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MEDIAkompakt Ausgabe 29

Die Zeitung des Studiengangs Mediapublishing an der Hochschule der Medien Stuttgart - www.mediapublishing.org

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26 SOLVED

mediakompakt

Bild: Eric Barth

Wie gut ist günstig?

Fleisch – das gehört dazu. Zumindest für die meisten Menschen.

Im Schnitt isst jeder Deutsche etwa 60 Kilogramm davon im Jahr.

Das Ganze ist dabei längst kein Luxus mehr, denn Fleisch ist

günstig, vielleicht zu günstig. Aber warum ist das so und weshalb

ist das ein Problem?

VON ERIC BARTH

Neunzig Prozent der Schweine kommen

heute nicht von kleinen, regionalen

Bauernhöfen, sondern aus

industriellen Mastfabriken – Stichwort

Massentierhaltung. Die Massentierhaltung

hat viele Namen, wird auch als industrielle,

intensive oder konventionelle Tierhaltung

bezeichnet. Man spricht davon, wenn viele

Tiere einer Art auf engem Raum gehalten werden,

mit dem Ziel, möglichst viele tierische Produkte

zu möglichst geringen Kosten herzustellen.

Viele Tiere zu halten, ist zunächst nicht

zwangsläufig etwas Schlechtes. Die großen Mengen

und die Automatisierung, die solche Betriebe

ausmachen, ergeben den großen Vorteil, den wir

alle im Supermarkt spüren: ein Kilogramm

Schweinekotelett kostet im Durchschnitt nur etwa

6,32 Euro.

Auf der anderen Seite lassen sich die Nachteile

an der Kühltheke nicht so einfach erkennen wie

das Preisschild. Ein kurzer Blick auf drei davon soll

auch die oft unsichtbare Seite der Massentierhaltung

offenlegen.

Zunächst wäre da das „Tierwohl“. Ein Begriff,

der immer wieder auftaucht, wenn es um die

Nutztierhaltung geht. Betrachtet man Lebensqualität

und Wohlergehen der Schweine, Rinder oder

Hühner, sind die Bedingungen allerdings längst

nicht ideal. Laut Gesetz reicht einem Huhn die

Fläche von einem DIN-A4-Blatt, für ein Schwein

weniger als ein Quadratmeter. Auslauf ist nicht

üblich. Häufig sehen die Tiere nie die Sonne.

Damit die frustrierten und gelangweilten

Schweine sich nicht gegenseitig blutig beißen und

verletzen, wird ihnen in vielen Fällen vorsorglich

der Schwanz abgeschnitten – eine Praxis, die eigentlich

verboten ist. Alles ist der Wirtschaftlichkeit

unterworfen, auch die Reproduktion der Tiere

ist komplett optimiert. Durch künstliche Befruchtung

und einen routinemäßigen Einsatz von Hormonen

wird das Maximum aus jeder Sau herausgeholt.

Das geht drei Jahre lang, danach sind die

Tiere ausgelaugt. Die Ferkel werden dann innerhalb

von acht Monaten auf 120 Kilogramm gemästet

und geschlachtet. Mit Natur hat das nicht

viel zu tun.

Dieser optimierte Prozess kann nur durch große

Mengen eiweißhaltigen Futters am Laufen gehalten

werden. Ein Drittel des weltweit produzierten

Getreides wird für die industrielle Tierhaltung

benötigt. Dieser Futterbedarf stellt ein zweites

Problem dar, besonders Soja spielt dabei eine

wichtige Rolle. 70 bis 75 Prozent der weltweiten

Sojaernte landet in Futtertrögen, die Hälfte davon

stammt aus Südamerika.

Es könnten deutlich mehr Menschen ernährt

werden, wenn das Getreide nicht erst den Umweg

über die Fleischproduktion nehmen würde, aber

das Hauptproblem sind die Umweltschäden. Neben

langen Transportwegen ist besonders der Anbau

von Soja in riesigen Monokulturen, denen Regenwälder

und Grasland zum Opfer fallen, problematisch.

Diese Abholzung bedroht das Weltklima

und die Artenvielfalt.

Haben die Tiere das Futter verdaut, müssen sie

es auch wieder ausscheiden, was zum nächsten

Problem führt: Gülle. 300 Milliarden Liter – so viel

fällt in Deutschland jährlich an. Was in Maßen

ein guter Dünger ist, belastet die Böden und das

Grundwasser in Massen allerdings stark. Weil

Mastbetrieben häufig die Fläche für die Gülle

fehlt, sind viele Felder überdüngt und die Böden

können nicht alle Nährstoffe aufnehmen. In der

Folge steigt der Nitratgehalt des Grundwassers an.

Durch Überschreitung der Grenzwerte an vielen

Messstellen verstößt Deutschland seit Jahren gegen

EU-Vorgaben. Wasserversorger stellen zwar

sicher, dass Trinkwasser fast überall unbelastet

bleibt, doch dafür zahlen die Verbraucher: die

Grundwasserpreise steigen.

Günstige Preise gibt es nicht geschenkt. Ob

man Fleisch isst oder nicht, kann jeder selbst entscheiden.

Zu wissen, welche Auswirkungen die

Fleischproduktion hat, kann allerdings helfen, bewusster

zu konsumieren.

Mehr Infos unter:

www.bund.net/massentierhaltung

www.boell.de/fleischatlas

www.nabu.de

www.initiative-tierwohl.de

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