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Vorwort

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Vorwort

von Professor Frank Klötzli

Dieses Buch kommt zu einer guten Zeit und ist für verschiedene aktuelle und offizielle

Projekte besonders nötig. Dass es nicht schon früher geschrieben wurde, erhellt

sich aus verschiedenen Gründen, liegt aber vor allem an der Vielzahl von 227 einheimischen

Gehölzarten, deren Verbreitungsgrenzen sich kreuz und quer durch Europa

ziehen. Oft wurde das jeweilige Verbreitungsareal durch den Menschen verändert, und

eine zunehmende Zahl exotischer Gehölze erobert sich ihren Platz unter den heimischen

Arten.

Die heutigen, landschaftsbezogenen Feldarbeiten wie Inventarisierungen, Vegetationskartierungen,

Umweltverträglichkeitsprüfungen und Umweltbaubegleitungen

verlangen nach sehr guten Kenntnissen der Gehölze, ihrer Ansprache und Verbreitung.

Aber schon seit Jahrtausenden fühlt sich der Mensch von der Kraft und Ausstrahlung

der Bäume angezogen und entwickelte Vorlieben für bestimmte Bäume und Sträucher.

Nach heutiger Auffassung stammt der Mensch aus den Savannen Ostafrikas mit

einer grossen Artenvielfalt an Holzpflanzen. Die Struktur dieser Landschaft ist ein

dynamisches, durch die Kulturtätigkeit des Menschen stets beeinflusstes Mosaik aus

Wald und Offenland. Mit seinem Auszug aus den tropischen Savannen und der Entwicklung

der ersten Hochkulturen hat der Mensch dieses ihm vertraute Bild des Landschaftsmosaiks

mit sich genommen, Wälder gerodet und in Feld-Wald-Komplexe

verwandelt, oft mit streifenförmigen Grenzlinien wie Hecken und Baumreihen. Die

Sehnsucht nach einer parkartig offenen Landschaft, die einerseits den Blick in die

Ferne erlaubt und gleichzeitig Schutz und Geborgenheit im Schatten vertrauter Bäume

bietet, hat den Menschen in seiner Kulturgeschichte treu begleitet. So ist es nicht

erstaunlich, dass sich Waldinseln und Heckenlandschaften nicht nur aus praktischen,

sondern auch aus ästhetischen Gründen – und weil der Mensch immer nach Wurzeln

sucht, in ganz Europa erhalten haben – teils natürlichen Ursprungs im Übergang

vom Wald zur Steppe und Halbwüste oder, feuer- und weidebedingt, in offenen mediterranen

Landschaften, in Mitteleuropa jedoch als anthropogene Kulturlandschaften.

Erst die jüngste Entwicklung einer intensivst genutzten Agrarlandschaft mit baumlosem

Horizont entwurzelt uns von den vertrauten Mosaiklandschaften, wie sie auch

gerne in Park anlagen inszeniert werden.

Baum- und Strauchgestalten werden seit jeher geschätzt, wie ein Blick auf Poesie

und Belletristik deutlich zeigt, und führen uns den Jahreskreislauf von der winterkahlen

Silhouette über Frühlingslaub, Blüte, Frucht und Herbstverfärbung deutlich und

in ihrer verlässlichen Wiederkehr auch Vertrauen stiftend vor Augen. Viele Baumarten

wie Eichen, Linden und Ölbäume haben so symbolische, ja heilige Bedeutung erlangt,

gerade im Bedürfnis, Naturgewalten und Übersinnlichem eine Heimat und Wohn -

statt zu geben. Der Wuchs markanter Bäume an Orten besonderer Kraftausstrahlung

führte zur Verehrung von Einzelbäumen und zum Entstehen von Kultstätten in heiligen

Hainen.

Ohne kitschig zu werden, darf ich dieser Haltung beipflichten. Ich habe nicht

nur eine tief empfundene Freude an der Vielfalt schöner Baumgestalten, sondern auch

grosse Achtung vor der über Jahrhunderte aufstrebenden Vitalität alter Bäume.

Irgendwo in Wäldern, Parkanlagen oder in meinem Garten kann mir ein Baum durch

seine Schönheit, Kraft und Ausstrahlung auffallen, und ich fühle mich angezogen

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