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AUSGABE
#2
FRAUNHOFER-INSTITUT FÜR ENTWURFSTECHNIK MECHATRONIK IEM
MEHR ALS
FORSCHUNG
ERFOLGSGESCHICHTEN AUS DEM FRAUNHOFER IEM
Inhalt
MEHR ALS FORSCHUNG
MEHR ALS FORSCHUNG
Inhalt
Inhalt
Editorial ............................................................................................................................................................................... 5
Kernkompetenz Software Engineering
Unsere Kernkompetenzen auf einen Blick ........................................................................................................................ 6
dSPACE – Modellbasierte Automotive-Softwareentwicklung ................................................................................................. 28
Interview: Ulrich Gesing, dSPACE ......................................................................................................................................... 30
GEA – Coaching on the Job ................................................................................................................................................. 32
Unsere Zielmärkte und Kunden ......................................................................................................................................... 8
Kernkompetenz IT-Security
Kernkompetenz Intelligente Technische Systeme
achelos – Optimierte Open-Source-Software verbessert Entwicklungsprozess ....................................................................... 34
Interview: Thomas Freitag, achelos ....................................................................................................................................... 36
VDMA – Schulung »Security by Design« ................................................................................................................................ 38
düspohl – Robotik in der Oberflächentechnik ........................................................................................................................ 10
Interview: Uwe Wagner, düspohl .......................................................................................................................................... 12
heroal – Condition Monitoring in Smart-Home-Systemen ..................................................................................................... 14
Kernkompetenz Virtualisierung und Modellbildung
Kernkompetenz Digitale Transformation
CLAAS Industrietechnik – Augmented Reality in der Landtechnik ....................................................................................... 40
Interview: Antonius Lüke, CLAAS Industrietechnik ................................................................................................................ 42
Miele – Virtuelle Prototypen ................................................................................................................................................. 44
mediaprint solutions – Einführung einer IT-Systemlandschaft ............................................................................................... 16
Interview: Tobias Kaase & Dominik Haacke, mediaprint solutions .......................................................................................... 18
Digitale Heimat PB – Digitale Transformation von Städten und Gemeinden am Beispiel Paderborn ......................................... 20
Kontakt und Impressum ................................................................................................................................................... 47
Kernkompetenz Systems Engineering
Miele – Systems Engineering für die Wäschepflege ................................................................................................................ 22
Interview: Christian Laumann & Viktor Wiens, Miele ............................................................................................................. 24
CLAAS – Requirements Engineering zur Innovationsentwicklung ........................................................................................... 26
Editorial
MEHR ALS FORSCHUNG
MEHR ALS FORSCHUNG
Editorial
Editorial
Liebe Leserinnen und Leser,
intelligente technische Systeme durchdringen die Industrie
immer stärker. Neue smarte Produkte und Produktionsmaschinen
sowie Unternehmensprozesse entstehen in nie dagewesener
Anzahl. Die Chancen, die sich so für die Wirtschaft
ergeben, sind fast grenzenlos. Gleichzeitig ist diese Entwicklung
für Unternehmen auch mit zahlreichen Herausforderungen
verbunden.
Das Fraunhofer-Institut für Entwurfstechnik Mechatronik
IEM versteht sich als Partner, um diesen Anforderungen wirkungsvoll
und nachhaltig zu begegnen. Unsere Forscherinnen
und Forscher sind technologisch auf der Höhe der Zeit und
erarbeiten bereits heute die Lösungen für morgen.
Unsere fachliche DNA ist nicht durch eine spezifische Disziplin
geprägt, sondern setzt sich aus vielen Fachbereichen wie
Informatik, Maschinenbau, Elektrotechnik oder Wirtschaftswissenschaften
zusammen. Unser Ziel ist die anwendungsorientierte
Umsetzung unserer Forschungserkenntnisse. Das
gelingt uns, weil wir Problemstellungen aus der Wirtschaft
analysieren und verstehen, um gemeinsam mit Unternehmen
passgenaue Lösungen zu entwickeln.
Wie diese Zusammenarbeit aussehen kann, zeigen wir im
Rahmen unserer Broschürenreihe »Mehr als Forschung«. Auf
48 Seiten geben wir Ihnen einen Einblick in aktuelle Praxisbeispiele
aus Industrie und Wirtschaft. Diese Erfolgsgeschichten
zeigen, wie wir unsere Kompetenzen und Forschungsergebnisse
aus den Bereichen Intelligente Technische Systeme, Digitale
Transformation, Systems Engineering, Software Engineering,
IT-Security sowie Modellbildung und Virtualisierung in
die Praxis übertragen und im Unternehmensalltag etablieren
– individuell auf unsere Kunden und ihre Ziele zugeschnitten.
Die gemeinsamen Projekte sind dabei so vielfältig wie die
intelligenten Technologien und ihre Möglichkeiten selbst. Ob
Condition Monitoring in Smart-Home-Systemen, der Einsatz
von Robotik in der Oberflächentechnik oder die digitale Transformation
von Städten und Gemeinden: Mit den Inhalten in
dieser Broschüre bekommen Sie einen Eindruck, wie unsere
anwendungsorientierte Forschung in der Wirtschaft direkten
Nutzen stiftet.
Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen.
Haben wir Ihr Interesse an einer Zusammenarbeit geweckt?
Dann sprechen Sie uns gerne an!
Prof. Dr.-Ing. habil. Ansgar Trächtler
Institutsleiter
Direktor Scientific Automation
Prof. Dr. Eric Bodden
Direktor Softwaretechnik
und IT-Sicherheit
Prof. Dr.-Ing. Roman Dumitrescu
Direktor Produktentstehung
v.l.: Prof. Roman Dumitrescu, Prof. Ansgar Trächtler, Prof. Eric Bodden; © Fraunhofer IEM
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Unsere Kernkompetenzen auf einen Blick
MEHR ALS FORSCHUNG
MEHR ALS FORSCHUNG
Unsere Kernkompetenzen auf einen Blick
Unsere Kernkompetenzen
auf einen Blick
Software Engineering
Innovative Funktionen technischer Systeme basieren zunehmend auf Software. Als unerlässlicher
Bestandteil ermöglicht sie ergänzende digitale Services, zum Beispiel zur Überwachung
und Optimierung des laufenden Betriebs. Die Qualität angebotener Produkte und Dienstleistungen
hängt dabei maßgeblich von der Softwarequalität ab. Das Fraunhofer IEM unterstützt
Unternehmen mit maßgeschneiderten Prozessen, Methoden und Werkzeugketten bei der
effizienten Entwicklung sicherer Software in höchster Qualität.
Hochwertige Software ist die Basis zukunftsweisender technischer Systeme: Mit
unserer langjährigen Erfahrung im Software Engineering setzen wir neue Maßstäbe
in der Qualität komplexer Softwarelösungen.
Intelligente Technische Systeme
Intelligente technische Systeme benötigen eine breite Basis hoch anspruchsvoller Technologien
– ob virtuelle Sensorik, selbstoptimierende Regelungen, maschinelles Lernen, Molded
Interconnect Devices, Location-based Services oder Augmented und Virtual Reality: Das Fraunhofer
IEM beherrscht den Stand der Technik und setzt in einzelnen Gebieten Standards. Dabei
steht stets die bedarfsorientierte Anwendung der Technologien im Mittelpunkt.
Ob mit maschinellem Lernen, selbstoptimierenden Algorithmen oder Augmented-
Reality-Lösungen: Wir unterstützen Unternehmen mit unserer breiten Technologiekompetenz
für intelligente technische Systeme.
Digitale Transformation
Die Digitalisierung verändert die Marktleistung von Unternehmen und die Art, diese zu
entwickeln. Keine Fachdisziplin kann alleine derart komplexe technische Systeme realisieren.
Systems Engineering liefert fachdisziplinübergreifende Denk- und Handlungsweisen. Es ermöglicht
die Kommunikation und Kooperation aller beteiligten Personen und macht das in Entstehung
befindliche System greifbar und validierbar. Dafür arbeitet das Fraunhofer IEM an Methoden,
Verfahren und IT-Lösungen für ein interdisziplinäres, ganzheitliches Engineering.
Digitalisierung heißt Veränderung: Wir entwickeln Strategien, Methoden und
Werkzeuge, die die technische, organisatorische und soziale Transformation gleichermaßen
berücksichtigen.
IT-Security
Um Cyberangriffe effektiv abzuwehren, müssen software-intensive Systeme sicher entwickelt
und eingesetzt werden. Das Fraunhofer IEM unterstützt Anbieter von Software- und
Hardwarelösungen bei der bedarfsgerechten Einführung und Umsetzung eines auf die eigenen
Prozesse zugeschnittenen Secure Development Lifecycle, der auf leistungsfähigen Softwarewerkzeugen
basiert. Für Hersteller und Betreiber von Systemen entwirft und prüft das Fraunhofer
IEM zuverlässige IT-Sicherheitskonzepte und -maßnahmen.
Bei der Entwicklung technischer Systeme kommen Unternehmen nicht mehr an
Fragen der IT-Sicherheit vorbei: Als verlässlicher Partner erarbeiten wir mit Softwareentwicklern
und Anwendern von IT-Systemen einen maßgeschneiderten Secure
Development Lifecycle.
Virtualisierung und Modellbildung
Moderne Simulations- und Virtualisierungslösungen steigern die Effizienz in Entwicklungsprozessen.
Bereits in frühen Phasen der Produktentwicklung ersetzen virtuelle Modelle und
teilvirtualisierte Systeme aufwendige Funktionsmuster und Prototypen. Sie ermöglichen flexible
Systemtests, eine effektive Fehlersuche, reduzieren Entwicklungszeiten sowie Kosten und können
über den gesamten Lebenszyklus genutzt werden. Das Fraunhofer IEM spricht in diesem
Zusammenhang von digitalen Zwillingen.
Digitale Modelle und Prototypen ermöglichen schlanke und transparente Entwicklungsprozesse:
Mit unseren Methoden und Techniken zur Virtualisierung und Modellbildung
arbeiten Unternehmen ganzheitlicher, kreativer und schneller.
Systems Engineering
Die Digitalisierung von Produkten, Prozessen und Geschäftsmodellen bedeutet einen umfassenden
Transformationsprozess, den es unternehmensindividuell zu bewältigen gilt. Auf
diesem Weg ist das Fraunhofer IEM ein verlässlicher Partner. Mit Strategiekompetenz, Methodenwissen
und Technologie-Know-how entwickelt es maßgeschneiderte Lösungen, die sowohl
die technologische Sichtweise als auch unternehmenseigene Voraussetzungen, Potenziale und
Ziele berücksichtigen.
Die Entwicklung intelligenter technischer Systeme ist unsere Profession: Mit
unserem disziplinübergreifenden Systems-Engineering-Ansatz optimieren wir den
Produktentstehungsprozess – von der ersten Idee bis zur Marktreife.
Weiterführende Informationen zu unseren Kernkompetenzen, laufenden Projekten
und Möglichkeiten der Zusammenarbeit finden Sie hier
www.iem.fraunhofer.de
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Unsere Zielmärkte und Kunden
MEHR ALS FORSCHUNG
MEHR ALS FORSCHUNG
Erfolgsgeschichten aus dem Fraunhofer IEM
Unsere Zielmärkte und Kunden
Erfolgsgeschichten
aus dem Fraunhofer IEM
Maschinen- und Anlagenbau
Ostwestfalen-Lippe (OWL) zählt mit rund 300 Unternehmen zu den führenden Maschinenbaustandorten
in Europa. Um diese Spitzenposition zu erhalten, fokussieren wir uns mit
unseren Kunden darauf, der zunehmenden Komplexität ihrer Produkte mit einem fachübergreifenden,
ganzheitlichen Entwicklungsprozess zu begegnen. Wir bringen Intelligenz in ihre
Produktion und ihre Produkte und begleiten sie dabei, ihre digitalen Geschäftsfelder mit einer
entsprechenden internen Wertschöpfung auszubauen.
Smart Living
Smart Living beschreibt den Trend zu digitalen, vernetzten Diensten und Anwendungen
für den Endverbraucher. Unsere Kunden aus den Bereichen Haushaltsgeräte, Lichtinfrastruktur
oder öffentliche Versorgung unterstützen wir vor allem bei der modellbasierten Entwicklung
dieser komplexen Systeme. Dabei denken wir Bedienbarkeit und neue Geschäftsmodelle von
Beginn an mit und behalten das Thema Datensicherheit im Blick.
Mobilität und Transport
In OWL, in Deutschland und weltweit profitieren Automobilhersteller, -zulieferer und die
Nutzfahrzeugindustrie von unserem Technologie-Know-how für innovative Fahrwerke. Insbesondere
die disziplinübergreifende und modellbasierte Entwicklungsmethodik wird immer bedeutender:
Die Mobilität von morgen ist ein vernetztes, autonomes System, das unsere Kunden
zunehmend in global verteilten Kooperations- und Wertschöpfungsnetzwerken entwickeln.
Industrieautomatisierung
Mit der Elektro- und Elektronikindustrie in Ostwestfalen-Lippe arbeiten wir vertrauensvoll
zusammen, wenn es um die intelligente Datenanalyse und die vernetzte und sichere Automatisierung
von Produktionssystemen geht. Mit Industrial Data Analytics, neuesten Kommunikationsstandards
und unseren disziplinübergreifenden Entwurfstechniken schaffen wir dabei
Lösungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette.
Informations- und Kommunikationstechnologie
Hersteller von Softwarelösungen profitieren von unseren Methoden und Erfahrungen
für die Entwicklung von individuellen, modularisierbaren und sicheren Softwareprodukten.
Nachgefragt sind unsere Leistungen rund um IT-Sicherheit mit Themen wie modularen
Softwarearchitekturen, der Einführung von (u. a. agiler) Methoden für einen effizienten
(Secure) Development Lifecycle sowie Softwarewerkzeuge zum automatisierten Auffinden von
Sicherheitsschwachstellen im Code.
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Kernkompetenz Intelligente Technische Systeme
MEHR ALS FORSCHUNG
MEHR ALS FORSCHUNG
Kernkompetenz Intelligente Technische Systeme
düspohl
Robotik in der
Oberflächentechnik
Mit maschineller Intelligenz zur
autonomen Produktion
Ausgangssituation und Projektziel
Immer kleiner werdende Losgrößen bei zunehmend individuellen
Kundenwünschen und aufwendigen Rüstzeiten: Dieser
Herausforderung stand auch das Unternehmen düspohl aus
Schloß Holte-Stukenbrock gegenüber. Die Lösung: Der international
agierende Entwickler von Profilummantelungsmaschinen
sowie Kaschier- und Peripherieanlagen für die Holz- und
Kunststoffindustrie setzte auf die durchgängige Automatisierung
der Prozesskette. Ziel war es, Rüstzeiten zu minimieren
und die Fertigung kleiner Losgrößen mit individuellen Dekors
effizient und flexibel umzusetzen. Gemeinsam mit dem Fraunhofer
IEM entwickelte düspohl im Rahmen des 2012 gestarteten
Projekts RoboWrap die erste vollautomatisierte Profilummantelungsanlage
weltweit. Mittlerweile sind die Maschinen
bei namhaften Profilherstellern im Einsatz und die Technologie
wird kontinuierlich weiterentwickelt.
Lösung und Kundennutzen
Die Automatisierung des Ummantelungsprozesses wurde
durch eine große Zahl intelligent programmierter Roboter
erreicht. Die Forscher des Fraunhofer IEM entwickelten die
Softwarearchitektur, erarbeiteten die Roboteranordnung und
spezifizierten die Maschinentopologie. Dabei waren unterschiedliche
Fragen zu lösen und Anforderungen zu definieren:
Wie können die Roboter mit den notwendigen hohen Kräften
und doch nachgiebig arbeiten? Wie finden sie exakt ihre
Position wieder? Wie können Winkelfehler beim Anbringen
des Dekors vermieden werden? Und wie ist eine reibungslose
Konfiguration zu gewährleisten?
Das Projektteam, das für seine Arbeit 2012 mit dem
OWL-Innovationspreis ausgezeichnet wurde, entwickelte eine
Anlage, die auf Basis künstlicher Intelligenz neue Profile vollautomatisch
fertigen kann – ohne eine Rüstzeit von fünf
Minuten zu überschreiten. Werden die Positionierungen der
Andruckrollen aktuell noch vom Bediener der Maschine programmiert,
soll auch dieser Schritt zukünftig automatisiert
vonstattengehen. Aktuell arbeiten düspohl und das Fraunhofer
IEM im Rahmen eines KI-Marktplatz-Verbundprojekts
daran, auch den Einrichtungsprozess der Anlage zu automatisieren
und eine völlig autonome Produktion beliebiger
Profile zu ermöglichen. Hierzu verbindet das Fraunhofer IEM
konventionelle Modellbildung mit maschinellem Lernen und
demonstriert, wie intelligente Arbeitssysteme im deutschen
Mittelstand zukünftig gestaltet werden können.
Die düspohl Maschinenbau GmbH entwickelt,
produziert und vertreibt Anlagen zur Profilummantelung
und zum Kaschieren inklusive aller
Komponenten wie Beschickungs-, Vorschmelzoder
Trennsysteme. Die Marke ist international
für einen hohen Automatisierungsgrad und
innovative Lösungen bekannt.
Mitarbeiter: ca. 52
Umsatz: ca. 8,5 Mio. Euro
Branche: Sondermaschinenbau
Standort: Schloß Holte-Stukenbrock
© düspohl
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Kernkompetenz Intelligente Technische Systeme
MEHR ALS FORSCHUNG
MEHR ALS FORSCHUNG
Kernkompetenz Intelligente Technische Systeme
Interview
Uwe Wagner
Geschäftsführer /
Managing Director
düspohl
© Uwe Wagner
Herr Wagner, düspohl gehört bei der Entwicklung von Profilummantelungsmaschinen
sowie Kaschier- und Peripherieanlagen zu den innovativsten Unternehmen weltweit.
Wie haben Sie Innovation und Forschung in den Unternehmensalltag integriert?
Ich selbst bin seit 40 Jahren im Maschinenbau tätig, sehr technikaffin und immer auf der
Suche nach technischen Möglichkeiten, die es den Menschen einfacher machen. Damit im
Unternehmensalltag Innovationen gelingen, spielen verschiedene Faktoren eine Rolle: Man
muss wissen, was technisch möglich ist. Man braucht ein bisschen Fantasie. Man muss den
Kunden zuhören. Und ganz wichtig: seinen Mitarbeitenden auch. Bei uns trägt jeder seine
Ideen zur Problemlösung und Entwicklung von Innovationen bei – Angestellte im Vertrieb
ebenso wie Mitarbeiter aus der Technik oder dem Marketing. Wir nehmen uns der Anliegen
und Probleme unserer Kunden an und führen sie zu einem positiven Ergebnis.
Im Rahmen des Forschungsprojekts RoboWrap haben Sie gemeinsam mit dem
Fraunhofer IEM die erste vollautomatisierte Profilummantelungsmaschine
entwickelt. Wie ist es dazu gekommen?
Am Anfang ging es grundsätzlich um die Machbarkeit. Die Idee zu einer solchen Maschine
hatte ich im Jahr 2000. Ummantelungsprozesse sind sehr komplex und basieren auf vielen
manuellen Einstellungen. Dafür bedarf es eines umfassenden Erfahrungswissens. Die Rüstzeiten
sind dennoch sehr hoch, der Ausschuss oftmals auch. Gleichzeitig werden die Anforderungen
individueller. Just-in-time-Lösungen sind quasi der Schlüssel zum Glück. Man kommt also nicht
umhin, die Ummantelung zu automatisieren. Die Frage war nur: Wie real ist das? Ich konnte
mir vorstellen, dass die Programme und Rechenleistungen das mal möglich machen würden. Ich
wusste, das würde viele Jahre dauern. Aber: Wer nicht anfängt, wird nie fertig. Und wir haben
angefangen – und waren gemeinsam mit allen Projektbeteiligten erfolgreich.
» Bei uns trägt jeder seine Ideen zur Problemlösung und Entwicklung von Innovationen bei –
Angestellte im Vertrieb ebenso wie Mitarbeiter aus der Technik oder dem Marketing.«
Uwe Wagner, Geschäftsführer / Managing Director düspohl
Welche Herausforderungen mussten im Rahmen des Projekts gemeistert werden?
Es gab sehr viele Herausforderungen. Wir brauchten eine Mechanik, die die für eine
Ummantelung notwendigen Freiheitsgrade möglich macht. Wir brauchten kleine Roboter, die
eng nebeneinander arbeiten können, ohne sich mit einem Bauabstand von 200 mm gegenseitig
zu behindern. Bei dem Prototypen waren es acht Roboter; die neueste Maschine arbeitet mit
47 Sechs-Achs-Robotern. Wir mussten eine eigene Software programmieren. Und immer wieder
gab es auch Rückschläge. Aber das gehört dazu. Innovationen kosten Zeit und auch Geld.
Aber es ist wichtig, dranzubleiben und Lösungen zu finden.
Das Projektteam ist drangeblieben. Mittlerweile sind die RoboWrap-Maschinen bei
Profilherstellern im Betrieb. Was können diese Maschinen, was andere nicht können?
Die Maschinen sind vollautomatisiert. Sie sind in der Lage, die ursprünglich festgelegte Aufgabe
zu analysieren, mit dem vorhandenen Material zu realisieren und zu reproduzieren. Die
reine Einrüstzeit liegt bei fünf Minuten. Das spart Zeit, Kosten und nach anderthalb Metern
sind verkaufsfähige Stücke fertig. Aktuell sammeln wir mithilfe von künstlicher Intelligenz (KI)
Betriebsdaten der Profileinstellungen, bei denen die Ummantelung einwandfrei gelaufen ist.
Das ist eine wichtige Basis, um zukünftig auch den Einrichtprozess zu automatisieren. Daran
arbeiten wir gerade – auch zusammen mit dem Fraunhofer IEM.
Was raten Sie Unternehmen, die der Digitalisierung und KI-Technologien zögerlich
gegenüberstehen?
Ich finde das Thema faszinierend. Künstliche Intelligenz wird unsere Zukunft maßgeblich
verändern. Ich kann nur dazu raten, das anzunehmen und für sich nutzbar zu machen. Es gibt
so viele Prozesse, die mit KI optimiert werden können. Das ist unglaublich. Natürlich gibt es
auch negative Seiten und auch die muss man im Auge behalten. Aber die Möglichkeiten, die
künstliche Intelligenz bietet, sind so vielfältig. Ich bin überzeugt, dass wir mit düspohl auf dem
richtigen Weg sind. Wir werden auch weitere Digitalisierungs- und KI-Projekte umsetzen. Man
muss sich nur trauen.
Wie haben Sie die Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer IEM erlebt?
Ein solches Forschungsprojekt ist natürlich immer auch von den beteiligten Personen abhängig.
Aber alle im Projektteam waren sehr offen. Was mir besonders gefällt: Die Experten vom
Fraunhofer IEM arbeiten sehr lösungsorientiert und engagiert. Sie nehmen sich der Sache an
und machen sie zu ihrer eigenen Problematik. Besser geht es doch nicht.
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Kernkompetenz Intelligente Technische Systeme
MEHR ALS FORSCHUNG
MEHR ALS FORSCHUNG
Kernkompetenz Intelligente Technische Systeme
heroal
Condition Monitoring
in Smart-Home-Systemen
Mehr Funktionalität für Rollladensysteme
Ausgangssituation und Projektziel
heroal entwickelt und produziert Aluminium-Systemlösungen
für Rollläden, Sonnenschutz, Rolltore, Fenster, Türen und
Fassaden. Neben der Entwicklung und Produktion der Systeme
betrachtet heroal ebenfalls die Nutzungsphase und setzt hier
auf innovative Ansätze, die einen Mehrwert in diesem Abschnitt
des Lebenszyklus generieren. Condition Monitoring
und Predictive Maintenance sind hierbei für heroal besonders
interessant, um auch die bestehenden Geschäftsmodelle
in diese Richtung weiterzuentwickeln. Die Umsetzung einer
prädiktiven Wartung setzt allerdings voraus, dass heroal das
Verhalten der Systeme – besonders auch das Langzeitverhalten
– gut interpretieren und mit möglichst geringem Aufwand
erkennbar machen kann. Die Herausforderung hierbei
ist, aus möglichst wenigen Systemgrößen auf Fehler schließen
zu können. Ohne eine vorherige Erfassung und eine detaillierte
Analyse der verfügbaren Systemgrößen ist ein solcher Ansatz
allerdings nicht ohne Weiteres umzusetzen. Im Rahmen des
Projekts arbeitet heroal gemeinsam mit dem Fraunhofer IEM
daran, diese und weitere Funktionalitäten in die Produkte zu
integrieren.
Lösung und Kundennutzen
In intensiven und umfangreichen Systemtests werden
die Produkte von heroal analysiert. An Systemaufbauten von
Rollläden werden für dieses Projekt Sensoren appliziert, um
zunächst Systemgrößen aufzunehmen. An mehreren Prüfstandsaufbauten
im Mechatronic Testing Lab des Fraunhofer
IEM fahren die elektrischen Rollladensysteme über mehrere
Monate bis zu 10.000 Mal hoch und runter, um die Systeme zu
testen und das Systemverhalten zu erforschen. Dabei werden
wichtige Systemgrößen wie Stromaufnahme und Temperatur
betrachtet. Sie erlauben eine Aussage darüber, wie die aktuelle
Konstitution eines Systems ist und wann eine nächste Wartung
durchgeführt werden muss.
Das gemeinsame Forschungsprojekt bietet heroal eine
wichtige Basis für die Umsetzung von Predictive Maintenance
und Condition Monitoring in den Produkten. Funktionen wie
eine aktive Zustandsüberwachung oder vorausschauende
Wartung können integriert und neue Serviceleistungen für
die Kunden etabliert werden. Das Verhalten der Systeme lässt
sich besser einschätzen. Die Kunden profitieren von höherem
Komfort, mehr Sicherheit und einem effizienteren Energiemanagement.
heroal - Johann Henkenjohann GmbH & Co. KG
entwickelt und produziert hochwertige und
innovative Aluminium-Systemlösungen für Rollläden,
Sonnenschutz, Rolltore, Fenster, Türen und
Fassaden. heroal-Systeme setzen Maßstäbe in
Innovation und Qualität und wurden hierfür mehrfach
ausgezeichnet.
Mitarbeiter: ca. 800
Branche: Metallverarbeitung
Standort: Verl
© AndSus / Adobe Stock
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Kernkompetenz Digitale Transformation
MEHR ALS FORSCHUNG
MEHR ALS FORSCHUNG
Kernkompetenz Digitale Transformation
mediaprint solutions
Einführung einer
IT-Systemlandschaft
Transformation zur smart factory
in der Druckindustrie
Ausgangssituation und Projektziel
Die Druckindustrie ist im Umbruch: Der Wettbewerbsdruck
steigt, die Auflagen sinken, die Auftragsanzahl hingegen
nimmt zu. Gleichzeitig erwarten die Kunden eine Produktion
aus einer Hand und immer kürzere Lieferzeiten. Die
mediaprint solutions GmbH begegnet diesen Entwicklungen
mit einer Strategie, die unter anderem auf eine sehr flexible,
jedoch hochautomatisierte, digital vernetzte und transparente
Produktion setzt – und hat in Paderborn die mediaprint smart
factory errichtet. Durch die kleinteilige Produktion ist es in der
smart factory allerdings wesentlich aufwendiger, die Produktion
zu steuern. Aus diesem Grund begleitete das Fraunhofer
IEM das Großprojekt bei der Entwicklung einer geeigneten
IT-Systemlandschaft.
Lösung und Kundennutzen
Mit der mediaprint smart factory ist auf 1.800 qm eine
Produktionsstätte für einen hochindividuellen Druck innerhalb
des standardisierten Produkt- und Materialkatalogs entstanden.
Dabei setzt das Unternehmen auf transparente Prozesse
– von der Bestellung über die Produktion bis zur Lieferung. Die
Maschinen sind bestmöglich untereinander vernetzt, innerbetriebliche
Transportprozesse werden zukünftig automatisiert
und die Kunden sind per Programmierschnittstellen (API) direkt
angebunden.
Für die Entwicklung und Umsetzung dieser Prozesslandschaft
führte das Fraunhofer IEM eine systematische Ist-Analyse
der Fertigungsabläufe durch. In enger Abstimmung mit dem
Unternehmen wurden anschließend Anforderungen und
Abläufe für die automatisierte Auftragsabwicklung in der
mediaprint smart factory definiert und in einer Soll-Prozesslandschaft
zusammengeführt. Eine Datenlandkarte diente
als Basis für die Erstellung eines Lastenhefts, um kompatible
IT-Systeme auswählen zu können. Erfolg versprechende Systeme
und Anbieter wurden bewertet und priorisiert. So erhielt
das Unternehmen eine professionelle Grundlage, um das
für die Prozesslandschaft optimale System sowie zugehörige
Module auszuwählen und einzuführen.
Die mediaprint solutions GmbH ist ein Lösungsanbieter
für Offset-, Digitaldruck, Logistik und
Full-Service. An ihrem zentralen Produktionsstandort
in Paderborn schafft sie innovative
Print-Lösungen für B2B- und B2C-Märkte.
Mitarbeiter: 160
Branche: Druckindustrie
Standort: Paderborn
© mediaprint solutions
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Kernkompetenz Digitale Transformation
MEHR ALS FORSCHUNG MEHR ALS FORSCHUNG Kernkompetenz Digitale Transformation
Interview
Tobias Kaase
Geschäftsführer
mediaprint solutions
Herr Haacke und Herr Kaase, Sie sind Geschäftsführer der mediaprint solutions GmbH:
Warum haben Sie sich zum Aufbau der mediaprint smart factory entschlossen?
Tobias Kaase: Unsere Branche steht vor großen Herausforderungen. Mass-Customization
und lagerlose Echtzeitproduktion sind zwei Trends, die die Druckproduktion nachhaltig prägen
werden. Darauf mussten wir reagieren und uns zukunftssicher aufstellen. Mit der mediaprint
smart factory haben wir auf 1.800 Quadratmetern eine weitgehend automatisierte und transparente
Produktionsstätte für Commodity-Produkte geschaffen. Hier drucken wir Bücher in
Kleinauflage und Auflage 1, Kataloge und technische Produktinformationen, Wandkalender
und Broschüren.
Dominik Haacke: Commodity- sowie Customized-Print sind unsere beiden Standbeine.
Wir sind als Customized-Druckerei groß geworden, also mit der Fertigung maßgeschneiderter,
sehr komplexer Produktvarianten. Gleichzeitig gehört mit Commodity-Print die Produktion
hoch standardisierter Druckerzeugnisse zu unserem Portfolio. Das sind zwei völlig unterschiedliche
Welten mit ganz anderen Anforderungen, die zuvor in einer Produktion vereint waren.
Mit der mediaprint smart factory haben Commodity-Produkte ihr eigenes Zuhause bekommen.
Welchen Herausforderungen standen Sie beim Aufbau dieser neuen Produktionslandschaft
gegenüber?
Dominik Haacke: Die genaue Definition des Produktionsprozesses von der Bestellung
bis zum Versand war eine komplexe Aufgabe. Wie soll die Arbeitsgestaltung aussehen? Wie
können die einzelnen Produktionsschritte zusammenlaufen? Was für IT-Systeme benötigen
wir, um diese automatisierte Produktion umzusetzen? Das Fraunhofer IEM hat uns im Rahmen
der Umsetzungsbegleitung von Digital in NRW sehr geholfen, Antworten auf diese und viele
weitere Fragen zu finden.
Tobias Kaase: Die Experten des Fraunhofer IEM haben in enger Abstimmung mit uns die
Soll-Prozesslandschaft und Datenlandkarte für die smart factory aufgenommen. Es wurden Anforderungen
und Abläufe festgelegt, ein Lastenheft von uns erstellt und kompatible IT-Systeme
ausgewählt. Durch diese gute Vorarbeit konnten wir die geplante Systemlandschaft in kurzer
Zeit Wirklichkeit werden lassen – und das trotz Corona und der damit verbundenen Einschränkungen.
Ende 2019 haben wir eine Ausschreibung gestartet, Ende Februar die Firma Ctrl-S
beauftragt und Anfang Juli sind wir live gegangen. Seit Ende Oktober sind unsere Kunden in
die neue Software integriert. Das System läuft.
© Tobias Kaase
Dominik Haacke
Geschäftsführer
mediaprint solutions
© Dominik Haacke
Welche Vorteile ergeben sich daraus für die Produktionsabläufe?
Dominik Haacke: Wir können unsere Prozesse gezielt auf die Anforderungen der jeweiligen
Druckproduktion ausrichten. Die mediaprint smart factory ermöglicht uns den hochindividuellen
Druck innerhalb des standardisierten Produkt- und Materialkatalogs. Dabei setzen wir
auf voll automatisierte Prozesse: Die Maschinen sind bestmöglich untereinander vernetzt, die
innerbetrieblichen Transportprozesse werden zukünftig automatisiert und die Kunden per API
angebunden. Das führt zu absoluter Klarheit und Transparenz der Prozesse – für alle Beteiligten.
Wir planen in den nächsten vier bis fünf Jahren mit einer Million Aufträgen pro Jahr. Das ist nur
mit einem entsprechenden Automatisierungsgrad möglich.
Tobias Kaase: Durch diesen maximalen Automatisierungsgrad schaffen wir Transparenz in
der Produktion für die optimale Bedienung der Maschinen sowie die Betriebsdatenerfassung.
Zudem können wir die Produktionszeiten verkürzen und flexibel auf die tägliche Kapazitätsauslastung
reagieren. Insgesamt ermöglichen uns diese Maßnahmen, auch kleine Losgrößen
qualitativ hochwertig und zugleich kostengünstig zu fertigen.
Was sind jetzt die nächsten Schritte?
Dominik Haacke: Wir befinden uns trotz der bisherigen Umsetzungsgeschwindigkeit noch
am Anfang. Wir haben die geplante Prozesslandschaft in sieben Versionen gesplittet und erweitern
das System aktuell Schritt für Schritt. Partnernetzwerke werden aufgebaut für zukünftiges
Load-Balancing. Ebenso erweitern wir im Moment unser Produktportfolio.
Tobias Kaase: Zusammen mit dem Fraunhofer IEM und dem Fraunhofer IML sowie weiteren
Unternehmen und Institutionen sind wir außerdem Teil des it´s owl-Projekts »MOVE –
Maschinelle Intelligenz für die Optimierung von Wertschöpfungsnetzwerken«. In diesem Rahmen
arbeiten wir an einem automatisierten Planungsprozess. Ziel ist eine auf künstlicher Intelligenz
basierende Absatzprognose, die als Pilotprojekt in der mediaprint smart factory umgesetzt
werden soll. Wir hatten eigentlich gedacht, dass diese Thematik erst in drei bis fünf Jahren sehr
hohe Relevanz für uns hat. Die Realität zeigt uns allerdings, dass sie dank der vielen Kleinstbestellungen
und der guten Auslastung aktuell einen immer höheren Stellenwert bekommt.
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Kernkompetenz Digitale Transformation
MEHR ALS FORSCHUNG
MEHR ALS FORSCHUNG
Kernkompetenz Digitale Transformation
Digitale Heimat PB
Digitale Transformation
von Städten und Gemeinden
am Beispiel Paderborn
Doppelseite wird überarbeitet
Paderborn ist
erstklassig!
Immer. Weiter. Paderborn.
Lösung und Kundennutzen
Das Fraunhofer IEM begleitet Paderborn von Beginn an auf
dem Weg zur digitalen Stadt und unterstützt diese durch die
Erarbeitung einer individuell zugeschnittenen Digitalisierungsstrategie
sowie deren Umsetzung. Grundlage der Strategie
sind eine umfassende Analyse der Ausgangssituation und die
Formulierung einer Vision. Daraus ergeben sich für die Lebensbereiche
Mobilität, Gesundheit und Handel konkrete Ziele und
Anwendungen, wie zum Beispiel eine intelligente Verkehrssteuerung
oder digitale Patientenakten und die Vernetzung
der Krankenhäuser.
© Digitale Heimat PB
© Digitale Heimat PB
Ausgangssituation und Projektziel
Ostwestfalen-Lippe wird die erste digitale Modellregion
in Nordrhein-Westfalen mit der Stadt Paderborn als Leitkommune.
Die Stadt Paderborn hat sich als Pionier in OWL früh mit
dem Thema Digitalisierung beschäftigt und so unter anderem
beim BITKOM-Wettbewerb »Digitale Stadt« den dritten Platz
belegt. Um die digitale Transformation voranzutreiben, hat die
Stadt eigens eine Stabsstelle Digitalisierung eingerichtet. Ziel
ist es, die Stadt mit intelligenten Anwendungen auszustatten
und die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger durch
digitale Technologien zu verbessern.
Im Laufe der Zusammenarbeit entstand zusätzlich das
Konzept einer Local-Open-Data-Plattform, mit deren Hilfe die
stetig wachsende Datenmenge im öffentlichen Raum besser
genutzt werden kann. Das Konzept umfasst die Optimierung
kommunaler Verwaltungsprozesse, ein Portal für innovative
Bürger-Services und einen Daten-Marktplatz für neue
Dienstleistungen und Geschäftsmodelle im Internet der Dinge
(IoT). Beste Voraussetzungen für Paderborn, sich als lebenswerte
Stadt und als Vorbild für moderne Stadtentwicklung zu
positionieren.
Digitale Heimat PB bündelt als Marke alle
Digitalisierungsaktivitäten der Stadt Paderborn,
welche durch die Stabsstelle Digitalisierung zentral
koordiniert werden. Die Stabsstelle Digitalisierung ist
Ansprechpartner für die über 2.500 Mitarbeitende
der Stadt Paderborn sowie für Unternehmen,
Bürgerinnen und Bürger, wenn es um das Thema
Digitalisierung geht. Hierbei handelt es sich sowohl
um die Digitalisierung der Verwaltungsprozesse wie
auch um IoT-Anwendungen im Stadtgebiet, wie zum
Beispiel neuartige Parksensorik und -leitsysteme zur
einfacheren Suche nach Parkplätzen.
Mitarbeiter: 5
Branche: Öffentlicher Dienst
Standort: Paderborn
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A
B
B
C
C
A
A
B
B
A
Kernkompetenz Systems Engineering
MEHR ALS FORSCHUNG MEHR ALS FORSCHUNG Kernkompetenz Systems Engineering
Miele
Systems Engineering
für die Wäschepflege
Neue Methoden und Denkansätze
für die Entwicklung komplexer technischer Systeme
Ausgangssituation und Projektziel
© Miele
Die zunehmende Funktionalität und Vernetzung von
Smart-Home-Produkten bringt neue Herausforderungen für
den Entwicklungsprozess mit sich. Miele begegnet diesen mit
zielgerichtetem Systems Engineering und hat in dem zentralen
Projekt SE4Miele SE-Methoden und -Ansätze für das gesamte
Unternehmen definiert. In einem nächsten Schritt gilt
es, diese Inhalte in den einzelnen Business Units einzupassen
und anzuwenden. Ziele dieser SE-Pilotierung sind die Schulung
der beteiligten Personen, die Erprobung der SE-Einbindung in
die Organisation sowie die Entwicklung von Inhalten für Pilotprojekte.
Lösung und Kundennutzen
Um diese Ziele zu erreichen, wurde zunächst in der
Business Unit Laundry eine auf die Organisation angepasste
Pilotprojektstruktur entwickelt und genutzt: Statt mehrere
Pilotprojekte mit unterschiedlichen Projektteams durchzuführen,
kamen Architekten und Projektleiter zusammen, um gemeinsam
neue Methoden zu erlernen und diese im Anschluss auf
ihre jeweiligen Projekte zu übertragen. Unterstützt wurden sie
dabei von Experten des Fraunhofer IEM. Diese begleiteten die
operative Erarbeitung von Inhalten mit den neuen Methoden
wie zum Beispiel funktionalen Architekturen. Projektübergreifend
wurden die Inhalte und Ergebnisse aus den operativen
Projekten vorgestellt und ausgetauscht, sodass jeder auch aus
den Erfahrungen der anderen lernen konnte. Da die Arbeiten
unterschiedlich weit fortgeschritten waren, konnten auf diese
Weise in kurzer Zeit viele Methoden pilotiert und Ergebnisse
erarbeitet werden.
Durch die enge Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer IEM
erlernten Architekten und Projektleiter neue Methoden und
Denkansätze für die Entwicklung komplexer technischer Systeme.
Die gewonnenen Erkenntnisse wurden in den Arbeitsalltag
überführt und helfen bei der zielgerichteten Lösung von vielseitigen
Problemstellungen im Produktentwicklungsprozess.
Die Miele & Cie. KG ist ein deutscher
Hersteller von Haushalts- und
Gewerbegeräten.
Mitarbeiter: ca. 20.500
Umsatz: 4,16 Mrd. Euro
Branche: Elektrogeräte
Standort: Gütersloh
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Kernkompetenz Systems Engineering
MEHR ALS FORSCHUNG
MEHR ALS FORSCHUNG
Kernkompetenz Systems Engineering
Interview
Christian Laumann
Systemarchitekt Miele
© Christian Laumann
Viktor Wiens
Systemarchitekt Miele
Mit dem Projekt SE4Miele wurden bei Miele die Voraussetzungen für die unternehmensweite
Einführung von Systems Engineering geschaffen. Als Systemarchitekten
sind Sie, Herr Laumann und Herr Wiens, mit für die Überführung der SE-Methoden
in den Unternehmensalltag zuständig. Wie ist hier der aktuelle Stand?
Viktor Wiens: Das Projekt SE4Miele läuft bei uns im Unternehmen bereits seit vier Jahren.
Ziel ist, der zunehmenden Komplexität unserer Geräte und den vielseitigen Anforderungen des
Marktes zu entsprechen. Mit Systems Engineering haben wir ein Werkzeug gefunden, um diese
Herausforderungen zu meistern. Mittlerweile sind wir in der Anwendung, starten quasi mit den
ersten Gehversuchen. Noch sind SE-Methoden nicht in allen Business Units im Einsatz, jedoch
kurzfristig überall eingeplant.
Christian Laumann: Der Start in die Umsetzung verläuft sehr heterogen. Die Business Unit
Small Domestic Appliances hat zum Beispiel bereits ein Projekt umgesetzt, arbeitet zurzeit an
zwei, drei weiteren. Andere sind noch ganz am Anfang. Wir von der Business Unit Laundry beschäftigen
uns seit einem Jahr mit diesem Thema und möchten die Entwicklung der nächsten
Wäschepflegegeneration – von Gesamtgeräten wie zum Beispiel Wäschetrocknern bis hin zu
einzelnen Modulen – mit Systems Engineering umsetzen.
Das heißt, Sie etablieren Systems Engineering in kleinen Schritten anhand einzelner,
auch kleiner Projekte?
Viktor Wiens: Ja, genau. Wir starten mit Projekten, die wir sowieso »vor der Brust« haben,
setzen auch bei Detaillösungen oder bestimmten Funktionalitäten an und steigen in die
Methodenanwendung ein. Dabei hat sich schnell gezeigt, wie hilfreich Systems Engineering
auch im Kleinen bereits sein kann. Sich dazu mit allen Business Units auszutauschen, die Vorteile
zu kommunizieren und auch zu diskutieren, ist wichtig. Es ist ein gemeinsamer Lernprozess:
Wir lernen miteinander und voneinander.
Viktor Wiens: Alle zwei Wochen führen wir mit den Fraunhofer-Experten und den
em-Beratern Methodenworkshops durch und gehen auf konkrete Projekte ein. Alle acht Wochen
tauschen sich die Systemarchitekten aus, vertiefen die Theorie und besprechen den Stand
der jeweiligen Projekte. Und einmal im Monat gibt es einen Erfahrungsaustausch zwischen
allen Business Units. Auf dieser Grundlage soll dann ein unternehmensweiter Standard definiert
werden.
Wie werden diese Veränderungen im Unternehmen aufgenommen und mitgetragen?
Viktor Wiens: Sind die Hintergründe und Ziele klar, ist das Verständnis für die Vorteile und
die Notwendigkeit des Systems Engineering sehr schnell da. Wir haben den Eindruck, dass alle
den Mehrwert sehen, den diese Methode bietet, und auch mit der Richtung einverstanden sind,
in die wir uns entwickeln wollen.
Christian Laumann: Der offene Umgang mit dem Thema und die Kommunikation untereinander
sind wichtig. Ich habe noch keinen Unternehmensbereich erlebt, der sich sträubt.
Natürlich wird es seine Zeit brauchen, bis das Projekt komplett umgesetzt ist. Aber die Infrastruktur
ist da. Die Tools können genutzt werden, Softwarefragen sind geklärt.
Ist schon abzusehen, wann Systems Engineering zum Unternehmensalltag von Miele
gehören wird?
Christian Laumann: Wir möchten im Laufe des kommenden Jahres auf eigenen Füßen
stehen und ab Mitte 2021 Projekte nur noch mit dieser Methodik angehen. Natürlich sind noch
unterschiedliche – zum Beispiel systemseitige – Entscheidungen zu treffen, bevor wir das realisieren
können. Aber das ist das Ziel.
© Viktor Wiens
Wie unterstützt das Fraunhofer IEM bei diesem Prozess?
Christian Laumann: Die Zusammenarbeit mit dem Institut haben wir seit Projektbeginn
kontinuierlich fortgesetzt. Gemeinsam mit dem Fraunhofer IEM und der engineering methods
AG (em) entwickeln und erlernen wir die Methodik weiter. Das ist eine sehr angenehme Partnerschaft
mit einem großen Mehrwert. Die Kombination aus methodisch-theoretischer und
praktischer Expertise erleichtert die Übertragung enorm.
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Kernkompetenz Systems Engineering
MEHR ALS FORSCHUNG
MEHR ALS FORSCHUNG
Kernkompetenz Systems Engineering
CLAAS
Requirements Engineering
zur Innovationsentwicklung
Technologien und Innovationen
vorausschauend entwickeln
Ausgangssituation und Projektziel
© CLAAS
Eine vorausschauende Technologie- und Innovationsentwicklung
ist fester Bestandteil im Unternehmensalltag der
CLAAS KGaA mbH. Für den weltweit führenden Hersteller von
Landmaschinen ist zukunftsweisendes, innovatives Denken
und Handeln unerlässlich, um die führende technologische
Stellung im Wettbewerb langfristig sicherzustellen. Um auch
der kontinuierlich steigenden Komplexität der Produkte zu entsprechen,
werden interdisziplinäre Entwicklungsansätze wie
Systems Engineering zunehmend relevanter. Auf der Grundlage
bereits umgesetzter Maßnahmen zur Optimierung des
Systems Engineerings plant CLAAS den Aufbau eines dezidierten
Requirement Engineerings.
Lösung und Kundennutzen
Das Fraunhofer IEM unterstützt CLAAS bei der systematischen
Analyse neuer Funktionen auf der Gesamtfahrzeugebene
von Maschinen wie Mähdrescher, Radlader oder Feldhäcksler.
In interdisziplinären Workshops wurde zunächst die
genaue Aufgabenstellung definiert und mit einem ersten, bewusst
früh erstellten Produktkonzept verknüpft. Sogenannte
Partialmodelle, wie zum Beispiel Kontextmodelle oder Funktionsarchitekturen,
dienten zur Dokumentation wesentlicher
Entscheidungen und Entwicklungen. Auf dieser Basis konnten
die zentralen Anforderungen an die neue Fahrzeugfunktion abgeleitet
und methodisch unterstützt weiterentwickelt werden.
Die Inhalte der jeweiligen Partialmodelle wurden miteinander
verknüpft. Auf diese Weise entstand ein nachvollziehbares und
transparentes Gesamtbild der zu entwickelnden Systemfunktionen,
das gezielt für die weiteren Entwicklungstätigkeiten genutzt
werden konnte. Im Rahmen des gemeinsamen Projekts
wurden direkte Ergebnisse für die Entwicklungsarbeit erzielt
und alle Teilnehmenden in Form eines Trainings on the Job in
SE-Methoden geschult.
Die CLAAS Gruppe ist eines der weltweit
führenden Unternehmen für Erntemaschinen,
Traktoren, Anbaugeräte und Agrarsysteme. Als
Bestandteil der CLAAS Gruppe agiert die CLAAS
Industrietechnik GmbH als eigenständiges
Industrieunternehmen mit dem Fokus auf Antriebstechnik
und Hydraulik. Der Mittelständler
entwickelt und produziert Systemlösungen von
der Idee bis hin zur Serienreife.
Mitarbeiter: 11.448 (2019)
Umsatz: 3,898 Mrd. Euro (2019)
Branche: Landtechnik
Standort: Harsewinkel (Stammwerk)
© CLAAS
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Kernkompetenz Software Engineering
MEHR ALS FORSCHUNG
MEHR ALS FORSCHUNG
Kernkompetenz Software Engineering
dSPACE
Modellbasierte Automotive-
Softwareentwicklung
Mehr Effektivität und Effizienz durch
statische Codeanalyse
Ausgangssituation und Projektziel
Lösung und Kundennutzen
Steuergeräte übernehmen in vernetzten Fahrzeugen
hochkomplexe und sicherheitsrelevante Funktionen. Ist die
Software fehlerhaft, kann das zu aufwendigen Korrekturen
und kostenintensiven Rückrufaktionen wie auch zu Unfällen
führen. Daher werden Steuergeräte und ihre Software ausgiebig
getestet. Hierfür bietet das Unternehmen dSPACE unter
anderem spezielle Software- und Hardwarelösungen an, die
eine Validierung der Steuergerätesoftware im frühen Entwicklungsprozess
erlauben – lange bevor der erste reale Prototyp
existiert.
Möglich wird dies durch digitale Softwaremodelle, die
auf ebenfalls digitalen Modellen des Steuergeräts simuliert
werden. Auch die dazu notwendigen Softwarewerkzeuge,
wie zum Beispiel ein Codegenerator, müssen jedoch aufwendige
Tests durchlaufen. Erhöht wird der Testaufwand zudem
durch die Vielzahl an Konfigurations- und Kombinationsmöglichkeiten
für die in der Automobilindustrie verbreiteten
AUTOSAR-Softwaremodelle. Ziel des Projekts ist es, den Aufwand
für die Codegenerator-Tests zu reduzieren und die Testabdeckung
gleichzeitig zu vergrößern.
Zur Umsetzung dieses Ziels vereint das Fraunhofer IEM in
Kooperation mit dem Software Innovation Campus Paderborn
seine Expertise in den Bereichen der modellbasierten Softwareentwicklung,
des AUTOSAR-Standards, der statischen
Codeanalyse sowie der Konzipierung von domänenspezifischen
Modellierungs- und Programmiersprachen. Um den
Testaufwand zu reduzieren, wurde die für die Codegenerator-
Tests genutzte Programmiersprache gezielt auf die Entwickler
zugeschnitten, was eine kompaktere Ausdrucksweise ermöglicht.
Zur Vergrößerung der Testabdeckung setzt das Projektteam
moderne Technologien aus dem Bereich der statischen
Codeanalyse ein, wodurch der Programmcode automatisch
auf bestimmte Eigenschaften untersucht wird, ohne ihn auszuführen.
Das steigert die Bandbreite der getesteten Szenarien
sowie die Effektivität der Testverfahren.
dSPACE GmbH ist einer der weltweit führenden Anbieter
von Lösungen für die Entwicklung von vernetzten, selbstfahrenden
und elektrisch angetriebenen Fahrzeugen. Mit
dem durchgängigen Lösungsangebot entwickeln und
testen vor allem Automobilhersteller und ihre Zulieferer
Software- und Hardware-Komponenten ihrer neuen
Fahrzeuge lange bevor ein neues Modell auf die Straße
kommt. Mit mehr als 1.800 Mitarbeitern weltweit ist
dSPACE am Stammsitz in Paderborn, mit drei Projektzentren
in Deutschland sowie in den USA, Großbritannien,
Frankreich, Japan, China und Kroatien vertreten.
Mitarbeiter: ca.1.800
Branche: Elektronik- und
Softwareunternehmen
Standort: Paderborn
© Gorodenhoff / Adobe Stock
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Kernkompetenz Software Engineering
MEHR ALS FORSCHUNG
MEHR ALS FORSCHUNG
Kernkompetenz Software Engineering
Interview
Ulrich Gesing
Gruppenleiter dSPACE
© Ulrich Gesing
Herr Gesing, dSPACE bietet Soft- und Hardwarelösungen für die Überprüfung der
Steuergerätesoftware in vernetzten Fahrzeugen an. Welchen Mehrwert bietet die
Einbeziehung Ihrer Produkte in den Entwicklungsprozess?
Ziel unserer Kunden ist es, Innovationen effizient und pünktlich zu entwickeln. Die Steuergerätesoftware
in modernen Fahrzeugen ist sehr komplex, die Vorgänge sind stark vernetzt und
schwierig zu testen. Tests müssen daher möglichst frühzeitig im Entwicklungsprozess der Kunden
geschehen, um Fehler zu vermeiden. Hier setzen unsere Produkte an. Mit ihnen können
während des gesamten Entwicklungsprozesses einzelne Entwicklungsschritte validiert werden.
Und damit das einwandfrei läuft, wird erwartet, dass unsere Produkte einwandfrei funktionieren.
Das heißt, auch die von dSPACE entwickelten Produkte müssen kontinuierlich Tests
durchlaufen?
Auf jeden Fall. Für unsere eigene Produktentwicklung ist die Qualitätssicherung ein sehr
zentraler Bestandteil. Die Entwicklung neuer Software-Versionen dauert mehrere Monate und
während des gesamten Prozesses findet eine Qualitätssicherung statt. Die besondere Herausforderung
dabei ist, mit den sehr komplexen Modellen der Steuergeräte unserer Kunden
umzugehen. Mit diesen werden verschiedene Situationen und Abläufe simuliert – von internen
Vorgängen über das Fahrverhalten anderer Verkehrsteilnehmer bis hin zu Funktionen des
autonomen Fahrens. Die Vielzahl der Konfigurations- und Kombinationsmöglichkeiten ist
enorm. Das macht die Testerstellung sehr aufwendig.
Wie sind Sie vorgegangen, um das zu erreichen?
Eingestiegen sind wir mit einer sehr ausführlichen Analyse unserer Anforderungen. Was wollen
wir? Was brauchen wir? In Workshops haben wir mit dem Fraunhofer IEM Antworten auf
diese und weitere Fragen gefunden und ein gemeinsames Verständnis unserer Anforderungen
gewonnen. Im nächsten Schritt haben die Projektbeteiligten des Fraunhofer IEM in enger Absprache
mit uns eine Toolkette für unsere eigene Qualitätssicherung entwickelt, konzipiert für
das Systemarchitekturwerkzeug SystemDesk, welches Source Codes für virtuelle Steuergeräte
generiert. Diese Lösung wurde kontinuierlich besprochen und angepasst, sodass sie am Ende
den Source Code mit dem Modell und dem AUTOSAR-Standard abgleicht. Es gab regelmäßige
Workshops und einen engen Austausch mit den Entwicklern. Diese Kommunikation war sehr
gut und sehr wichtig. Es gab in dem einen Jahr der Projektlaufzeit keine Fehlentwicklung und
so gut wie keine Zeitverzögerung. Alles hat auf den Punkt geklappt.
Ist die Lösung bereits bei Ihnen im Unternehmen im Einsatz?
Wir haben einen automatisierten Build- und Testprozess, in den die entwickelten Tools
bereits eingebunden sind und automatisch genutzt werden, bisher für eine Handvoll von Testsituationen.
Das funktioniert sehr gut. Jetzt liegt es an uns, das Ganze weiterzuentwickeln und
weiter auszurollen. Das haben wir uns für die nächsten Monate vorgenommen.
Wie hat das gemeinsame Forschungsprojekt mit dem Fraunhofer IEM zur Bewältigung
dieser Anforderungen beigetragen?
Unser Ziel war es, einen Weg zu finden, um unsere Software auf Basis beliebiger Modelle zu
testen. Also Tests zu entwickeln, die mit möglichst vielen Modellen umgehen können – anstatt
für jedes Modell einen eigenen Test zu konzipieren. So sollte der Aufwand reduziert, die Testabdeckung
aber vergrößert werden.
» Für unsere eigene Produktentwicklung ist die Qualitätssicherung ein sehr zentraler
Bestandteil. Die Entwicklung neuer Software-Versionen dauert mehrere Monate und während
des gesamten Prozesses findet eine Qualitätssicherung statt.«
Ulrich Gesing, Gruppenleiter dSPACE
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Kernkompetenz Software Engineering
MEHR ALS FORSCHUNG
MEHR ALS FORSCHUNG
Kernkompetenz Software Engineering
GEA
Coaching on the Job
Agile Softwareentwicklung für Ingenieure
Ausgangssituation und Projektziel
© Fraunhofer IEM
GEA Germany ist einer der größten Systemanbieter für
die Nahrungsmittel verarbeitende Industrie. Das Unternehmen
konzentriert sich auf Prozesstechnik und Komponenten
für anspruchsvolle Produktionsverfahren und fertigt zum Beispiel
Separatoren, Dekanter und Industriezentrifugen. Vor der
Inbetriebnahme beim Kunden stellt GEA die speicherprogrammierbaren
Steuerungen (SPS) der Produktionsanlagen für den
jeweiligen Prozess vor Ort ein. Dies geschieht bisher überwiegend
manuell über eine grafische Oberfläche der Anlagen. Der
Vorgang nimmt jedoch viel Zeit in Anspruch und ist zudem
fehleranfällig.
Lösung und Kundennutzen
Das Fraunhofer IEM begleitete GEA bei der Weiterentwicklung
eines prototypischen Administrationswerkzeugs, mit
dem die Steuerungen automatisch eingestellt werden können.
Zum einen unterstützen Experten bei der Konzipierung,
Technologieauswahl und Entwicklung der Software sowie bei
dem Aufbau einer modernen Entwicklungsinfrastruktur mit
Continuous Integration. Auf diese Weise können neue Programmteile
sofort getestet und zusammengeführt werden.
Zum anderen wurden den GEA-Mitarbeitenden fortgeschrittene
Kenntnisse der Softwaretechnik vermittelt und sie wurden
in der kundenzentrierten, agilen Entwicklungsmethode Scrum
ausgebildet. Diese einzigartige Kombination aus inhaltlicher
Mitarbeit und bedarfsgerechten Schulungsformaten stellt eine
hohe Qualität der zu entwickelnden Software sicher. Zusätzlich
sorgt sie für einen nachhaltigen Kompetenzaufbau und
befähigt die GEA-Mitarbeitenden für die kontinuierliche Weiterentwicklung
und Pflege der eigenen Softwareprodukte.
Aus dem Prototyp des Administrationswerkzeugs entstand ein
modernes, webbasiertes Tool, das erfolgreich in unterschiedlichen
Bereichen des Unternehmens, zum Beispiel in der Softwareentwicklung,
auf dem Prüfstand und sogar von Kunden
selbst eingesetzt wird.
Die GEA Group AG ist einer der größten
Systemanbieter für die Nahrungsmittel
verarbeitende Industrie sowie ein breites
Spektrum weiterer Branchen. Das international
tätige Technologieunternehmen
konzentriert sich auf Prozesstechnik und
Komponenten für anspruchsvolle Produktionsverfahren
in unterschiedlichen Endmärkten.
Mitarbeiter: ca. 17.800
Umsatz: ca. 4,83 Mio. Euro
Branche: vorrangig Maschinenbau
Standort: Düsseldorf
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Kernkompetenz IT-Security
MEHR ALS FORSCHUNG MEHR ALS FORSCHUNG Kernkompetenz IT-Security
achelos
Optimierte Open-Source-
Software verbessert
Entwicklungsprozess
CogniCrypt unterstützt Entwickler
bei der sicheren Benutzung von
Kryptographie-Bibliotheken
© achelos
kontinuierlichen Weiterentwicklung von CogniCrypt beigetragen.
Die Software wurde weiterhin entsprechend der technischen
Richtlinie 02102-1 des BSI-Standard um einen Regelsatz
erweitert, der Fehlbenutzungen der meistverwendeten Funktionen
der Bouncy-Castle-Bibliothek – einer Sammlung quelloffener
kryptographischer Programmierschnittstellen – erkennt
und Sicherheitslücken frühzeitig vermeidet.
Die Projektpartner haben CogniCrypt gemeinsam weiterentwickelt
und die Softwareentwicklung sicherer und hochwertiger
gemacht. Die aktuelle Version von CogniCrypt ist bei
achelos erfolgreich im Einsatz: Die Experten des Softwareentwicklungsunternehmens
werden durch das Werkzeug bei
Code Reviews zusätzlich unterstützt und profitieren von den
Nachweisen korrekt genutzter Anwendungsschnittstellen.
Ausgangssituation und Projektziel
Lösung und Kundennutzen
Kryptographie ist die Kernkomponente vieler Sicherheitsfunktionen
in einer Software. Jedoch passieren leicht Fehler bei
der Nutzung von Software-Bibliotheken, die kryptographische
Funktionen bereitstellen. Eine fehlerhafte Nutzung der Bibliotheken
kann sogar die Sicherheit der entwickelten Software
gefährden. Zusammen mit dem Softwarehersteller achelos
arbeitete das Fraunhofer IEM an einer Lösung zur korrekten
Benutzung von Kryptographie-Bibliotheken. Das Werkzeug
CogniCrypt soll an verschiedenen Stellen im Softwareentwicklungsprozess
integriert werden und so die Sicherheit der Software
verbessern, indem die richtige Anwendung von Kryptographie-Bibliotheken
sichergestellt wird.
CogniCrypt ist ein Open-Source-Werkzeug zur statischen
Codeanalyse. Es gibt Softwareentwicklern Informationen
über die Qualität ihres Programmcodes bezüglich der Nutzung
von Kryptographie-Bibliotheken. Das Fraunhofer IEM hat
CogniCrypt an zwei Stellen in den Softwareentwicklungsprozess
bei achelos integriert: zum einen in die Entwicklungsumgebung,
damit die Entwickler frühestmöglich eine
Rückmeldung zu einer fehlerhaften Benutzung der Kryptographie-Bibliothek
erhalten; zum anderen in die Continuous
Integration, wodurch Entwickler auf eine Übersicht der Fehlerbehebung
im zeitlichen Verlauf zugreifen können. Diese Integration
wurde von achelos umfassend getestet und hat zur
achelos GmbH ist ein führender Spezialanbieter
von herstellerunabhängigen, hochperformanten
Produkten, Lösungen und Diensten in sicherheitskritischen
Anwendungsfeldern. Neben
übergreifenden Sicherheitsthemen fokussiert
sich das 2008 gegründete Unternehmen auf
Industrielösungen in den Segmenten Health,
Mobility, Public und IoT.
Mitarbeiter: 75
Branche: IT
Standort: Paderborn
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Kernkompetenz IT-Security
MEHR ALS FORSCHUNG
MEHR ALS FORSCHUNG
Kernkompetenz IT-Security
Interview
Thomas Freitag
Geschäftsführer
achelos
Herr Freitag, achelos ist ein Softwarehersteller. Welche Rolle spielen kryptographische
Funktionen bei Ihren Produkten?
Wir entwickeln unter anderem hochsichere Softwareprodukte, die nach verschiedenen
Zertifizierungsstufen geprüft werden. Da ist sehr viel Kryptographie enthalten, die korrekt
anzuwenden ist, damit keine Sicherheitslücken entstehen. Unsere Produkte werden häufig
in sicherheitskritischen Anwendungsfeldern eingesetzt, zum Beispiel im Gesundheitswesen,
Zahlungsverkehr oder im Bereich Connected Car. Bei dieser Software ist die Qualität extrem
wichtig. Hinzu kommt: Nachträgliche Änderungen sind an sehr komplexe Prozesse geknüpft,
die viel Zeit und Geld kosten.
Wie haben Ihre Mitarbeitenden auf die Einführung von CogniCrypt reagiert?
Wir haben CogniCrypt zentral in unseren Continuous-Integration-Prozess im Build-Tool
Jenkins integriert. Die Auswertung erfolgt automatisiert und die Ergebnisse werden im Build-
Tool versioniert angezeigt. Das heißt, unsere Entwickler mussten keine neuen Tooloberflächen
kennenlernen oder sich neue Programmiersprachen erarbeiten. Es gibt aber auch die Möglichkeit
ein Eclipse Plugin zu nutzen, das dem Entwickler in der IDE die CogniCrypt-Hinweise
anzeigt und unkompliziert anwenden lässt. Der Aufwand für die Mitarbeitenden ist also gering
und der Mehrwert groß. Die Reaktionen auf diese neue Unterstützung waren und sind durchweg
sehr positiv.
Wie kann das gemeinsam mit dem Fraunhofer IEM entwickelte Open-Source-
Werkzeug CogniCrypt die Sicherheit der Software stärken?
Das Tool unterstützt uns im gesamten Entwicklungsprozess. Unsere Produkte werden kontinuierlich
geprüft, um Probleme oder auch mögliche Fehler frühzeitig zu erkennen und die
Software in der Entwicklung direkt anzupassen. Damit das gelingt, nutzen wir mehrere Codeanalyse
Tools (u. a. CheckStyle, SpotBugs, PMD/CPD), um die Codequalität der Software zu
verbessern. CogniCrypt unterstützt die Programmierarbeit im Bereich Kryptographie, deckt
Fehler auf und informiert, wenn etwas nicht den Vorgaben entsprechend programmiert ist.
Auf diese Weise konnten wir quasi eine Sicherheitsstufe mehr in den Entwicklungsprozess einführen,
was zu einer weiteren Qualitätssteigerung führt.
Welche Projekte haben Sie für die Zukunft geplant?
Wir arbeiten kontinuierlich an der Optimierung und Qualität unserer zu entwickelnden
Software – auch gemeinsam mit dem Fraunhofer IEM. Zurzeit ist ein weiteres Projekt, der
AI-DevAssist, in Planung. Daran sind neben uns und dem Fraunhofer IEM unter anderem die
Universität Paderborn und die Universität Bonn beteiligt. AI-DevAssist schließt an CogniCrypt an.
Ziel ist es, KI-gestützte Methoden zur Schwachstellenerkennung und -verhinderung zu
erforschen und Demonstratoren zu entwickeln. Sie sollen die Entwicklung einer Software
leichter, schneller und vor allem sicherer machen.
© Thomas Freitag
Mittlerweile ist das Tool bei Ihnen im Unternehmen im Einsatz. Mit welcher Resonanz?
Im Januar 2019 haben wir das Projekt mit dem Fraunhofer IEM begonnen, Mai 2019 war es
abgeschlossen. Mittlerweile ist CogniCrypt seit über einem Jahr bei uns im Einsatz. Am Anfang
haben wir den Prototypen für nur ein Projekt integriert. Aktuell arbeiten wir daran, das Tool
Schritt für Schritt auf jedes Projekt mit hohen Sicherheitsanforderungen und kryptographischen
Funktionen anzuwenden. Dank CogniCrypt sind gerade zu Beginn der Implementierung Fehler
aufgefallen. Es waren Kleinigkeiten, aber die sind dennoch wichtig. Das Tool bringt uns und
unseren Kunden echte Vorteile.
Dieses weitere gemeinsame Projekt spricht ja für gute Erfahrungen. Wie würden Sie
die Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer IEM beschreiben?
Das kann ich nur bestätigen, wir haben sehr gute Erfahrungen gemacht! Beide Seiten
haben auf Augenhöhe miteinander gearbeitet: mit einem hohen Expertenwissen und mit einer
ehrlichen Kommunikation. Das war uns sehr wichtig. Denn man sollte auch offen über Fehler
sprechen können. Wir waren an manchen Punkten sehr kritisch. Aber unser Feedback – auch
und gerade das kritische – wurde immer sehr gut angenommen und umgesetzt. Nur so kommt
man gemeinsam weiter. Und natürlich ist es für uns als mittelständisches Unternehmen wichtig,
neue Aspekte aus der Forschung kennenzulernen. Nicht stehen zu bleiben. Uns weiterzuentwickeln.
Wir sind offen für neue Wege, neue Technologien und kontinuierliche Verbesserungen.
CogniCrypt war ein wichtiger Schritt. Und es werden weitere folgen. Wir freuen uns darauf!
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Kernkompetenz IT-Security
MEHR ALS FORSCHUNG MEHR ALS FORSCHUNG Kernkompetenz IT-Security
VDMA
Schulung
»Security by Design«
Maschinen von Beginn an sicher entwickeln
Ausgangssituation und Projektziel
Die Digitalisierung im Maschinen- und Anlagenbau ist im
vollen Gange. Maschinen sind zunehmend miteinander und
mit digitalen Services vernetzt. Sie werden Teil des Industrial
Internet of Things. Das gibt jedoch auch Cyber-Attacken eine
neue Angriffsfläche, die vom Ausspähen sensibler Daten bis
zur Manipulation und Störung des Betriebs reichen können.
Erschwerend kommt hinzu, dass Sicherheitsschwachstellen
auch die funktionale Sicherheit (engl. Safety) beeinträchtigen
können: Bei vernetzten Systemen gibt es keine Safety mehr
ohne Security!
Schon bei der Entwicklung und Konstruktion von Maschinen
und Anlagen müssen daher alle Sicherheitsanforderungen
an Soft- und Hardware berücksichtigt und auf den kompletten
Lebenszyklus ausgerichtet werden. Dafür fehlt bei Herstellern
und in Unternehmen oftmals die notwendige Expertise.
Lösung und Kundennutzen
Das Fraunhofer IEM und das Fraunhofer IOSB haben gemeinsam
mit dem Maschinenbau-Institut aus Frankfurt ein
Seminar konzipiert, um die notwendige Expertise in den Unternehmen
des Maschinen- und Anlagenbaus aufzubauen.
Ziel der Weiterbildung »Security by Design – Maschinen von
Beginn an sicher entwickeln« ist es, das den Projektpartnern
vorliegende und für Security by Design erforderliche Knowhow
in die breite industrielle Praxis zu transferieren.
Dazu wurden in enger Zusammenarbeit mit dem VDMA
Arbeitskreis Industrial Security konkrete Bedarfe auf Unternehmensseite
erhoben und bei der Konzeption des Seminars
berücksichtigt. So folgt auch der inhaltliche Aufbau der Weiterbildung
dem Grundsatz »Security by Design« und zeigt, wie
Sicherheitsanforderungen über den gesamten Entwicklungsprozess
betrachtet werden müssen, um bestmöglich abgesicherte
Produkte zu erstellen. Nach Abschluss des Seminars verfügen
die Teilnehmenden über Strategien, Maßnahmen und
Know-how, um im eigenen Unternehmen eine der Norm IEC
62443 entsprechende Produktentwicklung umzusetzen.
Das Maschinenbau-Institut ist ein Unternehmen
des VDMA und bereits seit 1972
Partner für die berufliche Weiterbildung von
Fach- und Führungskräften aus dem Maschinenbau
und Anlagenbau und verfügt über
mehr als 40 Jahre Erfahrung in der Personalentwicklung.
Mit rund 3.000 Teilnehmern
im Jahr bietet das Maschinenbau-Institut ein
breites Themenspektrum an.
Branche: Maschinenbau
Standort: Frankfurt
© VDMA
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Kernkompetenz Virtualisierung und Modellbildung
MEHR ALS FORSCHUNG MEHR ALS FORSCHUNG Kernkompetenz Virtualisierung und Modellbildung
CLAAS Industrietechnik
Augmented Reality
in der Landtechnik
Interaktive Produktpräsentation im Vertrieb
© CLAAS
Ausgangssituation und Projektziel
CLAAS Industrietechnik aus Paderborn präsentiert alle zwei
Jahre auf der AGRITECHNICA, der Weltleitmesse für Landtechnik,
Neuheiten im Bereich der Antriebstechnik und Hydraulik.
Die Innovationen und Alleinstellungsmerkmale finden jedoch
oft im Inneren der Produkte statt und sind für Besucher nicht
sichtbar. Eine Herausforderung für den Verkaufsprozess, den
das Unternehmen durch den Einsatz von Augmented Reality
unterstützen wollte.
verschiedene Innovationen und Alleinstellungsmerkmale mithilfe
der App erleben. Anhand von interaktiven Animationen
werden Funktionen, wie zum Beispiel die hydropneumatische
Federung des TERRA TRAC, visualisiert. Zudem ermöglicht die
App den Blick ins Innere des EQ Getriebes, um dessen einzigartige
Funktionalität anschaulich erklären zu können. Interessierte
Kunden erhalten durch die App ein besseres Verständnis der
Produktinnovationen und können deren Einsatzmöglichkeiten
besser bewerten. Die App kann an allen Produkten desselben
Typs angewendet werden. Der Einsatz für Vertriebs- und Marketingzwecke
ist möglich und eine Weiterentwicklung der App zu
Wartungs- und Reparaturzwecken wird aktuell bewertet.
Lösung und Kundennutzen
Ziel der Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer IEM war die
Entwicklung einer Augmented-Reality-App für Mobilgeräte,
mit der sich virtuelle Inhalte in realen Umgebungen visualisieren
und leicht erklären lassen. Das Projektteam des Fraunhofer IEM
übertrug hierzu die CAD-Daten in ein geeignetes Format, fügte
Texturen für die Darstellung der Flächen hinzu und erstellte
Animationen. Die Erkennung der Produkte und Positionierung
der virtuellen Animationen erfolgte anhand eines 3D-Trackings.
Für die Anwendung dieser neuartigen Objekterkennung wurden
die Komponenten live gescannt, um die tatsächlichen Dimensi-
© CLAAS
onen unter Berücksichtigung der Lichtverhältnisse zu erfassen
und eine hochwertige Darstellung zu gewährleisten. Dadurch
ermöglicht die App die Präsentation der Komponenten anhand
maßstabsgetreuer 3D-Modelle sowie zugehöriger Produktvideos
und Datenblätter.
Am TERRA TRAC Raupenlaufwerk und dem stufenlosen
EQ200 Getriebe können Messebesucher der AGRITECHNICA
CLAAS Industrietechnik GmbH bietet innovative
Lösungen der Antriebstechnik und Hydraulik.
Mit mehr als 600 Mitarbeitern am Standort
Paderborn werden Systemlösungen von der Idee
bis zur Serienreife entwickelt und produziert.
Mitarbeiter: ca. 600
Branche: Landtechnik
Standort: Paderborn
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Kernkompetenz Virtualisierung und Modellbildung
MEHR ALS FORSCHUNG
MEHR ALS FORSCHUNG
Kernkompetenz Virtualisierung und Modellbildung
Interview
Seit wann setzt CLAAS Industrietechnik Augmented Reality (AR) auf Messen ein?
Für die AGRITECHNICA 2017 haben wir, gemeinsam mit dem Fraunhofer IEM, eine AR-
Anwendung in einer App entwickelt und vorgestellt. Wir waren das erste Unternehmen im
Bereich »System & Components« der AGRITECHNICA, das Augmented Reality für seine Produktpräsentation
genutzt hat.
» Die App bietet die Möglichkeit, positionsunabhängig in das jeweilige Produkt schauen
zu können. Das begeistert die Menschen.«
Antonius Lüke, Key Account Manager CLAAS Industrietechnik
Antonius Lüke
Key Account Manager
CLAAS
Industrietechnik
© Antonius Lüke
Was möchten Sie mit Augmented Reality erreichen?
Wir möchten den Messebesuchern und unseren Kunden einen Blick in unsere Produkte
ermöglichen, um die Funktionalität unserer Produkte greifbarer zu machen. Augmented
Reality ermöglicht im realen Umfeld die virtuelle Darstellung von verborgenen Besonderheiten
der Produkte. Das bewegte Bild am realen Exponat und der Blick in unterschiedliche Ebenen
holen die Menschen anders ab.
Natürlich geht das auch mit einer Animation oder im Gespräch am Exponat. Aber die App
bietet die Möglichkeit, positionsunabhängig in das jeweilige Produkt schauen zu können. Das
begeistert die Menschen.
Was waren besondere Herausforderungen bei der Entwicklung der App?
Uns war wichtig, dass die App nicht nur einseitig eingesetzt werden kann, sondern auch
andere Medien wie Animationen oder Präsentationen integriert werden und das Ganze somit
für die allgemeine Vertriebsarbeit nutzbar ist. Ein weiterer Punkt war die optische Erkennung.
Damit diese einwandfrei funktionieren kann, ist die Positionierung und Beleuchtung der Exponate
ein wesentliches Thema. Und die kann insbesondere auf Messen stark variieren.
Die App soll weiterentwickelt werden. Gibt es hierfür bereits konkrete Pläne?
Die App wurde sehr erfolgreich auf Messen genutzt und hat darüber hinaus enormes
Potenzial. Wir sehen definitiv weitere Anwendungsbereiche, zum Beispiel im Bereich Service
und Produktmarketing. Es gibt Überlegungen, die AR-Animationen auch in andere Apps des
Unternehmens zu integrieren und so unter anderem für Wartungen oder Schulungen nutzbar
zu machen. Doch vorab muss geklärt werden, für welche Produkte oder Arbeiten das sinnvoll
ist. Also: Was ist umsetzbar, praktikabel und wirtschaftlich. Mit diesen Punkten beschäftigen
wir uns gerade.
Wie haben Sie die Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer IEM erlebt?
Als sehr professionell und unkompliziert. Wir sind auch aktuell mit dem Fraunhofer IEM in
stetigem Austausch. Besonders beeindruckt hat uns die kontinuierliche Flexibilität des Teams.
Insbesondere wenn große Messeauftritte bevorstehen, ist das sehr wichtig.
» Augmented Reality ermöglicht im realen Umfeld die virtuelle Darstellung von verborgenen
Besonderheiten der Produkte. Das bewegte Bild am realen Exponat und der Blick in unterschiedliche
Ebenen holen die Menschen anders ab.«
Antonius Lüke, Key Account Manager CLAAS Industrietechnik
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Kernkompetenz Virtualisierung und Modellbildung
MEHR ALS FORSCHUNG
MEHR ALS FORSCHUNG
Kernkompetenz Virtualisierung und Modellbildung
Miele
Virtuelle Prototypen
Optimierte Entwicklungsprozesse für
Haushalts- und Gewerbegeräte
© Miele
Ausgangssituation und Projektziel
Die Funktionalität von Hausgeräten nimmt mit dem Trend
hin zu Smart Home stark zu. Diese zu entwickeln, zu realisieren
und zu testen, bedeutet einen hohen Aufwand und ist mit
herkömmlichen Herangehensweisen kaum noch umsetzbar.
Abhilfe schafft die modellbasierte Entwicklung. Diese gilt es
im Rahmen der X-in-the-Loop-Projekte in die gelebte Entwicklung
zu integrieren, um einen nachhaltigen Nutzen für Miele
zu generieren.
Lösung und Kundennutzen
.
Miele, Synonym für hohe Qualität und lange Lebensdauer,
ist Premiumhersteller für Hausgeräte. Um den damit verbundenen
Ansprüchen auch nachhaltig gerecht zu werden, setzt
Miele auf innovative Entwicklungsmethoden. Hier unterstützt
das Fraunhofer IEM durch die Integration der modellbasierten
Entwicklung in die Prozesse im Hause Miele.
Zusammen mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
von Miele werden virtuelle Prototypen von Waschautomaten,
Trocknern und Geschirrspülern erstellt und an unterschiedlichen
Stellen im Prozess genutzt und nachhaltig verankert.
So wird zum Beispiel das Testen der Steuergeräte durch die
Kopplung mit entsprechenden Simulationsmodellen deutlich
beschleunigt. Es werden sowohl Steuerungen als auch
physikalische Vorgänge der Systeme abgebildet und simulativ
untersucht.
Das Fraunhofer IEM strebt bei diesem Projekt eine ganzheitliche
Herangehensweise an. Das bedeutet, dass neben der
Modellierung der Systeme die Mitarbeiter darin geschult werden,
die entsprechenden Werkzeuge eigenständig zu nutzen.
Durch das entwicklungsübergreifende Arbeiten mit virtuellen
Prototypen werden die Prozesse optimiert, um die Produkte
intensiv entwickeln und testen zu können. Das sichert nachhaltig
die Qualität der Premiumprodukte von Miele.
Die Miele & Cie. KG ist ein deutscher
Hersteller von Haushalts- und
Gewerbegeräten.
Mitarbeiter: ca. 20.500
Umsatz: 4,16 Mrd. Euro
Branche: Elektrogeräte
Standort: Gütersloh
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Fraunhofer-Institut für
Entwurfstechnik Mechatronik IEM
Zukunftsmeile 1
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und IT-Sicherheit
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Prof. Dr.-Ing. habil. Ansgar Trächtler
Prof. Dr. Eric Bodden
Prof. Dr.-Ing. Roman Dumitrescu
Redaktion
Gestaltung und Satz
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Corinna Ten-Cate
Danuta Drwecki
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Bildnachweis Titel
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© Fraunhofer IEM, Paderborn
Erscheinungstermin: Jan. 2021
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