LE-1-2021
LOGISTIK express Ausgabe 1/2021
LOGISTIK express Ausgabe 1/2021
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LOGISTIK express<br />
Ausgabe 1/<strong>2021</strong><br />
„PERSPEKTIVEN IN DER KRISE“<br />
Im Gespräch: Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will<br />
mit Gerhard Drexel, Vorstand der Spar AG. [Seite 34]<br />
Mehr auf logistik-express.com
LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong>|S2<br />
WERBEFENSTER<br />
U2
POLITIK WIRTSCHAFT 06<br />
RETAIL ECOMMERCE 12<br />
INTRALOGISTIK 44<br />
TRANSPORTLOGISTIK 54<br />
HALLO MEINUNG 78
LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S4<br />
Die Welt der<br />
nachhaltigen<br />
Logistik<br />
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m.jaklitsch@logistik-express.at
INHALT / EDITORIAL / IMPRESSUM<br />
INHALT 1/<strong>2021</strong><br />
02 Werbefenster<br />
05 Inhalt / Editorial<br />
06 Jetzt ist guter Rat so richtig teuer<br />
08 Das Versagen der Politik!<br />
12 Einzelhandelsbilanz im Corona-Jahr 2020<br />
14 Jeder fünfte Euro im Non-Food Handel wird online ausgegeben<br />
18 Auswirkungen des Coronavirus auf den Ecommerce in 2020<br />
22 E-Commerce: Ende von Abgabenhinterziehung und illegalem Handel<br />
26 Wer hätte das gedacht? E-Commerce ist doch nicht so böse<br />
30 Internationaler E-Commerce: Stolperfalle Brexit<br />
32 Mercosur-Abkommen mit starkem Gegenwind<br />
34 Corona lässt Regionalität und Bio im Lebensmittelhandel boomen<br />
38 Amazon: US-Gigant als Segen und Fluch<br />
44 China nach Covid-19: Pandemie verändert Logistikprozesse<br />
47 Logistikreise für den eCommerce und Omnichannel-Handel<br />
48 Reesink Logistic Solutions expandiert nach Polen und Österreich<br />
50 Dematic automatisiert Ersatzteillager von Röthlein Logistik<br />
54 Von digital bis nachhaltig. Die sechs wichtigsten Logistiktrends <strong>2021</strong><br />
56 <strong>2021</strong> – European Year of Rail<br />
58 Nasse Logistik: Eine Rückschau auf das Corona-Jahr 2020<br />
64 Brexit: Die Krux mit dem Ursprung<br />
66 Brexit-Deal: Was ändert sich für Logistikunternehmen?<br />
68 Corona-Pandemie: Fragen, die sich Logistikkunden stellen<br />
70 BMW Group eröffnet neuen Campus<br />
72 VDE stellt Studie Mobilität, Logistik und Energie 2030 vor<br />
74 Automotive: Überlagerter Wandel<br />
76 Verhandlung: Ich will sehen<br />
78 Wer sich in Gefahr begibt…<br />
82 Risiken & Nebenwirkungen garantiert<br />
87 Werbefenster<br />
1/<strong>2021</strong><br />
Wir leben in bewegten Zeiten,<br />
die Welt ist im Umbruch<br />
und es fühlt sich so an, als<br />
wären wir in einer Lockdown<br />
Schleife. Und nicht auszudenken,<br />
welch wirtschaftlichen,<br />
als auch gesellschaftlichen<br />
Nachwehen uns die<br />
Corona Zeit bescheren wird.<br />
Doch machen wir weiter und<br />
geben täglich unser Bestes.<br />
Achten auch weiterhin auf<br />
den Umgang miteinander<br />
sowie auf unsere Kinder und<br />
Eltern. Last but not least auf<br />
unsere Grundrechte, wie die<br />
Meinungsfreit. Bleiben Sie<br />
gesund und viel Freude mit<br />
unserer umfangreichen und<br />
informativen LOGISTIK express<br />
Ausgabe 1/<strong>2021</strong>. Infos<br />
zu unseren Leistungen und<br />
Services beziehen Sie aus<br />
erster Quelle über mich.<br />
IMPRESSUM:<br />
Inhaber & Herausgeber:<br />
Markus Jaklitsch<br />
Redaktion: Angelika Gabor,<br />
Peter Baumgartner, Ursula<br />
Schmeling, Dirk Ruppik<br />
Fotos: Getty Images<br />
istockphoto.com<br />
LOGISTIK express /<br />
MJR Media World<br />
Markus Jaklitsch<br />
Hameaustraße 44<br />
1190 Wien, Austria<br />
T: +43 (0)676 7035206<br />
E: info@logistik-express.at<br />
www.logistik-express.com
LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S6<br />
Jetzt ist guter Rat so richtig teuer<br />
Aufsperren, zulassen, testen, impfen, Homeschooling, Präsenzunterricht… was<br />
würde man jetzt für eine funktionierende Glaskugel geben. Rohstoffpreise steigen<br />
ebenso wie die Verzweiflung im Lande. Ein Grundpfeiler der Wirtschaft ist Planbarkeit,<br />
und der wurde gerade in einem Frontalcrash zu Fall gebracht.<br />
REDAKTION: ANGELIKA GABOR<br />
Nachweis einer Erkrankung zu Beginn noch<br />
recht hochpreisig (ca 150 Euro), so sollen diese<br />
nun flächendeckend kostenlos eingesetzt<br />
werden: für Gastronomie und Hotellerie.<br />
ANGELIKA GABOR<br />
REDAKTION<br />
LOGISTIK EXPRESS<br />
Nach rund einem Jahr hängt mir<br />
das Thema Corona schon zum<br />
Halse raus, und da bin ich sicher<br />
nicht alleine. Das Traurige ist: so<br />
optimistisch Regierung, manche Experten<br />
und Bevölkerung sich noch zu Beginn der<br />
leidigen Pandemie hinsichtlich der Bewältigung<br />
zeigten – Covid-19 wird uns noch länger<br />
begleiten. Geht es nach Forschern der<br />
US-Universitäten Emory (Atlanta) und Pennsylvania,<br />
werden die auslösenden SARS-<br />
CoV-2 Viren uns gar nicht mehr verlassen.<br />
Wie sie in einer Publikation im Science-Magazin<br />
veröffentlichten, lassen ihre Untersuchungen<br />
den Schluss zu, dass sich das Virus<br />
zu den vier weltweit endemisch zirkulierenden<br />
anderen Coronavirus-Stämmen gesellen<br />
wird. Das bedeutet: in manchen Regionen<br />
wird es immer wieder auftreten, in anderen<br />
weniger. Insgesamt aber nicht schlimmer als<br />
eine Grippe (wie es manche von Anfang<br />
an behauptet haben). Als Zeitrahmen gehen<br />
die Forscher von ein paar Jahrzehnten<br />
aus, bis es soweit ist. Geht es mit den Maßnahmen<br />
weiter wie bisher, haben wir bis dahin<br />
einen Bürgerkrieg hinter uns. Warten ist<br />
also keine Option. Bleibt noch das Testen.<br />
Laut Bundeskanzler Sebastian Kurz befindet<br />
sich Österreich auf dem Weg hin zum „Testweltmeister“.<br />
Waren die Gurgeltests zum<br />
Also erst ein Schluck Salzwasser, ehe man<br />
dann was zu Schlucken bekommt? Was bei<br />
Friseuren und Masseuren gewirkt hat, soll<br />
weitere Öffnungsschritte ermöglichen. Der<br />
Ruf nach dem Aufsperren des Lieblingswirtes<br />
wurde immer lauter, umso erstaunlicher<br />
ein Detail, das dieser Tage ans Licht kam: die<br />
Gastronomie hätte bereits öffnen können,<br />
wären die Branchenvertreter einverstanden<br />
gewesen, ihre Gäste auf negative Coronatestergebnisse<br />
zu kontrollieren! Im Gegensatz<br />
zu den körpernahen Dienstleistern, die bereits<br />
fleißig dazu beitragen, das gepflegte Erscheinungsbild<br />
der Einwohner wiederherzustellen,<br />
haben Hotellerie und Gastronomie diese verweigert.<br />
Bitte diese Tatsache auf der Zunge<br />
zergehen zu lassen: die Gasthäuser könnten<br />
schon längst wieder offen haben!<br />
Eine kurze Umfrage unter betroffenen Gastronomen<br />
hat übrigens gezeigt, dass keiner<br />
etwas davon wusste und alle gerne bereit<br />
gewesen wären, diese Bedingungen einzuhalten.<br />
Wie dem auch sei, nun kommt Bewegung<br />
in die Sache. Ab Mitte März schon<br />
möchte die Wiener Wirtschaftskammer flächendeckende<br />
PCR-Gurgeltests quasi als<br />
Eintrittskarte für Hotels und Gastronomie<br />
durchführen. Das Freitesten wird grob geschätzt<br />
200 Mio. Euro kosten. Hey, was soll’s,<br />
bei dem Schuldenberg, den wir gerade anhäufen,<br />
ist das auch schon egal.<br />
Mit Pauken und Trompeten<br />
Vollmundig und enthusiastisch wurde es angekündigt<br />
und gelauncht: das „Kaufhaus<br />
Österreich“. Innovativ, informativ, umfassend<br />
und 100% aus Österreich – so in etwa wurde<br />
für die Seite geworben. Und ganz ehrlich,
auch ich habe ein paar Dinge gesucht<br />
und fühlte mich gut, nicht Amazon zu<br />
unterstützen. Tja. Pusteblume. Es war<br />
mir nicht möglich, auf der Plattform<br />
den von mir gewünschten Artikel zu finden.<br />
Selbst wenn ich wusste, dass eine<br />
der gesponserten Firmen diese Artikel<br />
prinzipiell anbot…. Die Suchmechanik<br />
der gesamten Seite war einfach für<br />
die Tonne. Bitte wer konzipiert und programmiert<br />
solche Websites, noch dazu<br />
für viel Geld? 627.000 Euro.<br />
Das entspricht 12.540 Winterpaketen<br />
der Gruft. Oder 20.970 Kisten Stiegl<br />
Goldbräu: bei einem Verbrauch von<br />
einer Kiste pro Woche hat man damit<br />
für 403 Jahre vorgesorgt. Es wundert<br />
vermutlich niemanden, der die Seite<br />
je besuchte, dass sie nun wieder mangels<br />
Erfolges zusperrt. Aus dem geplanten<br />
virtuellen nationalen Schulterschluss<br />
wird nun wohl eine einfache<br />
Linksammlung. Das hätten Wirtschaftsministerin<br />
Schramböck und Wirtschaftskammer-Präsident<br />
Mahrer sicher auch<br />
billiger haben können… Zumindest<br />
konnten sie mit dieser Aktion Jeff Bezos<br />
& Co ein Schmunzeln entlocken – oder<br />
einen veritablen Lachkrampf.<br />
Nichts als die Wahrheit<br />
Von Kurzarbeit kann die Wirtschaftsund<br />
Korruptionsstaatsanwaltschaft<br />
(WKStA) derzeit nur träumen. Eher<br />
macht Ihnen (Kanzler) Kurz Arbeit…<br />
Überraschend bot er nun in einem Brief<br />
an, im Zuge der Ermittlungen gegen<br />
seinen Parteikollegen und Vertrauten,<br />
Finanzminister Gernot Blümel, eine<br />
Zeugenaussage zu machen und die<br />
gegen diesen erhobenen Vorwürfe zu<br />
entkräften. Gleichzeitig hielt der Kanzler<br />
fest, dass diese unrichtigen Annahmen<br />
einen Reputationsschaden für<br />
die Bundesregierung und die Republik<br />
Österreich bedeuteten, die ÖVP jedoch<br />
niemals Spenden von der Novomatic<br />
angenommen hätten. Die durch<br />
den SMS-Verkehr zwischen Blümel und<br />
Ex-Novomatic-Chef Harald Neumann<br />
ausgelösten, gerichtlich genehmigten<br />
Hausdurchsuchungen sind Teil der Ermittlungen<br />
im Zuge der Spendenaffäre,<br />
bei der Geld im Gegenzug für Hilfe bei<br />
einem Steuerproblem in Italien geflossen<br />
sein soll. Seitdem steht die WKStA<br />
unter einem nie dagewesenen Dauerbeschuss<br />
aus den Reihen der ÖVP,<br />
der beinahe an eine Vendetta erinnert.<br />
„Was die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft<br />
betrifft, da hat es in<br />
der letzten Zeit so viele Verfehlungen<br />
gegeben, dass ich glaube, dass es dort<br />
einen dringenden Änderungsbedarf<br />
gibt“, so Kurz.<br />
Eine Drohung? Es rumort jedenfalls<br />
gewaltig. Es ist anzunehmen, dass<br />
die ÖVP auch mit den Bestrebungen<br />
des Koalitionspartners, die aufgrund<br />
der BVT-Affäre eingeführte Vorab-Berichtspflicht<br />
wieder abzuschaffen und<br />
der WKStA mehr Unabhängigkeit zu<br />
verschaffen, nicht glücklich sein wird.<br />
Dabei erscheint dem objektiven Beobachter<br />
die Notwendigkeit, gerichtlich<br />
genehmigte Hausdurchsuchungen<br />
drei Tage im Vorhinein an die Oberstaatsanwaltschaft<br />
zu melden und<br />
prüfen zu lassen, ein wenig hinderlich.<br />
Es ist natürlich nur ein dummer Zufall,<br />
wenn dann unpraktischerweise Chatverläufe<br />
und Nachrichten genau in<br />
dem Zeitraum gelöscht werden…<br />
Aber wo Schatten ist, da ist auch Licht:<br />
beschleunigt durch die Cause Blümel<br />
soll in den nächsten Wochen endlich<br />
das Informationsfreiheitsgesetz in<br />
die Begutachtung gehen, auch die<br />
Schaffung eines unabhängigen Bundesstaatsanwalts<br />
(bisher von der ÖVP<br />
vehement abgelehnt) steht im Raum.<br />
Das Informationsfreiheitsgesetz wird<br />
zu einer Gratwanderung zwischen<br />
dem Schutz sensibler Daten und<br />
dem Recht auf Information – schließlich<br />
geht es um die Abschaffung des<br />
Amtsgeheimnisses. Laut Entwurf können<br />
Bürger kostenfrei Anfragen stellen,<br />
die dann binnen vier bis acht Wochen<br />
(je nach Komplexität) zu beantworten<br />
sind. Ausnahme: die Geheimhaltung ist<br />
„erforderlich und verhältnismäßig“ (wer<br />
entscheidet das eigentlich?).<br />
Das Ziel ist, dass die Datenschutzbehörde<br />
als Service- und Informationsstelle<br />
für alle Behörden und Einrichtungen<br />
fungiert. Ein zusätzlich geplantes Informationsregister<br />
soll Daten aus dem<br />
gesamten Amtsbereich und der Selbstverwaltung<br />
sowie von Unternehmen,<br />
die der Rechnungshof-Kontrolle unterliegen<br />
(ausgenommen börsennotierte<br />
Betriebe) zugänglich machen (so kann<br />
man auch Arbeitsplätze schaffen).<br />
Was manche frohlocken, andere zittern<br />
lässt: mehr Befugnisse für den<br />
Rechnungshof, der mit Inkrafttreten des<br />
Gesetzes auch jene Betriebe prüfen<br />
darf, an denen die Republik mit zumindest<br />
25 Prozent beteiligt ist (bisher 50<br />
Prozent, Anm.). Besonders interessant<br />
ist ein zusätzlicher Unterpunkt des Entwurfes:<br />
„Informationen von allgemeinem<br />
Interesse“ (beispielsweise Studien,<br />
Gutachten, Verträge) müssen proaktiv<br />
für jeden zugänglich veröffentlicht werden.<br />
Studien über alternative Antriebe<br />
beispielsweise können damit nicht mehr<br />
heimlich in irgendwelchen Schubladen<br />
verschwinden, weil sie jemandem das<br />
Geschäft vermiesen könnten.<br />
(AG)
LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S8<br />
Das Versagen der Politik!<br />
2020 war ein turbulentes Jahr und hat unser Leben für immer verändert. Der<br />
IWF nannte es eine Krise wie keine jemals zuvor. Niemand wird das letzte<br />
Jahr vermissen und alle hoffen auf ein besseres neues Jahr. Ich bin da skeptisch<br />
und gehe davon aus, dass <strong>2021</strong> dem Vorjahr in nichts nachstehen wird.<br />
GASTBEITRAG: MARC FRIEDRICH<br />
MARC FRIEDRICH<br />
FINANZEXPERTE<br />
HONORARBERATUNG<br />
FRIEDRICH<br />
Wie von mir immer wieder aufgeführt,<br />
befinden wir uns inmitten einer historischen<br />
Zeitenwende, die nicht<br />
gestoppt werden kann und uns in<br />
allen Bereichen große Veränderungen beschert -<br />
nicht nur wirtschaftlich und finanziell, sondern auch<br />
politisch und gesellschaftlich. Dieser von mir prognostizierte<br />
Paradigmenwechsel wurde durch die Ereignisse<br />
des letzten Jahres unterstrichen und bestätigt.<br />
Was viele nicht wissen: Schon vor Corona war<br />
dies der Fall. Die Pandemie hat diese Entwicklung<br />
lediglich massivst beschleunigt und die Schwächen<br />
und Sollbruchstellen in unserem jetzigen System herausgearbeitet<br />
und schmerzhaft verdeutlicht. Für<br />
viele unbekannt: Die Eingriffe der Notenbanken<br />
begannen schon im September 2019. Zinsen wurden<br />
weltweit gesenkt und die Rezession war schon<br />
im vollen Gange.<br />
Corona hat uns aufgezeigt, dass unsere Systeme<br />
nicht für Krisen geschaffen sind und mit jeder Krise<br />
näher an ihr Ende kommen. Der erste Lockdown<br />
führte uns deutlich vor Augen wie abhängig wir<br />
von den globalen Produktions- und Lieferketten<br />
sind, wie wenig autark wir selbst als Exportweltmeister<br />
Deutschland sind und wie fragil unser stabil geglaubtes<br />
System de facto doch ist. Innerhalb kürzester<br />
Zeit waren Millionen Menschen in Kurzarbeit,<br />
die Arbeitslosenzahlen stiegen stark an und Staaten<br />
und Notenbanken mussten Hand in Hand Billionen<br />
mobilisieren, um die wankenden Systeme zu stabilisieren.<br />
Viele haben die Hoffnung, dass mit dem Impfstoff<br />
und nach der besiegten Pandemie wir wieder in<br />
unsere alte, vertraute Welt zurückkehren werden,<br />
aber ich muss Sie leider enttäuschen: Wir werden<br />
nicht mehr in der alten Welt aufwachen! Alles wird<br />
in Zukunft anders sein: die Art wie wir reisen, wie wir<br />
arbeiten, wie wir uns treffen und begegnen, wie wir<br />
einkaufen und leben. Das alles ist geprägt durch<br />
einen weiterwachsenden Vertrauensverlust in die<br />
Institutionen und die Politik - weltweit!<br />
Das Versagen der Politik!<br />
In Deutschland haben wir chaotisch, kopflos agierende<br />
Politiker erlebt, die in ihrer Rolle als kompetente<br />
Politiker, die durchgreifen, offensichtlich versagt<br />
haben, sich aber durch steigende Popularität<br />
und immer bessere Umfragewerte in Wahlprognosen<br />
bestätigt gesehen haben. Mit diesem Rückenwind<br />
hat man sich immer weiter mit noch härteren<br />
Maßnahmen gegenseitig übertrumpft, um sich in<br />
der Öffentlichkeit zu profilieren. Während Anfang<br />
des Jahres 2020 man das Virus noch heruntergespielt,<br />
auf Masken und Lockdown verzichtet hat,<br />
waren Masken bald Pflicht, der Lockdown initiiert<br />
und es wurden Millionen von Toten befürchtet.<br />
Nach dem ersten Lockdown hieß es dann, es wird<br />
keinen zweiten Lockdown geben und das es sogar<br />
ein Fehler war Friseurläden und den Einzelhandel<br />
zuschließen, um dann einen noch härteren und<br />
längeren zweiten Lockdown zu machen. In der<br />
Salamitaktik werden immer neuere Maßnahmen<br />
durchgeboxt und die Lockdowns verlängert. Wer<br />
mir auf Twitter folgt, wusste schon im April, dass ein<br />
zweiter Lockdown im Herbst definitiv kommen wird<br />
und dass dieser auch länger andauern wird als der<br />
erste. Ich gehe nach wie vor von April bis Mai aus<br />
und dann wieder, wenn die Temperaturen sinken<br />
im Herbst 21.<br />
Das Impffiasko ist ein weiteres skandalöses Versagen<br />
unserer Berufspolitiker. Ein Impfstoff, der aus<br />
Deutschland kommt, der aber nicht in ausreichender<br />
Menge für uns zur Verfügung steht, zudem Interessenskonflikte<br />
einer wieder mal völlig überforderten<br />
EU, die mit ihrer Unfähigkeit und Klientelpolitik<br />
Menschenleben gefährdet, ist eine glasklare Bankrotterklärung.<br />
Andere, nicht so beliebte Politiker wie<br />
z.B. Trump haben es dagegen geschafft genügend<br />
Impfdosen für ihre Bevölkerung heranzuschaffen.<br />
Germany first? Fehlanzeige! Konsequenzen? Natürlich<br />
keine. Kurzer Einschub: Wenn wir es nicht mal<br />
in Deutschland schaffen eine einheitliche Lösung<br />
zu finden und einzelne Bundesländer ihr eigenes
Ding durchziehen, ausscheren und sich fetzen, wie<br />
kann man dann erwarten, dass in der Europäischen<br />
Union mit 27 unterschiedlichen Nationen es zu<br />
einem Konsens kommen kann? Dies ist leider naiv<br />
und der Grund, warum die EU nicht funktioniert,<br />
und scheitern wird.<br />
Erst Zombie- dann Pleitewelle<br />
Während alle schon im Mai 2020 von einer V-förmigen<br />
Erholung der Wirtschaft schwadroniert haben<br />
und ich vor verfrühten Optimismus gewarnt habe,<br />
wurde ich als Pessimist beschimpft. Jetzt kommt<br />
die Realität auch langsam bei den Ökonomen<br />
an und damit auch in der Politik. Die Illusion eines<br />
schnellen „zurück zum alten“ ist ein für alle Mal vom<br />
Tisch. Umso länger die Lockdowns andauern, umso<br />
größer werden die Kollateralschäden in der Wirtschaft,<br />
im Arbeitsmarkt, bei den Steuereinnahmen<br />
aber natürlich auch bei den Insolvenzen. Durch die<br />
Konjunktur- und Aufkaufprogramme der Notenbanken<br />
schwellen die Zombies immer weiter in<br />
neue Rekordhöhen an. Die Creditreform geht von<br />
circa 800.000 Zombieunternehmen in Deutschland<br />
aus, weltweit geht man inzwischen davon aus, dass<br />
15 - 20 Prozent aller Unternehmen Zombies sind, die<br />
unter normalen Umständen schon längst über die<br />
Wupper gegangen wären. Die Staaten und Zentralbanken<br />
sind in einer gefährlichen Zwickmühle,<br />
denn wenn diese lebenden Toten tatsächlich bankrottgehen,<br />
werden die Kreditausfälle eins zu eins<br />
in den Bilanzen der schwach kapitalisierten Banken<br />
durchschlagen und diese ebenfalls in den Abgrund<br />
mitreißen was dann wieder zu einer weiteren Bankenrettung<br />
führen würde, welche den Steuerzahler<br />
belasten würde. Aus diesem Grund spielt man das<br />
Spiel auf Zeit die Insolvenzverschleppung geht also<br />
erst einmal weiter, aber irgendwann ist Schicht im<br />
Schacht und der maßlos aufgeblähte Ballon wird<br />
platzen.<br />
Unsichtbare Mauern - finanzielle Repression<br />
Was aber so sicher wie das Amen in der Kirche ist,<br />
dass die ganze Party auch bezahlt werden muss.<br />
Aus diesem Grund werden wir weitere Steuer- und<br />
Abgabenerhöhungen und finanzielle Repression<br />
sehen. Deutschland hat jetzt schon Belgien überholt<br />
und bürdet seinen Bürgern nun die größte<br />
Steuerlast weltweit auf. Populistisch wird jetzt eine<br />
Vermögensabgabe der Reichen propagiert. Wenn<br />
man allerdings schon bei einem Einkommen von<br />
57.052 Euro brutto den Spitzensteuersatz von 42<br />
Prozent bezahlt, darf man sich zurecht die Frage<br />
stellen, was als Reich gilt und vor allem wie hoch<br />
wohl der Freibetrag sein wird, der verschont bleibt.<br />
Mit 57.000 Euro brutto macht man in Deutschland<br />
keine großen Sprünge. Nach der drastischen Reduzierung<br />
des anonymen Tafelgeschäftes in den<br />
letzten Jahren von 15.000 Euro auf nur noch 2000<br />
Euro (mal schauen wie lange noch) wird auch gegen<br />
das Bargeld weiter gepoltert. Im Zuge der Coronakrise<br />
hat man das dreckige infizierte Bargeld<br />
verteufelt und das saubere kontaktlose bezahlen<br />
überall propagiert. Wofür ein Virus doch alles gut ist.<br />
Attacke auf unser Geld<br />
Zeitgleich hat man völlig unbemerkt von der Öffentlichkeit<br />
eine weitere massive und unsichtbare<br />
Mauer gegen das Abfließen von Vermögen installiert.<br />
Sagt Ihnen ATAD was? Ich rede nicht von den<br />
Globalisierungsgegnern Attac, sondern den Wegfall<br />
der Stornierung der Stundung der Wegzugsbesteuerung.<br />
Bisher gab es bei Wegzug innerhalb der<br />
EU (Freizügigkeit und so) zeitlich unbefristete und<br />
zinslose Steuer-Stundung. Dies soll nun klammheimlich<br />
ausgehebelt und geändert werden. Der Gesetzesentwurf<br />
ist weitaus enger gefasst als von der<br />
EU vorgegeben. Wenn dieser verabschiedet wird,<br />
wird die Wegzugsteuer unmittelbar fällig oder kann<br />
auf Antrag mit einer Ratenzahlung der Steuer über<br />
7 Jahre und regelmäßig gegen Sicherheitsleistung<br />
bezahlt werden. Besonders perfide ist, dass dieses<br />
Gesetz dann rückwirkend zum 1.1.2020 gilt. Offen<br />
bleibt, ob dies auch auf Fälle anwendbar sind, in<br />
denen der Wegzug vor 2020 erfolgt ist. Werden<br />
die Neuregelungen wie geplant umgesetzt, würde<br />
aufgrund drohender Steuerbelastungen die freie<br />
Mobilität für international agierende Unternehmer<br />
innerhalb der EU zukünftig stark beschränkt.<br />
Es ist mehr als zweifelhaft, ob das neue Gesetz mit<br />
der unionsrechtlichen Freizügigkeit vereinbar ist.<br />
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte im Februar<br />
2019 in der Rechtssache Wächtler (C-581/17)<br />
noch entschieden, dass Wegzüge aus Deutschland<br />
in die Schweiz mit Wegzügen in den EU/EWR-Raum<br />
gleich behandelt werden müssen, wenn sie unter<br />
das Freizügigkeitsabkommen von Schweiz und EU<br />
fallen. Also sollte es in diesem Fall eigentlich genauso<br />
sein, wird aber trotzdem übergangen. Es muss<br />
jedem klar sein: Umso länger die Krise anhält umso<br />
nötiger hat der Staat das Geld umso gieriger wird<br />
er agieren.<br />
Marc Friedrich ist<br />
Finanzexperte,<br />
fünffacher<br />
Bestsellerautor,<br />
gefragter Redner,<br />
Vordenker,<br />
Freigeist und<br />
Gründer der<br />
Honorarberatung<br />
Friedrich
LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S10<br />
Keine Krise ungenutzt lassen!<br />
Das scheint das Motto der Politik zu sein. Die Gunst<br />
der Stunde wurde genutzt und sollte alle Demokraten<br />
und freiheitsliebenden Bürger alarmieren und<br />
aufschrecken. Im Schatten der Coronakrise wurden<br />
Freiheitsrechte eingeschränkt und Entscheidungen<br />
getroffen, die zuvor unmöglich gewesen<br />
wären. Wir alle sollten wachsam beäugen, was so<br />
alles in der Politik passiert und verabschiedet wird.<br />
Die Schuldenunion, die vertraglich im Maastrichter<br />
Vertrag ausgeschlossen war, wurde nun durch die<br />
Hintertür eingeführt und uns als alternativlos vorgesetzt<br />
und das von einer nicht zur Wahl gestellten<br />
und nie von uns gewählten EU-Kommissionspräsidentin<br />
Ursula von der Leyen.<br />
Deutsches Vertragsrecht wurde ausgehebelt, indem<br />
die Insolvenzantragspflicht ausgesetzt und zuletzt<br />
sogar bis Ende Januar <strong>2021</strong> verlängert wurde.<br />
Damit könne die Zombies weiter vor sich hinvegetieren<br />
und die Politik hat sich teuer wertvolle Zeit erkauft.<br />
Eine Lösung ist dies aber nicht. Damit werden<br />
die Probleme lediglich in die Zukunft verschoben,<br />
wo sie sich aber weiter stark auf Potenzieren und<br />
ihre destruktive Zerstörungskraft maximal erhöhen.<br />
Notenbanken drucken weiter Geld als, ob es kein<br />
Morgen gibt. Im Jahr 2020 haben die Zentralbanken<br />
weltweit 9,2 Billionen Dollar zur Stabilisierung<br />
ins System gedruckt. Das sind mehr als 10 Prozent<br />
des weltweiten BIP und ist dreimal mehr wie während<br />
der großen Finanzkrise 2008! Die weltweiten<br />
Schulden sind um 25 Billionen Dollar auf ein neues<br />
Allzeithoch von ca. 280 Billionen Dollar oder 365<br />
Prozent zum BIP gestiegen. Diese Entwicklung wird<br />
sich auch <strong>2021</strong> beschleunigen. Die Notenbanken<br />
werden weiter Geld drucken und die Zinsen im<br />
Keller lassen oder sogar weiter in den Minusbereich<br />
senken. Schon jetzt sind 30 Prozent aller Staatsanleihen<br />
mit negativen Zinsen verhaftet. Das sind 18<br />
Billionen Dollar in Staatsanleihen! Auch hier leider:<br />
Tendenz steigend. Dies alles führt zu einem ganzen<br />
Rattenschwanz an weiteren enormen Problemen,<br />
die immer unmöglicher zu lösen sind.<br />
Lebensversicherungen kommen damit man immer<br />
weiter in die Bredouille, da sie in schlecht verzinste<br />
Staatsanleihen investieren müssen und damit<br />
die Altersversorgung der Versicherten weiter dahin<br />
schmilzt. Die Notenbanken können die Zinsen<br />
nicht erhöhen, da ansonsten ganze Länder unter<br />
ihrer immensen Schuldenlast kollabieren würden.<br />
Neben den steigenden Staatsschulden sind die<br />
Bilanzen der Notenbanken drastisch gestiegen.<br />
Die Bilanz der europäischen Zentralbank schnellt im<br />
Eiltempo von Rekord zu Rekord und zeigt lediglich<br />
auf, wie dysfunktional das Währungsexperiment<br />
Euro doch ist. Auch hier ist keine Lösung in Sicht.<br />
Aktuell steht man bei 7,23 Billionen Euro das sind fast<br />
70 Prozent des BIP der Eurozone.<br />
Tendenz weiter stark steigend.<br />
Wie abstrus das ganze System bereits pervertiert ist,<br />
zeigt folgender Chart: Die Geldmenge M1 in den<br />
USA ist parabolisch angestiegen und würde in jedes<br />
Lehrbuch für einen exponentiellen Verlauf reinpassen.<br />
21 Prozent aller jemals produzierten US-<br />
Dollar wurden seit März 2020 in Umlauf gebracht.<br />
Die Geldmenge steig um atemberaubende +65,6<br />
Prozent auf 6,667 Billionen Dollar.<br />
Chart 1, http://bit.ly/2Mdg83g<br />
Parallel baut man weltweit an einem digitalen<br />
Währungssystem, um auch Minuszinsen langfristig<br />
zu etablieren, damit dem Bürger die Möglichkeit<br />
der Flucht aus dem Bankensystem mit Bargeld verwehrt<br />
bleibt. Zusätzlich werden die verzweifelten<br />
Rufe nach fiskalischen Paketen immer größer. Wir<br />
werden Konjunkturpakete gigantischen Ausmaßes<br />
sehen. Aber umso mehr Geld in die Hand genommen<br />
wird, umso geringer werden die Auswirkungen<br />
d.h. die Effekte nehmen drastisch ab und mit jeder<br />
Krise werden die notwendigen Summen größer<br />
aber der Nutzen nimmt parallel ab. Als Beispiel nehmen<br />
wir die USA und ihre Zentralbank, die FED: Bei<br />
der Technologieblase im Jahr 2000 war die Bilanz<br />
der FED bei 80 Milliarden Dollar und die Zinsen bei<br />
6,24 Prozent. Sie sanken dann auf 1,13 Prozent bis<br />
2003, um dann wieder zu steigen.<br />
Chart 2, http://bit.ly/2Mdg83g<br />
Bei der großen Finanzkrise waren es denn schon<br />
800 Milliarden Dollar Bilanzsumme und die Zinsen<br />
lagen bei 5,03 Prozent. Danach gingen die Zinsen<br />
schnurstracks Richtung Null. 2020 waren es dann<br />
7,2 Billionen Dollar in den Büchern und die Zinsen<br />
sind bei fast Null mit 0,36 Prozent. Tendenz fallend.<br />
Wir haben also für eine weitere Krise keinen Spielraum<br />
mehr nach unten. Wir lernen: Um eine Rezession<br />
erfolgreich zu bekämpfen, müssen die Zinsen<br />
im Schnitt um 5 Prozentpunkte gesenkt werden, um<br />
die Wirtschaft anzukurbeln parallel steigen die monetären<br />
Anstrengungen mit jeder Krise um ca. das<br />
10-fache. Das bedeutet, wenn dies so weitergehen<br />
würde, hätten wir bei der nächsten Krise eine Bilanz<br />
der FED von 70 Billionen Dollar plus/minus und einen<br />
Zins deutlich im negativen Bereich.
Die Reichen werden noch reicher!<br />
Es gibt wie immer auch Profiteure einer Krise. Die<br />
Corona Pandemie hat den Vermögenstransfer von<br />
unten, der Mitte nach ganz oben in den Turbo geschaltet<br />
und somit die Kluft zwischen Arm & Reich<br />
massiv vergrößert. Mehr Menschen als je zuvor sind<br />
weltweit in die Abhängigkeit der Staaten manövriert<br />
worden.<br />
Die Milliardäre der Welt sind um 27 Prozent reicher<br />
geworden, die Umverteilung hat sich massivst beschleunigt<br />
und die Ungerechtigkeit vergrößert. This<br />
time ist different - not!<br />
Was für ein absurdes Jahr: Während die Welt im<br />
Lockdown war, Geschäfte und ganze Volkswirtschaften<br />
geschlossen waren, die Arbeitslosenzahlen<br />
stiegen und die Weltwirtschaft um ca. 5 Prozent<br />
einbrach sind die Börsen nur kurz in die Knie, um<br />
dann wieder rasant neue Rekordhochs zu steigen.<br />
Die Marktkapitalisierung der Aktienmärkte stieg um<br />
25 Prozent bzw. um 20 Billionen Dollar und hat erstmals<br />
die magische Grenze von 100 Billionen Dollar<br />
überschritten ebenso wie die Staatsanleihen. Durch<br />
die unendliche Liquidität der Zentralbanken werden<br />
die Vermögenspreisblasen weiter angefeuert<br />
und wir werden einen sogenannten „melt up“<br />
sehen. Obwohl wir den größten wirtschaftlichen<br />
Kollaps seit 1929 sehen, steigen die Aktienmärkte<br />
immer weiter und scheinen sich komplett von der<br />
Realität verabschiedet zu haben. Solange die<br />
Notenbanken ihre Geldschleusen offenlassen, wird<br />
dies auch weiterhin so bleiben. Klingt unglaublich,<br />
ist aber so. Allerdings ist es eine Illusion. Ich erwarte<br />
im Verlauf des Jahres, dass die Technologieblase<br />
(FAANG) korrigieren wird und damit auch der Gesamtmarkt.<br />
Die völlig überteuerten Techaktien sind<br />
jetzt höher bewertet als während der Internetblase<br />
im Jahr 2000. Folgende Chart zeigt dies schön auf.<br />
Chart 3, http://bit.ly/2Mdg83g<br />
Auswüchse der irrationalen Übertreibung, ist die<br />
Bewertung von Tesla. Die Marktkapitalisierung des<br />
Elektroautobauers ist bei fast 700 Milliarden Dollar<br />
und damit höher als alle Autobauer der Welt zusammen.<br />
Tesla macht einen Umsatz von 28 Milliarden<br />
Dollar, die anderen 1,3 Billionen Dollar. Zudem<br />
verkauft Tesla nur ein sechsundvierzigstel vom dem<br />
was die Mitbewerber an Autos absetzen. Fantasie<br />
hin oder her. Aber das schreit nach einer Korrektur.<br />
Sollte man dagegen wetten? Wenn man mutig<br />
und liquide ist ja. Ansonsten Stopp / Loss setzen,<br />
Gewinne auch mal mitnehmen und umschichten.<br />
Generell gehe ich von einer Trendwende aus: Ein<br />
Wechsel von spekulativen „Growth“ Aktien hin zu<br />
„Value“ Aktien, die in den letzten Jahren underperformt<br />
haben.<br />
Auslöser für diese Korrektur könnten folgende Punkte<br />
sein: Die USA sind momentan das Zünglein an<br />
der Waage. Hier gibt es einige Variablen, die das<br />
Fass zum Überlaufen bringen können. Die Spaltung<br />
in der größten Volkswirtschaft der Welt war noch nie<br />
so groß wie aktuell. So wie es aussieht, wird Donald<br />
Trump das Feld nicht verlassen, was die Demokratie<br />
in eine enorme Krise stürzen würde inkl. soziale<br />
Unruhen in den USA eventuell sogar Bürgerkrieg.<br />
Weiteres Crashpotential hat die Pandemie: Wenn<br />
die Impfungen zu langsam gehen, der Impfstoff<br />
nicht hilft oder massive Nebenwirkungen entwickelt<br />
könnte jede Euphorie an den Aktienmärkten<br />
rasch beenden. Oder der Virus mutiert zu Covid21<br />
und die Lockdowns werden verlängert. Eine noch<br />
heftigere Rezession würde das zur Folge haben und<br />
damit auch ein Aktiencrash. Eine andere Baustelle<br />
ist die Mutter aller Finanzmarktblasen: Der 40-jährige<br />
Bullenmarkt bei den Staatsanleihen nähert<br />
sich seinem Ende und könnte auch schon <strong>2021</strong><br />
implodieren. Dies würde ebenso einhergehen mit<br />
großen Verwerfungen an den Kapitalmärkten. Ich<br />
erwarte, dass wir nach einer Deflation eine deutliche<br />
Inflation sehen werden und das Zeitalter der Sachwerte<br />
einläutet. Ich gehe weiter von einem schwächelnden<br />
US-Dollar aus.<br />
Krisen sind Chancen<br />
Leider muss es erst schlimmer werden, bevor es<br />
besser wird. Trotz der miesen Aussichten gibt es<br />
jetzt auch Chancen. Jetzt beginnt die Dekade der<br />
Sachwerte, die durch die Natur oder durch die Mathematik<br />
limitiert sind. Die Geldschleusen müssen<br />
offenbleiben und die Zinsen können gar nicht mehr<br />
steigen. Kein Land der Welt und vor allem nicht die<br />
USA können bei der aktuellen Schuldenlast sich steigenden<br />
Zinsen leisten. Die amerikanische Notenbank<br />
wird hier früher oder später eingreifen, Geld<br />
drucken, Anleihen kaufen und damit die Zinsen<br />
senken, was die goldene und alle anderen Sachwertraketen<br />
zünden wird. (RED)<br />
Sein neues Buch erscheint am 23. März <strong>2021</strong>: Die<br />
größte Chance aller Zeiten - Was wir jetzt aus der<br />
Krise lernen müssen und wie Sie vom größten Vermögenstransfer<br />
der Menschheit profitieren. Mehr<br />
Informationen unter https://friedrich-partner.de sowie<br />
bei Twitter: @marcfriedrich7<br />
Chart 1,<br />
Chart 2,<br />
Chart 3, http://bit.ly/2Mdg83g
LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S12<br />
Einzelhandelsbilanz im<br />
Corona-Jahr 2020<br />
Statistik Austria bestätigt die Gesamtjahresprognose von HV und WIFO. Der<br />
Lebensmitteleinzelhandel legt um 7% zu und auch der heimische Onlinehandel<br />
wächst mit +17% massiv. Amazon stellt sich mit +30% als Krisen-Gewinner heraus.<br />
BEITRAG: GERALD KÜHBERGER<br />
GERALD KÜHBERGER<br />
PRESSESPRECHER<br />
HANDELSVERBAND<br />
Die von der Statistik Austria veröffentlichte<br />
Konjunkturstatistik für<br />
den österreichischen Einzelhandel<br />
bestätigt die Gesamtjahresprognose<br />
von Handelsverband und WIFO für das<br />
Corona-Jahr 2020. So hat der heimische Einzelhandel<br />
im Vorjahr laut vorläufigen Ergebnissen<br />
von Statistik Austria einen realen (inflationsbereinigten)<br />
Umsatzrückgang von -0,3<br />
Prozent verzeichnet.<br />
22,4% Umsatzeinbruch: Bekleidungs- und<br />
Schuhhandel sind am stärksten von der Corona-Krise<br />
betroffen<br />
Aggregiert über alle Teilbereiche des Einzelhandels<br />
konnten die Umsatzeinbrüche durch<br />
die ersten beiden Lockdowns im Vorjahr noch<br />
annähernd wettgemacht werden, wobei<br />
die einzelnen Sektoren sehr unterschiedlich<br />
betroffen waren. Während der Lebensmitteleinzelhandel<br />
(<strong>LE</strong>H) ein reales Umsatzplus<br />
von 7 Prozent erwirtschaften konnte, musste<br />
der Handel abseits der Grundversorgung<br />
ein Minus von 3,9 Prozent verkraften.<br />
Am schlimmsten von den Auswirkungen der<br />
drei harten Lockdowns betroffen ist der Bekleidungs-<br />
und Schuhhandel. In diesem Segment<br />
sind die Absätze 2020 um 22,4 Prozent<br />
eingebrochen.<br />
Wenngleich der Lebensmitteleinzelhandel<br />
um 7 Prozent zugelegt hat, ging die Grundversorgung<br />
der Bevölkerung auch mit zusätzlichen<br />
Kosten für die Hygienemaßnahmen<br />
einher. Im Non-Food-Sektor ist der stationäre<br />
Bekleidungs- und Schuhhandel der große<br />
Verlierer. Je kleiner der Betrieb und je weniger<br />
digital, desto dicker das Minus, bis hin zu<br />
Totalausfällen in den Lockdown-Zeiträumen.<br />
Einmaleffekte durch den Trend des 'Cocooning'<br />
bescherten dem Möbel-, Heimwerkerbedarfs-<br />
und Elektrowarenhandel ein Plus.<br />
Einpersonen-UnternehmerInnen (EPU) sowie<br />
kleine und mittelständische Unternehmen<br />
(KMU) - das Rückgrat der österreichischen<br />
Volkswirtschaft - leiden besonders unter den<br />
behördlich angeordneten Geschäftsschließungen.<br />
Im Einzelhandel betreffen die negativen<br />
Auswirkungen der Corona-Krise fast<br />
ausschließlich die stationären Geschäfte. Hier<br />
lag der inflationsbereinigte Umsatzrückgang<br />
2020 branchenübergreifend bei mindestens<br />
-4,7 Prozent.<br />
Noon-Food-Handel muss 90 geschlossene<br />
Einkaufstage verkraften<br />
Im ersten Lockdown war der Handel 24 Einkaufstage<br />
lang geschlossen, Geschäfte über<br />
400 m2 sogar 39. Das war das Ostergeschäft.<br />
Der zweite Lockdown brachte weitere 17 verlorene<br />
Einkaufstage. Das waren Black Friday<br />
und das Vorweihnachtsgeschäft. Der dritte<br />
Lockdown mit 34 Einkaufstagen betraf das<br />
Weihnachtsgeschäft an sich. In Summe mussten<br />
viele HändlerInnen Corona-bedingt 90<br />
geschlossene Einkaufstage hinnehmen. Das<br />
lässt sich kaum verkraften.<br />
Im Schnitt verliert der stationäre Handel bis zu<br />
1 Mrd. Euro pro Woche an Umsatz im harten<br />
Lockdown. Im aktuellen Lockdown light, sind<br />
es immer noch rund 250 Mio. Euro wöchentlich.<br />
Aufgrund der Länge der Lockdowns<br />
kann nur einen Teil der Umsatzverluste später<br />
noch in den Geschäften nachgeholt werden.<br />
Viel verlagert sich auf den Onlinehandel oder<br />
unterbleibt.<br />
Der eCommerce-Sektor boomt: +17% für heimische<br />
OnlinehändlerInnen, +30% für internationale<br />
Onlinegiganten<br />
Der österreichische Versand- und Internet-Einzelhandel<br />
konnte im Vorjahr wie vom Handelsverband<br />
prognostiziert um 17 Prozent zulegen.
Corona war hier eindeutig ein Brandbeschleuniger.<br />
Mittlerweile hat der eCommerce-Anteil<br />
am gesamten Einzelhandelsumsatz erstmals<br />
die Schallmauer von 12 Prozent übertroffen<br />
- und das Ende der Fahnenstange ist noch<br />
lange nicht erreicht. Das veränderte Kundenverhalten<br />
ist gekommen, um zu bleiben.<br />
Noch stärker als der heimische Distanzhandel<br />
konnte 2020 der KEP Markt (Kurier-, Express-<br />
und Paketdienste) wachsen. 2019 lag<br />
die Zahl der zugestellten Pakete im B2C Bereich<br />
bereits bei 151 Millionen (+14%). 2020<br />
erreichte das Paketvolumen sogar 180 Millionen<br />
- ein Anstieg von mehr als 19 Prozent<br />
innerhalb eines Jahres. Hauptgrund für dieses<br />
massive Wachstum ist das exponentiell gestiegene<br />
Umsatzvolumen der internationalen<br />
Online-Giganten, allen voran Amazon. Die<br />
führenden Drittstaatenhändler konnten 2020<br />
in Österreich um mehr als 30 Prozent zulegen.<br />
Damit hat sich auch die HV-Prognose bestätigt:<br />
Die Lockdowns haben ein gigantisches<br />
Amazon-Förderungsprogramm ausgelöst.<br />
Aber auch der heimische Handel hat massiv<br />
digitalisiert. Mehr als 5.000 HändlerInnen<br />
haben sich bereits auf www.kaufsregional.at<br />
- dem eCommerce-Verzeichnis des Handelsverbandes<br />
- registriert.<br />
Das Motto für <strong>2021</strong>: Leben und Wirtschaften<br />
mit dem Virus, um milliardenschwere Kollateralschäden<br />
zu verhindern<br />
Das Motto für <strong>2021</strong> für die heimischen Betriebe<br />
heißt: Leben und Wirtschaften mit<br />
dem Virus, denn Corona wird uns noch<br />
länger begleiten und wir müssen die ökonomischen,<br />
sozialen und psychischen Kollateralschäden<br />
der Gesundheitskrise eindämmen.<br />
Die Händler werden sämtliche<br />
Sicherheits- und Hygienemaßnahmen der<br />
Bundesregierung ausnahmslos mittragen.<br />
RAINER WILL,<br />
GESCHÄFTSFÜHRER<br />
HANDELSVERBAND<br />
Im Gegenzug lautet die Bitte an die Politik:<br />
Lasst die Geschäfte nachhaltig offen, wir sind<br />
kein Corona-Hotspot! Mittlerweile sind mehr<br />
als 535.000 Menschen in Österreich arbeitslos<br />
gemeldet und 470.000 in Kurzarbeit. Allein im<br />
Handel - dem zweitgrößten Arbeitgeber des<br />
Landes - sind die Arbeitslosenzahlen im Vorjahr<br />
Corona-bedingt um ein Drittel angestiegen.<br />
10.000 Handelsunternehmen sind de<br />
facto zahlungsunfähig, 100.000 Jobs in der<br />
Branche wackeln. Die Situation bleibt weiter<br />
angespannt: Jede/r zweite HändlerIn hat Existenzängste,<br />
fast jede/r Dritte kann anfallende<br />
Rechnungen nicht bezahlen und jede/r<br />
Fünfte konnte die Weihnachtsgelder nicht<br />
auszahlen. (GK)<br />
FOTO: KATHARINA SCHIFFL
LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S14<br />
FOTO: KATHARINA SCHIFFL<br />
Jeder fünfte Euro im Non-Food<br />
Handel wird online ausgegeben<br />
Safer Internet Day: Der Handelsverband unterstützt mit eCommerce-Gütesiegel<br />
"Trustmark Austria". Neue EU-Verordnungen "DSA" & "DMA" sollen Plattformen wie<br />
Amazon regulieren. BEITRAG: RAINER WILL<br />
Die Corona-Krise hat die Erlöse<br />
im Onlinehandel 2020 dramatisch<br />
angekurbelt. Die Branche<br />
verzeichnet ein historisches Umsatzwachstum<br />
von rund 30 Prozent und<br />
konnte damit im Vorjahr erstmals mehr als<br />
8,5 Milliarden Euro im eCommerce erwirtschaften.<br />
Davon profitieren allerdings nicht<br />
nur die 13.500 österreichischen HändlerInnen,<br />
die bereits auf eigene digitale Vertriebskanäle<br />
setzen, sondern insbesondere<br />
der weltgrößte Onlinehändler Amazon.<br />
4.500 heimische HändlerInnen sind bereits<br />
auf dem Amazon Marktplatz aktiv und erwirtschaften<br />
dort einen Jahresumsatz von durchschnittlich<br />
80.000 Euro. Sie stehen dabei aber<br />
einem ungleich mächtigeren Vertragspartner<br />
gegenüber, der im Onlinehandel zunehmend<br />
als Gatekeeper hin zu KonsumentInnen<br />
agiert. Daher sind faire Spielregeln kriegsentscheidend.<br />
Digital Services Act" (DSA) soll KonsumentInnen<br />
im Netz besser schützen<br />
Die EU möchte gegen dieses Ungleichgewicht<br />
im Rahmen des "Digital Services Act"<br />
(DSA) vorgehen und sicherstellen, dass auf<br />
Märkten, die von großen Plattformen mit erheblichen<br />
Netzwerkeffekten geprägt sind,<br />
Fairness sichergestellt ist. Der DSA soll also die<br />
Pflichten von digitalen Diensten regeln, die als<br />
Bindeglied zwischen VerbraucherInnen und<br />
Waren, Dienstleistungen und Inhalten agieren.
Die Vorhaben des Digital Services Act<br />
umfassen u.a.:<br />
- Maßnahmen zur Bekämpfung illegaler Inhalte,<br />
Waren und Dienstleistungen auf Online-Plattformen.<br />
- Neue Regeln zur Rückverfolgbarkeit gewerblicher<br />
NutzerInnen auf Online-Marktplätzen,<br />
um die Identifizierung von unseriösen<br />
Verkäufern illegaler Waren zu erleichtern und<br />
KäuferInnen von gefälschten oder gefährlichen<br />
Produkten zu schützen.<br />
- Weitreichende Transparenzmaßnahmen für<br />
Online-Plattformen, u.a. Informationspflichten<br />
über die für Produktempfehlungen verwendeten<br />
Algorithmen.<br />
"Digital Markets Act" (DMA) soll<br />
marktmächtige Online-Plattformen regulieren<br />
Der DMA zielt darauf ab, Probleme zu lösen,<br />
die sich aus bestimmten Verhaltensweisen von<br />
"Gatekeeper"-Plattformen ergeben. Die Verordnung<br />
legt eine Reihe eng definierter Kriterien<br />
fest, welche Online-Plattform überhaupt<br />
als "Gatekeeper" zu qualifizieren sind. Dabei<br />
handelt es sich um große, systemrelevante<br />
Online-Plattformen wie Amazon, die einen erheblichen<br />
Einfluss auf den Binnenmarkt haben.<br />
Der Digital Markets Act sieht u.a. folgende<br />
Pflichten für Gatekeeper-Plattformen vor:<br />
- Gewerblichen NutzerInnen den Zugriff auf<br />
jene Daten ermöglichen, die sie bei der Nutzung<br />
der Plattform des Gatekeepers selbst<br />
generieren.<br />
- Unternehmen, die auf der Gatekeeper-Plattform<br />
werben, die notwendigen Werkzeuge<br />
bereitstellen, um eine unabhängige Überprüfung<br />
der Anzeigen durchführen zu können.<br />
- Gewerblichen NutzerInnen erlauben, ihr<br />
Angebot zu bewerben und Verträge mit<br />
KundInnen abzuschließen, die über den<br />
Kerndienst der Plattform außerhalb der Gatekeeper-Plattform<br />
gewonnen wurden.<br />
DMA als wichtiger Baustein für Datenschutz<br />
"Made in Europe"<br />
Darüber soll Gatekeeper-Plattformen künftig<br />
verboten werden, eigene Produkte im Ranking<br />
günstiger zu behandeln als ähnliche<br />
Produkte, die von Dritten auf der Plattform<br />
angeboten werden. Damit wäre es etwa<br />
Amazon künftig verboten, seine Eigenmarken<br />
gegenüber ähnlichen Konkurrenzprodukten<br />
zu bevorzugen. Überdies sollen die Gatekeeper-Plattformen<br />
künftig keine personen-<br />
Sichern Sie mit Dematic Ihre Wettbewerbsvorteile.<br />
Zunehmende Angebots- und Sortenvielfalt bei gleichzeitig<br />
abnehmenden Auftragsmengen erfordern bessere Lagerstrukturen.<br />
Beim steigenden Wettbewerbsdruck müssen die<br />
Betriebskosten so niedrig wie möglich gehalten werden.<br />
Unsere Lösungen für diese und viele andere Ihrer<br />
Herausforderungen finden Sie im modularen Systemdesign<br />
und in einer strategischen Management-Software<br />
der Dematic Anlagen.<br />
Dematic.com<br />
+49 69 583025-0
LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S16<br />
Safer Internet Day: HV eCommerce-<br />
Gütesiegel "Trustmark Austria" zum Bestpreis<br />
Anlässlich der heutigen 18. Ausgabe des internationalen<br />
"Safer Internet Day" mit dem<br />
Motto "Together for a better internet" bietet<br />
der Handelsverband sein eCommerce-Gütesiegel<br />
"Trustmark Austria" zum Bestpreis an.<br />
bezogenen Daten aus Kernplattformdiensten<br />
mit personenbezogenen Daten aus anderen<br />
von ihnen angebotenen Diensten oder aus<br />
Diensten Dritter kombinieren dürfen.<br />
Verstöße könnten mit Milliarden-<br />
Strafen geahndet werden<br />
Im Fall eines Verstoßes gegen den Digital Markets<br />
Act sollen den Unternehmen empfindliche<br />
Geldbußen von bis zu 10 Prozent des gesamten<br />
weltweiten Jahresumsatzes drohen. Bei systematischen<br />
Verstößen gegen die DMA-Verpflichtungen<br />
könnten den Gatekeepern<br />
zusätzliche Abhilfemaßnahmen auferlegt werden,<br />
bis hin zur Veräußerung von Teilen eines<br />
Geschäfts. Eine zeitgemäße Regulierung der<br />
digitalen Märkte auf EU-Ebene ist überfällig.<br />
Daher begrüßt der Handelsverband wir den<br />
Digital Services Act und den Digital Markets<br />
Act ausdrücklich. Diese beiden Verordnungen<br />
geben Hoffnung auf faire Wettbewerbsbedingungen<br />
zwischen marktmächtigen Plattformen<br />
und heimischen KMU-Händlern. Gleichzeitig<br />
können VerbraucherInnen im Netz besser<br />
vor gefälschten Produkten, illegalen Inhalten,<br />
Waren und Dienstleistungen geschützt werden.<br />
Österreichische HändlerInnen könnten grundsätzlich<br />
von der Harmonisierung der Rechtsvorschriften<br />
im Binnenmarkt sowie von den erhöhten<br />
Sorgfalts- und Transparenzpflichten der<br />
Gatekeeper profitieren. Wie immer liegt der<br />
Teufel im Detail. So besteht etwa die Sorge, die<br />
Gatekeeper könnten Teile ihrer Pflichten auf<br />
HändlerInnen überwälzen oder AnbieterInnen<br />
mit vermeintlich illegalen Inhalten ungebührend<br />
lange in der Warteschleife zur Prüfung der<br />
Vorwürfe belassen.<br />
Das Trustmark Austria soll das Vertrauen der<br />
KonsumentInnen in den heimischen Online-Handel<br />
stärken und wird ebenfalls bereits<br />
seit 18 Jahren vergeben. Das Gütesiegel<br />
steht für Sicherheit und Vertrauenswürdigkeit<br />
im Netz, es stellt für KonsumentInnen eine<br />
Orientierungshilfe dar, um auf einen Blick vertrauenswürdige<br />
Webshops und Plattformen<br />
erkennen zu können. Die Grundlage dafür bildet<br />
eine Prüfung durch die Zertifizierungsstelle,<br />
bei der alle Aspekte, die für einen sicheren<br />
und verbraucherfreundlichen Einkauf wichtig<br />
sind, überprüft werden. Das Gütesiegel trägt<br />
somit zu mehr Transparenz, Sicherheit und<br />
Fairness im digitalen Shopping bei. Mehr dazu<br />
auf www.trustmark-austria.at<br />
Siegel "Österreichischer Händler" &<br />
Bundespreis "Österreichischer Händler <strong>2021</strong>"<br />
Darüber hinaus vergibt der Handelsverband<br />
ein Siegel, welches HändlerInnen mit Sitz und<br />
Gewerbeschein in Österreich entsprechend<br />
kennzeichnet - als Maßnahme gegen den<br />
Kaufkraftabfluss und für mehr Transparenz für<br />
die KonsumentInnen. Das Siegel "Österreichischer<br />
Händler" stellt der Handelsverband seinen<br />
Mitgliedern im Rahmen der kostenlosen<br />
KMU RETAIL Mitgliedschaft www.kmu-retail.at<br />
kostenfrei zur Verfügung.<br />
Um stationäre österreichische Unternehmen<br />
(insbesondere KMU-Händler) zu würdigen,<br />
vergibt der Handelsverband heuer erstmals<br />
den Bundespreis "Österreichischer Händler" in<br />
drei Kategorien. Alle Betriebe, die das kostenfreie<br />
Siegel "Österreichischer Händler" tragen,<br />
sind teilnahmeberechtigt. Das Online-Voting<br />
startet voraussichtlich Ende Februar.<br />
(RED)
6. eCommerce<br />
Logistik- Day<br />
09. September <strong>2021</strong>, Wien<br />
Hybrid Event<br />
Österreichischer Handelsverband<br />
Bleiben Sie gut informiert. Sichern Sie<br />
sich Ihren Informationsvorsprung.<br />
Mehr auf www.logistik-express.com/<br />
ecommerce-logistik-day/<br />
Medienpartner:
LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S18<br />
Auswirkungen des Coronavirus auf<br />
den E-Commerce in 2020<br />
E-Commerce ist für viele traditionelle stationäre Unternehmen, die im "Lockdown"<br />
geschlossen werden mussten, zu einer Lebensader geworden, um ihre<br />
Geschäftstätigkeiten in der digitalen Welt während gesetzlich vorgegebener<br />
Schließungen fortsetzen zu können. BEITRAG: WALTER TREZEK<br />
WALTER TREZEK<br />
VICE-CHAIR<br />
ELOGISTICS-WORKING<br />
GROUP ECOMMERCE<br />
EUROPE<br />
CHAIRMAN OF THE UPU<br />
CONSULTATIVE<br />
COMMITTEE (CC)<br />
UND EXPERTE DES<br />
LOGISTIC-NATIVES E.V.<br />
Die Beschleunigung der Digitalisierung<br />
im europäischen<br />
Wareneinzelhandel infolge<br />
der COVID-19-Pandemie führt<br />
zu einem kontinuierlichen Wachstum des<br />
E-Commerce-Sektors. Unternehmen und<br />
Verbrauchern treiben dieses Wachstum<br />
gleichermaßen an. Einer Studie von<br />
E-Commerce Europe zufolge erwartet der<br />
E-Commerce-Sektor ein weiteres Umsatzwachstum<br />
von Einzelhandelswaren und<br />
Dienstleistungen <strong>2021</strong>, in Abhängigkeit zu<br />
COVID-19-Maß-nahmen.<br />
Wahrnehmung des digitalen Einzelhandels<br />
während COVID-19 pro Land<br />
Nach einer Erhebung von Ecommerce Europe,<br />
melden alle befragten E-Commerce<br />
Verbände eine positive öffentliche Wahrnehmung<br />
des Sektors während der COVID-<br />
19-Krise. Die politische Bewertung sieht etwas<br />
differenzierter aus: Frankreich, Belgien,<br />
Österreich und Spanien berichten von<br />
einer überwiegend negativen Reaktion auf<br />
große, marktbeherrschende E-Commerce-<br />
Akteure. Italien berichtet, dass ein Teil der<br />
Öffentlichkeit Einwände gegen den zunehmend<br />
digitalen Einzelhandel erhoben<br />
hat, und zur Verteidigung von Geschäften<br />
in der Nachbarschaft aufgerufen hat. Auch<br />
von Dänemark wurden ähnliche Entwicklungen<br />
berichtet.<br />
Andere Länder berichten über erfolgreiche<br />
Erfahrungen im stationären Handel, der<br />
online gegangen ist, um weiterhin an Verbraucher<br />
zu verkaufen. Dem folgend hat<br />
etwa in Frankreich die Krise beispielsweise<br />
die Erwartung der Verbraucher gestärkt,<br />
dass lokale Geschäfte als Option Online-<br />
Shopping bieten sollten, für jene die eine<br />
Lieferung nach Hause bevorzugen. Dieser<br />
Wunsch der Konsumenten, der seit Beginn<br />
der Beschränkungen und wohl auch darüber<br />
hinaus besteht, zeigt deutlich das Interesse<br />
der Konsumenten an einem Omnichannel-<br />
Angebot, das bereits von den führenden digitalen<br />
Einzelhändlern angeboten wird und das<br />
nun auch vom lokalen Handel in der direkten<br />
Nachbarschaft erwartet wird.<br />
Auswirkungen auf die Paketzustellung<br />
In der Mehrheit der Mitgliedsstaaten der EU<br />
kam durch COVID-19 zu Verzögerungen bei<br />
der Warensendungszustellung. In 4 Staaten<br />
wurden die Verzögerungen als „schwerwiegend“<br />
eingestuft. Weitere 5 Staaten berichten,<br />
dass Paketzusteller die Verbraucher<br />
gebeten haben, ihre Bestellungen an bestimmten<br />
Abholorten abzuholen.<br />
Auffallend ist, dass die Verzögerungen bei<br />
der Paketzustellung während des zweiten<br />
Lock-down" als weniger schwerwiegend<br />
als beim ersten bewertet werden. Berichtet<br />
wurde auch, dass in mehreren Staaten der EU<br />
es aufgrund der strengen Sperrmaßnahmen,<br />
sowohl zur Verschiebung des Verbraucherverhaltens<br />
in Richtung digitalen Einzelhandel als<br />
auch zu einer nochmals gestiegenen Nachfrage<br />
in der Weihnachtszeit gekommen ist,<br />
was dazu führte das Paketzusteller zusätzliche<br />
Abholpunkte eröffnen mussten, um den erhöhten<br />
Paketfluss zu bewältigen.<br />
COVID-19 Auswirkungen auf den E-Commerce<br />
pro Produktkategorie und Land<br />
Die nationalen E-Commerce Verbände<br />
stellten Unterschiede zwischen der Nachfrage<br />
nach Produkten und Dienstleistungen<br />
in der COVID-19 Krise fest. Mit Bezug auf<br />
Produkte zur Freizeitgestaltung berichteten
die Mehrzeit der E-Ccommerce Verbände<br />
eine Umsatzsteigerung von durchschnittlich<br />
30-40%. Ähnlich in Segment Einrichtungsgegenstände,<br />
hier kam es im dritten Quartal<br />
2020 zu größerer Nachfrage, wobei die Niederlande<br />
und Schweden einen Anstieg des<br />
Online-Umsatzes um 106% bzw. 73% für dieser<br />
Kategorie verzeichneten.<br />
Bei Produkten des täglichen Bedarfs, sowie<br />
Unterhaltung kam es in dem meisten Mitgliedsstaaten<br />
zu einem Umsatzanstieg, ähnlich<br />
wie während des ersten Lock-down im<br />
Frühjahr 2020. Bei Bekleidung und Schuhen<br />
berichten die Hälfte der E-Commerce Verbände<br />
einen Anstieg. Klargestellt wird allerdings,<br />
dass sich die Nachfrage hauptsächlich<br />
auf Waren konzentrierte, die zuhause<br />
getragen werden können, während andere<br />
Arten von Schuhen oder Bekleidung einen<br />
deutlichen Rückgang der Nachfrage verzeichneten.<br />
Der Trend für Dienstleistungen,<br />
insbesondere der Verkauf von Reise- und<br />
Online-Tickets, geht in die entgegengesetzte<br />
Richtung. Eine deutliche Mehrheit der Befragten<br />
gibt einen Umsatzrückgang zwischen<br />
40% und 70% angibt. Die Zusammenfassung<br />
zweigt, dass E-Commerce während der<br />
COVID-19-Krise im Allgemeinen als „Gewinner“<br />
angesehen wird. Tatsächlich aber die<br />
Situation jedoch differenzierter ist. Einige<br />
Kategorien haben tatsächlich ihren Umsatz<br />
gesteigert, während andere bedrohliche Verluste<br />
erlitten haben.<br />
Ecommerce Wachstum: Schätzung 2020<br />
Alle E-Commerce Verbände berichten ein<br />
positives Wachstum bei den digitalen Wareneinzelhandelsverkäufen<br />
im Jahr 2020, das<br />
zwischen 5 und 10% in Polen und 60 bis 75% in<br />
Finnland liegt. Die Entwicklung beim digitalen<br />
Handel von Dienstleistungen ist jedoch nicht<br />
so positiv. 6 befragte E-Commerce Verbände<br />
(Norwegen, Österreich, Bulgarien, Frankreich,<br />
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LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S20<br />
Niederlande und Italien) gaben im Vergleich<br />
zu 2019 einen Rückgang an, wobei Norwegen<br />
einen Rückgang des Online-Verkaufs<br />
von Dienstleistungen von 60% im Vergleich<br />
zu 2019 feststellte. Zählt man den digitalen<br />
Handel mit Produkten und Dienstleistungen<br />
für 2020 zusammen, schätzen die meisten<br />
E-Commerce Verbände ein Wachstum des<br />
Ecommerce Umsatzes zwischen 44% in Irland<br />
und 4% in den Niederlanden. Italien und Norwegen<br />
verzeichnen jedoch einen Gesamtrückgang<br />
von 20% bzw. 3% im Vergleich<br />
zu 2019, was auf den überwältigenden<br />
Rückgang des Online-Umsatzes mit Dienstleistungen<br />
zurückzuführen ist. Während der<br />
E-Commerce-Sektor in Europa im Jahr 2020<br />
ein Gesamtwachstum verzeichnen kann,<br />
ist dieser Trend nicht universell und hängt<br />
von der unterschiedlichen Nachfrage nach<br />
Produkten und Dienstleistungen während<br />
der Pandemie ab.<br />
Erwartung des E-Commerce-Sektors für <strong>2021</strong><br />
Die Prognose aller E-Commerce Verbände<br />
für die Entwicklung des Ecommerce Sektors<br />
im Jahr <strong>2021</strong> ist positiv. 11 Verbände fühlen<br />
sich „sehr zuversichtlich“ und 8 „ziemlich zuversichtlich“.<br />
Ein großer Teil des Wachstums<br />
im Ecommerce Sektor wird dauerhaft sein,<br />
was auf ein erhöhtes Vertrauen der Öffentlichkeit<br />
und Änderungen im Verbraucherverhalten<br />
zurückzuführen ist, und nicht nur auf<br />
eine vorübergehende Folge der Pandemie.<br />
Wenige Verbände teilen Bedenken hinsichtlich<br />
des Wachstums des Sektors nach<br />
dem Ende der COVID-19-Beschränkungen.<br />
Die Mehrheit der Verbände geht von einem<br />
deutlichen Wachstum des Online-Verkaufs<br />
von Produkten im Jahr <strong>2021</strong> aus. Das Wachstum<br />
im digitalen Handel von Dienstleistungen<br />
wie Reisen wird davon abhängen,<br />
ob es zu einer gewissen Entspannung und<br />
einer Rücknahme der bestehenden restriktiven<br />
Maßnahmen kommt. Insgesamt stellen<br />
die europäischen E-Commerce Verbände<br />
fest, dass die COVID-19-Pandemie die Digitalisierung<br />
von Unternehmen in Europa beschleunigt<br />
hat und zu einem kontinuierlichen<br />
Wachstum des E-Commerce Sektors führen<br />
wird, das von Unternehmen und Verbrauchern<br />
gleichermaßen angetrieben wird.<br />
Der E-Commerce hat sich während der Pandemie<br />
zudem zu einer Lebensader für den<br />
traditionell, stationären Handel entwickelt<br />
und sich auch als widerstandsfähig erwiesen,<br />
indem er die gestiegene Nachfrage der Verbraucher<br />
befriedigen konnte und die Bereitstellung<br />
notwendiger Waren und Dienstleistungen<br />
sichergestellt hat.<br />
Der logistic-natives e.V. ist das mittelstandsgeprägte<br />
internationale Logistik-Infrastruktur Netzwerk<br />
des modernen Handels. Der Verband<br />
vertritt aktiv die wirtschaftlichen und rechtlichen<br />
Interessen von über 30.000 Branchenunternehmen.<br />
Dabei unterstützt der logisticnatives<br />
e.V. überwiegend bei der Befähigung<br />
zur fortschreitenden Digitalisierung<br />
von Unternehmen und der Zustellung von<br />
Handelswaren durch digitale Kommunikationsmedien<br />
im Sinne der Zustelloptimierung,<br />
Nachhaltigkeit, life-cycle Management, Kreislauflogistik<br />
und Retourenmanagement.<br />
Das Netzwerk ist mit seiner pragmatischen<br />
Expertise Ansprechpartner für Vertreter aus<br />
Politik, Verwaltung, Wirtschaft und andere Institutionen,<br />
um nationale und internationale<br />
Lösungen für den modernen Handel zu schaffen.<br />
Dabei sie sich der logistic-natives e.V.<br />
als Querschnittsverband zu verschiedenen<br />
Branchen rund um den Handel. (WT)<br />
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VIENNA
LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S22<br />
E-Commerce: Ende von Abgabenhinterziehung<br />
und illegalem Handel<br />
So wie die Digitalisierung des Einzelhandels gewachsen ist, wuchs die Abgabenhinterziehung<br />
und der illegale Einzelhandel. Der Weltpostverein und die EU setzen<br />
Maßnahmen. BEITRAG: WALTER TREZEK<br />
Mit 1 Jänner <strong>2021</strong> müssen alle grenzüberschreitenden<br />
Warenpostsendungen digital<br />
vor deren Versand aus dem Herkunftsland,<br />
der Postgesellschaft im Zustellland gemeldet.<br />
Die bis Ende 2020 analoge (papiergestützte<br />
postalische vereinfachte) Zollerklärung wurde<br />
durch eine volldigitale Zollerklärung, die vorab<br />
gesendet werden muss, abgelöst.<br />
WALTER TREZEK<br />
VICE-CHAIR<br />
ELOGISTICS-WORKING<br />
GROUP ECOMMERCE<br />
EUROPE<br />
CHAIRMAN OF THE UPU<br />
CONSULTATIVE<br />
COMMITTEE (CC)<br />
UND EXPERTE DES<br />
LOGISTIC-NATIVES E.V.<br />
Der digitale Einzelhandel über<br />
das Internet bestellt boomt. Der<br />
Versand der Waren erfolgt über<br />
Paketdienste. So schnell wie die<br />
Digitalisierung des Einzelhandels gewachsen<br />
ist, wuchs die Abgabenhinterziehung und<br />
der illegale Einzelhandel. Der Weltpostverein<br />
und seine 192 Mitgliedsstaaten, ebenso die<br />
EU, setzen weltweit Maßnahmen, die das<br />
ändern werden.<br />
Pflicht zur digitalen Vorabmeldung jeder<br />
Warenpostsendung<br />
Seit gut 10 Jahren lässt sich der Umbau des<br />
Weltpostnetzes von einem Brief- zu einem<br />
Warensendungsnetz beobachten. In dieser<br />
Zeit entdeckten weltweit tätige online<br />
Händler die papiergestützten, vereinfachten<br />
Zollprozesse der Postgesellschaften, um<br />
Waren grenzüberschreitend zu versenden.<br />
Die Einfuhrumsatzsteuerfreigrenze bis zu einem<br />
Warenwert von 22 EUR für Warenpostsendungen,<br />
wird häufig genutzt, um fällige<br />
Abgaben zu hinterziehen. Der Schaden<br />
durch Abgabenhinterziehung in führenden<br />
EU-Märkten, wird wohl 2020 die 10 Mrd. EUR<br />
Marke deutlich überschritten haben.<br />
Was für die Postwarensendung gilt, wird auf<br />
alle Päckchen und Paket ausgeweitet<br />
Das Umstellen des vereinfachten Zollverfahrens<br />
für Postsendungen von analog zu digital,<br />
wurde von der Europäischen Union zum<br />
Anlass genommen, alle Zustelldienste im gemeinsamen<br />
Markt gleich zu stellen. Das Privileg<br />
der Postgesellschaften wird mit 1 Juli <strong>2021</strong><br />
beendet. Für alle Post-, Kurier-, Express- und<br />
Paketzustelldiensten, sowie Zollagenturen<br />
wird ein einheitliches, vereinfachtes Zollverfahren<br />
für grenzüberschreitende Warensendungen<br />
mit geringem Wert (der Wert der<br />
Sendung darf EUR 150 nicht überschreiten)<br />
verpflichtend eingeführt. Gleichzeit fällt auch<br />
die Einfuhrumsatzsteuerfreigrenze zur Gänze.<br />
Jene Staaten, die diesen Schritt schon vollzogen<br />
haben (Schweden, Norwegen, Schweiz,<br />
Australien, und weitere) waren über die<br />
tatsächliche Höhe der zusätzlich eingenommen<br />
Abgaben überrascht. In allen Fällen wurden<br />
die Erwartungen mehr als übertroffen.<br />
Online Handel wird zunehmend für<br />
kriminelle Zwecke genutzt<br />
Falsche Zolldeklarationen und Abgabenhinterziehung<br />
sind eine Herausforderung,<br />
der online Handel aber auch vermehrt für<br />
kriminelle Zwecke genutzt. Die Delikte sind<br />
vielfältig und reichen von einfachen Betrugstaten<br />
bis hin zu terroristischen oder sogar<br />
staatsgefährdenden Delikten. Auch der<br />
– nicht selten anonyme und mittels Krypto-
Währungen abgewickelte – Handel mit illegalen<br />
Waren wie Betäubungsmitteln, Suchtmitteln,<br />
Falschgeld oder Waffen über das<br />
Darknet hat dabei erheblich zugenommen.<br />
Zudem kommen auch Fälle des Betrugs im<br />
Versandhandel, die zuletzt ein bedenkliches<br />
Ausmaß erreicht haben.<br />
Briefgeheimnis und der Schutz der Integrität<br />
der Sendung werden missbraucht<br />
Die finanzpolizeiliche und auch strafrechtliche<br />
Bekämpfung dieser nur exemplarisch<br />
aufgeführten Kriminalitätsphänomene steht<br />
vor der Herausforderung, dass die Täter<br />
oftmals nicht oder nur schwer identifiziert<br />
werden können. Gezielt werden dabei das<br />
Briefgeheimnis – es handelt sich ja oftmals<br />
um "WarenBRIEFsendungen" - aber auch die<br />
Möglichkeiten der Anonymisierung, die das<br />
Internet bietet, genutzt.<br />
Daten müssen vor dem Versand verpflichtend<br />
ausgetauscht werden<br />
Erfolgversprechend zur Identifizierung der Tatverdächtigen<br />
ist der Austausch von Daten am<br />
Übergang von der digitalen in die analoge<br />
Welt, nämlich genau jener Daten, die bei<br />
der Aufgabe und Annahme der Warensendungen<br />
von den Postdienstleistern ab dem<br />
1 Jänner, von allen anderen Kurier-, Expressund<br />
Paktdiensten ab dem 1 Juli <strong>2021</strong> festgehalten<br />
und vorab mit anderen Dienstleistern<br />
und auch den Behörden ausgetauscht<br />
werden müssen.<br />
Verfassungs-, finanz- und strafrechtliche Ermächtigungsgrundlagen<br />
werden geschaffen<br />
Jedoch können die Finanzpolizeilichen- und<br />
Strafverfolgungsbehörden nach dem verfassungsrechtlichen<br />
Prinzip vom Vorbehalt<br />
des Gesetzes nur dann Auskunft über diese<br />
Daten verlangen, wenn sie dafür auch eine<br />
gesetzliche Ermächtigungsgrundlage haben.<br />
Unstreitig war dabei bislang, dass die Strafverfolgungsbehörden<br />
auf der Grundlage des §<br />
99 StPO in Deutschland oder des § 135 StPO<br />
in Österreich – als Minus zur dort geregelten<br />
-körperlichen Beschlagnahme – vom Postdienstleister<br />
auch Auskunft über an den<br />
Beschuldigten gerichtete bzw. von diesen<br />
herrührenden Postsendungen verlangen können,<br />
wenn diese sich im Gewahrsam des Postdienstleisters<br />
befinden. Strittig war dagegen<br />
in Rechtsprechung und Literatur die Frage,<br />
ob eine solche Auskunft auch dann verlangt<br />
werden kann, wenn sich die Postsendung<br />
noch nicht oder nicht mehr im Gewahrsam<br />
des Postdienstleisters befindet.<br />
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LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S24<br />
Dieser Rechtslücke, die von Betrügern und<br />
Kriminellen genützt wurde, wird in diesen<br />
Tagen durch eine Novelle der Deutschen<br />
Strafprozessordnung geschlossen. Gleiche<br />
Bestrebungen lassen sich auch in Frankreich<br />
und anderen EU-Staaten beobachten.<br />
Digitalisierung der Warenzustellung führt zu<br />
Harmonisierung und Standardisierung<br />
Die EU hat bereits vor 20 Jahren begonnen<br />
den Postmarkt, zu dem auch die Zustellung<br />
von Päckchen und Paket gehört, allen Dienstleistern<br />
zu öffnen. Dazu gehört auch<br />
die Begleitung der rechtlichen und regulatorischen<br />
Maßnahmen durch technische<br />
und nachrichten-spezifische Normen.<br />
So haben sich die Wirtschaftsbeteiligten<br />
für die eindeutige Kennzeichnung der Warensendungen<br />
für den Transport auch<br />
über Dienstleistergrenzen hinweg geeinigt.<br />
Die jetzt notwendige Verbindung der Einzelsendungen<br />
mit Informationen über den<br />
Inhalt in den Sendungen, führt zu weiterer<br />
Harmonisierung der Daten, die vorab übermittelt<br />
werden müssen, die aber auch auf<br />
den Etiketten auf den Sendungen präsentiert<br />
werden müssen, um auch eine Überprüfung<br />
unterstützen zu können.<br />
Das Europäische Komitee für Normung, CEN/<br />
TC331 "Postal Services" hat dazu die entsprechenden<br />
Vorarbeiten, unter Mitarbeit<br />
der nationalen Normungsorganisationen<br />
auch in Österreich (Austrian Standards Institute)<br />
und in Deutschland (Deutsches Institut<br />
für Normung) geleistet. Jetzt die Arbeiten<br />
begonnen, die Arbeiten zur weiteren Digitalisierung<br />
auch auf weitere Transport-, Fracht-,<br />
aber auch Verpackungsinformationen zu erweitern.<br />
Ziel ist es dabei, das weitere Wachstum<br />
des digitalen Handels abzusichern, die<br />
Zusammenarbeit zwischen den Marktplätzen,<br />
den Herstellern der Handelswaren, den Zustelldiensten,<br />
den Konsumenten und den Behörden<br />
zu verbessern, und auch die aufgetretenen<br />
Risiken soweit als möglich<br />
zu begrenzen und Betrug und kriminelle<br />
Machenschaften zu bekämpfen.<br />
Der logistic-natives e.V. ist das mittelstandsgeprägte<br />
internationale Logistik-Infrastruktur Netzwerk<br />
des modernen Handels. Der Verband<br />
vertritt aktiv die wirtschaftlichen und rechtlichen<br />
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Nachhaltigkeit, life-cycle Management,<br />
Kreislauflogistik und Retourenmanagement.<br />
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Politik, Verwaltung, Wirtschaft und andere<br />
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der Geschäftsführer Florian Seikel (Florian.<br />
Seikel@logistic-natives.com) gerne persönlich<br />
zur Verfügung. (WT)<br />
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LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S26<br />
Wer hätte das gedacht?<br />
E-Commerce ist doch nicht so böse<br />
Viele halten die momentane, Lockdown bedingte Paketflut für einen<br />
ökologischen Supergau – schließlich müssen all die Pakete auch zugestellt<br />
werden. Studien zeigen jedoch: im Vergleich zum stationären Einkauf<br />
entstehen beim Onlineshopping sogar weniger CO2-Emissionen.<br />
Best Practice dazu: die UNITO-Gruppe liefert seit 1.1.<strong>2021</strong> CO2-neutral.<br />
REDAKTION: ANGELIKA GABOR<br />
und LASCANA – hat es sich zum Ziel gesetzt,<br />
bis 2030 vollständige Klimaneutralität zu erreichen.<br />
Möglich macht dies unter anderem<br />
die Partnerschaft mit den Logistikdienstleistern<br />
Österreichische Post und Gebrüder Weiss.<br />
MAG. HARALD GUTSCHI<br />
GESCHÄFTSFÜHRER<br />
UNITIO-GRUPPE<br />
Im Übereinkommen von Paris beschlossen<br />
knapp 190 Länder, durch eine Reduktion<br />
ihrer Treibhausgasemissionen so stark zu<br />
reduzieren, dass der Anstieg der weltweiten<br />
Durchschnittstemperatur auf deutlich<br />
unter 2°C gegenüber vorindustriellen Werten<br />
begrenzt wird. Sieht man sich die aktuellen<br />
Werte an, sieht die Prognose eher düster<br />
aus. Umso wichtiger und richtiger ist es, dass<br />
Unternehmen sich selbst ambitionierte Ziele<br />
stecken, die Zukunft zu sichern. Die UNITO-<br />
Gruppe – hierzu zählen beispielsweise die<br />
Marken OTTO Österreich, Universal, Quelle<br />
Im Kalenderjahr 2020 wurden in Österreich,<br />
Deutschland und der Schweiz 6,5 Millionen<br />
Sendungen für UNITO bewegt, das<br />
entspricht rund 1.500 Tonnen CO2. Alleine zu<br />
Weihnachten stieg das Sendungsvolumen<br />
um mehr als 30 Prozent. Die Bestellmengen<br />
werden auch nach Ende der Corona-Pandemie<br />
hoch bleiben, erwartet Mag. Harald<br />
Gutschi Sprecher der Geschäftsführung<br />
UNITO-Gruppe/Otto Group: „Die Menschen<br />
fühlen sich wohl beim Onlineshopping. Sie<br />
bestellen mehr und vor allem bewusster,<br />
so konnten wir im letzten Jahr 20 Prozent<br />
weniger Retouren verzeichnen.“ Einen Grund<br />
hierfür sieht er auch in der Qualität des<br />
Onlineshops: gute Bilder, ausführliche Beschreibungen<br />
und auch die Bewertung andere<br />
Kunden würden einen aussagekräftigen<br />
Gesamteindruck vom Produkt vermitteln<br />
und so die Kaufentscheidung erleichtern.<br />
Bei diesen Mengen ist der ökologische Fußabdruck<br />
natürlich gewaltig. „Unserem Vorstand<br />
(insbesondere Aufsichtsratsvorsitzender Prof.<br />
Dr. Michael Otto, Anm.) ist Nachhaltigkeit<br />
sehr wichtig, und mir persönlich ein großes<br />
Anliegen. Wir haben keinen Planeten B“, so<br />
Gutschi. „Die Welt ist in Bewegung, und auch<br />
die Kunden wünschen sich Regionalität und<br />
Klimaschutz und langsam steigt auch die Bereitschaft,<br />
dafür zu bezahlen.“ Darum werden<br />
AL<strong>LE</strong> Bestellungen der Gruppe seit 1. Jänner<br />
<strong>2021</strong> CO2-neutral zugestellt.
Stationär vs. Onlinehandel<br />
Für die Studie „Klimafreundlich einkaufen<br />
– eine vergleichende Betrachtung von<br />
Onlinehandel und stationärem Einzelhandel“<br />
beleuchtete das DCTI Deutsches<br />
CleanTech Institut die Transportwege verschiedener<br />
Produkte vom Zentrallager<br />
zum Kunden unter Berücksichtigung unterschiedlicher<br />
Käufertypen, die bestimmte<br />
Lebens- und Einkommenssituationen<br />
haben und sich unterschiedlich verhalten.<br />
Das überraschende Ergebnis: durch den verdichteten<br />
Transport der Sendungen durch<br />
Paketdienstleister entstehen pro Sendung<br />
weniger CO2 Emissionen als beim individuellen<br />
Einkauf im stationären Handel – schließlich<br />
wird je nach Region ein überwiegender Teil<br />
der Einkaufsfahrten mit dem Auto getätigt.<br />
Sieht man sich als Beispiel den Kleinartikel<br />
Handy an, entstehen beim Kauf im Geschäft<br />
zumindest 450 g CO2, wohingegen durch die<br />
Bündelung bei der Lieferung aus dem Onlineshop<br />
maximal 310 g CO2 freigesetzt werden.<br />
Auch bei Großartikeln, wie beispielsweise<br />
einem Sofa, fällt die Bilanz mit 8,4 kg zu 8 kg<br />
CO2 weniger deutlich, aber dennoch positiv<br />
für den Versandhandel aus. In Summe gesehen<br />
sind die Einsparungen enorm, denn die<br />
DI DR. GEORG PÖLZL, VORSTANDS-<br />
VORSITZENDER DER<br />
ÖSTERREICHISCHEN<br />
POST AG<br />
Österreichische Post stellt derzeit mehr als<br />
700.000 Pakete pro Tag für UNITO zu und im<br />
vergangenen Jahr lieferte Gebrüder Weiss<br />
rund 540.000 Großartikel wie Kühlschränke<br />
oder Möbel an Haushalte in Österreich.<br />
DIPL.-BW. JÜRGEN BAUER, MBA,<br />
GESCHÄFTSFÜHRER, MITGLIED DER<br />
GESCHÄFTSFÜHRUNG DER<br />
GEBRÜDER WEISS GESELLSCHAFT
LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S28<br />
GEORG PÖLZL<br />
VORSTANDSVORSITZENDER<br />
ÖSTERREICHISCHEN<br />
POST AG<br />
JÜRGEN BAUER<br />
GESCHÄFTSFÜHRER<br />
GEBRÜDER WEISS<br />
GESELLSCHAFT<br />
Starke Partner<br />
Vermeiden, reduzieren und kompensieren<br />
– so die Strategie der UNITO. Bei einem Onlinehändler<br />
spielt aber auch die Wahl der<br />
Logistikpartner eine wesentliche Rolle in<br />
der Gesamtbilanz. In Österreich setzt das<br />
Unternehmen daher auf zwei Partner, die<br />
sich selbst schon lange der Nachhaltigkeit<br />
verschrieben haben. So stellt etwa die<br />
Österreichische Post AG bereits seit 2011<br />
sämtliche Briefe, Pakete, Zeitschriften und Werbesendungen<br />
CO2-neutral zu.<br />
„Wir waren weltweit der Vorreiter bei der<br />
CO2-neutralen Zustellung, und bis 2030 wollen<br />
wir auf der letzten Meile sogar CO2-<br />
frei sein“, bestätigt DI Dr. Georg Pölzl, Vorstandsvorsitzender<br />
der Österreichischen Post<br />
AG. Derzeit läuft ein massiver Umbau, um<br />
dem steigenden Paketaufkommen Herr zu<br />
werden: dezentrale Logistikstandorte, eigene<br />
Photovoltaikanlagen und die Zusammenführung<br />
der Brief- und Paketinfrastruktur helfen,<br />
die gesetzten Klimaziele zu erreichen. „Durch<br />
den Einsatz von Elektromobilität konnten wir<br />
zwischen 2014 und 2019 bereits 4.396 Tonnen<br />
CO2 einsparen, und unser E-Fuhrpark wächst<br />
weiter an.“<br />
So wird Graz <strong>2021</strong> als erste Stadt in Österreich<br />
mit 100% emissionsfreier Zustellung zum neuen<br />
Vorreiter in puncto Klimaschutz bei der Post.<br />
Mit Elektrofahrzeugen hat die Post schließlich<br />
Erfahrung, denn schon im Jahr 1913 wurde mit<br />
dem Daimler-Tudor Elektro-Paketwagen elektrisch<br />
zugestellt. Heute umfasst die E-Flotte<br />
bereits mehr als 2.100 moderne Fahrzeuge,<br />
die mit Strom aus den fünf hauseigenen PV-<br />
Anlagen betrieben werden. „Aktuell nicht<br />
vermeidbare Emissionen kompensieren wir<br />
durch Zertifikate 72 nationaler und 75 internationaler<br />
Klimaschutzprojekte - geprüft und<br />
bestätigt vom TÜV AUSTRIA“, führt Pölzl aus.<br />
Für die Auslieferung größerer Artikel vertraut<br />
UNITO auf Gebrüder Weiss – das älteste<br />
Transportunternehmen der Welt mit<br />
mehr als 500jähriger Firmengeschichte.<br />
„Gerade im Lockdown konnte man den Stellenwert<br />
der Logistiker bei der Versorgungsleistung<br />
der Bevölkerung erkennen. Die Fahrer<br />
wurden quasi zu den Krankenschwestern der<br />
Logistik“, meint Dipl.-Bw. Jürgen Bauer, MBA,<br />
Mitglied der Geschäftsführung der Gebrüder<br />
Weiss Gesellschaft m.b.H. „Seit jeher ist unsere<br />
Kernkompetenz, Transporte effizient zu<br />
bündeln, wodurch der Einfluss auf die Umwelt<br />
minimiert wird.“ Gezielte Maßnahmen im<br />
Rahmen der GWcares Initiative zielen gleichermaßen<br />
auf soziale, ökonomische und ökologische<br />
Nachhaltigkeit ab. „Unser Ziel ist es,<br />
unseren CO2-Ausstoß jährlich um 10 Prozent<br />
zu reduzieren und bis 2030 komplett CO2-neutral<br />
zu agieren“, verkündet Bauer.<br />
Während in der letzten Meile bereits E-<br />
Fahrzeuge zum Einsatz kommen, setzt das<br />
Unternehmen für die europaweite Hauptlaufüberwindung<br />
auf Gas-LKW als Brückentechnologie.<br />
„Gemeinsam mit Kunden<br />
planen wir, Konzepte für angrenzende Länder<br />
mit Elektrofahrzeugen zu erstellen. Momentan<br />
scheitert es Großteils an der mangelnden Ladeinfrastruktur.<br />
In der Schweiz machen wir mit Wasserstoff-<br />
LKW sehr gute Erfahrungen, aber für Österreich<br />
ist das aktuell nicht umsetzbar“, bedauert<br />
Bauer. Auch hier fehle es an der Ladeinfrastruktur,<br />
rund 15 Wasserstoff-Tankstellen mit<br />
ausreichendem Ladedruck für die Betankung<br />
eines LKW seien nötig für einen flächendeckenden<br />
Einsatz in Österreich. Bis dahin helfen<br />
Photovoltaik-Anlagen auf Logistik-Terminals,<br />
ein eigener Windpark, Pool-Fahrzeuge und<br />
E-Bikes für Mitarbeiter und klimafreundliche<br />
Schienentransportlösungen wie der Ganzzug<br />
Orange Combi Cargo für die Verringerung<br />
des CO2-Ausstoßes. Auch hier wird der Rest<br />
kompensiert, im Falle der UNITO unterstützt<br />
Gebrüder Weiss ein zertifiziertes Energieeffizienz-Projekt<br />
in Ruanda. Das langfristige Ziel:<br />
bis 2030 auch ohne Kompensation 100 % Klimaneutralität<br />
zu erreichen.<br />
Auch wenn die Corona-Pandemie momentan<br />
die Medien und den Alltag als Thema<br />
Nr. 1 beherrscht, so darf trotzdem nicht auf<br />
das Klima und die Nachhaltigkeit im unternehmerischen<br />
Tun vergessen werden. Die<br />
UNITO-Gruppe, Post und Gebrüder Weiss<br />
zeigen, dass mit Innovation und Wille ökologische<br />
Lösungen umsetzbar sind, die nicht im<br />
Widerspruch zum unternehmerischen Erfolg<br />
stehen. (AG)
6. eCommerce<br />
Logistik- Day<br />
09. September <strong>2021</strong>, Wien<br />
Hybrid Event<br />
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ecommerce-logistik-day/<br />
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LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S30<br />
Internationaler E-Commerce:<br />
Stolperfalle Brexit<br />
Ob Sprachassistenten auf dem Smartphone, Routenvorschläge in der Navigations-App<br />
oder Kaufempfehlungen im Online Shop: Künstliche Intelligenz ist längst<br />
omnipräsent in allen Lebensbereichen. Algorithmen wissen auf die Minute genau,<br />
wann wir mit dem Auto in Wien ankommen – und zwar noch bevor wir in<br />
München losgefahren sind. Sie lotsen uns täglich an Staus vorbei und sagen uns,<br />
wann wir eine Pause machen sollten. Gastbeitrag: Richard Asquith<br />
RICHARD ASQUITH<br />
VP GLOBAL<br />
INDIRECT TAX<br />
AVALARA<br />
Während im Jahr 2020 viele<br />
stationäre Händler mit den<br />
negativen Auswirkungen der<br />
Pandemie und den Lockdown-Maßnahmen<br />
zu kämpfen hatten, erlebt<br />
der E-Commerce in Deutschland weiterhin<br />
einen Aufschwung: Der Online-Handel<br />
verzeichnete einen Gesamtumsatz von 80<br />
bis 88 Millionen und für die kommenden Jahren<br />
rechnet das IFH Köln (Institut für Handelsforschung)<br />
im Rahmen des Branchenreport<br />
Onlinehandel mit weiteren Zuwachsraten.<br />
Bis zum Jahr 2024 könnte der Gesamtumsatz<br />
dabei auf bis zu 142 Milliarden Euro ansteigen.<br />
In Deutschland verkaufen schon heute 60<br />
Prozent der Onlinehändler ihre Waren ins<br />
Ausland und sind so für mehr Konsumenten<br />
attraktiv. Jedoch ist dabei einiges zu<br />
beachten, denn Handelsbeschränkungen<br />
und sich ständig wandelnde Vorschriften,<br />
stellen die Händler vor Herausforderungen.<br />
Der Brexit stellt dabei eine zusätzliche, neue<br />
bürokratische Hürde dar.<br />
Die Herausforderungen des grenzüberschreitenden<br />
Handels<br />
Seit dem 1. Januar <strong>2021</strong> müssen Online-<br />
Verkäufer auch beim Import und Export von<br />
Waren aus Großbritannien wieder mit Zöllen<br />
rechnen. Trotz des Handels- und Kooperationsabkommens<br />
[3] zwischen der EU und<br />
dem Vereinigten Königreich muss zukünftig<br />
doppelt verzollt werden – und zwar wenn die<br />
Waren weder in Großbritannien noch der EU<br />
produziert wurden. Da viele Verkäufer ihre<br />
Waren aus China oder anderen Ländern<br />
importieren, werden diese nach den sogen-<br />
annten Ursprungsregeln des Zolls als nicht<br />
aus dem Vereinigten Königreich beziehungsweise<br />
der EU stammend gezählt. Dies hat<br />
zur Folge, dass sie beim weiteren Handel zwischen<br />
Großbritannien und EU weiterhin den<br />
EU- oder UK-Zöllen unterliegen.<br />
Zwar wird es eine Erleichterung für Waren<br />
geben, die unter die britischen und EU-Zollschwellen<br />
von 135 Pfund beziehungsweise 150<br />
Euro fallen, jedoch ist diese für die meisten<br />
Händler nicht relevant. Denn Verkäufer, die<br />
auf großen Marktplätzen wie Amazon oder<br />
eBay agieren, sind nun dazu verpflichtet, ihre<br />
gesamten Bestände im Voraus im Vereinigten<br />
Königreich oder der EU zu verzollen, bevor sie<br />
überhaupt verkauft wurden.<br />
Auswirkungen des Brexits auf den Handel<br />
Jedoch kommt es bereits zu ersten Schwierigkeiten.<br />
Denn die genauen Anforderungen<br />
an Zollerklärungen, Mehrwertsteuerverpflichtungen<br />
und die Nachweisforderung<br />
über den Nulltarif führt dazu, dass Sendungen<br />
in deutschen Häfen blockiert werden.<br />
Umgekehrt stoßen auch britische Verkäufer<br />
auf Probleme beim Versand nach Deutschland.<br />
Zum Beispiel weigern sich teilweise<br />
deutsche Kunden, die von britischen Anbietern<br />
vorgelegten EU-EORI-Nummern zu akzeptieren,<br />
obwohl diese eine Grundvoraussetzung<br />
für die neuen Handelsanforderungen<br />
des Vereinigten Königreichs sind.<br />
Dies ist ein schwerwiegendes Problem; die<br />
Händler stehen unter Druck, die Kundenerwartungen<br />
zu erfüllen und – wie üblich - schnell<br />
sowie problemlos die Waren zu liefern. Überraschende<br />
Zoll- und Einfuhrgebühren können
sich also negativ auf das Kundenerlebnis auswirken,<br />
was zu Rücksendungen, zusätzlichen<br />
Kosten und zu unzufriedenen Kunden führen<br />
kann. Für eine schnelle Lieferung ist die Vermeidung<br />
von größeren Verzögerungen beim<br />
Zoll deshalb von großer Bedeutung. Um einen<br />
hohen Standard beim Versand gewährleisten<br />
zu können, sind deswegen viele der Einzelhändler<br />
immer stärker auf operative Unterstützung<br />
durch die Logistikdienstleister angewiesen.<br />
Mit passender Technologie zum erfolgreichen<br />
Handel<br />
Beim Handel mit importierten Waren zwischen<br />
EU und Großbritannien ist die beste Option,<br />
Waren zunächst direkt vom Ursprungsland in<br />
die EU oder das Vereinigte Königreich einzuführen.<br />
Dies schließt anfängliche Zölle und<br />
Doppelbesteuerung aus. Allerdings müssen<br />
Händler dann zwei Lagerbestände vorhalten,<br />
den Cashflow belasten sowie Retouren und<br />
Veralterung an zwei Standorten verwalten.<br />
Bei der Zusammenarbeit mit externen Logistikanbietern<br />
kann der Einsatz von automatisierten<br />
Lösungen hilfreich sein, um den Anforderungen<br />
und der Verwaltung von internationalen<br />
Versorgungsketten gerecht zu werden.<br />
Durch die Verwaltung eines effizienten<br />
Technologie-Stacks können Einzelhändler<br />
eine reibungslose Integration zwischen<br />
E-Commerce-Plattformen und Logistikdienstleistern<br />
gewährleisten und eine synergetischere<br />
sowie strategischere Partnerschaft<br />
schaffen. Lösungen wie Avalara Item Classification<br />
und AvaTax Cross-Border ermöglichen<br />
die unkomplizierte Zuordnung, Anwendung<br />
und Kommunikation der relevanten Compliance-Details,<br />
die für eine Minderung von Zollverzögerungen<br />
erforderlich sind.<br />
Die Erfüllung der richtigen Compliance-<br />
Anforderungen trägt dann zu einem reibungslosen<br />
Warenverkehr über die Grenzen hinweg<br />
bei und stellt sicher, dass die Erwartungen<br />
der Verbraucher erfüllt werden. (RED)<br />
Die Welt der<br />
nachhaltigen<br />
Logistik<br />
• logistik-express.com<br />
• binnenschiff-journal.at<br />
• umwelt-journal.at<br />
• transportlogistik.business<br />
• ecommerce-logistik.business<br />
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• mylogistics.business<br />
m.jaklitsch@logistik-express.at
LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S32<br />
Mercosur-Abkommen mit starkem<br />
Gegenwind<br />
Neben Umweltschützern und europäischen Landwirtschaftsverbänden stellt<br />
sich nach Österreich und den Benelux-Staaten jetzt auch Frankreich gegen das<br />
Mercosur-Abkommen. Mehr Wettbewerb im Landwirtschaftsbereich ist nicht erwünscht.<br />
REDAKTION: URSULA SCHMELING<br />
URSULA SCHMELING<br />
REDAKTION<br />
LOGISTIK EXPRESS<br />
Nach 20 Jahren Verhandlungen<br />
hatten sich die EU und die Mercosur-Staaten<br />
Brasilien, Argentinien,<br />
Uruguay und Paraguay 2019 auf<br />
ein umfassendes Assoziierungsabkommen<br />
verständigt. Bevor der Vertrag in Kraft treten<br />
kann, muss er jedoch von allen EU-Mitgliedstaaten<br />
ratifiziert werden. Die Parlamente<br />
Österreichs, der Niederlande sowie der französischsprachigen<br />
Region Belgiens haben<br />
den Text in seiner jetzigen Form bereits abgelehnt.<br />
Auch die deutsche Regierung, die<br />
den Abschluss des Abkommens jahrelang<br />
forciert hatte, zeigt sich skeptisch. Nun verlangt<br />
Frankreich Garantien zur Einhaltung von<br />
Umweltstandards. Politische Absichtserklärungen<br />
seien nicht ausreichend. Frankreich will<br />
ein Abkommen verhindern, das mehr Fleischund<br />
Agrarexporte aus Lateinamerika in die<br />
EU ermöglicht und zu mehr Abholzung und<br />
Waldbränden im Amazonasgebiet führt.<br />
Worum geht’s?<br />
Das Mercosur-Abkommen ist analog den<br />
neuen EU-Abkommen mit Kanada und Japan<br />
breit und umfassend angelegt. Es deckt<br />
nicht nur tarifäre Fragen (Zoll, Exportsubventionen),<br />
sondern auch den Handel mit<br />
Dienstleistungen und andere handelsrelevante<br />
Aspekte wie Investitionen, Gründung<br />
von Niederlassungen, Zugang zu öffentlichen<br />
Ausschreibungen, Arbeitnehmerrechte und<br />
Wettbewerbsfragen ab. Ein wichtiger Teil ist<br />
der Abbau nicht-tarifärer Handelsschranken,<br />
insbesondere unterschiedliche technischer<br />
Normen und Vorschriften. Derzeit erheben<br />
die Länder des Mercosur relativ hohe Zollabgaben,<br />
die für Kraftfahrzeuge, Textilien, Bekleidung,<br />
Schuhe, Spirituosen und Softdrinks<br />
bei bis zu 35 % liegen, für Wein bei 27%, für<br />
Kraftfahrzeugteile, Chemikalien und Kekse<br />
bei bis zu 18 %, für Maschinen bei 14 - 20 %<br />
und für Arzneimittel bei bis zu 14 %. Mit dem<br />
Abkommen sollen Zölle auf 91 % der EU-Exporte<br />
nach und nach reduziert oder ganz<br />
beseitigt werden. Die EU-Einfuhrzölle auf 92 %<br />
der Mercosur-Waren sollen ebenfalls gesenkt<br />
oder abgeschafft werden.<br />
Zahlreiche Schutzklauseln<br />
Das Abkommen ist mit verschiedenen Schutzklauseln<br />
ausgestattet. Beispielsweise sollte es<br />
aufgrund der Zollsenkungen zu einem unerwarteten,<br />
erheblichen Anstieg der Einfuhren<br />
kommen, der die inländische Industrie schwer<br />
zu schädigen droht, ist die Einführung vorübergehender<br />
Schutzmaßnahmen erlaubt.<br />
Für Importe in die EU sollen weiterhin die bestehenden,<br />
hohen Standards der Lebensmittelsicherheit,<br />
Tier- und Pflanzengesundheit<br />
gelten. Im Abkommen wird ausdrücklich<br />
das „Vorsorgeprinzip“ beibehalten, wonach<br />
Behörden das Recht haben, zum Schutz<br />
menschlichen, tierischen oder pflanzlichen<br />
Lebens oder der Umwelt zu handeln, wenn<br />
nach ihrer Einschätzung ein Risiko besteht.<br />
Dies gilt selbst dann, wenn keine eindeutigen<br />
einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse<br />
vorliegen. Corona lässt grüssen.<br />
Das Abkommen enthält detaillierte Bestimmungen<br />
in Bezug auf Urheberrechte, Marken,<br />
gewerbliche Muster, geografische Angaben<br />
und Pflanzensorten. Der Abschnitt über die<br />
Rechte des geistigen Eigentums regelt auch<br />
den Schutz von Geschäftsgeheimnissen. Die<br />
EU und die Länder des Mercosur verpflichten<br />
sich außerdem das Pariser Klimaschutzübereinkommen,<br />
das Übereinkommen über den<br />
internationalen Handel mit gefährdeten Arten<br />
freilebender Tiere und Pflanzen (CITES) sowie
UN-Abkommen über die biologische Vielfalt<br />
und Fischereibewirtschaftungsmaßnahmen<br />
wirksam umzusetzen. Organisationen der Zivilgesellschaft<br />
erhalten die Möglichkeit, die Umsetzung<br />
des Abkommens – auch in Umweltbelangen<br />
– aktiv zu überwachen. Ferner sieht<br />
das Abkommen ein neues Forum für eine engere<br />
Zusammenarbeit für einen nachhaltigeren<br />
Ansatz in der Landwirtschaft vor.<br />
Interessanter Wachstumsmarkt<br />
Der Mercosur zählt rund 260 Millionen Verbraucher.<br />
Das sind nur halb so viele wie in der EU<br />
(512 Millionen), aber das jährliche bilaterale<br />
Handelsvolumen der EU mit dem Mercosur belief<br />
sich vor der Pandemie auf rund 88 Mrd. EUR<br />
(Waren) bzw. 34 Mrd. EUR (Dienstleistungen).<br />
Der Wirtschaftsblock wird durch Brasilien dominiert,<br />
auf das 80% der Wirtschaftskraft und<br />
der Bevölkerung entfällt. Die EU führt pro Jahr<br />
Waren im Wert von 45 Mrd. EUR in die Mercosur-Länder<br />
aus und importiert von dort Waren<br />
von ähnlichem Wert (43 Mrd. EUR). Bei den<br />
Dienstleistungen sind die EU-Ausfuhren mehr<br />
als doppelt so hoch wie die Einfuhren (23 Mrd.<br />
EUR versus 11 Mrd. EUR). Durch Zollsenkungen<br />
könnten Exporteure in der EU laut EU-Angaben<br />
jährlich über 4 Mrd. EUR an Kosten sparen.<br />
EFTA zieht nach<br />
Am 23. August konnten auch die EFTA-<br />
(Schweiz, Norwegen, Island, Liechtenstein)<br />
und die Mercosur-Staaten ihre Verhandlungen<br />
über ein Freihandelsabkommen in der<br />
Substanz abschließen. Es befreit mittelfristig<br />
rund 95 Prozent der EFTA-Ausfuhren in die<br />
Mercosur-Staaten von Zollabgaben. Zudem<br />
werden technische Handelshemmnisse abgebaut,<br />
der Marktzugang für EFTA Dienstleistungserbringer<br />
erleichtert und die bilateralen<br />
Wirtschaftsbeziehungen generell gestärkt.<br />
Das FHA verhindert eine Schlechterstellung<br />
der Unternehmen im EFTA-Raum gegenüber<br />
denen in der EU. Beide FHA sind sich inhaltlich<br />
sehr ähnlich. Zu den zentralen Punkten des<br />
Abkommens zählen ein weitgehend freier Zugang<br />
für EFTA-Industrieprodukte, Quoten für<br />
ausgewählte Mercosur-Agrarexporte und ein<br />
Patentschutz für Schweizer Pharmakonzerne.<br />
Im Agrarbereich gewährt beispielsweise die<br />
Schweiz für ausgewählte Produkte erstmals<br />
auch bilaterale Kontingente außerhalb ihrer<br />
WTO-Verpflichtungen. Diese Konzessionen<br />
wurden so ausgestaltet, dass sie die Ziele der<br />
Schweizer Agrarpolitik nicht in Frage stellen.<br />
Das Abkommen soll noch in diesem Jahr ratifiziert<br />
werden. Es bleibt abzuwarten, ob es bis<br />
dahin die Referendum-Hürde in der Schweiz<br />
erfolgreich genommen hat.<br />
Fazit<br />
Mit neuen Freihandelsabkommen hatten Europas<br />
Politiker gehofft, dem Vormarsch Chinas<br />
in Südamerika Einhalt gebieten zu können.<br />
Doch sie haben wohl einmal mehr die Lobby<br />
der Landwirtschaft und extremen Umweltschützer<br />
unterschätzt. Die große Mehrheit der<br />
Unternehmen in der EU und im Mercosur sind<br />
KMU, die auch den Grossteil der Arbeitsstellen<br />
in Ihren Ländern stellen. Einigen eröffnet das<br />
Mercosur-Abkommen interessante Exportmöglichkeiten.<br />
Nur wer wagt, gewinnt. Doch<br />
die Veränderungsresistenten werden wohl<br />
siegen und die Abkommen in EU und EFTA<br />
scheitern lassen. (US)
LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S34<br />
Corona lässt Regionalität und Bio im<br />
Lebensmittelhandel boomen<br />
Auch wenn viele Österreicher im Jahr 2020 den Gürtel enger schnallen mussten,<br />
konnte im Lebensmittelhandel ein signifikantes Umsatzplus bei Biomarken und<br />
nachhaltigen Produkten beobachtet werden. Spitzenreiter und neuer Marktführer<br />
in Österreich: die SPAR Warenhandels AG.<br />
REDAKTION: ANGELIKA GABOR<br />
sogar 37,1 Prozent – ein Plus im Vergleich zu<br />
Dezember 2019 um stolze 3,1 Prozentpunkte.<br />
Offensichtlich fanden im letzten Quartal die<br />
Kunden wieder zur ihrer zu Beginn der Corona-Krise<br />
schwächelnden Vorliebe für Frische<br />
in Bedienung zurück – der Trend zu SB ohne<br />
Kontakt zu Mitarbeitern ist gebremst. „Als im<br />
März 2020 – es war ein Freitag der 13. - der<br />
Lockdown ab dem darauffolgenden Montag<br />
verkündet wurde, hatten wir schon einen Informationsvorsprung<br />
durch unsere Tochter in<br />
Italien. Für uns war es sehr wichtig, die Anatomie<br />
der Coronakrise genau zu analysieren,<br />
um entsprechende Maßnahmen zu setzen“,<br />
erzählt Drexel.<br />
MAG. RAINER WILL<br />
GESCHÄFTSFÜHRER<br />
HANDELSVERBAND<br />
Im Gespräch mit Handelsverband-Geschäftsführer<br />
Ing. Mag. Rainer Will legte<br />
Gerhard Drexel anschaulich dar, wo die<br />
Gründe für den wirtschaftlichen Erfolg<br />
liegen, wie es weitergehen wird und wo die<br />
größten Herausforderungen der Gegenwart<br />
und Zukunft liegen.<br />
Seit 1990 ist Drexel im Vorstand von Spar,<br />
seit 2001 in der Funktion des Vorstandsvorsitzenden<br />
der Spar Warenhandels AG. Als solcher<br />
kennt er das Unternehmen natürlich wie<br />
seine Westentasche und ist an der Unternehmensstrategie<br />
sowie dem Erfolg maßgeblich<br />
mitbeteiligt. Anfang 2020, also noch vor dem<br />
Ausbruch der Pandemie, schnappte sich Spar<br />
die Marktführerschaft im österreichischen<br />
Lebensmittelhandel vom Mitbewerber REWE.<br />
Im Herbst betrug der Marktanteil laut jüngster<br />
Brancheninfo 34,2 Prozent, im Dezember<br />
Doppelstrategie als Schlüssel zum Erfolg<br />
Drexel ist überzeugt davon, dass sein Unternehmen<br />
gestärkt aus der Krise hervorgehen<br />
wird – der Marktanteil ist ein deutliches<br />
Indiz dafür, dass er Recht hat: „Der erste Teil<br />
unserer gut durchdachten Corona-Doppel-<br />
Strategie nahm Anlehnung an Hans Domizlaffs<br />
Bestseller über die Gewinnung des<br />
öffentlichen Vertrauens.“ Mit diesem Ziel im<br />
Blick wurden etliche Maßnahmen umgesetzt:<br />
die Verteilung von Gratis-Mundnasenschutz-<br />
Masken, die Willkommensgeste bei der Verteilung<br />
durch die Mitarbeiter und auch das<br />
Hygienemanagement sorgten dafür, dass<br />
die Kunden sich sicher fühlen konnten – und<br />
offensichtlich gerne zum Einkaufen kamen.<br />
„Parallel dazu haben wir nie aufgehört, an<br />
den Erfolgsfaktoren der Zukunft weiterzuarbeiten.<br />
Dazu zählen beispielsweise die offensive<br />
Marktbearbeitung und die konsequente<br />
Weiterentwicklung unserer Eigenmarken.“<br />
Besonders die günstige Eigenmarke S-Budget<br />
wurde stark erweitert: „Durch die aktuelle<br />
Lage – Rekordarbeitslosigkeit und sehr viele
Menschen in Kurzarbeit – sind viele Menschen<br />
gezwungen, günstig einzukaufen. Mit<br />
S-Budget wollen wir da ein breites Angebot<br />
schaffen.“ Schließlich gaben in Umfragen 30<br />
Prozent der Österreicher an, weniger für Lebensmittel<br />
auszugeben; 14 Prozent erklärten,<br />
nur noch lebensnotwendige Güter zu kaufen.<br />
Im Jahr 2020 kamen bei Spar 280 neue Eigenmarkenprodukte<br />
zum Sortiment, verteilt<br />
über alle Preissegmente. Zudem wurden die<br />
Expansionspolitik und die Ladenerneuerung<br />
konsequent weitergeführt.<br />
Regional und lokal<br />
Gerade im Lockdown zeigte sich, dass die<br />
Kunden Wert auf österreichische Hersteller<br />
legen – je regionaler, desto besser. „Wir haben<br />
die Kooperation mit österreichischen Lebensmittelproduzenten,<br />
Brauereien usw. forciert.<br />
Im Fokus lagen dabei insbesondere lokale<br />
Hersteller, die aufgrund ihrer Kapazitäten nur<br />
einige wenige Filialen mit ihren Produkten beliefern<br />
können“, führt Drexel aus. Aktuell hat<br />
Spar rund 7.000 lokale Biobauern und Produzenten<br />
als Partner. Bei Molkereiprodukten<br />
beträgt der Anteil österreichischer Produkte<br />
95 Prozent, bei Backwaren 90 Prozent – Tendenz<br />
steigend. Aktuell beliefern etwa 500<br />
lokale Bäcker naheliegende Filialen. Drexel:<br />
„Wir sind quasi der Erfinder der Regionalisierung<br />
im Lebensmittelhandel. Natürlich<br />
haben wir auch internationale Markenartikel<br />
– ein Whiskey kommt eher aus Irland.“ Spar<br />
hilft seinen Partnern auf Wunsch auch beim<br />
Ausbau ihrer Strukturen und Kapazitäten, um<br />
größere Gebiete abdecken zu können.<br />
vergleichsweise 111.912 Tonnen Bio-Lebensmittel<br />
verkauft. Der rollierenden Agrarmarktanalyse<br />
der Agrarmarkt Austria Marketing<br />
GesmbH (RollAMA) zufolge sind vor allem<br />
die Milch-, Joghurt- und Eiersortimente in Bioqualität<br />
besonders gefragt. Insgesamt lag<br />
der Anteil der umgesetzten Frischeprodukte<br />
im Lebensmittelhandel in Bio-Qualität im Jahr<br />
2019 bei knapp 10 Prozent, im Juni 2020 erstmals<br />
über 10 Prozent. Aktuell sind laut Verein<br />
Bio Austria rund 22 Prozent der heimischen<br />
landwirtschaftlichen Betriebe nach den Kriterien<br />
der Bio-Landwirtschaft zertifiziert – das<br />
entspricht 24.225 Höfen bzw. rund 24 Prozent<br />
der österreichischen Agrarflächen, das ist EUweiter<br />
Spitzenwert.<br />
GERHARD DREXEL<br />
VORSTANDSVORSITZENDER<br />
SPAR ÖSTERREICHISCHE<br />
WARENHANDELS-AG<br />
Boom bei Bio und Nachhaltigkeit<br />
Auch wenn es ob der finanziell angespannten<br />
Situation paradox erscheint, greifen die<br />
Österreicher vermehrt zu Bioprodukten. Im<br />
Zeitraum vom 1.1.2020 bis zum 31.8. 2020<br />
stieg der Umsatz der Spar natur pur Produkte<br />
um 26 Prozent. „Je unsicherer das Umfeld für<br />
die Konsumenten ist, umso sicherer wollen<br />
sie sich ernähren“, kennt Drexel den Grund.<br />
Spar verzichtet bei über 5.000 Eigenmarkenprodukten<br />
auf Glyphosat, Palmöl und Gentechnik.<br />
Insgesamt kauften die Österreicher<br />
im 1. Halbjahr laut Statista GmbH rund 96.723<br />
Tonnen Bioprodukte – also aus ökologischer<br />
Landwirtschaft ohne synthetische Pflanzenschutz-<br />
und Düngemittel - im Lebensmitteleinzelhandel.<br />
Im gesamten Jahr 2010 wurden<br />
Mit Hilfe eines eigenen wissenschaftlichen<br />
Ärztebeirates mit 6 bis 7 ständigen Mitgliedern<br />
arbeitet Spar seit 15 Jahren an der Weiterentwicklung<br />
seiner Produkte. Das Ziel: gesunde<br />
Rezepturen. Der Gesundheitsbeirat legt dabei<br />
nicht nur fest, welche Inhaltsstoffe wünschenswert<br />
sind, sondern auch, was weggelassen<br />
wird. Bekanntes Beispiel hierfür ist die Reduktion<br />
von Zucker. Oder eben Bio-Qualität. „Wir<br />
haben uns schon früh dazu bekannt, dass wir<br />
für ein flächendeckendes Glyphosatverbot in<br />
der Landwirtschaft eintreten. Die österreichische<br />
Bundesregierung muss endlich Courage<br />
zeigen und das nationale Verbot – das schon<br />
zwei Mal im Parlament beschlossen wurde –<br />
auch endlich zum Gesetz machen“, meint<br />
Drexel energisch. Leider verabsäumten es die
LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S36<br />
Regierungsparteien in der Nationalratssitzung<br />
vom 20. Jänner <strong>2021</strong>, das zuvor angekündigte<br />
Teilverbot für das Pflanzengift einzubringen.<br />
Glyphosat ist unter anderem im Unkrautvernichter<br />
Roundup enthalten, dessen Hersteller<br />
Monsanto nun zur deutschen Bayer AG gehört.<br />
Mitte 2020 schloss Bayer einen Kompromiss<br />
zum Abschluss von etwa drei Viertel der<br />
aktuell gerichtsanhängigen Roundup-Verfahren:<br />
satte 9,1 bis 9,8 Milliarden Euro sollen<br />
die Fälle aus der Welt schaffen. Weniger giftig<br />
wird der Stoff dadurch nicht.<br />
Herkunftskennzeichnung in der Gastronomie<br />
Schon längst haben wir uns in Österreich daran<br />
gewöhnt, dass beim Kauf von abgepackten<br />
Fleisch- und Milchprodukten auf der Packung<br />
steht, wo das gute Stück herkommt und verarbeitet<br />
wurde. Seit April 2015 ist die EU-weite<br />
Fleisch-Kennzeichnung aller Fleischsorten<br />
verpflichtend. Allerdings betrifft das nicht fertig<br />
verarbeitete Waren. Wer im Gasthaus ein<br />
Wiener Schnitzel genießt, wird nur im Ausnahmefall<br />
und auf Nachfrage erfahren, wo das<br />
Kälbchen vor der Schlachtung herumhopsen<br />
durfte. Unfair, findet Drexel: „Warum gibt es<br />
keine Kennzeichnungspflicht in Gastronomie,<br />
Kantinen und öffentlichen Bereichen? Eine<br />
Kennzeichnung von Fleisch, Eiern und Milchprodukten<br />
in diesen Bereichen würde die<br />
Gäste zufriedener machen.“ Da dies aber<br />
die Kosten für die Gastronomen erhöhen<br />
würde, hat er einen Vorschlag zur Unterstützung<br />
der krisengebeutelten Branche parat:<br />
„Aktuell gibt es eine Mehrwertsteuersenkung<br />
in der Gastronomie auf 5 Prozent. Ich würde<br />
vorschlagen, diese Senkung permanent zu<br />
belassen, wenn im Gegenzug dafür eine<br />
Herkunftskennzeichnung stattfindet.“ Spar<br />
bietet seit 25 Jahren Rind-, Kalb- und Schweinefleisch<br />
zu 100 % aus Österreich an, ausgezeichnet<br />
mit dem AMA Gütesiegel. Auch<br />
Eier und Milch sind seit Jahren ausschließlich<br />
von heimischen Produzenten.<br />
Hemmschuh Pflastikpfand?<br />
Aktuell werden in Österreich durchschnittlich<br />
sieben von zehn PET-Flaschen fachgerecht<br />
recycelt – wobei Wien einem Sammelanteil<br />
von nur einem Drittel aller Plastikflaschen<br />
das unrühmliche Schlusslicht darstellt. Um die<br />
Vorgaben der Europäischen zu erfüllen (und<br />
Strafen zu umgehen), muss die Rücklaufquote<br />
deutlich gesteigert werden. Als probates Mittel<br />
wird die Einführung eines Einwegpfandsystems<br />
beworben: Ende Jänner präsentierte die<br />
grüne Umweltministerin Leonore Gewessler in<br />
einer Wiener Lidl-Filiale einen entsprechenden<br />
Pfandautomaten. Handelsverband und Spar-<br />
Vorstand können dieser Idee hingegen gar<br />
nichts abgewinnen. „Die Politik sollte uns nicht<br />
grundlos das Leben erschweren. Ein Zwangspfand<br />
auf Einwegplastik ist populistisch und<br />
der falsche Weg. Wir Nahversorger würden<br />
zur Mülldeponie verkommen, vom Hygieneproblem<br />
mit Restflüssigkeiten ganz zu schweigen.<br />
Es gibt bereits tolle Sammelsyteme, die<br />
müssen lediglich ausgeweitet werden“, wird<br />
Drexel deutlich. Auch der Handelsverband<br />
ist vehement dagegen. Will: „Angesichts der<br />
schlimmsten Wirtschaftskrise seit dem Zweiten<br />
Weltkrieg ist es unverantwortlich, in ganz<br />
Österreich flächendeckend ein Pfandsystem<br />
einzuführen. Allein die Anschaffungskosten<br />
eines Leergutautomaten liegen zwischen<br />
25.000 und 50.000 Euro. Viele kleine Betriebe<br />
können sich das nicht leisten.“ Statt dessen<br />
plädiert Will für die Umsetzung des von der<br />
WKÖ ausgearbeiteten 10-PUNKTE-PLANs zur<br />
Erreichung der EU-Abfallquoten mit einer alltagstauglichen<br />
Kreislaufwirtschaft – zu einem<br />
wesentlich günstigeren Preis.<br />
Mercosur – Fluch oder Segen?<br />
Geht es nach Drexel, ist der von der EU angepeilte<br />
Mercosur-Handelspakt (eine Freihandelszone<br />
mit den Mercosur-Staaten Argentinien,<br />
Brasilien, Paraguay und Uruguay)<br />
eindeutig ein Fluch. Wie viele andere fürchtet<br />
auch er, dass billiges Rindfleisch im Austausch<br />
gegen deutsche Automobile den österreichischen<br />
Markt überschwemmen könnte. Neben<br />
der billigen Produktion in Massentierhaltung<br />
ist das Rindfleisch auch fürs Klima ein Drama:<br />
„In Brasilien erzeugtes Rindfleisch verursacht in<br />
der Produktion 80 kg CO2, in Europa hingegen<br />
entstehen nur 22 kg CO2“, so Drexel, „Wir<br />
haben uns schon im Juli 2019 deutlich gegen<br />
diesen Handelspakt ausgesprochen und<br />
diese Entscheidung auch klar begründet. Es<br />
darf nicht sein, dass Deutschland zollfrei Autos<br />
liefern darf und wir im Gegenzug hormonbelastetes<br />
Rindfleisch zu Schleuderpreisen importieren<br />
müssen.“ Bei der Aufzucht der Rinder<br />
in Brasilien kommen Wachstumshormone zum<br />
Einsatz, die in Europa verboten sind – ebenso<br />
wie mit Pestiziden belastetes Futter. Dafür<br />
kostet es nur etwa die Hälfte von österreichis-
chem Fleisch. Im Vertrag ist vorgesehen, dass<br />
jährlich 99.000 Tonnen Rindfleisch, 180.000<br />
Tonnen Zucker und 100.000 Tonnen Geflügel<br />
zollfrei aus Südamerika importiert werden dürfen<br />
– in der Hoffnung, dass Zölle auf die Exporte<br />
von Autos und anderen Industriegütern<br />
wegfallen. Doch während in Europa die<br />
Mindeststandards hinsichtlich Umweltschutz,<br />
Tierschutz und Klima ständig strenger werden,<br />
wird beim importierten Fleisch darauf verzichtet.<br />
Drexel: „Das bedeutet den Bankrott<br />
für unsere Rinderbauern.“<br />
Aktuell sind die Verhandlungen allerdings ins<br />
Stocken geraten – sehr zum Missfallen Portugals,<br />
das aktuell den Vorsitz des EU-Rates inne<br />
hat und die Unterzeichnung des Abkommens<br />
zum zentralen handelspolitischen Ziel seiner<br />
Präsidentschaft erklärt hat. Die rasante Abholzung<br />
des Amazonas-Regenwaldes bereitet<br />
insbesondere angesichts des voranschreitenden<br />
Klimawandels immer mehr Menschen<br />
Sorgen. Als größter Handelspartner und Investor<br />
in den vier Mercosur-Ländern mit 260<br />
Millionen Konsumenten birgt der Deal großes<br />
Potential. Allein im Jahr 2019 exportierte die<br />
EU Waren im Wert von 41 Milliarden Euro in<br />
diese Staaten. Natürlich kann sich auch die<br />
EU-Kommission nicht gänzlich vor der Kritik<br />
verschließen. Um ein Aufschnüren des<br />
seit 2019 im Wesentlichen ausverhandelten<br />
Paktes, der nur auf die Ratifizierung wartet, zu<br />
verhindern, ist die Formulierung von Protokollzusatzerklärungen<br />
im Gespräch.<br />
In diesen Erklärungen soll die Verbindlichkeit<br />
der Nachhaltigkeit – Stichwort illegale Brandrodungen<br />
– festgeschrieben werden. „Dieser<br />
'Beipackzettel' ist nichts wert. Sobald der<br />
Vertrag unterzeichnet ist, wird munter weiter<br />
abgeholzt, und Bolsonaro (Präsident Brasiliens,<br />
Anm.) macht, was er will“, ärgert sich<br />
Drexel. Denn auch wenn im bisherigen Vertragsentwurf<br />
ein Bekenntnis zum Übereinkommen<br />
der Klimakonferenz von Paris enthalten<br />
ist – es sind keinerlei Sanktionen bei Verstößen<br />
festgelegt. Ein Schelm, der Böses dabei denkt.<br />
In seiner derzeitigen Form steht der Mercosur-Deal<br />
jedenfalls im klaren Widerspruch zum<br />
„Green Deal“ der EU, wie die unabhängige<br />
Studie eines internationalen Forscher-Teams<br />
unter Beteiligung der HU Berlin, der Senckenberg<br />
Gesellschaft und des UFZ unter Leitung<br />
der Universität Oxford „The EU-Mercosur<br />
Agreement fails to meet the three tenets of<br />
sustainable trade: inclusion, transparency<br />
& enforcement;“ zeigt. Die Art und Weise,<br />
wie Rindfleisch und Soja-Viehfutter produziert<br />
werden sowie die damit einhergehende<br />
Flächengewinnung durch Rodung des Regenwaldes<br />
ohne Rücksicht auf indigene Bevölkerungsgruppen<br />
macht die Einhaltung der<br />
drei Säulen des EU-Nachhaltigkeitskonzeptes<br />
unmöglich. Zusammengefasst wird der Freihandelspakt<br />
die Zerstörung des Amazonasgebietes<br />
noch beschleunigen, denn schon<br />
jetzt wird in der Anbauregion für europäischen<br />
Konsum alle drei Minuten die Fläche<br />
eines Fußballfeldes gerodet. AG)<br />
WARUM SOLLTEN WIR DIE<br />
HERKUNFT VON <strong>LE</strong>BENS-<br />
MITTELN KENNZEICHNEN,<br />
GERHARD DREXEL?<br />
http://bit.ly/2M5LOYk
LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S38<br />
Amazon: US-Gigant als Segen und<br />
Fluch, Vorbild und abschreckendes<br />
Beispiel (nicht nur) für die Logistikbranche<br />
Zu Amazon gibt es wohl so viele Meinungen wie es Menschen gibt. Allzu einseitig<br />
sollte der Handelsriese jedoch nicht bewertet werden, denn Licht und Schatten<br />
sind bei ihm gleichermaßen im Überfluss vorhanden. BEITRAG: REDAKTION<br />
Einflusses wohl jenseits der britischen East<br />
India Trading Company keinen Vergleich in<br />
der Menschheitsgeschichte hat.<br />
JEFFREY PRESTON „JEFF“<br />
BEZOS, UNTERNEHMER<br />
& INVESTOR. GRÜNDER<br />
DES ONLINEVERSAND-<br />
HÄND<strong>LE</strong>RS AMAZON<br />
UND GILT MIT EINEM<br />
GESCHÄTZTEN GESAMT-<br />
VERMÖGEN IN DER<br />
GRÖSSENORDNUNG<br />
VON 200 MILLIARDEN<br />
US-DOLLAR ALS EINER<br />
DER REICHSTEN<br />
MENSCHEN<br />
Jeff Bezos zieht sich vom CEO-Posten in<br />
den Hintergrund des Executive Chair<br />
zurück. Mit dieser Meldung vor einigen<br />
Tagen endete eine Ära: 27 Jahre, in<br />
denen aus einem kleinen nordost-amerikanischen<br />
Buchhändler mit einer innovativen<br />
Idee nicht nur das größte Einzelhandelsunternehmen<br />
der Welt wurde, sondern ein<br />
gigantisches Wirtschaftsimperium, welches<br />
hinsichtlich seiner Marktbedeutung und seines<br />
Amazon. Dieser Name, der nicht nur auf<br />
Bezos‘ Geburtsort zurückgeht, sondern auch<br />
explizit auf den weltgrößten Fluss hinweist,<br />
hat es in dem vergangenen Vierteljahrhundert<br />
geschafft, zahllose Bedeutungen zu bekommen:<br />
Ein Inspirator, der durch mutiges<br />
Voranschreiten vorgibt, wohin die Reise von<br />
Technik, Handel und Logistik geht und der<br />
für Milliarden definiert hat, was eCommerce<br />
ausmachen muss. Aber auch ein Imperator,<br />
der der ganzen Welt einen gnadenlosen Takt<br />
der Next-Day-Delivery aufzwang, der zum<br />
Sensenmann für ungezählte analogen und<br />
digitalen Einzelhandelsgeschäfte wurde und<br />
der sich jetzt anschickt, seine Logistik gänzlich<br />
in die eigenen Hände zu nehmen. Übrigens<br />
nachdem sein scheidender Chef bereits vor<br />
einigen Jahren in die Weltruhmeshalle der<br />
Logistik aufgenommen wurde.<br />
Egal ob positiv oder negativ: Amazon hat<br />
einen Abdruck hinterlassen – nur ob es der<br />
positive Abdruck einer zu Höchstleistungen<br />
antreibenden Hand ist oder der einer überrollenden<br />
Dampfwalze, kommt auf den Blickwinkel<br />
an. Auf den folgenden Zeilen versuchen<br />
wir, beide Seiten zu beleuchten.<br />
Amazon: Ein Blick auf die helle Seite<br />
Selbst viele große Kritiker geben zu, dass Amazon<br />
für Handel und Logistik viele positive Errungenschaften<br />
vorzuweisen hat. Das ist die helle<br />
Seite des Einzelhandelsriesen, für die ihm viele<br />
zu Dank verpflichtet sind, da er zahlreiche<br />
Fotos: https://de.cleanpng.com/ Kiss.png
Sparten zu neuen Höhenflügen ermutigte und<br />
zuvor als festzementiert geltende Mauern bezwang.<br />
Wachstum über allem anderen<br />
Aus Sicht einer reinen betriebswirtschaftlichen<br />
Lehre würden wohl zahllose BWL-Professoren<br />
Amazon attestieren, kein erfolgreiches Unternehmen<br />
zu sein: Über viele Jahre hinweg<br />
und bis zum heutigen Tag waren die Gewinne<br />
im Vergleich zu den Umsätzen kaum der<br />
Rede wert, zeitweise rutschten sie auch in<br />
den negativen Bereich. Damit wäre Amazon<br />
aus konservativer Sicht kein sonderlich gewinnträchtiges<br />
börsennotiertes Unternehmen<br />
– zumindest nicht bis in die zweite Hälfte der<br />
2010er. Erst da begannen die Gewinne einen<br />
zaghaften Anstieg.<br />
Nur wäre es allerdings reichlich verfehlt,<br />
Amazon anhand derartiger Maßstäbe zu<br />
bewerten. Denn für Jeff Bezos hatten Gewinne<br />
niemals den Stellenwert, den Wachstum<br />
innehatte. Wo andere Unternehmen ab<br />
einem gewissen Standpunkt vor allem ihre<br />
Investoren glücklich machen und Gewinne<br />
ausschütten, kannte und kennt Amazon nur<br />
einen Weg: Investieren, Investieren und nochmals<br />
Investieren.<br />
Am besten lässt sich dies verdeutlichen, wenn<br />
man die Gewinne den Umsätzen gegenüberstellt<br />
(Zahlen für 2020):<br />
• Amazons Gewinn: 21,33 Milliarden Dollar<br />
• Amazons Umsätze: 386,06 Milliarden Dollar<br />
Diese Politik ist ein zentrales Geheimnis hinter<br />
dem Erfolg des Unternehmens. Wenn über<br />
Jahrzehnte praktisch jeder Cent, der nach<br />
Abzug der Betriebskosten verbleibt, in die Erweiterung<br />
des Unternehmens gesteckt wird,<br />
ist es praktisch ein Automatismus, dass das<br />
Wachstum von Jahr zu Jahr immer steiler<br />
wird und beinahe zur senkrechten Linie<br />
geworden ist. Das Unternehmen zahlt keine<br />
Dividende, dennoch ist sein Erfolg bei den<br />
Teilhabern gigantisch – mit Anleihen, die<br />
mehr als sechs Prozent Zinsen pro Jahr erzielen<br />
und Aktien, die pro Stück deutlich über<br />
2500 Euro kosten und damit zur Weltspitze<br />
der teuersten Wertpapiere gehören. Damit<br />
zeigte Amazon auch, dass seine sehr eigensinnige<br />
Strategie in die richtige Richtung<br />
zielt. Dass es sich absolut bezahlt machen<br />
kann, keinen Spagat zwischen Shareholdern<br />
und Investition einzugehen, sondern alles<br />
auf eine Karte zu setzen. Der Erfolg gibt Bezos<br />
recht: Amazon gehört seit Jahren schon<br />
zu den kostbarsten Unternehmen weltweit.
LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S40<br />
Die Lehre, dass Langfristigkeit auch im<br />
eCommerce zählt<br />
Schon 1997 schrieb Jeff Bezos in einem Brief<br />
an seine Shareholder einige Worte, die in der<br />
Retrospektive alles erklären:<br />
„Amazon.com uses the Internet to create<br />
real value for its customers and,<br />
by doing so, hopes to create an enduring<br />
franchise […] It’s all about the<br />
long term. We believe that a fundamental<br />
measure of our success will be<br />
the shareholder value we create over the<br />
long term. This value will be a direct<br />
result of our ability to extend and solidify<br />
our current market leadership position.”<br />
It’s all about the long term – es geht nur um<br />
Langfristigkeit. Dahinter verbirgt sich das<br />
Grundmuster, nach dem Amazon bis heute<br />
operiert und ein weiterer Erfolgsgrund. Als das<br />
Internet seinen Siegeszug begann, und noch<br />
lange Zeit danach, schauten viele nur nach<br />
kurzfristigen Erfolgen, nach dem schnellen<br />
Aufblühen eines neuen Unternehmens, mit<br />
dem klaren Ziel, es zeitnah zu veräußern und<br />
sich als Gründer eine millionenschwere Krone<br />
aufzusetzen.<br />
Bezos dachte anders. Er wollte kein Unternehmen<br />
erschaffen, um es anschließend an den<br />
Meistbietenden zu verhökern. Er wollte ein<br />
langfristiges, gesundes Wachstum, war daran<br />
deutlich mehr interessiert, als möglichst viele<br />
Menschen reich zu machen – dass er selbst<br />
derzeit an Platz 2 der reichsten Personen hinter<br />
Elon Musk steht, hat er genau dieser Denkund<br />
Handlungsweise zu verdanken: Am Steuer<br />
bleiben, investieren, das eigene Start-Up<br />
groß machen. Damit zeigte Amazon, dass es<br />
auch in der rasend schnelllebigen digitalen<br />
Welt Erfolg bringen kann, nicht in Monaten<br />
oder Jahren, sondern Jahrzehnten zu denken<br />
und zu handeln.<br />
Ein Triebmotor in Sachen Digitalisierung<br />
Als Amazon.com im Oktober 1995 online ging,<br />
war das World Wide Web seit gerade einmal<br />
zwei Jahren vom CERN für die weltweite<br />
Nutzung freigegeben.<br />
Dementsprechend existierten Ende 1995<br />
lediglich knapp 24.000 Websites (heute<br />
sind es 1,8 Milliarden). Allein schon deshalb<br />
gebührt Amazon die Ehre eines Early Adopters.<br />
Allerdings sind dies nicht die einzigen<br />
Meriten, die das Unternehmen sich<br />
rund um die Digitalisierung verdient hat:<br />
• Das frühe Aufzeigen, dass ein Unternehmen<br />
allein in der digitalen Welt bestehen kann,<br />
dass es keine analogen Ableger mit Ladengeschäften<br />
benötigt.<br />
• Der Nachweis, dass dank Automatisierung<br />
und digitalisierungsgestützter Vereinfachung<br />
sowohl für den Kunden wie den Gewerbetreibenden<br />
zahllose Verbesserungen möglich<br />
sind.<br />
• Die Implementierung von neuen oder fundamental<br />
anders gedachten digitalen Vertriebsmodellen<br />
wie den Dash Buttons, dem<br />
Kindle Tablet oder dem Fire TV.<br />
• Der Vorgabe, wie eine den Kunden bevorteilende<br />
Shop-Website und die dahinterstehende<br />
Customer Journey aufgebaut sein<br />
müssen.<br />
Amazon machte in seinen Logistikzentren vor,<br />
wie KI und Robotik integriert werden können.<br />
Das Unternehmen peitscht zudem regelrecht<br />
Drohnentechnik voran, um diese auch ohne<br />
menschliche Steuerung so zuverlässig wie<br />
möglich zu machen.<br />
Tatsächlich gibt es praktisch keinen Teilbereich<br />
der Digitalisierung, an dem Amazon<br />
keine Teilhabe hätte – wie gesagt, nicht nur<br />
deshalb, weil das Unternehmen einfach sehr<br />
früh loslegte.<br />
Entwicklungshelfer, Lehrmeister der Logistik<br />
Warum entwickelt sich der Mensch weiter?<br />
Weil es immer jemanden gab, gibt und geben<br />
wird, der den Status quo nicht akzeptiert.<br />
Auch Jeff Bezos gehört zu dieser Kategorie.<br />
Als er loslegte, glaubten die meisten Logistiker,<br />
dass es unmöglich sei, Waren rascher als<br />
binnen mehrerer Tage zum Kunden zu befördern<br />
– und dass es für ein Unternehmen<br />
völlig unbeherrschbar sei, deutlich mehr als
höchstens einige Tausend unterschiedliche<br />
Produkte zu bevorraten. Dann befand Bezos,<br />
dass dieser Status quo inakzeptabel sei. In der<br />
Folge justierte Amazon so lange, bis sein Warenangebot<br />
von Jahr zu Jahr stieg – aktuell<br />
verkauft Amazon alleine rund 12 Millionen unterschiedliche<br />
Produkte; werden die Marketplace-Verkäufer<br />
einbezogen, sind es sogar<br />
350 Millionen. 2005 wurde zudem die Welt der<br />
Lieferzeiten auf den Kopf gestellt. Amazon<br />
lancierte seinen Prime-Service und garantierte<br />
für sehr viele seiner Produkte eine Lieferzeit<br />
von maximal zwei Tagen. Heute existiert mit<br />
Prime Now sogar eine Lieferung binnen zwei<br />
Stunden.<br />
Amazon konnte das deshalb, weil das Unternehmen<br />
selbst einen gewichtigen Teil seiner<br />
Umsätze in die Forschungswaagschale warf<br />
und Logistikprozesse so lange optimierte, bis<br />
sie passten. Nachdem man erkannt hatte,<br />
dass nicht jeder Logistikbetrieb in jedem Land<br />
mithalten konnte, begann Amazon selbst,<br />
immer mehr Logistikteilbereiche aufzukaufen<br />
und selbst zu übernehmen: Eigene Packstationen,<br />
eigene Warehouse-Robotik, eigene<br />
Lieferfahrzeuge und aktuell eine immer größere<br />
Flotte eigener Frachtflugzeuge.<br />
Allerdings wirft dieses Vorgehen, so vorteilhaft<br />
es für Kunden auch ist, bereits einen Schatten<br />
auf den Namen – denn Amazon tendiert laut<br />
Kritikern immer stärker dazu, alles, was seine<br />
Taktvorgaben nicht erfüllen kann, früher oder<br />
später in Eigenregie zu erledigen:<br />
„Letztendlich ist es aber nur eine Frage der<br />
Zeit, bis Amazons Paketvolumen so groß<br />
ist, dass man die Zustellung komplett in<br />
die eigene Hand nehmen und damit Geld<br />
verdienen kann. So wie mit allen anderen<br />
Dingen auch, die Amazon bislang anfasste.<br />
Wenn man jedoch die IT günstiger betreiben<br />
kann als Konkurrenten, die Logistik in<br />
die eigene Hand nimmt, die Warenhäuser<br />
mit eigener Roboter-Technik ausstatten und<br />
bei Zulieferer dank schierer Marktmacht<br />
große Rabatte aushandeln kann, welche<br />
Wettbewerbsvorteile könnten dann noch<br />
Konkurrenten ausbilden?“<br />
Goldstandard in Sachen Kundenfreundlichkeit<br />
und User Experience<br />
Bevor die DSGVO eingeführt wurde, war es<br />
bei vielen Onlinehändlern Usus, die Kunden<br />
durch eine regelrechte Spießroute von Eingabezeilen<br />
zu schleusen, bevor es ihnen „gestattet“<br />
wurde, den Kauf abzuschließen. Bis<br />
heute schrecken viele Händler mit weiteren<br />
Praktiken ab:<br />
• Unübersichtliche Seiten<br />
• Limitierte Zahlungsmöglichkeiten<br />
• Unkomfortabler Umtausch bzw. Rückgabe<br />
• Mangelhafte Produktbeschreibungen<br />
Zugegeben, auch bei Amazon ist in dieser<br />
Hinsicht nicht alles Gold – vor allem, was die<br />
oft schlecht übersetzten Produktbeschreibungen<br />
bei Marketplace-Verkäufern anbelangt.<br />
Dennoch muss man sich beinahe fragen, warum<br />
viele Unternehmen trotz dieser eklatanten<br />
Mängel noch bestehen.<br />
Denn Amazon markiert für viele schon seit<br />
Jahrzehnten den Goldstandard dessen, was<br />
B2C-Onlinehandel ausmacht. Auch hierhinter<br />
steckt die Neigung des Unternehmens, seine<br />
Prozesse aufs Feinste auszutarieren bis sie für<br />
den Kunden so komfortabel sind, wie es gegenwärtig<br />
überhaupt möglich ist.<br />
Egal ob es Retouren sind, der Kontakt bei<br />
Problemen oder die möglichen Zahlungsweisen:<br />
Amazon fährt eine konsequente Politik,<br />
wonach der Kunde nicht nur König ist,<br />
sondern eher wie ein Kaiser behandelt wird.<br />
Hinzu kommt, dass dies auch den Marketplace-Verkäufern<br />
hilft. Sie können Amazons<br />
logistische Infrastruktur benutzen, müssen sich<br />
selbst nur noch um wenig kümmern. Das kostet<br />
zwar, sorgt aber auch dafür, dass große<br />
Stücke des Umsatzkuchens bei diesen Händlern<br />
ankommen.<br />
Amazon: Ein Blick auf die dunkle Seite<br />
Dass Amazon fraglos einiges geleistet hat,<br />
wurde bewiesen. Allerdings wurde dies alles<br />
nach Ansicht vieler Kritiker entweder zulasten<br />
anderer erreicht oder sorgte dafür, dass<br />
es sich anderweitig negativ auswirkt. Wo viel<br />
Licht ist, ist meist auch viel Schatten. Dies<br />
gilt auch bei dem ansonsten so strahlenden<br />
Handelsriesen.
LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S42<br />
Die gefährliche Monopolstellung<br />
Über alle Jahre dieses Jahrtausends zieht sich<br />
ein roter Faden durch die digitale Nachrichtenwelt:<br />
Amazon als Monopolist. Zunächst<br />
wurde davor gewarnt, seit einigen Jahren nur<br />
noch kritisiert.<br />
„Das Ausmaß von Amazons Imperium ist<br />
atemberaubend. Diese Woche teilte das<br />
Unternehmen mit, dass Drittanbieter in<br />
den USA zwischen Thanksgiving und Neujahr<br />
mehr als eine Milliarde Produkte über<br />
den Amazon-Marktplatz verkauft haben.<br />
Der Konzern ist nicht mehr nur ein Online-<br />
Händler, sondern eine eigenständige Volkswirtschaft:<br />
[…]“<br />
Tatsache ist, dass Amazon in vielen Ländern<br />
einen Löwenanteil des eCommerce ausmacht.<br />
2019 beispielsweise machte Amazon<br />
hierzulande mit physischen Waren knapp<br />
10,5 Milliarden Euro Umsatz und somit mehr,<br />
als die restlichen Händler der Top-Ten zusammengenommen.<br />
Mittlerweile gehen Experten<br />
sogar davon aus, dass mehr als die Hälfte aller<br />
deutschen Onlinekäufe via Amazon getätigt<br />
wird – in vielen anderen Ländern sieht es<br />
ähnlich oder sogar noch dramatischer aus.<br />
Selbst unter Einbeziehung der Tatsache, dass<br />
hinter Amazon noch zigtausende Marketplace-Verkäufer<br />
stehen, attestieren Kritiker<br />
ein sehr machtvolles Monopol – zumal Amazon<br />
durch seine verschiedensten weiteren<br />
Vertriebsmodelle auch in weiteren Sektoren<br />
eine beherrschende Stellung innehat.<br />
Kritisiert wird vor allem, dass dies für den Pluralismus<br />
von eCommerce und digitalen Services<br />
definitiv kein Vorteil sei. Dabei kommt<br />
die Kritik nicht nur von Händlern, sondern<br />
auch anderen Größen der digitalen Welt.<br />
Der Aufbau einer eigenen Komplett-Logistik<br />
Schon als Amazon in vielen Ländern den<br />
ansässigen Logistikern seine Vorstellung von<br />
Lieferzeiten, Produktvielfalt und Kosten vorgab,<br />
wurde Kritik laut. Allerdings war dabei<br />
wenigstens eine Teilhabe an diesem riesigen<br />
Erfolg möglich. Durch seine Neigung, immer<br />
mehr Sparten in Eigenregie zu erledigen,<br />
kann sich Amazon jedoch immer besser von<br />
der Notwendigkeit entkoppeln, Dritte zu benötigen.<br />
Das schmeckt vielen nicht: Entweder<br />
durch Aufkauf oder den Aufbau eigener<br />
Wege, entziehe das Unternehmen stückweise<br />
immer mehr Partizipanten ihren Platz an seiner<br />
Seite. Damit würden nicht nur unzähligen<br />
Logistikern die Umsätze geschmälert, sondern<br />
deren Existenz gefährdet – nicht wenige sind<br />
maßgeblich auf Amazon als Auftraggeber<br />
angewiesen, haben zudem beträchtliche Investitionen<br />
deswegen getätigt. Welche Auswirkungen<br />
diese In-House-Konzentration haben<br />
wird, lässt sich kaum abschätzen.<br />
Der Umgang mit Partnern und Händlern<br />
Ebenfalls unter Dauerkritik steht, wie Amazon<br />
mit allen umgeht, die mit dem Unternehmen<br />
zusammenarbeiten.<br />
• Intransparente Verträge<br />
• Haftungsbeschränkungen zuungunsten der<br />
Händler<br />
•.Unbeschränkte und fristlose Sperrungsrechte<br />
gegenüber den Händlern<br />
• Weitgehende Rechteübertragungen<br />
Das sind die Hauptpunkte, die alleine im Rahmen<br />
von kartellrechtlichen Ermittlungen des<br />
Bundeskartellamtes kritisiert, jedoch zusammen<br />
mit anderen Punkten von Amazon abgeändert<br />
wurden. Dennoch steht Amazon<br />
weiterhin von verschiedenen Seiten wegen<br />
seiner Praktiken gegenüber Partnern und<br />
Händlern unter Beschuss. Sie alle aufzuzählen,<br />
würde den Rahmen dieses Kapitels jedoch<br />
sprengen.<br />
Das Arbeitsklima<br />
Dass Amazon als ur-amerikanisches Unternehmen<br />
eine amerikanische Arbeitskultur<br />
betreiben würde, wurde bereits früh kritisiert.<br />
So dauerte es beispielsweise bis 2020, bis in einem<br />
Logistikzentrum in Alabama der erste Betriebsrat<br />
gewählt werden konnte – allerdings<br />
auch erst nach behördlichem Druck.<br />
Deutlich lauter wird jedoch angeprangert,<br />
dass der Handelsriese auch versuche, diese<br />
amerikanischen Praktiken in anderen Nationen<br />
durchzusetzen. Und obwohl der Versandhändler<br />
hierzulande zwar schon seit einigen<br />
Jahren Betriebsräte und Gewerkschaftsmitgliedschaften<br />
zulässt, so weigert er sich doch
is dato, einen Tarifvertrag als Einzelhändler<br />
zu unterzeichnen – trotz diverser Proteste und<br />
Arbeitsniederlegungen. Auch zu den Arbeitsbedingungen<br />
sind die Kritiken zahlreich. Kompakt<br />
zusammengefasst zeigt dies ein Papier,<br />
welches die Gewerkschaft Verdi zusammengestellt<br />
hat:<br />
„Die Kritik an Amazons Geschäftspraktiken<br />
ist umfangreich: Tarifflucht, Dumping-Löhne,<br />
Gewerkschaftsfeindseligkeit, Marktmissbrauch,<br />
Preisdiktate, Verkaufsbehinderung,<br />
Steuervermeidung und Überwachung sind<br />
nur einige Punkte. Nicht nur in Deutschland<br />
steht zudem der Umgang Amazons<br />
mit seinen Beschäftigten in der Kritik. Hoher<br />
Leistungsdruck, untertarifliche Bezahlung,<br />
Überwachung und ein gewerkschaftsfeindliches<br />
Verhalten werden moniert. Jüngst<br />
kam ans Licht, wonach der Konzern in den<br />
USA nach Geheimdienstmitarbeiter*innen<br />
suchte, die die gewerkschaftliche Organisierung<br />
verhindern sollten. Und ein neuer<br />
Bericht schildert im Detail, wie derselbe<br />
Zweck durch permanente Videoüberwachung<br />
und Kontrolle verfolgt wird. Amazon<br />
dementierte. […]<br />
ver.di streikt seit mehr als sieben Jahren für<br />
die Anerkennung des Flächentarifvertrages<br />
des Einzel- und Versandhandels. Amazon<br />
lehnt dies mit der Behauptung ab, kein<br />
Einzelhändler, sondern ein Logistiker zu sein.<br />
Einer tariflichen Vereinbarung in der Logistik<br />
verweigert sich das Unternehmen allerdings<br />
auch.“<br />
Weitere, ständig aktualisierte Kritiken listet zudem<br />
der Amazon Watchblog, der in Deutschland<br />
vom Händlerbund betrieben wird, der<br />
sich als Interessenvertretung des deutschen<br />
eCommerce versteht.<br />
das Unternehmen von der US-Flugaufsichtsbehörde<br />
FAA die Genehmigung, seine schon<br />
seit Jahren entwickelte Flotte von Lieferdrohnen<br />
auch ohne ständigen Sichtkontakt zum<br />
Piloten zu betreiben.<br />
Aus Sicht der Digitaltechnik sind dies alles bemerkenswerte<br />
Meilensteine. Das Problem jedoch,<br />
welches Kritiker sehen, ist, was Amazon<br />
damit bezwecken könnte. Bislang setzte das<br />
Unternehmen all diese Technologien ein, um<br />
seine menschlichen Mitarbeiter zu unterstützen.<br />
Doch wenn die Lagerroboter selbst immer<br />
intelligenter werden, dann könnten Kommissionierer<br />
überflüssig werden. Und wenn<br />
die Drohnen Pakete binnen weniger Minuten<br />
ausliefern, wird auch ein Heer von Auslieferungsfahrern<br />
keine Daseinsberechtigung<br />
haben. Hier sehen viele die Gefahr, dass Amazon<br />
versucht sein könnte, sich in der nächsten<br />
Zeit immer unabhängiger von menschlichen<br />
Mitarbeitern, deren arbeitsrechtlichen Forderungen<br />
und regelmäßigen Gehältern zu<br />
machen.<br />
Zusammenfassung und Fazit<br />
Für die einen ist Amazon die Personifizierung<br />
von allem, was eCommerce ausmacht – und<br />
für manche auch der einzige digitale Shop,<br />
den sie benötigen. Für andere hingegen<br />
ist Amazon die Verkörperung eines riesigen<br />
Monopolisten, der nicht nur Konkurrenten beiseiteräumt,<br />
sondern auch vielen die Luft zum<br />
Atmen nimmt, die gar keine Konkurrenten<br />
sind. Bewerten muss jeder dieses Unternehmen<br />
für sich allein. Fakt ist jedoch, dass der<br />
„kleine Buchhändler aus Seattle“ die Welt verändert<br />
hat, wie kaum ein anderes Einzelunternehmen<br />
jemals zuvor. Dafür muss man nicht<br />
unbedingt Lobeshymnen singen, aber zumindest<br />
einen geschäftlichen Respekt zollen.<br />
(RED)<br />
Die zunehmende „Roboterisierung“<br />
2012 bezahlte Amazon eine Dreiviertelmilliarde<br />
Dollar, um den Lagerroboterhersteller<br />
Kiva Systems zu kaufen. Seitdem fertigt das<br />
Unternehmen eigene Roboter. 2019 folgte<br />
der Kauf eines weiteren Roboterspezialisten,<br />
diesmal Canvas Technology. 2020 bekam
LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S44<br />
China nach Covid-19: Pandemie<br />
verändert Logistikprozesse<br />
Die Coronavirus-Pandemie hat bereits den Einsatz von Smart Logistics-Technologien<br />
in China beschleunigt. Viele Logistiker setzen auf KI, Big Data, Cloud<br />
Computing, Blockchain und integrierte Logistikplattformen. Die Notfall-Logistik für<br />
Krisensituationen wird effizienter gestaltet. REDAKTION: DIRK RUPPIK<br />
DIRK RUPPIK<br />
JOURNALIST<br />
LOGISTIK EXPRESS<br />
Automatisches Smart<br />
Logistics Centre „Asia<br />
One“ von JD in Shanghai<br />
(Quelle: JD.com)<br />
Der Ausbruch von Covid-19 im November<br />
2019 hat im Land der<br />
Mitte besonders in der Lockdown-<br />
Phase zu großen Beeinträchtigungen<br />
im Bereich der Produktion von Gütern,<br />
des Warenverkehrs und der Logistik geführt.<br />
Auswirkungen der Pandemie im Frühjahr 2019<br />
Laut der Industrial Analytics Plattform der United<br />
Nations Industrial Development Organization<br />
(UNIDO) schrumpfte die Industrieproduktion<br />
durch die Corona-Maßnahmen in<br />
China im Januar und Februar 2020 um -13,5<br />
Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die chinesischen<br />
Exporte sanken im gleichen Zeitraum<br />
um -17,2 Prozent gegenüber 2019. Nicht einmal<br />
während des SARS-Ausbruchs in 2002/<br />
2003 und der Finanzkrise in 2008/ 2009 wurde<br />
ein so extremer Abfall verzeichnet. Allerdings<br />
nahm die Industrieproduktion im April schon<br />
wieder um +3,9 Prozent zu und erreichte im<br />
Dezember 2020 +7,3 Prozent (Bild 1). Durch<br />
die Pandemie-Maßnahmen wurden Lieferketten<br />
zerrissen, weltweit Häfen, der Seeverkehr<br />
und der Personenflugverkehr nahezu<br />
lahmgelegt. Gemäß dem amerikanischen<br />
Journal of Commerce (JOC) wurde im März<br />
2020 durch die Reisebeschränkungen fast die<br />
Hälfte des verfügbaren Luftfrachtvolumens<br />
auf den Trans-Pazifik-, China-Europa- und Europa-Nordamerika-Hauptstrecken<br />
eliminiert.<br />
Zudem stiegen die Luftfrachtpreise stark. Die<br />
Waren kamen zwar noch auf den Umschlagplätzen<br />
in Chinas Häfen an, wurden von dort<br />
aber aufgrund mangelnder Kapazitäten<br />
nicht mehr weiterbefördert. Aufgrund geschlossener<br />
Provinzgrenzen konnten teilweise<br />
Güter von den Fabriken nicht zu den Häfen<br />
befördert werden. In den Fabriken fehlten<br />
220 Millionen Wanderarbeiter, die nach dem<br />
chinesischen Neujahr nicht in die Fabriken zurückkehren<br />
konnten.<br />
Fünf Hauptauswirkungen auf die Logistik<br />
In der Logistik konnten fünf Hauptauswirkungen<br />
der Pandemie beobachtet werden:<br />
ein scharfer Abfall der Logistiknachfrage,<br />
Knappheit an Transportkapazität, die Unterbrechung<br />
des Logistiknetzwerkes, Veränderungen<br />
im Service, Zuwachs bei den Betriebskosten<br />
und der Zahl der verlusteinfahrenden<br />
Unternehmen. Laut der China Federation of<br />
Logistics and Purchasing (CFLP,1) schrumpfte<br />
das Frachtvolumen in der Logistik durch den<br />
Lockdown im Januar/ Februar 2020 um19,8<br />
Prozent gegenüber der Vorjahresperiode auf<br />
4,5 Milliarden Tonnen. Das Frachtvolumen auf<br />
der Straße nahm um -24,8 Prozent ab, wobei<br />
es auf Wasserwegen um -14,8 Prozent fiel.<br />
Gleichzeitig schrumpfte das Luftfrachtvolumen<br />
um -13,8 Prozent, während das Schienenfrachtvolumen<br />
um +1,4 Prozent zunahm.<br />
Die zur Verfügung stehende Transportkapazität<br />
kontrahierte aufgrund des Lockdowns,<br />
Straßensperrungen und fehlenden Arbeitern<br />
in der Logistikindustrie extrem. Aus den gleichen<br />
Gründen brach das Logistiknetzwerk<br />
zusammen. Bei einer Umfrage der CFLP gaben<br />
74 Prozent der befragten 100 Logistikmanager<br />
an, dass durch die Verkehrsbeschränkungen<br />
in der Lockdown-Phase keine<br />
pünktlichen Transportservices durchgeführt<br />
werden konnten. Zudem kamen Unterschiede<br />
in den lokalen Beschränkungen der Transportservices.<br />
Aufgrund des geänderten Konsumverhaltens<br />
und der Verlagerung hin zu<br />
E-Commerce-Plattformen mussten sich die<br />
angebotenen Logistikdienste ebenso anpassen.<br />
Ein Beispiel ist die kontaktlose Lieferung<br />
durch Lieferroboter oder das Abstellen der<br />
Waren an bestimmten Übergabepunkten.<br />
Durch die Knappheit an Fahrern, gestiegenen<br />
Betriebskosten (Desinfektion, ermöglichen<br />
der kontaktlosen Lieferung) und der erhöh-
ten Transportkosten durch die Planungsunsicherheit<br />
bei den Transportwegen, stiegen<br />
die Logistikkosten signifikant. Eine große Zahl<br />
der chinesischen Logistik- und Transportunternehmen<br />
erlitt im ersten Quartal 2020 Verluste.<br />
51,7 Prozent der befragten Unternehmen fuhren<br />
ein Minus ein. Durch die Pandemie, Lockdowns<br />
und andere Corona-Maßnahmen<br />
wurden einige Logistikunternehmen stark in<br />
Mitleidenschaft gezogen und mussten fusionieren<br />
oder Operationen mit anderen Unternehmen<br />
zusammenlegen.<br />
Entwicklung der chinesischen Logistikindustrie<br />
nach Covid-19<br />
Der Einsatz von Smart Technologies und die<br />
gleichzeitige Unterstützung durch die angepasste<br />
Regierungspolitik half die großen<br />
Schwierigkeiten im Logistikbetrieb in der<br />
Lockdown-Phase zu überwinden. In der Post-<br />
Covid-Ära wird sich die Logistikindustrie im<br />
Land der Mitte hauptsächlich aufgrund von<br />
drei Aspekten weiterentwickeln. Die treibenden<br />
Kräfte sind ein Nachfrageüberhang, der<br />
Technologieschub durch Smart Logistics-Anwendungen<br />
und eine aktive Förderungspolitik<br />
der chinesischen Regierung. Auch wenn<br />
die Pandemie große Zerstörungen in der<br />
chinesischen Logistikindustrie angerichtet<br />
hat, bietet sie ebenso große Chancen für<br />
Innovationen und Transformationen. Die Erholung<br />
der internationalen und nationalen<br />
Nachfrage wird graduell zur Genesung des<br />
Logistiksektors im Lande führen. Zunächst<br />
spielt dabei die innerchinesische Nachfrage<br />
die größte Rolle. Der chinesische Inlandsmarkt<br />
und die Kaufkraft der Konsumenten sind in<br />
den letzten Jahren stark gestiegen. Da viele<br />
internationale Märkte von Grenzschließungen<br />
und Lockdowns betroffen sind, wird hier der<br />
Aufschwung noch auf sich warten lassen. Im<br />
Land der Mitte hat sich die sogenannte Smart<br />
Logistics zu einem treibenden Faktor bei der<br />
Transformation der Logistikindustrie entwickelt.<br />
Smart Logistics ist ein Kernelement der Digitalisierung<br />
in der industriellen Wertschöpfung,<br />
wie sie durch das Konzept Industrie 4.0 beschrieben<br />
wird. Sie basiert auf agilen Kooperations-netzwerken<br />
sowie einer organisatorischen<br />
und informatorischen Vernetzung und<br />
ermöglicht intelligente und schlanke Lieferketten.<br />
Die intelligente Steuerung von Supply<br />
Chains ist eine wesentliche Voraussetzung für<br />
die Erschließung der Potenziale neuer digitaler<br />
Technologien (2). Drohnen, intelligente<br />
Paketstationen, Big Data, Cloud Computing,<br />
Blockchain und Künstliche Intelligenz (KI) sind<br />
bereits Schlüsseltechnologien, die in der Logistikindustrie<br />
in China eingesetzt werden.<br />
Die Vorteile der intelligenten Logistik haben<br />
sich während der Covid-19-Pandemie bei<br />
der schnellen Anpassung von Versorgungsketten<br />
an das veränderte Konsumverhalten,<br />
knappe Kapazitäten, veränderte Transportmodi<br />
bzw. -wege und Preise gezeigt. Der Internethändler<br />
JD.Com setzt bereits 28 Smart
LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S46<br />
Industrieproduktion in<br />
China in 2020 (Quelle:<br />
National Bureau of<br />
Statistics China)<br />
Literatur:<br />
Logistics Centres (Asia One, Bild 2), die zu 90<br />
Prozent automatisiert betrieben werden, ein.<br />
Die automatisierten Logistikzentren sparen Arbeitskräfte<br />
und damit Löhne ein und sind dreimal<br />
effizienter als herkömmliche Lagerhäuser.<br />
Auch Alibaba bzw. Cainiao betreibt ein „unbemanntes“<br />
roboterbetriebenes Lagerhaus<br />
mit der Bezeichnung „Wuxi warehouse“.<br />
Das Smart Logistic Network von Cainiao Logistics<br />
basiert auf KI und dem Internet der<br />
Dinge (IdD). Es soll mithilfe von 100 Millionen<br />
intelligenten Endgeräten wie z. B. Fahrerlosen<br />
Transportsystemen (FTS) Inlandslieferungen<br />
innerhalb von 24 h und internationale Expresszulieferungen<br />
innerhalb von 72 h ermöglichen.<br />
Im Juni letzten Jahres erklärte Cainiao<br />
(3), dass die Anzahl der gecharterten Frachtflüge<br />
nahezu verfünffacht (Ziel: Halbierung<br />
der Transferzeit) und die internationale Lagerhausfläche<br />
auf zwei Millionen m² innerhalb<br />
von drei Jahren verdoppelt werden soll, um<br />
diese Ziele zu erreichen.<br />
1 Weihua Liu , Yanjie Liang , Xing Bao , Juanjuan Qin & Ming K. Lim (2020):<br />
China's logistics development trends in the post COVID-19 era, International Journal<br />
of Logistics Research and Applications, DOI: 10.1080/13675567.2020.1837760<br />
10.1080/13675567.2020.1837760<br />
2 Zsifkovits Helmut, Woschank Manuel, Smart Logistics – Technologiekonzepte und<br />
Potentiale, Smart Logistics – Technology Concepts and Potentials, BHM Berg- und<br />
Hüttenmännische Monatshefte volume 164, pages42–45(2019)<br />
3 Cainiao Smart Logistics Network shaves off delivery times with new investments in<br />
global logistics infrastructure, AJOT, 24 Juni 2020<br />
10.1080/13675567.2020.1837760<br />
2 Zsifkovits Helmut, Woschank Manuel, Smart Logistics – Technologiekonzepte und<br />
Potentiale, Smart Logistics – Technology Concepts and Potentials, BHM Berg- und<br />
Hüttenmännische Monatshefte volume 164, pages42–45(2019)<br />
3 Cainiao Smart Logistics Network shaves off delivery times with new investments in<br />
global logistics infrastructure, AJOT, 24 Juni 2020<br />
Der genannte Ausbau und die Zusammenarbeit<br />
mit Zollabfertigungs-Einrichtungen sowie<br />
das Bevoraten von Produkten kleinerer Händler<br />
in Lagerhäusern soll Internationale Lieferungen<br />
in 100 ausländische Städte innerhalb<br />
von 72 h ermöglichen. Zudem sollen 30000<br />
Postabholzentren in verschiedenen chinesischen<br />
Städten entstehen, die u. a. auch das<br />
kontaktlose Versenden von Paketen und Briefen<br />
ermöglichen sollen. Seit 2013 hat sich der<br />
Wert des chinesischen Smart Logistics-Marktes<br />
von 145,2 Milliarden (18,7 Milliarden Euro) auf<br />
63,3 Milliarden Euro in 2019 erhöht. Während<br />
der Pandemie investieren viele Unternehmen<br />
und auch Logistiker in BIG Data, KI, 5G und<br />
andere Technologien, um die Betriebseffizienz<br />
im Krisenfall zu stärken.<br />
Auch wenn sich der Logistics Performace Index<br />
der Weltbank für China von Platz 28 in<br />
2014 auf Platz 26 in 2018 verbessert hat, muss<br />
die Regierung die Effizienz des Logistiksystem<br />
verstärkt durch eine bessere Regierungspolitik<br />
und mehr gesetzliche Regelungen fördern.<br />
Aus dem Arbeitsbericht der Regierung von<br />
Mai 2020 geht hervor, dass verstärkt in die Implementierung<br />
eines neuen Infrastruktur-Bauprojekts<br />
investiert werden soll und dass die<br />
Logistikindustrie im Land der Mitte in ein neues<br />
Zeitalter der rasanten Entwicklung eintritt.<br />
Bis 2022 ist geplant, ein neues modernes integriertes<br />
Logistiksystem basierend auf Smart<br />
Logistics-Technologien wie KI, 5G und industriellen<br />
IdD aufzubauen. Zudem hat die National<br />
Development and Reform Commission<br />
(Nationale Kommission für Entwicklung und<br />
Reform) in 2020 begonnen weitere Nationale<br />
Logistikhubs zu bauen. Während dem Covid-19-Ausbruch<br />
spielten sie eine bedeutende<br />
Rolle bei der Verteilung von Notfallgütern.<br />
Zudem stellte sich heraus, dass die Integration<br />
von Unternehmen auf Logistikplattformen zur<br />
Bündelung von Ressourcen wie Transportkapazität,<br />
Versorgungsgüter, etc. beim Kampf<br />
gegen die Pandemie extrem hilfreich ist. Die<br />
Integrierten Logistikplattformen bieten die<br />
Zusammenführung von Nachfrage und Angebot<br />
und andere wertschöpfende Services<br />
und werden von allen größeren Logistikern<br />
aufgebaut werden. Die Pandemie wird daher<br />
auch das Notfall-Logistiksystem Chinas<br />
verändern, das durch integrierte Unternehmensplattformen<br />
und eine klarere Hierarchie<br />
effizienter werden soll. (DR)
Logistikreise für den eCommerce<br />
und Omnichannel-Handel<br />
Die Sehen – Lernen – Netzwerken: Unter diesem Motto startet das Institut des<br />
Interaktiven Handels die nächste „Logistik- reise für den eCommerce- und<br />
OmniChannel-Handel“. BEITRAG: REDAKTION<br />
Nach zwei erfolgreichen Logistikreise<br />
mit sehr positiver Resonanz<br />
musste die dritte Reise bedingt<br />
durch die Pandemie verschoben<br />
werden. Vom 15. – 17. Juni <strong>2021</strong> geht es nun<br />
wieder los von Leipzig über Berlin nach Magdeburg<br />
– Ein logistisches Programm mit einem<br />
hohen Grad an Informationen und Erkenntnissen<br />
aus diversen logistischen Abläufen im<br />
Live-Betrieb und einem intensiven Erfahrungsaustausch.<br />
Ein hoher Gesundheitsschutz und die Sicherheit<br />
während dieser Reise werden höchste<br />
Priorität haben. Daher hat das IDIH einen professionellen<br />
Kongress- und Veranstaltungs-service<br />
beauftragt, um die zu diesem Zeitpunkt<br />
geltenden Regeln und Erlasse zum Umgang<br />
mit SARS-CoV-2 sicherzustellen. Selbstverständlich<br />
gelten während der gesamten Fahrt<br />
und auch in den besuchten Unternehmen die<br />
obligatorischen Hygiene- und Abstandsregeln.<br />
Insgesamt 8 Stationen aus dem E-Commerce-,<br />
OmniChannel und Logistikumfeld<br />
stehen in den 3 Tagen auf dem Programm.<br />
Ob B2B, B2C, manueller Lagerbetrieb, Automatisierung<br />
oder auch Robotik - alles ist dabei.<br />
So besuchen die Logistikexperten die<br />
Betriebe von BMW, MakroSolutions, Fressnapf/Avarto,<br />
Mister Spex, Versandapotheke<br />
Aponeo, eComLogistik und das Logistikzentrum<br />
der OTTO-Group. Abgerundet wird die<br />
Tour durch Fachvorträge während der Busfahrten<br />
zwischen den einzelnen Stationen sowie<br />
durch den abendlichen Erfahrungsaustausch<br />
und Fachsimpeln unter den Reisekolleginnen<br />
und -kollegen. Neben den Besichtigungen<br />
wird ein Highlight der abendliche Empfang<br />
in der russischen Botschaft in Berlin, Unter den<br />
Linden sein. Hier bietet sich den Reiseteilnehmern<br />
die Gelegenheit eines Austausches<br />
mit Vertretern der Botschaft, des russischen<br />
Handels- und Wirtschaftsbüros sowie der russischen<br />
Post. Neben Informationen und Vorträgen<br />
zu E-Commerce und Logistik in Russland<br />
sowie den Besonderheiten des grenzüberschreitenden<br />
Verkehrs soll an diesem Abend<br />
auch das Networking nicht zu kurz kommen.<br />
Details der Reise werden präsentiert unter<br />
https://idih.de/ecommerce-logistik-reise-<strong>2021</strong>/<br />
BERND KRATZ<br />
EMA GMBH - EXECUTIVE<br />
MANAGEMENT ADVISORS,<br />
IDIH - INSTITUT<br />
INTERAKTIVEN HANDELS<br />
GMBH<br />
FOUNDER &<br />
SHAREHOLDER
LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S48<br />
Reesink Logistic Solutions expandiert<br />
nach Polen und Österreich<br />
Reesink Logistic Solutions (RLS) ist einer der führenden Integratoren von Lagerlösungen<br />
in Europa. Nachdem RLS im Dezember letzten Jahres seine beiden<br />
Hauptgesellschaften unter neuem Namen auf den Markt gebracht hatte, begann<br />
die Organisation mit ihrer europäischen Expansion. So werden heute die<br />
Reesink Logistic Solutions Austria GmbH und die Reesink Logistic Solutions Poland<br />
Sp. z o. o. offiziell als lizenzierte AutoStore-Integratoren für Mittel- und Osteuropa<br />
eingeführt. BEITRAG: REDAKTION<br />
DAS TEAM VON<br />
REESINK LOGISTIC<br />
SOLUTIONS<br />
MARKUS GRABNER<br />
(ÖSTERREICH)<br />
GERT BOSSINK<br />
(NIEDERLANDE)<br />
MACIEJ ORNOWSKI<br />
(PO<strong>LE</strong>N)<br />
AM Logistic Solutions in Deutschland<br />
und Lalesse Logistic Solutions in den<br />
Niederlanden sind Marktführer in<br />
der Integration von AutoStore-Systemen<br />
mit einem Marktanteil von 50 % in der<br />
DACH-Region und 40 % im Bereich Benelux.<br />
Durch den Zusammenschluss der beiden Unternehmen<br />
ist ein noch stärkerer Anbieter von<br />
Lagerlösungen insbesondere für den schnelllebigen<br />
Einzelhandelsmarkt entstanden.<br />
„Diese Expansion ist eine natürliche Entwicklung<br />
für uns. Wir versuchen, flexibel für die<br />
Bedürfnisse des Marktes zu bleiben. Deshalb<br />
scheint die Expansion nach Polen und Österreich<br />
ein richtiger nächster Schritt zu sein,<br />
sowohl für unser Geschäft, als auch, was am<br />
wichtigsten ist, für das unserer potenziellen<br />
Kunden in diesen neuen Märkten“, so Gert<br />
Bossink, Division Director von Reesink Logistic<br />
Solutions.<br />
Die aktuellen Entwicklungen in der europäischen<br />
Wirtschaft aufgrund der COVID-19-Pandemie<br />
haben die bereits genannten „Industrie<br />
4.0“-Ziele noch verstärkt und den Weg für vollautomatisierte<br />
Lager sowie die weitere Digitalisierung<br />
geebnet. Nie zuvor war die Frage<br />
präsenter, wie sich die Auftragserfüllung so optimieren<br />
lässt, dass man dem Endverbraucher<br />
Next-Day-Delivery-Dienstleistungen anbieten<br />
kann. Und eine der wirkungsvollsten Lösungen<br />
hierfür ist ein gut funktionierender Materialfluss<br />
im Lager. „Die Erhöhung des Durchsatzes und<br />
der Lagerdichte bei gleichzeitiger Sicherung
des Bestands und optimaler Nutzung von<br />
Zeit und Raum innerhalb des Lagers ist heutzutage<br />
definitiv die größte Herausforderung.<br />
Und die beste Antwort bleibt bis heute das<br />
AutoStore-System, das all diese Probleme<br />
durch Anwendung des Ware-zur-Person-Prinzips<br />
löst. So sind nicht nur die Bestände sicherer,<br />
sondern auch die Mitarbeiter und Lagerprozesse“,<br />
ergänzt Gert Bossink.<br />
Ein starker Anker in Österreich<br />
Deshalb hat sich Reesink Logistic Solutions<br />
dazu entschlossen, seinen Horizont zu erweitern<br />
und sein umfangreiches Know-how auch<br />
in anderen europäischen Ländern zu teilen.<br />
Eine erste und natürliche Wahl war Österreich,<br />
wo Markus Grabner nun Senior Sales<br />
Manager bei Reesink Logistic Solutions Austria<br />
ist. Er hat großes Vertrauen in diese Expansion:<br />
„Ich bin zuversichtlich, dass unsere Verankerung<br />
auf dem österreichischen Markt für Lagerlösungen<br />
die Bestrebungen des Landes in<br />
Sachen Automatisierung und Digitalisierung<br />
beschleunigen wird. Das AutoStore-System<br />
ist auf dem Kleinteilemarkt wirklich unschlagbar.<br />
Aber erst Planung, Aufbau und Wartung<br />
durch einen zuverlässigen und kompetenten<br />
Partner fördern die höchste Effizienz dieses<br />
fantastischen Werkzeugs zutage.“<br />
Der richtige Partner zur richtigen Zeit<br />
Während Österreich die Vorteile eines AutoStore-Systems<br />
für die Kleinteillagerung bereits<br />
zu schätzen weiß, steht dieses Phänomen in<br />
Polen noch in den Startlöchern. Maciej Ornowski,<br />
Geschäftsführer von Reesink Logistic<br />
Solutions Polen: „Polen ist ein Hightech-Land<br />
und die Menschen hier sind sehr begeistert<br />
von technologischen Durchbrüchen, daher<br />
freue ich mich wirklich sehr über den Einstieg<br />
in den polnischen Markt mit dem AutoStore-<br />
System. Dieses Produkt ist technisch tadellos –<br />
intelligent, schnell und einfach skalierbar. Und<br />
die Tatsache, dass der ROI sogar unter vier<br />
Jahren erreicht werden kann, macht es auch<br />
aus geschäftlicher Sicht äußerst attraktiv. Daher<br />
bin ich sehr optimistisch darüber, wie es<br />
der Markt aufnehmen wird.“<br />
Das Team von Reesink Logistic Solutions (von<br />
links nach rechts): Markus Grabner (Österreich),<br />
Gert Bossink (Niederlande), Maciej<br />
Ornowski (Polen)<br />
Über Reesink Logistic Solutions<br />
Reesink Logistic Solutions ist Teil von Royal<br />
Reesink und gehört zu den Top 3 AutoStore-Integratoren<br />
weltweit mit fast 100 erfolgreich<br />
ausgelieferten AutoStore-Projekten. Die<br />
Organisation konzentriert sich auf die Einhaltung<br />
höchster Qualitätsstandards und bringt<br />
gleichzeitig einzigartige Lösungen in jedes<br />
Projekt ein, indem sie eine maßgeschneiderte<br />
Planung und eine ordnungsgemäße Integration<br />
des AutoStore-Systems in jedes Lager<br />
implementiert. Mit fundiertem Wissen und<br />
langjähriger Erfahrung können die RLS-Unternehmen<br />
die Anbindung an jedes beliebige<br />
ERP/WMS-System unterstützen oder ihre eigene<br />
maßgeschneiderte SPS-Software namens<br />
LogiCS implementieren.<br />
Das AutoStore-System wird mit Hilfe dieser<br />
brandneuen und intuitiven LogiCS-Benutzeroberfläche<br />
optimal eingesetzt. Sie revolutioniert<br />
den Markt mit einem frischen Ansatz<br />
und der „Weniger ist mehr“-Philosophie. 24/7<br />
Service und Wartung stehen für alle Kunden<br />
bereit, was die RLS-Unternehmen zu einem<br />
sehr zuverlässigen und jederzeit verfügbaren<br />
Partner macht. Die RLS-Gesellschaften haben<br />
erfolgreiche Projekte für Kunden wie Lufthansa,<br />
Siemens, Bosch Rexroth, UPS, PostNL,<br />
Patrick, L-Shop, Knauf, Campina und Roto<br />
Frank durchgeführt.<br />
Über Royal Reesink<br />
Royal Reesink ist als Händler und Dienstleister<br />
in den Bereichen hochwertige Maschinen,<br />
Komponenten und Dienstleistungen für<br />
die Landwirtschaft, die Landschaftspflege,<br />
den innerbetrieblichen Transport, die Lagerhaltung<br />
und den Tiefbau marktführend. Das<br />
234 Jahre alte niederländische Unternehmen<br />
verfügt über eine solide Basis in den Niederlanden<br />
und eine starke internationale Präsenz<br />
mit 36 Tochtergesellschaften weltweit. (RED)
LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S50<br />
Dematic automatisiert Ersatzteillager<br />
von Röthlein Logistik<br />
Schnelle Reaktionszeiten, eine punktgenaue Zustellung rund um die Uhr: Ersatzteillogistik<br />
gehört zu den anspruchsvollsten Aufgaben für einen Logistikdienstleister,<br />
denn sie ist ein wahrer Balanceakt. BEITRAG: REDAKTION<br />
Wenn ein Ersatzteil gebraucht wird, bedeutet<br />
dies beim Landwirt Alarmstufe Rot. Maschinen<br />
stehen still und es kommt zu Betriebsausfällen.<br />
Jede Minute kostet Unternehmen bares Geld.<br />
Daher ist die Lieferung von Ersatzteilen immer<br />
ein Wettlauf gegen die Zeit. Insbesondere in<br />
der Landwirtschaft, die wie kaum eine andere<br />
Branche saisonal geprägt und von äußeren<br />
Bedingungen wie dem Wetter abhängig ist,<br />
können selbst kurze Verzögerungen über Erfolg<br />
oder Misserfolg der Ernte entscheiden.<br />
Punktgenau muss jede Maschine Höchstleistungen<br />
vollbringen. Röthlein Logistik hat es sich<br />
deshalb zur Aufgabe gemacht, Ersatzteile für<br />
die Agrarindustrie möglichst schnell zu liefern.<br />
DEMATIC AUTOMATISIERT<br />
RÖTH<strong>LE</strong>IN LOGISTIK GMBH<br />
Unternehmen müssen stets die Waage<br />
zwischen schnellen Lieferungen<br />
und den Kosten für Lagerung und<br />
Versand der Komponenten halten.<br />
Dieser Herausforderung stellt sich die Röthlein<br />
Logistik GmbH, ein Joint Venture der BayWa<br />
AG und der Schäflein AG. Das Unternehmen<br />
hat sich auf die Ersatzteillogistik in der Landwirtschaft<br />
spezialisiert und liefert – im Notfall<br />
– sogar innerhalb von nur einer Stunde die<br />
benötigten Teile an seine Kunden. Der Logistikdienstleister<br />
hat dafür eine 14.000 Quadratmeter<br />
große Multi-User-Anlage in Röthlein bei<br />
Schweinfurt in Betrieb. Dort lagert das Unternehmen<br />
die Ersatzteile, während es gleichzeitig<br />
sämtliche E-Commerce-Bestellungen<br />
abgewickelt. Damit alle Komponenten innerhalb<br />
kürzester Zeit beim Kunden ankommen,<br />
hat der Intralogistikspezialist Dematic das Logistikzentrum<br />
mit einer maßgeschneiderten<br />
Automatisierungslösung ausgestattet.<br />
Das Sortiment des Logistikdienstleisters reicht<br />
dabei vom grammleichten Ring bis zum<br />
tonnenschweren Mähbalken eines Mähdreschers.<br />
Um die rund 96.000 verschiedenen<br />
Ersatzteile fachgerecht unterzubringen, hat<br />
Röthlein Logistik verschiedenste Lagerarten in<br />
seine Multi-User-Anlage integriert. Den Großteil<br />
nehmen ein Fachbodenlager mit 60.000<br />
Stellplätzen und ein Automatisches Kleinteilelager<br />
(AKL) mit 18.000 Behältern ein. Darüber<br />
hinaus bietet ein Multishuttle-System Platz für<br />
4.560 Behälter, das 10,5 Meter hohe Palettenhochregallager<br />
umfasst 6.000 Stellplätze,<br />
das Wabenlager weitere 10.000. Etwas weniger<br />
groß, aber nicht minder wichtig sind das<br />
Scheibenlager mit 800, ein Kragarmlager mit<br />
200, ein Kabeltrommel- und Ablänglagerregal<br />
mit 32 bzw. 400 Stellplätzen sowie ein Gefahrstofflager<br />
mit 360 Aufnahmepositionen.<br />
Hinzu kommt ein 1.500 Quadratmeter großes<br />
Blocklager.<br />
Automatisierungslösung steigert Warenumschlag<br />
um das Vierfache<br />
Damit der Materialfluss reibungslos ineinander<br />
greift, ist das Logistikzentrum von Röthlein Logistik<br />
umfassend mit Automatisierungstechnik
von Dematic ausgerüstet. Die maßgeschneiderte<br />
Lösung besteht aus einem dreigassigen<br />
Miniload-AKL mit drei Dematic-RapidStore-Regalbediengeräten<br />
zur vierfachtiefen<br />
Behälterein- und Auslagerung. Hinzu kommt<br />
ein Dematic-Multishuttle-System mit 20 Shuttles,<br />
das als Pufferlager dient. Dank ihrer hohen<br />
Geschwindigkeit lagern die Shuttles bis zu<br />
1.200 Artikel pro Stunde ein und aus.<br />
Sechs Ware-zur-Person-Kommissionierplätze,<br />
die mit einem Pick-to-Light-System ausgestattet<br />
sind, und zwölf kombinierte Arbeitsplätze<br />
für den Warenein- und -ausgang komplettieren<br />
die Anlage. Für die Kommissionierung in<br />
den manuell betriebenen Lagerbereichen<br />
hat der Intralogistikspezialist zudem neun<br />
mobile Arbeitsstationen installiert. Verbindendes<br />
Element zu den Lagern ist die automatisierte<br />
Fördertechnik Dematic Modular<br />
Conveyor System (MCS). „Mit der Automatisierungslösung<br />
von Dematic haben wir unseren<br />
Warenumschlag um das Vierfache gesteigert“,<br />
bilanziert Michael Hunstock, Leiter<br />
des Logistikzentrums von Röthlein Logistik.<br />
Im Wareneingang werden pro Tag heute<br />
durchschnittlich 1.000 Positionen abgewickelt,<br />
im Warenausgang sogar 5.900. Zuvor<br />
liefen viele Prozesse manuell ab – zum Beispiel<br />
in zwei Außenlagern in Schweinfurt, die<br />
Röthlein Logistik nun in die Multi-User-Anlage<br />
integriert hat.<br />
Service überzeugt<br />
Einer der Hauptgründe für die Automatisierung<br />
des Materialflusses lag laut Hunstock<br />
darin, Ersatzteillieferungen noch schneller<br />
und exakter durchführen zu können.<br />
„Dematic lieferte uns hierfür die komplette<br />
Technik aus einer Hand“, sagt er. „Neben<br />
dem Preis-Leistungs-Verhältnis hat uns vor allem<br />
das umfangreiche und zuverlässige Serviceangebot<br />
von Dematic überzeugt.“ Schließlich<br />
garantiert Röthlein Logistik selbst seinen<br />
Kunden einen 24-Stunden-Service an sieben<br />
Tagen in der Woche. Wer bis 16 Uhr bestellt,<br />
dessen Auftrag verlässt noch am selben Tag<br />
das Logistikzentrum. Bei sogenannten Sammelaufträgen<br />
mit einem größeren Volumen<br />
vereinbart das Unternehmen mit dem Kunden<br />
im Vorfeld einen festen Liefertermin.<br />
„Unsere sofortige Lieferfähigkeit liegt dank<br />
unseres breit gefächerten Lagerbestands<br />
bei 97,8 Prozent“, erzählt Hunstock. „Diese<br />
Kunden- und Serviceorientierung erwarten<br />
wir auch von unseren Dienstleistern – bei Dematic<br />
ist sie garantiert.“<br />
Heute verlassen täglich bis zu 2.230 Versandstücke<br />
das Logistikzentrum in Röthlein. Für die<br />
schnelle Zustellung an den Kunden nutzt der<br />
Ersatzteillogistiker unterschiedliche Wege:<br />
den Nachtexpress-, Speditions- und Paketversand<br />
sowie Kuriere. Auch Selbstabholung ist<br />
möglich. „Dadurch sind wir für jede Anfrage<br />
und jeden Kundenwunsch gewappnet“, sagt<br />
Hunstock.<br />
Software als Wegbereiter für den Erfolg<br />
Dreh- und Angelpunkt für die Leistung der<br />
Automatisierungslösung ist die passende Software.<br />
Bei Röthlein Logistik hat Dematic für<br />
die Steuerung der Anlage und des gesamten<br />
Materialflusses die Software SAP Extended<br />
Warehouse Management (EWM) mit Materialflusssystem<br />
(MFS) installiert, welche ohne<br />
Middleware direkt an die Mechatronik angebunden<br />
ist.
LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S52<br />
Alle Automatisierungssysteme sind digital vernetzt.<br />
Für die gesamte Kontrolle und Steuerung<br />
des Auftragsdurchlaufs hat Röthlein Logistik<br />
einen eignen Control Tower. Mithilfe der<br />
Software stellen die Mitarbeiter des Ersatzteillogistikers<br />
dort sicher, dass bei der Lagerung<br />
und dem Transport der Waren alle Prozesse<br />
optimal aufeinander abgestimmt sind. „Unser<br />
Konzept sieht ein proaktives Supply Chain<br />
Management vor“, betont Hunstock. „Die<br />
Softwarelösung von Dematic unterstützt uns<br />
dabei.“ Dafür gibt sie beispielsweise automatisch<br />
Auskunft über die Lagerauslastung und<br />
hilft beim Monitoring sämtlicher intralogistischer<br />
Prozesse.<br />
Expansion mitgedacht<br />
Röthlein Logistik ist auf Wachstum und noch<br />
umfangreicheres Materialhandling vorbereitet:<br />
Denn das Gewerbegebiet in Röthlein,<br />
in dem die Multi-User-Anlage steht, bietet<br />
enormes Expansionspotenzial. In der nächsten<br />
Ausbaustufe ist geplant, das Logistikzentrum<br />
um weitere 9.000 Quadratmeter zu<br />
erweitern. „Dort hätten wir dann die Möglichkeit,<br />
ein Hochregallager zu installieren“,<br />
sagt Hunstock. Bereits im vergangenen Jahr<br />
hat Röthlein Logistik in dem Gewerbegebiet<br />
ein zusätzliches, 10.000 Quadratmeter umfassendes<br />
Reifenlager in Betrieb genommen.<br />
Doch nicht nur flächentechnisch ist das Logistikunternehmen<br />
auf das weitere Wachstum<br />
vorbereitet. Auch die Automatisierungslösungen<br />
von Dematic lassen sich problemlos bei<br />
laufendem Betrieb erweitern. So kann das<br />
AKL beispielsweise mit wenigen Handgriffen<br />
um drei Gassen erweitert werden. „Die Skalierbarkeit<br />
der Dematic-Systeme bietet uns<br />
die Möglichkeit, diese genau auf die Anforderungen<br />
unseres Geschäfts anzupassen“,<br />
resümiert Hunstock. (RED)<br />
Über Dematic:<br />
Dematic ist ein Intralogistik-Innovator, der<br />
intelligente, automatisierte Lösungen für<br />
Fertigungs-, Lager- und Vertriebsumgebungen<br />
entwickelt, baut und betreut. Zum<br />
Kundenstamm gehören einige der weltweit<br />
führenden Marken, die mit Installationen<br />
von Dematic die Zukunft des Handels vorantreiben.<br />
Das globale Dematic Netzwerk<br />
mit Entwicklungszentren, Produktionsstätten<br />
und Servicestandorten mit 10.000 Mitarbeitern<br />
in mehr als 25 Ländern hat mit dazu<br />
beigetragen, mehr als 6.000 Kundeninstallationen<br />
zu realisieren. Dematic mit Sitz in<br />
Atlanta, Georgia, USA, ist ein Unternehmen<br />
der KION Group, einem der weltweit führenden<br />
Anbieter von Flurförderzeugen und<br />
Supply-Chain-Lösungen, sowie ein führender<br />
Anbieter von Lagerautomation.
LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S54<br />
Von digital bis nachhaltig. Die sechs<br />
wichtigsten Logistiktrends <strong>2021</strong><br />
In der Wirtschaft hat sich in den letzten Jahren viel geändert: Stichworte sind<br />
Industrie 4.0 und Handel 4.0. Dazu gehören unter anderem immer kürzere Produktentwicklungszyklen,<br />
die Zunahme von Just-in-Time- und Kleinstserien-Fertigung<br />
sowie ein weiteres Voranschreiten der Arbeitsteilung – über Unternehmensund<br />
Ländergrenzen hinweg. BEITRAG: REDAKTION<br />
ein steter Datenaustausch in Echtzeit, der zeitund<br />
ortsunabhängige Zugriff auf die Informationen<br />
sowie eine hohe Transparenz über alle<br />
Prozessstufen hinweg.<br />
CHRISTOPH TRIEBEN<br />
SAP-CONSULTING<br />
ARVATO<br />
All diese Entwicklungen stellen die<br />
Unternehmenslogistik vor neue<br />
Herausforderungen. Sie muss sich<br />
nahtlos in die Supply Chain mit<br />
ihren immer enger getakteten Schritten integrieren,<br />
hochgradig automatisiert ablaufen<br />
und dabei dem Umwelt- und Klimaschutz<br />
Rechnung tragen. Auch die Logistik befindet<br />
sich in einem fundamentalen Wandel, wie<br />
die folgenden sechs Trends unterstreichen.<br />
Logistik goes digital<br />
Die Digitalisierung sowohl der Lager- als auch<br />
der Transportlogistik ist in vollem Gange –<br />
und wird sich <strong>2021</strong> fortsetzen. Es geht darum,<br />
sämtliche Liefer- und Logistikvorgänge digital<br />
zu steuern, damit sie gleichzeitig flexibler zu<br />
handhaben sind und kosteneffizienter werden.<br />
Die internen und externen Prozessteilnehmer<br />
gilt es, in einer interaktiven Supply Chain miteinander<br />
zu vernetzen, sodass sie bei Bedarf<br />
eingreifen können. Voraussetzung dafür sind<br />
Lohndienstleister auf dem Schirm haben<br />
Subcontracting ist im produzierenden Gewerbe<br />
gang und gäbe. Beispielsweise um Lastspitzen<br />
abzufangen oder um Spezialkompetenzen<br />
des Dienstleisters zu nutzen. Auch hier<br />
kommt es immer mehr darauf an, agiler zu reagieren<br />
und Unterbrechungen zu vermeiden.<br />
Hersteller sind deshalb darauf angewiesen,<br />
alle relevanten Informationen, beispielsweise<br />
die Fertigungsfortschritte beim Lohndienstleister,<br />
in Echtzeit zu erhalten. Etwa, indem man<br />
den Subcontractor über ein cloudbasiertes<br />
Tool in das eigene Logistikmodul einbindet.<br />
Der ökologische Fußabdruck rückt stärker in<br />
den Fokus<br />
Umwelt- und Klimaschutz sind mittlerweile<br />
wichtige Entscheidungskriterien für Kunden.<br />
Unternehmen werden daher ihre Logistikprozesse<br />
nicht nur modernisieren, um Kosten zu<br />
senken, sondern auch, um damit zu werben.<br />
Denn besser aufeinander abgestimmte Transportwege<br />
bedeuten weniger Leerfahrten und<br />
eine optimierte Streckenführung. In der Folge<br />
sinkt die Verkehrsbelastung – die Reduzierung<br />
von Abgasen, CO2-Ausstoß und Energieverbrauch<br />
inklusive.<br />
Mit Logistics Experience punkten<br />
Sehr erfolgreiche Online-Händler zeichnen<br />
sich zumeist durch einen hochwertigen Lieferservice<br />
aus. In ihrem Arbeitsalltag erwarten diese<br />
E-Commerce-Kunden – dann als B2B-Kunden<br />
– zunehmend die gleiche Betreuung in<br />
Form einer optimalen Logistics Experience.
Der smarte Kollege kommt ins Team<br />
Über elektronische Logistikprozesse entstehen<br />
enorme Datenmengen, die sich auf herkömmliche<br />
Weise nicht auswerten lassen. Es<br />
bedarf daher einer Software-Lösung, die auf<br />
KI (künstliche Intelligenz) basiert: Sie ist in der<br />
Lage, in Echtzeit große Datenmengen zu erfassen,<br />
anzureichern sowie zu analysieren.<br />
Zudem erkennen smarte Tools Zusammenhänge<br />
oder Muster in den Daten und liefern<br />
sehr zuverlässige Prognosen für künftige Entwicklungen.<br />
Die Welt der<br />
nachhaltigen<br />
Logistik<br />
Intra- und Transportlogistik verschmelzen<br />
Durch den akkuraten Abgleich beider Bereiche<br />
werden sowohl Produzenten als auch<br />
Handelsunternehmen ihre Lagerbestände<br />
auf das exakt benötigte Maß reduzieren und<br />
die Umschlagsgeschwindigkeit erhöhen. Gehen<br />
nur die genau benötigten Mengen an<br />
Materialien oder Produkten „just in time“ auf<br />
die Reise, dann verschlanken sich die Vorgänge<br />
in der Intralogistik deutlich. Eine Zwischenlagerung<br />
samt den nötigen intralogistischen<br />
Schritten entfällt.<br />
Win-Win-Situation für alle<br />
Die fortschreitende Digitalisierung und die damit<br />
verbundenen Anforderung an Unternehmen<br />
machen vor dem Logistikbereich nicht<br />
halt. Im Gegenteil: Hier bieten die technologischen<br />
Möglichkeiten besonders große Hebel,<br />
um effizienter und nachhaltiger zu wirtschaften.<br />
Diplom-Kaufmann Christoph Tieben arbeitet<br />
seit fast 20 Jahren im SAP-Umfeld. Mehr Informationen<br />
zu den aktuellen Tendenzen hin zu<br />
Logistik 4.0 finden sich in der Checkliste „Die 6<br />
wichtigsten Trends in der modernen Logistik“.<br />
http://bit.ly/3jSV0M2 (RED)<br />
• logistik-express.com<br />
• binnenschiff-journal.at<br />
• umwelt-journal.at<br />
• transportlogistik.business<br />
• ecommerce-logistik.business<br />
• mobilitaet.business<br />
• mylogistics.business<br />
m.jaklitsch@logistik-express.at
LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S56<br />
<strong>2021</strong> – European Year of Rail<br />
Das Europäische Jahr der Schiene ist ausgerufen. Gemeint ist wahrscheinlich der<br />
gesamte Bahnverkehr auf der Schiene.<br />
REDAKTION: PETER BAUMGARTNER<br />
durch den schwimmenden Christo-Steg kulturelle<br />
Berühmtheit erlangte, fuhr ein Trajekt sogar<br />
bis 1999. Vereinzelt schwimmen Waggons<br />
noch immer über das Wasser – eher auf Meerwasserstraßen<br />
allerdings und weniger auf Binnengewässern.<br />
Der Begriff „Hafenbahnhof“<br />
ist inzwischen aber aus dem allgemeinen<br />
Eisenbahnvokabular verschwunden und die<br />
Binnenschifffahrt ist für die Bahnbetreiber maximal<br />
noch unliebsamer Mitbewerber.<br />
PETER BAUMGARTNER<br />
HERAUSGEBER<br />
BINNENSCHIFF-JOURNAL<br />
LOGISTIK EXPRESS<br />
Schade eigentlich, denn ginge es<br />
nur darum, die öffentliche Aufmerksamkeit<br />
auf die Schiene zu lenken,<br />
könnte die Binnenschifffahrt wenigstens<br />
einen kleinen Beitrag zum Gedenkjahr<br />
beisteuern. Wenig bekannt ist nämlich, dass<br />
Binnenschiffer ein besonderes Naheverhältnis<br />
zur Bahn haben und nicht wenige Kapitäne<br />
spielen gerne mit der Modelleisenbahn.<br />
Schienen sind auch quasi die Geburtshelfer<br />
eines jeden Schiffes, wenn es die Werft verlässt<br />
und erstmals vom Stapel läuft. Schiffe,<br />
die auf Schienen fahren, haben auch eine<br />
lange Tradition bei der Überwindung topographischer<br />
Hindernisse. Vereinzelt gibt<br />
es sie heute noch. Größte Aufmerksamkeit<br />
erregte ein „Schiffseisenbahn“-Projekt 1881<br />
das zum Ziel hatte, Schiffe auf Schienen<br />
über den Isthmus von Tehuantepec zu transportieren<br />
und so eine Verbindung zwischen<br />
Pazifik und Golf von Mexiko zu schaffen.<br />
Eine lange Geschichte haben auch Schiffe<br />
mit Schienen, auf denen Waggons über das<br />
Wasser fahren können. Vor über 150 Jahren<br />
gab es zwischen Eisenbahn und Binnenschifffahrt<br />
sogar so etwas, was man heutzutage<br />
strategische Kooperation nennen würde. Zwischen<br />
Friedrichshafen und Romanshorn wurde<br />
die erfolgreiche Trajektschifffahrt erst 1976<br />
eingestellt. Auf dem Iseosee in Italien, der<br />
Dabei hätte die Bahn allen Grund, einen Teil<br />
des Ehrenjahres mit der Binnenschifffahrt zu<br />
teilen, denn die aktuelle Popularität verdankt<br />
die Bahn nicht ihrer Leistung, sondern der<br />
sinnbefreiten Verkehrspolitik. Der Masterplan<br />
Binnenschifffahrt sieht zum Beispiel vor, dass<br />
die Wasserstraße verstärkt für Schwergut- und<br />
Großraumtransporte genutzt werden soll. Das<br />
hindert die Bahn aber nicht daran, parallel<br />
zur Wasserstraße zum Beispiel Windenergieanlagen<br />
zu transportieren. Und voller Stolz berichtet<br />
die Bahn, dass sie in eineinhalb Monaten<br />
schon 1680 Tonnen transportieren konnte<br />
– so viel wie ein einziges Schiff auf derselben<br />
Strecke an einem Tag transportiert. Vielleicht<br />
schaut die Verkehrspolitik da deshalb tatenlos<br />
zu, damit sie immer wieder mit freien Kapazitäten<br />
auf der Wasserstraße werben und<br />
gleichzeitig über Transportzuwachs auf der<br />
Schiene schwadronieren kann.<br />
Seit 2020 ist Sigrid Nikutta bei der DB Cargo<br />
Vorstandsvorsitzende. Ihr Motto für den Job<br />
„Wir fahren alles“ schreit förmlich nach einem<br />
Regulativ, weil offensichtlich der Gesamtüberblick<br />
fehlt, den man auf der obersten Managementebene<br />
erwarten darf. Abgesehen<br />
vom Flugzeug kann man davon ausgehen,<br />
dass die Bahn unter den Landverkehrsträgern<br />
der Mercedes ist. Rechnet man die Subventionen<br />
für die Bahn hinzu, dann sowieso. Würden<br />
Sie mit so einer Limousine Zementsäcke<br />
führen? Nein, denn mit Vernunft gesegnet<br />
sollte man jeden Verkehrsträger das machen<br />
lassen, was er am besten kann.
An dieser Stelle muss man der Wahrheit zuliebe<br />
sagen, die Verkehrspolitik und das Bahnmanagement<br />
ist nicht allein verantwortlich für<br />
das desaströse Abschneiden der Bahnlogistik.<br />
Einen erheblichen Anteil am unhaltbaren Zustand<br />
hat die Raumordnung und die Industrieansiedlungspolitik.<br />
Eine Schlüsselpolitik, die<br />
vielerorts kleinen Kommunen überlassen wird,<br />
deren Ortsvorsteher mit der enormen Gesamtverantwortung<br />
heillos überfordert sind. Immer<br />
wieder werden Industrieanlagen auf die grüne<br />
Wiese gestellt, nur weil der Bürgermeister<br />
die „besseren Argumente“ gehabt hat.<br />
Da wird zum Beispiel das „größte Werk Europas<br />
für Solarpanele“ mitten ins Dorf gestellt.<br />
Die vorhandene Verkehrsinfrastruktur besteht<br />
aus einer zweispurigen und als gefährlich<br />
eingestuften Landstraße, einer eingleisigen<br />
Nebenbahnstrecke für den Personenverkehr<br />
mit vielen unbeschrankten Bahnübergängen<br />
und einem Forellenbach. Dabei ist es nicht<br />
so, dass die Betreiber vor Ort nicht auch eine<br />
perfekte Verkehrsinfrastruktur vorgefunden<br />
hätten. Nein, nur sechs Kilometer vom Projektstandort<br />
entfernt gibt es ein voll aufgeschlossenes<br />
Industriegebiet mit direktem Anschluss<br />
an die Schnellstraße und Autobahn und einen<br />
direkten Zugang zum internationalen Bahnnetz.<br />
Selbst ein Flughafen ist über die Schnellstraße<br />
in weniger als 30 Minuten zu erreichen.<br />
Aber nein, niemand hat dem bösen Treiben<br />
Einhalt geboten und so wird tagtäglich quer<br />
durch Europa sinnlose Ansiedlungspolitik mit<br />
den bekannten Folgen betrieben. Da sind<br />
selbst die besten Bahnmanager machtlos.<br />
Es geht auch anders: In der Schweiz gibt es<br />
beim Bahnausbau zwingend eine enge Abstimmung<br />
mit der Raumplanung.<br />
Diesbezüglich geht es der Binnenschifffahrt<br />
in vielen Ländern übrigens nicht besser. Gelegentlich<br />
werden Industrieansiedlungen<br />
sogar in Sichtweite einer Wasserstraße getätigt<br />
– aber ohne direkte Umschlagmöglichkeit.<br />
Man fragt sich, wann irgendwer für<br />
diese horrende Vergeudung von Volksvermögen<br />
verantwortlich gemacht wird. Allein<br />
in Deutschland stellt das System Wasserstraße<br />
ein Anlagevermögen von rund 50 Milliarden<br />
Euro dar. Aber nicht nur dass die Schiffe diese<br />
Infrastruktur vielerorts schlecht nützen, für die<br />
Raumplanung scheint dieses Vermögen gar<br />
nicht zu existieren.<br />
Abgesehen von der fehlenden Bereitschaft<br />
verkehrsvermeidende Maßnahmen zu setzen,<br />
ein Verkehrsträger übergreifender Denkfehler,<br />
der bei Richtigstellung vielleicht zum<br />
größten Klimaerfolg führen könnte, ist der<br />
„freie Warenverkehr“ in der Union. Hier wird<br />
unwidersprochen ein Begriff schlicht und ergreifend<br />
falsch ausgelegt und stillschweigend<br />
akzeptiert. Niemand stellt in Abrede, dass<br />
die Abschaffung der Zölle, die Aufhebung<br />
von Mengenbeschränkungen oder der freie<br />
Zugang zum Markt nicht der Gemeinschaft<br />
dienlich sein soll. Der Denkfehler besteht vielmehr<br />
darin, dass der freie Warenverkehr nicht<br />
automatisch die freie Wahl der Verkehrsmittel<br />
bedeutet. Denn genau daraus resultiert, dass<br />
der Grundsatz vom Schutz der öffentlichen<br />
Gesundheit nicht gewährleistet werden kann.<br />
Wer diese Fakten ignoriert, verweigert die Erkenntnis,<br />
dass uns die bisherige Verkehrspolitik<br />
genau dahin gebracht, wo wir nicht sein sollen.<br />
Ohne diese Erkenntnis sind wir aber jetzt<br />
gezwungen, mit untauglichen (und kostspieligen)<br />
Mitteln etwas zu verändern, was so nicht<br />
veränderbar ist. Auf die Gefahr hin, dass man<br />
im Gedenkjahr zum Spielverderber ernannt<br />
wird, man muss ganz klar sagen, diese Verkehrspolitik<br />
ist ein Race to the bottom. Weit<br />
kann es nicht mehr sein und anscheinend will<br />
da jeder als Erster unten ankommen. (PB)
LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S58<br />
Nasse Logistik: Eine Rückschau auf<br />
das Corona-Jahr 2020<br />
2020 – was für ein Jahr! Wer kam nur auf die absurde Idee, diesem Jahr eine<br />
Krone aufzusetzen (Corona = Krone)? Zig andere, weniger schmeichelhafte<br />
Bezeichnungen, würden wohl besser passen. REDAKTION: PETER BAUMGARTNER<br />
PETER BAUMGARTNER<br />
HERAUSGEBER<br />
BINNENSCHIFF-JOURNAL<br />
LOGISTIK EXPRESS<br />
Es war ein Jahr, das alle Prognosen<br />
über den Haufen geworfen hat. Ein<br />
Jahr, dessen sich rasch ändernden<br />
Entwicklungen weder kurz- noch<br />
langfristige Prognosen zugelassen hat. Und es<br />
war ein Jahr, dass in seinen vielfältigen Auswirkungen<br />
nicht am 31. Dezember endete.<br />
Ohne Prophet spielen zu müssen, kann man<br />
risikolos sagen, schnell wird sich das Leben<br />
<strong>2021</strong> – wenn überhaupt – nicht normalisieren.<br />
Zu groß sind die Verwerfungen in weiten Teilen<br />
der Gesellschaft. Vielleicht wird man den<br />
ganzen Umfang der Ereignisse erst in einigen<br />
Jahren abschließend analysieren können.<br />
Wir sind also gut beraten, die positive Erwartungshaltung<br />
nicht übermäßig zu strapazieren.<br />
Sonst könnte <strong>2021</strong> leicht wieder ein<br />
Jahr der Überraschungen werden. Und weil<br />
niemand wirklich weiß, wie sich die Pandemie<br />
noch entwickeln wird, sollten wir uns darauf<br />
konzentrieren, wie wir den Kampf gegen das<br />
wirtschaftliche und gesellschaftliche Desaster<br />
überleben und gewinnen können. Also die<br />
richtigen Lehren aus der Erfahrung ziehen.<br />
jeder Einzelne von uns gerade befindet, für<br />
unser Leben und Wirtschaften eine Kursänderung<br />
vornehmen – und zwar radikal.<br />
2020 hat in der Schifffahrtswirtschaft generell<br />
gezeigt, egal ob im Schiffbau oder an Bord,<br />
die europäische Gemeinschaft wurde nicht<br />
dazu geschaffen, um ungleiche Arbeits- und<br />
Sozialverhältnisse zu beseitigen. Die Europäische<br />
Union hat offensichtlich vielmehr den<br />
Zweck, osteuropäische „Verhältnisse“ als<br />
verlängerte Werkbank zu nutzen und entsprechende<br />
Vorteile zum Nachteil der dortigen<br />
Menschen daraus zu ziehen. Dabei spielt<br />
es anscheinend gar keine Rolle, ob Länder<br />
wie die Ukraine oder Serbien Teil der EU sind<br />
oder nicht. Die postkolonialistischen Tentakel<br />
der EU finden ihre Opfer auch jenseits geographischer<br />
Grenzen. Dreh- und Angelpunkt<br />
dabei ist ebenfalls ein Land, das nicht zur EU<br />
zählt. Die Schweiz. Die Schweiz als Festung für<br />
Glücksritter jedweder Branchenvertreter der<br />
ganzen Welt, erledigt für Europa die Drecksarbeit,<br />
damit die „Gemeinschaft“ ihre Hände<br />
in Unschuld waschen kann.<br />
Der meist geäußerte Neujahrswunsch <strong>2021</strong><br />
war wohl, es möge ein besseres Jahr werden,<br />
als 2020. Paradoxerweise hat die Gesellschaft<br />
es eh zu einem Gutteil selber in<br />
der Hand, ob dieser Wunsch in Erfüllung<br />
geht oder nicht. Schaut man aber etwas<br />
weiter über 2020 hinaus zurück, schwindet<br />
die Hoffnung, dass wir in der Lage sind, die<br />
Zukunft entscheidend verbessern zu können.<br />
Der zweitmeiste geäußerte Neujahrswunsch<br />
war nämlich, wir wollen zurück zur „alten Normalität“.<br />
Und genau das klingt im Rückblick<br />
auf 2020 wie eine gefährliche Drohung. Wenn<br />
wir kein 2020 mehr haben möchten, dann<br />
darf es keine „alte Normalität“ mehr geben.<br />
Dann müssen wir, egal in welcher Ecke sich<br />
Schon zu Beginn der Pandemie berichtete die<br />
serbische Gewerkschaft Asocijacije slobodnih<br />
i nezavisnih sindikata (ASNS) unter Berufung<br />
auf Vojvođanski istraživačko-analitički centar<br />
(VOICE) und nach eigenen Nachforschungen,<br />
dass eine in Serbien ansässige niederländische<br />
Werft, ohne wie üblich, staatliche<br />
Corona-Unterstützungen in Anspruch zu nehmen,<br />
mehr als die Hälfte der Belegschaft entlassen<br />
hat. VOICE und ASNS kritisieren auch<br />
die eigene Regierung. „Der Staat beteiligt<br />
sich aktiv am Zusammenbruch der Arbeitnehmerrechte<br />
weitgehend bereits entrechteter<br />
Arbeitskräfte in Serbien.“ Das Bestreben der<br />
serbischen Politik ist, ausländische Investoren<br />
mit guten, aber billigen Arbeitskräften anzulocken.<br />
Ähnlich arbeitnehmerfeindliche Prak-
tiken gibt es auch – in der Schweiz, wo die<br />
meisten Flusskreuzfahrtschiffe registriert sind.<br />
Ein Schlaraffenland für kreative Steuersparer<br />
ist das EU-Land Malta. Obwohl das Land über<br />
keine eigene Flussschifffahrt verfügt und auch<br />
keine Flüsse hat, sind dort 43 Flusskreuzfahrtschiffe<br />
gemeldet, die auf europäischen Flüssen<br />
verkehren. Die einträglichsten Exportartikel<br />
in Malta sind europäische Pässe und die<br />
maltesische Flagge.<br />
Die Gewerkschaft Nautilus meldet im Zusammenhand<br />
mit der Diskriminierung osteuropäischer<br />
Beschäftigter bei Arbeitslosigkeit,<br />
dass die meisten Beschäftigten mit Wohnsitz<br />
in einem osteuropäischen Land, nach ihren<br />
Einsätzen für westeuropäische Firmen, für<br />
die sie ordentliche Beiträge in die jeweilige<br />
westeuropäische Arbeitslosenversicherung<br />
eingezahlt haben, bei Arbeitslosigkeit nur<br />
den in ihrem Heimatland geltenden, meist<br />
gedeckelten niedrigen Tarif erhalten. So hat<br />
etwa ein Nautilus-Mitglied aus Rumänien<br />
von 3300 Euro Gehalt ordentlich Beiträge für<br />
die Arbeitslosenversicherung geleistet. Nun<br />
bekommt der Binnenschiffer 75 Euro Arbeitslosengeld,<br />
während seine deutschen oder<br />
holländischen Kollegen knapp 2000 Euro<br />
bekommen. Noch schlimmer geht es ukrainischen<br />
Binnenschiffern, die von ihren Reedereien<br />
in der Schweiz gekündigt werden. Sie<br />
haben im Heimatland weder Anspruch auf<br />
Arbeitslosengeld noch auf Sozialhilfe. Auch<br />
von der Corona-Kurzarbeitsregelung, die von<br />
vielen Flusskreuzfahrern in Anspruch genommen<br />
werden kann, können sie nicht profitieren.<br />
Mangelnde soziale Rechte für Arbeitnehmer<br />
in der Schweiz (und in der EU sowieso)<br />
urteilt Nautilus. Erbärmlicheres kann man über<br />
eines der reichsten Länder auf dieser Welt<br />
wohl kaum noch sagen.<br />
industriAll, die European Trade Union, ortet<br />
im Zusammenhang mit der Pandemie eine<br />
Zunahme von prekären Arbeitsverhältnissen<br />
und Sozialdumping in der gesamten Maritimen<br />
Industrie und beklagt, dass der zum Teil<br />
massive Einsatz von Leiharbeit und Werkver-
LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S60<br />
trägen die durch COVID-19 erforderlichen<br />
Hygienemaßnahmen teilweise konterkariert<br />
werden. Immer wieder wird auch betont,<br />
dass es an Bord ausgefeilte Hygienekonzepte<br />
für Passagiere und Besatzungen gibt. Allein,<br />
wie lediglich die Abstandsregeln in Crew-Kabinen<br />
eingehalten werden sollen, die zweifach<br />
– manchmal sogar dreifach – belegt<br />
und kaum größer als eine Schuhschachtel<br />
sind, musste bisher niemand erklären. Kein<br />
Wunder, dass trotz tauber und blinder Medien<br />
einige Coronafälle an Bord bekannt wurden.<br />
Die Gewerkschaften fordern jedenfalls<br />
ein europäisches Konjunkturprogramm, bei<br />
dem die Beschäftigten im Mittelpunkt stehen.<br />
Neben all den arbeitsrechtlichen Problemen,<br />
die es in der Binnenschifffahrt und im Schiffbau<br />
gibt, hatten 2020 Arbeitnehmer dieser<br />
Bereiche auch zusätzlich unter teils absurden<br />
Reisebestimmungen zu leiden. In den ersten<br />
Wochen gab es nicht mal grenzüberschreitende<br />
Informationen zu Corona-Regelungen,<br />
nach denen sich die Leute richten konnten.<br />
Manche saßen über Wochen auf ihren Schiffen<br />
fest und einige konnten selbst trotz abgelaufener<br />
Verträge das Schiff nicht verlassen.<br />
Selbst die notwendige Selbstversorgung<br />
wurde in Einzelfällen zum Spießrutenlauf. Erst<br />
in der zweiten Hälfte der Pandemie normalisierte<br />
sich die Informationspolitik und einheitliche<br />
Regeln verschafften Planbarkeit. Somit<br />
konnten persönliche Landgänge oder grenzüberschreitende<br />
Personalwechsel halbwegs<br />
normal ablaufen.<br />
Passagierschifffahrt<br />
Das dynamische Wachstum in der Flusskreuzfahrt<br />
ist mit dem Ausbruch der Pandemie<br />
quasi ungebremst an die Wand gefahren.<br />
Zum Jahresbeginn 2020, als das Drama seinen<br />
Lauf nahm, befanden sich die Flusskreuzfahrtschiffe<br />
noch gar nicht in Fahrt. Der kurz<br />
bevorstehende Saisonbeginn versprach,<br />
wie gewohnt, wieder Milch und Honig für<br />
die Branche. Kaum eine andere touristische<br />
Einrichtung, konnte in den letzten 20 Jahren<br />
derart kontinuierlich wachsen, wie die Flusskreuzfahrt.<br />
Zuletzt lag der Zuwachs bei der<br />
Nachfrage bei 10 Prozent und die Passagieranzahl<br />
auf allen Wasserstraßen in Europa<br />
lag bei 1,8 Mio. Hauptverantwortlich für die<br />
steigenden Zahlen, war die Nachfrage aus<br />
Übersee. Länder wie USA, Kanada oder Australien,<br />
brachten etwa 50 Prozent der Passagiere<br />
nach Europa. Nirgendwo gibt es heute<br />
mehr Flusskreuzfahrtschiffe, als in Europa und<br />
hier konnten bis 2019 alle Destinationen kräftig<br />
zulegen. Manche sogar über 30 Prozent.<br />
Laut Statistik gab es 2019 in Europa 378 Schiffe<br />
mit insgesamt fast 55.000 Betten, wobei die<br />
größten Schiffe 190-196 Betten haben. Nicht<br />
eingerechnet in die Statistik sind jene kleineren<br />
Kabinenschiffe, die maximal 40 Betten haben,<br />
aber speziell in Frankreich und Holland<br />
einen erheblichen Anteil in der Flusskreuzfahrt<br />
darstellen. Trotz, oder gerade wegen der positiven<br />
Statistik, die die Flusskreuzfahrt bis 2019<br />
geprägt hat, war das meist verwendete Wort<br />
zum Ende der Saison 2019: Overtourism.<br />
Vielerorts konnte nämlich die Infrastruktur mit<br />
dem enormen Wachstum nicht mehr mithalten.<br />
Auch die Umweltbelastung durch<br />
die Kreuzfahrtschiffe, wurde in manchen<br />
Kommunen als problematisch wahrgenommen.<br />
Dann kam 2020 und aus dem Overtourism<br />
wurde schlagartig ein Undertourism.<br />
Hauptverantwortlich für die Kehrtwende war<br />
der große Anteil an Überseegästen, denen<br />
jede Einreisemöglichkeit verwehrt wurde.<br />
Hier rächte sich der Fokus auf einen volatilen<br />
Markt nicht zum ersten Mal. Schon in der Wirtschaftskrise<br />
und nach dem Terroranschlag in<br />
Frankreich, brach der Markt ein. Aus der Geschichte<br />
hat die Branche leider nichts gelernt.<br />
Europäische Flusskreuzfahrer sahen sich mit<br />
drastischen Corona-Schutzmaßnahmen konfrontiert<br />
und verloren wohl auch die Lust auf<br />
eine entspannte Kreuzfahrt. Immerhin zählen<br />
besonders Flusskreuzfahrtgäste wegen ihrer<br />
Altersstruktur allein schon zur besonders gefährdeten<br />
Gruppe, die sich auch ohne Reisebeschränkungen<br />
Auslandsreisen gut überlegt.<br />
Was blieb, waren also ein paar beherzte<br />
Fahrgäste, die sich durch nichts abschrecken<br />
ließen und wenigstens ein paar Schiffen zum<br />
lichten der Anker verhalfen. Vor diesem Hintergrund<br />
kann die „positive Bilanz“ der Interessensvertretung,<br />
die im August gemeint hat,<br />
dass 30 Prozent der Schiffe wieder fahren,<br />
wohl nur als Schönreden bezeichnet werden.<br />
Die Flusskreuzfahrt 2020 ist was es ist, der Verlierer<br />
in der Binnenschifffahrt.
Nicht viel anders, aber von einem unterschiedlichen<br />
Niveau ausgehend, erging es<br />
der Ausflugschifffahrt auf Flüssen und Seen.<br />
Allgemein kann man sagen, Fahrgebiete, mit<br />
einem hohen Anteil an ausländischen Touristen,<br />
schnitten vergleichsweise schlechter ab<br />
als jene, die mehrheitlich auf heimisches Publikum<br />
gesetzt haben.<br />
Länder wie die Schweiz oder Holland, haben<br />
noch eine Sonderstellung innerhalb der Gruppe.<br />
Ihre Schiffe dienen nicht nur touristischen<br />
Zwecken, sondern werden auch im ÖPNRV<br />
oder Fährverkehr eingesetzt. Dieser Betriebspraxis<br />
verdanken die Reedereien, dass sie<br />
nicht noch schlechter abgeschnitten haben,<br />
als es ohnehin schon der Fall war. In Österreich,<br />
wo es keine Schiffe im ÖPNRV gibt, wurden<br />
Ausflugschiffe kurzerhand zum Massenverkehrsmittel<br />
ernannt und kamen so in den<br />
Genuss von gewissen Erleichterungen, die es<br />
in anderen Ländern, aber an vergleichbaren<br />
Orten, nicht gab.<br />
Es herrschten also unterschiedlichste Regelungen<br />
innerhalb einer Branche, die manche<br />
Reeder ratlos machte. So durfte zum Beispiel<br />
ein Rundfahrtschiff für 10 Personen nicht fahren.<br />
Ein Motorboot auf Mietbasis für 10 Personen<br />
aber schon. Rundfahrt von A nach B<br />
wurden erlaubt, anlegen an Stationen unterwegs<br />
nicht. Maskenpflicht am Freideck mal<br />
Pflicht, mal Empfehlung. Strikte Reduzierung<br />
der Passagierzahl einerseits, Abstandsregeln<br />
einhalten als Empfehlung anderseits. Essen an<br />
Bord mal möglich, mal nicht usw. Wie in der<br />
Flusskreuzfahrt, traf Corona auch die Ausflugschiffe<br />
zu Saisonbeginn – endete aber nicht<br />
im Herbst zum üblichen Saisonende, weil viele<br />
Ausflugschiffe lange in den Herbst hinein,<br />
oder sogar das ganze Jahr durchgängig verkehren.<br />
Diese Reedereien hatten zum Teil Glück im<br />
Unglück, aber auch nur Unglück, denn die<br />
durchgängig einzuhaltenden Coronaregeln<br />
reduzierten die ohnehin schon abgeschwächte<br />
Passagierfrequenz außerhalb der<br />
Hauptsaison noch mehr. Das hatte zur Folge,<br />
dass Fahrpläne mehrmals umgeschrieben<br />
werden mussten und/oder Kurse aus betriebswirtschaftlicher<br />
Sicht ganz gestrichen<br />
wurden. Quer über die Branche hinweg kann<br />
man davon ausgehen, dass die Betriebe mit<br />
einem Minus zwischen 50 und 60 Prozent abschneiden<br />
werden. In Zahlen heißt das, dass<br />
zum Beispiel die Schweiz mit einer sehr starken<br />
Ausflugschifffahrt, statt wie üblich um die<br />
13 Mio. Fahrgäste, 2020 vielleicht noch rund<br />
6 Mio. in die Statistik schreiben kann. Noch<br />
dramatischer klingt es, wenn Premiumdestinationen<br />
wie zum Beispiel der Starnberger<br />
See, statt 300.000 Passagiere, nur noch knapp<br />
über der 100.000 Marke liegt. Anders als in<br />
anderen Bereichen der Binnenschifffahrt, kamen<br />
Mitarbeiter der Ausflugschifffahrt relativ<br />
glimpflich davon. Kaum ein Betrieb wollte sich<br />
von Festangestellten trennen. Vereinzelt wurden<br />
Saisonarbeiter nicht oder nur teilweise<br />
beschäftigt und das Mittel der Kurzarbeit half<br />
über so manche Durststrecke.<br />
Frachtschifffahrt<br />
Abgesehen von der Hafenwirtschaft, ist die<br />
Frachtschifffahrt ein Bereich, der 2020 relativ<br />
glimpflich davongekommen ist. Vielleicht<br />
war es in diesem Jahr auch ein Vorteil, dass<br />
die Frachtschifffahrt traditionell krisenerprobt<br />
ist und mit überfallsartigen Problemen besser<br />
zurechtkommt, als andere Wirtschaftszweige.<br />
Dabei sind witterungsbedingte und neuerdings<br />
klimabedingte Herausforderungen<br />
noch überschaubare Umstände, die Frachtschiffer<br />
einkalkulieren müssen. Auch die politische<br />
Ignoranz, die die Frachtschifffahrt regelmäßig<br />
ins Eck stellt, ist ein seit Jahrzehnten<br />
wucherndes Krebsgeschwür. Gefährlich sind<br />
auch die „hausgemachten“ Minenfelder. Da<br />
gibt es zum Beispiel die generelle Struktur der<br />
Frachtschifffahrt, die in der überwiegenden<br />
Form der genossenschaftlichen Verwaltung,<br />
kaum flexible und rasche Reaktionen zulässt.<br />
Ganz abgesehen von der mangelhaften<br />
Innovationsbereitschaft, die ohne Eigenkapitalbasis<br />
auch mit großzügigen Förderprogrammen<br />
nicht verbessert werden kann. Hier<br />
lauert die Gefahr und wird teilweise schon<br />
schlagend, dass sich Verlader gar nicht mehr<br />
auf das Gewerbe verlassen, sondern eigene,<br />
maßgeschneiderte Strukturen aufbauen. Die<br />
Folge ist, dass Transportgut der Branche nicht<br />
nur aus politischen Fehlentscheidungen abhandenkommt,<br />
sondern auch, weil ganz andere<br />
Mitspieler auf den Plan treten. Unabhängig<br />
davon, aber verschärft durch Corona,
LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S62<br />
ist die Tarifgestaltung in der Frachtschifffahrt<br />
zu sehen. Wenn Banken beispielsweise Unternehmen<br />
künstlich am Leben erhalten und<br />
ermöglichen, dass die Schiffe über lange<br />
Zeiträume nicht mal kostendeckend durch<br />
die Gegend fahren, hat das katastrophale<br />
Auswirkungen auf große Bereiche der Frachtschifffahrt.<br />
Ein nicht nur wirtschaftlicher Nonsens,<br />
sondern auch ein ökologisches Desaster<br />
ist es, wenn bankenfinanzierte Megaschiffe<br />
Ladungen herumführen, die auch in einem<br />
Schiff von der halben Größe leicht Platz finden<br />
würden. Zu allem Überdruss kommen<br />
noch Probleme mit überlangen Wartezeiten<br />
auf Abfertigung in den Häfen, die 80 Stunden<br />
und mehr betragen können.<br />
Der Verlust angestammter Kohletransporte<br />
durch die Energiewende und hausgemachte<br />
Personalprobleme, komplettieren den<br />
Dornenbusch. Das alles hat und hatte 2020<br />
nichts oder wenig mit Corona zu tun. Aber<br />
ja, natürlich hatte Corona auch unmittelbare<br />
Auswirkungen auf die Frachtschifffahrt. Auf<br />
der Ladungsseite allerdings in einem sehr unterschiedlichen<br />
Umfang was die Art der Ladung<br />
und das Transportgebiet betrifft. So gab<br />
es im Bereich der Agrarprodukte keine Rückgänge.<br />
Im Gegenteil. Auf manchen Fahrgebieten<br />
nahm die Transportmenge sogar<br />
stark zu. Auch flüssige Ladungsmengen (mit<br />
Ausnahme Flugbenzin) reduzierten sich kaum<br />
merklich. Reduktionen auf dem Treibstoffsektor<br />
durch den reduzierten Personenverkehr<br />
vielen kaum ins Gewicht. Der Treibstoffverbrauch<br />
im Transportbereich blieb sogar völlig<br />
unberührt.<br />
Selbst der anfänglich reduzierte Containertransport,<br />
bedingt durch verminderten Import<br />
aus China, bewegt sich dank E-Commerce<br />
wieder fast im Normalbereich. Teilweise Rückgänge<br />
bei Erz- und Stahltransporten, waren<br />
bedingt durch reduzierte Industrieproduktion.<br />
Bei den für die Binnenschifffahrt wichtigen<br />
Baustoffen, hält sich der Rückgang wiederum<br />
in Grenzen. Insgesamt stärkere Auswirkungen<br />
hatte Corona auf die vielfach ohnehin<br />
angespannte Ertragslage durch sinkende<br />
Frachttarife. Das NL-Forschungsbüro Panteia<br />
errechnete teilweise nur noch einen Stundenlohn<br />
von 4 Euro bei den Partikulieren. Dort, wo<br />
in der Frachtschifffahrt Anspruch auf staatliche<br />
Coronahilfe bestand, beklagen Unternehmen<br />
die falsche Zielrichtung, denn viele<br />
Förderungen haben nur eine aufschiebende<br />
Wirkung für die Finanzprobleme. Dennoch,<br />
für manche Frachtschiffer brachte die Pandemie<br />
eine regelrechte Entspannung, weil es<br />
zum Beispiel am Main durch den Ausfall der<br />
Flusskreuzfahrt wieder wesentlich ruhiger und<br />
sicherer wurde.<br />
Schiffbau/Zulieferung<br />
Der europäische maritime Technologiesektor,<br />
zu dem rund 300 Werften und 28.000 maritime<br />
Zulieferer in Europa gehören, war bereits<br />
in schlechter Verfassung, bevor COVID-19 in<br />
Kraft trat, sagt die europäische Gewerkschaft<br />
IndustriAll European Trade Union. Aber diese<br />
Industrie hat eine Schlüsselrolle in der Wirtschaft<br />
inne. 90 Prozent des globalen Handels<br />
läuft über die Schifffahrt. Damit ist die Schifffahrt<br />
neben der wirtschaftlichen Bedeutung,<br />
der Motor des globalen Handels, von dem<br />
maßgebliche Stimmen meinen, es ist Zeit<br />
für eine Ökologisierung. Durch die technologische<br />
Führerschaft kam die europäische<br />
Schiffbauindustrie bisher ganz gut über die<br />
Runden. Auch weil osteuropäische Werften<br />
zum günstigen Stahlbau beigetragen haben.<br />
Dennoch ist der Konkurrenzkampf mit ausländischen<br />
Werften sehr hart und China ist drauf<br />
und dran, ebenfalls in den High-Tech-Schiffbau<br />
– die Stärke europäischer Schiffbauer –<br />
vorzudringen.<br />
Bernhard Meyer (Meyer Werft) kritisiert die<br />
falsche Wirtschaftspolitik in Europa. Trotz Corona<br />
gingen 60 Prozent der weltweiten Schiffbauaufträge<br />
zwischen Jänner und Anfang<br />
September 2020, teilweise subventioniert zum<br />
Nachteil der eigenen Wirtschaft, nach China.<br />
Deshalb sieht Meyer in der chinesischen<br />
und asiatischen Konkurrenz die viel größere<br />
Gefahr für den europäischen Schiffbau, als<br />
durch Corona. Noch sind die Auftragsbücher<br />
der Werften gut gefüllt, aber die Investitionsentscheidungen<br />
werden durch Corona bereits<br />
deutlich beeinflusst. Das ist besonders im<br />
Schiffbau gefährlich, weil es lange Vorlaufund<br />
Planungszeiten bei Neubauten braucht.<br />
Und weil sich Corona besonders negativ auf<br />
die Passagierschifffahrt auswirkt, ist dieser Be-
eich auch im Schiffbau besonders gefährdet.<br />
Aber Corona ist eben nicht das einzige<br />
Problem der Schiffbauindustrie. Neben der<br />
Konkurrenz außerhalb Europas, gibt es bereits<br />
innereuropäische Konkurrenz durch ausländische<br />
Investoren. Der asiatische Multikonzern<br />
Genting Hongkong (GHK) zum Beispiel,<br />
erwarb 2015 zu günstigen Konditionen drei<br />
Werftstandorte (Wismar, Rostock, Stralsund)<br />
und versprach, dass bald Milch und Honig<br />
fließen wird. Aber schon zu Beginn der Pandemie<br />
nützte der Konzern die erste Gelegenheit,<br />
um an Steuergeld zu kommen und nahm das<br />
staatliche Kurzarbeitsmodell für einen Großteil<br />
der Belegschaft in Anspruch.<br />
Inzwischen sind die Forderungen auf 700 Mio.<br />
Staatshilfe angewachsen und um die Asiaten<br />
bei Laune zu halten, wurden bereits erhebliche<br />
Summen zugesagt. Ob hier strategisch<br />
immer die richtigen Entscheidungen getroffen<br />
wurden, ist fraglich. Dieser Frage müssen<br />
sich auch osteuropäische Regierungen stellen,<br />
die für westeuropäische Auftraggeber<br />
praktisch die verlängerte Werkbank bilden.<br />
Einsparungsbestrebungen werden hier rasch<br />
umgesetzt. Binnenwerften haben zudem das<br />
Problem, dass es seit Jahren aus unterschiedlichen<br />
Gründen zu wirtschaftlichen Schieflagen<br />
gekommen ist.<br />
dessen nautische Erfahrung sich auf einige<br />
Kreuzfahrten in der Badewanne beschränkt.<br />
Der bereits arg ramponierte Kahn treibt weiter<br />
führerlos durch die Untiefen. Zum Glück<br />
gibt es noch ein paar beherzte Matrosen an<br />
Bord. In ihrer Hand liegt das Schicksal des<br />
Schiffes und sie wissen, warum sie in die Lage<br />
gekommen sind und wie sie da wieder rauskommen<br />
können. Eine Rückschau hat dann<br />
ihren Zweck erfüllt, wenn wir im Rückblick erkennen,<br />
wohin die Zukunft gehen soll. Prognosen<br />
sind, wie wir wissen, schwierig – besonders<br />
wenn sie die Zukunft betreffen. Halten wir<br />
uns daher lieber besser an die Gestaltung der<br />
Zukunft. Die beherzten Matrosen werden Hilfe<br />
brauchen.(PB)<br />
Die Folgen? Für frische Investoren wird „Wohnen<br />
am Wasser“ oder ein Parkplatz für LKW<br />
attraktiver, als Schiffe zu bauen. Trotz Corona<br />
und trotz Kurzarbeit erfüllte die Neptun Werft<br />
2020 noch ihr Plansoll. Die Werft, einer der<br />
wichtigsten Standorte für die Flusskreuzfahrt,<br />
konnte im Krisenjahr neben anderen Konzernaufträgen,<br />
noch sechs neue Flusskreuzfahrtschiffe<br />
abliefern. Sogar Serbien lieferte noch<br />
nach Plan. <strong>2021</strong> können trotz Planungsunsicherheiten<br />
noch Altaufträge abgearbeitet<br />
werden. Dann gilt, was für die ganze Branche<br />
gilt, es wird Zeit, dass die Pandemie und die<br />
falsche Wirtschaftspolitik ein Ende nehmen.<br />
SCHLUSS<br />
2020 war ein Jahr, das verglichen mit einem<br />
Schiff in arge Schräglage gekommen ist und<br />
jetzt bei stürmischem Wetter auf hoher See zu<br />
kentern droht. Über weite Strecken auf dem<br />
Weg zum Desaster war ein Kapitän am Steuer,
LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S64<br />
Brexit: Die Krux mit dem Ursprung<br />
Das zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich Ende 2020 abgeschlossene<br />
Handelsabkommen bringt neue Herausforderungen bei Präferenzkalkulationen<br />
für Schweizer Ausführer. BEITRAG: REDAKTION<br />
MARIO CACCIVIA<br />
EXPERT<br />
DACHSER<br />
SCHWEIZ<br />
Lieferverzögerungen im Verkehr zwischen<br />
der EU und dem Vereinigten<br />
Königreich haben in den letzten Wochen<br />
Schlagzeilen gemacht. Zum Teil<br />
wurden sie durch fehlende oder nicht korrekt<br />
ausgefüllte warenbegleitende Dokumente<br />
und eine dadurch bedingte langsamere<br />
Zollveranlagung verursacht. Was müssen<br />
Schweizer Exporteure neu beachten, damit<br />
ihre Ware reibungslos durch den Zoll kommt?<br />
Probleme ergeben sich unter anderem dadurch,<br />
dass das bilaterale Handels- und Kooperationsabkommen<br />
„TCA“ zwischen der<br />
EU und dem Vereinigten Königreich nicht in<br />
allen Aspekten deckungsgleich ist mit dem<br />
am 1. Januar <strong>2021</strong> in Kraft getretenen bilateralen<br />
Abkommen zwischen der Schweiz und<br />
dem Vereinigten Königreich. Dies betrifft vor<br />
allem die Ursprungsregeln.<br />
Schwieriger Ursprung.<br />
Das Handelsabkommen zwischen der<br />
Schweiz und dem Vereinigten Königreich<br />
sieht die Möglichkeit der Kumulation von Ursprungswaren<br />
anderer Vertragsparteien des<br />
PEM-Übereinkommens (Paneuropa-Mittelmeer-Kumulierung)<br />
vor. Voraussetzung ist,<br />
dass die Vertragspartei mit der Schweiz und<br />
dem Vereinigten Königreich ein Freihandelsabkommen<br />
unterhält und dieses identische<br />
Ursprungsregeln enthält. Da die im Abkommen<br />
EU-Vereinigtes Königreich vereinbarten<br />
Ursprungsregeln nicht mit denen des Handelsabkommens<br />
Schweiz-Vereinigtes Königreich<br />
identisch sind, ist eine Kumulation von<br />
EU-Ursprungswaren im Verkehr zwischen der<br />
Schweiz und dem Vereinigten Königreich nicht<br />
mehr möglich. Daher unterliegt eine Ware<br />
mit EU Ursprung beim Export ab der Schweiz<br />
in das Vereinigte Königreich (Durchhandel)<br />
Die Dachser Spedition AG (Dachser<br />
Schweiz) ist eine Tochtergesellschaft des<br />
Transport und Logistikdienstleisters Dachser<br />
mit Hauptsitz in Kempten, Deutschland. Die<br />
erste Niederlassung in der Schweiz wurde<br />
1967 eröffnet. Dachser Schweiz ist heute an<br />
acht Standorten präsent, beschäftigt 297<br />
Mitarbeitende und erwirtschaftete im Jahr<br />
2019 einen Bruttoumsatz von 190.4 Millionen<br />
Schweizer Franken. Im Jahr 2019 transportierte<br />
Dachser Schweiz 557’400 Sendungen<br />
mit einem Gewicht von 242’300 Tonnen.<br />
Das Familienunternehmen Dachser mit<br />
Hauptsitz in Kempten, Deutschland, bietet<br />
Transportlogistik, Warehousing und kundenindividuelle<br />
Services innerhalb von zwei<br />
Business Fields: Dachser Air & Sea Logistics<br />
und Dachser Road Logistics. Letzteres teilt<br />
sich in die beiden Business Lines Dachser<br />
European Logistics und Dachser Food<br />
Logistics auf. Übergreifende Kontraktlogistik-Services<br />
sowie branchenspezifische<br />
Lösungen ergänzen das Angebot. Ein flächendeckendes<br />
europäisches sowie interkontinentales<br />
Transportnetzwerk und komplett<br />
integrierte Informationssysteme sorgen<br />
weltweit für intelligente Logistiklösungen.<br />
Mit rund 31’000 Mitarbeitern an weltweit<br />
393 Standorten erwirtschaftete Dachser<br />
im Jahr 2019 einen konsolidierten Netto-Umsatz<br />
von rund 5,7 Milliarden Euro. Der<br />
Logistikdienstleister bewegte insgesamt<br />
80,6 Millionen Sendungen mit einem Gewicht<br />
von 41,0 Millionen Tonnen. Dachser<br />
ist mit eigenen Landesgesellschaften in<br />
44 Ländern vertreten. Autor: Mario Caccivio<br />
Zollbeauftragter, European Logistics<br />
Dachser Spedition AG (Schweiz).<br />
E-Mail: mario.caccivio@dachser.com
der Zollabgabe. Sofern die EU-Ursprungsware<br />
direkt von der EU in das Vereinigte Königreich<br />
befördert wird, ist die Einfuhr zollfrei.<br />
Waren mit präferentiellem Ursprung Schweiz<br />
können abhängig von der jeweiligen Zolltarifnummer<br />
zollbegünstigt bzw. zollfrei in das<br />
Vereinigte Königreich importiert werden.<br />
Aber im Vergleich zu EU-Firmen, die in das<br />
Vereinigte Königreich exportieren, haben<br />
die schweizerischen Unternehmen strengere<br />
Ursprungskriterien zu erfüllen. Gemäß dem<br />
Vertrag Vereinigtes Königreich-Schweiz sind<br />
die Ursprungsregeln des PEM-Übereinkommens<br />
maßgebend (wie im Freihandelsabkommen<br />
Schweiz-EU). So ist beispielsweise<br />
im Maschinensektor eine Wertschöpfung von<br />
60 bis teilweise 75 Prozent notwendig, um die<br />
Vorgaben der Ursprungskriterien zu erfüllen.<br />
Erschwerend kommt hinzu, dass die in der<br />
Schweiz verwendeten Vormaterialien aus der<br />
EU neu als drittländische Ware in der Präferenzkalkulation<br />
zu berücksichtigen sind.<br />
Zusätzliche Dokumente.<br />
Allen Sendungen in das Vereinigten Königreich<br />
müssen seit Anfang des Jahres<br />
<strong>2021</strong> unter anderem Handels- oder Pro-Forma-Rechnungen<br />
beiliegen, auf denen die<br />
EORI-Nummern des Importeurs sowie der<br />
Wert und die Zolltarifnummer vermerkt sind.<br />
Bei tierischen und pflanzlichen Produkten dürfen<br />
die phytosanitären Zertifikate nicht fehlen.<br />
Neu braucht es auch eine Bestätigung für<br />
Holzverpackungen, dass diese dem ISPM-15-<br />
Standard entsprechen.<br />
Weitere Änderungen.<br />
Im dritten Quartal dieses Jahres soll ein revidiertes<br />
PEM-Übereinkommen mit liberaleren<br />
Ursprungkriterien in Kraft treten. Dieses wird<br />
aber wahrscheinlich nicht auf Exporte in das<br />
Vereinigte Königreich angewendet werden<br />
können, da das Vereinigte Königreich, im Gegensatz<br />
zur EU und der Schweiz, das revidierte<br />
PEM Übereinkommen nicht ratifizieren will.<br />
Aus Sicht der Logistikbranche wäre es daher<br />
wünschenswert, dass die Schweiz die entsprechenden<br />
Passagen des Handelsabkommens<br />
mit dem Vereinigten Königreich nachverhandelt,<br />
um eine Deckungsgleichheit bei<br />
den Ursprungskriterien bei den bilateralen<br />
Handelsabkommen mit der EU und mit dem<br />
Vereinigten Königreich zu erreichen.<br />
Fazit:<br />
Angesichts der neuen Anforderung sollten<br />
Schweizer Exporteure vor dem Versand ihre<br />
Präferenzkalkulationen respektive Ursprungsnachweise<br />
detailliert prüfen, einschließlich<br />
der Aktualisierung der Lieferanteninformationen.<br />
International tätige Speditionen<br />
in der Schweiz wie die Dachser Spedition<br />
AG bieten ihren Kunden hierzu umfassende<br />
Unterstützung an. Ziel ist es, Sendungen<br />
reibungslos, rechtskonform, pünktlich und<br />
gegebenenfalls mit einem formell gültigen<br />
Ursprungsnachweis über die Zollgrenzen<br />
in das Vereinigte Königreich zu bringen.<br />
Mehr auf www.dachser.com<br />
(RED)
LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S66<br />
Brexit-Deal: Was ändert sich für<br />
Logistikunternehmen?<br />
Alexander Heine, Geschäftsführer der CM Logistik Gruppe, informiert über die<br />
Auswirkungen des neuen Handelsabkommens auf die internationale Logistik und<br />
gibt Ratschläge für die unsichere Anfangszeit.<br />
BEITRAG: REDAKTION<br />
A<strong>LE</strong>XANDER HEINE<br />
GESCHÄFTSFÜHRER<br />
CM LOGISTIK GRUPPE<br />
Lange hat es gedauert und nun ist es<br />
doch Realität: Das Vereinigte Königreich<br />
und die Europäische Union konnten<br />
sich auf ein Handelsabkommen<br />
einigen und damit die jahrelangen Verhandlungen<br />
zu einem Ende bringen – für beide<br />
Seiten mehr oder weniger zufriedenstellend.<br />
Schon im Sommer 2016 traf die britische Bevölkerung<br />
in Form eines Referendums die<br />
Entscheidung für den Austritt. Dieser ließ aber<br />
noch lange auf sich warten, denn die Briten<br />
wollten zwar ihre Unabhängigkeit von der Europäischen<br />
Union, aber offensichtlich nicht<br />
all die mit dem Austritt verbundenen Konsequenzen<br />
akzeptieren. Einen No-Deal-Brexit<br />
wünschte dennoch auch auf EU-Seite niemand<br />
– die Handelsbeziehungen sollten trotz<br />
allem intakt bleiben. Seit Beginn des Jahres<br />
<strong>2021</strong> gelten nun die neuen Regelungen in<br />
Bezug auf den Warenverkehr, doch haben<br />
sie schon in kürzester Zeit für Verwirrung und<br />
Chaos an den Grenzen gesorgt. Aber was<br />
bedeuten die endgültige Durchführung des<br />
Brexits und damit der Niedergang des freien<br />
Binnenmarktes zwischen der Insel und dem<br />
europäischen Festland für Logistiker und wie<br />
können sie die Pannen der unsicheren Anfangszeit<br />
umschiffen?“<br />
1. Kontrolle braucht Zeit.<br />
„Jahrelang profitierte Großbritannien, ebenso<br />
wie der Rest der Mitgliedsstaaten, vom freien<br />
Warenverkehr innerhalb der Zollunion. Grundsätzlich<br />
unterliegen Ein- und Ausfuhren innerhalb<br />
der EU, sogenannte innergemeinschaftliche<br />
Verbringungen, keinen Beschränkungen.
Diese Freiheit fällt nun weg und alle Waren,<br />
die Logistikunternehmen aus einem Nicht-EU-<br />
Staat einführen, müssen sie durch den Zoll abfertigen<br />
lassen.<br />
Bei beispielsweise einem Container T-Shirts<br />
aus China ergibt sich kein Problem, da er ausschließlich<br />
ein Gut enthält, wenn auch in hundertfacher<br />
Ausführung. Doch eine britische<br />
Lastwagenfuhre für eine irische Supermarktfiliale<br />
– also im Rechtsbereich der Europäischen<br />
Union – beinhaltet typischerweise alle Güter,<br />
die diese Filiale benötigt, von Eiern über Klopapier<br />
bis zum Obst. Eine nach dem Austritt<br />
erforderliche Zoll- und Einfuhranmeldung für<br />
die EU sieht vor, dass alle verschiedenen Arten<br />
von Waren in einer Ladung einzeln aufgeführt<br />
und entsprechend kontrolliert werden müssen.<br />
Administrativer Mehraufwand, auf den<br />
sich jedes Logistikunternehmen mit Fahrten in<br />
das Vereinigte Königreich einstellen sollte.<br />
Ein Umdenken bei der Beladung könnte sich<br />
als Möglichkeit zur Vermeidung dieser langen<br />
Wartezeiten herausstellen, indem Unternehmen<br />
ihre Lkw ausschließlich mit einer<br />
bestimmten Art Ware befrachten. Ob sich<br />
die dadurch entstehenden zusätzlichen Kilometer<br />
gegenüber Papierkram und Wartezeit<br />
rechnen, muss jeder Betroffene individuell kalkulieren.“<br />
2. Im Irrgarten der Bürokratie.<br />
„Nicht nur die Warenkontrollen sorgen für<br />
Komplikationen an den neuen EU-Außengrenzen.<br />
Ganze Kataloge von Richtlinien zur<br />
Überführung von Frachten, die Mitgliedsstaaten<br />
der Zollunion jahrelang erspart geblieben<br />
waren, kommen nun auf Logistiker mit<br />
Beziehung zu Großbritannien zu. Dies führt zu<br />
einer erheblichen bürokratischen Belastung<br />
sowohl für die Logistikbranche als auch für<br />
die Zollbeamten beider Seiten. Falsch ausgefüllte<br />
oder fehlende Papiere können bei<br />
der Überführung Verzögerungen hervorrufen<br />
und sorgten bei Lieferungen zwischen den<br />
Inselstaaten bereits für Chaos – Lastwagen<br />
mussten umkehren, weil sie nicht die erforderlichen<br />
Formulare vorweisen konnten. Diese organisatorischen<br />
Kinderkrankheiten ließen sich<br />
aufgrund der unklaren politischen Lage nur<br />
schwer verhindern. Um dennoch Verzögerungen<br />
und allgemeine Verwirrung zu vermeiden,<br />
hilft Logistikern nur, sich regelmäßig und<br />
gründlich über alle Neuerungen zu informieren.<br />
Kein leichtes Unterfangen, da sich die Situation<br />
an den Grenzen und damit die einzelnen<br />
Abwicklungsprozesse täglich zu ändern<br />
scheinen. Wirklich zuverlässige und vor allem<br />
aktuelle Informationen erhalten betroffene<br />
Unternehmen also nur von offizieller Stelle<br />
– den zuständigen Zollbehörden.“<br />
3. Mit Aufwand kommen Kosten.<br />
„Finanzielle Belastungen für Logistikunternehmen<br />
erhöhen sich nicht nur durch steigende<br />
Personalkosten, entstehend durch den bürokratischen<br />
Mehraufwand und die Wartezeiten<br />
an den EU-Grenzen. Auch die im Handelsabkommen<br />
eigentlich festgeschriebene<br />
und in der Öffentlichkeit als großen Erfolg angepriesene<br />
Zollfreiheit erweist sich nur auf den<br />
ersten Blick als guter Deal.<br />
So gilt die mit der EU vereinbarte Erlassung<br />
nicht für Güter, die importiert und gleich wieder<br />
exportiert werden. Großbritannien läuft<br />
also Gefahr, die über Jahre aufgebaute<br />
Stellung als Dreh- und Angelpunkt des europäischen<br />
Binnenhandels zu verlieren, was zu<br />
weniger Aufträgen für Logistiker führen kann,<br />
die auf Kooperationspartner von der Insel angewiesen<br />
sind. Alternative Routen und zusätzliche<br />
innereuropäische Geschäftsbeziehungen<br />
können als Fallnetz fungieren und im Fall<br />
einer lang andauernden Misere an britischen<br />
Grenzen den laufenden Betrieb sichern. Zukunftsprognosen<br />
zu treffen, fällt schwer – alle<br />
Parteien müssen sich auf die neuen Regelungen<br />
einstellen und ihre Prozesse anpassen.<br />
Wie groß letztlich die zusätzlichen Kosten und<br />
finanziellen Einbußen ausfallen, hängt für Logistikunternehmen<br />
davon ab, wie schnell sie<br />
die Situation adaptieren.“ (RED)<br />
Mehr auf www.cm-log.eu
LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S68<br />
Corona-Pandemie: Fragen, die sich<br />
Logistikkunden stellen<br />
Der Logistikdienstleister Dachser Schweiz hat sich unter seinen Kunden umgehört,<br />
welche Fragen ihnen derzeit unter den Nägeln brennen. Urs Häner, Managing Director<br />
European Logistics Switzerland, und Samuel Haller, Country Manager Schweiz<br />
für das Geschäftsfeld Air & Sea Logistics, Dachser Spedition AG, geben Antwort.<br />
BEITRAG: REDAKTION<br />
URS HÄNSER<br />
MANAGING DIRECTOR<br />
EUROPEAN LOGISTICS<br />
SWITZERLAND<br />
DACHSER<br />
Es ist wieder Homeoffice angesagt.<br />
Kann ich trotzdem meinen Disponenten<br />
telefonisch erreichen oder läuft<br />
die Kommunikation nur noch schriftlich<br />
per E-Mail?<br />
Urs Häner: Selbstverständlich können Sie<br />
unsere Disponenten telefonisch erreichen.<br />
Aufgrund der Pandemie hatten wir in Spitzenzeiten<br />
rund ein Drittel der Belegschaft im<br />
Home-Office. Dabei handelte es sich mehrheitlich<br />
um Mitarbeitende mit administrativen<br />
Aufgaben wie beispielsweise Buchhaltung,<br />
Abrechnung, Verkauf/HR. Mitarbeitende in<br />
der operativen Abwicklung wie Export, Import,<br />
Disposition etc. waren und sind immer<br />
vor Ort. Unsere Organisation ist so aufgestellt,<br />
dass jede Abteilung immer auch vor Ort besetzt<br />
ist. Die Kommunikation mit den Kunden<br />
und die Koordination mit den Mitarbeitenden<br />
an den mobilen Arbeitsplätzen ist somit jederzeit<br />
sichergestellt.<br />
Die Swiss, aber auch andere Fluggesellschaften,<br />
bieten immer weniger Flugverbindungen<br />
von und nach Zürich, Basel und Genf<br />
an. Termintreue ist für uns ein entscheidender<br />
Wettbewerbsfaktor. Wie stelle ich sicher, dass<br />
meine Exportluftfrachtsendungen trotzdem<br />
pünktlich beim Empfänger ankommen?<br />
Samuel Haller: Dachser bietet neben Direktflugverbindungen<br />
von und nach den Schweizer<br />
Flughäfen auch Luftfrachtroutings über<br />
unser Gateway in Frankfurt in Deutschland<br />
an. Hier werden Waren aus ganz Europa gebündelt<br />
und nach Übersee geflogen. Importwaren<br />
für Schweizer Kunden von anderen<br />
Kontinenten werden in Frankfurt dekonsolidiert<br />
und in Zusammenarbeit mit der Dachser<br />
European Logistics, der Landverkehrssparte<br />
von Dachser, direkt in die Schweiz transportiert.<br />
Des Weiteren bietet Dachser für ausgewählte<br />
Routen nach Amerika und Asien eigene<br />
wöchentliche Charterverkehre an. Wir<br />
versuchen, für jeden Kunden eine seinen Anforderungen<br />
entsprechende Lösung zu finden.<br />
Die Luftfrachtraten sind in der Krise stark gestiegen.<br />
Was bedeutet das für mich als Verlader?<br />
Samuel Haller: Der Preisanstieg bedingt eine<br />
frühzeitige Interaktion mit dem Logistikdienstleister.<br />
Dieser kann dann in Zusammenarbeit<br />
mit dem Verlader mögliche Optionen prüfen<br />
– von günstigeren Alternativ-Flugrouten bis hin<br />
zu alternativen Transportlösungen wie Sea-Air,<br />
Lkw, Bahn oder Seefracht. So entscheidet sich<br />
eine zunehmende Zahl Verlader neu für Sammelcontainerverkehre.<br />
Dachser bietet hier<br />
ein weltumspannendes Netzwerk in Kombination<br />
mit European Logistics für den Vor- und<br />
Nachlauf bis hin zu Zugverbindungen nach<br />
China an.<br />
In vielen EU-Ländern gibt es schon wieder<br />
massive Beschränkungen des Wirtschaftslebens.<br />
Wird dies zu Verzögerungen bei Auslieferungen<br />
an /Abholung bei Kunden führen?<br />
Urs Häner: Unser Netzwerk ist zu 100 Prozent<br />
leistungsfähig. Es kommt jedoch vor, dass wir<br />
bei der Zustellung der Sendung vor verschlossenen<br />
Türen stehen, weil die Empfänger aufgrund<br />
der Pandemie ihre Anlieferfenster neu<br />
definiert haben.<br />
Im Frühjahr sind an vielen innereuropäischen<br />
Grenzen vorübergehend Kontrollen eingeführt<br />
worden. Es kam zu kilometerlangen Staus<br />
und Verzögerungen in Lieferketten. Welche
Massnahmen hat Dachser getroffen, falls es<br />
im Schweiz-EU Verkehr erneut zu mehr Grenzkontrollen<br />
und längeren Standzeiten kommt?<br />
Urs Häner: Während der ersten zwei Tage<br />
der Grenzschliessung kam es zu Verzögerungen.<br />
Ich möchte jedoch festhalten, dass die<br />
Schweizer und die Deutsche Zollbehörde sehr<br />
gut zusammengearbeitet haben, um Staus zu<br />
vermindern. Sollte es wieder zu Grenzschliessungen<br />
kommen, werden wir den Fahrplan<br />
mit einem längeren Grenzaufenthalt neu takten.<br />
Dies führt zu früheren Abfahrtszeiten und<br />
bedingt eine vorgängige Abstimmung mit<br />
der Verladerschaft.<br />
Ich muss also längere Laufzeiten für Lkw-,<br />
aber auch für Überseetransporte einkalkulieren<br />
(Logistics Lead Time Planning)?<br />
Urs Häner: Ja, das ist empfehlenswert. Unser<br />
europäisches Netzwerk hat sich aber auch in<br />
der Pandemie als absolut zuverlässig und leistungsfähig<br />
erwiesen.<br />
Samuel Haller: Für Seefracht müssen Verlader<br />
in der Tat mit längeren Transportzeiten<br />
rechnen. Neben einem Mangel an Leercontainern<br />
führen Ausfälle von Schiffsabfahrten<br />
(Blank Sailings) und Kapazitätsengpässe in<br />
manchen Häfen, z.B. in den USA, sowie Corona-bedingte<br />
Verzögerungen bei der Zoll- und<br />
Hafenabfertigung derzeit zu Störungen in der<br />
Transportkette. Wichtig ist hier, dass Verlader<br />
frühzeitig dem Logistikdienstleister möglichst<br />
genaue Mengenprognosen anvisieren, damit<br />
eine entsprechende Planung, Kapazitätssicherung<br />
und Buchung durch diesen erfolgen<br />
kann. So genannte Backup-Carrier Modelle,<br />
um eine pünktliche Auslieferung sicherzustellen,<br />
bieten sich dabei auch an.<br />
Anzumerken ist, dass es derzeit bei den Reedereien<br />
keine absolute Verladegarantie gibt<br />
und so genannte Rollovers, eine Verschiebung<br />
auf die nächstfolgende Abfahrt, nicht<br />
komplett ausgeschlossen werden können.<br />
Dementsprechend sollten Verlader in der Planung<br />
und Buchung Zeitpuffer einbauen, um<br />
auf der «sicheren Seite» zu sein. Von einem<br />
«Just in sequence»-Ansatz ist in der aktuellen<br />
Phase definitiv abzuraten.<br />
Wie erhalte ich transparente Echtzeit-Informationen<br />
bei Verzögerungen im Vorlauf zum<br />
Verschiffungshafen, bei Verladungen im Hafen,<br />
bei Transshipment-Problemen oder anderen<br />
Reiseverzögerungen im Asienverkehr<br />
(Supply Chain Visibility)?<br />
Samuel Haller: Dachser stellt auf seiner Track<br />
& Trace Plattform eLogistics entsprechende<br />
Informationen bereit, die für die Kunden jederzeit<br />
einsehbar sind. Bei absehbaren Verzögerungen<br />
werden die Kunden proaktiv durch<br />
unseren Customer Service informiert.<br />
In den letzten Monaten sind die Seefrachtraten<br />
stark gestiegen. Hält dieser Trend <strong>2021</strong><br />
an?<br />
Samuel Haller: Wir gehen davon aus, dass die<br />
Seefrachtraten auf hohem Niveau bleiben<br />
oder weiter ansteigen. Beispielsweise liegt<br />
der Shanghai Container Freight Index SCFI<br />
per Stand vor Weihnachten über 160 Prozent<br />
höher als vor einem Jahr. Preis ist aber aktuell<br />
nicht das Thema, sondern die Verfügbarkeit<br />
von Equipment/Kapazitäten. Wie sich die<br />
Lage nach dem chinesischen Neujahrsfest<br />
entwickelt, ist noch ungewiss. Aber Verlader<br />
können davon ausgehen, dass sich diese<br />
nicht sofort beruhigt. Unser Supply-Chain-Management<br />
hat bisher alle Probleme gut gemeistert.<br />
Würde sich trotzdem eine detaillierte Analyse<br />
der Risiken in unserem Supply-Chain-Ökosystem<br />
in Kooperation mit Dachser lohnen?<br />
SAMUEL HAL<strong>LE</strong>R<br />
COUNTRY MANAGER<br />
SWITZERLAND<br />
GESCHÄFTSFELD<br />
AIR & SEA LOGISTICS<br />
DACHSER SPEDITION AG<br />
Samuel Haller: Auf jeden Fall. Wir haben die<br />
Erfahrung gemacht, dass solche partnerschaftlich<br />
und interdisziplinär mit dem Kunden<br />
durchgeführten Analysen Chancen zur<br />
Supply-Chain-Optimierung bieten und einen<br />
nachhaltigen Mehrwert schaffen. (RED)
LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S70<br />
BMW Group eröffnet neuen Campus<br />
Die Investitionssumme beträgt mehr als 28 Millionen Euro. Die Fertigstellung des<br />
12.000 m2 großen Neubaus ist ein weiteres klares Bekenntnis der BMW Group zum<br />
Wirtschaftsstandort Salzburg. Neue, hochmoderne Arbeitswelten für 450 Mitarbeiter<br />
aus 16 Nationen. BEITRAG: REDAKTION<br />
Bürgermeister von Salzburg, Harald Preuner,<br />
ihre Glückwünsche als digitale Grußbotschaft.<br />
„Wir sind sehr froh, dass wir starke und innovative<br />
Leitbetriebe wie die BMW Group in Salzburg<br />
haben, die sich seit Jahrzehnten ganz<br />
bewusst zur Region bekennen. Die Eröffnung<br />
des neuen Campus Salzburg mitten in der<br />
Corona Pandemie stimmt mich hoffnungsvoll,<br />
dass wir die augenblicklich angespannte Situation<br />
gemeinsam meistern werden und der<br />
Wirtschaftsstandort Salzburg nachhaltig gestärkt<br />
wird,“ erklärte Landeshauptmann Dr.<br />
Wilfried Haslauer anlässlich der Eröffnung.<br />
BMW GROUP<br />
CAMPUS SALZBURG<br />
Anfang Februar wurde der neue<br />
BMW Group Campus Salzburg<br />
offiziell eröffnet. Der Campus<br />
Salzburg wurde trotz der Corona<br />
Pandemie innerhalb des vorgesehenen Zeitplans<br />
eröffnet. Über 28 Mio. Euro wurden in<br />
den 12.000 m2 großen Neubau investiert, der<br />
ab sofort für insgesamt 450 Mitarbeitern aus<br />
16 Nationen hochattraktive und moderne<br />
Arbeitsplätze bietet. Unter einem gemeinsamen<br />
Dach sind am BMW Group Standort Salzburg<br />
die vier Geschäftseinheiten BMW Austria<br />
GmbH, BMW Financial Services, Alphabet<br />
Austria Fuhrparkmanagement GmbH und<br />
die BMW Vertriebs GmbH vertreten.<br />
Zudem wir von Salzburg aus die Region Zentral-<br />
und Südosteuropa, die von der Ostsee<br />
bis ins östliche Mittelmeer reicht, gesteuert.<br />
Landeshauptmann Dr. Wilfried Haslauer<br />
betont das bemerkenswerte Engagement<br />
der BMW Group für Salzburg. Aufgrund der<br />
Covid-19 Pandemie überbrachten der Landeshauptmann<br />
Dr. Wilfried Haslauer und der<br />
Neil Fiorentinos, Geschäftsführer der BMW Vertriebs<br />
GmbH, sagte: „Der BMW Group Standort<br />
Salzburg ist eine feste Größe in der Region.<br />
Mit dem Neubau schlagen wir das nächste<br />
Kapitel der Erfolgsgeschichte auf. Der Campus<br />
Salzburg ist eine logische Folge aus der<br />
herausragenden Arbeit der vergangenen<br />
Jahrzehnte. 1977 haben wir ausgehend von<br />
Salzburg knapp über 6.000 BMW in Österreich<br />
verkauft. Im vergangenen Jahr haben wir von<br />
hier aus über 73.500 Automobile in 12 Ländern<br />
abgesetzt und dabei über 3,2 Milliarden Euro<br />
Umsatz generiert. Mit dem Neubau bieten wir<br />
unseren Mitarbeitern moderne und hochattraktive<br />
Arbeitsplätze. Damit werden wir Innovationen<br />
weiter fördern und die Zukunftsfähigkeit<br />
des Standortes weiter sichern.“<br />
Hochmoderne Arbeitswelten am neuen<br />
BMW Group Campus Salzburg.<br />
Die neuen, innovativen Arbeitswelten im<br />
Campus Salzburg mit einer Gesamtfläche<br />
von über 12.000 m2 bieten mit lichtdurchfluteten<br />
Büroräumen auf einer Fläche von<br />
4.774 m2 über 20 Prozent mehr Platz als zuvor.<br />
Die Anzahl der Meetingräume wurde<br />
mit 26 mehr als verdoppelt. Auch die Kantine<br />
ist mit 814 m2 doppelt so groß wie bislang.<br />
Ein Highlight ist der Zugang zu einer<br />
weitläufigen Dachterrasse. Ein begrünter Innenhof<br />
dient als zentrale Begegnungsstätte.
„Der neue Campus ist ein<br />
weiteres wichtiges Kapitel<br />
in der Erfolgsgeschichte der<br />
BMW Group am Standort<br />
Salzburg“<br />
Gleich neben dem neuen Bürogebäude entsteht<br />
ein Parkhaus mit großzügig dimensionierten<br />
Parkplätzen.<br />
Modernes Trainingszentrum für 12 Länder der<br />
Region Zentral- und Südosteuropa nach neuesten<br />
BMW Standards.<br />
Mit einer Fläche von 2.675 m2 ist das neue<br />
Trainingszentrum mehr als sechsmal so groß<br />
als der bisherige Schulungsbereich. Dadurch<br />
wächst auch seine Kapazität: statt bisher 40<br />
Personen können nun bis zu 150 Teilnehmer<br />
pro Tag geschult werden. Die Ausstattung<br />
entspricht dem neuesten Stand der Technik.<br />
Neben dem klassischen Training vor Ort<br />
nimmt digitales Lernen einen immer größeren<br />
Stellenwert ein. Beim ‚blended learning‘ ergänzen<br />
sich persönliches Training vor Ort und<br />
virtuelle Kursinhalte und sorgen so für einen<br />
optimalen Lernerfolg. Von den neuen Möglichkeiten<br />
profitieren neben den Beschäftigten<br />
der BMW Group auch Techniker, Servicemitarbeiter,<br />
Verkäufer und Manager der<br />
Händlerpartner aus allen zwölf Märkten der<br />
Region Zentral- und Südosteuropa.<br />
Investitionen in die Nachhaltigkeit<br />
des Standortes.<br />
Mit über 500.000 elektrifizierten Fahrzeugen<br />
gehört die BMW Group zu den führenden Anbietern<br />
im Bereich Elektromobilität weltweit.<br />
In Europa werden 2030 schätzungsweise die<br />
Hälfte aller verkauften BMW Fahrzeuge elektrifiziert<br />
sein. Folglich wird es auch am neuen<br />
BMW Group Campus Salzburg 150 E-Lademöglichkeiten<br />
geben. Ein Drittel der Energie<br />
kommt vom Dach! Dafür wurde am neuen<br />
Campus eine Photovoltaikanlage installiert.<br />
Diese deckt gut ein Drittel des Gesamtstromverbrauches<br />
des Campus. Die CO2-Einsparungen,<br />
die sich hieraus realisieren lassen, betragen<br />
232 Tonnen im Jahr. Außerdem wurde<br />
im Rahmen des Umbaus der hausinternen<br />
Waschanlage eine Wasserrückgewinnungsanlage<br />
eingebaut. Für eine Fahrzeugwäsche<br />
wurden bislang 180 Liter Trinkwasser benötigt<br />
– mit der Wasseraufbereitungsanlage sind<br />
pro neuem Waschvorgang nun nur noch 20-<br />
30 Liter Trinkwasser erforderlich – das ist eine<br />
Ersparnis von sage und schreibe 85%. Ermöglicht<br />
wird dies durch eine innovative Lösung,<br />
mit der das gesamte Abwasser beim Autowaschen<br />
wiederverwendet werden kann.<br />
Das Engagement der BMW Group – Gut für<br />
Österreich.<br />
Mit dieser bedeutenden Investition unterstreicht<br />
die BMW Group ihr nachhaltiges,<br />
langfristiges und gesellschaftliches Engagement<br />
in Österreich. Das Unternehmen engagiert<br />
sich bereits seit über 40 Jahren massiv in<br />
und für den Wirtschaftsstandort Österreich.<br />
Seit dem Jahr 1979 wurden hierzulande rund<br />
7,5 Milliarden Euro investiert – das sind umgerechnet<br />
500.000 Euro Tag für Tag – und das<br />
seit über 40 Jahren. Das Unternehmen beschäftigt<br />
rund 5.200 Mitarbeiter in Österreich,<br />
davon 4.500 Mitarbeiter im BMW Group Motorenwerk<br />
Steyr. Im Jahr 2019 erwirtschaftete<br />
man in Österreich einen konsolidierten Gesamtumsatz<br />
von rund 7 Milliarden Euro, tätigte<br />
Investitionen von 374 Millionen Euro und<br />
leistete einen Netto-Beitrag in Höhe von 1,8<br />
Milliarden Euro zur österreichischen Handelsbilanz.<br />
Damit zählt die BMW Group in Österreich<br />
zu den bedeutendsten Unternehmen<br />
des Landes. (RED)<br />
NEIL FIORENTINOS, MBA
LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S72<br />
VDE stellt Studie Mobilität, Logistik und<br />
Energie 2030 vor<br />
Batterien bleiben Hauptantriebsenergieträger für die Elektromobilität. Brennstoffzelle<br />
wird Alternative im Schwerlast- und Fernverkehr. BEITRAG: REDAKTION<br />
WELCHE TECHNOLOGIE<br />
MACHT DAS RENNEN?<br />
Im Fahrzeugbereich werden die aktuell<br />
dominierenden Kraftstoffe Benzin<br />
und Diesel in den Hintergrund treten<br />
und Platz für alternative Antriebe machen.<br />
Die zwei dominanten Konzepte sind<br />
dabei die Batterie sowie die Brennstoffzelle<br />
mit verschiedenen Anwendungsszenarien<br />
im Antriebsportfolio der Zukunft.<br />
Der Wandel hin zur Elektromobilität in der Mobilitäts-<br />
und Logistik-Branche betrifft jedoch<br />
nicht nur die zugrunde liegende Antriebstechnik,<br />
sondern auch die Energiewirtschaft.<br />
Welche Entwicklungen bis 2030 möglich<br />
sind, untersucht die Technologieorganisation<br />
VDE in ihrer neuen Metastudie „Logistik,<br />
Energie und Mobilität 2030“. „Die bisherigen<br />
teilweise anderweitig etablierten Akteure<br />
wie Mineralölkonzerne und Stromerzeuger<br />
müssen sich auf die neuen Rahmenbedingungen<br />
einstellen. Eine Anpassung bisheriger<br />
Konzepte wird nicht zu vermeiden sein,<br />
um dem veränderten Bedarf an Antriebsenergie<br />
gerecht zu werden und gegenüber<br />
neuen Akteuren auf dem Markt zu bestehen<br />
können.<br />
Die Logistik und Mobilität der Zukunft wird von<br />
erneuerbarer Energie angetrieben. In der<br />
Studie beschreiben wir deshalb auch unterschiedliche,<br />
teils konkurrierende Logistikszenarien<br />
für den urbanen Raum, um zu zeigen,<br />
wie die Zukunft ganz praktisch für den Nutzer<br />
gestaltet werden kann“, erklärt Nora Dörr, Projektleiterin<br />
der Metastudie. Ergänzend unter-
suchten die Experten Brennstoffzellenanwendungen<br />
als Alternative im Fernverkehr sowie<br />
das Potenzial weiterer alternativer Kraftstoffe.<br />
Die wichtigsten Ergebnisse der Studie aus<br />
dem Bereich Energie:<br />
Der Bedeutung der Elektromobilität wird weiter<br />
steigen. 2019 betrug die Zahl der Elektrofahrzeuge<br />
(BEV, PHEV, FCEV, etc.) weltweit<br />
4,79 Millionen. Bis zum Jahr 2030 kann sich<br />
diese Zahl bis auf 150 Millionen Fahrzeuge<br />
verdreißigfachen. Batterien sind für den Einsatz<br />
in den Bereichen Mobilität und Logistik<br />
bereits hinreichend gut entwickelt. Weitere<br />
Optimierungen im Bereich der Herstellungsund<br />
Materialkosten sind u.a. durch optimierte<br />
und automatisierte Produktionsabläufe sowie<br />
durch neue Materialinnovationen, welche<br />
oftmals auch eine Energiesteigerung mit sich<br />
bringen, zu erwarten.<br />
Brennstoffzellen stellen vor allem für den<br />
Schwerlast- und Fernverkehr bis 2030 eine flexible<br />
und technisch ausgereifte Antriebsenergie<br />
dar. Die Durchdringung des Marktes mit<br />
Wasserstofffahrzeugen erfolgt voraussichtlich<br />
ab 2030 bis 2050. Auch 2030 werden noch<br />
Fahrzeuge mit fossilen Brennstoffen betrieben,<br />
denn weitere alternative Kraftstoffe stehen<br />
bis 2030 noch nicht in ausreichendem Maße<br />
zur Verfügung, um Verbrennerfahrzeugen zu<br />
ersetzen. Der Energiemarkt wird in Zukunft heterogener.<br />
Unterschiedliche Antriebsenergien<br />
existieren 2030 nebeneinander. Ein grundlegender<br />
Transformationsprozess hin zur Batterie-<br />
und Brennstoffzellennutzung sollte aber<br />
erfolgt sein.<br />
Auf die veränderten Rahmenbedingungen<br />
hin muss auch die Infrastruktur ausgerichtet<br />
werden. So werden Ladetechnologien und<br />
-infrastruktur sowohl für batterieelektrische<br />
Fahrzeuge als auch für Brennstoffzellenfahrzeuge<br />
ausgebaut werden müssen, um den<br />
steigenden Bedarfen gerecht zu werden. Für<br />
das Stromnetz 2030 stellt die stetige Zunahme<br />
an Elektrofahrzeugen eine anspruchsvolle,<br />
aber bewältigbare Herausforderung dar.<br />
Die wichtigsten Ergebnisse der Studie aus den<br />
Bereichen Mobilität und Logistik:<br />
Die Verkehrsleistung wird bis 2030 stetig zunehmen.<br />
Angesichts der steigenden Transportleistung<br />
ist unabhängig vom Verkehrsträger eine<br />
bessere Auslastung anzustreben. So werden<br />
die wichtigsten Straßen- und Schienenwege,<br />
insbesondere rund um Ballungsräume, zunehmend<br />
überbelegt. Da kein unbegrenzter Ausbau<br />
möglich ist, muss an einer Optimierung<br />
der Auslastung bestehender Netze gearbeitet<br />
werden. Konzepte und Technologien zur<br />
dichteren Belegung sind erforderlich. Andernfalls<br />
wird das Transportvolumen aufgrund von<br />
Staus auf Autobahnen, stehender Güterzüge<br />
und festsitzender Binnenschiffe nicht mehr<br />
wachsen können. Um bei gleichbleibenden<br />
Verteilnetzen und infrastrukturellen Voraussetzung<br />
Mobilität und Logistik zu ermöglichen,<br />
müssen die vorhandenen Verkehrsträger besser<br />
ausgelastet werden.<br />
Die Anzahl und Gestalt von Logistikakteuren<br />
und Mobilitätsdienstleistern wird 2030 vielfältiger.<br />
Die Angebote werden zukünftig maßgeblich<br />
von der Digitalisierung bestimmt. Insgesamt<br />
ermöglicht diese eine noch bessere<br />
Abstimmung von Angebot und Nachfrage<br />
des Personenverkehrs. Angesichts der zu erwartenden<br />
Bevölkerungszunahme insbesondere<br />
in den deutschen Metropolregionen<br />
von aktuell rund 16 Prozent auf 19 Prozent der<br />
Gesamtbevölkerung bis 2030 müssen innovative<br />
Lösungen für die weiter steigende Verkehrsnachfrage<br />
gefunden werden.<br />
Über die Studie:<br />
Die Metastudie „Logistik, Energie und Mobilität<br />
2030“ ist im Rahmen der Begleitforschung<br />
des Technologieprogramms IKT für Elektromobilität<br />
des Bundesministeriums für Wirtschaft<br />
und Energie (BMWi) entstanden. Ziel des<br />
Programms ist die Förderung von intelligenten<br />
Anwendungen für Mobilität, Logistik und<br />
Energie. Das Programm besteht (in leicht veränderter<br />
Form) seit 2010 und hat in dieser Zeit<br />
zahlreiche Projekte im gesamten Bundesgebiet<br />
gefördert. (RED)<br />
Der VDE, eine der größten<br />
Technologie-Organisationen<br />
Europas,<br />
steht seit mehr als 125<br />
Jahren für Innovation<br />
und technologischen<br />
Fortschritt.<br />
Als einzige Organisation<br />
weltweit vereint der VDE<br />
dabei Wissenschaft,<br />
Standardisierung, Prüfung,<br />
Zertifizierung und<br />
Anwendungsberatung<br />
unter einem Dach.<br />
Das VDE Zeichen gilt seit<br />
100 Jahren als Synonym<br />
für höchste Sicherheitsstandards<br />
und Verbraucherschutz.<br />
Wir setzen uns ein für die<br />
Forschungs- und Nachwuchsförderung<br />
und für<br />
das lebenslange Lernen<br />
mit Weiterbildungsangeboten<br />
„on the job“.<br />
2.000 Mitarbeiter an<br />
über 60 Standorten<br />
weltweit, mehr als<br />
100.000 ehrenamtliche<br />
Experten und rund 1.500<br />
Unternehmen gestalten<br />
im Netzwerk VDE eine<br />
lebenswerte Zukunft:<br />
vernetzt, digital, elektrisch.<br />
Wir gestalten die<br />
e-diale Zukunft.
LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S74<br />
Überlagerter Wandel<br />
Johannes Roters, Partner von ASE Automotive Senior Experts GmbH, stellt dar, warum<br />
die Corona-Krise die Symptome der anstehenden Schwierigkeiten nurüberlagert<br />
und wie Interim-Management bei der Bewältigung der Herausforderungen<br />
helfen kann. BEITRAG: REDAKTION<br />
JOHANNES ROTER<br />
PARTNER<br />
ASE AUTOMOTIVE<br />
SENIOR EXPERTS GMBH<br />
Die Krise durch die Pandemie ist in aller<br />
Munde, doch in der Automobilund<br />
Zulieferindustrie überlagert sie<br />
nur die aktuellen Herausforderungen,<br />
mit denen sich die Branche schon länger<br />
konfrontiert sieht. Zwei Phänomene machen<br />
den Autobauern und Zulieferern besonders<br />
zu schaffen und führen zu massiven Veränderungen:<br />
die Elektrowende und die Digitalisierung.<br />
Antriebsrevolution und autonomes<br />
Fahren gelten als die zwei vorherrschenden<br />
Themen – und das auch nicht erst seit gestern.<br />
Seit 2020 ist Johannes Roters Partner bei<br />
der ASE Automotive Senior Experts GmbH.<br />
Über 38 Jahre war er in der Automobilzulieferindustrie<br />
tätig und hat deren Globalisierung<br />
mitgestaltet z.B. Johnson Controls,<br />
Yanfeng Global Automotive Interior (YFAI).<br />
Die Corona-Krise überdeckt diese Herausforderungen<br />
und erschwert den Veränderungsprozess<br />
erheblich. Nun stehen die traditionellen<br />
Unternehmen der Branche vor der<br />
Herausforderung, wie sie mit dem nicht mehr<br />
aufzuhaltenden Wandel umgehen. Welche<br />
Veränderungsprozesse müssen die Verantwortlichen<br />
anstoßen? Um die Transformation<br />
zu starten, verlangt es nach einem lebhaften<br />
Meinungs- und Informationsaustausch. Dafür<br />
sind qualifizierte, erfahrene Führungskräfte<br />
und weniger Manager von Nöten. Denn diese<br />
arbeiten im Wesentlichen an der Gegenwart<br />
– Führungskräfte gestalten jedoch die Zukunft:<br />
Es gilt, jetzt die Organisation wachzurütteln<br />
– zu lange schon wird der notwendige Veränderungsprozess<br />
aufgeschoben, weg vom<br />
sprichwörtlichen ‚das haben wir immer schon<br />
so gemacht‘ hin zu einer Bereitschaft und Leidenschaft<br />
für die anstehenden Veränderungen.<br />
Klingt simpel, ist jedoch sehr aufwendig.<br />
Häufig unterschätzen die Verantwortlichen<br />
die Anstrengungen, die solch ein fundamentaler<br />
Wandel mit sich bringen kann. Ein Veränderungsprozess<br />
muss die gesamte Organisation<br />
umfassen und erfordert daher eine<br />
intensive interne Kommunikation. Erst wenn<br />
das gesamte Unternehmen den Inhalt der<br />
Veränderungen vollkommen verinnerlicht hat,<br />
sie akzeptiert und nach ihnen handelt, dann<br />
ist die Strategie vollständig implementiert.<br />
Im besten Fall nimmt die Organisation sogar<br />
den Aufbruch als neue Energiequelle wahr.<br />
Um den erfolgreichen Wandel zu schaffen,<br />
kann es äußerst hilfreich sein, krisenerfahrene<br />
Interim-Führungskräfte an Bord zu holen,<br />
die den Veränderungsprozess sowie die Begeisterung<br />
für den Wandel effektiv unterstützen.<br />
Aufgrund ihres hohen Erfahrungsschatzes<br />
bringen sie bei der Diskussion der<br />
neuen Vision, deren Herausforderungen und<br />
Umsetzung die gesamte Organisation voran.<br />
Interim-Führungskräfte können bei allen<br />
Beteiligten das Bewusstsein für notwendige<br />
Veränderungsschritte schärfen. Daher kommen<br />
diese Experten sowohl als Kommunikationsund<br />
Feedback-Champion zum Einsatz.<br />
Durch ihre neutrale Position stärken sie die<br />
Akzeptanz der neuen Strategie und informieren<br />
die oberen Führungskräfte über den Fortschritt<br />
der Veränderungen. Fachkundige Interim-Führungskräfte<br />
wissen aus Erfahrung ganz<br />
genau, wann und wie Veränderungsprozesse<br />
ins Stocken geraten. Sie können solche Prozesse<br />
professionell begleiten und, wenn erforderlich,<br />
eingreifen.<br />
Die Neupositionierung muss jetzt ganz oben<br />
auf die Agenda. Je zügiger dies geschieht,<br />
desto eher besteht die Chance, den Anschluss<br />
doch noch zu schaffen. Noch überlagert<br />
die Corona-Krise die eigentlichen<br />
Herausforderungen der Automobilbranche.<br />
Doch nach der Krise ist vor der Krise und die<br />
akuten Herausforderungen treten wieder hervor.<br />
Und genau darauf muss sich die ganze<br />
Automotivebranche jetzt vorbereiten.“ (RED)
Die Welt der<br />
nachhaltigen<br />
Logistik<br />
• logistik-express.com<br />
• binnenschiff-journal.at<br />
• umwelt-journal.at<br />
• transportlogistik.business<br />
• ecommerce-logistik.business<br />
• mobilitaet.business<br />
• mylogistics.business<br />
m.jaklitsch@logistik-express.at
LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S76<br />
Ich will sehen<br />
Vorwegnahme-Taktik verhilft bei Kundenverhandlungen zu Transparenz. beim Kartenspielen<br />
ist oberstes Gebot, sich nicht in dieselbigen schauen zu lassen. Andersherum<br />
ist es ein großer Vorteil, zu wissen, was der Gegner auf der Hand hat. Was<br />
beim Spielen funktioniert, bringt auch bei Geschäfts-Verhandlungen viele Vorteile.<br />
BEITRAG: REDAKTION<br />
Ob Skat, Poker oder Doppelkopf:<br />
Beim Kartenspielen gilt, sich nicht<br />
in die Karten gucken zu lassen.<br />
Andersherum bringt es einen<br />
großen Vorteil, zu wissen, was der Gegner<br />
auf der Hand hat, um passend auszuspielen.<br />
Was beim Spielen funktioniert, bringt auch bei<br />
Verhandlungen auf B2B-Ebene viele Vorteile.<br />
Denn hier geht es in der Regel nicht nur um den<br />
Preis, sondern vor allem um taktischen Vorteil.<br />
Allerdings versucht auch die Käuferseite bei<br />
Vertragsabschluss Vorteile rauszuschlagen.<br />
„Die Kundenseite nutzt oft die Salamitaktik.<br />
Ein erster Aspekt wird durchverhandelt und<br />
preislich festgelegt, um dann mit einer weiteren<br />
Forderung zu überraschen. Scheibchenweise<br />
kommen so immer wieder neue<br />
Anforderungen und Wünsche hinzu und für<br />
denjenigen, der verkaufen will, werden Preisanpassungen<br />
immer schwerer möglich. So<br />
schneiden sich Kunden immer mehr Stücke<br />
vom ‚Verkäufer-Anteil‘ ab“, weiß Oliver Kerner,<br />
professioneller Vertriebstrainer, Speaker<br />
und Coach aus Bremen sowie Gründer von
Foto: Arne de Groot<br />
OK-Training, und erläutert: „Statt einer klaren<br />
Linie, bei der beide Seiten genaue Antworten<br />
zu Produkt- oder Projekt-Spezifikationen,<br />
Lieferzeiten, Team-Zusammenstellung, Startzeitpunkt<br />
und Auftragsdauer erhalten, entstehen<br />
so eher Unklarheiten. Die erfolgreiche<br />
Erfüllung der Vertragspflicht wird so erschwert,<br />
denn in der operativen Umsetzung kommt es<br />
dann unweigerlich zu Fehlern. Um Projekte<br />
schon im Verkauf ganz konkret zu definieren,<br />
hilft die Vorwegnahme-Technik.“<br />
„Ich will sehen“ –<br />
Zuerst den Kunden transparent machen<br />
Auch wenn eingangs gesagt wurde, dass es<br />
nicht nur um den Preis geht, so spielt er doch<br />
innerhalb einer Verhandlung eine wichtige<br />
Rolle. Oliver Kerner verrät: „Hier gilt es, sich<br />
niemals an der Preisgestaltung der Wettbewerber<br />
zu orientieren, sondern erstens Preise<br />
dort zu setzen, wo man sie haben möchte,<br />
und zweitens den Kunden bei dieser Preissetzung<br />
extrem mit einzubeziehen.“ Hierzu eignet<br />
sich die Vorwegnahme-Technik hervorragend,<br />
denn sie zielt darauf ab, gezielt die<br />
Forderungen des Kunden zu ermitteln.<br />
Zu Gesprächsbeginn wird dabei geklärt, welche<br />
Position das Thema Preis einnimmt. Beispiele<br />
für effektive Fragen sind hier: „Welche<br />
Punkte sind für Sie bis jetzt offen außer dem<br />
Preis“, „Abgesehen vom Preis, welche inhaltlichen<br />
Fragen zum Angebot möchten Sie heute<br />
klären?“ oder „Über den Preis werden wir<br />
ja sicherlich gleich sprechen: Welche Punkte<br />
möchten Sie außerdem klären, um eine Entscheidung<br />
treffen zu können?“. Es geht bei<br />
dieser Art von Fragen darum, den Bedarf bis<br />
zum allerletzten Punkt zu ermitteln. Wurden<br />
die Fragen beantwortet, sollte abschließend<br />
immer noch einmal nachgeharkt werden,<br />
welche Punkte weiterhin offen sind, ob es<br />
weitere Wünsche gibt und welche Unklarheiten<br />
detaillierter besprochen werden müssen.<br />
Erst wenn der Kunde hier keine Ideen oder<br />
Punkte mehr vorbringt, ist er transparent mit<br />
seinen Anforderungen, wodurch es möglich<br />
wird, ein passendes Angebot vorzustellen.<br />
Der Vorteil dieses Vorgehens: Der Verkäufer<br />
hat erst einmal zugehört und von sich und seinen<br />
Angeboten noch nichts preisgegeben.<br />
„Ich gebe“ –<br />
Anschließend klug die Karten ausspielen<br />
Wenn außer Frage steht, dass der Verhandlungspartner<br />
wirklich alles genannt hat, was<br />
er klären beziehungsweise verhandeln will,<br />
schließt der Verkäufer die Bedarfsermittlung<br />
mit der Frage „Wenn wir heute alle diese Aspekte<br />
besprechen und falls wir uns einigen<br />
können, sind dann alle Ihre offenen Punkte<br />
geklärt?“. Jetzt erst ist der Punkt gekommen,<br />
an dem der Verhandlungspartner seine Karten<br />
ausspielt. Da ihm alle kundenrelevanten<br />
Informationen vorliegen, kann er auf Forderungen,<br />
Wünsche, Positionen besser eingehen.<br />
Auch Skepsis, Ängste und Unsicherheiten<br />
des Kunden können nun aufgefangen<br />
werden. Statt ins Blaue hinein irgendetwas<br />
anzubieten, ermöglicht die Vorwegnahme-Taktik<br />
ganz effektiv und vorausschauend<br />
vorzugehen und dabei sowohl sehr individuell<br />
als auch sehr präzise Leistungsumfänge zu<br />
definieren.<br />
Oliver Kerner resümiert: „Am Ende steht selbstverständlich<br />
noch die Frage nach dem Preis<br />
– logisch. Statt diese Frage zu fürchten, sollte<br />
sie jedoch mit Freude erwartet werden, denn<br />
das zeigt ein Kaufinteresse – und was soll ein<br />
Kunde auch sagen? ‚Danke für diesen super<br />
Preis – nehm ich!‘? Das wird er nicht tun. Der<br />
Verhandlungskreis schließt sich: Es ist ein Spiel<br />
– und wenn außer dem Preis nichts mehr offen<br />
ist, dann spielt der Verkäufer künftig eben<br />
mit. Aber nicht mehr nach den Regeln der<br />
Kunden, sondern nur nach den eigenen – aktiv,<br />
effektiv und erfolgreich.“ (RED)<br />
OLIVER_KERNER<br />
VERTRIEBSTRAINER<br />
SPEAKER UND COACH<br />
GRÜNDER<br />
OK-TRAINING
LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S78<br />
Wer sich in Gefahr begibt…<br />
Angeblich sprachen sich in einer Umfrage zufolge 61% aller befragten Bürger<br />
für die Corona – Impfpflicht aus, sogar für eine verpflichtende. Das stimmte<br />
wahrscheinlich noch im Frühjahr 2020[1], als noch niemand wusste, ob es denn<br />
überhaupt einen Impfstoff geben werde und als noch niemand wusste, was<br />
diese Impfstoffe eigentlich bewirken können – im Guten wie im Schlechten.<br />
GASTBEITRAG: UWE KRANZ<br />
UWE KRANZ<br />
JOURNALIST<br />
HALLO MEINUNG<br />
Die Befürworter einer gesetzlichen Impfpflicht<br />
(die immer häufiger geradezu<br />
mit jakobinischem Eifer agitieren), die<br />
notgedrungen (Er-)Duldenden (vor<br />
allem Mitarbeiter in medizinischen und pflegerischen<br />
Berufen, denen ansonsten die Kündigung<br />
droht), die vorsichtig abwartenden Skeptiker (die<br />
lieber zunächst allen regierenden Politikern und<br />
Parteisoldaten den Vorrang geben wollen), die<br />
Befürworter einer freien Impfentscheidung eines<br />
jeden (die liberal-konservativen Bürger, die noch<br />
auf ihre Grundrechte achten) und die hard-core-<br />
Verweigerer (die schon immer gegen das Impfen<br />
waren) – heute sind wir jedoch alle klüger!<br />
Jeder zweite Deutsche mutierte nämlich im Laufe<br />
des Jahres zum Hobby-Virologen; das Studium des<br />
Ärzteblatts und die Verlautbarungen von WHO, RKI<br />
und PEI haben die Lektüre der Apothekerzeitung<br />
(vulgo: Rentnerbravo) abgelöst. Folge: Das Meinungsbild<br />
ändert sich!<br />
Eine Umfrage von mdrFRAGT[2] brachte schon im<br />
Dezember 2020 zutage, dass insbesondere die Altersgruppe<br />
der 31- bis 50-jährigen gegen eine Corona-Impfpflicht<br />
sind (54%) und zusätzliche 33% erst<br />
dann für eine Impfpflicht plädieren, wenn es Langzeitstudien<br />
gibt, die Spätfolgen ausschließen. Nur<br />
ganze 11% will eine sofortige Impfpflicht einführen.<br />
Aber auch die letzte veröffentlichten Umfrage<br />
vom Januar <strong>2021</strong>[3], die das schiere Gegenteil der<br />
Umfrage vor einem Jahr zu signalisieren scheint, ist<br />
zu hinterfragen. Danach ist nur noch jeder Dritte<br />
für eine gesetzliche Corona-Impfpflicht, deutliche<br />
56% gegen eine zwingende Immunisierung und die<br />
große Mehrheit (62%) lehnt Vorteile für Menschen<br />
ab, die gegen das Coronavirus geimpft sind (Flugreisen,<br />
ÖPNV, Restaurants, Hotels, Events…).[4] Vor<br />
allem schreibt das Redaktionsnetzwerk Deutschland<br />
(RND) aber, dass die „Bundesregierung bislang<br />
auf die gesetzliche Impfpflicht verzichtet“.<br />
Ich kenne kaum jemanden, der sich in voller Kenntnis<br />
der drohenden Gefahren und des aktuellen<br />
wissenschaftlichen Wissensstands mit Begeisterung<br />
in eine lebensbedrohliche Maßnahme wie<br />
der Corona-Zwangsimpfung stürzt. Aber ich kenne<br />
unheimlich viele, die Aussagen der Mainstreammedien<br />
schon nach dem Anlesen der Schlagzeile<br />
(neudeutsch: Headline) verinnerlichen und zum<br />
Glaubenssatz erheben. Die Aufgabe einer Schlagzeile<br />
besteht ja auch darin, die Aufmerksamkeit<br />
eines flüchtig und selektiv lesenden Betrachters zu<br />
erreichen (und das sind die allermeisten), ihn anzusprechen<br />
und auf den anschließenden Fließtext zu<br />
leiten. Schlagzeilen und Überschriften helfen dem<br />
Leser, zu selektieren, was ihn interessiert und was<br />
nicht. Übrigens: Untersuchungen zufolge lesen doppelt<br />
so viele Leser die Überschrift eines Artikels wie<br />
den Artikel selbst.<br />
Das „bislang“ ist längst vorbei<br />
Die Fragestellungen der Umfragen werden weder<br />
vollständig wiedergegeben, noch der Auftraggeber,<br />
die Anzahl der Befragten oder deren Auswahl.<br />
Geliefert wird häufig, was bestellt wurde, d.h. man<br />
muss den veröffentlichten Umfragen auf den Grund<br />
gehen. Das Gegenteil geschieht: beim flüchtigen<br />
Lesen bleibt in Etwa hängen, dass zwar ein Drittel<br />
und mehr für die gesetzliche Impfpflicht sei, die Regierung<br />
aber darauf verzichte. Untergegangen ist<br />
dabei das Wörtchen „bislang“. Schnell wird noch<br />
die Information angehängt, dass Menschen, die<br />
sich gegen Grippe impfen lassen, sich zu 56% auch<br />
gegen Corona impfen lassen wollen. Und alle wollen,<br />
dass es keine Vorteile für Geimpfte gebe. Das<br />
nennt man Propaganda, nicht Nachricht.<br />
Waldhimbeeren und „Lebensbedrohliche Nebenwirkungen“<br />
Über das amtliche Impfstoffzulassungsprotokoll, wo<br />
die lebensbedrohlichen Nebenwirkungen beschrieben<br />
werden, wird kaum eine Zeile geschrieben. Wer<br />
liest schon Beipackzettel? Wahre Informationen
sind inzwischen eine „Holschuld“, man muss sich<br />
intensiv um sie bemühen, sie zuweilen im Informationsgestrüpp<br />
der sozialen Medien heraussuchen,<br />
wie wilde Himbeeren im Wald. Das offizielle „Protokoll<br />
zur Untersuchung der Sicherheit und Effektivität<br />
des Covid-19-Impfstoffes“, welches BioNtech und<br />
Pfizer bei der amerikanischen Arzneimittelbehörde<br />
FDA[5] vorlegten, ist recht voluminös (376 Seiten).<br />
Aber: Es wurde mehrmals nachträglich geändert<br />
(eklatante Protokollbrüche); es enthält ein Dutzend<br />
Mal das Wort „lebensbedrohlich“; es findet sich der<br />
Hinweis, dass unter den rund 43.000 Probanden (die<br />
Hälfte davon Placebo-Probanden) 44 so schwer<br />
erkrankten, dass ein „dringendes medizinisches Eingreifen“<br />
erforderlich wurde; es zeigt auf, dass bis zu<br />
84% der Probanden unerwünschte Reaktionen auf<br />
die Impfung zeigten; es enthält, eher verdeckt, die<br />
Aussage, dass nur bei über 7.000 geimpften Personen<br />
gerade einmal eine einzige von der Wirkung<br />
profitierte.<br />
Der Kasseler Arzt und Statistiker Zacharias Fögen, der<br />
das ganze Protokoll kritisch analysierte, zeigte sich<br />
bestürzt und schlussfolgerte sogar, dass eine „Entlastung<br />
des Gesundheitssystems insofern aufgrund<br />
der belegten Impfreaktionen und Nebenwirkungen<br />
gar nicht zu erwarten (und auch nicht nachgewiesen)<br />
ist“[6]. Sogar das Gegenteil sei zu befürchten,<br />
nämlich dass die konkrete Gefahr bestehe, dass<br />
die Impfstoffe die Krankheit verstärken, statt lindern<br />
können. Diese Folge scheint sich bei der berichteten<br />
Vielzahl von sogenannten „Impf-Toten“[7], die<br />
schon kurz nach Erhalt der Erstimpfung an oder mit<br />
ihr verstarben, zu bestätigen; konsequente, pathologische<br />
Untersuchungen (Pflicht-Autopsien) stehen<br />
jedoch (mit wenigen Ausnahmen[8]) aus. Fögers<br />
Erkenntnis, dass Geimpfte ein fünfmal höheres<br />
Risiko für einen schwereren Covid-Verlauf haben,<br />
als Ungeimpfte, findet man leider nur auf YouTube<br />
und Pi-news. Mainstream- und Hofmedien unterdrückten<br />
seine wissenschaftliche Kritik, wohl um die<br />
angeordnete Impffreude nicht zu trüben.<br />
Auch die ähnlich kritische Analyse des international<br />
anerkannten Impfstoff-Zulassungsexperten Peter<br />
Doshi fand keinen Eingang in die deutsche Medienwelt,<br />
sieht man von dem Internetportal Journalistenwatch<br />
einmal ab,[9] der bei allen positiven<br />
PCR-Tests einen Nachtest fordert und den Ct-Wert<br />
(Zyklenzahl) problematisiert – was aus Kostengründen<br />
aber meist unterbleibt (nicht bei Fußballern<br />
oder Politikern).<br />
Es sind eben keine Verschwörungstheoretiker oder<br />
vereinzelte Ärzte, sondern die leibhaftige ehemalige<br />
Direktorin des französischen Nationalen Instituts<br />
für Gesundheit und medizinische Forschung, die<br />
Genetikerin Dr. med. Alexandra Henrion-Caude,<br />
die daher fordert, dass die Öffentlichkeit vor der<br />
Impfung intensiver über die lebensgefährlichen<br />
Risiken der mRNA-Impfstoffe aufgeklärt werden<br />
müsse, vor allem SeniorInnen. Oder die irische Immunologin<br />
und Molekularbiologin Prof. Dr. Dolores<br />
Chahill, die nach mRNA-Impfungen „schwere Immunerkrankungen<br />
der Lunge“, gar „tödlichen Zytokinstürmen“<br />
befürchtet, weil der Impfstoff die Körperzellen<br />
gentechnisch so modifiziere, dass sie das<br />
Spike-Protein des Coronavirus produzieren.<br />
Diesen Artikel gibt es als<br />
auch als Podcast unter:<br />
https://bit.ly/2OInnRD
LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S80<br />
Wenn diese evtl. Monate später auf ein echtes Coronavirus<br />
treffen, bekämpften die Zellen sozusagen<br />
sich selbst, was zu septischem Schock, multiplen<br />
Organversagen und in der Regel mit Tod ende.<br />
War dies der Grund, die Placebo-Kontrollgruppe<br />
vorzeitig aus der klinischen Phase zu nehmen, weil<br />
sonst aufgefallen wäre, dass nur Geimpfte schwer<br />
erkrankten? Droht den Impfskeptikern und -gegnern<br />
nun das Quarantäne-Lager?<br />
Auch die Harvard University in Boston stellt fest,<br />
dass wichtige Fragen weiterhin offen seien[10], und<br />
fürchtet unerwartete Sicherheitsaspekte, die evtl.<br />
erst nach Millionen bis Milliarden Impfungen auftreten<br />
könnten. Kernfragen sind nach wie vor unbeantwortet:<br />
Was passiert mit der wahrscheinlich<br />
großen Zahl an Impflingen, die nur eine Dosis erhalten?<br />
Wie lange hält der Impfschutz an? Länder als<br />
zwei Monate? Schützt die Impfung vor schweren<br />
Verläufen? Beugt die Impfung auch asymptomatischen<br />
Infektionen vor? Verhindert die Impfung die<br />
Ansteckung anderer? Kann damit überhaupt die<br />
Ausbreitung der Viren gebremst werden?<br />
Angst essen Hirn auf<br />
Die Impflust der deutschen Schlafschafe soll gefördert<br />
werden, haben unsere Machthaber im<br />
Bund und in den Ländern beschlossen. Nach der<br />
Erkenntnis des großen chinesischen Kriegsherrn<br />
Sun Tzu (500v.C.) besteht jegliche Kriegsführung<br />
in der Kunst der Täuschung und Irreführung. Zunächst<br />
durch das tägliches Bombardement mit<br />
Angstzahlen: Die Zahl der angeblich „Infizierten“<br />
(die übrigens nicht einmal auf den Tag genau ist,<br />
allenfalls die Zahl der positiv Getesteten widerspiegelt<br />
und dabei Relation zur Anzahl der Testungen<br />
unterschlägt); Die Zahl der belegten Intensivbetten<br />
(die auf wundersame Weise sich nach Zahlung von<br />
50.000 €/Bett durch den Bund zunächst vermehrte<br />
und danach, wegen Personalmangels, wieder re-<br />
QUEL<strong>LE</strong><br />
[1] Ärzteblatt vom 27.04.2020: Bei einer Umfrage<br />
des Civey-Instituts für das Portal t-online<br />
sprachen sich 45 % „auf jeden Fall“ für<br />
eine Impfpflicht aus (vor allem Senioren),<br />
sobald es einen Impfstoff gebe, 16% beantworteten<br />
die Frage mit „eher ja“. Rund ein<br />
Drittel lehnte eine Impfpflicht kategorisch<br />
ab.<br />
[2] 07.12.2020: http://bit.ly/2OOxuVh<br />
[3] RND zitiert am 07.01.<strong>2021</strong> das Meinungsforschungsinstituts<br />
YouGov, das die Daten<br />
im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur<br />
(dpa) erhob.<br />
[4]Weitere 23 Prozent wären dafür, wenn<br />
gesichert ist, dass die Geimpften das Virus<br />
nicht übertragen können. dafür gibt es bisher<br />
noch keine ausreichenden Erkenntnisse.<br />
[5] FDA = Food and Drug Administration<br />
[6] https://bit.ly/2OR5a4J<br />
[7] Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) ist offiziell zuständig,<br />
alle Verdachtsfälle von Impfkomplikationen<br />
und Impfnebenwirkungen zu<br />
registrieren und in der DB-UAW aufzulisten,<br />
um zu prüfen, ob es einen Zusammenhang<br />
zwischen Impfung und Todeseintritt gibt<br />
(www.pei.de/db-uaw).<br />
[8] t-online, 06.02.<strong>2021</strong>: Kölner Staatsanwalt<br />
ordnet Obduktion von drei Menschen an,<br />
die nach Impfung verstarben.<br />
[9] http://bit.ly/3u7xxeN<br />
[10] Dr. Eric J. Rubin & Dr. Dan L. Longo,<br />
Harvard University, Boston,USA (NEJM 2020;<br />
online 10. Dezember<br />
[11] BT-Drs. 19/22396 und<br />
http://bit.ly/2ONo10p<br />
[12] US-Joint Doctrine for Information Operations<br />
(IO) in http://bit.ly/3dA9zmX<br />
[13] Der CCO (Chief Content Officer –<br />
Content bedeutet Inhalt) von Scholz &<br />
Friends plauderte am Ostseestrand aus<br />
dem Nähkästchen.<br />
[14] http://bit.ly/3s0ZYt8
duziert wurde); Der R-Wert (wochenlang Buhmann<br />
Nr. 1, wird jetzt nur noch als Beiwerk gehandelt); Der<br />
Inzidenz-Wert (der nicht wirklich etwas aussagt und<br />
je nach Wochenlage wie auf einem Basar gehandelt,<br />
sprich heruntergeschraubt wird); Die Zahl der<br />
Toten, die an oder mit Corona verstarben, (die mit<br />
bis zu acht Wochen Verzug gemeldet werden und<br />
von denen keiner weiß, woran sie wirklich starben<br />
und bei denen keiner Anstalten macht, wenigstens<br />
Random-Autopsien anzuordnen). Soviel Angst<br />
frisst bei manchem das Hirn auf und lässt mit sich<br />
machen, was die Machthaber wollen. Auch Parlamentarier<br />
nicken da nur noch ab, statt aufzumucken<br />
und ihres Amtes zu walten. Daneben werden<br />
die Lockdown-Orgien zu heldenhaftem Opfer der<br />
Bevölkerung hochstilisiert. Schon am 01.04.2020<br />
(wir erinnern uns: der erste Lockdown begann<br />
am 23.03.2020) schloss Bundesgesundheitsminister<br />
Spahn mit der Werbeagentur Scholz &Friend seinen<br />
Vertrag für die Impfkampagne „Deutschland krempelt<br />
die #Ärmel hoch“ ab, der rund 25 Millionen<br />
Euro kostete. Ein Klacks, denn Spahns zusätzlicher<br />
Corona-Topf umfasste satte 90 Millionen Euro und<br />
das ist der Großteil des Werbetopfs der Bundesregierung<br />
(150 Millionen Euro).<br />
Dass sich diese Werbeagentur 2020 noch in einem<br />
handfesten Sexismus-Skandal stak und zuvor eine<br />
dubiose Atommüll-Endlagerkampagne führte,<br />
machte dem Gesundheitsminister nichts aus, verhalf<br />
aber der Werbeagentur zu einem „kometenhaften<br />
Aufstieg“.[11]<br />
Bei der Mobilisierungskampagne #wirbleibenzuhause“<br />
fehlte denn kaum ein Prominenter, der<br />
nicht auch seine Hände über den Kopf faltete, um<br />
ein Dach zu symbolisieren. Scholz & Friends wendete<br />
damit nur seine alte Linie, denn vor wenigen<br />
Jahren kreierte das Team für die Berliner Obdachlosenzeitung<br />
“strassenfeger“ noch den „Superpenner“,<br />
dessen „Muskeln fester als sein Wohnsitz“<br />
seien. Mit den Werbespots „Wir waren besondere<br />
Helden“ wurden schließlich gedankliche Anleihen<br />
und Assoziationen an den US-Kriegsfilm „Wir waren<br />
Helden“ gemacht, um das Herumlungern auf der<br />
häuslichen Couch zu einer heldenhaften Aktion zu<br />
verklären. Infantilisierung pur!<br />
Auch für die Impfkampagne wird nach Kräften geworben,<br />
was das Zeug hält: „Deutschland krempelt<br />
die #Ärmel hoch“- im Rundfunk, im Fernsehen, in<br />
den Printmedien und im Internet: YouTube, Facebook,<br />
Twitter, Instagram und seit neuestem auch<br />
auf LinkedIn, Whatsapp, Telegram und Tiktok. In<br />
der modernen PR-Welt heißt das „perceptionmanagement“,<br />
auf gut deutsch: Wahrnehmungsmanagement“.<br />
Das sind „Handlungen zum Transportieren<br />
und/oder Vorenthalten ausgewählter<br />
Informationen und Indikatoren gegenüber einem<br />
fremden Publikum, um seine Gefühle, Motive und<br />
sein objektives Denken zu beeinflussen; und gegenüber<br />
Nachrichtendiensten und der Führung<br />
auf allen Ebenen, um offizielle Einschätzungen zu<br />
beeinflussen. Auf unterschiedliche Arten kombiniert<br />
das Wahrnehmungsmanagement Wahrheitsprojektion,<br />
Sicherheit beim Einsatz, Vertuschung und<br />
Täuschung und psychologische Operationen- es<br />
stammt ja auch aus der US-militärischen Kriegsführung“[12]<br />
Der Golfkrieg und seine irakischen<br />
Brutkästen und Cambridge Analytica (Microtargetingbei<br />
Brexit und US-Wahl) lassen grüßen, denkt<br />
man an die „WHO Infodemiology Conference”<br />
vom Juni 2020 zurück und an die offen zugegebene<br />
PR-gesteuerte und bewusste Diffamierung<br />
Andersdenkender als Verschwörungstheoretiker<br />
und Aluhutträger[13], was prompt eine staatlich<br />
opulent gesponserte Spaltung unserer Gesellschaft<br />
nach sich zog.<br />
Fakten, Dialogbereitschaft, Informationsaustausch,<br />
Akzeptanz, überzeugende Kommunikation?<br />
Fehlanzeige! Stattdessen Grundrechtseinschränkungen<br />
en masse, Verbote, Gebote, Androhung<br />
von Konsequenzen, rigide Kontroll- und Sanktionsmaßnahmen,<br />
Infragestellung der Gewaltenteilung,<br />
PR-Gedöns auf Kosten aller Steuerzahler und gegen<br />
einen Großteil der Steuerzahler[14] – und eine<br />
höchst gedeihliche, mir aber äußerst unheimliche<br />
Zusammenarbeit von PR-Agenturen mit dem Lagezentrum<br />
des BMG. Die Realität schlägt doch tatsächlich<br />
die vor einem Jahr noch kursierenden so<br />
genannten „Verschwörungstheorien“.Ach ja: Was<br />
war nochmal der Grund für die Impfung?
LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S82<br />
Risiken & Nebenwirkungen garantiert<br />
Jeder Arzt berücksichtigt bei seiner Medikation die aktuelle gesundheitliche<br />
Situation seines Patienten und wägt die ihm bekannten Nebenwirkungen und<br />
Risiken der von ihm verschriebenen Medikamente und Therapien sorgfältig ab:<br />
Der Nutzen muss zumindest den Schaden deutlich überwiegen. Bei jedem Medikament,<br />
das wir einnehmen, sollte man daher auch den Beipackzettel lesen,<br />
der die Risiken und Nebenwirkungen beschreibt. GASTBEITRAG: UWE KRANZ<br />
UWE KRANZ<br />
JOURNALIST<br />
HALLO MEINUNG<br />
Die Lockdowns und die anderen Anti-Corona-Maßnahmen,<br />
die unsere<br />
Machthaber uns, der Bevölkerung,<br />
verordnet haben, sind eigentlich<br />
auch eine Art Medizin, bei der man Nutzen<br />
und Schaden hätte sorgfältig abwägen<br />
müssen. Schon am 30. Januar 2020 erklärte<br />
die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die<br />
„gesundheitliche Notlage von internationaler<br />
Tragweite“. Nach wochenlangem Abwiegeln<br />
der Gefahr reifte auch bei der Bundesregierung<br />
die Erkenntnis, dass nach China, Ägypten,<br />
Iran, Südkorea, Thailand und den USA<br />
das Virus nun auch in Europa zugeschlagen<br />
hatte, zunächst in Frankreich, in Italien, in der<br />
Schweiz, in Polen, in Dänemark, in Tschechien,<br />
dann auch in Deutschland. Die ersten Infektionen<br />
wurden offiziell angeblich im März 2020<br />
in Sachsen und Thüringen gemeldet. Wirklich?<br />
Man muss wohl daran erinnern, dass die erste<br />
Infektion schon am 27. Januar aus dem Landkreis<br />
Starnberg gemeldet worden war und<br />
auch daran, dass der in Deutschland neu<br />
eingerichtete Krisenstab erstmals am 28. Februar<br />
2020 zusammenfand. Als am 10. März<br />
das Virus auch in Sachsen-Anhalt festgestellt<br />
worden war, war endlich ganz Deutschland<br />
betroffen. Acht Tage später sprach die Bundeskanzlerin<br />
von einer „Herausforderung von<br />
historischem Ausmaß“ und am 25. März verfügte<br />
der Bundestag seine eigene Entmachtung,<br />
indem er die „Epidemische Lage von<br />
nationaler Tragweite“ beschloss, eine Entscheidung,<br />
die er am 18. November nochmals<br />
verlängerte. Der Panik-Modus lief an.<br />
„Too late, too little…“<br />
Die danach getroffenen Maßnahmen waren<br />
zu spät, sie waren unzureichend und sie waren,<br />
wie wir heute wissen, nicht durchdacht.<br />
Gewiss, die Risikoentscheidungen waren im<br />
Frühjahr 2020 durch die damals bestehenden<br />
begrenzten Erkenntnisse über das SARS-CoV-<br />
2-Virus zwar beschränkt, aber die Gefährdungen<br />
und die dagegen erforderlichen Maßnahmen<br />
waren ja auch nicht unvorhersehbar<br />
gewesen. Schließlich gab es genügend Erkenntnisse,<br />
z.B. aus der Schweinegrippe<br />
(2009), aus dem „Bericht zur Risikoanalyse<br />
im Bevölkerungsschutz 2012“ (ab S.55 ff wird<br />
ein ähnliches, hypothetisches, sogar drastischeres<br />
Szenario beschrieben), der Influenza<br />
2017/18 (der 25.100 Menschen zum Opfer<br />
fielen) und zuletzt, ganz aktuell, aus der Simulations-Übung<br />
„Event201“ (Oktober 2019).<br />
Diese war vom John Hopkins Center für Gesundheitssicherheit,<br />
dem Weltwirtschaftsforum<br />
und der Bill & Melinda Gates Stiftung (die<br />
alle aufs engste miteinander verbunden sind,<br />
vor allem finanziell) veranstaltet worden und<br />
elitär mit Top-Bankern, Hotel- und Logistikunternehmern<br />
und PR-Experten besetzt, nicht<br />
aber z.B. mit Ärzten, Psychologen oder Soziologen.<br />
Ziel der Übung war zu testen, wie die<br />
Staaten auf die Herausforderungen eines<br />
neuartigen, zoonotisch übertragenen Coronavirus<br />
(„nCoV“) reagieren würden, das<br />
innerhalb von 18 Monaten zum Tod von 64<br />
Millionen Menschen führen würde. Übungsannahme<br />
war, dass das Virus zunächst Handel<br />
und Reisemöglichkeiten lähmen würde, um<br />
dann die Weltwirtschaft zum Absturz bringen.<br />
Die Schlussfrage im Panel lautete tatsächlich,<br />
ob die globale Gemeinschaft bereit sei, die<br />
harten Maßnahmen zu ergreifen, die erforderlich<br />
seien, um die nächste Pandemie zu stoppen<br />
– fast schon hellseherisch, nicht wahr?<br />
Korrelation impliziert nicht automatisch Kausalität...<br />
aber die Risikoentscheidungen waren<br />
im Frühjahr 2020 vor dem Hintergrund der Erfahrungen<br />
und Erkenntnisse aus den früheren
Epidemien zu fällen. Dennoch wurden in<br />
dieser Phase zu keinem Zeitpunkt (und auch<br />
später nicht) überprüft, ob die ergriffenen<br />
Gegenmaßnahmen noch in einem vernünftigen<br />
Verhältnis zu den Ursachen stehen, ob<br />
die zweifelsfrei vorhersehbaren Kollateralschäden<br />
nicht höher als der Nutzen sind. Dabei<br />
zirkulierte schon länger in der Abteilung<br />
Krisenmanagement und Bevölkerungsschutz<br />
des Bundesinnenministeriums, Referat „Schutz<br />
Kritischer Infrastrukturen (KRITIS)“, ein Evaluationsbericht<br />
des Oberregierungsrats Stephan<br />
Kohn, welches er dann am 08.05.2020 auch<br />
an einen breiteren Verteiler steuerte – aus<br />
dem es dann postwendend auch an die Medien<br />
gelangte, weshalb er ebenso postwendend<br />
suspendiert wurde. In diesem Papier<br />
diagnostizierte er treffend „schwerwiegende<br />
Defizite im Regelungsrahmen für Pandemien<br />
sowie Fehlleistungen im handwerklichen<br />
doing des Krisenmanagements” und postulierte<br />
vorausschauend:<br />
„Es gibt in einer Pandemie also immer mindestens<br />
zwei Gefahren, die das Krisenmanagement<br />
im Blick haben muss: gesundheitliche<br />
Schäden durch einen Krankheitserreger und<br />
Kollateralschäden durch Nebenwirkungen<br />
der Schutzmaßnahmen oder (als Spezialfall)<br />
einen Fehlalarm.“<br />
Bei den Folgeabschätzungen durch die<br />
Krisenstäbe fehlten nach Kohns Analyse wesentliche<br />
Teile, nämlich die wirtschaftlichen,<br />
psychosozialen und gesundheitlichen Konsequenzen<br />
des Lockdowns. Branchen wie<br />
Handel, Gastronomie, Tourismus, Event, Messe,<br />
Kunst und Kultur stehen vor dem Aus, das<br />
Bruttoinlandsprodukt wird absacken, rund 10<br />
Millionen Arbeitskräfte kommen in Kurzarbeit,<br />
ihnen droht in naher Zukunft die Arbeitslosigkeit,<br />
die Zahl der Konkurse wird dramatisch<br />
steigen, die Steuereinnahmen werden sinken,<br />
Staatsausgaben und Verschuldung werden<br />
in ungeahnte Höhensteigen, Sozialversicherungs-,<br />
Kranken- und Pflegesysteme werden<br />
erheblich belastet und Kreditausfälle werden<br />
drastisch steigen (insbesondere Hermesbürgschaften!)<br />
– wie weitsichtig!<br />
Diese Analyse des Referenten aus dem<br />
Innenministerium wäre eigentlich Aufgabe<br />
der Wirtschafts- und Finanzministerien,<br />
gar Chefsache gewesen. Die Medien<br />
warfen dem vorausschauenden<br />
Referenten damals vor, dass die Beweisführung<br />
„grundsätzlich problematisch“ sei, das<br />
er „zwar plausible“ Argumente vortrage,<br />
die aber „nicht belegt“ seien. Dabei sind alle<br />
seine Voraussagen eingetroffen, in fast allen<br />
Bereichen gab es erhebliche Einbrüche: am<br />
Diesen Artikel gibt es als<br />
auch als Podcast unter:<br />
https://bit.ly/3b7yT0F
LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S84<br />
schlimmsten in der Kultur- und Kreativwirtschaft<br />
(-31%), gefolgt von der Tourismusindustrie<br />
(-27%) und der Automobilbranche (-25%).<br />
Die Liste kann problemlos fortgesetzt werden.<br />
Zehntausende Künstler und Kulturschaffende<br />
sind davon betroffen, aus Museen, Galerien,<br />
Schlösser, Theater, Kinos, Kleinkunstbühnen,<br />
Konzerthäuser, Musik- und Filmveranstaltungen,<br />
Kinos u.a. Einrichtungen; sie alle werden<br />
bald zu Hartz-IV-Empfängern.<br />
Man kann ja der Milchmädchen-Meinung<br />
sein, dass das alles nur Geld sei, das man halt<br />
nur drucken müsse, um der Wirtschaft über einen<br />
Engpass zu helfen. Aber die Problematik<br />
geht viel tiefer.<br />
Nil nocere ...<br />
Auch seine Voraussagen bezüglich der gesundheitlichen<br />
und psychosozialen Folgen<br />
des Lockdowns sind zutreffend. Schon früh<br />
erkannte er:<br />
„Der Kollateralschaden ist inzwischen höher<br />
ist als der erkennbare Nutzen … Alleine ein<br />
Vergleich von bisherigen Todesfällen durch<br />
den Virus mit Todesfällen durch die staatlich<br />
verfügten Schutzmaßnahmen (beides ohne<br />
sichere Datenbasis) belegen den Befund.“<br />
Zu diesem Schluss kam er, nachdem er mehrere<br />
Wissenschaftler und Ärzte um Rat befragte,<br />
die auch seine überblicksartige Zusammenstellung<br />
gesundheitlichen Kollateralschäden<br />
(incl. Todesfälle) auf Plausibilität überprüften<br />
(und nach Veröffentlichung und der kritischen<br />
Überprüfung aus dem Bundesinnenministerium<br />
auch bei ihrer medizinwissenschaftlichen<br />
Meinung blieben!). Diese Analyse<br />
des Referenten aus dem Innenministerium<br />
wäre eigentlich Aufgabe des Gesundheitsministeriums<br />
gewesen, vor allem aber eine medizin-wissenschaftliche<br />
Begleitung der Anti-<br />
Corona-Maßnahmen. Die Bundesregierung<br />
hatte sich jedoch längst kopflos in den Lockdown-Modus<br />
gestürzt, koste es was es wolle<br />
– selbst Menschenleben! Das oberste medizinische<br />
Prinzip, vor allem nicht zu schaden<br />
(nil nocere), wurde damit auf den Kopf gestellt.<br />
Selbst nach dem zweiten Lockdown, dem so<br />
genannten „Wellenbrecher“, seiner ersten<br />
Verlängerung als harter Lockdown Ende 2020,<br />
seinen weiteren Verlängerungen im Januar<br />
und Februar <strong>2021</strong> und der vorhersehbaren<br />
weiteren Verlängerungen (mehrere politische<br />
QUEL<strong>LE</strong><br />
[1] Diese Daten wurden aufwendig erfragt/<br />
erhoben von Marlene Lufen, Moderatorin<br />
beim Frühstücksfernsehen. Sie macht damit<br />
ihre Arbeit als Journalistin richtig – und<br />
sie machtezugleich die Arbeit der Bundesregierung.<br />
Ihr sei hier dafür ausdrücklich<br />
gedankt!<br />
[2] D-Statis: 2018: 9.396, 76 % Männer, medianes<br />
Alter 57,9 Jahren, 50% Erhängen,<br />
Strangulieren und Ersticken. http://bit.<br />
ly/2ZkxOgn<br />
[3 ]Psychiater Prof. Dr. Wolfram Kawohl,<br />
Chefarzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie<br />
in Windisch (CH), 07.05.2020<br />
[4] Berliner Senatsverwaltung für Inneres<br />
und Sport auf Anfrage des Abgeordneten<br />
Marcel Luthe (Ex-FDP); COR-<br />
RECTIV relativiert zwar diese Zahlen,<br />
bezieht sich jedoch auf die parlamentarische<br />
Anfrage 18/19026 vom 25.05.2019.<br />
Auch darin sind die Rubriken „Psychiatrische<br />
Notfall, evtl. suizidgefährdet“ beeindruckend.<br />
CORRECTIV bestätigt aber, dass<br />
Mitte März 2020 die Häufigkeit des Einsatzcodes<br />
17D01J um 300 Prozent gestiegen<br />
seien. Dieser steht für Personen, die mit unterstellter<br />
Suizidabsicht aus mehr als zehn<br />
Metern Höhe springen wollen. Dieser Einsatzcode<br />
wurde im Februar 2020 dreimal<br />
vergeben, im März gar nicht und im April<br />
viermal. Es handelt sich also um sieben Einsätze<br />
im ersten Jahresdrittel 2020. Das sind<br />
so viele wie im Jahr 2019.<br />
[5] Dr. Ulf Dittmar, Virologe,<br />
Uniklinikum Essen<br />
[6] Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung<br />
(KBV), Andreas Gassen auf<br />
https://bit.ly/3jSgQzr<br />
[7]Kinderarzt Dr. Thomas Buck,<br />
http://bit.ly/2OHwtye
Hinweise deuten auf den Spätsommer <strong>2021</strong><br />
hin, dem Termin der Bundestagswahl!), gibt<br />
es keine ersichtlichen Bemühungen, diese<br />
medizinischen und gesundheitlichen Kollateralschäden<br />
festzustellen, die erforderlichen<br />
Daten zu erheben und diese umfänglich wissenschaftlich<br />
zu analysieren, um die Erkenntnisse<br />
in die Entscheidungsmatrix einfließen zu<br />
lassen. Wie denn auch, wenn diese Regierung<br />
schon unfähig ist, innerhalb eines Jahres<br />
ein ordentliches, verlässliches, tagesaktuelles<br />
Meldesystem der tatsächlich Infizierten zu installieren,<br />
Todesfälle über den Daumen beurteilt<br />
und PCR-Tests verwendet, die weder<br />
zertifiziert noch geeignet sind.<br />
ORR Kohn meldete alleine für März und April<br />
2020, dass 90 % aller eigentlich notwendiger<br />
Operationen verschoben oder gar abgesagt<br />
wurden. Dies betraf auch rund 2 Millionen<br />
Krebspatienten. Grund war die vom Bundesgesundheitsministerium<br />
am 16. März angeordnete<br />
Räumung der Kliniken zur Freihaltung<br />
von Behandlungsplätzen, zunächst um 50%,<br />
am 20. Mai reduziert auf 30%, was immer<br />
noch zu viel war, wie die Leerstände bewiesen).<br />
Den OP-Rückstau alleine von März/<br />
April aufzuarbeiten, dürfte etwa 11 Monate<br />
dauern –und auch nur dann, wenn wöchentlich<br />
illusorische 20% mehr Eingriffe stattfinden<br />
könnten! Experten rechneten deshalb früh<br />
damit, dass in Deutschland zwischen 5.000<br />
und 125.000 Menschen wegen OP-Absagen<br />
oder -Verschiebungen verstarben oder noch<br />
versterben werden – und das auf der Basis nur<br />
des ersten Lockdowns. Wo bleibt die Jahresanalyse<br />
der Bundesregierung?<br />
Die Weltgesundheitsorganisation fand im<br />
Frühjahr 2020 bei einer Umfrage in 155 Ländern<br />
heraus, dass durch Lockdown und andere<br />
Anti-Corona-Maßnahmen die erforderlichen<br />
Behandlungsmaßnahmen bei den<br />
folgenden Krankheiten stark eingeschränkt<br />
waren: Bluthochdruck (-50%), Herz-Kreislauferkrankungen<br />
(-31%), Krebsleiden (-42%) und<br />
Diabetes (-49%).Wo bleibt die entsprechende<br />
Jahresanalyse der Bundesregierung? Die Zahl<br />
der unterbliebenen Krebs-Vor- und -Nachsorge-Maßnahmen<br />
geht in die Hunderttausende.<br />
Notaufnahmen und Arztpraxen verzeichneten<br />
einen Rückgang dieser Patienten von<br />
25%,sogar bis zu 50% bei leichten Symptomen<br />
eines Schlaganfalles. Die Zahl kausaler Sterbefälle<br />
müsste längst dringend wissenschaftlich<br />
erforscht werden. Schon vor Corona waren in<br />
Deutschland über 600.000 Kinder (6,5%) häuslicher<br />
Gewalt ausgesetzt, 2,6 Millionen Kinder<br />
lebten mit suchtkranken Eltern. Durch Schulund<br />
Kitaschließungen, Homeoffice, Freistellungen,<br />
Kurzarbeit und Entlassungen fielen<br />
die Schutzräume vieler Kinder und viele Elemente<br />
der sozialen Kontrolle dem Lockdown<br />
und den anderen Anti-Corona-Maßnahmen<br />
zum Opfer. Die Folge: Deutliche Zunahme<br />
der Gewalt gegen Frauen und Kinder, die<br />
ihren Peinigern zuhause jetzt noch mehr ausgeliefert<br />
sind. 2020 riefen 461.000 Kinder die<br />
„Nummer gegen Kummer“ an (0800-1110333,<br />
leider nur besetzt von Mo-Sa, und von 1400-<br />
2000 Uhr), die online-Beratungen schnellten<br />
um 31% nach oben, das sind fast 10.500 Beratungsersuchen<br />
mehr, als in den Vorjahren.<br />
In der Gewaltambulanz der Berliner Charité<br />
stieg die Zahl der Opfer häuslicher Gewalt<br />
an Kindern im 1. Halbjahr 2020 um 23%.<br />
Rund 67% aller jungen Menschen im Alter<br />
von 18 – 24 Jahren ist psychisch belastet,<br />
die Anzahl der Fälle von Magersucht nimmt<br />
zwischen 10% und 20% zu, schon davor litten<br />
800.000 Menschen an dieser Krankheit,<br />
6%bis zu 10% starben sogar daran.<br />
[1]Wo bleiben die entsprechenden Jahresanalysen<br />
der Bundesregierung für 2020?<br />
Vor 2020 wurden pro Quartal 2,5 Millionen gesetzlich<br />
Versicherte bei Fachärzten für Psychiatrie<br />
und Psychotherapie & Nervenheilkunde<br />
(DGPPN) behandelt; jährlich begehenzwischen<br />
9.000 und10.000 Menschen Suizid[2],<br />
jeder fünfte stehe im Zusammenhang mit<br />
der Arbeitslosigkeit.[3]. Diese Zahlen werden<br />
angesichts der steigenden Massenarbeitslosigkeit,<br />
wachsender Existenzängste in Verbindung<br />
mit „Kontaktsperren“ und „Rückzugsgeboten“<br />
(vulgo: Ausgangsbeschränkung<br />
oder -sperre) 2020 gestiegen sein, jedoch ist<br />
die aktuelle Jahreszahl der Suizide noch nicht<br />
veröffentlicht. Aber es gibt deutliche Indizien<br />
dafür: Bis November 2020 soll die Berliner Feuerwehr<br />
294 Mal unter dem Einsatzcode „Beinahe<br />
Strangulierung/erhängen“ ausgerückt<br />
sein, 2019 seien es ganze drei Einsätze, 2018<br />
sieben gewesen[4]. Wo bleibt die entsprechende<br />
Jahresanalyse der Bundesregierung?<br />
Die Anti-Corona-Maßnahmen führen wissenschaftlich<br />
inzwischen unbestreitbar zur
LOGISTIK express 1/<strong>2021</strong> | S86<br />
sozialen Isolation und damit zu erheblichen<br />
Depressionen, Deprivationen, Suchtmittelmissbrauch<br />
und Schlaf- oder lebensgefährlichen<br />
Essstörungen. 74% aller Depressiven<br />
fühlen sich durch die Lockdowns und den anderen<br />
Anti-Corona-Maßnahmen „extrem belastet“.<br />
Da diese Maßnahmen immer wieder<br />
verlängert wurden und werden, sind verheerende<br />
Langzeitwirkungen zu erwarten, die<br />
wissenschaftlich studiert und analysiert werden<br />
müssten. In 50 % aller Haushalte leben<br />
Menschen alleine. Gewiss, da sind auch viele<br />
Heranwachsende und Erwachsene mittleren<br />
Alters darunter – doch zunehmend viele Senioren<br />
wohnen allein, Menschen, die sichtlich,<br />
aber leise unter dem Anti-Corona-Missmanagement<br />
leiden. Sie haben keine Stimme,<br />
die vereinzelten Fürsprecher verhallen in der<br />
medialen Wüste. Sehr alte Menschen mit beginnender<br />
Demenz brauchen aber besonders<br />
intensive soziale Kontakte: Seniorensport,<br />
Besichtigungsfahrten, Kaffeekränzchen, Spielenachmittage<br />
oder Besuche von nahen Angehörigen,<br />
dies alles wird ihnen vom Staat<br />
untersagt, schlimmer: sie werden staatlicherseits<br />
isoliert und damit traumatisiert.<br />
Dringend erforderlich wäre tatsächlich eine<br />
Differenzierung der Übersterblichkeit in Bezug<br />
auf Suizide, Kollateraltote und unzureichend<br />
behandelte andere Erkrankungen (Infarkte,<br />
Tumore, vernachlässigte Pflegebedürftige,<br />
etc.) in Korrelation zu Covid-19-Erkrankungen/-Toten.<br />
Sonst laufen wir weiter einer zum<br />
Scheitern verurteilten Strategie hinterher. Daran<br />
muss sich unmittelbar anschließen eine<br />
Untersuchung der Thematik „mit oder an<br />
Impfung gestorben“ – unter besonderer Berücksichtigung<br />
der Pflegheime, ein eigenes<br />
Thema. Dass insbesondere kleine Kinder erwiesenermaßen<br />
keine Treiber der Pandemie<br />
sind[5], aber dafür umso stärker unter dem<br />
Anti-Corona-Missmanagement leiden, ist bekannt;<br />
dennoch bleiben die Kitas und Grundschulen<br />
geschlossen. Ein vernünftiges Schulmanagement<br />
war nicht gewährleistet, das<br />
Jahr 2020 wurde diesbezüglich regelrecht<br />
verschlafen, die Digitalisierung ist insgesamt<br />
katastrophal, und ein gutes Schulmanagement<br />
ist <strong>2021</strong> auch nicht zu erkennen. Insbesondere<br />
die Lockdowns überfordern nicht<br />
nur die Eltern, sondern besonders die Kinder.<br />
Ihnen fehlen die Schule, die Freunde, die<br />
Hobbys, den Eltern fehlt das Geld, um die<br />
veränderte Bildungssituation bewältigen zu<br />
können. Ihnen wird vor allem nicht schnell genug<br />
geholfen. Too late, too little– auch hier.<br />
Die Folgen sind im psychosozialen Bereich<br />
zu beobachten, aber auch im Lern- und<br />
Reifeprozess der Kinder, die sich zum Teil sogar<br />
zurückentwickeln. Kliniken und Kinderärzte<br />
alarmieren, beobachten eine deutliche<br />
Zunahme von Leistungsstörungen,<br />
Nahrungs- und Bewegungsmangel, Sprachentwicklungsstörungen,<br />
psychische Probleme,<br />
pathologischem Medienverhalten, Depressionen,<br />
Essstörungen; generell: von einer<br />
massiven Zunahme von Kindern, die verhaltensauffällig<br />
sind[6]. Dies gilt insbesondere<br />
bei sozialschwachen Familien. Bis zu 20% der<br />
Kinder könnten einfach von ihrer weiteren<br />
Entwicklung abgehängt werden[7], ihre Bildungschancen<br />
werden vom Staat vernichtet,<br />
eine weggeworfene Generation. Da auch<br />
hier negative Langzeitwirkungen zu erwarten<br />
sind, muss die Gesamtthematik wissenschaftlich<br />
umfassend begleitend studiert und analysiert<br />
werden.<br />
ORR Kohn hatte das meiste rechtzeitig erkannt<br />
und vor der drohenden Entwicklung<br />
gewarnt. Erkennt auch die Bundeskanzlerin<br />
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