BwB Themenheft Gesundheit 2020-2021
BwieBasel-Ausgabe ‹Basel und die Gesundheit› Thema: Pandemien
BwieBasel-Ausgabe ‹Basel und die Gesundheit›
Thema: Pandemien
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Spezialausgabe<br />
Dezember <strong>2020</strong><br />
Januar <strong>2021</strong><br />
Basel und die <strong>Gesundheit</strong>
Wir sind auch in Basel für Sie da!<br />
Das Ita Wegman Ambulatorium bei der Markthalle,<br />
eine Filiale der Klinik Arlesheim, mit:<br />
HAUSARZTMEDIZIN<br />
ANTHROPOSOPHISCHE MEDIZIN<br />
THERAPIEN<br />
wegmanambulatorium.ch<br />
061 205 88 00<br />
Markthalle / Viaduktstrasse 12, CH-4051 Basel
EDITORIAL<br />
INHALT<br />
Christiane Widmer, Chefredaktorin<br />
Liebe Leserin, lieber Leser<br />
Wir haben uns lange überlegt, ob wir<br />
das Thema COVID-19 für dieses <strong>Themenheft</strong><br />
wählen sollen, haben uns dann<br />
aber dagegen entschieden. Doch irgendwie<br />
hat uns die Problematik um Pandemien<br />
keine Ruhe gelassen, und so haben<br />
wir beschlossen, im Geschichtsartikel<br />
über Krankheiten zu berichten, welche<br />
schon früher die Menschen in Angst<br />
und Schrecken versetzten. Dazu gehörten<br />
vor allem die Pest und die Cholera,<br />
aber auch Pocken, Fleckfieber und Typhus.<br />
So weit wie möglich haben wir<br />
diese Themen in Bezug zu Basel gestellt.<br />
Gerade die Pest war in unserer<br />
Stadt verheerend und führte zur be -<br />
rühmten Totentanz-Darstellung bei der<br />
Predigerkirche. Auch Arnold Böcklin<br />
hat sich mit seiner Darstellung der Pest<br />
von 1898 (unsere Titelseite) davon inspirieren<br />
lassen.<br />
Des weiteren finden Sie in dieser Ausgabe<br />
(dennoch) einen Artikel über das<br />
Virus als solches und das Corona-Virus<br />
im Speziellen sowie weitere aktuelle<br />
Informationen zum Thema <strong>Gesundheit</strong>.<br />
Bitte beachten Sie auch die Beiträge<br />
unserer Partner aus dem Bereich der<br />
Forschung, (Alters)-Pflege und medizinischen<br />
Betreuung im Allgemeinen.<br />
Haben Sie übrigens gewusst: Wenn<br />
man sich auf französisch für das kleinere<br />
Übel entscheiden muss, wählt man<br />
«entre la peste et le choléra»…<br />
‹Der Tod mit der Sanduhr› (Ausschnitt), um 1600, Historisches Museum Basel<br />
RUBRIKEN<br />
Geschichte: Von der Gottesstrafe über die Seuche bis zur Pandemie Seite 4<br />
Publireportage: Vom Bürgerspital Basel zum BSB Seite 12<br />
Aktuell: Die aktuelle Pandemie: Covid 19, genannt Corona Seite 17<br />
Forschung: Der Hirnschlag – Durchblutungsstörung im Gehirn Seite 19<br />
Publireportage: COMBINE – das neue Projekt in der UAFP Seite 21<br />
Publireportage: Demenzpflege im dandelion Seite 22<br />
Publireportage: Reisen während einer Pandemie dank Rothen Seite 23<br />
Publireportage: Beratung bei Gen-Mutation im GZF Seite 24<br />
Wissen: Veränderte, ergänzte, reduzierte oder vertauschte Gene Seite 25<br />
Publireportage: 30 Jahre Hirslanden Klinik Birshof Seite 26<br />
Aktuell: Dureschnufe – viele gute Tipps in schwierigen Zeiten Seite 27<br />
Wissen: Von Lecksäften, Pulvern, Salben, Wickeln und Pflastern Seite 29<br />
Wissen: Spannende Zahlen und Fakten Seite 31<br />
Impressum und Quellen Seite 31<br />
BwieBasel ‹Basel und die <strong>Gesundheit</strong>› <strong>2020</strong> 3
GESCHICHTE<br />
Von der Gottesstrafe<br />
über die Seuche<br />
bis zur Pandemie<br />
Noch bis weit in das 19. Jahrhundert wusste man<br />
nicht, weshalb bestimmte Krankheiten ausbrachen und<br />
sich epidemieartig verbreiteten. Man verstand den Zusammenhang<br />
zwischen Ansteckung und Ausbruch einer<br />
Krankheit nicht, sondern vermutete schlechte Luft<br />
oder verdorbene Nahrung als Ursache. Das einfache<br />
Volk ging meistens von einer Gottesstrafe oder von Hexerei<br />
und Dämonen aus, wenn jemand krank wurde.<br />
Schon in der Bibel werden die<br />
zehn biblischen Plagen erwähnt,<br />
welche etwa im 13. Jahr hun -<br />
dert v. Chr. über Ägypten gekommen<br />
sein sollen. Der ägyptische Pharao<br />
wollte das Volk Israel nicht aus der<br />
Sklaverei ziehen lassen, worauf Gott<br />
nach jeder Weigerung eine nächste<br />
Plage schickte. Heute geht man davon<br />
aus, dass möglicherweise ein Teil der<br />
Plagen auf Vulkanausbrüche oder andere<br />
Umwelt-Ereignisse zurückzufüh -<br />
ren sind. Damals glaubten die Menschen,<br />
Gott strafe sie mit Katastrophen–<br />
entweder um sie zu prüfen,<br />
ihren Glauben zu festigen, oder weil<br />
sie irgendwelche Sünden begangen<br />
hatten. Selbst wenn einige Bauern erkannten,<br />
dass ein feuchtes Jahr mit einem<br />
milden Winter mehr Ungeziefer<br />
brachte, das die Ernte schädigte, konnten<br />
sie nichts gegen die Plage tun.<br />
Eine der ersten Seuchen, über die berichtet<br />
wurde, verbreitete sich um<br />
3500 v.Chr. in ganz Europa, vom Baikalsee<br />
bis zur Iberischen Halbinsel.<br />
Man weiss nicht, wieviele Tote sie gefordert<br />
hat, doch man konnte 2017 anhand<br />
von Zahn- und Knochenfunden<br />
nachweisen, dass es sich um die Pest<br />
(Yerinia pestis) gehandelt hatte.<br />
Die Attische Seuche<br />
Von 430–428 v.Chr. suchte die Attische<br />
Seuche die griechische Stadt<br />
Athen heim. Zu der Zeit wurde Athen<br />
durch die Spartaner belagert, und der<br />
griechische Historiker Thukydides, der<br />
selbst erkrankte, beschrieb im Detail<br />
nicht nur die Belagerung, sondern auch<br />
die Seuche. Er zeichnete detailliert<br />
auf, welches die Krankheitszeichen wa -<br />
ren und bemerkte, dass keiner, der die<br />
Krankheit überstanden hatte, sie ein<br />
zweites Mal bekam. Dies ist sozusagen<br />
der erste schriftliche Hinweis auf<br />
das menschliche Immunsystem.<br />
Die Attische Seuche tötete etwa ein<br />
Viertel der Athener Bevölkerung, darunter<br />
auch Perikles. Die Auswirkungen<br />
der Seuche werden nicht nur für<br />
die Niederlage Athens im Peloponne-<br />
1: Buchillustration der zehn Plagen<br />
aus der ‹Haggada aus Morava<br />
(Mähren)› von Moses Loeb Wolf, um<br />
1720. Die Haggada ist eine Art Anleitungs-<br />
und Erzählbuch für den Abend<br />
zum Beginn des jüdischen Pessach-<br />
Festes und beschreibt den Auszug der<br />
Juden aus Ägypten.<br />
2: Schwarm von Wanderheuschrecken<br />
aus ‹Brehms Thierleben›, 1884<br />
4 BwieBasel ‹Basel und die <strong>Gesundheit</strong>› <strong>2020</strong>
GESCHICHTE<br />
1<br />
sischen Krieg, sondern für den Nieder -<br />
gang der gesamten klassischen Kultur<br />
Griechenlands verantwortlich gemacht.<br />
Laut Thukydides trat die Krankheit<br />
bei Menschen auf, die vorher noch bei<br />
bester <strong>Gesundheit</strong> waren und schritt<br />
von oben nach unten fort: «Zuerst kam<br />
es zu einem starken Hitzegefühl im<br />
Kopf mit entzündeten Augen und Hals -<br />
schmerzen. Es folgten Niesen, Heiserkeit<br />
und Husten sowie grippale Anzeichen.<br />
Dazu kam übelriechender unregelmässiger<br />
Atem, dann drehte es förm -<br />
lich den Magen um, sodass unter<br />
schreck licher Übelkeit Galle erbrochen<br />
wurde. Schliesslich erfasste die Krank -<br />
heit die Gliedmassen bis in die Finger<br />
und Zehenspitzen. Einige überlebten,<br />
verloren aber Finger und Zehen, wurden<br />
blind oder verloren ihr Gedächtnis.»<br />
Auch Tiere seien von der Krankheit<br />
betroffen worden, schrieb Thukydides.<br />
Bis heute konnte man nicht herausfinden,<br />
worum es sich dabei handelte,<br />
obwohl die Symptome von den damaligen<br />
Geschichtsschreibern sehr genau<br />
aufgelistet wurden. Unterdessen haben<br />
Wissenschaftler 29 verschiedene<br />
Krankheiten aufgelistet, die damals<br />
ausgebrochen sein könnten; von Salmonellen<br />
über Typhus, Fleckfieber,<br />
Milzbrand, Pocken bis zu Scharlach,<br />
Masern oder Tuberkulose. Möglicherweise<br />
handelt es sich aber um einen<br />
Erreger, der heute nicht mehr oder in<br />
veränderter Form vorkommt und dessen<br />
Symptome sich ganz anders präsentieren<br />
als damals.<br />
Die Zehn biblischen Plagen<br />
Blut: Alles Wasser wurde in Blut verwandelt und dadurch vergiftet.<br />
Frösche: Aus den Strömen, Kanälen und Sümpfen kamen Frösche, die ganz<br />
Ägypten bedeckten.<br />
Mücken: Es kamen Schwärme von Mücken und setzten sich auf Mensch und Vieh.<br />
Stechfliegen: Häuser und das ganze Land wurden mit Stechfliegen bedeckt<br />
(vermutlich eine Bremsenart).<br />
Viehpest: Eine Beulenpest tötete alle Pferde, Kamele, Rinder und Schafe.<br />
Schwarze Blattern: Geschwüre befielen Mensch und Vieh.<br />
Hagel: Riesige Hagelkörner töteten Mensch und Vieh, zerstörten Ernte und Bäume.<br />
Heuschrecken: Wanderheuschrecken bedeckten das Land und frassen alles.<br />
Finsternis: eine drei Tage dauernde totale Finsternis brach herein.<br />
Tod aller Erstgeborenen: Vom ersten Sohn des Pharaos bis zum ersten Sohn der<br />
niedrigsten Magd und jede Erstgeburt des Viehs mussten sterben.<br />
2<br />
BwieBasel ‹Basel und die <strong>Gesundheit</strong>› <strong>2020</strong> 5
GESCHICHTE<br />
Epidemien im Verlauf der Jahrhunderte<br />
Zeitraum Krankheit Gebiet Anzahl Verstorbene Beschreibung<br />
430–426 v. Chr. Attische Seuche ganz Europa 75 000–100 000 25–33% aller Athener starben<br />
165–180 verm. Pocken Römisches Reich 7 bis 10 Mio. sog. Antoninische Pest<br />
541–770 Pest Europa/Vorderas. unbekannt sog. Justinianische Pest<br />
1346–1353 Pest Alte Welt 100–125 Mio. 1/3 der europäischen Bevölkerung starb<br />
1519–1520 Pocken Mexiko 5 bis 8 Mio. neu in Amerika; viele Indianer starben<br />
1582 Pest Teneriffa 9000 25–45% der Inselbevölkerung starben<br />
1665/66 Pest England 100 000 ‹Grosse Pest von London›<br />
1708–1714 Pest Nord-/Osteuropa 1 Mio. während des ‹Grossen Nordischen Kriegs›<br />
1813 Fleckfieber Mainz ca. 32 000 Napoleons Armee brachte es aus Russland mit<br />
1847/48 Typhus Kanada 20 000 von irischen Emigranten eingeschleppt<br />
1862 Pocken Pazifikküste USA über 14 000 die Hälfte der indianischen Bevölkerung starb<br />
1894–1912 Beulenpest weltweit 12 Mio. China, Asien, Indien, USA, UK, Südamerika<br />
1918–1920 Virusgrippe weltweit bis zu 50 Mio. ‹Spanische Grippe›, Virus A/H1N1<br />
1957–1958 Virusgrippe weltweit 1–2 Mio. ‹Asiatische Grippe›, Virus A/H2N2<br />
1961–1990 Cholera weltweit mehrere Mio. Beginn: Indonesien, längste Cholera-Pandemie<br />
1968–1970 Virusgrippe weltweit 1 Mio. ‹Hongkong-Grippe›; Virus A/H3N2<br />
1977/78 Virusgrippe weltweit 700 000 ‹Russische Grippe›; Virus A/H1N1<br />
seit 1980 HIV weltweit 36 Mio. geschätzt, gewisse Länder keine Angaben<br />
2002/2003 SARS-CoV weltweit 800 1. Auftreten eines SARS-Coronavirus’<br />
2009–2010 Virusgrippe weltweit 20 000 ‹Schweinegrippe›, Virus A/H1N1<br />
seit 2010 Cholera Haiti, Südam. 10 000 Ausbruch nach Erdbeben auf Haiti<br />
seit 2012 MERS-CoV Arab. Halbinsel ca. 1000 Von Fledermäusen über Kamele auf Menschen<br />
2014–2016 Ebola-Fieber Westafrika ca. 12 000 rund 30 000 Erkrankte<br />
seit 2015 Zika-Virus Südam./Karibik unbekannt schwere Schädigungen des Fötus<br />
seit 2019 Masern Dem. Rep. Kongo mind. 6000 betrifft vor allem Kinder<br />
seit 2019 Covid-19 weltweit 1,6 Mio bestätigt Ausbruch: Wuhan, 74 Mio Infizierte (12/<strong>2020</strong>)<br />
Quellen: WHO/Spiegel online/Wikipedia<br />
Milzbrand:<br />
seit dem Altertum bekannt<br />
Es gibt mehrere Krankheiten, die sich<br />
jeweils seuchenartig ausbreiteten und<br />
deren Symptome man kannte, ohne zu<br />
wissen, wie die Verbreitung stattfand.<br />
Eine davon ist der Milzbrand (Anthrax).<br />
Sowohl der Grieche Homer (700 v. Chr.)<br />
als auch der Römer Ovid (40 v. Chr.)<br />
berichteten von dieser Krankheit und<br />
bösartigen Seuche. Die arabischen Ärzte<br />
bezeichneten den Milzbrand beim<br />
Menschen als ‹persisches Feuer›, und<br />
man geht heute davon aus, dass manche<br />
als Pest- oder Ruhrepidemien überlieferten<br />
Seuchen in Wirklichkeit Milzbrandepidemien<br />
wa ren. Vermutlich han -<br />
delt es sich auch bei der Seuche, die Jeremias<br />
Gott helf in seiner Novelle ‹Die<br />
schwarze Spinne› beschreibt, um Milz -<br />
brand und nicht um die Pest.<br />
Milzbrand oder Anthrax (altgriechisch<br />
‹Kohle›) ist eine akute Infektionskrankheit,<br />
die meist Paarhufer (Rinder, Ziegen,<br />
Schweine, Kamele, Schafe, Hir -<br />
sche), aber auch andere pflanzenfressende<br />
Tiere befällt.<br />
Der Erreger des Milzbrands ist ein<br />
Stäb chenbakterium, Bacillus anthracis,<br />
welches Sporen bildet. Diese Sporen<br />
können unter Umständen Jahrzehnte<br />
oder sogar Jahrhunderte überleben. Das<br />
vom Erreger produzierte Milzbrandtoxin<br />
ist hochgiftig. Menschen können<br />
durch Milzbrandsporen angesteckt werden;<br />
entweder durch direkten Kontakt<br />
oder durch eine Übertragung von Tieren.<br />
Bei einer Infektion des Menschen<br />
sind meist Haut und Schleimhäute, seltener<br />
auch Lunge oder Verdauungstrakt<br />
betroffen.<br />
Gerbereien verantwortlich<br />
Viele Milzbrandepidemien brachen im<br />
Umfeld von Gerbereien aus. Die Milz -<br />
brandsporen von kranken Tieren setzten<br />
sich auf den Häuten, Fellen, Haaren<br />
oder Borsten fest, überlebten den<br />
Gerbprozess und gelangten über die<br />
Ab wässer der Gerbereien und bei Über -<br />
schwemmungen in Flusslandschaften<br />
und auf Weiden. Es sind zahlreiche<br />
historische Milzbrandepidemien bei<br />
Haustieren bei den Abflüssen der Gerbereien<br />
bekannt; diese gingen erst zu<br />
Beginn des 20. Jahrhunderts zurück,<br />
als nach Protesten der Bauern die Direkteinleitung<br />
von Gerbereiabwässern<br />
untersagt und die Abwässer stattdessen<br />
geklärt wurden.<br />
Bei Menschen trat Milzbrand als Berufskrankheit<br />
bei den Gerbereiarbeitern<br />
auf, aber auch bei Personen, die<br />
Felle und Haare verarbeiteten wie die<br />
Kürschner oder die Matratzenfabrikanten.<br />
Auch Hafen- und Transportarbeiter<br />
waren häufig betroffen. Durch die Entwicklung<br />
der veterinärärztlichen Kontrollen<br />
wurden die Milzbrandfälle immer<br />
seltener. An Standorten von ehemaligen<br />
Gerbereien konnten jedoch in<br />
Einzelfällen noch über 40 Jahre nach<br />
Betriebsschluss virulente Milzbrand -<br />
sporen nachgewiesen werden.<br />
1849 entdeckte ein deutscher Arzt<br />
Milzbranderreger in Schafsblut, und<br />
1876 wurden sie durch Robert Koch<br />
genauer beschrieben. Heute kommt<br />
Milzbrand vor allem in Südeuropa, im<br />
Nahen Osten, in Asien, Nordafrika<br />
und Südamerika vor.<br />
6 BwieBasel ‹Basel und die <strong>Gesundheit</strong>› <strong>2020</strong>
GESCHICHTE<br />
3<br />
Die Sporen befinden sich vor allem in<br />
feuchten, sumpfigen Böden und in<br />
Überschwemmungsgebieten von Flussund<br />
Bachläufen, wo sie durch das Wasser<br />
verschleppt und verbreitet werden.<br />
Selbst aus tief vergrabenen Tierkadavern<br />
können durch die Aktivität von<br />
Regenwürmern oder durch steigendes<br />
Grundwasser auch noch nach Jahrzehnten<br />
Sporen an die Oberfläche gelangen.<br />
Während beim Menschen Hautmilzbrand<br />
heute gut geheilt werden kann,<br />
ist die Sterberate bei Lungenmilzbrand<br />
trotz modernsten Medikamenten sehr<br />
hoch.<br />
2016 kam es in Sibirien zu einem<br />
Ausbruch von Milzbrand, der auf die<br />
Klimaerwärmung zurückgeführt wurde,<br />
wodurch im Permafrost vergrabene<br />
Rentierkadaver auftauten und die<br />
Erreger verbreiteten.<br />
Nach Milzbrandfällen 1993 im Jura<br />
und 1997 im Kanton Schwyz starb<br />
2017 ein Rind an Milzbrand auf einer<br />
Weide im Kanton Jura. Es hatte sich<br />
vermutlich an einem Ort angesteckt,<br />
an dem früher ein infizierter Kadaver<br />
begraben worden war.<br />
Wegen der Langlebigkeit und der Widerstandskraft<br />
seiner Sporen ist Anthrax<br />
«der Klassiker unter den als Biowaffen<br />
gehandelten Krankheitserregern», so<br />
das Bundesamt für Bevölkerungsschutz.<br />
Verschiedene Länder hätten früher Anthrax<br />
als Biowaffe produziert und Forschung<br />
zu dessen Frei setzung als Aerosol<br />
betrieben. 2001 erhielten in den<br />
USA Medien und Politiker während<br />
mehreren Wochen Briefe mit Milzbrandsporen.<br />
Es kam zu 27 Anste -<br />
ckungen; fünf Menschen starben. Die<br />
Hintergründe wurden nie geklärt.<br />
Der Schwarze Tod: die Pest<br />
Um 1348 hörte man in Basel die ersten<br />
Berichte über die schwere Krankheit,<br />
die vom Süden her eine Stadt nach der<br />
andern befiel. Noch bevor die Seuche<br />
überhaupt in Basel angekommen war,<br />
machte ein Gerücht die Runde: Juden<br />
würden mit Gift säck chen aus Übersee<br />
in der Stadt herumgehen und Brunnen<br />
vergiften, um die Christen auszulöschen.<br />
Am lautesten dürften diejenigen<br />
gerufen haben, die bei den jüdischen<br />
Kreditgebern hohe Schulden hatten.<br />
Schliesslich setzten sie sich beim Basler<br />
Rat durch; in Übereinstimmung mit<br />
anderen Städten beschloss man, die Juden<br />
zu vernichten. Auf einer Insel im<br />
Rhein wurde ein Holzhaus gebaut; die<br />
3: Titelblatt einer Publikation von<br />
Rudolf Schiestl mit Holzschnitten, 1924<br />
BwieBasel ‹Basel und die <strong>Gesundheit</strong>› <strong>2020</strong> 7
GESCHICHTE<br />
Die Pest – der Schwarze Tod<br />
Es war die grösste Katastrophe des Mittelalters; eine Pandemie,<br />
wie es sie in Europa nie zuvor gegeben hatte: die<br />
Pest. Sie raffte zwischen 20 und 25 Millionen Menschen<br />
dahin, jeder Dritte erlag der Seuche, tausende von Dörfern<br />
verschwanden von der Landkarte.<br />
Im Spätmittelalter war die Welt so stark vernetzt wie nie<br />
zuvor. Getrieben von der Gier nach exotischen Waren wie<br />
Pfeffer oder Seide, knüpften europäische Kaufleute Kontakte<br />
in immer ferneren Regionen. Schliesslich kam der<br />
Schwarze Tod vom Osten her über die Seidenstrasse ins<br />
Abendland. 1347 legte im sizilianischen Messina zum ersten<br />
Mal ein Schiff an, das die Pest an Bord hatte. Weitere<br />
Schiffe brachten den Erreger nach Venedig, Marseille und<br />
zu anderen Hafenstädten.<br />
Die Christen des Abendlandes sahen in der Katastrophe<br />
ein Zeichen von Gottes Zorn – die verdiente Strafe für ihre<br />
vermeintlichen Sünden. Viele gaben auch den Juden die<br />
Schuld und ermordeten sie. Die Ärzte und Priester kannten<br />
kein Heilmittel gegen die Pest; man wusste nicht, woher<br />
die Krankheit kam. Einige gaben den feuchtwarmen<br />
Winden die Schuld, andere sprachen von speziellen Planeten-Konstellationen.<br />
Man versuchte, die Räume mit Wacholder,<br />
Weihrauch und dem Harz des Mastixbaums auszuräuchern<br />
und trug ‹Bisamäpfel› als Schmuck um den Hals,<br />
kleine durchbrochene Kugeln mit Körnern des Bisameibisch.<br />
Auch Nasensäcke, mit Essig getränkt und mit Gewürznelken,<br />
Zimt, Kampfer und Safran gefüllt, sollten vor Ansteckung<br />
schützen. Oder man griff zum ‹Pestwasser›, das<br />
einundzwanzig Pflanzen enthielt (unser heutiges ‹Kölnisch -<br />
wasser› ist übrigens der Nachfolger dieses Wassers). Nach<br />
rund sechs Jahren verschwand der Schwarze Tod ebenso<br />
plötzlich aus Europa, wie er gekommen war. Rund 400<br />
Jahre lang sollte die Pest immer wieder die Menschen in<br />
Europa heimsuchen; jedoch nie mehr den ganzen Kontinent<br />
gleichzeitig.<br />
Die (Beulen-)Pest beginnt mit Gliederschmerzen, Frösteln<br />
und Fieber, dann schwellen die Lymphknoten an, füllen<br />
sich mit Blut und Eiter. Schwärende Beulen enstehen,<br />
bald darauf vernebeln Halluzinationen und Schwindel<br />
den Verstand. Nach wenigen Tagen kollabiert der geschwächte<br />
Körper, und die Organe versagen.<br />
Ihren Ursprung hat die Pest in einem Darmbazillus wilder<br />
Nagetiere, daraus entwickelte sich das Pestbakterium. Auf<br />
den Menschen übertragen wird es durch die Flöhe von<br />
mehreren hundert Nagetierarten, die das Bakterium in<br />
sich tragen können. Vor allem der Rattenfloh ‹Xenopsylla<br />
cheopis› überträgt die vorher aufgenommenen Bakterien<br />
der Beulenpest bei jedem Stich auf seinen Wirt, die Ratte.<br />
Stirbt diese, sucht sich der Floh einen neuen Versorger. Ein<br />
Ausbruch der Beulenpest droht daher immer dann, wenn<br />
Menschen in die Nähe von infizierten Nagern oder deren<br />
Parasiten gelangen. Ein Floh kann zudem gut einen Monat<br />
lang ohne Nahrung auskommen und so weite Distanzen<br />
zurücklegen, beispielsweise in einem Getreidesack<br />
oder in Stoffballen. Aktuell kommt der Erreger in weiten<br />
Teilen Asiens, Afrikas und Amerikas noch vor; 2015 haben<br />
sich Menschen im Yosemite-Nationalpark in Kalifornien<br />
infiziert. Rechtzeitig erkannt, ist die Pest heute durch<br />
Antibiotika heilbar; den genauen Übertragungsweg des<br />
Pesterregers entdeckten Forscher erst 1914!<br />
Juden, die bis dann die Stadt nicht verlassen hatten, wurden<br />
am 16. Januar 1349 zusammengetrieben, in das Holzhaus<br />
gepfercht und dort bei lebendigem Leib verbrannt. Bereits<br />
um Weihnachten 1348 war der Friedhof der jüdischen Gemeinde<br />
(beim heutigen Kollegiengebäude der Universität<br />
gelegen) völlig verwüstet worden.<br />
Doch nichts konnte die Seuche aufhalten; im Mai 1349<br />
kam die Pest nach Basel; man geht heute davon aus, dass<br />
rund zehn Prozent der Bevölkerung aufgrund dieser ersten<br />
Seuche starben. Die nächste Welle kam an Ostern 1439, in<br />
einer Zeit, in der es den Baslern sehr schlecht ging: Nachdem<br />
das in der Stadt tagende Konzil aufgrund eines<br />
Streits mit Papst Eugen IV. von diesem aufgehoben wurde,<br />
verliessen viele Konzilteilnehmer Basel, was sich sehr<br />
negativ auf die Wirtschaft auswirkte. In den Jahren<br />
1437/1438 war es zu Missernten gekommen, im Elsass<br />
drohte Krieg durch die Armagnaken und von den in Basel<br />
verbliebenen Konzilteilnehmern starben einige durch die<br />
Pest. Die grosse Hitze und darauffolgende Dürre im Sommer<br />
1439 verschlimmerten die Situation noch mehr. Man<br />
4: Pestarzt mit Wachsmantel, Handschuhen und einer Gesichtsmaske;<br />
im ‹Schnabel› befanden sich Heilkräuter, die<br />
Augen waren hinter Kristallen geschützt. Nach einem Kupferstich<br />
von Paul Fürst, 1656.<br />
5+6: ‹Der Tod und die Jungfrau› und ‹Der Tod und der<br />
Wirt› von Hieronymus Hess, 1839<br />
4<br />
8 BwieBasel ‹Basel und die <strong>Gesundheit</strong>› 2018
GESCHICHTE<br />
5<br />
6<br />
Der Basler Totentanz<br />
Aufgrund der Pestepidemien wurde den Menschen wohl<br />
erstmals richtig bewusst, dass der Tod jeden holte, egal welchen<br />
Stand er bekleidete. So entstanden im Europa des 15.<br />
Jh. an vielen Orten ‹Totentänze›, Abbildungen von Menschen<br />
verschiedenster Stände und Berufe, die ‹mit dem Tod<br />
tanzen mussten›. In Basel gab es an der Friedhofsmauer des<br />
Predigerklosters einen Totentanz mit lebensgrossen Figuren.<br />
Leider wurde die Totentanz-Mauer 1805 niedergerissen;<br />
es konnten jedoch 19 Bild- und 3 Textfragmente gerettet<br />
werden. Oben links ‹Die Herzogin›, eine im 16.–18. Jahrhundert<br />
übermalte Fassung, und ‹Die Äbtissin›, ein Original<br />
von 1440. Um 1460/1480 entstand auch im Kloster Klingental<br />
ein Totentanz.<br />
Bilder Historisches Museum Basel<br />
BwieBasel ‹Basel und die <strong>Gesundheit</strong>› <strong>2020</strong> 9
GESCHICHTE<br />
sprach von rund hundert Toten pro Tag; es mussten Massengräber<br />
ausgehoben werden, um sie überhaupt bestatten<br />
zu können.<br />
In Italien und Südfrankreich hatte man unterdessen begonnen,<br />
Einreisende vorübergehend zu isolieren und Kranke in<br />
speziellen Spitälern zu pflegen. Doch in Basel ergriff man<br />
keine derartigen Massnahmen; man bevorzugte es, mit Wallfahrten<br />
nach Todtmoos im Schwarzwald und nach Einsiedeln<br />
Gottes Schutz zu erbitten. Dies führte zu einer weiteren<br />
Verbreitung der Pest. Als die Seuche im November 1439 abklang,<br />
sprach man von fünf- bis achttausend Toten bei einer<br />
Gesamtbevölkerung von zehn- bis zwölftausend Einwohnern.<br />
Das Totentanzgemälde an der Friedhofsmauer der Predigerkirche<br />
entstand in diesen Jahren unter dem Eindruck<br />
der Pest (siehe Kästchen Seite 9).<br />
1526 schuf auch Hans Holbein einen Totentanz, ihm folgten<br />
weitere Künstler wie Christian von Mechel, Hieronymus<br />
Hess, Burkhard Mangold, Tinguely und andere. Mehr über<br />
den Basler Totentanz lesen Sie in der BwieBasel Edition 02<br />
‹Basel und der Tod› (erhältlich im Buchhandel für 29.–)<br />
Arnold Böcklin schuf 1898 sein Gemälde ‹Die Pest›, das<br />
wir auf der Titelseite abgebildet haben.<br />
9: ‹Der Tod und der Reiche› von Burkhard Mangold, 1914.<br />
Heute in der Predigerkirche Basel<br />
9<br />
Häufige epidemische Krankheiten<br />
Im Mittelalter war es für die Menschen schwierig, gesund<br />
zu bleiben. Die häufig schlechte Ernährung, Kälte, mangelnde<br />
hygienische Verhältnisse und fehlende Zahnpflege<br />
führten dazu, dass viele geschwächt waren. Die kleinste<br />
Verletzung konnte eine Infektion und eine tödliche Blutvergiftung<br />
herbeirufen. Dazu kamen Seuchen, mit denen<br />
die für die <strong>Gesundheit</strong> des einfachen Volkes zuständigen<br />
Bader und Scherer völlig überfordert waren.<br />
Die Lepra, auch Aussatz genannt, wurde bereits 1500 v.<br />
Chr. erstmals erwähnt und hatte ihren Höhepunkt in Europa<br />
vom 13. bis zum 15. Jahrhundert. Die Betroffenen<br />
wurden von der Bevölkerung ausgegrenzt und ausgewiesen.<br />
Sie mussten sich mit speziellen Klappern (später auch<br />
mit Glöckchen) ankündigen und von den Almosen leben,<br />
die ihnen hingelegt wurden. Basler Bürger, die an Lepra<br />
litten, wurden vom städtischen Siechenhaus aufgenommen,<br />
das sich ursprünglich als Teil des 1265 gegründeten<br />
Spitals in Stadtnähe befand. Doch da sich die Stadt ständig<br />
vergrösserte, lag es plötzlich zu nahe bei den Gesunden,<br />
worauf die Aussätzigen um 1295 in das Siechenhaus<br />
bei Sankt Jakob verlegt wurden. Ausgewählte Kranke<br />
(‹Sondersiechen›) durften die von einer Mauer umschlossene<br />
Aussätzigensiedlung verlassen, um Almosen sammeln<br />
zu gehen.<br />
Die Malaria, auch Sumpffieber, trat im Mittelalter nicht<br />
nur in tropischen Gebieten auf, sondern war auch in Europa<br />
verbreitet und führte zu vielen Todesfällen; das<br />
Heilmittel Chinin wurde erst 1678 entdeckt.<br />
Die Tollwut (früher Hundswut oder St. Hubertus-Krankheit)<br />
kannte man schon in der Antike. Bis zur Erfindung<br />
der Tollwut-Impfung durch Louis Pasteur im Jahr 1885 war<br />
sie absolut tödlich. Wurden in normalen Zeiten nur wenige<br />
Menschen angesteckt, so veränderte sich das zur Zeit<br />
von Hungersnöten oder sehr kalten Wintern: von Tollwut<br />
befallene, streunende Hunde und Wölfe drangen in die<br />
Ortschaften ein und bissen die geschwächten Menschen.<br />
In der Schweiz gilt die Tollwut seit 1999 als ausgerottet.<br />
Verheerende Folgen hatten auch die verschiedenen Grippe-Epidemien,<br />
die durch eine Virusinfektion verursacht<br />
wurden und je nach Gebiet und Epoche einen anderen<br />
Namen erhielten. Den Namen ‹Influenza› gab man der<br />
Grippe, weil man glaubte, die Sterne würden einen Einfluss<br />
(ital. influenza) auf die Krankheit ausüben.<br />
Die Tuberkulose wurde bereits an einem 500 000 Jahre<br />
alten Fossil des Frühmenschen ‹Homo erectus› aus der<br />
Türkei festgestellt; in Europa war sie vor allem im 17.<br />
und 18. Jh problematisch. Laut WHO erkranken noch<br />
heute jährlich rund 10 Mio Menschen an Tuberkulose;<br />
etwa 1,4 Mio Menschen starben 2015 daran.<br />
Die Pocken (Blattern) sind seit Jahrtausenden bekannt<br />
und sorgten weltweit für viele Todesfälle. 1980 erklärte<br />
die WHO die Welt für pockenfrei; es existieren allerdings<br />
noch Virenstämme bei der amerikanischen und der russischen<br />
Seuchenbehörde (!).<br />
Weitere – oft tödlich verlaufende – Krankheiten waren<br />
Fleck fieber (durch Kleiderläuse übertragen) und die Masern,<br />
die Ende des 15. Jahrhunderts in Europa auftauchten.<br />
Weltweit gab und gibt es immer wieder Cholera- und<br />
Typhus-Epidemien sowie das Auftreten von Ruhr, die<br />
aufgrund von verunreinigtem Trinkwasser entstehen.<br />
10 BwieBasel ‹Basel und die <strong>Gesundheit</strong>› 2019
GESCHICHTE<br />
10<br />
10: Der offene Birsig zwischen Barfüsserplatz und Rüdengasse<br />
(heutige Falknerstrasse) um 1876. An den Hauswänden<br />
sieht man die Abwasserkännel aus Holz, so genannte<br />
Orgelpfeifen, Abtrittshäuschen und Balkone.<br />
Seuchenzug, Epidemie, Pandemie<br />
Als Seuchenzug wird ganz allgemein die erhebliche und<br />
überregionale Ausbreitung einer bedrohlichen, hochkontagiösen<br />
Infektionskrankheit (Seuche) mit relativ kurzen<br />
Inkubationszeiten verstanden, sei es durch Übertragung<br />
von Tier zu Tier oder von Mensch zu Mensch.<br />
Die massive Ausbreitung einer von Mensch zu Mensch<br />
übertragbaren Infektionskrankheit wird zunächst als Epidemie<br />
bezeichnet und bei Ausbreitung über mehrere Kon -<br />
tinente hinweg als Pandemie. Gemäss WHO wird die Pande -<br />
mie definiert als: «neu, aber zeitlich begrenzt in Erscheinung<br />
tretende, weltweite starke Ausbreitung einer Infektionskrankheit<br />
mit hohen Erkrankungszahlen und schweren<br />
Krankheitsverläufen.» Die Ausrufung einer Pandemie,<br />
also der Übergang von einer Epidemie zu einer Pandemie<br />
erfolgt durch den Generaldirektor der WHO.<br />
Von einer Endemie spricht man, wenn eine Krankheit innerhalb<br />
einer Population fortwährend mit etwa gleicher<br />
Fallzahl auftritt (Reproduktionsrate = 1)<br />
Für Tierseuchen werden die Bezeichnungen Epidemie<br />
und Pandemie nicht benutzt, sondern man spricht von<br />
Epizootie und Panzootie.<br />
In Basel wurde man sich nach der Cholera-Epidemie von<br />
1855 und der Typhus-Epidemie von 1865/66 bewusst, dass<br />
ungünstige Trinkwasserverhältnisse Einfluss auf die <strong>Gesundheit</strong><br />
der Bevölkerung hatten, denn die meisten Erkrankungen<br />
traten in der Umgebung von Sod- oder Lochbrunnen<br />
auf, deren Quellen in der Nähe von Abtritt- oder Jauchegruben<br />
lagen. Ein weiteres Problem war, dass der Birsig<br />
in heissen Sommern viel zuwenig Wasser führte, um alle<br />
Fäkalien, die aus den zahlreichen WCs in das Flussbett<br />
geleitet wurden, wegzutransportieren.<br />
Der damalige Kantonschemiker schrieb in einem Bericht<br />
der Cholerakommission von 1855: «In einigen Theilen der<br />
inneren Stadt sind auch Abtrittsgruben, ich will hier nur an<br />
die Abtrittsgruben der Gymnasien und an eine noch grössere<br />
erinnern auf dem Nadelberg hinter No. 508; letztere<br />
besteht in einem offenen tiefen Thurm, in welchem die Abtritte<br />
von acht Häusern münden und welcher alle 18 bis 20<br />
Jahre höchstens geleert wird. Wohin geht die in dieser<br />
Grube versiegende Flüssigkeit? Speist sie vielleicht die<br />
Quellen, die in den Häusern an der Schneidergasse zu Tage<br />
treten?» 1866 wurde mit dem Bau der städtischen Wasserversorgung<br />
begonnen, und nach und nach wurden alle<br />
Brunnen an das Leitungsnetz angeschlossen. Dadurch gab<br />
es nur noch ganze wenige Fälle von Cholera oder Typhus.<br />
Christiane Widmer<br />
BwieBasel ‹Basel und die <strong>Gesundheit</strong>› <strong>2020</strong> 11
PUBLIREPORTAGE<br />
Vom Bürgerspital Basel zu BSB,<br />
dem sozialen Unternehmen<br />
Beat Ammann, Direktor des BSB, mit dem neuen Logo<br />
Herr Ammann, wie entstand die Idee,<br />
aus dem – in Basel doch recht bekannten<br />
– ‹Bürgerspital Basel› die<br />
neue Marke BSB zu schaffen?<br />
Da muss ich ein wenig ausholen: Seit<br />
1265, also seit 755 Jahren, setzt sich<br />
das BSB für die Basler Bevölkerung<br />
ein. Ganz am Anfang geschah dies im<br />
‹Spital an den Schwellen›, im oberen<br />
Teil der Freien Strasse. Dort hat man<br />
übrigens kürzlich bei Ausgrabungen<br />
Skelette gefunden, bei denen es sich<br />
um verstorbene Patienten dieses ersten<br />
Spitals handelte. 1803 ging dieses Spital<br />
in den Besitz der Stadtgemeinde<br />
über, der heutigen Bürgergemeinde.<br />
1973 trat die Bürgergemeinde die<br />
Akutkliniken des Bürgerspitals an den<br />
Kanton Basel-Stadt ab; die Anforderungen<br />
an ein modernes Universitätsspital<br />
überstiegen die Mittel und Kräfte<br />
der Gemeinde. Dadurch erhielt das<br />
Bürgerspital einen neuen Leistungsauftrag.<br />
Dieser hiess nun nicht mehr<br />
‹Führen eines klassischen Spitals›, son -<br />
dern ‹Betreuung von Menschen im Alter,<br />
Begleitung und berufliche Integration<br />
von Menschen mit einer Behinderung<br />
und medizinische Rehabiliation›.<br />
Als einziger Spitalbetrieb verblieb die<br />
Chrischona-Klinik mit ihrem Reha-An -<br />
gebot im Besitz des Bürgerspitals. Im<br />
März 2019 gaben wir dann die Chrischona-Klinik<br />
an die Universitäre Altersmedizin<br />
Felix Platter ab. Wir hätten<br />
einiges in die Reha Chrischona investieren<br />
müssen – das war uns zu aufwändig<br />
und zu teuer. Damit verlor das<br />
Bürger-‹Spital› auch die letzte spital -<br />
«Für mich widerspiegelt das neue<br />
Logo die Werte des BSB, es ist<br />
schwungvoll und offen.<br />
Ferner hat es ‹Basel› im Namen<br />
und erinnert mit seinen Wellen<br />
auch an den Rhein.<br />
ähnliche Einrichtung und so auch den<br />
offiziellen Status als Spital; wir wurden<br />
von der Spitalliste Basel-Stadt gestrichen.<br />
Dies führte zu einigen Überlegungen<br />
wie: Wollen wir wieder ein Spital eröffnen?<br />
Wollen wir in irgendeiner Form<br />
ein Spital sein? – Wir entschieden uns<br />
dann klar für den Entscheid: Nein, wir<br />
wollen uns auf unsere beiden Kernkompetenzen<br />
beschränken, die Betreuung<br />
und Pflege von Menschen im Alter<br />
und die Begleitung und berufliche Integration<br />
von Menschen mit Behinderung.<br />
Dies führte natürlich zur weiteren<br />
Frage, ob der Name ‹Bürgerspital› für<br />
eine solche Institution sinnvoll ist. Umfragen<br />
in der Bevölkerung zeigten uns,<br />
dass die meisten Basler*innen das Bürgerspital<br />
kannten, dass sie aber nicht<br />
genau wussten, was dessen Aufgaben<br />
sind.<br />
Da wir die juristische Bezeichnung<br />
‹Bürgerspital› behalten wollten, um<br />
uns für die Zukunft alle Optionen offen<br />
zu halten, kam eine eigentliche Namensänderung<br />
nicht in Frage. So haben<br />
wir uns – unter Beizug von externen<br />
Fachpersonen – für die Bezeichnung<br />
BSB entschieden und den entsprechenden<br />
Auftritt mit dem neuen<br />
blauen Logo ‹bsb›. Wir finden, das ist<br />
frisch und zeitgemäss.<br />
Für mich widerspiegelt das neue Logo<br />
die Werte des BSB, es ist schwungvoll<br />
und offen – die offenen ‹b› weisen dar-<br />
12 BwieBasel ‹Basel und die <strong>Gesundheit</strong>› <strong>2020</strong>
PUBLIREPORTAGE<br />
auf hin, dass wir offen sind für die Bedürfnisse<br />
der Menschen. Ferner hat es<br />
‹Basel› im Namen und erinnert mit seinen<br />
Wellen auch an den Rhein.<br />
Hat sich mit dem neuen Namen auch<br />
Ihr Wirkungsbereich verändert?<br />
Eigentlich nicht. Wir hatten uns schon<br />
durch die Abgabe der Rehaklinik im<br />
Jahr 2019 für zwei Hauptbereiche entschieden<br />
und fokussieren uns nun auf<br />
unser Angebot für Menschen im Alter,<br />
dem selbstbestimmten Wohnen mit<br />
professionellem Service und der umfassenden<br />
Pflege sowie – als zweiten<br />
Bereich – auf Menschen mit Behinderung,<br />
die wir ausbilden und für deren<br />
berufliche und gesellschaftliche Integration<br />
wir sorgen. Das neue Logo<br />
wird nun auch konsequent auf diese<br />
Bereiche angewendet.<br />
Wir haben also zum Beispiel nicht<br />
mehr die Bezeichnung ‹Bürgerspital<br />
Leitbild und Kompetenzen<br />
In ihrem Leitbild gibt das BSB als Basis<br />
für seine Tätigkeit an: ‹Verantwortung<br />
für Menschen, Offenheit für<br />
Neues, Vielfalt als Stärke, Freude an<br />
der Leistung›.<br />
Als Ziel steht: ‹Wir schaffen Lösungen<br />
im sozialen Umfeld und begeistern<br />
Menschen›.<br />
Die Kompetenzen sind:<br />
• 412 Pflegeplätze in 5 Wohn- und<br />
Pflegezentren<br />
• 207 Wohnungen an 4 Standorten<br />
im Angebot ‹Wohnen mit Service›<br />
• über 500 Menschen mit einer IV-<br />
Rente arbeiten im BSB<br />
• über 150 Wohnplätze in 10 Wohnhäusern<br />
für Menschen mit IV-<br />
Rente oder in einer Massnahme<br />
(6 Wohnheime für Erwachsene,<br />
4 für Jugendliche)<br />
• ambulante Wohnbegleitungen<br />
• Ausbildung von jährlich 180 Lernenden<br />
und Studierenden in 65<br />
Branchen und Niveaus; davon<br />
• 41 Lernende und 24 Studierende<br />
in Pflege- und Betreuungsberufen<br />
im 2019<br />
• einjähriger Jugendförderkurs für<br />
junge Menschen in IV-Massnahmen<br />
zur Abklärung der Berufswahl und<br />
Vorbereitung auf zukünftige<br />
Ausbildung<br />
Gärtnerei›, was immer wieder für Verwirrung<br />
sorgte, sondern es heisst nun<br />
‹BSB Gärtnerei›, wie auch ‹BSB Gastroservice›<br />
oder ‹BSB Kreativwerkstatt›.<br />
Die fünf Wohn- und Pflegezentren,<br />
die vier Standorte von ‹Wohnen<br />
mit Service› und die sechs Wohnhäuser<br />
für ‹Begleitetes Wohnen› behalten<br />
weiterhin ihren Standortnamen – jemand<br />
wohnt im ‹Weiherweg› oder im<br />
‹Burgfelderhof› –, sie werden jedoch<br />
durch die Bezeichnung ‹BSB Pflegezentrum›,<br />
ergänzt.<br />
Wenn Sie das ‹neue› BSB in einem<br />
Satz vorstellen müssten, wie würde<br />
dieser lauten?<br />
«Das BSB möchte auch künftig mit<br />
seinem durchgängigen Leistungsangebot<br />
erster Ansprechpartner in der Region<br />
Basel sein, wenn es um die Betreuung<br />
und Pflege von Menschen im<br />
Alter oder um die Begleitung und Integration<br />
von Menschen mit Behinderung<br />
geht.»<br />
Muss man eigentlich Bürger*in oder<br />
Bewohner*in von Basel-Stadt sein,<br />
um die Angebote des BSB nutzen zu<br />
können?<br />
Nein, keinesfalls. Wir betreuen Menschen<br />
aus der ganzen Schweiz. Voraussetzung<br />
für einen Pflegeplatz beispielsweise<br />
ist, dass man sich an das<br />
ALP, das Amt für Langzeitpflege, wen -<br />
det. Dort wird die Finanzierung abgeklärt;<br />
wenn diese geregelt ist, wird<br />
man einem Heim zugeteilt. Heute<br />
kann man auch wünschen, in welches<br />
Pflegeheim man ziehen möchte. Es<br />
gibt jedoch immer Schwankungen in<br />
der Belegung der Basler Heime; so<br />
gab es zum Beispiel 2017 mal einen<br />
Moment, wo es gerade noch fünf freie<br />
Plätze gab. Heute dürften es rund<br />
hundert sein. Dies ist bestimmt auch<br />
eine Folge davon, dass die Menschen<br />
möglichst lange in ihrem eigenen Zuhause<br />
verbleiben möchten und die<br />
Dienstleistungen für Betreuung und<br />
Pflege durch Spitex oder andere Anbieter<br />
nutzen können. – Heute ist generell<br />
die Wahlfreiheit viel grösser geworden.<br />
«Im Gegensatz zu früher versteht<br />
man heute unter ‹Älterwerden›<br />
nicht mehr eine Zeit der Krankheit<br />
am Ende des Lebens, sondern eine<br />
eigenständige, aktive Lebensphase.<br />
Wie haben sich die Anforderungen an<br />
das Leben und Wohnen im Alter verändert?<br />
Besonders in den letzten Jahrzehnten<br />
hat sich das Bild von alten Menschen<br />
enorm gewandelt. Im Gegensatz zu<br />
früher versteht man heute unter ‹Älterwerden›<br />
nicht mehr eine Zeit der<br />
Krankheit am Ende des Lebens, sondern<br />
eine eigenständige, aktive Lebensphase.<br />
Menschen in dieser Phase<br />
gestalten ihr Leben möglichst selbstbestimmt<br />
und erhalten bei Bedarf die<br />
nötige Unterstützung für ihre Sicherheit,<br />
ihr Wohlbefinden oder einfach als<br />
Annehmlichkeit.<br />
Der Übergang von selbständigem Leben<br />
zu intensiver Betreuung ist oft<br />
fliessend – manchmal ist eine Zwischenform<br />
ideal. Mit unserem ‹Wohnen<br />
mit Service› sprechen wir Menschen<br />
ab 75 an, die selbständig in einer<br />
unserer 200 altersgerechten Wohnungen<br />
leben möchten und auf<br />
Wunsch und bei Bedarf zusätzliche<br />
Dienstleitungen buchen können.<br />
Rund 400 Menschen finden bei uns in<br />
einem Pflegeheim ein Zuhause, wenn<br />
sie nicht mehr alleine wohnen können.<br />
Sie sind im Durchschnitt rund 88 Jahre<br />
alt.<br />
Es gibt auch neue Formen des Zusammenlebens:<br />
Auf dem Westfeld, also im<br />
ehemaligen Felix Platter-Spital, planen<br />
BwieBasel ‹Basel und die <strong>Gesundheit</strong>› <strong>2020</strong> 13
PUBLIREPORTAGE<br />
wir 17 Einzimmerwohnungen, die in<br />
einer grösseren Wohngemeinschaft zusammengeschlossen<br />
sind. Bestimmte<br />
Räume und die schöne Terrasse werden<br />
gemeinschaftlich genutzt. So sind<br />
die Bewohner*innen in eine Gemeinschaft<br />
eingebunden, können aber in ihrer<br />
eigenen Wohnung leben. Natürlich<br />
ist jederzeit ein Übergang von der einen<br />
Wohnform in die andere möglich.<br />
Dort werden wir auch ein Bio-Bistro<br />
eröffnen. Das ist übrigens schon das<br />
zweite, wir betreiben ja bereits ein<br />
Bio-Bistro im Gundeldinger-Feld...<br />
Es ist ja auch viel die Rede von so genannten<br />
Alters-WGs – ich glaube jedoch<br />
nicht an diese Wohnform für<br />
Menschen in sehr hohem Alter. Stellen<br />
Sie sich vor, wenn alle Bewohner*innen<br />
einer solchen Wohngemeinschaft<br />
neunzig Jahre alt sind und es fällt jemand<br />
um. Da kann man sich gegenseitig<br />
nicht mehr helfen.<br />
Kann man sich als ‹Normalbürger›<br />
eine Wohnung mit Service leisten?<br />
Natürlich. Wir haben sozusagen Angebote<br />
für jedes Portemonnaie. Das fängt<br />
an bei einer Zweizimmerwohnung für<br />
rund tausend Franken. Fast 70 Prozent<br />
unserer 200 Wohnungen kosten weniger<br />
als Fr. 1500.–. Der Gedanke dahinter<br />
ist, dass auch eine alleinstehende<br />
Frau – allenfalls mit AHV-Ergänzungsleistungen<br />
– eine solche Wohnung bezahlen<br />
kann. In unserem Paket ‹Wohnen<br />
mit Service› sind auch gewisse Grunddienstleistungen<br />
inbegriffen wie ein<br />
Not ruf, die monatliche Reinigung, etc.<br />
Weitere Dienstleistungen können dazugebucht<br />
werden: das Besorgen der Wäsche,<br />
das Essen, zusätzliche Reinigung<br />
und anderes mehr. Und wenn es nicht<br />
reichen sollte, dann übernimmt der<br />
Kanton Basel-Stadt die Finanzierung<br />
für die notwendigen Zusatzleistungen.<br />
Das Leben von älteren Menschen hat<br />
sich in den letzten Jahren völlig verändert;<br />
man ist nicht mehr ‹alt und krank›,<br />
sondern möchte das Leben aktiv gestalten<br />
und mitbestimmen.<br />
«Wir bieten nicht nur rund 500<br />
Menschen mit IV einen Arbeitsplatz,<br />
sondern begleiten auch<br />
Jugendliche, die sich in einer<br />
IV-Massnahme befinden.»<br />
Nun gibt es aber auch Menschen, die<br />
nicht mehr selbständig leben können,<br />
auch nicht mit Unterstützung.<br />
Eine der grössten Herausforderungen<br />
in den kommenden Jahren ist die Demenz<br />
von Menschen im Alter. Viele<br />
sind körperlich noch gesund, jedoch<br />
geistig so verwirrt, dass sie nicht mehr<br />
alleine leben können. Die benötigen<br />
dann besonders viel Zuwendung.<br />
Natürlich sind Pflegeplätze viel teurer<br />
als das ‹Wohnen mit Service›, wobei sie<br />
im ganzen Kanton gleich viel kosten.<br />
Aber die Bezahlung ist klar geregelt:<br />
Entweder man hat das Geld, dann bezahlt<br />
man die Rechnung des Pflegeheims<br />
oder man hat das Geld nicht,<br />
dann kommen die Egänzungsleistungen<br />
zum Tragen. In der Schweiz muss<br />
sich also niemand Sorgen machen,<br />
dass er keinen Pflegeplatz bekommen<br />
könnte.<br />
Im Durchschnitt kommt heute jemand<br />
mit rund 85 Jahren in ein Pflegeheim<br />
und bleibt dort für etwa eineinhalb Jahre.<br />
Wir versuchen, die Bewohner*innen<br />
unserer Pflegheime zu aktivieren,<br />
wobei dies nicht immer einfach ist.<br />
Wenn jemand kochen möchte, der<br />
nicht mehr gesund ist, dann kann dies<br />
zu hygienischen Problemen führen.<br />
Oder wir lassen jeman den Wäsche zusammenlegen,<br />
der dies mit grosser<br />
Freude tut. Kommt dann der Sohn zu<br />
Besuch, ist er entsetzt: «Ich bezahle<br />
über sechstausend Franken für meine<br />
Mutter, und sie muss hier arbeiten?!»<br />
Sie sehen, das ist ziemlich kompliziert.<br />
Was mir vorschwebt ist, dass ein Pflegeheim<br />
eine Art Hotel für ältere Menschen<br />
sein könnte. Die einen sind noch<br />
ein Jahr bei uns im Hotel, die anderen<br />
noch vier Jahre.<br />
Nebst den Menschen im Alter begleitet<br />
BSB auch Menschen mit einer Behinderung?<br />
Ja, dieser Bereich macht rund 60% unserer<br />
Aktivitäten aus. Die Begleitung<br />
von Menschen mit Behinderung hat ihre<br />
Wurzeln in der 1935 entstandenen<br />
Wohn- und Arbeitsgemeinschaft ‹Milch -<br />
suppe› mit Landwirtschaftsbetrieb und<br />
Wohnbaracken an der Burgfeldergren -<br />
ze. 1988 wurde die Gemeinschaft in<br />
WWB (Werkstätten und Wohn zen tren)<br />
umbenannt; die Mitarbeitenden mit<br />
Behinderung wohnten gemeinsam mit<br />
ihren Betreuer*innen in einem Gebäude.<br />
In den 1990er Jahren wurden die Menschen<br />
mit Behinderung autonomer und<br />
auch besser integriert: Sie fanden in<br />
verschiedenen Wohnhäusern in der<br />
Stadt ein neues Zuhause. Die ehemaligen<br />
Pavillons und Baracken wurden bis<br />
2008 durch feste Gebäude ersetzt, in<br />
denen die verschiedenen BSB-Betriebe<br />
entstanden wie die Gärtnerei, die Mechanik,<br />
die Malerei, Fertigung&Tech -<br />
nik und andere mehr. Dazu kommt der<br />
Gastroservice mit mehreren Restaurants<br />
und Catering sowie ein Coiffeursalon<br />
und ein Kleiderladen.<br />
Wir bieten nicht nur rund 500 Menschen<br />
mit IV einen Arbeitsplatz, sondern<br />
begleiten auch Jugendliche, die<br />
sich in einer IV-Mass nahme befinden.<br />
Diese können sich bei uns über einen<br />
Beruf informieren oder eine Ausbildung<br />
absolvieren und gleichzeitig in einem<br />
unserer Wohnhäuser leben. Zur Zeit<br />
wohnen 105 Menschen mit einer IV-<br />
Rente in unseren 6 Wohnhäusern; zudem<br />
begleiten wir 18 Menschen, die in<br />
einer eigenen Wohnung leben. BSB ermöglicht<br />
damit Menschen mit Behin de -<br />
rung eine Teilnahme am gesell schaft -<br />
lichen und sozialen Leben in Basel.<br />
Interview: Christiane Widmer<br />
BwieBasel ‹Basel und die <strong>Gesundheit</strong>› <strong>2020</strong> 15
Medizin ∙ Therapie ∙ Pflege
AKTUELL<br />
Die aktuelle Pandemie:<br />
Covid 19, genannt Corona<br />
Die Geschichte lehrt uns, dass es immer<br />
eine Zeitlang brauchte, bis eine sich<br />
ausbreitende Krankheit erkannt und definiert<br />
werden konnte. So geschah es<br />
auch Ende 2019, als es in der chinesischen<br />
Millionenstadt Wuhan zu den ersten<br />
Fällen einer unbekannten Lungenerkrankung<br />
kam. Am 31. De zem ber<br />
2019 informierten die chi ne si schen Be -<br />
hörden die Weltgesund heits or ga ni sa tion<br />
WHO offiziell über die Mög lich keit,<br />
dass es sich um einen unbekannten Erreger<br />
handeln könnte. Man vermutete,<br />
er stam me von einem Fisch- und Tiermarkt.<br />
Bereits am 9. Januar meldete die WHO,<br />
das chinesische Expertenteam habe einen<br />
neuartigen Coronavirus festgestellt.<br />
Am 13. Januar meldete Thailand den<br />
ersten Corona-Fall ausserhalb Chinas,<br />
wenige Tage später folgte Südkorea,<br />
am 22. Januar die USA. Wuhan wurde<br />
am 23. Ja nuar <strong>2020</strong> von der Aussenwelt<br />
abgeriegelt, doch da war es schon<br />
zu spät; das Virus hatte sich bereits in<br />
Europa festgesetzt. Frankreich meldete<br />
am 24. Januar die ersten drei Fälle,<br />
Deutschland folgte Ende Januar.<br />
Obwohl man in Europa Rückkehrer aus<br />
China isolierte, breitete sich Corona<br />
immer rascher aus; am 22. Februar<br />
starb der erste Europäer, ein 28-jähriger<br />
Italiener aus Venetien. Veranstaltungen<br />
wie die Basler Fasnacht wurden abgesagt,<br />
doch die Pandemie war nicht mehr<br />
aufzuhalten: 39 Länder meldeten erste<br />
Fälle von Infektionen, darunter Österreich,<br />
Kroatien und die Schweiz.<br />
Im März <strong>2020</strong> fand im Ferienort Ischgl<br />
(Tirol) ein Superspreading-Event (‹Superverbreitungsereignis›)<br />
statt, der laut<br />
dem deutschen Nachrichtenmagazin<br />
‹Der Spiegel› für mehr als 11000 Infektionsfälle<br />
gesorgt und damit massgeblich<br />
zur Ausbreitung von Corona<br />
beigetragen haben soll. Praktisch alle<br />
Länder verfügten Schliessungen (Lock -<br />
downs), Kontakt- und Ausgangssperren,<br />
doch es folgten zweite und dritte<br />
Ansteckungs-Wellen. Per 20. Dezem -<br />
ber <strong>2020</strong> spricht man von über 200<br />
Ländern mit ca. 75 Mio bestätigten<br />
Infizierten und rund 1,7 Mio Todesfällen,<br />
wobei die Dunkelziffer weitaus<br />
höher sein dürfte. Unterdessen<br />
sind zwei ansteckendere Mutationen<br />
des Virus bekannt geworden, und die<br />
Impfungen haben in den meisten<br />
Ländern begonnen.<br />
Was ist ein Virus? Was ist das Coronavirus?<br />
Der Begriff Virus stammt aus dem Latein und bedeutet ‹natürliche zähe<br />
Feuchtigkeit, Schleim, Saft, Gift›.<br />
Viren verbreiten sich durch Übertragung ausserhalb von Zellen, können sich<br />
aber nur innerhalb einer geeigneten Wirtszelle vermehren.<br />
Viren selbst bestehen nicht aus Zellen, sondern aus einer Eiweiss hülle, in der<br />
die Erbinformation enthalten ist. Diese kann je nach Virustyp aus Desoxyribonukleinsäure<br />
(DNA) oder Ri bo nukleinsäure (RNA) bestehen und ein- oder<br />
doppelstranging sein. Kleinere Viren besitzen nur vier Gene, grössere mehrere<br />
hundert. Man geht davon aus, dass es weltweit rund 320 000 Viren gibt,<br />
welche Säugetiere angreifen können. Über zwei Drittel der Virenerkran -<br />
kungen des Menschen haben ihren Ursprung in Tieren.<br />
Die Viren verfügen zwar über Struk turen, welche genetische Informationen<br />
tragen und das Programm zu ihrer Vermehrung und Ausbreitung enthalten.<br />
Da sie aber keinen eigenen Stoffwechsel besitzen, keine Ener gie um wan deln<br />
und keine Proteine auf bauen können, sind sie auf den Stoff wechsel einer<br />
Wirtszelle angewiesen. Daher sind sich Virologen weitgehend darin einig, Viren<br />
nicht zu den Lebewesen zu rechnen. Man kann sie aber zumindest als ‹dem<br />
Leben nahestehend› betrachten, denn sie besitzen allgemein die Fähigkeit, ihre<br />
Vervielfältigung zu steuern und können sich weiter entwickeln.<br />
Das Coronavirus SARS-CoV-2 bekam seinen Namen von der Abkürzung für<br />
‹Severe Acute Respiratory Syndrome Coronavirus 2›; die Bezeichnung für die<br />
Krankheit COVID-19 kommt von ‹Corona, Virus und Disease›, und dem Jahr<br />
2019, als es entdeckt wurde. Das Coronavirus ist ein RNA-Virus, etwa einen<br />
einhunderttausendstel Zentimeter klein und besteht aus einer Lipidhülle mit<br />
Spike-Proteinen. Mit diesen Spikes kann das Virus an die speziellen Rezeptoren<br />
der menschlichen Wirtszelle andocken. Danach bekommt es von der Zelle<br />
die ‹Erlaubnis›, einzudringen und kann so seine RNA mit der Bauanleitung<br />
für neue virale Proteine in das Innere dieser Zelle entlassen. Anstatt weiterhin<br />
eigene Zellproteine zu produzieren, beginnt die Wirtszelle, neue Virusproteine<br />
herzustellen, darunter auch das Protein ‹Polymerase›, welche das Virus zum Kopieren<br />
seiner eigenen RNA nutzt. Die von der Zelle frisch zusammengebauten<br />
Viren werden schliesslich freigesetzt und befallen weitere Zellen.<br />
Nach einigen Tagen sind Millionen von Zellen infiziert, denn nicht nur die Lunge,<br />
auch das Herz, die Nieren oder der Darm besitzen Rezeptoren, an denen<br />
die Viren andocken können. Um neue ‹Wirte› zu finden, verbreiten sich die Viren<br />
vor allem über Tröpfchen und Aerosole (winzig kleine Schwebeteilchen)<br />
und können so in die Lunge anderer Menschen gelangen. Schutzmasken können<br />
das Ansteckungsrisiko verringern, auch Abstandhalten und regelmässiges<br />
Lüften. Viren können auch auf Gegenständen überleben, deshalb ist gründliches<br />
Händewaschen von mindestens 20–30 Sekunden wichtig.<br />
BwieBasel ‹Basel und die <strong>Gesundheit</strong>› <strong>2020</strong> 17
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18 BwieBasel ‹Basel und die <strong>Gesundheit</strong>› <strong>2020</strong>
WISSEN<br />
Der Hirnschlag:<br />
Durchblutungsstörung im Gehirn<br />
Früher sprach man von einem ‹Schlag -<br />
anfall›, im Dialekt von einem ‹Schlegli›;<br />
heute verwendet man meistens den<br />
Begriff Hirnschlag. In der Schweiz erleidet<br />
alle 30 Minuten eine Person einen<br />
Hirnschlag. Das sind 16 000 betroffene<br />
Personen pro Jahr. Ein Fünftel<br />
stirbt, ein Drittel bleibt behindert.<br />
Viele Todesfälle oder schwere Folgeschäden<br />
können vermieden werden,<br />
wenn mehr Menschen die Symptome<br />
und das richtige Verhalten kennen<br />
würden. Die Schweizerische Herzstiftung<br />
macht regelmässig auf die Anzeichen<br />
und Folgen eines Hirnschlags<br />
aufmerksam und gibt auf dem Internet<br />
und mittels Broschüren gute Tipps<br />
(www.hirnschlag.ch).<br />
Was ist ein Hirnschlag?<br />
Zu einem Hirnschlag kommt es, wenn<br />
die Blutzufuhr in einem Bereich des<br />
Gehirns unterbrochen wird. Die Nervenzellen<br />
im betroffenen Abschnitt<br />
erhalten zu wenig oder gar keinen<br />
Sauerstoff und keine Nährstoffe mehr.<br />
Wenn die Blutversorgung nicht innerhalb<br />
weniger Minuten wieder hergestellt<br />
wird, werden diese Zellen geschädigt<br />
und gehen zugrunde. Weil<br />
sich die Gehirnzellen nicht erneuern<br />
können, bleiben viele Patienten nach<br />
einem Hirnschlag schwer behindert<br />
und sind nicht mehr in der Lage, ein<br />
selbständiges Leben zu führen.<br />
Man unterscheidet folgende Formen<br />
des Hirnschlags:<br />
Ischämischer Infarkt<br />
Ein Ischämischer Infarkt (ischämisch<br />
= ungenügend mit Blut versorgt) kann<br />
zwei Auslöser haben. Der eine ist,<br />
dass ein Blutgerinnsel die Blutzufuhr<br />
in einer Hirnarterie blockiert. Solche<br />
Blutgerinnsel bestehen eigentlich aus<br />
geronnenem Blut; wie bei einer Wunde<br />
schliessen sich die Blutplättchen<br />
zusammen und bilden einen Pfropfen.<br />
Blutgerinnsel entstehen hauptsächlich<br />
in Gefässen, die durch Ablagerungen<br />
verengt sind (Arteriosklerose). Die<br />
Hirnregionen hinter der verstopften<br />
Stelle werden nicht mehr oder nur noch<br />
schlecht durchblutet. Dieser Vorgang<br />
kann innerhalb weniger Minuten oder<br />
während einiger Stunden ablaufen.<br />
Die zweite Ursache für einen Ischämischen<br />
Infarkt kann eine Embolie<br />
sein. Diese entsteht häufig bei Herz -<br />
rhythmusstörungen, wodurch das Blut<br />
weniger gut aus dem Vorhof des Herzens<br />
ausgewaschen wird, verklumpen<br />
kann, mit dem Blut ins Hirn fliesst<br />
und ein Blutgefäss verschliesst.<br />
85% aller Hirnschläge entstehen durch<br />
einen Ischämischen Hirninfarkt.<br />
Hirnblutung<br />
Nur zu 10% ist eine Hirnblutung für<br />
einen Hirnschlag verantwortlich. Dabei<br />
platzt ein Gefäss im Gehirn (Aneu -<br />
rysma) und das Blut ergiesst sich ins<br />
Hirngewebe.<br />
Subarachnoidalblutung<br />
Bei 5% der Hirnschläge ist eine Subarachnoidalblutung<br />
die Ursache. Dabei<br />
platzt ein zum Hirn führendes Gefäss,<br />
und das Blut ergiesst sich in den mit<br />
Flüssigkeit gefüllten Raum zwischen<br />
äusserer und innerer Hirnhaut, nicht<br />
aber in das Gehirn selbst. Diese Blutungen<br />
werden oft durch sackförmige<br />
Ausweitungen der Arterienwände verursacht,<br />
die so genannten Aneurysmen.<br />
Risikofaktoren<br />
für einen Hirnschlag<br />
- Bluthochdruck (schädigt die Gefässe,<br />
führt zu Blutungen oder Gerinn seln)<br />
- Herzkrankheiten (Vorhofflimmern,<br />
Herzrhythmusstörungen)<br />
- zu hohe Blutfettwerte<br />
- ungesunde Ernährung<br />
- zu geringe körperliche Aktivität<br />
- Rauchen<br />
- Übergewicht<br />
- Schlaf-Apnoe-Syndrom<br />
Weitere Infos: www.hirnschlag.ch<br />
Thrombose: Ein Blutgerinnsel verstopft<br />
eine Arterie und unterbricht den Blutfluss<br />
Embolie: Von einem Blutgerinnsel löst<br />
sich ein Teil ab und verschliesst ein entfernteres,<br />
engeres Blutgefäss<br />
Aneurysma: Ein zum Hirn führendes<br />
Gefäss platzt, und das Blut ergiesst sich<br />
ins Hirn oder zwischen die Hirnhäute<br />
BwieBasel ‹Basel und die <strong>Gesundheit</strong>› <strong>2020</strong> 19
Wir betreuen Sie<br />
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Am Interdisziplinären Brustzentrum Rheinfelden erwartet Sie ein<br />
erfahrenes Team spezialisierter Frauenärzte, plastischer Chirurgen,<br />
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Dr. Maik Hauschild<br />
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Medizinisches Fachwissen, Verantwortung, Gewissenhaftigkeit<br />
und persönliche Zuwendung sind uns dabei besonders wichtig.<br />
Aufgrund der exzellenten Versorgungsqualität ist das Interdisziplinäre<br />
Brustzentrum Rheinfelden sowohl von der Krebsliga<br />
Schweiz als auch von der renommierten Deutschen Krebsgesellschaft<br />
als Brustkrebszentrum zertifiziert. Zudem wurde das<br />
Interdisziplinäre Brustzentrum Rheinfelden im Jahr 2019 in<br />
den Verein integrative-kliniken.ch aufgenommen.
PUBLIREPORTAGE<br />
‹COMBINE›: vom klinischen Alltag<br />
in die Forschung – und zurück<br />
An der Universitären Altersmedizin Felix Platter (UAFP)<br />
wurde im Mai 2019 ein Thinktank (eine Denkfabrik) für<br />
Forschung und Entwicklung gegründet. Ziel von COMBI-<br />
NE – ein Zusammenzug der Begriffe Cognition (Kognition<br />
= die Hirnleistungen betreffend), Mobility (Mobilität) und<br />
Nutrition (Ernährung) – ist es, Impulse aus dem Klinikalltag<br />
aufzunehmen und in konkreten Projekten zu erforschen.<br />
Je eine Arbeitsgruppe widmet sich den drei Themenbereichen<br />
des Programms; geleitet werden sie von Dr.<br />
med. Stephanie A. Bridenbaugh (Mobility), Dr. clin. nutr.<br />
Caroline Kiss (Nutrition) und Prof. Dr. phil. Andreas U.<br />
Monsch (Cognition) (siehe auch das Interview mit Prof.<br />
Monsch in der BwieBasel-Ausgabe ‹<strong>Gesundheit</strong>› 2019).<br />
Dabei arbeiten die drei Bereiche intensiv zusammen: Mitarbeitende<br />
aus Ärzteschaft, Pflege, Therapie und Hotellerie<br />
bringen Beobachtungen und Fragen aus dem klinischen<br />
Alltag ein, welche im Thinktank behandelt und erforscht<br />
werden. Die gewonnenen Erkenntnisse fliessen wieder in<br />
den Spitalalltag zurück. Dies betrifft die verschiedensten<br />
Bereiche wie Prävention, Frühdiagnostik, Behandlung,<br />
Therapie und Nachsorge. So können Forschung und Praxis<br />
kombiniert werden, und es entstehen interessante Dialoge<br />
und Diskussionen zwischen Mitarbeitenden aus den verschiedensten<br />
Fachbereichen.<br />
2019 wurden bereits zahlreiche Projekte ins Leben gerufen.<br />
So hat die Arbeitsgruppe ‹Cognition› sechs Projekte<br />
bestimmt, welche die Hirnleistung und Hirnleistungsstörungen<br />
in der UAFP präventiv, diagnostisch und therapeutisch<br />
optimieren und behandeln.<br />
Beim ‹kognitiven Buffet› werden die Patienten mit Fotokarten<br />
zu möglichen Aktivitäten inspiriert wie Schach<br />
spielen, eine neue Sprache lernen, Musizieren, Zeichnen,<br />
Vorlesen, Tanzen und anderes mehr.<br />
Beispielsweise wird das von der Memory Clinic entwickelte<br />
‹BrainCoach-Programm› durch die Ergotherapie des Spitals<br />
im ganzen Haus eingesetzt. Patienten, die mental (zu) wenig<br />
aktiv sind, werden motiviert, sich eine stimulierende Hirnaktivität<br />
auszusuchen, die ihnen Freude bereitet und die dann<br />
regelmässig in ihren Alltag eingebaut wird. Für Patienten,<br />
die keine Ideen haben, wurde ein ‹kognitives Buffet› geschaffen,<br />
das mit Fotokarten zu möglichen Aktivitäten inspirieren<br />
soll. Prof. Monsch: «Ein angenehm stimuliertes Gehirn<br />
ist viel eher in der Lage, länger gesund zu bleiben».<br />
Im Bereich Mobility wird seit einiger Zeit der gerontologische<br />
Testanzug ‹GERT› eingesetzt. Der Simulationsanzug<br />
macht – vor allem junge Mitarbeitende – darauf aufmerksam,<br />
wie ältere Menschen typische Einschränkungen erleben,<br />
wie beispielsweise der altersbedingte Gang und das<br />
veränderte Greifvermögen. Dies führte dazu, dass Mitarbeitende<br />
sich überlegt haben, was sie auf ihrer Station anpassen<br />
könnten, um die Herausforderungen für die Patienten kleiner<br />
zu machen.<br />
Im Bereich Ernährung wird unter anderem stark darauf geachtet,<br />
dass die Patienten auf eine ausreichende Menge an<br />
Proteinen kommen. Dazu wird – im Rahmen der Physiotherapie<br />
– auch Moltein eingesetzt, das den Muskelaufbau stimuliert.<br />
Dennoch leiden viele ältere Menschen unter Sarkopenie<br />
(Abbau von Muskelmasse). In einer Querschnittstudie<br />
wurden in der UAFP 305 hospitalisierte Patienten*innen<br />
untersucht; dabei prüfte man die Handkraft, die Muskelmasse<br />
und die Mobilität. Das Resultat war eindrücklich:<br />
rund 23 % der Untersuchten litten an Sarkopenie, verbunden<br />
mit geringem Waden um fang, tiefem BMI, einem Risiko<br />
für Fehlernährung und kognitiven Einschränkungen.<br />
Dank COMBINE können gesundheitliche Themen im Alter<br />
ganzheitlich angegangen werden, was für Patientinnen<br />
und Patienten zu Verbesserungen im Spitalalltag führt.<br />
BwieBasel ‹Basel und die <strong>Gesundheit</strong>› <strong>2020</strong> 21
PUBLIREPORTAGE<br />
Innovationen in der Demenzpflege<br />
– jetzt erst recht<br />
Menschen mit einer Demenz haben oftmals Schwierigkeiten,<br />
sich in der vertrauten Umgebung zurecht zu finden.<br />
Für sie selbst und ihre nächsten Angehörigen kann<br />
dies eine grosse Belastung bedeuten. Unterstützung ist<br />
deshalb gerade auch in der aktuellen gesundheitspolitischen<br />
Situation wichtig.<br />
Das dandelion, Pflegezentrum für demenzkranke Menschen,<br />
liegt ganz unscheinbar mitten im lebhaften Kleinbasel.<br />
Hinter den Mauern herrscht eine wohltuende Atmosphäre<br />
und es wird grosser Wert auf einen ganzheitlichen<br />
Umgang gelegt. Der Alltag im Pflegezentrum wird durch<br />
COVID-19 gerade gehörig auf den Kopf gestellt. Die Mitarbeitenden<br />
stehen dabei vor der Herausforderung, die ausserordentlichen<br />
Hygienemassnahmen und Regelungen in<br />
den intensiven Pflegealltag zu integrieren und zeitgleich<br />
den Bewohnenden Stabilität und Geborgenheit zu geben.<br />
Lebensqualität und Zuversicht<br />
in Zeiten der Pandemie<br />
Zurzeit stehen auch im dandelion die <strong>Gesundheit</strong> und die<br />
Sicherheit aller im Fokus. Nebst den gesundheitspolitischen<br />
Vorschriften geht das Zentrum aber noch einen Schritt weiter:<br />
So ist der Empfang neu während den gesamten Besuchszeiten<br />
besetzt. Eintreten darf nur, wer Fragen zur <strong>Gesundheit</strong><br />
beantwortet und sich die Temperatur mit einem<br />
hochmodernen Gerät messen lässt. Im Haus fallen die Masken<br />
bei den Mitarbeitenden auf: «Für Menschen mit Demenz<br />
sind Mimik und vertraute Gesichter enorm wichtig.<br />
Da sind wir momentan sehr gefordert», führt Henri Gassler,<br />
Zentrumsleiter des dandelion, aus. Aber trotz der enormen<br />
Belastung herrscht im Pflegezentrum gute Stimmung und<br />
es werden auch jetzt innovative Wege beschritten. So hat<br />
das dandelion moderne Hochleistungsluftreiniger angeschafft.<br />
Mit den Geräten lässt sich eine Infektion zwar nicht<br />
ausschliessen, aber eine Aerosolkonzentration von infektiösem<br />
Niveau wird verhindert: «Wir wollen die Krankheitswelle<br />
abschwächen, ohne unsere Bewohnerinnen und Bewohner,<br />
Angehörige sowie Mitarbeitende unnötig einzuschränken.<br />
Umsetzen können wir diese Massnahmen dank<br />
finanzieller Unterstützung des dandelion Fördervereins»,<br />
erzählt Henri Gassler.<br />
Eine lehrreiche Zeit<br />
Für die Mitarbeitenden ist es eine herausfordernde, aber<br />
auch lehrreiche Zeit. Lehrreich, da auch jetzt die Demenzpflege<br />
weitergedacht wird und sich alle auf die neue Normalität<br />
nach Corona vorbereiten. Bereits seit einigen Monaten<br />
setzt das Pflegezentrum erfolgreich Aromatherapie<br />
in der Pflege ein. Neue Wege zur Förderung und Aufrechterhaltung<br />
der Selbständigkeit in den eigenen vier Wänden<br />
sowie die Entlastung im Alltag kommen dazu. Das Team<br />
rund um den umtriebigen Zentrumsleiter arbeitet neue Betreuungsmöglichkeiten<br />
aus, die noch mehr auf die Bedürfnisse<br />
der Betroffenen sowie der Angehörigen zugeschnitten<br />
sind. So will das dandelion beispielsweise zukünftig eine<br />
stundenweise Betreuung, einen Mittagstisch und eine<br />
Notfallbetreuung anbieten. Auch soll ein Entlastungsaufenthalt<br />
bereits für wenige Tage möglich werden.<br />
Auf Abruf gut betreut<br />
Eine weitere Neuerung ist der Besuch des Fachpersonals<br />
bei den Betroffenen und deren Angehörigen zuhause. Sei<br />
es für ein unverbindliches Beratungsgespräch oder um den<br />
bevorstehenden Eintritt zu besprechen. Ganz in diesem<br />
Sinn plant das Pflegezentrum ab <strong>2021</strong> Betroffene zu Hause<br />
zu besuchen: «Das Bedürfnis nach Beratung und Pflege in<br />
den eigenen vier Wänden ist gross. Wir unterstützen die<br />
Menschen, damit sie so lange wie möglich zuhause wohnen<br />
bleiben können», erklärt Henri Gassler.<br />
Das dandelion denkt Demenzpflege auch in Zeiten der Krise<br />
weiter. Denn Demenz ist viel mehr als «ein bisschen<br />
vergesslich sein». Demenz ist einschneidend, komplex und<br />
zeigt sich bei jedem Menschen anders. Und genau da, bei<br />
den individuellen Bedürfnissen und Ansprüchen, setzt das<br />
dandelion an. Jetzt und in Zukunft.<br />
Weitere Informationen finden Sie unter<br />
www.dandelion-basel.ch<br />
22 BwieBasel ‹Basel und die <strong>Gesundheit</strong>› <strong>2020</strong>
PUBLIREPORTAGE<br />
Reisen während einer Pandemie<br />
Wer hätte vor einem Jahr gedacht, dass wir heute mitten in<br />
einer Pandemie stecken und damit leben müssen?<br />
Herr Bauer muss geschäftlich ins Ausland reisen. Der Abflug<br />
wird auf Freitagabend festgelegt. Die Behörden des<br />
Ziellandes klären Herrn Bauer über die Pflicht auf, dass er<br />
belegen muss, keine SARS-CoV-Viren in sich zu tragen.<br />
Als Nachweis dient ein Abstrich, der höchstens 72 Stunden<br />
alt sein darf.<br />
Herr Bauer ruft deshalb am Mittwochmorgen an, ob er<br />
zum Abstrich ins Ambulatorium des Labors kommen kann.<br />
«Selbstverständlich können Sie ohne Anmeldung tagsüber<br />
zu uns kommen» erklärt ihm die freundliche Assistentin am<br />
Telefon. «Das Resultat ist innert 24 Stunden verfügbar; es<br />
kann per E-Mail zugesendet oder abgeholt werden.»<br />
Herr Bauer kommt gegen Mittag ins Ambulatorium des<br />
Labors Rothen. Die diensthabende MPA nimmt einen tiefen<br />
Nasenabstrich, was bei Herrn Bauer ein Kitzeln in der<br />
Nase und eine Tränenreizung verursacht.<br />
Das Labor Rothen bietet seit 60 Jahren labormedizinische<br />
Diagnostik an. Auftraggeber sind Ärzte aus Praxis und Spital,<br />
welche die entsprechenden Analysen zur Unterstützung<br />
der Diagnose und für Verlaufskontrollen auswählen.<br />
Mit den Angeboten des ‹Wunschlabors› besteht die Möglichkeit,<br />
dass die Leute direkt im Ambulatorium vorstellig<br />
werden für Analysen, welche nicht direkt ärztlich verordnet<br />
sind. Ein typisches Beispiel dafür ist die geschilderte Reisevorbereitung<br />
von Herrn Bauer. Die Rechnungsstellung erfolgt<br />
in diesen Fällen direkt an die Kunden; eine Rückvergütung<br />
durch die Krankenkassen ist ausgeschlossen.<br />
Wie geht das Labor mit der speziellen<br />
Situation der Pandemie um?<br />
Dazu Dr. med. MSc Claude Rothen, Leiter des Labors:<br />
«Die Covid-19-Pandemie hat uns gelehrt, dass Voraussagen<br />
nicht möglich sind und es herausfordernd ist, sich gut<br />
auf eine derart ausserordentliche Situation vorzubereiten.<br />
Als uns Anfang Jahr die Berichte aus China erreichten, war<br />
eine unserer Sorgen die möglicherweise eingeschränkte Verfügbarkeit<br />
von Rohstoffen und Reagenzien. Dass bald darauf<br />
mit dem Lockdown praktisch keine wirtschaftliche Aktivität<br />
mehr möglich war, sah niemand voraus. Nun hat sich<br />
das Blatt gewendet und es besteht eine wachsende Nachfrage<br />
an Covid-19 Tests. Ein Covid-19 Test wird vom Bund<br />
empfohlen beim Auftreten von entsprechenden Symptomen<br />
und wird unter anderem bei verschiedenen Auslandreisen<br />
verlangt. Somit sind wir sehr gefordert im Bereitstellen der<br />
personellen und apparativen Ressourcen. Auch in dieser Situation<br />
ist die Voraussage der Entwicklung kaum möglich,<br />
was ein grosses unternehmerisches Risiko darstellt. Die<br />
Führung des Betriebes in der Krisensituation erfolgt nach<br />
anderen Mechanismen als bei Normalbetrieb: Viele Entscheide<br />
müssen jeweils schnell und direktiv gefällt werden.<br />
In einer Pandemie sind wir alle zuerst als Einzelpersonen<br />
betroffen. Zum Glück erhalten wir Vorgaben vom Bund und<br />
den Kantonen. Jede Person ist aufgefordert sich und seine<br />
Umwelt zu schützen.<br />
Auch als KMU tragen wir die Verantwortung für ein Sicherheitskonzept,<br />
welches uns die Arbeit ermöglicht und<br />
uns maximalen Schutz bietet. Für den Patientenkontakt bedeutet<br />
dies die konsequente Umsetzung der Schutzmass -<br />
nahmen. Handschuhe, Hygienemasken und Schutzkleidung<br />
gehören nun unumstösslich zum Arbeitsalltag. Und natürlich<br />
werden die selbstverständlichen Massnahmen der<br />
Oberflächen- und Händehygiene intensiv umgesetzt.»<br />
Der Covid-19 PCR-Test (Polymerase-Ketten-Reaktion)<br />
von Herrn Bauer konnte über Nacht durchgeführt werden,<br />
sodass das Resultat am Morgen vorlag. Herr Bauer wurde<br />
per E-Mail informiert; er hat seine Reise mit dem geforderten<br />
Dokument antreten können und damit alle Einreiseformalitäten<br />
erfüllt.<br />
Dr. Rothen ist sich bewusst: «Neben allen Herausforderungen<br />
welche die Pandemie Covid-19 uns stellt, ist es unsere<br />
Aufgabe, auch die ‹normale› Labordiagnostik und Betreuung<br />
der Patienten aufrecht zu erhalten. Gerade wenn die<br />
Aufmerksamkeit so stark auf ein besonderes Geschehen wie<br />
diese Pandemie gelenkt wird, müssen wir uns umso mehr<br />
darum bemühen. Das bedeutet für alle Beteiligten einen<br />
grossen Aufwand. Wir sind dankbar für das grosse Engagement,<br />
das wir in diesen Monaten erleben dürfen. Es stimmt<br />
uns trotz aller Unsicherheit und Ungewissheit zuversichtlich,<br />
dass wir die aktuelle Situation und zukünftigen Herausforderungen<br />
bestehen können.»<br />
Weitere Informationen unter:<br />
www.labor-rothen.ch oder Telefon 061 269 81 81<br />
BwieBasel ‹Basel und die <strong>Gesundheit</strong>› <strong>2020</strong> 23
PUBLIREPORTAGE<br />
Ahnenforschung kann mögliche<br />
Gen-Mutationen aufzeigen<br />
Was auf den ersten Blick etwas merkwürdig tönt, gewinnt<br />
in der Krebsforschung immer mehr an Bedeutung: der<br />
Stammbaum. Bei etwa 5–10 % aller Brustkrebserkrankungen<br />
und bei ca. 15–20 % aller Eierstockkrebserkrankungen<br />
besteht eine genetische Prädisposition. Diese kann durch<br />
Human-Genetiker eingegrenzt werden, indem man sich das<br />
verwandtschaftliche Umfeld eines Menschen ansieht, also<br />
dessen Stammbaum. Gab oder gibt es bei den Grosseltern,<br />
den Eltern, Onkeln und Tanten, Cousins und Cousinen, bei<br />
den eigenen Geschwistern Krebserkrankungen? Um welche<br />
Krebsarten handelte es sich? Hat eine Frau Kinder geboren,<br />
sich einer Hormon-Ersatztherapie unterzogen?<br />
Anhand dieser verschiedenen Faktoren kann das Risiko, an<br />
Brustkrebs zu erkranken, errechnet werden. Bei einer vorliegenden<br />
Brust- oder Eierstockkrebserkrankung kann die<br />
Wahrscheinlichkeit für das Auffinden einer Mutation bestimmt<br />
werden.<br />
Liegt das errechnete Risiko über 10 %, kann man spezielle<br />
genetische Tests durchführen, die von der Krankenkasse<br />
übernommen werden.<br />
Folgen einer Gen-Mutation<br />
«Das Risiko für eine Frau, an Brustkrebs zu erkranken, beträgt<br />
zwölf bis dreizehn Prozent. Hat jemand von seiner<br />
Mutter oder seinem Vater eine Gen-Mutation geerbt, kann<br />
das Risiko bis zu achtzig Prozent betragen, Brustkrebs zu<br />
bekommen», erklärt Dr. med. Stefanie Stirnberg, Fachärztin<br />
für Gynäkologie und Geburtshilfe und Oberärztin am<br />
Interdisziplinären Brustzentrum Rhein felden.<br />
Wird ein ‹Krebs-Gen›, eine BRCA1 oder BRCA2 Gen-<br />
Mutation, bei einer gesunden Frau entdeckt, heisst das<br />
nicht unbedingt, dass die Brüste entfernt werden müssen.<br />
Das hängt vom gesamten <strong>Gesundheit</strong>szustand ab, vom Lebensplan,<br />
von der Einstellung. Aber es ist äusserst wichtig,<br />
dass bei einer vorliegenden Mutation die Vorsorge zur<br />
Prävention von Brustkrebs ernst genommen wird, denn «zu<br />
der bereits bestehenden Veranlagung kommen im Lauf des<br />
Lebens weitere Faktoren hinzu: Umwelteinflüsse, der Lebensstil,<br />
die Ernährungsweise, der Alkoholkonsum und anderes<br />
mehr», ergänzt Dr. Stirnberg. «Für manche Mutationsträgerinnen<br />
stimmt auch die Entscheidung, sich prophylaktisch<br />
die Brüste entfernen und mit Implantaten oder<br />
Eigengewebe wieder aufbauen zu lassen, da sie dadurch<br />
ihr Risiko, im Laufe des Lebens an Brustkrebs zu erkranken,<br />
deutlich minimieren können (auf noch ca. 5 Prozent).<br />
Eierstockkrebs lässt sich nicht vorsorgen. Daher wird bei<br />
Mutationsträgerinnen nach abgeschlossener Familienplanung<br />
die prophylaktische Eileiter- und Eierstockentfernung<br />
empfohlen.»<br />
Beratung bei vorliegender Mutation<br />
Dr. Stirnberg berät Frauen, die eine Genmutation vererbt<br />
bekamen, an Brust- oder Eierstockkrebs erkrankt sind und<br />
sich im Interdisziplinären Brustzentrum behandeln lassen:<br />
«Die Herkunft einer Gen-Mutation ist das eine, doch die<br />
erkrankten Frauen müssen sich auch bewusst sein, dass sie<br />
eventuell ein solches Gen an ihre Kinder weitergegeben<br />
haben oder weitergeben könnten. Oder dass ihre eigenen<br />
Geschwister erkranken könnten, weil sie mög licherweise<br />
auch ein mutiertes Gen geerbt haben.»<br />
Dr. Stirn berg macht die Erfahrung, dass nicht alle Patientinnen<br />
ihre Angehörigen informieren möchten oder selbst<br />
nicht genau wissen wollen, wie hoch ihr Risiko für das<br />
Vorliegen einer Genmutation ist, selbst wenn sie bereits erkrankt<br />
sind: «Es ist eine Entscheidung, die nicht leicht fällt,<br />
denn einige Patientinnen entwickeln Schuldgefühle, dass<br />
sie ihren Kindern eine Genmutation weitergegeben haben,<br />
die sie möglicherweise krank macht. Andere wissen nach<br />
der Beratung, dass es ihren Kindern helfen kann, weil man<br />
die Vorsorge intensivieren und mögliche Krank heiten frü -<br />
her entdecken kann, wodurch die Heilungs chan cen grösser<br />
sind. Übrigens können natürlich auch Männer eine Gen-<br />
Mutation weitergeben.»<br />
Schon vor einem allfälligen Gentest steht im Interdiszipli -<br />
nären Brustzentrum Rheinfelden die Beratung im Vordergrund.<br />
Dr. Stirnberg erstellt mit Patientinnen, die an Krebs<br />
erkrankt sind, einen Stammbaum und versucht herauszufinden,<br />
ob Ange hö rige an Krebserkrankungen litten und ob<br />
möglicherweise eine Gen-Mutation die Ursache war. Besteht<br />
diese Möglichkeit, erklärt sie ihren Patientinnen, wie<br />
ein Gentest funktioniert, nimmt ihnen das Blut für den Test<br />
ab und bespricht mit ihnen nach dem Test die Resultate<br />
und die möglichen Konsequenzen.<br />
Nebst Dr. Stirnberg steht den erkrankten Frauen ein erfahrenes<br />
Team spezialisierter Frauenärzte, plastischer Chirurgen,<br />
Radiologen und Onkologen bereit, welche gemeinsam<br />
mit Fachspezialisten für Strahlentherapie, Humangenetik,<br />
Psychoonkologie und Komplementärmedizin eine ganzheitliche<br />
Diagnostik und Therapie bei Brusterkrankungen<br />
bieten.<br />
Interdisziplinäres Brustzentrum<br />
Spital Rheinfelden<br />
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(Sprechstunden nach Vereinbarung)<br />
24 BwieBasel ‹Basel und die <strong>Gesundheit</strong>› <strong>2020</strong>
WISSEN<br />
Veränderte, ergänzte, reduzierte,<br />
vertauschte oder gedrehte Gene<br />
Verändertes Gen<br />
Als Gen wird ein Abschnitt auf der<br />
DNA bezeichnet. Gene enthalten alle<br />
Grundinformationen, welche für die<br />
Entwicklung von Eigenschaften eines<br />
Individuums nötig sind. Vereinfacht gesagt,<br />
können Gene RNA herstellen, indem<br />
sie einen Abschnitt der DNA kopieren<br />
(siehe Kästchen). Dabei spielen<br />
Proteine eine grosse Rolle, denn sie<br />
übernehmen spezielle Funktionen, mit<br />
denen Merkmale (wie beispielsweise<br />
die Augen- oder Haarfarbe, die Körpergrösse<br />
– alle spezifischen Eigenschaften<br />
eines Lebewesens) bestimmt werden.<br />
Die gesamte Erbinformation einer<br />
Zelle wird Genom genannt.<br />
Die Definition, was ein Gen genau ist,<br />
hat sich ständig verändert. 2006 hiess es,<br />
ein Gen sei: «eine lokalisierbare Region<br />
genomischer DNA-Sequenz, die einer<br />
Erbeinheit entspricht und mit regulatorischen,<br />
transkribierten und/oder funktionellen<br />
Sequenzregionen assoziiert<br />
ist.» Aktuell lautet die Definition: ‹Ein<br />
Gen ist eine Vereinigung genomischer<br />
Sequenzen, die einen zusammenhängenden<br />
Satz von eventuell überlappenden<br />
funktionellen Produkten codieren›.<br />
Gene können sich verändern, sich<br />
selbst durch weitere Eigenschaften ergänzen<br />
oder reduzieren, sie können auch<br />
vertauscht oder ‹umgedreht› werden.<br />
Dies kann einen grossen Einfluss auf<br />
die Eigenschaften haben, die an Kinder<br />
weitergegeben werden. Wird beispielsweise<br />
ein Brustkrebs-Gen weitervererbt,<br />
steigt für die Nachkommen das Risiko,<br />
an Brustkrebs zu erkranken.<br />
Gerade diese Brustkrebs-Genmutationen<br />
sind recht gut erforscht, man kennt<br />
sie unter der Bezeichnung BRCA1 und<br />
BRCA2. Sie sind für die DNA-Reparatur<br />
zuständig. Wir erben sie jeweils zur<br />
Hälfte von Mutter und Vater; sie sind<br />
also doppelt vorhanden. Wenn bei einer<br />
Personen mit einer Mutation in einem<br />
geerbten Gen im Laufe des Lebens noch<br />
eine zweite BRCA1/2-Mutation hinzukommt,<br />
fallen beide Gene aus. Die Folge<br />
ist eine Einschränkung der Reparaturfähigkeit<br />
und damit eine Anreicherung<br />
von DNA-Schäden in den Zellen.<br />
Nicht verändertes Gen<br />
BRCA1- und BRCA2-Gene können mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% vom<br />
Vater wie auch von der Mutter weitervererbt werden. Das Risiko von 50% besteht<br />
für jedes Kind. Die Genveränderung selbst bewirkt noch keinen Krebs,<br />
sondern führt zu einem erhöhten Risiko, an Krebs zu erkranken.<br />
Was ist DNA und RNA?<br />
DNA (Desoxyribonukleinsäure) ist eine<br />
Nukleinsäure, die sich aus einer<br />
Kette von vielen Nukleotiden zusammensetzt.<br />
Diese Nukleotide sind sozusagen<br />
die Bausteine und bestehen<br />
aus einem Basen-, einem Zu cker- und<br />
einem Phosphat anteil. DNA ist normalerweise<br />
in Form einer Doppel he -<br />
lix aufgebaut (siehe Bild). DNA befindet<br />
sich – nebst verschiedenen Proteinen<br />
– in den Chromosomen; diese<br />
wie derum sind Bestand teile der Zellkerne.<br />
Auf der DNA sind die Gene<br />
codiert, das heisst, sie enthalten die<br />
Information für die Herstel lung der<br />
RNA (Ribonuklein säure).<br />
RNA enthält wiederum die Information<br />
für die biologische Entwicklung eines<br />
Lebewesens und den Stoffwech -<br />
sel in der Zelle. RNA-Moleküle können<br />
unterschiedliche Funktionen aus -<br />
üben: Sie können genetische Informationen<br />
übertragen, Gene regulieren,<br />
kopieren, teilen und anderes<br />
mehr.<br />
Es gibt Viren, deren genetische Information<br />
nicht als DNA, sondern in<br />
Form von RNA vorliegt. Wenn sie eine<br />
Zelle befallen, beginnt diese sofort<br />
mit der Produktion von Proteinen;<br />
dies ist beim Covid-19 Virus der Fall.<br />
BwieBasel ‹Basel und die <strong>Gesundheit</strong>› <strong>2020</strong> 25
PUBLIREPORTAGE<br />
30 Jahre Hirslanden Klinik Birshof<br />
«Together we care.»<br />
Im September 1991 gründeten vier<br />
chirurgisch tätige Oberärzte die<br />
Hirslanden Klinik Birshof. 30 Jahre<br />
später ist die Münchensteiner Klinik<br />
in der Region Nordwestschweiz ein<br />
Begriff für qualitativ hochstehende<br />
medizinische Leistungen im Bereich<br />
des Bewegungsapparates geworden.<br />
Zufriedene Patienten und das grosse<br />
Vertrauen der Bevölkerung sind der<br />
Lohn stetigen Strebens nach hochstehenden<br />
medizinischen Leistungen,<br />
modernster Infrastruktur und persönlicher<br />
und individueller Betreuung – die<br />
Hirslanden Klinik Birshof hat <strong>2021</strong>mit<br />
ihrem 30-jährigen Bestehen einen festen<br />
Platz in der regionalen Spitallandschaft.<br />
«Unser 30-jähriges Jubiläum steht unter<br />
dem Motto «Together we care».<br />
Gemein sam und abteilungsübergreifend<br />
stellen wir jederzeit unsere Pa tientinnen<br />
und Patienten in den Mittelpunkt unserer<br />
Tätigkeiten», so Beatriz Greuter,<br />
Direktorin Hirslanden Klinik Birshof.<br />
Beatriz Greuter<br />
Direktorin Hirslanden Klinik Birshof<br />
Vom familiären Betrieb<br />
zum Konzern<br />
Nach der Gründung 1991 wuchs die<br />
Praxis-Klinik rasch, und 2002 wurde<br />
ein Erweiterungsbau dringend nötig.<br />
Nach eingehenden Diskussionen unter<br />
den Gründerärzten wurde entschieden,<br />
die Klinik an die Hirslanden Gruppe<br />
zu verkaufen. Hirslanden trug die geplante<br />
Wachstumsstrategie mit, und es<br />
konnte rasch mehr Raum für Therapieangebote,<br />
Röntgen und Praxen geschaffen<br />
werden.<br />
Die Infrastruktur der Klinik wurde<br />
mit der Unterstützung der Privatklinikgruppe<br />
auch während den weiteren<br />
Jahren laufend angepasst: Patientenzimmer<br />
wurden renoviert, zusätzliche<br />
Operations-Räume erstellt und das radiologische<br />
Angebot erweitert.<br />
Vom Orthopädischen Notfallzentrum<br />
bis zur Therapie werden die Patientinnen<br />
und Patienten in der Klinik Birshof<br />
durch die Zusammenarbeit der<br />
verschiedenen Kompetenzzentren ganz -<br />
heitli ch betreut. Kurze Wege und<br />
der kontinuierliche Austausch der Ärzteschaft<br />
mit Pflegenden, Physio- und<br />
Ergotherapeuten sorgen für eine optimale<br />
Betreuung und einen sehr hohen<br />
Qualitätsstandard. Die Belegärztinnen<br />
und Belegärzte führen alle operativen<br />
Eingriffe und notwendigen stationären<br />
und ambulanten Behandlungen in der<br />
Klinik selber durch. Durch die beständige<br />
Betreuung durch den selbst gewählten<br />
Arzt fühlt sich der Patient sicher<br />
und gut aufgehoben.<br />
Ein Spital in der Region<br />
für die Region<br />
Während 30 Jahren ist die Hirslanden<br />
Klinik Birshof eine Klinik für die gesamte<br />
Bevölkerung geblieben. Unverändert<br />
können Patientinnen und Patienten<br />
mit jeglichem Versicherungsmodell<br />
(grundversichert, halb- oder privatversichert)<br />
von der medizinischen Versorgung<br />
profitieren. Und dies 24 Stunden<br />
und 7 Tage in der Woche. Der Klinik<br />
Birshof steht mit ihrem 30-jährigen Bestehen<br />
<strong>2021</strong> ein weiterer Meilenstein<br />
bevor. Leider lässt die Corona-Pandemie<br />
keine grossen Feier lich keiten und<br />
auch keinen Tag der offenen Tür für die<br />
Bevölkerung zu. Nichtsdestotrotz wird<br />
die Klinik mit ihren Mitarbeitenden das<br />
Jubiläum unter dem Motto ‹Together<br />
we care› feiern und die Gelegenheit<br />
wahrnehmen, allen für die langjährige<br />
Unterstützung zu danken.<br />
Die Hirslanden-Gruppe umfasst 17<br />
Kliniken in 10 Kantonen, viele davon<br />
mit einer Notfallstation. Sie betreibt<br />
zudem 4 ambulante Operationszentren,<br />
17 Radiologie- und 5 Ra -<br />
diotherapieinstitute. Hirslanden ist<br />
das grösste medizinische Netz werk<br />
der Schweiz.<br />
26 BwieBasel ‹Basel und die <strong>Gesundheit</strong>› <strong>2020</strong>
GESELLSCHAFT<br />
Dureschnufe – viele gute Tipps<br />
Wir stehen als Gesellschaft vor einer Situation, die wir nie<br />
üben konnten, und das macht uns unsicher. Es ist normal,<br />
dass wir darauf mit Ängsten und Sorgen reagieren. Der<br />
Verlust von Kontrolle über unseren Alltag kann uns aus<br />
dem Gleichgewicht bringen. Die <strong>Gesundheit</strong>sförderung<br />
Schweiz bietet auf der Website dureschnufe.ch viele gute<br />
Tipps, um die schwierigen Zeiten während der Corona-<br />
Pandemie zu bewältigen:<br />
1. Bleib aktiv<br />
Tanze durch die Wohnung bis Du ausser Atem bist.<br />
Übe dich im Seilspringen und mache Liegestützen im<br />
Gang bis du schwitzst. Trainiere dein Gehirn.<br />
Mach einen super Wohnungsputz: Wasche die Vorhänge,<br />
putze die Schubladen, miste die Küche aus.<br />
Jäte den Vorplatz oder die Pflanztöpfe auf dem Balkon.<br />
Mache Yogaübungen auf dem Balkon.<br />
Studien in Deutschland haben gezeigt, dass 48 % der an<br />
Depression leidenden Menschen während des Lockdowns<br />
ihre Tage im Bett verbrachten (Gesamtbevölkerung: 21 %)<br />
2. Beteilige dich<br />
Hilf einer älteren Person in der Nachbarschaft.<br />
Schicke regelmässig ein SMS an deine Eltern und/oder<br />
Geschwister und frage, wie es geht.<br />
Lies den Enkelkindern via Facetime eine Geschichte vor.<br />
Spiele ein Brett- oder Kartenspiel mit deiner Familie.<br />
Organisiere mit deinen Freunden einen virtuellen Buchclub<br />
und lest und diskutiert zusammen. Koche mit Kindern.<br />
3. Entdecke Neues<br />
Besuche online einen Kunstkurs<br />
Lerne Vogelstimmen kennen.<br />
Besuche das Musée d’Orsay virtuell.<br />
Ordne deine Fotos. Gestalte deine eigene Website.<br />
4. Sprich darüber<br />
Telefoniere regelmässig mit einem/r Freund/Freundin und<br />
rede darüber, was dich bewegt.<br />
Für Eltern und Paare: Organisiert einen regelmässigen<br />
Paar abend und redet, nur zu zweit.<br />
5. Hol dir Hilfe<br />
Telefoniere mit deiner jungen Nachbarin oder Nachbarn<br />
und bitte um einen Botengang<br />
Nimm Unterstützung an. Du hilfst damit anderen, sich<br />
nützlich zu fühlen.<br />
Informiere dich bei offiziellen Stellen (BAG),<br />
Tageszeitungen, staatlichen Medien.<br />
Kontaktiere die Dargebotene Hand, Tel Nr. 143;<br />
für Jugendliche Nr. 147<br />
6. Glaube an dich<br />
Schreibe jeden Tag in ein Tagebuch, was dich belastet und<br />
was dich freut.<br />
Schenke den schönen Momenten im Alltag mehr Aufmerksamkeit<br />
und verankere diese Momente: Mit einer kleinen<br />
Perle im linken Hosensack, welche du bei einem schönen<br />
Moment herausnimmst, dir diesen nochmals bewusst<br />
machst (gedanklich und gefühlsmässig), tief ein und ausatmest<br />
und die Perle dann in den rechten Hosensack steckst.<br />
Sei dankbar im Alltag.<br />
Mache eine Liste mit all deinen Ideen und Plänen, was du<br />
nach der ausserordentlichen Coronavirus-Lage tun willst.<br />
7. Halte Kontakt mit Freunden<br />
Organisiere einen online Jassabend.<br />
Schreibe jede Woche eine Postkarte an eine/n Bekannte/n.<br />
Lade deine Familie zu einem virtuellen Brunch ein.<br />
Verabrede dich mit der/dem Nachbar*in auf dem Balkon<br />
oder am Fenster zu einem Café und Geplauder.<br />
8. Entspanne dich bewusst<br />
Lausche am Morgen bewusst dem Gesang der Vögel.<br />
Versetze dich in deiner Vorstellung an deinen Lieblingsort.<br />
Höre Musik und schliesse die Augen.<br />
Schau dir einen lustigen Film an.<br />
Höre nur einmal pro Tag Nachrichten. Entdecke den Wald.<br />
Wickle dich in eine Decke und setze dich auf den Balkon,<br />
in den Park.<br />
9. Sei kreativ<br />
Mach ein digitales Album mit deinen letzten Ferienfotos.<br />
Kreiere deinen eigenen Risotto, deine spezielle Pastasauce.<br />
Stricke einen Schal mit Restenwolle. Häkle einzelne Teile<br />
einer gemeinsamen Decke für die Grosseltern.<br />
Stelle die Möbel in deinem Zimmer um.<br />
Mach einen Blog mit lustigen Geschichten.<br />
10. Steh zu dir<br />
Schreibe deine Gedanken auf: Was ist momentan gut für<br />
mich? Was nicht? Was kann ich selbst anpassen?<br />
Verzeih dir und deinem Gegenüber, wenn du häufiger gereizt<br />
reagierst.<br />
Setze dir Tagesziele, die du einhalten kannst.<br />
BwieBasel ‹Basel und die <strong>Gesundheit</strong>› <strong>2020</strong> 27
Lassen Sie<br />
sich helfen<br />
Wird die Angst zu gross? Dreht es zu heftig im Kopf?<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
28 BwieBasel ‹Basel und die <strong>Gesundheit</strong>› <strong>2020</strong>
WISSEN<br />
Von Lecksäften, Pulvern, Salben,<br />
Wickeln und Pflastern<br />
Bereits die Neandertaler verwendeten<br />
Heilpflanzen, wie aus einem Grab belegt<br />
ist, das vor rund 50 000 Jahren<br />
angelegt wurde. Die Ägypter setzten<br />
Pillen ein, die nach Lehrbuch die<br />
Grösse einer Erbse oder Bohne haben<br />
sollten.<br />
Sehr beliebt waren auch Lecksäfte; sie<br />
bestanden aus zerriebenen Arzneistoffen,<br />
die man mit Honig anrührte und<br />
den Patienten in einer Muschel verabreicht<br />
wurden. Bestandteile der Leck -<br />
säfte waren oft Maulbeersaft, Saft aus<br />
Nüssen oder Meerzwiebelsaft.<br />
Pulver wurden zur innerlichen und<br />
äusserlichen Anwendung sowie als<br />
Zahnpulver eingesetzt und halfen bei<br />
Hautkrankheiten oder bei Magen- und<br />
Unterleibserkrankungen.<br />
Der römische Gelehrte Plinius (23–79<br />
n.Chr.) schrieb, dass vor allem die Perser<br />
«eifrige Salbenbenutzer» waren. Ihre<br />
Salben bestanden aus Honig, Wasser,<br />
Milch, Wein, Ölen oder Fetten, wurden<br />
mit Wirkstoffen vermengt und an -<br />
schlies send auf die Haut aufgetragen.<br />
In Griechenland wurden häufig Pflaster<br />
und Umschläge verwendet, wäh -<br />
rend die Ägypter lieber Räucherungen<br />
einsetzten. Der byzantinische Arzt Pau -<br />
los von Aigina notierte um 640, dass<br />
«die Räucherung das Gehirn öffnet<br />
und dort Verstopfungen beseitigt».<br />
Viele griechische und römische Gelehrte<br />
verfassten Werke, in denen sie<br />
Pflanzen und deren Wirkungen detailliert<br />
beschrieben.<br />
Im Mittelalter entwickelte sich die<br />
Pflanzenkunde weiter; man übernahm<br />
das Wissen der arabischen Gelehrten<br />
und entdeckte neue Wirkstoffe wie<br />
Amber, Kampfer, Moschus, Muskat<br />
oder Sandelholz. Herausragend sind<br />
noch heute die Aufzeichnungen ‹Physica›<br />
der Hildegard von Bingen und<br />
‹De vegetabilibus› des deutschen Bischofs<br />
Albertus Magnus.<br />
Im 16. Jahrhundert kamen durch die<br />
Entdeckung Amerikas wieder neue<br />
Heilmittel nach Europa: Brechwurzel,<br />
Chinarinde, Curare und andere.<br />
Einfluss auf heutige Arzneien<br />
Viele unserer heutigen Medikamente<br />
basieren auf historischen Heilmethoden.<br />
1990 hatten 80 % der Medikamente<br />
ihren Ursprung in Naturstoffen,<br />
heute sind es nur noch 35%.<br />
Eines der bekanntesten Beispiele ist<br />
Aspirin, dessen Wirkstoff Acetylsalicylsäure<br />
gegen Kopfschmerzen, Entzündungen,<br />
Fieber oder Blutgerinnungsproblemen<br />
hilft. Die Vorläufersubstanz<br />
Salicil wurde bereits in der<br />
Antike gegen Schmerzen eingesetzt,<br />
sie kommt in der Rinde von Weiden<br />
vor und wurde als Aufguss eingenommen.<br />
Acetylsalicylsäure ist eine künst -<br />
lich modifizierte Version davon.<br />
Schwierig ist es, wenn eine Pflanze<br />
einen gewünschten Wirkstoff nur in<br />
geringen Mengen produziert. Der Wirk -<br />
stoff Taxol, der im weit verbreiteten<br />
Krebsmittel Paclitaxel enthalten ist,<br />
kommt nur in der Rinde der pazifischen<br />
Eibe vor; es müssten Hunderttausende<br />
der seltenen Bäume gefällt<br />
werden, um genügend Medikamente<br />
herstellen zu können. Dank der Biochemie<br />
kann man aus einem Vorläuferstoff<br />
des Taxols, der in den Nadeln<br />
der europäischen Eibe vorkommt,<br />
durch wenige chemische Reaktionen<br />
den benötigten Wirkstoff erzeugen.<br />
Die Wissenschaft durchforstet heute<br />
mittelalterliche Kräuterbücher und Re -<br />
zepte, um auf neue Wirkstoffe zu<br />
stos sen und diese auszuprobieren.<br />
Seite aus der ‹Historia naturalis› von<br />
Plinius d.Ä. aus dem 15. Jahrhundert<br />
Abbildung der Weide (Salix) aus dem<br />
‹Herbarius Moguntinus, 1484<br />
Narzisse und Nelke aus ‹The Tudor<br />
Pattern Book›, 1520–1530<br />
BwieBasel ‹Basel und die <strong>Gesundheit</strong>› <strong>2020</strong> 29
Wohnen<br />
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WISSEN<br />
Spannende Zahlen und Fakten<br />
Substanzen (Drogen, Medikamente) ausgelöste psychische<br />
Verhaltensstörungen mit 722 Fällen. Es folgten Schizophrenie<br />
und wahnhafte Störungen (514), neurotische, Belastungs-<br />
und somatoforme Störungen (313), Persönlichkeitsund<br />
Verhaltensstörungen (211) und Übrige (350).<br />
Im November <strong>2020</strong> erschient unter der Leitung von Dr. med.<br />
Peter Indra der ‹<strong>Gesundheit</strong>s-Versorgungsbericht Basel-<br />
Stadt›, der einige spannende Zahlen und Fakten beinhaltet. In<br />
seinem Vorwort schreibt der Autor: «<strong>Gesundheit</strong> war bereits<br />
vor der Coronakrise das wichtigste Gut der Menschen. Mit<br />
dem Einzug der COVID-19-Pandemie rückte aber ein<br />
Aspekt in den Vordergrund, der in den letzten Jahren im<br />
Empfinden und in den Diskussionen um Kosten und Versorgung<br />
etwas in den Hintergrund getreten ist; nämlich dass<br />
<strong>Gesundheit</strong> zuallererst bedeutet, nicht krank zu sein. (…)<br />
Wir wissen, dass wir unser <strong>Gesundheit</strong>ssystem vermehrt<br />
darauf ausrichten müssen, flexibel und zukunftsfähig zu<br />
bleiben, damit wir solche Herausforderungen meistern können!<br />
Die Stichworte dazu heissen ‹Vorhalteleistungen› und<br />
‹Fähigkeit zur Adaption›. Der vorliegende Bericht stellt dazu<br />
eine wichtige Grundlage dar.»<br />
Spitäler in Basel-Stadt<br />
Im Jahr 2019 beschäftigten die Spitäler der Region 10340<br />
Personen (Vollzeitstellen), welche 81791 Fälle (4178 Unfälle)<br />
behandelten, was 739 699 Pflegetage ausmachte.<br />
53% der Patienten waren in Basel-Stadt wohnhaft.<br />
89% der Patienten wählen für einen stationären Spitalaufenthalt<br />
ein Spital im Kanton.<br />
Von den im Kanton Basel-Stadt stationär behandelten Fällen<br />
entfielen 2019 mehr als die Hälfte (43 587) auf ausserkantonale<br />
und ausländische Patienten, womit sich dieser<br />
Anteil im Vergleich zum Vorjahr um rund 2% erhöht hat.<br />
Deutlich mehr als die Hälfte aller ausserkantonalen Patienten<br />
kommt mit 60% (unverändert gegenüber dem Vorjahr)<br />
aus dem Kanton Basel-Landschaft, gefolgt von den Nordwestschweizer<br />
Kantonen Aargau und Solothurn mit einem<br />
Anteil von insgesamt rund 19% (+1%). Die übrigen zugewanderten<br />
Fälle entfallen mit 11% (unverändert) auf die<br />
restliche Schweiz und mit 10% auf das Ausland (−1%).<br />
In den inner- und ausserkantonalen psychiatrischen Kliniken<br />
wurden 2018 (2019 noch nicht verfügbar) insgesamt<br />
3009 baselstädtische Patienten stationär behandelt.<br />
Die häufigsten Krankheiten waren affektive Störungen<br />
(Depression, Manie) mit 899 Fällen und durch psychotrope<br />
Pflegeheime Basel Stadt<br />
2019 wurden in den 39 baselstädtischen Pflegeheimen insgesamt<br />
3106 Pflegeplätze angeboten; die Auslastung betrug<br />
95,9 %. Für die Pensions-, Betreuungs- und Pflegekosten<br />
wurden insgesamt Fr. 347 234580.– verrechnet.<br />
Zwei eindrückliche Zahlen<br />
45.50 beträgt der Taxanteil des Gastes für einen Tag in einer<br />
allgemeinen Tagesstruktur für Betagte in Basel-Stadt.<br />
Der Rest der gesamten Tagestaxe von 150 Franken wird<br />
durch den Kanton und durch die Krankenkasse finanziert.<br />
Rund 80% der Schweizer <strong>Gesundheit</strong>skosten gehen auf<br />
chronisch und mehrfach erkrankte Personen zurück.<br />
Autoren, Text- und Bildnachweis:<br />
Textquellen<br />
Michael Shire, Walter Homolka, Andreas Nachama, Jonah Sievers (Hrsg.):<br />
Die Pessach Haggada. Hebräisch/Deutsch mit Transliteration. Hentrich &<br />
Hentrich Verlag, Berlin 2013<br />
Felix Traumann: Anthrax heute, Tages-Anzeiger, 10.05.2017<br />
Christiane Widmer, ‹Vom Steinzeitbandwurm über die Pest bis zur Cholera›<br />
und ‹Tanz mit dem Tod›, BwieBasel Edition 02, Basel und der Tod, Spalentor<br />
Verlag AG, Basel, 2017<br />
Janik Mutter: Medizin aus dem Mittelalter kann besser wirken als modern<br />
hergestellte Substanzen. Higgs, 10.08.<strong>2020</strong><br />
Statistisches Amt Basel-Stadt, Bundesamt für Statistik Bern<br />
<strong>Gesundheit</strong>sdepartement Basel-Stadt<br />
Krebsliga Beider Basel<br />
Abbildungen<br />
05: o: Haggada aus Morava, 1720<br />
r: Schwarm der Wanderheuschrecke (Acrididae), 1884. Brehms Thierleben.<br />
Allgemeine Kunde des Thierreichs, 9. Band, 4. Abtheilung: Wirbellose<br />
Thiere, 2. Band: Die Niederen Thiere. Leipzig: Verlag des Bibliographischen<br />
Instituts, 1887<br />
11: Wolf 1876, aus Eugen A. Meier, Basel in der guten alten Zeit, Birkhäuser<br />
Verlag, 1972<br />
19: © Schweizerische Herzstiftung: Hirnschlag vorbeugen – Anzeichen<br />
erkennen, Juni 2016<br />
29: Biblioteca Medicea Laurenziana, Plut. 82.4, fol. 3r., Florenz<br />
Alle übrigen Fotos, Bilder und Illustrationen: Christian Lienhard<br />
Alle übrigen redaktionellen Texte: Christiane Widmer<br />
Redaktionelle Mitarbeit: Ruth Canova<br />
Herausgeber, Redaktion und Gesamtherstellung<br />
Spalentor Verlag AG, Rebgasse 19, 4058 Basel<br />
Mit Informationen aus dem <strong>Gesundheit</strong>sdepartement Basel-Stadt;<br />
Ausgabe Dezember <strong>2020</strong>/Januar <strong>2021</strong><br />
Copyright<br />
Die Wiedergabe von Artikeln und Bildern ist nur mit ausdrücklicher Genehmigung<br />
der Redaktion gestattet. © Spalentor Verlag, <strong>2020</strong><br />
BwieBasel ‹Basel und die <strong>Gesundheit</strong>› <strong>2020</strong> 31
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www.biderundtanner.ch<br />
32 BwieBasel ‹Basel und die <strong>Gesundheit</strong>› <strong>2020</strong>