dem steilen Dach zu verei-<br />
des Lagers machen den Solitär<br />
Erinnerungen zu verschleiern.<br />
werden – arbeiten – alt werden“<br />
als vorher – ein Ort, mit dem sich<br />
bündig mit Ortgängen und Traufen<br />
nen. Über den neuen Produktions-<br />
schließlich autark./
Kommentar • 10<br />
weischer architekten<br />
Köln<br />
Zeitgemäße Architektur ist eigentlich nicht<br />
mehr ohne Umweltbewusstsein zu denken,<br />
und das geht für uns einher mit der Auswahl<br />
der richtigen Materialien. Die Verwendung<br />
von Baustoffen aus nachwachsenden<br />
Rohstoffen wie Holzfaserdämmungen ist<br />
ein guter Ansatz. Im Bereich der Dachbeläge<br />
besteht hingegen Nachholbedarf. Genauso<br />
wichtig ist für uns die Frage, wie es mit dem<br />
Gebäude nach der Lebenszeit weitergeht:<br />
Können die einzelnen Bauteile demontiert<br />
und wiederverwendet werden? Hier liegt das<br />
Steildach gegenüber flachen Dächern mit<br />
verklebten oder mechanisch fixierten Bitumen-Abdeckungen<br />
natürlich klar im Vorteil.<br />
Auch Ästhetik und umweltbewusstes Bauen<br />
schließen sich keinesfalls aus – nur leider ist<br />
dies in den meisten Fällen immer noch eine<br />
Frage des Budgets. Auf der Baustoff-<br />
Seite gibt es bislang zu wenige Hersteller,<br />
die wirklich ökologische Lösungen anbieten.<br />
Dadurch liegen die Kosten für ein Gebäude<br />
in umweltbewusster Bauweise immer<br />
noch deutlich höher als für konventionelle<br />
Alternativen. Im technischen Bereich<br />
denken wir schnell an eine PV-Anlage oder<br />
die Luft-Wasser-Pumpe im Vorgarten, die<br />
ästhetisch wirklich nicht besonders ansprechend<br />
sind. Auch hier sind Lösungen, wie<br />
etwa gestalterisch vorteilhafte Solarziegel,<br />
aus Kostengründen leider noch nicht weit<br />
verbreitet.<br />
Gleichzeitig gibt es viele gelungene Beispiele,<br />
die einen hohen ökologischen Anspruch<br />
mit dem Steildach verbinden, zum Beispiel<br />
Warum ein umweltbewusstes und<br />
ästhetisches Steildach einer Nadel<br />
im Heuhaufen gleicht<br />
Der Kommentar von Simon Weischer von<br />
weischer architekten aus Köln über die Gestaltung<br />
von nachhaltiger Architektur.<br />
die Bibliothek in Kressbronn am Bodensee,<br />
die in eine alte Scheune gebaut wurde.<br />
Gerade im süddeutschen Raum entsteht<br />
eine Vielzahl von Gebäuden, die exemplarisch<br />
für den Trend weg vom weißen<br />
Flachdach-Kubus stehen und dabei – neben<br />
anderen – auch ursprüngliche Materialien<br />
wie Holzschindeln wiederentdecken.<br />
Diese Beispiele machen den Nachhaltigkeitsgedanken<br />
auch nach außen sichtbar,<br />
aber das ist kein Muss. Eine nachhaltige<br />
Bauweise muss man dem Gebäude nicht<br />
zwangsläufig ansehen: ein Haus mit einer<br />
Holzfassade kann trotzdem aus Betonwänden<br />
bestehen, ein Holzbau hingegen kann<br />
eine Putzfassade haben. Man kann also von<br />
der Erscheinung des Gebäudes nicht auf<br />
dessen ökologischen Fußabdruck schließen.<br />
Das bedeutet gleichzeitig auch, dass<br />
niemand befürchten muss, die ästhetische<br />
Qualität der Architektur würde unter dem<br />
Streben nach Ressourcenschonung leiden.<br />
Gerade in den letzten Jahren hat sich das<br />
Bewusstsein für Ökologie in der Gesellschaft<br />
gewandelt. Die Menschen möchten zunehmend<br />
nachhaltig leben, konsumieren und<br />
auch bauen. Bedauerlicherweise scheitert<br />
das am Ende noch zu oft an den Kosten. Es<br />
wäre wünschenswert, dass sich Bauherren<br />
zugunsten geringerer Kosten in Zukunft<br />
nicht mehr gegen ihr Gewissen entscheiden<br />
müssen. Nachhaltiges Bauen darf kein<br />
Luxus sein./<br />
Gastkommentare in stadt/land/dach geben stets die Meinung der jeweiligen Gastautoren wieder und nicht explizit die der Herausgeber.<br />
VERANSTALTUNGEN UND TERMINE<br />
Alle Termin- und Ortsangaben stehen aufgrund der Corona-Situation<br />
unter Vorbehalt. Sofern eine Präsenzveranstaltung nicht möglich<br />
sein sollte, erfolgt diese als Online-Veranstaltung.<br />
Aktuelle Informationen finden Sie auf unserer Website<br />
www.dachkult.de/events.<br />
Rooftop Talk#11 als Online-Veranstaltung<br />
Februar 2021<br />
Rooftop Talk#12 in Heidelberg<br />
April 2021<br />
Rooftop Talk#13 in Hannover<br />
Juni 2021<br />
Im Rathaus der Eysturkommuna von Henning Larsen verschwimmen<br />
die Grenzen zwischen Natur und Architektur. Das steile Gründach<br />
des Bauwerks, das zugleich als Brücke über den Fluss dient, fügt<br />
sich selbstverständlich in die umgebende färöische Landschaft ein.<br />
Herausgeber<br />
dachkult.de<br />
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