Februar 2021 Nr. 138/1
Informationsblatt für die Region Wilder Kaiser / Söllandl
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34 Ellmau · Going · Scheffau · Söll 02 | <strong>2021</strong><br />
Foto: Günter Kohl<br />
Senior-Schafzüchter Hermann Innerbichler mit Sohn Thomas (links hinten) und Enkel Lukas.<br />
Hermann und Arno Innerbichler –<br />
Schafzüchter aus Leidenschaft<br />
Alles fing damit an, dass<br />
Hermann es liebte, mit seinem<br />
Vater in den Ziegenstall zu<br />
gehen.<br />
„Der Vater hat Ziegen gezüchtet.<br />
Als 9-Jähriger hab ich schon in der<br />
Früh die Goaß‘ g‘molken und bin<br />
danach in die Schul gangen. Gar so<br />
gern hat die Lehrerin des nit<br />
mögen, ma hots schon g’schmeckt“,<br />
schmunzelt Hermann in Erinnerung<br />
an die Volksschulzeit. Die<br />
Schule war sein Ding nicht – der<br />
mangelnde Eifer führte zu einer<br />
Verlängerung der Schuljahre.<br />
Hermann war schon immer ein Freigeist<br />
mit vielen Ideen und ungewöhnlichen<br />
Hobbys. Bei einer Tasse<br />
Filterkaffee erzählen Hermann und<br />
sein Sohn Arno von ihren Erfahrungen<br />
als Schafzüchter und sonstigen<br />
Hobbys.<br />
Ziegen als Spielgefährten<br />
Statt sonstiger Lausbubenstreiche<br />
– solche kamen später – führte<br />
Hermann die beiden Ziegen des<br />
Vaters in den Wald, ging mit ihnen<br />
spazieren. Nach und nach übernahm<br />
er die Kleintierhaltung vom<br />
Vater, wechselte von Ziegen auf<br />
Schafe. „Aufs Meiste hab ich 30<br />
Stück Schafe g‘habt“, erzählt er.<br />
Jetzt sind die Schafe gut untergebracht<br />
in einem Stall auf der Pachtwiese<br />
seines Cousins Willi Gurtner.<br />
Vorher gab es verschiedene Unterstände<br />
und Pachtwiesen. Beispielsweise<br />
beim Koglerbauer, oder auf<br />
der Wildalm bei Aurach. Sieben<br />
Jahre hatten die Schafe ihre<br />
Sommerweide hoch über Ellmau,<br />
am Treichlhof und waren dort bis<br />
zum Abbruch der Hofstelle untergebracht.<br />
Als Mitglied des Schafzuchtverbandes<br />
erfährt man, wo es<br />
Almweiden gibt. So kamen seine<br />
Schafe auch ins Ziller- und Sellraintal,<br />
auf die Gruttenhütte oder<br />
auf die Ginzen-Ranggen-Alm bei<br />
Griesenau auf Sommerfrische. „Pro<br />
Schaf hat man früher 100 Schilling<br />
bezahlt“, erinnert sich Hermann an<br />
den damit verbundenen Handel<br />
mit den Almbauern. Jeden Sonntag<br />
ist er auf die Alm gefahren, um<br />
nachzuschauen, wie es den Schafen<br />
geht.<br />
Ein Hobby, nicht mehr<br />
Bevor Hermann schließlich bei der<br />
Schafzucht blieb, probierte er es<br />
mit Schweinen und Kühen sowie<br />
kurzzeitig ein Paar Zuchthasen. Wer<br />
meint, es wäre damit gutes Geld zu<br />
machen, wird ernüchtert. „Es is a<br />
Hobby in der Größenordnung,<br />
mehr nit.“ Darin sind sich Vater und<br />
Sohn einig. Ein mitunter zeitaufwändiges<br />
Hobby. Das Füttern und<br />
Ausmisten in der Früh und am<br />
Abend ist eine Sache. Dazu kommt<br />
noch das nächtliche „passen“ wenn<br />
sich Nachwuchs ankündigt.<br />
Ablammen ohne Hilfe geht nicht<br />
immer gut aus. „Stundenlang passt<br />
im Stall in der Nacht und trotzdem<br />
kann es passieren, dass das Lambl<br />
tot auf die Welt kommt.“ Wenn alles<br />
gut geht, lässt sich ein bis zu sechs<br />
Monate altes Lamm gut verkaufen.<br />
Den größten Zuchterfolg hatten<br />
die beiden Schafzüchter mit einem<br />
einjährigen Widder, der seinerzeit<br />
um 3.500 Euro verkauft wurde.<br />
Freude über einen Stockerlplatz<br />
Über einen zweiten Platz bei der<br />
Zuchtausstellung in Söll konnte<br />
sich Hermann 1984 freuen. Die<br />
1980er Jahre waren für ihn eine<br />
sehr aktive Zeit. Hermann und<br />
seine Schafe waren eine Attraktion<br />
bei Almabtrieben, Bauern- und<br />
Weihnachtsmärkten. Wenn der<br />
urige Schafbauer seine Herde<br />
durch das Dorf trieb, waren alle<br />
Augen und viele Kameras auf ihn<br />
gerichtet.<br />
Hobby Teufelsgeige<br />
Aufsehen erregte der bärtige<br />
Naturbursch aber auch mit einem<br />
anderen Hobby, nämlich wenn er<br />
bei verschiedenen Geselligkeiten<br />
in- und außerhalb der Familie die<br />
Teufelsgeige spielte. So manchen<br />
Auftritt der „Ursprung Buam“<br />
begleitete er mit diesem Lärm- und<br />
Rhythmusinstrument. Hierzulande<br />
bekannt seit dem 17. Jahrhundert,<br />
beliebt bei Faschingsumzügen –<br />
selbstgebaut, versteht sich. Die<br />
Gaudi bescherte ihm eine gemeinsame<br />
einwöchige Schiffsreise mit<br />
Gattin Gitti und den „Ursprung<br />
Buam“, an die er gerne zurückdenkt.<br />
Bei Geburtstagen in der<br />
Familie spielt Hermann die Teufelsgeige<br />
heute noch „do tuat ma nix<br />
mehr weh“ meint er verschmitzt.<br />
Und dann wäre noch etwas:<br />
Hermann liebt Faschingsverkleidung.<br />
Für seine Phantasiekostüme<br />
holte er sich jahrelang bei den<br />
Faschingsbällen in Brixen den<br />
ersten Preis. Siegverdächtig war der<br />
junge Schafzüchter mit seinen<br />
Freunden auch beim Hornschlittenrennen,<br />
wo er alles gab – auch beim<br />
Feiern nach dem Rennen. Zum<br />
Glück für die Schafe sprang da<br />
Foto: Privat