LE-1-2021
LOGISTIK express Ausgabe 1/2021
LOGISTIK express Ausgabe 1/2021
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LOGISTIK express
Ausgabe 1/2021
„PERSPEKTIVEN IN DER KRISE“
Im Gespräch: Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will
mit Gerhard Drexel, Vorstand der Spar AG. [Seite 34]
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LOGISTIK express 1/2021|S2
WERBEFENSTER
U2
POLITIK WIRTSCHAFT 06
RETAIL ECOMMERCE 12
INTRALOGISTIK 44
TRANSPORTLOGISTIK 54
HALLO MEINUNG 78
LOGISTIK express 1/2021 | S4
Die Welt der
nachhaltigen
Logistik
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m.jaklitsch@logistik-express.at
INHALT / EDITORIAL / IMPRESSUM
INHALT 1/2021
02 Werbefenster
05 Inhalt / Editorial
06 Jetzt ist guter Rat so richtig teuer
08 Das Versagen der Politik!
12 Einzelhandelsbilanz im Corona-Jahr 2020
14 Jeder fünfte Euro im Non-Food Handel wird online ausgegeben
18 Auswirkungen des Coronavirus auf den Ecommerce in 2020
22 E-Commerce: Ende von Abgabenhinterziehung und illegalem Handel
26 Wer hätte das gedacht? E-Commerce ist doch nicht so böse
30 Internationaler E-Commerce: Stolperfalle Brexit
32 Mercosur-Abkommen mit starkem Gegenwind
34 Corona lässt Regionalität und Bio im Lebensmittelhandel boomen
38 Amazon: US-Gigant als Segen und Fluch
44 China nach Covid-19: Pandemie verändert Logistikprozesse
47 Logistikreise für den eCommerce und Omnichannel-Handel
48 Reesink Logistic Solutions expandiert nach Polen und Österreich
50 Dematic automatisiert Ersatzteillager von Röthlein Logistik
54 Von digital bis nachhaltig. Die sechs wichtigsten Logistiktrends 2021
56 2021 – European Year of Rail
58 Nasse Logistik: Eine Rückschau auf das Corona-Jahr 2020
64 Brexit: Die Krux mit dem Ursprung
66 Brexit-Deal: Was ändert sich für Logistikunternehmen?
68 Corona-Pandemie: Fragen, die sich Logistikkunden stellen
70 BMW Group eröffnet neuen Campus
72 VDE stellt Studie Mobilität, Logistik und Energie 2030 vor
74 Automotive: Überlagerter Wandel
76 Verhandlung: Ich will sehen
78 Wer sich in Gefahr begibt…
82 Risiken & Nebenwirkungen garantiert
87 Werbefenster
1/2021
Wir leben in bewegten Zeiten,
die Welt ist im Umbruch
und es fühlt sich so an, als
wären wir in einer Lockdown
Schleife. Und nicht auszudenken,
welch wirtschaftlichen,
als auch gesellschaftlichen
Nachwehen uns die
Corona Zeit bescheren wird.
Doch machen wir weiter und
geben täglich unser Bestes.
Achten auch weiterhin auf
den Umgang miteinander
sowie auf unsere Kinder und
Eltern. Last but not least auf
unsere Grundrechte, wie die
Meinungsfreit. Bleiben Sie
gesund und viel Freude mit
unserer umfangreichen und
informativen LOGISTIK express
Ausgabe 1/2021. Infos
zu unseren Leistungen und
Services beziehen Sie aus
erster Quelle über mich.
IMPRESSUM:
Inhaber & Herausgeber:
Markus Jaklitsch
Redaktion: Angelika Gabor,
Peter Baumgartner, Ursula
Schmeling, Dirk Ruppik
Fotos: Getty Images
istockphoto.com
LOGISTIK express /
MJR Media World
Markus Jaklitsch
Hameaustraße 44
1190 Wien, Austria
T: +43 (0)676 7035206
E: info@logistik-express.at
www.logistik-express.com
LOGISTIK express 1/2021 | S6
Jetzt ist guter Rat so richtig teuer
Aufsperren, zulassen, testen, impfen, Homeschooling, Präsenzunterricht… was
würde man jetzt für eine funktionierende Glaskugel geben. Rohstoffpreise steigen
ebenso wie die Verzweiflung im Lande. Ein Grundpfeiler der Wirtschaft ist Planbarkeit,
und der wurde gerade in einem Frontalcrash zu Fall gebracht.
REDAKTION: ANGELIKA GABOR
Nachweis einer Erkrankung zu Beginn noch
recht hochpreisig (ca 150 Euro), so sollen diese
nun flächendeckend kostenlos eingesetzt
werden: für Gastronomie und Hotellerie.
ANGELIKA GABOR
REDAKTION
LOGISTIK EXPRESS
Nach rund einem Jahr hängt mir
das Thema Corona schon zum
Halse raus, und da bin ich sicher
nicht alleine. Das Traurige ist: so
optimistisch Regierung, manche Experten
und Bevölkerung sich noch zu Beginn der
leidigen Pandemie hinsichtlich der Bewältigung
zeigten – Covid-19 wird uns noch länger
begleiten. Geht es nach Forschern der
US-Universitäten Emory (Atlanta) und Pennsylvania,
werden die auslösenden SARS-
CoV-2 Viren uns gar nicht mehr verlassen.
Wie sie in einer Publikation im Science-Magazin
veröffentlichten, lassen ihre Untersuchungen
den Schluss zu, dass sich das Virus
zu den vier weltweit endemisch zirkulierenden
anderen Coronavirus-Stämmen gesellen
wird. Das bedeutet: in manchen Regionen
wird es immer wieder auftreten, in anderen
weniger. Insgesamt aber nicht schlimmer als
eine Grippe (wie es manche von Anfang
an behauptet haben). Als Zeitrahmen gehen
die Forscher von ein paar Jahrzehnten
aus, bis es soweit ist. Geht es mit den Maßnahmen
weiter wie bisher, haben wir bis dahin
einen Bürgerkrieg hinter uns. Warten ist
also keine Option. Bleibt noch das Testen.
Laut Bundeskanzler Sebastian Kurz befindet
sich Österreich auf dem Weg hin zum „Testweltmeister“.
Waren die Gurgeltests zum
Also erst ein Schluck Salzwasser, ehe man
dann was zu Schlucken bekommt? Was bei
Friseuren und Masseuren gewirkt hat, soll
weitere Öffnungsschritte ermöglichen. Der
Ruf nach dem Aufsperren des Lieblingswirtes
wurde immer lauter, umso erstaunlicher
ein Detail, das dieser Tage ans Licht kam: die
Gastronomie hätte bereits öffnen können,
wären die Branchenvertreter einverstanden
gewesen, ihre Gäste auf negative Coronatestergebnisse
zu kontrollieren! Im Gegensatz
zu den körpernahen Dienstleistern, die bereits
fleißig dazu beitragen, das gepflegte Erscheinungsbild
der Einwohner wiederherzustellen,
haben Hotellerie und Gastronomie diese verweigert.
Bitte diese Tatsache auf der Zunge
zergehen zu lassen: die Gasthäuser könnten
schon längst wieder offen haben!
Eine kurze Umfrage unter betroffenen Gastronomen
hat übrigens gezeigt, dass keiner
etwas davon wusste und alle gerne bereit
gewesen wären, diese Bedingungen einzuhalten.
Wie dem auch sei, nun kommt Bewegung
in die Sache. Ab Mitte März schon
möchte die Wiener Wirtschaftskammer flächendeckende
PCR-Gurgeltests quasi als
Eintrittskarte für Hotels und Gastronomie
durchführen. Das Freitesten wird grob geschätzt
200 Mio. Euro kosten. Hey, was soll’s,
bei dem Schuldenberg, den wir gerade anhäufen,
ist das auch schon egal.
Mit Pauken und Trompeten
Vollmundig und enthusiastisch wurde es angekündigt
und gelauncht: das „Kaufhaus
Österreich“. Innovativ, informativ, umfassend
und 100% aus Österreich – so in etwa wurde
für die Seite geworben. Und ganz ehrlich,
auch ich habe ein paar Dinge gesucht
und fühlte mich gut, nicht Amazon zu
unterstützen. Tja. Pusteblume. Es war
mir nicht möglich, auf der Plattform
den von mir gewünschten Artikel zu finden.
Selbst wenn ich wusste, dass eine
der gesponserten Firmen diese Artikel
prinzipiell anbot…. Die Suchmechanik
der gesamten Seite war einfach für
die Tonne. Bitte wer konzipiert und programmiert
solche Websites, noch dazu
für viel Geld? 627.000 Euro.
Das entspricht 12.540 Winterpaketen
der Gruft. Oder 20.970 Kisten Stiegl
Goldbräu: bei einem Verbrauch von
einer Kiste pro Woche hat man damit
für 403 Jahre vorgesorgt. Es wundert
vermutlich niemanden, der die Seite
je besuchte, dass sie nun wieder mangels
Erfolges zusperrt. Aus dem geplanten
virtuellen nationalen Schulterschluss
wird nun wohl eine einfache
Linksammlung. Das hätten Wirtschaftsministerin
Schramböck und Wirtschaftskammer-Präsident
Mahrer sicher auch
billiger haben können… Zumindest
konnten sie mit dieser Aktion Jeff Bezos
& Co ein Schmunzeln entlocken – oder
einen veritablen Lachkrampf.
Nichts als die Wahrheit
Von Kurzarbeit kann die Wirtschaftsund
Korruptionsstaatsanwaltschaft
(WKStA) derzeit nur träumen. Eher
macht Ihnen (Kanzler) Kurz Arbeit…
Überraschend bot er nun in einem Brief
an, im Zuge der Ermittlungen gegen
seinen Parteikollegen und Vertrauten,
Finanzminister Gernot Blümel, eine
Zeugenaussage zu machen und die
gegen diesen erhobenen Vorwürfe zu
entkräften. Gleichzeitig hielt der Kanzler
fest, dass diese unrichtigen Annahmen
einen Reputationsschaden für
die Bundesregierung und die Republik
Österreich bedeuteten, die ÖVP jedoch
niemals Spenden von der Novomatic
angenommen hätten. Die durch
den SMS-Verkehr zwischen Blümel und
Ex-Novomatic-Chef Harald Neumann
ausgelösten, gerichtlich genehmigten
Hausdurchsuchungen sind Teil der Ermittlungen
im Zuge der Spendenaffäre,
bei der Geld im Gegenzug für Hilfe bei
einem Steuerproblem in Italien geflossen
sein soll. Seitdem steht die WKStA
unter einem nie dagewesenen Dauerbeschuss
aus den Reihen der ÖVP,
der beinahe an eine Vendetta erinnert.
„Was die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft
betrifft, da hat es in
der letzten Zeit so viele Verfehlungen
gegeben, dass ich glaube, dass es dort
einen dringenden Änderungsbedarf
gibt“, so Kurz.
Eine Drohung? Es rumort jedenfalls
gewaltig. Es ist anzunehmen, dass
die ÖVP auch mit den Bestrebungen
des Koalitionspartners, die aufgrund
der BVT-Affäre eingeführte Vorab-Berichtspflicht
wieder abzuschaffen und
der WKStA mehr Unabhängigkeit zu
verschaffen, nicht glücklich sein wird.
Dabei erscheint dem objektiven Beobachter
die Notwendigkeit, gerichtlich
genehmigte Hausdurchsuchungen
drei Tage im Vorhinein an die Oberstaatsanwaltschaft
zu melden und
prüfen zu lassen, ein wenig hinderlich.
Es ist natürlich nur ein dummer Zufall,
wenn dann unpraktischerweise Chatverläufe
und Nachrichten genau in
dem Zeitraum gelöscht werden…
Aber wo Schatten ist, da ist auch Licht:
beschleunigt durch die Cause Blümel
soll in den nächsten Wochen endlich
das Informationsfreiheitsgesetz in
die Begutachtung gehen, auch die
Schaffung eines unabhängigen Bundesstaatsanwalts
(bisher von der ÖVP
vehement abgelehnt) steht im Raum.
Das Informationsfreiheitsgesetz wird
zu einer Gratwanderung zwischen
dem Schutz sensibler Daten und
dem Recht auf Information – schließlich
geht es um die Abschaffung des
Amtsgeheimnisses. Laut Entwurf können
Bürger kostenfrei Anfragen stellen,
die dann binnen vier bis acht Wochen
(je nach Komplexität) zu beantworten
sind. Ausnahme: die Geheimhaltung ist
„erforderlich und verhältnismäßig“ (wer
entscheidet das eigentlich?).
Das Ziel ist, dass die Datenschutzbehörde
als Service- und Informationsstelle
für alle Behörden und Einrichtungen
fungiert. Ein zusätzlich geplantes Informationsregister
soll Daten aus dem
gesamten Amtsbereich und der Selbstverwaltung
sowie von Unternehmen,
die der Rechnungshof-Kontrolle unterliegen
(ausgenommen börsennotierte
Betriebe) zugänglich machen (so kann
man auch Arbeitsplätze schaffen).
Was manche frohlocken, andere zittern
lässt: mehr Befugnisse für den
Rechnungshof, der mit Inkrafttreten des
Gesetzes auch jene Betriebe prüfen
darf, an denen die Republik mit zumindest
25 Prozent beteiligt ist (bisher 50
Prozent, Anm.). Besonders interessant
ist ein zusätzlicher Unterpunkt des Entwurfes:
„Informationen von allgemeinem
Interesse“ (beispielsweise Studien,
Gutachten, Verträge) müssen proaktiv
für jeden zugänglich veröffentlicht werden.
Studien über alternative Antriebe
beispielsweise können damit nicht mehr
heimlich in irgendwelchen Schubladen
verschwinden, weil sie jemandem das
Geschäft vermiesen könnten.
(AG)
LOGISTIK express 1/2021 | S8
Das Versagen der Politik!
2020 war ein turbulentes Jahr und hat unser Leben für immer verändert. Der
IWF nannte es eine Krise wie keine jemals zuvor. Niemand wird das letzte
Jahr vermissen und alle hoffen auf ein besseres neues Jahr. Ich bin da skeptisch
und gehe davon aus, dass 2021 dem Vorjahr in nichts nachstehen wird.
GASTBEITRAG: MARC FRIEDRICH
MARC FRIEDRICH
FINANZEXPERTE
HONORARBERATUNG
FRIEDRICH
Wie von mir immer wieder aufgeführt,
befinden wir uns inmitten einer historischen
Zeitenwende, die nicht
gestoppt werden kann und uns in
allen Bereichen große Veränderungen beschert -
nicht nur wirtschaftlich und finanziell, sondern auch
politisch und gesellschaftlich. Dieser von mir prognostizierte
Paradigmenwechsel wurde durch die Ereignisse
des letzten Jahres unterstrichen und bestätigt.
Was viele nicht wissen: Schon vor Corona war
dies der Fall. Die Pandemie hat diese Entwicklung
lediglich massivst beschleunigt und die Schwächen
und Sollbruchstellen in unserem jetzigen System herausgearbeitet
und schmerzhaft verdeutlicht. Für
viele unbekannt: Die Eingriffe der Notenbanken
begannen schon im September 2019. Zinsen wurden
weltweit gesenkt und die Rezession war schon
im vollen Gange.
Corona hat uns aufgezeigt, dass unsere Systeme
nicht für Krisen geschaffen sind und mit jeder Krise
näher an ihr Ende kommen. Der erste Lockdown
führte uns deutlich vor Augen wie abhängig wir
von den globalen Produktions- und Lieferketten
sind, wie wenig autark wir selbst als Exportweltmeister
Deutschland sind und wie fragil unser stabil geglaubtes
System de facto doch ist. Innerhalb kürzester
Zeit waren Millionen Menschen in Kurzarbeit,
die Arbeitslosenzahlen stiegen stark an und Staaten
und Notenbanken mussten Hand in Hand Billionen
mobilisieren, um die wankenden Systeme zu stabilisieren.
Viele haben die Hoffnung, dass mit dem Impfstoff
und nach der besiegten Pandemie wir wieder in
unsere alte, vertraute Welt zurückkehren werden,
aber ich muss Sie leider enttäuschen: Wir werden
nicht mehr in der alten Welt aufwachen! Alles wird
in Zukunft anders sein: die Art wie wir reisen, wie wir
arbeiten, wie wir uns treffen und begegnen, wie wir
einkaufen und leben. Das alles ist geprägt durch
einen weiterwachsenden Vertrauensverlust in die
Institutionen und die Politik - weltweit!
Das Versagen der Politik!
In Deutschland haben wir chaotisch, kopflos agierende
Politiker erlebt, die in ihrer Rolle als kompetente
Politiker, die durchgreifen, offensichtlich versagt
haben, sich aber durch steigende Popularität
und immer bessere Umfragewerte in Wahlprognosen
bestätigt gesehen haben. Mit diesem Rückenwind
hat man sich immer weiter mit noch härteren
Maßnahmen gegenseitig übertrumpft, um sich in
der Öffentlichkeit zu profilieren. Während Anfang
des Jahres 2020 man das Virus noch heruntergespielt,
auf Masken und Lockdown verzichtet hat,
waren Masken bald Pflicht, der Lockdown initiiert
und es wurden Millionen von Toten befürchtet.
Nach dem ersten Lockdown hieß es dann, es wird
keinen zweiten Lockdown geben und das es sogar
ein Fehler war Friseurläden und den Einzelhandel
zuschließen, um dann einen noch härteren und
längeren zweiten Lockdown zu machen. In der
Salamitaktik werden immer neuere Maßnahmen
durchgeboxt und die Lockdowns verlängert. Wer
mir auf Twitter folgt, wusste schon im April, dass ein
zweiter Lockdown im Herbst definitiv kommen wird
und dass dieser auch länger andauern wird als der
erste. Ich gehe nach wie vor von April bis Mai aus
und dann wieder, wenn die Temperaturen sinken
im Herbst 21.
Das Impffiasko ist ein weiteres skandalöses Versagen
unserer Berufspolitiker. Ein Impfstoff, der aus
Deutschland kommt, der aber nicht in ausreichender
Menge für uns zur Verfügung steht, zudem Interessenskonflikte
einer wieder mal völlig überforderten
EU, die mit ihrer Unfähigkeit und Klientelpolitik
Menschenleben gefährdet, ist eine glasklare Bankrotterklärung.
Andere, nicht so beliebte Politiker wie
z.B. Trump haben es dagegen geschafft genügend
Impfdosen für ihre Bevölkerung heranzuschaffen.
Germany first? Fehlanzeige! Konsequenzen? Natürlich
keine. Kurzer Einschub: Wenn wir es nicht mal
in Deutschland schaffen eine einheitliche Lösung
zu finden und einzelne Bundesländer ihr eigenes
Ding durchziehen, ausscheren und sich fetzen, wie
kann man dann erwarten, dass in der Europäischen
Union mit 27 unterschiedlichen Nationen es zu
einem Konsens kommen kann? Dies ist leider naiv
und der Grund, warum die EU nicht funktioniert,
und scheitern wird.
Erst Zombie- dann Pleitewelle
Während alle schon im Mai 2020 von einer V-förmigen
Erholung der Wirtschaft schwadroniert haben
und ich vor verfrühten Optimismus gewarnt habe,
wurde ich als Pessimist beschimpft. Jetzt kommt
die Realität auch langsam bei den Ökonomen
an und damit auch in der Politik. Die Illusion eines
schnellen „zurück zum alten“ ist ein für alle Mal vom
Tisch. Umso länger die Lockdowns andauern, umso
größer werden die Kollateralschäden in der Wirtschaft,
im Arbeitsmarkt, bei den Steuereinnahmen
aber natürlich auch bei den Insolvenzen. Durch die
Konjunktur- und Aufkaufprogramme der Notenbanken
schwellen die Zombies immer weiter in
neue Rekordhöhen an. Die Creditreform geht von
circa 800.000 Zombieunternehmen in Deutschland
aus, weltweit geht man inzwischen davon aus, dass
15 - 20 Prozent aller Unternehmen Zombies sind, die
unter normalen Umständen schon längst über die
Wupper gegangen wären. Die Staaten und Zentralbanken
sind in einer gefährlichen Zwickmühle,
denn wenn diese lebenden Toten tatsächlich bankrottgehen,
werden die Kreditausfälle eins zu eins
in den Bilanzen der schwach kapitalisierten Banken
durchschlagen und diese ebenfalls in den Abgrund
mitreißen was dann wieder zu einer weiteren Bankenrettung
führen würde, welche den Steuerzahler
belasten würde. Aus diesem Grund spielt man das
Spiel auf Zeit die Insolvenzverschleppung geht also
erst einmal weiter, aber irgendwann ist Schicht im
Schacht und der maßlos aufgeblähte Ballon wird
platzen.
Unsichtbare Mauern - finanzielle Repression
Was aber so sicher wie das Amen in der Kirche ist,
dass die ganze Party auch bezahlt werden muss.
Aus diesem Grund werden wir weitere Steuer- und
Abgabenerhöhungen und finanzielle Repression
sehen. Deutschland hat jetzt schon Belgien überholt
und bürdet seinen Bürgern nun die größte
Steuerlast weltweit auf. Populistisch wird jetzt eine
Vermögensabgabe der Reichen propagiert. Wenn
man allerdings schon bei einem Einkommen von
57.052 Euro brutto den Spitzensteuersatz von 42
Prozent bezahlt, darf man sich zurecht die Frage
stellen, was als Reich gilt und vor allem wie hoch
wohl der Freibetrag sein wird, der verschont bleibt.
Mit 57.000 Euro brutto macht man in Deutschland
keine großen Sprünge. Nach der drastischen Reduzierung
des anonymen Tafelgeschäftes in den
letzten Jahren von 15.000 Euro auf nur noch 2000
Euro (mal schauen wie lange noch) wird auch gegen
das Bargeld weiter gepoltert. Im Zuge der Coronakrise
hat man das dreckige infizierte Bargeld
verteufelt und das saubere kontaktlose bezahlen
überall propagiert. Wofür ein Virus doch alles gut ist.
Attacke auf unser Geld
Zeitgleich hat man völlig unbemerkt von der Öffentlichkeit
eine weitere massive und unsichtbare
Mauer gegen das Abfließen von Vermögen installiert.
Sagt Ihnen ATAD was? Ich rede nicht von den
Globalisierungsgegnern Attac, sondern den Wegfall
der Stornierung der Stundung der Wegzugsbesteuerung.
Bisher gab es bei Wegzug innerhalb der
EU (Freizügigkeit und so) zeitlich unbefristete und
zinslose Steuer-Stundung. Dies soll nun klammheimlich
ausgehebelt und geändert werden. Der Gesetzesentwurf
ist weitaus enger gefasst als von der
EU vorgegeben. Wenn dieser verabschiedet wird,
wird die Wegzugsteuer unmittelbar fällig oder kann
auf Antrag mit einer Ratenzahlung der Steuer über
7 Jahre und regelmäßig gegen Sicherheitsleistung
bezahlt werden. Besonders perfide ist, dass dieses
Gesetz dann rückwirkend zum 1.1.2020 gilt. Offen
bleibt, ob dies auch auf Fälle anwendbar sind, in
denen der Wegzug vor 2020 erfolgt ist. Werden
die Neuregelungen wie geplant umgesetzt, würde
aufgrund drohender Steuerbelastungen die freie
Mobilität für international agierende Unternehmer
innerhalb der EU zukünftig stark beschränkt.
Es ist mehr als zweifelhaft, ob das neue Gesetz mit
der unionsrechtlichen Freizügigkeit vereinbar ist.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte im Februar
2019 in der Rechtssache Wächtler (C-581/17)
noch entschieden, dass Wegzüge aus Deutschland
in die Schweiz mit Wegzügen in den EU/EWR-Raum
gleich behandelt werden müssen, wenn sie unter
das Freizügigkeitsabkommen von Schweiz und EU
fallen. Also sollte es in diesem Fall eigentlich genauso
sein, wird aber trotzdem übergangen. Es muss
jedem klar sein: Umso länger die Krise anhält umso
nötiger hat der Staat das Geld umso gieriger wird
er agieren.
Marc Friedrich ist
Finanzexperte,
fünffacher
Bestsellerautor,
gefragter Redner,
Vordenker,
Freigeist und
Gründer der
Honorarberatung
Friedrich
LOGISTIK express 1/2021 | S10
Keine Krise ungenutzt lassen!
Das scheint das Motto der Politik zu sein. Die Gunst
der Stunde wurde genutzt und sollte alle Demokraten
und freiheitsliebenden Bürger alarmieren und
aufschrecken. Im Schatten der Coronakrise wurden
Freiheitsrechte eingeschränkt und Entscheidungen
getroffen, die zuvor unmöglich gewesen
wären. Wir alle sollten wachsam beäugen, was so
alles in der Politik passiert und verabschiedet wird.
Die Schuldenunion, die vertraglich im Maastrichter
Vertrag ausgeschlossen war, wurde nun durch die
Hintertür eingeführt und uns als alternativlos vorgesetzt
und das von einer nicht zur Wahl gestellten
und nie von uns gewählten EU-Kommissionspräsidentin
Ursula von der Leyen.
Deutsches Vertragsrecht wurde ausgehebelt, indem
die Insolvenzantragspflicht ausgesetzt und zuletzt
sogar bis Ende Januar 2021 verlängert wurde.
Damit könne die Zombies weiter vor sich hinvegetieren
und die Politik hat sich teuer wertvolle Zeit erkauft.
Eine Lösung ist dies aber nicht. Damit werden
die Probleme lediglich in die Zukunft verschoben,
wo sie sich aber weiter stark auf Potenzieren und
ihre destruktive Zerstörungskraft maximal erhöhen.
Notenbanken drucken weiter Geld als, ob es kein
Morgen gibt. Im Jahr 2020 haben die Zentralbanken
weltweit 9,2 Billionen Dollar zur Stabilisierung
ins System gedruckt. Das sind mehr als 10 Prozent
des weltweiten BIP und ist dreimal mehr wie während
der großen Finanzkrise 2008! Die weltweiten
Schulden sind um 25 Billionen Dollar auf ein neues
Allzeithoch von ca. 280 Billionen Dollar oder 365
Prozent zum BIP gestiegen. Diese Entwicklung wird
sich auch 2021 beschleunigen. Die Notenbanken
werden weiter Geld drucken und die Zinsen im
Keller lassen oder sogar weiter in den Minusbereich
senken. Schon jetzt sind 30 Prozent aller Staatsanleihen
mit negativen Zinsen verhaftet. Das sind 18
Billionen Dollar in Staatsanleihen! Auch hier leider:
Tendenz steigend. Dies alles führt zu einem ganzen
Rattenschwanz an weiteren enormen Problemen,
die immer unmöglicher zu lösen sind.
Lebensversicherungen kommen damit man immer
weiter in die Bredouille, da sie in schlecht verzinste
Staatsanleihen investieren müssen und damit
die Altersversorgung der Versicherten weiter dahin
schmilzt. Die Notenbanken können die Zinsen
nicht erhöhen, da ansonsten ganze Länder unter
ihrer immensen Schuldenlast kollabieren würden.
Neben den steigenden Staatsschulden sind die
Bilanzen der Notenbanken drastisch gestiegen.
Die Bilanz der europäischen Zentralbank schnellt im
Eiltempo von Rekord zu Rekord und zeigt lediglich
auf, wie dysfunktional das Währungsexperiment
Euro doch ist. Auch hier ist keine Lösung in Sicht.
Aktuell steht man bei 7,23 Billionen Euro das sind fast
70 Prozent des BIP der Eurozone.
Tendenz weiter stark steigend.
Wie abstrus das ganze System bereits pervertiert ist,
zeigt folgender Chart: Die Geldmenge M1 in den
USA ist parabolisch angestiegen und würde in jedes
Lehrbuch für einen exponentiellen Verlauf reinpassen.
21 Prozent aller jemals produzierten US-
Dollar wurden seit März 2020 in Umlauf gebracht.
Die Geldmenge steig um atemberaubende +65,6
Prozent auf 6,667 Billionen Dollar.
Chart 1, http://bit.ly/2Mdg83g
Parallel baut man weltweit an einem digitalen
Währungssystem, um auch Minuszinsen langfristig
zu etablieren, damit dem Bürger die Möglichkeit
der Flucht aus dem Bankensystem mit Bargeld verwehrt
bleibt. Zusätzlich werden die verzweifelten
Rufe nach fiskalischen Paketen immer größer. Wir
werden Konjunkturpakete gigantischen Ausmaßes
sehen. Aber umso mehr Geld in die Hand genommen
wird, umso geringer werden die Auswirkungen
d.h. die Effekte nehmen drastisch ab und mit jeder
Krise werden die notwendigen Summen größer
aber der Nutzen nimmt parallel ab. Als Beispiel nehmen
wir die USA und ihre Zentralbank, die FED: Bei
der Technologieblase im Jahr 2000 war die Bilanz
der FED bei 80 Milliarden Dollar und die Zinsen bei
6,24 Prozent. Sie sanken dann auf 1,13 Prozent bis
2003, um dann wieder zu steigen.
Chart 2, http://bit.ly/2Mdg83g
Bei der großen Finanzkrise waren es denn schon
800 Milliarden Dollar Bilanzsumme und die Zinsen
lagen bei 5,03 Prozent. Danach gingen die Zinsen
schnurstracks Richtung Null. 2020 waren es dann
7,2 Billionen Dollar in den Büchern und die Zinsen
sind bei fast Null mit 0,36 Prozent. Tendenz fallend.
Wir haben also für eine weitere Krise keinen Spielraum
mehr nach unten. Wir lernen: Um eine Rezession
erfolgreich zu bekämpfen, müssen die Zinsen
im Schnitt um 5 Prozentpunkte gesenkt werden, um
die Wirtschaft anzukurbeln parallel steigen die monetären
Anstrengungen mit jeder Krise um ca. das
10-fache. Das bedeutet, wenn dies so weitergehen
würde, hätten wir bei der nächsten Krise eine Bilanz
der FED von 70 Billionen Dollar plus/minus und einen
Zins deutlich im negativen Bereich.
Die Reichen werden noch reicher!
Es gibt wie immer auch Profiteure einer Krise. Die
Corona Pandemie hat den Vermögenstransfer von
unten, der Mitte nach ganz oben in den Turbo geschaltet
und somit die Kluft zwischen Arm & Reich
massiv vergrößert. Mehr Menschen als je zuvor sind
weltweit in die Abhängigkeit der Staaten manövriert
worden.
Die Milliardäre der Welt sind um 27 Prozent reicher
geworden, die Umverteilung hat sich massivst beschleunigt
und die Ungerechtigkeit vergrößert. This
time ist different - not!
Was für ein absurdes Jahr: Während die Welt im
Lockdown war, Geschäfte und ganze Volkswirtschaften
geschlossen waren, die Arbeitslosenzahlen
stiegen und die Weltwirtschaft um ca. 5 Prozent
einbrach sind die Börsen nur kurz in die Knie, um
dann wieder rasant neue Rekordhochs zu steigen.
Die Marktkapitalisierung der Aktienmärkte stieg um
25 Prozent bzw. um 20 Billionen Dollar und hat erstmals
die magische Grenze von 100 Billionen Dollar
überschritten ebenso wie die Staatsanleihen. Durch
die unendliche Liquidität der Zentralbanken werden
die Vermögenspreisblasen weiter angefeuert
und wir werden einen sogenannten „melt up“
sehen. Obwohl wir den größten wirtschaftlichen
Kollaps seit 1929 sehen, steigen die Aktienmärkte
immer weiter und scheinen sich komplett von der
Realität verabschiedet zu haben. Solange die
Notenbanken ihre Geldschleusen offenlassen, wird
dies auch weiterhin so bleiben. Klingt unglaublich,
ist aber so. Allerdings ist es eine Illusion. Ich erwarte
im Verlauf des Jahres, dass die Technologieblase
(FAANG) korrigieren wird und damit auch der Gesamtmarkt.
Die völlig überteuerten Techaktien sind
jetzt höher bewertet als während der Internetblase
im Jahr 2000. Folgende Chart zeigt dies schön auf.
Chart 3, http://bit.ly/2Mdg83g
Auswüchse der irrationalen Übertreibung, ist die
Bewertung von Tesla. Die Marktkapitalisierung des
Elektroautobauers ist bei fast 700 Milliarden Dollar
und damit höher als alle Autobauer der Welt zusammen.
Tesla macht einen Umsatz von 28 Milliarden
Dollar, die anderen 1,3 Billionen Dollar. Zudem
verkauft Tesla nur ein sechsundvierzigstel vom dem
was die Mitbewerber an Autos absetzen. Fantasie
hin oder her. Aber das schreit nach einer Korrektur.
Sollte man dagegen wetten? Wenn man mutig
und liquide ist ja. Ansonsten Stopp / Loss setzen,
Gewinne auch mal mitnehmen und umschichten.
Generell gehe ich von einer Trendwende aus: Ein
Wechsel von spekulativen „Growth“ Aktien hin zu
„Value“ Aktien, die in den letzten Jahren underperformt
haben.
Auslöser für diese Korrektur könnten folgende Punkte
sein: Die USA sind momentan das Zünglein an
der Waage. Hier gibt es einige Variablen, die das
Fass zum Überlaufen bringen können. Die Spaltung
in der größten Volkswirtschaft der Welt war noch nie
so groß wie aktuell. So wie es aussieht, wird Donald
Trump das Feld nicht verlassen, was die Demokratie
in eine enorme Krise stürzen würde inkl. soziale
Unruhen in den USA eventuell sogar Bürgerkrieg.
Weiteres Crashpotential hat die Pandemie: Wenn
die Impfungen zu langsam gehen, der Impfstoff
nicht hilft oder massive Nebenwirkungen entwickelt
könnte jede Euphorie an den Aktienmärkten
rasch beenden. Oder der Virus mutiert zu Covid21
und die Lockdowns werden verlängert. Eine noch
heftigere Rezession würde das zur Folge haben und
damit auch ein Aktiencrash. Eine andere Baustelle
ist die Mutter aller Finanzmarktblasen: Der 40-jährige
Bullenmarkt bei den Staatsanleihen nähert
sich seinem Ende und könnte auch schon 2021
implodieren. Dies würde ebenso einhergehen mit
großen Verwerfungen an den Kapitalmärkten. Ich
erwarte, dass wir nach einer Deflation eine deutliche
Inflation sehen werden und das Zeitalter der Sachwerte
einläutet. Ich gehe weiter von einem schwächelnden
US-Dollar aus.
Krisen sind Chancen
Leider muss es erst schlimmer werden, bevor es
besser wird. Trotz der miesen Aussichten gibt es
jetzt auch Chancen. Jetzt beginnt die Dekade der
Sachwerte, die durch die Natur oder durch die Mathematik
limitiert sind. Die Geldschleusen müssen
offenbleiben und die Zinsen können gar nicht mehr
steigen. Kein Land der Welt und vor allem nicht die
USA können bei der aktuellen Schuldenlast sich steigenden
Zinsen leisten. Die amerikanische Notenbank
wird hier früher oder später eingreifen, Geld
drucken, Anleihen kaufen und damit die Zinsen
senken, was die goldene und alle anderen Sachwertraketen
zünden wird. (RED)
Sein neues Buch erscheint am 23. März 2021: Die
größte Chance aller Zeiten - Was wir jetzt aus der
Krise lernen müssen und wie Sie vom größten Vermögenstransfer
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LOGISTIK express 1/2021 | S12
Einzelhandelsbilanz im
Corona-Jahr 2020
Statistik Austria bestätigt die Gesamtjahresprognose von HV und WIFO. Der
Lebensmitteleinzelhandel legt um 7% zu und auch der heimische Onlinehandel
wächst mit +17% massiv. Amazon stellt sich mit +30% als Krisen-Gewinner heraus.
BEITRAG: GERALD KÜHBERGER
GERALD KÜHBERGER
PRESSESPRECHER
HANDELSVERBAND
Die von der Statistik Austria veröffentlichte
Konjunkturstatistik für
den österreichischen Einzelhandel
bestätigt die Gesamtjahresprognose
von Handelsverband und WIFO für das
Corona-Jahr 2020. So hat der heimische Einzelhandel
im Vorjahr laut vorläufigen Ergebnissen
von Statistik Austria einen realen (inflationsbereinigten)
Umsatzrückgang von -0,3
Prozent verzeichnet.
22,4% Umsatzeinbruch: Bekleidungs- und
Schuhhandel sind am stärksten von der Corona-Krise
betroffen
Aggregiert über alle Teilbereiche des Einzelhandels
konnten die Umsatzeinbrüche durch
die ersten beiden Lockdowns im Vorjahr noch
annähernd wettgemacht werden, wobei
die einzelnen Sektoren sehr unterschiedlich
betroffen waren. Während der Lebensmitteleinzelhandel
(LEH) ein reales Umsatzplus
von 7 Prozent erwirtschaften konnte, musste
der Handel abseits der Grundversorgung
ein Minus von 3,9 Prozent verkraften.
Am schlimmsten von den Auswirkungen der
drei harten Lockdowns betroffen ist der Bekleidungs-
und Schuhhandel. In diesem Segment
sind die Absätze 2020 um 22,4 Prozent
eingebrochen.
Wenngleich der Lebensmitteleinzelhandel
um 7 Prozent zugelegt hat, ging die Grundversorgung
der Bevölkerung auch mit zusätzlichen
Kosten für die Hygienemaßnahmen
einher. Im Non-Food-Sektor ist der stationäre
Bekleidungs- und Schuhhandel der große
Verlierer. Je kleiner der Betrieb und je weniger
digital, desto dicker das Minus, bis hin zu
Totalausfällen in den Lockdown-Zeiträumen.
Einmaleffekte durch den Trend des 'Cocooning'
bescherten dem Möbel-, Heimwerkerbedarfs-
und Elektrowarenhandel ein Plus.
Einpersonen-UnternehmerInnen (EPU) sowie
kleine und mittelständische Unternehmen
(KMU) - das Rückgrat der österreichischen
Volkswirtschaft - leiden besonders unter den
behördlich angeordneten Geschäftsschließungen.
Im Einzelhandel betreffen die negativen
Auswirkungen der Corona-Krise fast
ausschließlich die stationären Geschäfte. Hier
lag der inflationsbereinigte Umsatzrückgang
2020 branchenübergreifend bei mindestens
-4,7 Prozent.
Noon-Food-Handel muss 90 geschlossene
Einkaufstage verkraften
Im ersten Lockdown war der Handel 24 Einkaufstage
lang geschlossen, Geschäfte über
400 m2 sogar 39. Das war das Ostergeschäft.
Der zweite Lockdown brachte weitere 17 verlorene
Einkaufstage. Das waren Black Friday
und das Vorweihnachtsgeschäft. Der dritte
Lockdown mit 34 Einkaufstagen betraf das
Weihnachtsgeschäft an sich. In Summe mussten
viele HändlerInnen Corona-bedingt 90
geschlossene Einkaufstage hinnehmen. Das
lässt sich kaum verkraften.
Im Schnitt verliert der stationäre Handel bis zu
1 Mrd. Euro pro Woche an Umsatz im harten
Lockdown. Im aktuellen Lockdown light, sind
es immer noch rund 250 Mio. Euro wöchentlich.
Aufgrund der Länge der Lockdowns
kann nur einen Teil der Umsatzverluste später
noch in den Geschäften nachgeholt werden.
Viel verlagert sich auf den Onlinehandel oder
unterbleibt.
Der eCommerce-Sektor boomt: +17% für heimische
OnlinehändlerInnen, +30% für internationale
Onlinegiganten
Der österreichische Versand- und Internet-Einzelhandel
konnte im Vorjahr wie vom Handelsverband
prognostiziert um 17 Prozent zulegen.
Corona war hier eindeutig ein Brandbeschleuniger.
Mittlerweile hat der eCommerce-Anteil
am gesamten Einzelhandelsumsatz erstmals
die Schallmauer von 12 Prozent übertroffen
- und das Ende der Fahnenstange ist noch
lange nicht erreicht. Das veränderte Kundenverhalten
ist gekommen, um zu bleiben.
Noch stärker als der heimische Distanzhandel
konnte 2020 der KEP Markt (Kurier-, Express-
und Paketdienste) wachsen. 2019 lag
die Zahl der zugestellten Pakete im B2C Bereich
bereits bei 151 Millionen (+14%). 2020
erreichte das Paketvolumen sogar 180 Millionen
- ein Anstieg von mehr als 19 Prozent
innerhalb eines Jahres. Hauptgrund für dieses
massive Wachstum ist das exponentiell gestiegene
Umsatzvolumen der internationalen
Online-Giganten, allen voran Amazon. Die
führenden Drittstaatenhändler konnten 2020
in Österreich um mehr als 30 Prozent zulegen.
Damit hat sich auch die HV-Prognose bestätigt:
Die Lockdowns haben ein gigantisches
Amazon-Förderungsprogramm ausgelöst.
Aber auch der heimische Handel hat massiv
digitalisiert. Mehr als 5.000 HändlerInnen
haben sich bereits auf www.kaufsregional.at
- dem eCommerce-Verzeichnis des Handelsverbandes
- registriert.
Das Motto für 2021: Leben und Wirtschaften
mit dem Virus, um milliardenschwere Kollateralschäden
zu verhindern
Das Motto für 2021 für die heimischen Betriebe
heißt: Leben und Wirtschaften mit
dem Virus, denn Corona wird uns noch
länger begleiten und wir müssen die ökonomischen,
sozialen und psychischen Kollateralschäden
der Gesundheitskrise eindämmen.
Die Händler werden sämtliche
Sicherheits- und Hygienemaßnahmen der
Bundesregierung ausnahmslos mittragen.
RAINER WILL,
GESCHÄFTSFÜHRER
HANDELSVERBAND
Im Gegenzug lautet die Bitte an die Politik:
Lasst die Geschäfte nachhaltig offen, wir sind
kein Corona-Hotspot! Mittlerweile sind mehr
als 535.000 Menschen in Österreich arbeitslos
gemeldet und 470.000 in Kurzarbeit. Allein im
Handel - dem zweitgrößten Arbeitgeber des
Landes - sind die Arbeitslosenzahlen im Vorjahr
Corona-bedingt um ein Drittel angestiegen.
10.000 Handelsunternehmen sind de
facto zahlungsunfähig, 100.000 Jobs in der
Branche wackeln. Die Situation bleibt weiter
angespannt: Jede/r zweite HändlerIn hat Existenzängste,
fast jede/r Dritte kann anfallende
Rechnungen nicht bezahlen und jede/r
Fünfte konnte die Weihnachtsgelder nicht
auszahlen. (GK)
FOTO: KATHARINA SCHIFFL
LOGISTIK express 1/2021 | S14
FOTO: KATHARINA SCHIFFL
Jeder fünfte Euro im Non-Food
Handel wird online ausgegeben
Safer Internet Day: Der Handelsverband unterstützt mit eCommerce-Gütesiegel
"Trustmark Austria". Neue EU-Verordnungen "DSA" & "DMA" sollen Plattformen wie
Amazon regulieren. BEITRAG: RAINER WILL
Die Corona-Krise hat die Erlöse
im Onlinehandel 2020 dramatisch
angekurbelt. Die Branche
verzeichnet ein historisches Umsatzwachstum
von rund 30 Prozent und
konnte damit im Vorjahr erstmals mehr als
8,5 Milliarden Euro im eCommerce erwirtschaften.
Davon profitieren allerdings nicht
nur die 13.500 österreichischen HändlerInnen,
die bereits auf eigene digitale Vertriebskanäle
setzen, sondern insbesondere
der weltgrößte Onlinehändler Amazon.
4.500 heimische HändlerInnen sind bereits
auf dem Amazon Marktplatz aktiv und erwirtschaften
dort einen Jahresumsatz von durchschnittlich
80.000 Euro. Sie stehen dabei aber
einem ungleich mächtigeren Vertragspartner
gegenüber, der im Onlinehandel zunehmend
als Gatekeeper hin zu KonsumentInnen
agiert. Daher sind faire Spielregeln kriegsentscheidend.
Digital Services Act" (DSA) soll KonsumentInnen
im Netz besser schützen
Die EU möchte gegen dieses Ungleichgewicht
im Rahmen des "Digital Services Act"
(DSA) vorgehen und sicherstellen, dass auf
Märkten, die von großen Plattformen mit erheblichen
Netzwerkeffekten geprägt sind,
Fairness sichergestellt ist. Der DSA soll also die
Pflichten von digitalen Diensten regeln, die als
Bindeglied zwischen VerbraucherInnen und
Waren, Dienstleistungen und Inhalten agieren.
Die Vorhaben des Digital Services Act
umfassen u.a.:
- Maßnahmen zur Bekämpfung illegaler Inhalte,
Waren und Dienstleistungen auf Online-Plattformen.
- Neue Regeln zur Rückverfolgbarkeit gewerblicher
NutzerInnen auf Online-Marktplätzen,
um die Identifizierung von unseriösen
Verkäufern illegaler Waren zu erleichtern und
KäuferInnen von gefälschten oder gefährlichen
Produkten zu schützen.
- Weitreichende Transparenzmaßnahmen für
Online-Plattformen, u.a. Informationspflichten
über die für Produktempfehlungen verwendeten
Algorithmen.
"Digital Markets Act" (DMA) soll
marktmächtige Online-Plattformen regulieren
Der DMA zielt darauf ab, Probleme zu lösen,
die sich aus bestimmten Verhaltensweisen von
"Gatekeeper"-Plattformen ergeben. Die Verordnung
legt eine Reihe eng definierter Kriterien
fest, welche Online-Plattform überhaupt
als "Gatekeeper" zu qualifizieren sind. Dabei
handelt es sich um große, systemrelevante
Online-Plattformen wie Amazon, die einen erheblichen
Einfluss auf den Binnenmarkt haben.
Der Digital Markets Act sieht u.a. folgende
Pflichten für Gatekeeper-Plattformen vor:
- Gewerblichen NutzerInnen den Zugriff auf
jene Daten ermöglichen, die sie bei der Nutzung
der Plattform des Gatekeepers selbst
generieren.
- Unternehmen, die auf der Gatekeeper-Plattform
werben, die notwendigen Werkzeuge
bereitstellen, um eine unabhängige Überprüfung
der Anzeigen durchführen zu können.
- Gewerblichen NutzerInnen erlauben, ihr
Angebot zu bewerben und Verträge mit
KundInnen abzuschließen, die über den
Kerndienst der Plattform außerhalb der Gatekeeper-Plattform
gewonnen wurden.
DMA als wichtiger Baustein für Datenschutz
"Made in Europe"
Darüber soll Gatekeeper-Plattformen künftig
verboten werden, eigene Produkte im Ranking
günstiger zu behandeln als ähnliche
Produkte, die von Dritten auf der Plattform
angeboten werden. Damit wäre es etwa
Amazon künftig verboten, seine Eigenmarken
gegenüber ähnlichen Konkurrenzprodukten
zu bevorzugen. Überdies sollen die Gatekeeper-Plattformen
künftig keine personen-
Sichern Sie mit Dematic Ihre Wettbewerbsvorteile.
Zunehmende Angebots- und Sortenvielfalt bei gleichzeitig
abnehmenden Auftragsmengen erfordern bessere Lagerstrukturen.
Beim steigenden Wettbewerbsdruck müssen die
Betriebskosten so niedrig wie möglich gehalten werden.
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LOGISTIK express 1/2021 | S16
Safer Internet Day: HV eCommerce-
Gütesiegel "Trustmark Austria" zum Bestpreis
Anlässlich der heutigen 18. Ausgabe des internationalen
"Safer Internet Day" mit dem
Motto "Together for a better internet" bietet
der Handelsverband sein eCommerce-Gütesiegel
"Trustmark Austria" zum Bestpreis an.
bezogenen Daten aus Kernplattformdiensten
mit personenbezogenen Daten aus anderen
von ihnen angebotenen Diensten oder aus
Diensten Dritter kombinieren dürfen.
Verstöße könnten mit Milliarden-
Strafen geahndet werden
Im Fall eines Verstoßes gegen den Digital Markets
Act sollen den Unternehmen empfindliche
Geldbußen von bis zu 10 Prozent des gesamten
weltweiten Jahresumsatzes drohen. Bei systematischen
Verstößen gegen die DMA-Verpflichtungen
könnten den Gatekeepern
zusätzliche Abhilfemaßnahmen auferlegt werden,
bis hin zur Veräußerung von Teilen eines
Geschäfts. Eine zeitgemäße Regulierung der
digitalen Märkte auf EU-Ebene ist überfällig.
Daher begrüßt der Handelsverband wir den
Digital Services Act und den Digital Markets
Act ausdrücklich. Diese beiden Verordnungen
geben Hoffnung auf faire Wettbewerbsbedingungen
zwischen marktmächtigen Plattformen
und heimischen KMU-Händlern. Gleichzeitig
können VerbraucherInnen im Netz besser
vor gefälschten Produkten, illegalen Inhalten,
Waren und Dienstleistungen geschützt werden.
Österreichische HändlerInnen könnten grundsätzlich
von der Harmonisierung der Rechtsvorschriften
im Binnenmarkt sowie von den erhöhten
Sorgfalts- und Transparenzpflichten der
Gatekeeper profitieren. Wie immer liegt der
Teufel im Detail. So besteht etwa die Sorge, die
Gatekeeper könnten Teile ihrer Pflichten auf
HändlerInnen überwälzen oder AnbieterInnen
mit vermeintlich illegalen Inhalten ungebührend
lange in der Warteschleife zur Prüfung der
Vorwürfe belassen.
Das Trustmark Austria soll das Vertrauen der
KonsumentInnen in den heimischen Online-Handel
stärken und wird ebenfalls bereits
seit 18 Jahren vergeben. Das Gütesiegel
steht für Sicherheit und Vertrauenswürdigkeit
im Netz, es stellt für KonsumentInnen eine
Orientierungshilfe dar, um auf einen Blick vertrauenswürdige
Webshops und Plattformen
erkennen zu können. Die Grundlage dafür bildet
eine Prüfung durch die Zertifizierungsstelle,
bei der alle Aspekte, die für einen sicheren
und verbraucherfreundlichen Einkauf wichtig
sind, überprüft werden. Das Gütesiegel trägt
somit zu mehr Transparenz, Sicherheit und
Fairness im digitalen Shopping bei. Mehr dazu
auf www.trustmark-austria.at
Siegel "Österreichischer Händler" &
Bundespreis "Österreichischer Händler 2021"
Darüber hinaus vergibt der Handelsverband
ein Siegel, welches HändlerInnen mit Sitz und
Gewerbeschein in Österreich entsprechend
kennzeichnet - als Maßnahme gegen den
Kaufkraftabfluss und für mehr Transparenz für
die KonsumentInnen. Das Siegel "Österreichischer
Händler" stellt der Handelsverband seinen
Mitgliedern im Rahmen der kostenlosen
KMU RETAIL Mitgliedschaft www.kmu-retail.at
kostenfrei zur Verfügung.
Um stationäre österreichische Unternehmen
(insbesondere KMU-Händler) zu würdigen,
vergibt der Handelsverband heuer erstmals
den Bundespreis "Österreichischer Händler" in
drei Kategorien. Alle Betriebe, die das kostenfreie
Siegel "Österreichischer Händler" tragen,
sind teilnahmeberechtigt. Das Online-Voting
startet voraussichtlich Ende Februar.
(RED)
6. eCommerce
Logistik- Day
09. September 2021, Wien
Hybrid Event
Österreichischer Handelsverband
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Medienpartner:
LOGISTIK express 1/2021 | S18
Auswirkungen des Coronavirus auf
den E-Commerce in 2020
E-Commerce ist für viele traditionelle stationäre Unternehmen, die im "Lockdown"
geschlossen werden mussten, zu einer Lebensader geworden, um ihre
Geschäftstätigkeiten in der digitalen Welt während gesetzlich vorgegebener
Schließungen fortsetzen zu können. BEITRAG: WALTER TREZEK
WALTER TREZEK
VICE-CHAIR
ELOGISTICS-WORKING
GROUP ECOMMERCE
EUROPE
CHAIRMAN OF THE UPU
CONSULTATIVE
COMMITTEE (CC)
UND EXPERTE DES
LOGISTIC-NATIVES E.V.
Die Beschleunigung der Digitalisierung
im europäischen
Wareneinzelhandel infolge
der COVID-19-Pandemie führt
zu einem kontinuierlichen Wachstum des
E-Commerce-Sektors. Unternehmen und
Verbrauchern treiben dieses Wachstum
gleichermaßen an. Einer Studie von
E-Commerce Europe zufolge erwartet der
E-Commerce-Sektor ein weiteres Umsatzwachstum
von Einzelhandelswaren und
Dienstleistungen 2021, in Abhängigkeit zu
COVID-19-Maß-nahmen.
Wahrnehmung des digitalen Einzelhandels
während COVID-19 pro Land
Nach einer Erhebung von Ecommerce Europe,
melden alle befragten E-Commerce
Verbände eine positive öffentliche Wahrnehmung
des Sektors während der COVID-
19-Krise. Die politische Bewertung sieht etwas
differenzierter aus: Frankreich, Belgien,
Österreich und Spanien berichten von
einer überwiegend negativen Reaktion auf
große, marktbeherrschende E-Commerce-
Akteure. Italien berichtet, dass ein Teil der
Öffentlichkeit Einwände gegen den zunehmend
digitalen Einzelhandel erhoben
hat, und zur Verteidigung von Geschäften
in der Nachbarschaft aufgerufen hat. Auch
von Dänemark wurden ähnliche Entwicklungen
berichtet.
Andere Länder berichten über erfolgreiche
Erfahrungen im stationären Handel, der
online gegangen ist, um weiterhin an Verbraucher
zu verkaufen. Dem folgend hat
etwa in Frankreich die Krise beispielsweise
die Erwartung der Verbraucher gestärkt,
dass lokale Geschäfte als Option Online-
Shopping bieten sollten, für jene die eine
Lieferung nach Hause bevorzugen. Dieser
Wunsch der Konsumenten, der seit Beginn
der Beschränkungen und wohl auch darüber
hinaus besteht, zeigt deutlich das Interesse
der Konsumenten an einem Omnichannel-
Angebot, das bereits von den führenden digitalen
Einzelhändlern angeboten wird und das
nun auch vom lokalen Handel in der direkten
Nachbarschaft erwartet wird.
Auswirkungen auf die Paketzustellung
In der Mehrheit der Mitgliedsstaaten der EU
kam durch COVID-19 zu Verzögerungen bei
der Warensendungszustellung. In 4 Staaten
wurden die Verzögerungen als „schwerwiegend“
eingestuft. Weitere 5 Staaten berichten,
dass Paketzusteller die Verbraucher
gebeten haben, ihre Bestellungen an bestimmten
Abholorten abzuholen.
Auffallend ist, dass die Verzögerungen bei
der Paketzustellung während des zweiten
Lock-down" als weniger schwerwiegend
als beim ersten bewertet werden. Berichtet
wurde auch, dass in mehreren Staaten der EU
es aufgrund der strengen Sperrmaßnahmen,
sowohl zur Verschiebung des Verbraucherverhaltens
in Richtung digitalen Einzelhandel als
auch zu einer nochmals gestiegenen Nachfrage
in der Weihnachtszeit gekommen ist,
was dazu führte das Paketzusteller zusätzliche
Abholpunkte eröffnen mussten, um den erhöhten
Paketfluss zu bewältigen.
COVID-19 Auswirkungen auf den E-Commerce
pro Produktkategorie und Land
Die nationalen E-Commerce Verbände
stellten Unterschiede zwischen der Nachfrage
nach Produkten und Dienstleistungen
in der COVID-19 Krise fest. Mit Bezug auf
Produkte zur Freizeitgestaltung berichteten
die Mehrzeit der E-Ccommerce Verbände
eine Umsatzsteigerung von durchschnittlich
30-40%. Ähnlich in Segment Einrichtungsgegenstände,
hier kam es im dritten Quartal
2020 zu größerer Nachfrage, wobei die Niederlande
und Schweden einen Anstieg des
Online-Umsatzes um 106% bzw. 73% für dieser
Kategorie verzeichneten.
Bei Produkten des täglichen Bedarfs, sowie
Unterhaltung kam es in dem meisten Mitgliedsstaaten
zu einem Umsatzanstieg, ähnlich
wie während des ersten Lock-down im
Frühjahr 2020. Bei Bekleidung und Schuhen
berichten die Hälfte der E-Commerce Verbände
einen Anstieg. Klargestellt wird allerdings,
dass sich die Nachfrage hauptsächlich
auf Waren konzentrierte, die zuhause
getragen werden können, während andere
Arten von Schuhen oder Bekleidung einen
deutlichen Rückgang der Nachfrage verzeichneten.
Der Trend für Dienstleistungen,
insbesondere der Verkauf von Reise- und
Online-Tickets, geht in die entgegengesetzte
Richtung. Eine deutliche Mehrheit der Befragten
gibt einen Umsatzrückgang zwischen
40% und 70% angibt. Die Zusammenfassung
zweigt, dass E-Commerce während der
COVID-19-Krise im Allgemeinen als „Gewinner“
angesehen wird. Tatsächlich aber die
Situation jedoch differenzierter ist. Einige
Kategorien haben tatsächlich ihren Umsatz
gesteigert, während andere bedrohliche Verluste
erlitten haben.
Ecommerce Wachstum: Schätzung 2020
Alle E-Commerce Verbände berichten ein
positives Wachstum bei den digitalen Wareneinzelhandelsverkäufen
im Jahr 2020, das
zwischen 5 und 10% in Polen und 60 bis 75% in
Finnland liegt. Die Entwicklung beim digitalen
Handel von Dienstleistungen ist jedoch nicht
so positiv. 6 befragte E-Commerce Verbände
(Norwegen, Österreich, Bulgarien, Frankreich,
AutoStore
erstklassiger
INTEGRATOR
in Österreich
www.reesinkls.at
LOGISTIK express 1/2021 | S20
Niederlande und Italien) gaben im Vergleich
zu 2019 einen Rückgang an, wobei Norwegen
einen Rückgang des Online-Verkaufs
von Dienstleistungen von 60% im Vergleich
zu 2019 feststellte. Zählt man den digitalen
Handel mit Produkten und Dienstleistungen
für 2020 zusammen, schätzen die meisten
E-Commerce Verbände ein Wachstum des
Ecommerce Umsatzes zwischen 44% in Irland
und 4% in den Niederlanden. Italien und Norwegen
verzeichnen jedoch einen Gesamtrückgang
von 20% bzw. 3% im Vergleich
zu 2019, was auf den überwältigenden
Rückgang des Online-Umsatzes mit Dienstleistungen
zurückzuführen ist. Während der
E-Commerce-Sektor in Europa im Jahr 2020
ein Gesamtwachstum verzeichnen kann,
ist dieser Trend nicht universell und hängt
von der unterschiedlichen Nachfrage nach
Produkten und Dienstleistungen während
der Pandemie ab.
Erwartung des E-Commerce-Sektors für 2021
Die Prognose aller E-Commerce Verbände
für die Entwicklung des Ecommerce Sektors
im Jahr 2021 ist positiv. 11 Verbände fühlen
sich „sehr zuversichtlich“ und 8 „ziemlich zuversichtlich“.
Ein großer Teil des Wachstums
im Ecommerce Sektor wird dauerhaft sein,
was auf ein erhöhtes Vertrauen der Öffentlichkeit
und Änderungen im Verbraucherverhalten
zurückzuführen ist, und nicht nur auf
eine vorübergehende Folge der Pandemie.
Wenige Verbände teilen Bedenken hinsichtlich
des Wachstums des Sektors nach
dem Ende der COVID-19-Beschränkungen.
Die Mehrheit der Verbände geht von einem
deutlichen Wachstum des Online-Verkaufs
von Produkten im Jahr 2021 aus. Das Wachstum
im digitalen Handel von Dienstleistungen
wie Reisen wird davon abhängen,
ob es zu einer gewissen Entspannung und
einer Rücknahme der bestehenden restriktiven
Maßnahmen kommt. Insgesamt stellen
die europäischen E-Commerce Verbände
fest, dass die COVID-19-Pandemie die Digitalisierung
von Unternehmen in Europa beschleunigt
hat und zu einem kontinuierlichen
Wachstum des E-Commerce Sektors führen
wird, das von Unternehmen und Verbrauchern
gleichermaßen angetrieben wird.
Der E-Commerce hat sich während der Pandemie
zudem zu einer Lebensader für den
traditionell, stationären Handel entwickelt
und sich auch als widerstandsfähig erwiesen,
indem er die gestiegene Nachfrage der Verbraucher
befriedigen konnte und die Bereitstellung
notwendiger Waren und Dienstleistungen
sichergestellt hat.
Der logistic-natives e.V. ist das mittelstandsgeprägte
internationale Logistik-Infrastruktur Netzwerk
des modernen Handels. Der Verband
vertritt aktiv die wirtschaftlichen und rechtlichen
Interessen von über 30.000 Branchenunternehmen.
Dabei unterstützt der logisticnatives
e.V. überwiegend bei der Befähigung
zur fortschreitenden Digitalisierung
von Unternehmen und der Zustellung von
Handelswaren durch digitale Kommunikationsmedien
im Sinne der Zustelloptimierung,
Nachhaltigkeit, life-cycle Management, Kreislauflogistik
und Retourenmanagement.
Das Netzwerk ist mit seiner pragmatischen
Expertise Ansprechpartner für Vertreter aus
Politik, Verwaltung, Wirtschaft und andere Institutionen,
um nationale und internationale
Lösungen für den modernen Handel zu schaffen.
Dabei sie sich der logistic-natives e.V.
als Querschnittsverband zu verschiedenen
Branchen rund um den Handel. (WT)
Sie möchten regelmäßiig informiert werden, so registrieren Sie
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Der Kongress
für den
österreichischen
Handel
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HANDELS
OLLOQUIUM
20. APRIL
ORANGERIE
SCHÖNBRUNN
VIENNA
LOGISTIK express 1/2021 | S22
E-Commerce: Ende von Abgabenhinterziehung
und illegalem Handel
So wie die Digitalisierung des Einzelhandels gewachsen ist, wuchs die Abgabenhinterziehung
und der illegale Einzelhandel. Der Weltpostverein und die EU setzen
Maßnahmen. BEITRAG: WALTER TREZEK
Mit 1 Jänner 2021 müssen alle grenzüberschreitenden
Warenpostsendungen digital
vor deren Versand aus dem Herkunftsland,
der Postgesellschaft im Zustellland gemeldet.
Die bis Ende 2020 analoge (papiergestützte
postalische vereinfachte) Zollerklärung wurde
durch eine volldigitale Zollerklärung, die vorab
gesendet werden muss, abgelöst.
WALTER TREZEK
VICE-CHAIR
ELOGISTICS-WORKING
GROUP ECOMMERCE
EUROPE
CHAIRMAN OF THE UPU
CONSULTATIVE
COMMITTEE (CC)
UND EXPERTE DES
LOGISTIC-NATIVES E.V.
Der digitale Einzelhandel über
das Internet bestellt boomt. Der
Versand der Waren erfolgt über
Paketdienste. So schnell wie die
Digitalisierung des Einzelhandels gewachsen
ist, wuchs die Abgabenhinterziehung und
der illegale Einzelhandel. Der Weltpostverein
und seine 192 Mitgliedsstaaten, ebenso die
EU, setzen weltweit Maßnahmen, die das
ändern werden.
Pflicht zur digitalen Vorabmeldung jeder
Warenpostsendung
Seit gut 10 Jahren lässt sich der Umbau des
Weltpostnetzes von einem Brief- zu einem
Warensendungsnetz beobachten. In dieser
Zeit entdeckten weltweit tätige online
Händler die papiergestützten, vereinfachten
Zollprozesse der Postgesellschaften, um
Waren grenzüberschreitend zu versenden.
Die Einfuhrumsatzsteuerfreigrenze bis zu einem
Warenwert von 22 EUR für Warenpostsendungen,
wird häufig genutzt, um fällige
Abgaben zu hinterziehen. Der Schaden
durch Abgabenhinterziehung in führenden
EU-Märkten, wird wohl 2020 die 10 Mrd. EUR
Marke deutlich überschritten haben.
Was für die Postwarensendung gilt, wird auf
alle Päckchen und Paket ausgeweitet
Das Umstellen des vereinfachten Zollverfahrens
für Postsendungen von analog zu digital,
wurde von der Europäischen Union zum
Anlass genommen, alle Zustelldienste im gemeinsamen
Markt gleich zu stellen. Das Privileg
der Postgesellschaften wird mit 1 Juli 2021
beendet. Für alle Post-, Kurier-, Express- und
Paketzustelldiensten, sowie Zollagenturen
wird ein einheitliches, vereinfachtes Zollverfahren
für grenzüberschreitende Warensendungen
mit geringem Wert (der Wert der
Sendung darf EUR 150 nicht überschreiten)
verpflichtend eingeführt. Gleichzeit fällt auch
die Einfuhrumsatzsteuerfreigrenze zur Gänze.
Jene Staaten, die diesen Schritt schon vollzogen
haben (Schweden, Norwegen, Schweiz,
Australien, und weitere) waren über die
tatsächliche Höhe der zusätzlich eingenommen
Abgaben überrascht. In allen Fällen wurden
die Erwartungen mehr als übertroffen.
Online Handel wird zunehmend für
kriminelle Zwecke genutzt
Falsche Zolldeklarationen und Abgabenhinterziehung
sind eine Herausforderung,
der online Handel aber auch vermehrt für
kriminelle Zwecke genutzt. Die Delikte sind
vielfältig und reichen von einfachen Betrugstaten
bis hin zu terroristischen oder sogar
staatsgefährdenden Delikten. Auch der
– nicht selten anonyme und mittels Krypto-
Währungen abgewickelte – Handel mit illegalen
Waren wie Betäubungsmitteln, Suchtmitteln,
Falschgeld oder Waffen über das
Darknet hat dabei erheblich zugenommen.
Zudem kommen auch Fälle des Betrugs im
Versandhandel, die zuletzt ein bedenkliches
Ausmaß erreicht haben.
Briefgeheimnis und der Schutz der Integrität
der Sendung werden missbraucht
Die finanzpolizeiliche und auch strafrechtliche
Bekämpfung dieser nur exemplarisch
aufgeführten Kriminalitätsphänomene steht
vor der Herausforderung, dass die Täter
oftmals nicht oder nur schwer identifiziert
werden können. Gezielt werden dabei das
Briefgeheimnis – es handelt sich ja oftmals
um "WarenBRIEFsendungen" - aber auch die
Möglichkeiten der Anonymisierung, die das
Internet bietet, genutzt.
Daten müssen vor dem Versand verpflichtend
ausgetauscht werden
Erfolgversprechend zur Identifizierung der Tatverdächtigen
ist der Austausch von Daten am
Übergang von der digitalen in die analoge
Welt, nämlich genau jener Daten, die bei
der Aufgabe und Annahme der Warensendungen
von den Postdienstleistern ab dem
1 Jänner, von allen anderen Kurier-, Expressund
Paktdiensten ab dem 1 Juli 2021 festgehalten
und vorab mit anderen Dienstleistern
und auch den Behörden ausgetauscht
werden müssen.
Verfassungs-, finanz- und strafrechtliche Ermächtigungsgrundlagen
werden geschaffen
Jedoch können die Finanzpolizeilichen- und
Strafverfolgungsbehörden nach dem verfassungsrechtlichen
Prinzip vom Vorbehalt
des Gesetzes nur dann Auskunft über diese
Daten verlangen, wenn sie dafür auch eine
gesetzliche Ermächtigungsgrundlage haben.
Unstreitig war dabei bislang, dass die Strafverfolgungsbehörden
auf der Grundlage des §
99 StPO in Deutschland oder des § 135 StPO
in Österreich – als Minus zur dort geregelten
-körperlichen Beschlagnahme – vom Postdienstleister
auch Auskunft über an den
Beschuldigten gerichtete bzw. von diesen
herrührenden Postsendungen verlangen können,
wenn diese sich im Gewahrsam des Postdienstleisters
befinden. Strittig war dagegen
in Rechtsprechung und Literatur die Frage,
ob eine solche Auskunft auch dann verlangt
werden kann, wenn sich die Postsendung
noch nicht oder nicht mehr im Gewahrsam
des Postdienstleisters befindet.
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LOGISTIK express 1/2021 | S24
Dieser Rechtslücke, die von Betrügern und
Kriminellen genützt wurde, wird in diesen
Tagen durch eine Novelle der Deutschen
Strafprozessordnung geschlossen. Gleiche
Bestrebungen lassen sich auch in Frankreich
und anderen EU-Staaten beobachten.
Digitalisierung der Warenzustellung führt zu
Harmonisierung und Standardisierung
Die EU hat bereits vor 20 Jahren begonnen
den Postmarkt, zu dem auch die Zustellung
von Päckchen und Paket gehört, allen Dienstleistern
zu öffnen. Dazu gehört auch
die Begleitung der rechtlichen und regulatorischen
Maßnahmen durch technische
und nachrichten-spezifische Normen.
So haben sich die Wirtschaftsbeteiligten
für die eindeutige Kennzeichnung der Warensendungen
für den Transport auch
über Dienstleistergrenzen hinweg geeinigt.
Die jetzt notwendige Verbindung der Einzelsendungen
mit Informationen über den
Inhalt in den Sendungen, führt zu weiterer
Harmonisierung der Daten, die vorab übermittelt
werden müssen, die aber auch auf
den Etiketten auf den Sendungen präsentiert
werden müssen, um auch eine Überprüfung
unterstützen zu können.
Das Europäische Komitee für Normung, CEN/
TC331 "Postal Services" hat dazu die entsprechenden
Vorarbeiten, unter Mitarbeit
der nationalen Normungsorganisationen
auch in Österreich (Austrian Standards Institute)
und in Deutschland (Deutsches Institut
für Normung) geleistet. Jetzt die Arbeiten
begonnen, die Arbeiten zur weiteren Digitalisierung
auch auf weitere Transport-, Fracht-,
aber auch Verpackungsinformationen zu erweitern.
Ziel ist es dabei, das weitere Wachstum
des digitalen Handels abzusichern, die
Zusammenarbeit zwischen den Marktplätzen,
den Herstellern der Handelswaren, den Zustelldiensten,
den Konsumenten und den Behörden
zu verbessern, und auch die aufgetretenen
Risiken soweit als möglich
zu begrenzen und Betrug und kriminelle
Machenschaften zu bekämpfen.
Der logistic-natives e.V. ist das mittelstandsgeprägte
internationale Logistik-Infrastruktur Netzwerk
des modernen Handels. Der Verband
vertritt aktiv die wirtschaftlichen und rechtlichen
Interessen von über 30.000 Branchenunternehmen.
Dabei unterstützt der logisticnatives
e.V. überwiegend bei der Befähigung
zur fortschreitenden Digitalisierung
von Unternehmen und der Zustellung von
Handelswaren durch digitale Kommunikationsmedien
im Sinne der Zustelloptimierung,
Nachhaltigkeit, life-cycle Management,
Kreislauflogistik und Retourenmanagement.
Das Netzwerk ist mit seiner pragmatischen
Expertise Ansprechpartner für Vertreter aus
Politik, Verwaltung, Wirtschaft und andere
Institutionen, um nationale und internationale
Lösungen für den modernen Handel zu
schaffen. Dabei sie sich der logistic-natives
e.V. als Querschnittsverband zu veschiedenen
Branchen rund um den Handel.
Sie sind herzlich eingeladen, dem Netzwerk
beizutreten und sich aktiv zu engagieren. Für
Hintergrundinformationen, Details steht Ihnen
der Geschäftsführer Florian Seikel (Florian.
Seikel@logistic-natives.com) gerne persönlich
zur Verfügung. (WT)
Sie möchten regelmäßiig informiert werden, so registrieren Sie
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LOGISTIK express 1/2021 | S26
Wer hätte das gedacht?
E-Commerce ist doch nicht so böse
Viele halten die momentane, Lockdown bedingte Paketflut für einen
ökologischen Supergau – schließlich müssen all die Pakete auch zugestellt
werden. Studien zeigen jedoch: im Vergleich zum stationären Einkauf
entstehen beim Onlineshopping sogar weniger CO2-Emissionen.
Best Practice dazu: die UNITO-Gruppe liefert seit 1.1.2021 CO2-neutral.
REDAKTION: ANGELIKA GABOR
und LASCANA – hat es sich zum Ziel gesetzt,
bis 2030 vollständige Klimaneutralität zu erreichen.
Möglich macht dies unter anderem
die Partnerschaft mit den Logistikdienstleistern
Österreichische Post und Gebrüder Weiss.
MAG. HARALD GUTSCHI
GESCHÄFTSFÜHRER
UNITIO-GRUPPE
Im Übereinkommen von Paris beschlossen
knapp 190 Länder, durch eine Reduktion
ihrer Treibhausgasemissionen so stark zu
reduzieren, dass der Anstieg der weltweiten
Durchschnittstemperatur auf deutlich
unter 2°C gegenüber vorindustriellen Werten
begrenzt wird. Sieht man sich die aktuellen
Werte an, sieht die Prognose eher düster
aus. Umso wichtiger und richtiger ist es, dass
Unternehmen sich selbst ambitionierte Ziele
stecken, die Zukunft zu sichern. Die UNITO-
Gruppe – hierzu zählen beispielsweise die
Marken OTTO Österreich, Universal, Quelle
Im Kalenderjahr 2020 wurden in Österreich,
Deutschland und der Schweiz 6,5 Millionen
Sendungen für UNITO bewegt, das
entspricht rund 1.500 Tonnen CO2. Alleine zu
Weihnachten stieg das Sendungsvolumen
um mehr als 30 Prozent. Die Bestellmengen
werden auch nach Ende der Corona-Pandemie
hoch bleiben, erwartet Mag. Harald
Gutschi Sprecher der Geschäftsführung
UNITO-Gruppe/Otto Group: „Die Menschen
fühlen sich wohl beim Onlineshopping. Sie
bestellen mehr und vor allem bewusster,
so konnten wir im letzten Jahr 20 Prozent
weniger Retouren verzeichnen.“ Einen Grund
hierfür sieht er auch in der Qualität des
Onlineshops: gute Bilder, ausführliche Beschreibungen
und auch die Bewertung andere
Kunden würden einen aussagekräftigen
Gesamteindruck vom Produkt vermitteln
und so die Kaufentscheidung erleichtern.
Bei diesen Mengen ist der ökologische Fußabdruck
natürlich gewaltig. „Unserem Vorstand
(insbesondere Aufsichtsratsvorsitzender Prof.
Dr. Michael Otto, Anm.) ist Nachhaltigkeit
sehr wichtig, und mir persönlich ein großes
Anliegen. Wir haben keinen Planeten B“, so
Gutschi. „Die Welt ist in Bewegung, und auch
die Kunden wünschen sich Regionalität und
Klimaschutz und langsam steigt auch die Bereitschaft,
dafür zu bezahlen.“ Darum werden
ALLE Bestellungen der Gruppe seit 1. Jänner
2021 CO2-neutral zugestellt.
Stationär vs. Onlinehandel
Für die Studie „Klimafreundlich einkaufen
– eine vergleichende Betrachtung von
Onlinehandel und stationärem Einzelhandel“
beleuchtete das DCTI Deutsches
CleanTech Institut die Transportwege verschiedener
Produkte vom Zentrallager
zum Kunden unter Berücksichtigung unterschiedlicher
Käufertypen, die bestimmte
Lebens- und Einkommenssituationen
haben und sich unterschiedlich verhalten.
Das überraschende Ergebnis: durch den verdichteten
Transport der Sendungen durch
Paketdienstleister entstehen pro Sendung
weniger CO2 Emissionen als beim individuellen
Einkauf im stationären Handel – schließlich
wird je nach Region ein überwiegender Teil
der Einkaufsfahrten mit dem Auto getätigt.
Sieht man sich als Beispiel den Kleinartikel
Handy an, entstehen beim Kauf im Geschäft
zumindest 450 g CO2, wohingegen durch die
Bündelung bei der Lieferung aus dem Onlineshop
maximal 310 g CO2 freigesetzt werden.
Auch bei Großartikeln, wie beispielsweise
einem Sofa, fällt die Bilanz mit 8,4 kg zu 8 kg
CO2 weniger deutlich, aber dennoch positiv
für den Versandhandel aus. In Summe gesehen
sind die Einsparungen enorm, denn die
DI DR. GEORG PÖLZL, VORSTANDS-
VORSITZENDER DER
ÖSTERREICHISCHEN
POST AG
Österreichische Post stellt derzeit mehr als
700.000 Pakete pro Tag für UNITO zu und im
vergangenen Jahr lieferte Gebrüder Weiss
rund 540.000 Großartikel wie Kühlschränke
oder Möbel an Haushalte in Österreich.
DIPL.-BW. JÜRGEN BAUER, MBA,
GESCHÄFTSFÜHRER, MITGLIED DER
GESCHÄFTSFÜHRUNG DER
GEBRÜDER WEISS GESELLSCHAFT
LOGISTIK express 1/2021 | S28
GEORG PÖLZL
VORSTANDSVORSITZENDER
ÖSTERREICHISCHEN
POST AG
JÜRGEN BAUER
GESCHÄFTSFÜHRER
GEBRÜDER WEISS
GESELLSCHAFT
Starke Partner
Vermeiden, reduzieren und kompensieren
– so die Strategie der UNITO. Bei einem Onlinehändler
spielt aber auch die Wahl der
Logistikpartner eine wesentliche Rolle in
der Gesamtbilanz. In Österreich setzt das
Unternehmen daher auf zwei Partner, die
sich selbst schon lange der Nachhaltigkeit
verschrieben haben. So stellt etwa die
Österreichische Post AG bereits seit 2011
sämtliche Briefe, Pakete, Zeitschriften und Werbesendungen
CO2-neutral zu.
„Wir waren weltweit der Vorreiter bei der
CO2-neutralen Zustellung, und bis 2030 wollen
wir auf der letzten Meile sogar CO2-
frei sein“, bestätigt DI Dr. Georg Pölzl, Vorstandsvorsitzender
der Österreichischen Post
AG. Derzeit läuft ein massiver Umbau, um
dem steigenden Paketaufkommen Herr zu
werden: dezentrale Logistikstandorte, eigene
Photovoltaikanlagen und die Zusammenführung
der Brief- und Paketinfrastruktur helfen,
die gesetzten Klimaziele zu erreichen. „Durch
den Einsatz von Elektromobilität konnten wir
zwischen 2014 und 2019 bereits 4.396 Tonnen
CO2 einsparen, und unser E-Fuhrpark wächst
weiter an.“
So wird Graz 2021 als erste Stadt in Österreich
mit 100% emissionsfreier Zustellung zum neuen
Vorreiter in puncto Klimaschutz bei der Post.
Mit Elektrofahrzeugen hat die Post schließlich
Erfahrung, denn schon im Jahr 1913 wurde mit
dem Daimler-Tudor Elektro-Paketwagen elektrisch
zugestellt. Heute umfasst die E-Flotte
bereits mehr als 2.100 moderne Fahrzeuge,
die mit Strom aus den fünf hauseigenen PV-
Anlagen betrieben werden. „Aktuell nicht
vermeidbare Emissionen kompensieren wir
durch Zertifikate 72 nationaler und 75 internationaler
Klimaschutzprojekte - geprüft und
bestätigt vom TÜV AUSTRIA“, führt Pölzl aus.
Für die Auslieferung größerer Artikel vertraut
UNITO auf Gebrüder Weiss – das älteste
Transportunternehmen der Welt mit
mehr als 500jähriger Firmengeschichte.
„Gerade im Lockdown konnte man den Stellenwert
der Logistiker bei der Versorgungsleistung
der Bevölkerung erkennen. Die Fahrer
wurden quasi zu den Krankenschwestern der
Logistik“, meint Dipl.-Bw. Jürgen Bauer, MBA,
Mitglied der Geschäftsführung der Gebrüder
Weiss Gesellschaft m.b.H. „Seit jeher ist unsere
Kernkompetenz, Transporte effizient zu
bündeln, wodurch der Einfluss auf die Umwelt
minimiert wird.“ Gezielte Maßnahmen im
Rahmen der GWcares Initiative zielen gleichermaßen
auf soziale, ökonomische und ökologische
Nachhaltigkeit ab. „Unser Ziel ist es,
unseren CO2-Ausstoß jährlich um 10 Prozent
zu reduzieren und bis 2030 komplett CO2-neutral
zu agieren“, verkündet Bauer.
Während in der letzten Meile bereits E-
Fahrzeuge zum Einsatz kommen, setzt das
Unternehmen für die europaweite Hauptlaufüberwindung
auf Gas-LKW als Brückentechnologie.
„Gemeinsam mit Kunden
planen wir, Konzepte für angrenzende Länder
mit Elektrofahrzeugen zu erstellen. Momentan
scheitert es Großteils an der mangelnden Ladeinfrastruktur.
In der Schweiz machen wir mit Wasserstoff-
LKW sehr gute Erfahrungen, aber für Österreich
ist das aktuell nicht umsetzbar“, bedauert
Bauer. Auch hier fehle es an der Ladeinfrastruktur,
rund 15 Wasserstoff-Tankstellen mit
ausreichendem Ladedruck für die Betankung
eines LKW seien nötig für einen flächendeckenden
Einsatz in Österreich. Bis dahin helfen
Photovoltaik-Anlagen auf Logistik-Terminals,
ein eigener Windpark, Pool-Fahrzeuge und
E-Bikes für Mitarbeiter und klimafreundliche
Schienentransportlösungen wie der Ganzzug
Orange Combi Cargo für die Verringerung
des CO2-Ausstoßes. Auch hier wird der Rest
kompensiert, im Falle der UNITO unterstützt
Gebrüder Weiss ein zertifiziertes Energieeffizienz-Projekt
in Ruanda. Das langfristige Ziel:
bis 2030 auch ohne Kompensation 100 % Klimaneutralität
zu erreichen.
Auch wenn die Corona-Pandemie momentan
die Medien und den Alltag als Thema
Nr. 1 beherrscht, so darf trotzdem nicht auf
das Klima und die Nachhaltigkeit im unternehmerischen
Tun vergessen werden. Die
UNITO-Gruppe, Post und Gebrüder Weiss
zeigen, dass mit Innovation und Wille ökologische
Lösungen umsetzbar sind, die nicht im
Widerspruch zum unternehmerischen Erfolg
stehen. (AG)
6. eCommerce
Logistik- Day
09. September 2021, Wien
Hybrid Event
Österreichischer Handelsverband
Bleiben Sie gut informiert. Sichern Sie
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ecommerce-logistik-day/
Medienpartner:
LOGISTIK express 1/2021 | S30
Internationaler E-Commerce:
Stolperfalle Brexit
Ob Sprachassistenten auf dem Smartphone, Routenvorschläge in der Navigations-App
oder Kaufempfehlungen im Online Shop: Künstliche Intelligenz ist längst
omnipräsent in allen Lebensbereichen. Algorithmen wissen auf die Minute genau,
wann wir mit dem Auto in Wien ankommen – und zwar noch bevor wir in
München losgefahren sind. Sie lotsen uns täglich an Staus vorbei und sagen uns,
wann wir eine Pause machen sollten. Gastbeitrag: Richard Asquith
RICHARD ASQUITH
VP GLOBAL
INDIRECT TAX
AVALARA
Während im Jahr 2020 viele
stationäre Händler mit den
negativen Auswirkungen der
Pandemie und den Lockdown-Maßnahmen
zu kämpfen hatten, erlebt
der E-Commerce in Deutschland weiterhin
einen Aufschwung: Der Online-Handel
verzeichnete einen Gesamtumsatz von 80
bis 88 Millionen und für die kommenden Jahren
rechnet das IFH Köln (Institut für Handelsforschung)
im Rahmen des Branchenreport
Onlinehandel mit weiteren Zuwachsraten.
Bis zum Jahr 2024 könnte der Gesamtumsatz
dabei auf bis zu 142 Milliarden Euro ansteigen.
In Deutschland verkaufen schon heute 60
Prozent der Onlinehändler ihre Waren ins
Ausland und sind so für mehr Konsumenten
attraktiv. Jedoch ist dabei einiges zu
beachten, denn Handelsbeschränkungen
und sich ständig wandelnde Vorschriften,
stellen die Händler vor Herausforderungen.
Der Brexit stellt dabei eine zusätzliche, neue
bürokratische Hürde dar.
Die Herausforderungen des grenzüberschreitenden
Handels
Seit dem 1. Januar 2021 müssen Online-
Verkäufer auch beim Import und Export von
Waren aus Großbritannien wieder mit Zöllen
rechnen. Trotz des Handels- und Kooperationsabkommens
[3] zwischen der EU und
dem Vereinigten Königreich muss zukünftig
doppelt verzollt werden – und zwar wenn die
Waren weder in Großbritannien noch der EU
produziert wurden. Da viele Verkäufer ihre
Waren aus China oder anderen Ländern
importieren, werden diese nach den sogen-
annten Ursprungsregeln des Zolls als nicht
aus dem Vereinigten Königreich beziehungsweise
der EU stammend gezählt. Dies hat
zur Folge, dass sie beim weiteren Handel zwischen
Großbritannien und EU weiterhin den
EU- oder UK-Zöllen unterliegen.
Zwar wird es eine Erleichterung für Waren
geben, die unter die britischen und EU-Zollschwellen
von 135 Pfund beziehungsweise 150
Euro fallen, jedoch ist diese für die meisten
Händler nicht relevant. Denn Verkäufer, die
auf großen Marktplätzen wie Amazon oder
eBay agieren, sind nun dazu verpflichtet, ihre
gesamten Bestände im Voraus im Vereinigten
Königreich oder der EU zu verzollen, bevor sie
überhaupt verkauft wurden.
Auswirkungen des Brexits auf den Handel
Jedoch kommt es bereits zu ersten Schwierigkeiten.
Denn die genauen Anforderungen
an Zollerklärungen, Mehrwertsteuerverpflichtungen
und die Nachweisforderung
über den Nulltarif führt dazu, dass Sendungen
in deutschen Häfen blockiert werden.
Umgekehrt stoßen auch britische Verkäufer
auf Probleme beim Versand nach Deutschland.
Zum Beispiel weigern sich teilweise
deutsche Kunden, die von britischen Anbietern
vorgelegten EU-EORI-Nummern zu akzeptieren,
obwohl diese eine Grundvoraussetzung
für die neuen Handelsanforderungen
des Vereinigten Königreichs sind.
Dies ist ein schwerwiegendes Problem; die
Händler stehen unter Druck, die Kundenerwartungen
zu erfüllen und – wie üblich - schnell
sowie problemlos die Waren zu liefern. Überraschende
Zoll- und Einfuhrgebühren können
sich also negativ auf das Kundenerlebnis auswirken,
was zu Rücksendungen, zusätzlichen
Kosten und zu unzufriedenen Kunden führen
kann. Für eine schnelle Lieferung ist die Vermeidung
von größeren Verzögerungen beim
Zoll deshalb von großer Bedeutung. Um einen
hohen Standard beim Versand gewährleisten
zu können, sind deswegen viele der Einzelhändler
immer stärker auf operative Unterstützung
durch die Logistikdienstleister angewiesen.
Mit passender Technologie zum erfolgreichen
Handel
Beim Handel mit importierten Waren zwischen
EU und Großbritannien ist die beste Option,
Waren zunächst direkt vom Ursprungsland in
die EU oder das Vereinigte Königreich einzuführen.
Dies schließt anfängliche Zölle und
Doppelbesteuerung aus. Allerdings müssen
Händler dann zwei Lagerbestände vorhalten,
den Cashflow belasten sowie Retouren und
Veralterung an zwei Standorten verwalten.
Bei der Zusammenarbeit mit externen Logistikanbietern
kann der Einsatz von automatisierten
Lösungen hilfreich sein, um den Anforderungen
und der Verwaltung von internationalen
Versorgungsketten gerecht zu werden.
Durch die Verwaltung eines effizienten
Technologie-Stacks können Einzelhändler
eine reibungslose Integration zwischen
E-Commerce-Plattformen und Logistikdienstleistern
gewährleisten und eine synergetischere
sowie strategischere Partnerschaft
schaffen. Lösungen wie Avalara Item Classification
und AvaTax Cross-Border ermöglichen
die unkomplizierte Zuordnung, Anwendung
und Kommunikation der relevanten Compliance-Details,
die für eine Minderung von Zollverzögerungen
erforderlich sind.
Die Erfüllung der richtigen Compliance-
Anforderungen trägt dann zu einem reibungslosen
Warenverkehr über die Grenzen hinweg
bei und stellt sicher, dass die Erwartungen
der Verbraucher erfüllt werden. (RED)
Die Welt der
nachhaltigen
Logistik
• logistik-express.com
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m.jaklitsch@logistik-express.at
LOGISTIK express 1/2021 | S32
Mercosur-Abkommen mit starkem
Gegenwind
Neben Umweltschützern und europäischen Landwirtschaftsverbänden stellt
sich nach Österreich und den Benelux-Staaten jetzt auch Frankreich gegen das
Mercosur-Abkommen. Mehr Wettbewerb im Landwirtschaftsbereich ist nicht erwünscht.
REDAKTION: URSULA SCHMELING
URSULA SCHMELING
REDAKTION
LOGISTIK EXPRESS
Nach 20 Jahren Verhandlungen
hatten sich die EU und die Mercosur-Staaten
Brasilien, Argentinien,
Uruguay und Paraguay 2019 auf
ein umfassendes Assoziierungsabkommen
verständigt. Bevor der Vertrag in Kraft treten
kann, muss er jedoch von allen EU-Mitgliedstaaten
ratifiziert werden. Die Parlamente
Österreichs, der Niederlande sowie der französischsprachigen
Region Belgiens haben
den Text in seiner jetzigen Form bereits abgelehnt.
Auch die deutsche Regierung, die
den Abschluss des Abkommens jahrelang
forciert hatte, zeigt sich skeptisch. Nun verlangt
Frankreich Garantien zur Einhaltung von
Umweltstandards. Politische Absichtserklärungen
seien nicht ausreichend. Frankreich will
ein Abkommen verhindern, das mehr Fleischund
Agrarexporte aus Lateinamerika in die
EU ermöglicht und zu mehr Abholzung und
Waldbränden im Amazonasgebiet führt.
Worum geht’s?
Das Mercosur-Abkommen ist analog den
neuen EU-Abkommen mit Kanada und Japan
breit und umfassend angelegt. Es deckt
nicht nur tarifäre Fragen (Zoll, Exportsubventionen),
sondern auch den Handel mit
Dienstleistungen und andere handelsrelevante
Aspekte wie Investitionen, Gründung
von Niederlassungen, Zugang zu öffentlichen
Ausschreibungen, Arbeitnehmerrechte und
Wettbewerbsfragen ab. Ein wichtiger Teil ist
der Abbau nicht-tarifärer Handelsschranken,
insbesondere unterschiedliche technischer
Normen und Vorschriften. Derzeit erheben
die Länder des Mercosur relativ hohe Zollabgaben,
die für Kraftfahrzeuge, Textilien, Bekleidung,
Schuhe, Spirituosen und Softdrinks
bei bis zu 35 % liegen, für Wein bei 27%, für
Kraftfahrzeugteile, Chemikalien und Kekse
bei bis zu 18 %, für Maschinen bei 14 - 20 %
und für Arzneimittel bei bis zu 14 %. Mit dem
Abkommen sollen Zölle auf 91 % der EU-Exporte
nach und nach reduziert oder ganz
beseitigt werden. Die EU-Einfuhrzölle auf 92 %
der Mercosur-Waren sollen ebenfalls gesenkt
oder abgeschafft werden.
Zahlreiche Schutzklauseln
Das Abkommen ist mit verschiedenen Schutzklauseln
ausgestattet. Beispielsweise sollte es
aufgrund der Zollsenkungen zu einem unerwarteten,
erheblichen Anstieg der Einfuhren
kommen, der die inländische Industrie schwer
zu schädigen droht, ist die Einführung vorübergehender
Schutzmaßnahmen erlaubt.
Für Importe in die EU sollen weiterhin die bestehenden,
hohen Standards der Lebensmittelsicherheit,
Tier- und Pflanzengesundheit
gelten. Im Abkommen wird ausdrücklich
das „Vorsorgeprinzip“ beibehalten, wonach
Behörden das Recht haben, zum Schutz
menschlichen, tierischen oder pflanzlichen
Lebens oder der Umwelt zu handeln, wenn
nach ihrer Einschätzung ein Risiko besteht.
Dies gilt selbst dann, wenn keine eindeutigen
einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse
vorliegen. Corona lässt grüssen.
Das Abkommen enthält detaillierte Bestimmungen
in Bezug auf Urheberrechte, Marken,
gewerbliche Muster, geografische Angaben
und Pflanzensorten. Der Abschnitt über die
Rechte des geistigen Eigentums regelt auch
den Schutz von Geschäftsgeheimnissen. Die
EU und die Länder des Mercosur verpflichten
sich außerdem das Pariser Klimaschutzübereinkommen,
das Übereinkommen über den
internationalen Handel mit gefährdeten Arten
freilebender Tiere und Pflanzen (CITES) sowie
UN-Abkommen über die biologische Vielfalt
und Fischereibewirtschaftungsmaßnahmen
wirksam umzusetzen. Organisationen der Zivilgesellschaft
erhalten die Möglichkeit, die Umsetzung
des Abkommens – auch in Umweltbelangen
– aktiv zu überwachen. Ferner sieht
das Abkommen ein neues Forum für eine engere
Zusammenarbeit für einen nachhaltigeren
Ansatz in der Landwirtschaft vor.
Interessanter Wachstumsmarkt
Der Mercosur zählt rund 260 Millionen Verbraucher.
Das sind nur halb so viele wie in der EU
(512 Millionen), aber das jährliche bilaterale
Handelsvolumen der EU mit dem Mercosur belief
sich vor der Pandemie auf rund 88 Mrd. EUR
(Waren) bzw. 34 Mrd. EUR (Dienstleistungen).
Der Wirtschaftsblock wird durch Brasilien dominiert,
auf das 80% der Wirtschaftskraft und
der Bevölkerung entfällt. Die EU führt pro Jahr
Waren im Wert von 45 Mrd. EUR in die Mercosur-Länder
aus und importiert von dort Waren
von ähnlichem Wert (43 Mrd. EUR). Bei den
Dienstleistungen sind die EU-Ausfuhren mehr
als doppelt so hoch wie die Einfuhren (23 Mrd.
EUR versus 11 Mrd. EUR). Durch Zollsenkungen
könnten Exporteure in der EU laut EU-Angaben
jährlich über 4 Mrd. EUR an Kosten sparen.
EFTA zieht nach
Am 23. August konnten auch die EFTA-
(Schweiz, Norwegen, Island, Liechtenstein)
und die Mercosur-Staaten ihre Verhandlungen
über ein Freihandelsabkommen in der
Substanz abschließen. Es befreit mittelfristig
rund 95 Prozent der EFTA-Ausfuhren in die
Mercosur-Staaten von Zollabgaben. Zudem
werden technische Handelshemmnisse abgebaut,
der Marktzugang für EFTA Dienstleistungserbringer
erleichtert und die bilateralen
Wirtschaftsbeziehungen generell gestärkt.
Das FHA verhindert eine Schlechterstellung
der Unternehmen im EFTA-Raum gegenüber
denen in der EU. Beide FHA sind sich inhaltlich
sehr ähnlich. Zu den zentralen Punkten des
Abkommens zählen ein weitgehend freier Zugang
für EFTA-Industrieprodukte, Quoten für
ausgewählte Mercosur-Agrarexporte und ein
Patentschutz für Schweizer Pharmakonzerne.
Im Agrarbereich gewährt beispielsweise die
Schweiz für ausgewählte Produkte erstmals
auch bilaterale Kontingente außerhalb ihrer
WTO-Verpflichtungen. Diese Konzessionen
wurden so ausgestaltet, dass sie die Ziele der
Schweizer Agrarpolitik nicht in Frage stellen.
Das Abkommen soll noch in diesem Jahr ratifiziert
werden. Es bleibt abzuwarten, ob es bis
dahin die Referendum-Hürde in der Schweiz
erfolgreich genommen hat.
Fazit
Mit neuen Freihandelsabkommen hatten Europas
Politiker gehofft, dem Vormarsch Chinas
in Südamerika Einhalt gebieten zu können.
Doch sie haben wohl einmal mehr die Lobby
der Landwirtschaft und extremen Umweltschützer
unterschätzt. Die große Mehrheit der
Unternehmen in der EU und im Mercosur sind
KMU, die auch den Grossteil der Arbeitsstellen
in Ihren Ländern stellen. Einigen eröffnet das
Mercosur-Abkommen interessante Exportmöglichkeiten.
Nur wer wagt, gewinnt. Doch
die Veränderungsresistenten werden wohl
siegen und die Abkommen in EU und EFTA
scheitern lassen. (US)
LOGISTIK express 1/2021 | S34
Corona lässt Regionalität und Bio im
Lebensmittelhandel boomen
Auch wenn viele Österreicher im Jahr 2020 den Gürtel enger schnallen mussten,
konnte im Lebensmittelhandel ein signifikantes Umsatzplus bei Biomarken und
nachhaltigen Produkten beobachtet werden. Spitzenreiter und neuer Marktführer
in Österreich: die SPAR Warenhandels AG.
REDAKTION: ANGELIKA GABOR
sogar 37,1 Prozent – ein Plus im Vergleich zu
Dezember 2019 um stolze 3,1 Prozentpunkte.
Offensichtlich fanden im letzten Quartal die
Kunden wieder zur ihrer zu Beginn der Corona-Krise
schwächelnden Vorliebe für Frische
in Bedienung zurück – der Trend zu SB ohne
Kontakt zu Mitarbeitern ist gebremst. „Als im
März 2020 – es war ein Freitag der 13. - der
Lockdown ab dem darauffolgenden Montag
verkündet wurde, hatten wir schon einen Informationsvorsprung
durch unsere Tochter in
Italien. Für uns war es sehr wichtig, die Anatomie
der Coronakrise genau zu analysieren,
um entsprechende Maßnahmen zu setzen“,
erzählt Drexel.
MAG. RAINER WILL
GESCHÄFTSFÜHRER
HANDELSVERBAND
Im Gespräch mit Handelsverband-Geschäftsführer
Ing. Mag. Rainer Will legte
Gerhard Drexel anschaulich dar, wo die
Gründe für den wirtschaftlichen Erfolg
liegen, wie es weitergehen wird und wo die
größten Herausforderungen der Gegenwart
und Zukunft liegen.
Seit 1990 ist Drexel im Vorstand von Spar,
seit 2001 in der Funktion des Vorstandsvorsitzenden
der Spar Warenhandels AG. Als solcher
kennt er das Unternehmen natürlich wie
seine Westentasche und ist an der Unternehmensstrategie
sowie dem Erfolg maßgeblich
mitbeteiligt. Anfang 2020, also noch vor dem
Ausbruch der Pandemie, schnappte sich Spar
die Marktführerschaft im österreichischen
Lebensmittelhandel vom Mitbewerber REWE.
Im Herbst betrug der Marktanteil laut jüngster
Brancheninfo 34,2 Prozent, im Dezember
Doppelstrategie als Schlüssel zum Erfolg
Drexel ist überzeugt davon, dass sein Unternehmen
gestärkt aus der Krise hervorgehen
wird – der Marktanteil ist ein deutliches
Indiz dafür, dass er Recht hat: „Der erste Teil
unserer gut durchdachten Corona-Doppel-
Strategie nahm Anlehnung an Hans Domizlaffs
Bestseller über die Gewinnung des
öffentlichen Vertrauens.“ Mit diesem Ziel im
Blick wurden etliche Maßnahmen umgesetzt:
die Verteilung von Gratis-Mundnasenschutz-
Masken, die Willkommensgeste bei der Verteilung
durch die Mitarbeiter und auch das
Hygienemanagement sorgten dafür, dass
die Kunden sich sicher fühlen konnten – und
offensichtlich gerne zum Einkaufen kamen.
„Parallel dazu haben wir nie aufgehört, an
den Erfolgsfaktoren der Zukunft weiterzuarbeiten.
Dazu zählen beispielsweise die offensive
Marktbearbeitung und die konsequente
Weiterentwicklung unserer Eigenmarken.“
Besonders die günstige Eigenmarke S-Budget
wurde stark erweitert: „Durch die aktuelle
Lage – Rekordarbeitslosigkeit und sehr viele
Menschen in Kurzarbeit – sind viele Menschen
gezwungen, günstig einzukaufen. Mit
S-Budget wollen wir da ein breites Angebot
schaffen.“ Schließlich gaben in Umfragen 30
Prozent der Österreicher an, weniger für Lebensmittel
auszugeben; 14 Prozent erklärten,
nur noch lebensnotwendige Güter zu kaufen.
Im Jahr 2020 kamen bei Spar 280 neue Eigenmarkenprodukte
zum Sortiment, verteilt
über alle Preissegmente. Zudem wurden die
Expansionspolitik und die Ladenerneuerung
konsequent weitergeführt.
Regional und lokal
Gerade im Lockdown zeigte sich, dass die
Kunden Wert auf österreichische Hersteller
legen – je regionaler, desto besser. „Wir haben
die Kooperation mit österreichischen Lebensmittelproduzenten,
Brauereien usw. forciert.
Im Fokus lagen dabei insbesondere lokale
Hersteller, die aufgrund ihrer Kapazitäten nur
einige wenige Filialen mit ihren Produkten beliefern
können“, führt Drexel aus. Aktuell hat
Spar rund 7.000 lokale Biobauern und Produzenten
als Partner. Bei Molkereiprodukten
beträgt der Anteil österreichischer Produkte
95 Prozent, bei Backwaren 90 Prozent – Tendenz
steigend. Aktuell beliefern etwa 500
lokale Bäcker naheliegende Filialen. Drexel:
„Wir sind quasi der Erfinder der Regionalisierung
im Lebensmittelhandel. Natürlich
haben wir auch internationale Markenartikel
– ein Whiskey kommt eher aus Irland.“ Spar
hilft seinen Partnern auf Wunsch auch beim
Ausbau ihrer Strukturen und Kapazitäten, um
größere Gebiete abdecken zu können.
vergleichsweise 111.912 Tonnen Bio-Lebensmittel
verkauft. Der rollierenden Agrarmarktanalyse
der Agrarmarkt Austria Marketing
GesmbH (RollAMA) zufolge sind vor allem
die Milch-, Joghurt- und Eiersortimente in Bioqualität
besonders gefragt. Insgesamt lag
der Anteil der umgesetzten Frischeprodukte
im Lebensmittelhandel in Bio-Qualität im Jahr
2019 bei knapp 10 Prozent, im Juni 2020 erstmals
über 10 Prozent. Aktuell sind laut Verein
Bio Austria rund 22 Prozent der heimischen
landwirtschaftlichen Betriebe nach den Kriterien
der Bio-Landwirtschaft zertifiziert – das
entspricht 24.225 Höfen bzw. rund 24 Prozent
der österreichischen Agrarflächen, das ist EUweiter
Spitzenwert.
GERHARD DREXEL
VORSTANDSVORSITZENDER
SPAR ÖSTERREICHISCHE
WARENHANDELS-AG
Boom bei Bio und Nachhaltigkeit
Auch wenn es ob der finanziell angespannten
Situation paradox erscheint, greifen die
Österreicher vermehrt zu Bioprodukten. Im
Zeitraum vom 1.1.2020 bis zum 31.8. 2020
stieg der Umsatz der Spar natur pur Produkte
um 26 Prozent. „Je unsicherer das Umfeld für
die Konsumenten ist, umso sicherer wollen
sie sich ernähren“, kennt Drexel den Grund.
Spar verzichtet bei über 5.000 Eigenmarkenprodukten
auf Glyphosat, Palmöl und Gentechnik.
Insgesamt kauften die Österreicher
im 1. Halbjahr laut Statista GmbH rund 96.723
Tonnen Bioprodukte – also aus ökologischer
Landwirtschaft ohne synthetische Pflanzenschutz-
und Düngemittel - im Lebensmitteleinzelhandel.
Im gesamten Jahr 2010 wurden
Mit Hilfe eines eigenen wissenschaftlichen
Ärztebeirates mit 6 bis 7 ständigen Mitgliedern
arbeitet Spar seit 15 Jahren an der Weiterentwicklung
seiner Produkte. Das Ziel: gesunde
Rezepturen. Der Gesundheitsbeirat legt dabei
nicht nur fest, welche Inhaltsstoffe wünschenswert
sind, sondern auch, was weggelassen
wird. Bekanntes Beispiel hierfür ist die Reduktion
von Zucker. Oder eben Bio-Qualität. „Wir
haben uns schon früh dazu bekannt, dass wir
für ein flächendeckendes Glyphosatverbot in
der Landwirtschaft eintreten. Die österreichische
Bundesregierung muss endlich Courage
zeigen und das nationale Verbot – das schon
zwei Mal im Parlament beschlossen wurde –
auch endlich zum Gesetz machen“, meint
Drexel energisch. Leider verabsäumten es die
LOGISTIK express 1/2021 | S36
Regierungsparteien in der Nationalratssitzung
vom 20. Jänner 2021, das zuvor angekündigte
Teilverbot für das Pflanzengift einzubringen.
Glyphosat ist unter anderem im Unkrautvernichter
Roundup enthalten, dessen Hersteller
Monsanto nun zur deutschen Bayer AG gehört.
Mitte 2020 schloss Bayer einen Kompromiss
zum Abschluss von etwa drei Viertel der
aktuell gerichtsanhängigen Roundup-Verfahren:
satte 9,1 bis 9,8 Milliarden Euro sollen
die Fälle aus der Welt schaffen. Weniger giftig
wird der Stoff dadurch nicht.
Herkunftskennzeichnung in der Gastronomie
Schon längst haben wir uns in Österreich daran
gewöhnt, dass beim Kauf von abgepackten
Fleisch- und Milchprodukten auf der Packung
steht, wo das gute Stück herkommt und verarbeitet
wurde. Seit April 2015 ist die EU-weite
Fleisch-Kennzeichnung aller Fleischsorten
verpflichtend. Allerdings betrifft das nicht fertig
verarbeitete Waren. Wer im Gasthaus ein
Wiener Schnitzel genießt, wird nur im Ausnahmefall
und auf Nachfrage erfahren, wo das
Kälbchen vor der Schlachtung herumhopsen
durfte. Unfair, findet Drexel: „Warum gibt es
keine Kennzeichnungspflicht in Gastronomie,
Kantinen und öffentlichen Bereichen? Eine
Kennzeichnung von Fleisch, Eiern und Milchprodukten
in diesen Bereichen würde die
Gäste zufriedener machen.“ Da dies aber
die Kosten für die Gastronomen erhöhen
würde, hat er einen Vorschlag zur Unterstützung
der krisengebeutelten Branche parat:
„Aktuell gibt es eine Mehrwertsteuersenkung
in der Gastronomie auf 5 Prozent. Ich würde
vorschlagen, diese Senkung permanent zu
belassen, wenn im Gegenzug dafür eine
Herkunftskennzeichnung stattfindet.“ Spar
bietet seit 25 Jahren Rind-, Kalb- und Schweinefleisch
zu 100 % aus Österreich an, ausgezeichnet
mit dem AMA Gütesiegel. Auch
Eier und Milch sind seit Jahren ausschließlich
von heimischen Produzenten.
Hemmschuh Pflastikpfand?
Aktuell werden in Österreich durchschnittlich
sieben von zehn PET-Flaschen fachgerecht
recycelt – wobei Wien einem Sammelanteil
von nur einem Drittel aller Plastikflaschen
das unrühmliche Schlusslicht darstellt. Um die
Vorgaben der Europäischen zu erfüllen (und
Strafen zu umgehen), muss die Rücklaufquote
deutlich gesteigert werden. Als probates Mittel
wird die Einführung eines Einwegpfandsystems
beworben: Ende Jänner präsentierte die
grüne Umweltministerin Leonore Gewessler in
einer Wiener Lidl-Filiale einen entsprechenden
Pfandautomaten. Handelsverband und Spar-
Vorstand können dieser Idee hingegen gar
nichts abgewinnen. „Die Politik sollte uns nicht
grundlos das Leben erschweren. Ein Zwangspfand
auf Einwegplastik ist populistisch und
der falsche Weg. Wir Nahversorger würden
zur Mülldeponie verkommen, vom Hygieneproblem
mit Restflüssigkeiten ganz zu schweigen.
Es gibt bereits tolle Sammelsyteme, die
müssen lediglich ausgeweitet werden“, wird
Drexel deutlich. Auch der Handelsverband
ist vehement dagegen. Will: „Angesichts der
schlimmsten Wirtschaftskrise seit dem Zweiten
Weltkrieg ist es unverantwortlich, in ganz
Österreich flächendeckend ein Pfandsystem
einzuführen. Allein die Anschaffungskosten
eines Leergutautomaten liegen zwischen
25.000 und 50.000 Euro. Viele kleine Betriebe
können sich das nicht leisten.“ Statt dessen
plädiert Will für die Umsetzung des von der
WKÖ ausgearbeiteten 10-PUNKTE-PLANs zur
Erreichung der EU-Abfallquoten mit einer alltagstauglichen
Kreislaufwirtschaft – zu einem
wesentlich günstigeren Preis.
Mercosur – Fluch oder Segen?
Geht es nach Drexel, ist der von der EU angepeilte
Mercosur-Handelspakt (eine Freihandelszone
mit den Mercosur-Staaten Argentinien,
Brasilien, Paraguay und Uruguay)
eindeutig ein Fluch. Wie viele andere fürchtet
auch er, dass billiges Rindfleisch im Austausch
gegen deutsche Automobile den österreichischen
Markt überschwemmen könnte. Neben
der billigen Produktion in Massentierhaltung
ist das Rindfleisch auch fürs Klima ein Drama:
„In Brasilien erzeugtes Rindfleisch verursacht in
der Produktion 80 kg CO2, in Europa hingegen
entstehen nur 22 kg CO2“, so Drexel, „Wir
haben uns schon im Juli 2019 deutlich gegen
diesen Handelspakt ausgesprochen und
diese Entscheidung auch klar begründet. Es
darf nicht sein, dass Deutschland zollfrei Autos
liefern darf und wir im Gegenzug hormonbelastetes
Rindfleisch zu Schleuderpreisen importieren
müssen.“ Bei der Aufzucht der Rinder
in Brasilien kommen Wachstumshormone zum
Einsatz, die in Europa verboten sind – ebenso
wie mit Pestiziden belastetes Futter. Dafür
kostet es nur etwa die Hälfte von österreichis-
chem Fleisch. Im Vertrag ist vorgesehen, dass
jährlich 99.000 Tonnen Rindfleisch, 180.000
Tonnen Zucker und 100.000 Tonnen Geflügel
zollfrei aus Südamerika importiert werden dürfen
– in der Hoffnung, dass Zölle auf die Exporte
von Autos und anderen Industriegütern
wegfallen. Doch während in Europa die
Mindeststandards hinsichtlich Umweltschutz,
Tierschutz und Klima ständig strenger werden,
wird beim importierten Fleisch darauf verzichtet.
Drexel: „Das bedeutet den Bankrott
für unsere Rinderbauern.“
Aktuell sind die Verhandlungen allerdings ins
Stocken geraten – sehr zum Missfallen Portugals,
das aktuell den Vorsitz des EU-Rates inne
hat und die Unterzeichnung des Abkommens
zum zentralen handelspolitischen Ziel seiner
Präsidentschaft erklärt hat. Die rasante Abholzung
des Amazonas-Regenwaldes bereitet
insbesondere angesichts des voranschreitenden
Klimawandels immer mehr Menschen
Sorgen. Als größter Handelspartner und Investor
in den vier Mercosur-Ländern mit 260
Millionen Konsumenten birgt der Deal großes
Potential. Allein im Jahr 2019 exportierte die
EU Waren im Wert von 41 Milliarden Euro in
diese Staaten. Natürlich kann sich auch die
EU-Kommission nicht gänzlich vor der Kritik
verschließen. Um ein Aufschnüren des
seit 2019 im Wesentlichen ausverhandelten
Paktes, der nur auf die Ratifizierung wartet, zu
verhindern, ist die Formulierung von Protokollzusatzerklärungen
im Gespräch.
In diesen Erklärungen soll die Verbindlichkeit
der Nachhaltigkeit – Stichwort illegale Brandrodungen
– festgeschrieben werden. „Dieser
'Beipackzettel' ist nichts wert. Sobald der
Vertrag unterzeichnet ist, wird munter weiter
abgeholzt, und Bolsonaro (Präsident Brasiliens,
Anm.) macht, was er will“, ärgert sich
Drexel. Denn auch wenn im bisherigen Vertragsentwurf
ein Bekenntnis zum Übereinkommen
der Klimakonferenz von Paris enthalten
ist – es sind keinerlei Sanktionen bei Verstößen
festgelegt. Ein Schelm, der Böses dabei denkt.
In seiner derzeitigen Form steht der Mercosur-Deal
jedenfalls im klaren Widerspruch zum
„Green Deal“ der EU, wie die unabhängige
Studie eines internationalen Forscher-Teams
unter Beteiligung der HU Berlin, der Senckenberg
Gesellschaft und des UFZ unter Leitung
der Universität Oxford „The EU-Mercosur
Agreement fails to meet the three tenets of
sustainable trade: inclusion, transparency
& enforcement;“ zeigt. Die Art und Weise,
wie Rindfleisch und Soja-Viehfutter produziert
werden sowie die damit einhergehende
Flächengewinnung durch Rodung des Regenwaldes
ohne Rücksicht auf indigene Bevölkerungsgruppen
macht die Einhaltung der
drei Säulen des EU-Nachhaltigkeitskonzeptes
unmöglich. Zusammengefasst wird der Freihandelspakt
die Zerstörung des Amazonasgebietes
noch beschleunigen, denn schon
jetzt wird in der Anbauregion für europäischen
Konsum alle drei Minuten die Fläche
eines Fußballfeldes gerodet. AG)
WARUM SOLLTEN WIR DIE
HERKUNFT VON LEBENS-
MITTELN KENNZEICHNEN,
GERHARD DREXEL?
http://bit.ly/2M5LOYk
LOGISTIK express 1/2021 | S38
Amazon: US-Gigant als Segen und
Fluch, Vorbild und abschreckendes
Beispiel (nicht nur) für die Logistikbranche
Zu Amazon gibt es wohl so viele Meinungen wie es Menschen gibt. Allzu einseitig
sollte der Handelsriese jedoch nicht bewertet werden, denn Licht und Schatten
sind bei ihm gleichermaßen im Überfluss vorhanden. BEITRAG: REDAKTION
Einflusses wohl jenseits der britischen East
India Trading Company keinen Vergleich in
der Menschheitsgeschichte hat.
JEFFREY PRESTON „JEFF“
BEZOS, UNTERNEHMER
& INVESTOR. GRÜNDER
DES ONLINEVERSAND-
HÄNDLERS AMAZON
UND GILT MIT EINEM
GESCHÄTZTEN GESAMT-
VERMÖGEN IN DER
GRÖSSENORDNUNG
VON 200 MILLIARDEN
US-DOLLAR ALS EINER
DER REICHSTEN
MENSCHEN
Jeff Bezos zieht sich vom CEO-Posten in
den Hintergrund des Executive Chair
zurück. Mit dieser Meldung vor einigen
Tagen endete eine Ära: 27 Jahre, in
denen aus einem kleinen nordost-amerikanischen
Buchhändler mit einer innovativen
Idee nicht nur das größte Einzelhandelsunternehmen
der Welt wurde, sondern ein
gigantisches Wirtschaftsimperium, welches
hinsichtlich seiner Marktbedeutung und seines
Amazon. Dieser Name, der nicht nur auf
Bezos‘ Geburtsort zurückgeht, sondern auch
explizit auf den weltgrößten Fluss hinweist,
hat es in dem vergangenen Vierteljahrhundert
geschafft, zahllose Bedeutungen zu bekommen:
Ein Inspirator, der durch mutiges
Voranschreiten vorgibt, wohin die Reise von
Technik, Handel und Logistik geht und der
für Milliarden definiert hat, was eCommerce
ausmachen muss. Aber auch ein Imperator,
der der ganzen Welt einen gnadenlosen Takt
der Next-Day-Delivery aufzwang, der zum
Sensenmann für ungezählte analogen und
digitalen Einzelhandelsgeschäfte wurde und
der sich jetzt anschickt, seine Logistik gänzlich
in die eigenen Hände zu nehmen. Übrigens
nachdem sein scheidender Chef bereits vor
einigen Jahren in die Weltruhmeshalle der
Logistik aufgenommen wurde.
Egal ob positiv oder negativ: Amazon hat
einen Abdruck hinterlassen – nur ob es der
positive Abdruck einer zu Höchstleistungen
antreibenden Hand ist oder der einer überrollenden
Dampfwalze, kommt auf den Blickwinkel
an. Auf den folgenden Zeilen versuchen
wir, beide Seiten zu beleuchten.
Amazon: Ein Blick auf die helle Seite
Selbst viele große Kritiker geben zu, dass Amazon
für Handel und Logistik viele positive Errungenschaften
vorzuweisen hat. Das ist die helle
Seite des Einzelhandelsriesen, für die ihm viele
zu Dank verpflichtet sind, da er zahlreiche
Fotos: https://de.cleanpng.com/ Kiss.png
Sparten zu neuen Höhenflügen ermutigte und
zuvor als festzementiert geltende Mauern bezwang.
Wachstum über allem anderen
Aus Sicht einer reinen betriebswirtschaftlichen
Lehre würden wohl zahllose BWL-Professoren
Amazon attestieren, kein erfolgreiches Unternehmen
zu sein: Über viele Jahre hinweg
und bis zum heutigen Tag waren die Gewinne
im Vergleich zu den Umsätzen kaum der
Rede wert, zeitweise rutschten sie auch in
den negativen Bereich. Damit wäre Amazon
aus konservativer Sicht kein sonderlich gewinnträchtiges
börsennotiertes Unternehmen
– zumindest nicht bis in die zweite Hälfte der
2010er. Erst da begannen die Gewinne einen
zaghaften Anstieg.
Nur wäre es allerdings reichlich verfehlt,
Amazon anhand derartiger Maßstäbe zu
bewerten. Denn für Jeff Bezos hatten Gewinne
niemals den Stellenwert, den Wachstum
innehatte. Wo andere Unternehmen ab
einem gewissen Standpunkt vor allem ihre
Investoren glücklich machen und Gewinne
ausschütten, kannte und kennt Amazon nur
einen Weg: Investieren, Investieren und nochmals
Investieren.
Am besten lässt sich dies verdeutlichen, wenn
man die Gewinne den Umsätzen gegenüberstellt
(Zahlen für 2020):
• Amazons Gewinn: 21,33 Milliarden Dollar
• Amazons Umsätze: 386,06 Milliarden Dollar
Diese Politik ist ein zentrales Geheimnis hinter
dem Erfolg des Unternehmens. Wenn über
Jahrzehnte praktisch jeder Cent, der nach
Abzug der Betriebskosten verbleibt, in die Erweiterung
des Unternehmens gesteckt wird,
ist es praktisch ein Automatismus, dass das
Wachstum von Jahr zu Jahr immer steiler
wird und beinahe zur senkrechten Linie
geworden ist. Das Unternehmen zahlt keine
Dividende, dennoch ist sein Erfolg bei den
Teilhabern gigantisch – mit Anleihen, die
mehr als sechs Prozent Zinsen pro Jahr erzielen
und Aktien, die pro Stück deutlich über
2500 Euro kosten und damit zur Weltspitze
der teuersten Wertpapiere gehören. Damit
zeigte Amazon auch, dass seine sehr eigensinnige
Strategie in die richtige Richtung
zielt. Dass es sich absolut bezahlt machen
kann, keinen Spagat zwischen Shareholdern
und Investition einzugehen, sondern alles
auf eine Karte zu setzen. Der Erfolg gibt Bezos
recht: Amazon gehört seit Jahren schon
zu den kostbarsten Unternehmen weltweit.
LOGISTIK express 1/2021 | S40
Die Lehre, dass Langfristigkeit auch im
eCommerce zählt
Schon 1997 schrieb Jeff Bezos in einem Brief
an seine Shareholder einige Worte, die in der
Retrospektive alles erklären:
„Amazon.com uses the Internet to create
real value for its customers and,
by doing so, hopes to create an enduring
franchise […] It’s all about the
long term. We believe that a fundamental
measure of our success will be
the shareholder value we create over the
long term. This value will be a direct
result of our ability to extend and solidify
our current market leadership position.”
It’s all about the long term – es geht nur um
Langfristigkeit. Dahinter verbirgt sich das
Grundmuster, nach dem Amazon bis heute
operiert und ein weiterer Erfolgsgrund. Als das
Internet seinen Siegeszug begann, und noch
lange Zeit danach, schauten viele nur nach
kurzfristigen Erfolgen, nach dem schnellen
Aufblühen eines neuen Unternehmens, mit
dem klaren Ziel, es zeitnah zu veräußern und
sich als Gründer eine millionenschwere Krone
aufzusetzen.
Bezos dachte anders. Er wollte kein Unternehmen
erschaffen, um es anschließend an den
Meistbietenden zu verhökern. Er wollte ein
langfristiges, gesundes Wachstum, war daran
deutlich mehr interessiert, als möglichst viele
Menschen reich zu machen – dass er selbst
derzeit an Platz 2 der reichsten Personen hinter
Elon Musk steht, hat er genau dieser Denkund
Handlungsweise zu verdanken: Am Steuer
bleiben, investieren, das eigene Start-Up
groß machen. Damit zeigte Amazon, dass es
auch in der rasend schnelllebigen digitalen
Welt Erfolg bringen kann, nicht in Monaten
oder Jahren, sondern Jahrzehnten zu denken
und zu handeln.
Ein Triebmotor in Sachen Digitalisierung
Als Amazon.com im Oktober 1995 online ging,
war das World Wide Web seit gerade einmal
zwei Jahren vom CERN für die weltweite
Nutzung freigegeben.
Dementsprechend existierten Ende 1995
lediglich knapp 24.000 Websites (heute
sind es 1,8 Milliarden). Allein schon deshalb
gebührt Amazon die Ehre eines Early Adopters.
Allerdings sind dies nicht die einzigen
Meriten, die das Unternehmen sich
rund um die Digitalisierung verdient hat:
• Das frühe Aufzeigen, dass ein Unternehmen
allein in der digitalen Welt bestehen kann,
dass es keine analogen Ableger mit Ladengeschäften
benötigt.
• Der Nachweis, dass dank Automatisierung
und digitalisierungsgestützter Vereinfachung
sowohl für den Kunden wie den Gewerbetreibenden
zahllose Verbesserungen möglich
sind.
• Die Implementierung von neuen oder fundamental
anders gedachten digitalen Vertriebsmodellen
wie den Dash Buttons, dem
Kindle Tablet oder dem Fire TV.
• Der Vorgabe, wie eine den Kunden bevorteilende
Shop-Website und die dahinterstehende
Customer Journey aufgebaut sein
müssen.
Amazon machte in seinen Logistikzentren vor,
wie KI und Robotik integriert werden können.
Das Unternehmen peitscht zudem regelrecht
Drohnentechnik voran, um diese auch ohne
menschliche Steuerung so zuverlässig wie
möglich zu machen.
Tatsächlich gibt es praktisch keinen Teilbereich
der Digitalisierung, an dem Amazon
keine Teilhabe hätte – wie gesagt, nicht nur
deshalb, weil das Unternehmen einfach sehr
früh loslegte.
Entwicklungshelfer, Lehrmeister der Logistik
Warum entwickelt sich der Mensch weiter?
Weil es immer jemanden gab, gibt und geben
wird, der den Status quo nicht akzeptiert.
Auch Jeff Bezos gehört zu dieser Kategorie.
Als er loslegte, glaubten die meisten Logistiker,
dass es unmöglich sei, Waren rascher als
binnen mehrerer Tage zum Kunden zu befördern
– und dass es für ein Unternehmen
völlig unbeherrschbar sei, deutlich mehr als
höchstens einige Tausend unterschiedliche
Produkte zu bevorraten. Dann befand Bezos,
dass dieser Status quo inakzeptabel sei. In der
Folge justierte Amazon so lange, bis sein Warenangebot
von Jahr zu Jahr stieg – aktuell
verkauft Amazon alleine rund 12 Millionen unterschiedliche
Produkte; werden die Marketplace-Verkäufer
einbezogen, sind es sogar
350 Millionen. 2005 wurde zudem die Welt der
Lieferzeiten auf den Kopf gestellt. Amazon
lancierte seinen Prime-Service und garantierte
für sehr viele seiner Produkte eine Lieferzeit
von maximal zwei Tagen. Heute existiert mit
Prime Now sogar eine Lieferung binnen zwei
Stunden.
Amazon konnte das deshalb, weil das Unternehmen
selbst einen gewichtigen Teil seiner
Umsätze in die Forschungswaagschale warf
und Logistikprozesse so lange optimierte, bis
sie passten. Nachdem man erkannt hatte,
dass nicht jeder Logistikbetrieb in jedem Land
mithalten konnte, begann Amazon selbst,
immer mehr Logistikteilbereiche aufzukaufen
und selbst zu übernehmen: Eigene Packstationen,
eigene Warehouse-Robotik, eigene
Lieferfahrzeuge und aktuell eine immer größere
Flotte eigener Frachtflugzeuge.
Allerdings wirft dieses Vorgehen, so vorteilhaft
es für Kunden auch ist, bereits einen Schatten
auf den Namen – denn Amazon tendiert laut
Kritikern immer stärker dazu, alles, was seine
Taktvorgaben nicht erfüllen kann, früher oder
später in Eigenregie zu erledigen:
„Letztendlich ist es aber nur eine Frage der
Zeit, bis Amazons Paketvolumen so groß
ist, dass man die Zustellung komplett in
die eigene Hand nehmen und damit Geld
verdienen kann. So wie mit allen anderen
Dingen auch, die Amazon bislang anfasste.
Wenn man jedoch die IT günstiger betreiben
kann als Konkurrenten, die Logistik in
die eigene Hand nimmt, die Warenhäuser
mit eigener Roboter-Technik ausstatten und
bei Zulieferer dank schierer Marktmacht
große Rabatte aushandeln kann, welche
Wettbewerbsvorteile könnten dann noch
Konkurrenten ausbilden?“
Goldstandard in Sachen Kundenfreundlichkeit
und User Experience
Bevor die DSGVO eingeführt wurde, war es
bei vielen Onlinehändlern Usus, die Kunden
durch eine regelrechte Spießroute von Eingabezeilen
zu schleusen, bevor es ihnen „gestattet“
wurde, den Kauf abzuschließen. Bis
heute schrecken viele Händler mit weiteren
Praktiken ab:
• Unübersichtliche Seiten
• Limitierte Zahlungsmöglichkeiten
• Unkomfortabler Umtausch bzw. Rückgabe
• Mangelhafte Produktbeschreibungen
Zugegeben, auch bei Amazon ist in dieser
Hinsicht nicht alles Gold – vor allem, was die
oft schlecht übersetzten Produktbeschreibungen
bei Marketplace-Verkäufern anbelangt.
Dennoch muss man sich beinahe fragen, warum
viele Unternehmen trotz dieser eklatanten
Mängel noch bestehen.
Denn Amazon markiert für viele schon seit
Jahrzehnten den Goldstandard dessen, was
B2C-Onlinehandel ausmacht. Auch hierhinter
steckt die Neigung des Unternehmens, seine
Prozesse aufs Feinste auszutarieren bis sie für
den Kunden so komfortabel sind, wie es gegenwärtig
überhaupt möglich ist.
Egal ob es Retouren sind, der Kontakt bei
Problemen oder die möglichen Zahlungsweisen:
Amazon fährt eine konsequente Politik,
wonach der Kunde nicht nur König ist,
sondern eher wie ein Kaiser behandelt wird.
Hinzu kommt, dass dies auch den Marketplace-Verkäufern
hilft. Sie können Amazons
logistische Infrastruktur benutzen, müssen sich
selbst nur noch um wenig kümmern. Das kostet
zwar, sorgt aber auch dafür, dass große
Stücke des Umsatzkuchens bei diesen Händlern
ankommen.
Amazon: Ein Blick auf die dunkle Seite
Dass Amazon fraglos einiges geleistet hat,
wurde bewiesen. Allerdings wurde dies alles
nach Ansicht vieler Kritiker entweder zulasten
anderer erreicht oder sorgte dafür, dass
es sich anderweitig negativ auswirkt. Wo viel
Licht ist, ist meist auch viel Schatten. Dies
gilt auch bei dem ansonsten so strahlenden
Handelsriesen.
LOGISTIK express 1/2021 | S42
Die gefährliche Monopolstellung
Über alle Jahre dieses Jahrtausends zieht sich
ein roter Faden durch die digitale Nachrichtenwelt:
Amazon als Monopolist. Zunächst
wurde davor gewarnt, seit einigen Jahren nur
noch kritisiert.
„Das Ausmaß von Amazons Imperium ist
atemberaubend. Diese Woche teilte das
Unternehmen mit, dass Drittanbieter in
den USA zwischen Thanksgiving und Neujahr
mehr als eine Milliarde Produkte über
den Amazon-Marktplatz verkauft haben.
Der Konzern ist nicht mehr nur ein Online-
Händler, sondern eine eigenständige Volkswirtschaft:
[…]“
Tatsache ist, dass Amazon in vielen Ländern
einen Löwenanteil des eCommerce ausmacht.
2019 beispielsweise machte Amazon
hierzulande mit physischen Waren knapp
10,5 Milliarden Euro Umsatz und somit mehr,
als die restlichen Händler der Top-Ten zusammengenommen.
Mittlerweile gehen Experten
sogar davon aus, dass mehr als die Hälfte aller
deutschen Onlinekäufe via Amazon getätigt
wird – in vielen anderen Ländern sieht es
ähnlich oder sogar noch dramatischer aus.
Selbst unter Einbeziehung der Tatsache, dass
hinter Amazon noch zigtausende Marketplace-Verkäufer
stehen, attestieren Kritiker
ein sehr machtvolles Monopol – zumal Amazon
durch seine verschiedensten weiteren
Vertriebsmodelle auch in weiteren Sektoren
eine beherrschende Stellung innehat.
Kritisiert wird vor allem, dass dies für den Pluralismus
von eCommerce und digitalen Services
definitiv kein Vorteil sei. Dabei kommt
die Kritik nicht nur von Händlern, sondern
auch anderen Größen der digitalen Welt.
Der Aufbau einer eigenen Komplett-Logistik
Schon als Amazon in vielen Ländern den
ansässigen Logistikern seine Vorstellung von
Lieferzeiten, Produktvielfalt und Kosten vorgab,
wurde Kritik laut. Allerdings war dabei
wenigstens eine Teilhabe an diesem riesigen
Erfolg möglich. Durch seine Neigung, immer
mehr Sparten in Eigenregie zu erledigen,
kann sich Amazon jedoch immer besser von
der Notwendigkeit entkoppeln, Dritte zu benötigen.
Das schmeckt vielen nicht: Entweder
durch Aufkauf oder den Aufbau eigener
Wege, entziehe das Unternehmen stückweise
immer mehr Partizipanten ihren Platz an seiner
Seite. Damit würden nicht nur unzähligen
Logistikern die Umsätze geschmälert, sondern
deren Existenz gefährdet – nicht wenige sind
maßgeblich auf Amazon als Auftraggeber
angewiesen, haben zudem beträchtliche Investitionen
deswegen getätigt. Welche Auswirkungen
diese In-House-Konzentration haben
wird, lässt sich kaum abschätzen.
Der Umgang mit Partnern und Händlern
Ebenfalls unter Dauerkritik steht, wie Amazon
mit allen umgeht, die mit dem Unternehmen
zusammenarbeiten.
• Intransparente Verträge
• Haftungsbeschränkungen zuungunsten der
Händler
•.Unbeschränkte und fristlose Sperrungsrechte
gegenüber den Händlern
• Weitgehende Rechteübertragungen
Das sind die Hauptpunkte, die alleine im Rahmen
von kartellrechtlichen Ermittlungen des
Bundeskartellamtes kritisiert, jedoch zusammen
mit anderen Punkten von Amazon abgeändert
wurden. Dennoch steht Amazon
weiterhin von verschiedenen Seiten wegen
seiner Praktiken gegenüber Partnern und
Händlern unter Beschuss. Sie alle aufzuzählen,
würde den Rahmen dieses Kapitels jedoch
sprengen.
Das Arbeitsklima
Dass Amazon als ur-amerikanisches Unternehmen
eine amerikanische Arbeitskultur
betreiben würde, wurde bereits früh kritisiert.
So dauerte es beispielsweise bis 2020, bis in einem
Logistikzentrum in Alabama der erste Betriebsrat
gewählt werden konnte – allerdings
auch erst nach behördlichem Druck.
Deutlich lauter wird jedoch angeprangert,
dass der Handelsriese auch versuche, diese
amerikanischen Praktiken in anderen Nationen
durchzusetzen. Und obwohl der Versandhändler
hierzulande zwar schon seit einigen
Jahren Betriebsräte und Gewerkschaftsmitgliedschaften
zulässt, so weigert er sich doch
is dato, einen Tarifvertrag als Einzelhändler
zu unterzeichnen – trotz diverser Proteste und
Arbeitsniederlegungen. Auch zu den Arbeitsbedingungen
sind die Kritiken zahlreich. Kompakt
zusammengefasst zeigt dies ein Papier,
welches die Gewerkschaft Verdi zusammengestellt
hat:
„Die Kritik an Amazons Geschäftspraktiken
ist umfangreich: Tarifflucht, Dumping-Löhne,
Gewerkschaftsfeindseligkeit, Marktmissbrauch,
Preisdiktate, Verkaufsbehinderung,
Steuervermeidung und Überwachung sind
nur einige Punkte. Nicht nur in Deutschland
steht zudem der Umgang Amazons
mit seinen Beschäftigten in der Kritik. Hoher
Leistungsdruck, untertarifliche Bezahlung,
Überwachung und ein gewerkschaftsfeindliches
Verhalten werden moniert. Jüngst
kam ans Licht, wonach der Konzern in den
USA nach Geheimdienstmitarbeiter*innen
suchte, die die gewerkschaftliche Organisierung
verhindern sollten. Und ein neuer
Bericht schildert im Detail, wie derselbe
Zweck durch permanente Videoüberwachung
und Kontrolle verfolgt wird. Amazon
dementierte. […]
ver.di streikt seit mehr als sieben Jahren für
die Anerkennung des Flächentarifvertrages
des Einzel- und Versandhandels. Amazon
lehnt dies mit der Behauptung ab, kein
Einzelhändler, sondern ein Logistiker zu sein.
Einer tariflichen Vereinbarung in der Logistik
verweigert sich das Unternehmen allerdings
auch.“
Weitere, ständig aktualisierte Kritiken listet zudem
der Amazon Watchblog, der in Deutschland
vom Händlerbund betrieben wird, der
sich als Interessenvertretung des deutschen
eCommerce versteht.
das Unternehmen von der US-Flugaufsichtsbehörde
FAA die Genehmigung, seine schon
seit Jahren entwickelte Flotte von Lieferdrohnen
auch ohne ständigen Sichtkontakt zum
Piloten zu betreiben.
Aus Sicht der Digitaltechnik sind dies alles bemerkenswerte
Meilensteine. Das Problem jedoch,
welches Kritiker sehen, ist, was Amazon
damit bezwecken könnte. Bislang setzte das
Unternehmen all diese Technologien ein, um
seine menschlichen Mitarbeiter zu unterstützen.
Doch wenn die Lagerroboter selbst immer
intelligenter werden, dann könnten Kommissionierer
überflüssig werden. Und wenn
die Drohnen Pakete binnen weniger Minuten
ausliefern, wird auch ein Heer von Auslieferungsfahrern
keine Daseinsberechtigung
haben. Hier sehen viele die Gefahr, dass Amazon
versucht sein könnte, sich in der nächsten
Zeit immer unabhängiger von menschlichen
Mitarbeitern, deren arbeitsrechtlichen Forderungen
und regelmäßigen Gehältern zu
machen.
Zusammenfassung und Fazit
Für die einen ist Amazon die Personifizierung
von allem, was eCommerce ausmacht – und
für manche auch der einzige digitale Shop,
den sie benötigen. Für andere hingegen
ist Amazon die Verkörperung eines riesigen
Monopolisten, der nicht nur Konkurrenten beiseiteräumt,
sondern auch vielen die Luft zum
Atmen nimmt, die gar keine Konkurrenten
sind. Bewerten muss jeder dieses Unternehmen
für sich allein. Fakt ist jedoch, dass der
„kleine Buchhändler aus Seattle“ die Welt verändert
hat, wie kaum ein anderes Einzelunternehmen
jemals zuvor. Dafür muss man nicht
unbedingt Lobeshymnen singen, aber zumindest
einen geschäftlichen Respekt zollen.
(RED)
Die zunehmende „Roboterisierung“
2012 bezahlte Amazon eine Dreiviertelmilliarde
Dollar, um den Lagerroboterhersteller
Kiva Systems zu kaufen. Seitdem fertigt das
Unternehmen eigene Roboter. 2019 folgte
der Kauf eines weiteren Roboterspezialisten,
diesmal Canvas Technology. 2020 bekam
LOGISTIK express 1/2021 | S44
China nach Covid-19: Pandemie
verändert Logistikprozesse
Die Coronavirus-Pandemie hat bereits den Einsatz von Smart Logistics-Technologien
in China beschleunigt. Viele Logistiker setzen auf KI, Big Data, Cloud
Computing, Blockchain und integrierte Logistikplattformen. Die Notfall-Logistik für
Krisensituationen wird effizienter gestaltet. REDAKTION: DIRK RUPPIK
DIRK RUPPIK
JOURNALIST
LOGISTIK EXPRESS
Automatisches Smart
Logistics Centre „Asia
One“ von JD in Shanghai
(Quelle: JD.com)
Der Ausbruch von Covid-19 im November
2019 hat im Land der
Mitte besonders in der Lockdown-
Phase zu großen Beeinträchtigungen
im Bereich der Produktion von Gütern,
des Warenverkehrs und der Logistik geführt.
Auswirkungen der Pandemie im Frühjahr 2019
Laut der Industrial Analytics Plattform der United
Nations Industrial Development Organization
(UNIDO) schrumpfte die Industrieproduktion
durch die Corona-Maßnahmen in
China im Januar und Februar 2020 um -13,5
Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die chinesischen
Exporte sanken im gleichen Zeitraum
um -17,2 Prozent gegenüber 2019. Nicht einmal
während des SARS-Ausbruchs in 2002/
2003 und der Finanzkrise in 2008/ 2009 wurde
ein so extremer Abfall verzeichnet. Allerdings
nahm die Industrieproduktion im April schon
wieder um +3,9 Prozent zu und erreichte im
Dezember 2020 +7,3 Prozent (Bild 1). Durch
die Pandemie-Maßnahmen wurden Lieferketten
zerrissen, weltweit Häfen, der Seeverkehr
und der Personenflugverkehr nahezu
lahmgelegt. Gemäß dem amerikanischen
Journal of Commerce (JOC) wurde im März
2020 durch die Reisebeschränkungen fast die
Hälfte des verfügbaren Luftfrachtvolumens
auf den Trans-Pazifik-, China-Europa- und Europa-Nordamerika-Hauptstrecken
eliminiert.
Zudem stiegen die Luftfrachtpreise stark. Die
Waren kamen zwar noch auf den Umschlagplätzen
in Chinas Häfen an, wurden von dort
aber aufgrund mangelnder Kapazitäten
nicht mehr weiterbefördert. Aufgrund geschlossener
Provinzgrenzen konnten teilweise
Güter von den Fabriken nicht zu den Häfen
befördert werden. In den Fabriken fehlten
220 Millionen Wanderarbeiter, die nach dem
chinesischen Neujahr nicht in die Fabriken zurückkehren
konnten.
Fünf Hauptauswirkungen auf die Logistik
In der Logistik konnten fünf Hauptauswirkungen
der Pandemie beobachtet werden:
ein scharfer Abfall der Logistiknachfrage,
Knappheit an Transportkapazität, die Unterbrechung
des Logistiknetzwerkes, Veränderungen
im Service, Zuwachs bei den Betriebskosten
und der Zahl der verlusteinfahrenden
Unternehmen. Laut der China Federation of
Logistics and Purchasing (CFLP,1) schrumpfte
das Frachtvolumen in der Logistik durch den
Lockdown im Januar/ Februar 2020 um19,8
Prozent gegenüber der Vorjahresperiode auf
4,5 Milliarden Tonnen. Das Frachtvolumen auf
der Straße nahm um -24,8 Prozent ab, wobei
es auf Wasserwegen um -14,8 Prozent fiel.
Gleichzeitig schrumpfte das Luftfrachtvolumen
um -13,8 Prozent, während das Schienenfrachtvolumen
um +1,4 Prozent zunahm.
Die zur Verfügung stehende Transportkapazität
kontrahierte aufgrund des Lockdowns,
Straßensperrungen und fehlenden Arbeitern
in der Logistikindustrie extrem. Aus den gleichen
Gründen brach das Logistiknetzwerk
zusammen. Bei einer Umfrage der CFLP gaben
74 Prozent der befragten 100 Logistikmanager
an, dass durch die Verkehrsbeschränkungen
in der Lockdown-Phase keine
pünktlichen Transportservices durchgeführt
werden konnten. Zudem kamen Unterschiede
in den lokalen Beschränkungen der Transportservices.
Aufgrund des geänderten Konsumverhaltens
und der Verlagerung hin zu
E-Commerce-Plattformen mussten sich die
angebotenen Logistikdienste ebenso anpassen.
Ein Beispiel ist die kontaktlose Lieferung
durch Lieferroboter oder das Abstellen der
Waren an bestimmten Übergabepunkten.
Durch die Knappheit an Fahrern, gestiegenen
Betriebskosten (Desinfektion, ermöglichen
der kontaktlosen Lieferung) und der erhöh-
ten Transportkosten durch die Planungsunsicherheit
bei den Transportwegen, stiegen
die Logistikkosten signifikant. Eine große Zahl
der chinesischen Logistik- und Transportunternehmen
erlitt im ersten Quartal 2020 Verluste.
51,7 Prozent der befragten Unternehmen fuhren
ein Minus ein. Durch die Pandemie, Lockdowns
und andere Corona-Maßnahmen
wurden einige Logistikunternehmen stark in
Mitleidenschaft gezogen und mussten fusionieren
oder Operationen mit anderen Unternehmen
zusammenlegen.
Entwicklung der chinesischen Logistikindustrie
nach Covid-19
Der Einsatz von Smart Technologies und die
gleichzeitige Unterstützung durch die angepasste
Regierungspolitik half die großen
Schwierigkeiten im Logistikbetrieb in der
Lockdown-Phase zu überwinden. In der Post-
Covid-Ära wird sich die Logistikindustrie im
Land der Mitte hauptsächlich aufgrund von
drei Aspekten weiterentwickeln. Die treibenden
Kräfte sind ein Nachfrageüberhang, der
Technologieschub durch Smart Logistics-Anwendungen
und eine aktive Förderungspolitik
der chinesischen Regierung. Auch wenn
die Pandemie große Zerstörungen in der
chinesischen Logistikindustrie angerichtet
hat, bietet sie ebenso große Chancen für
Innovationen und Transformationen. Die Erholung
der internationalen und nationalen
Nachfrage wird graduell zur Genesung des
Logistiksektors im Lande führen. Zunächst
spielt dabei die innerchinesische Nachfrage
die größte Rolle. Der chinesische Inlandsmarkt
und die Kaufkraft der Konsumenten sind in
den letzten Jahren stark gestiegen. Da viele
internationale Märkte von Grenzschließungen
und Lockdowns betroffen sind, wird hier der
Aufschwung noch auf sich warten lassen. Im
Land der Mitte hat sich die sogenannte Smart
Logistics zu einem treibenden Faktor bei der
Transformation der Logistikindustrie entwickelt.
Smart Logistics ist ein Kernelement der Digitalisierung
in der industriellen Wertschöpfung,
wie sie durch das Konzept Industrie 4.0 beschrieben
wird. Sie basiert auf agilen Kooperations-netzwerken
sowie einer organisatorischen
und informatorischen Vernetzung und
ermöglicht intelligente und schlanke Lieferketten.
Die intelligente Steuerung von Supply
Chains ist eine wesentliche Voraussetzung für
die Erschließung der Potenziale neuer digitaler
Technologien (2). Drohnen, intelligente
Paketstationen, Big Data, Cloud Computing,
Blockchain und Künstliche Intelligenz (KI) sind
bereits Schlüsseltechnologien, die in der Logistikindustrie
in China eingesetzt werden.
Die Vorteile der intelligenten Logistik haben
sich während der Covid-19-Pandemie bei
der schnellen Anpassung von Versorgungsketten
an das veränderte Konsumverhalten,
knappe Kapazitäten, veränderte Transportmodi
bzw. -wege und Preise gezeigt. Der Internethändler
JD.Com setzt bereits 28 Smart
LOGISTIK express 1/2021 | S46
Industrieproduktion in
China in 2020 (Quelle:
National Bureau of
Statistics China)
Literatur:
Logistics Centres (Asia One, Bild 2), die zu 90
Prozent automatisiert betrieben werden, ein.
Die automatisierten Logistikzentren sparen Arbeitskräfte
und damit Löhne ein und sind dreimal
effizienter als herkömmliche Lagerhäuser.
Auch Alibaba bzw. Cainiao betreibt ein „unbemanntes“
roboterbetriebenes Lagerhaus
mit der Bezeichnung „Wuxi warehouse“.
Das Smart Logistic Network von Cainiao Logistics
basiert auf KI und dem Internet der
Dinge (IdD). Es soll mithilfe von 100 Millionen
intelligenten Endgeräten wie z. B. Fahrerlosen
Transportsystemen (FTS) Inlandslieferungen
innerhalb von 24 h und internationale Expresszulieferungen
innerhalb von 72 h ermöglichen.
Im Juni letzten Jahres erklärte Cainiao
(3), dass die Anzahl der gecharterten Frachtflüge
nahezu verfünffacht (Ziel: Halbierung
der Transferzeit) und die internationale Lagerhausfläche
auf zwei Millionen m² innerhalb
von drei Jahren verdoppelt werden soll, um
diese Ziele zu erreichen.
1 Weihua Liu , Yanjie Liang , Xing Bao , Juanjuan Qin & Ming K. Lim (2020):
China's logistics development trends in the post COVID-19 era, International Journal
of Logistics Research and Applications, DOI: 10.1080/13675567.2020.1837760
10.1080/13675567.2020.1837760
2 Zsifkovits Helmut, Woschank Manuel, Smart Logistics – Technologiekonzepte und
Potentiale, Smart Logistics – Technology Concepts and Potentials, BHM Berg- und
Hüttenmännische Monatshefte volume 164, pages42–45(2019)
3 Cainiao Smart Logistics Network shaves off delivery times with new investments in
global logistics infrastructure, AJOT, 24 Juni 2020
10.1080/13675567.2020.1837760
2 Zsifkovits Helmut, Woschank Manuel, Smart Logistics – Technologiekonzepte und
Potentiale, Smart Logistics – Technology Concepts and Potentials, BHM Berg- und
Hüttenmännische Monatshefte volume 164, pages42–45(2019)
3 Cainiao Smart Logistics Network shaves off delivery times with new investments in
global logistics infrastructure, AJOT, 24 Juni 2020
Der genannte Ausbau und die Zusammenarbeit
mit Zollabfertigungs-Einrichtungen sowie
das Bevoraten von Produkten kleinerer Händler
in Lagerhäusern soll Internationale Lieferungen
in 100 ausländische Städte innerhalb
von 72 h ermöglichen. Zudem sollen 30000
Postabholzentren in verschiedenen chinesischen
Städten entstehen, die u. a. auch das
kontaktlose Versenden von Paketen und Briefen
ermöglichen sollen. Seit 2013 hat sich der
Wert des chinesischen Smart Logistics-Marktes
von 145,2 Milliarden (18,7 Milliarden Euro) auf
63,3 Milliarden Euro in 2019 erhöht. Während
der Pandemie investieren viele Unternehmen
und auch Logistiker in BIG Data, KI, 5G und
andere Technologien, um die Betriebseffizienz
im Krisenfall zu stärken.
Auch wenn sich der Logistics Performace Index
der Weltbank für China von Platz 28 in
2014 auf Platz 26 in 2018 verbessert hat, muss
die Regierung die Effizienz des Logistiksystem
verstärkt durch eine bessere Regierungspolitik
und mehr gesetzliche Regelungen fördern.
Aus dem Arbeitsbericht der Regierung von
Mai 2020 geht hervor, dass verstärkt in die Implementierung
eines neuen Infrastruktur-Bauprojekts
investiert werden soll und dass die
Logistikindustrie im Land der Mitte in ein neues
Zeitalter der rasanten Entwicklung eintritt.
Bis 2022 ist geplant, ein neues modernes integriertes
Logistiksystem basierend auf Smart
Logistics-Technologien wie KI, 5G und industriellen
IdD aufzubauen. Zudem hat die National
Development and Reform Commission
(Nationale Kommission für Entwicklung und
Reform) in 2020 begonnen weitere Nationale
Logistikhubs zu bauen. Während dem Covid-19-Ausbruch
spielten sie eine bedeutende
Rolle bei der Verteilung von Notfallgütern.
Zudem stellte sich heraus, dass die Integration
von Unternehmen auf Logistikplattformen zur
Bündelung von Ressourcen wie Transportkapazität,
Versorgungsgüter, etc. beim Kampf
gegen die Pandemie extrem hilfreich ist. Die
Integrierten Logistikplattformen bieten die
Zusammenführung von Nachfrage und Angebot
und andere wertschöpfende Services
und werden von allen größeren Logistikern
aufgebaut werden. Die Pandemie wird daher
auch das Notfall-Logistiksystem Chinas
verändern, das durch integrierte Unternehmensplattformen
und eine klarere Hierarchie
effizienter werden soll. (DR)
Logistikreise für den eCommerce
und Omnichannel-Handel
Die Sehen – Lernen – Netzwerken: Unter diesem Motto startet das Institut des
Interaktiven Handels die nächste „Logistik- reise für den eCommerce- und
OmniChannel-Handel“. BEITRAG: REDAKTION
Nach zwei erfolgreichen Logistikreise
mit sehr positiver Resonanz
musste die dritte Reise bedingt
durch die Pandemie verschoben
werden. Vom 15. – 17. Juni 2021 geht es nun
wieder los von Leipzig über Berlin nach Magdeburg
– Ein logistisches Programm mit einem
hohen Grad an Informationen und Erkenntnissen
aus diversen logistischen Abläufen im
Live-Betrieb und einem intensiven Erfahrungsaustausch.
Ein hoher Gesundheitsschutz und die Sicherheit
während dieser Reise werden höchste
Priorität haben. Daher hat das IDIH einen professionellen
Kongress- und Veranstaltungs-service
beauftragt, um die zu diesem Zeitpunkt
geltenden Regeln und Erlasse zum Umgang
mit SARS-CoV-2 sicherzustellen. Selbstverständlich
gelten während der gesamten Fahrt
und auch in den besuchten Unternehmen die
obligatorischen Hygiene- und Abstandsregeln.
Insgesamt 8 Stationen aus dem E-Commerce-,
OmniChannel und Logistikumfeld
stehen in den 3 Tagen auf dem Programm.
Ob B2B, B2C, manueller Lagerbetrieb, Automatisierung
oder auch Robotik - alles ist dabei.
So besuchen die Logistikexperten die
Betriebe von BMW, MakroSolutions, Fressnapf/Avarto,
Mister Spex, Versandapotheke
Aponeo, eComLogistik und das Logistikzentrum
der OTTO-Group. Abgerundet wird die
Tour durch Fachvorträge während der Busfahrten
zwischen den einzelnen Stationen sowie
durch den abendlichen Erfahrungsaustausch
und Fachsimpeln unter den Reisekolleginnen
und -kollegen. Neben den Besichtigungen
wird ein Highlight der abendliche Empfang
in der russischen Botschaft in Berlin, Unter den
Linden sein. Hier bietet sich den Reiseteilnehmern
die Gelegenheit eines Austausches
mit Vertretern der Botschaft, des russischen
Handels- und Wirtschaftsbüros sowie der russischen
Post. Neben Informationen und Vorträgen
zu E-Commerce und Logistik in Russland
sowie den Besonderheiten des grenzüberschreitenden
Verkehrs soll an diesem Abend
auch das Networking nicht zu kurz kommen.
Details der Reise werden präsentiert unter
https://idih.de/ecommerce-logistik-reise-2021/
BERND KRATZ
EMA GMBH - EXECUTIVE
MANAGEMENT ADVISORS,
IDIH - INSTITUT
INTERAKTIVEN HANDELS
GMBH
FOUNDER &
SHAREHOLDER
LOGISTIK express 1/2021 | S48
Reesink Logistic Solutions expandiert
nach Polen und Österreich
Reesink Logistic Solutions (RLS) ist einer der führenden Integratoren von Lagerlösungen
in Europa. Nachdem RLS im Dezember letzten Jahres seine beiden
Hauptgesellschaften unter neuem Namen auf den Markt gebracht hatte, begann
die Organisation mit ihrer europäischen Expansion. So werden heute die
Reesink Logistic Solutions Austria GmbH und die Reesink Logistic Solutions Poland
Sp. z o. o. offiziell als lizenzierte AutoStore-Integratoren für Mittel- und Osteuropa
eingeführt. BEITRAG: REDAKTION
DAS TEAM VON
REESINK LOGISTIC
SOLUTIONS
MARKUS GRABNER
(ÖSTERREICH)
GERT BOSSINK
(NIEDERLANDE)
MACIEJ ORNOWSKI
(POLEN)
AM Logistic Solutions in Deutschland
und Lalesse Logistic Solutions in den
Niederlanden sind Marktführer in
der Integration von AutoStore-Systemen
mit einem Marktanteil von 50 % in der
DACH-Region und 40 % im Bereich Benelux.
Durch den Zusammenschluss der beiden Unternehmen
ist ein noch stärkerer Anbieter von
Lagerlösungen insbesondere für den schnelllebigen
Einzelhandelsmarkt entstanden.
„Diese Expansion ist eine natürliche Entwicklung
für uns. Wir versuchen, flexibel für die
Bedürfnisse des Marktes zu bleiben. Deshalb
scheint die Expansion nach Polen und Österreich
ein richtiger nächster Schritt zu sein,
sowohl für unser Geschäft, als auch, was am
wichtigsten ist, für das unserer potenziellen
Kunden in diesen neuen Märkten“, so Gert
Bossink, Division Director von Reesink Logistic
Solutions.
Die aktuellen Entwicklungen in der europäischen
Wirtschaft aufgrund der COVID-19-Pandemie
haben die bereits genannten „Industrie
4.0“-Ziele noch verstärkt und den Weg für vollautomatisierte
Lager sowie die weitere Digitalisierung
geebnet. Nie zuvor war die Frage
präsenter, wie sich die Auftragserfüllung so optimieren
lässt, dass man dem Endverbraucher
Next-Day-Delivery-Dienstleistungen anbieten
kann. Und eine der wirkungsvollsten Lösungen
hierfür ist ein gut funktionierender Materialfluss
im Lager. „Die Erhöhung des Durchsatzes und
der Lagerdichte bei gleichzeitiger Sicherung
des Bestands und optimaler Nutzung von
Zeit und Raum innerhalb des Lagers ist heutzutage
definitiv die größte Herausforderung.
Und die beste Antwort bleibt bis heute das
AutoStore-System, das all diese Probleme
durch Anwendung des Ware-zur-Person-Prinzips
löst. So sind nicht nur die Bestände sicherer,
sondern auch die Mitarbeiter und Lagerprozesse“,
ergänzt Gert Bossink.
Ein starker Anker in Österreich
Deshalb hat sich Reesink Logistic Solutions
dazu entschlossen, seinen Horizont zu erweitern
und sein umfangreiches Know-how auch
in anderen europäischen Ländern zu teilen.
Eine erste und natürliche Wahl war Österreich,
wo Markus Grabner nun Senior Sales
Manager bei Reesink Logistic Solutions Austria
ist. Er hat großes Vertrauen in diese Expansion:
„Ich bin zuversichtlich, dass unsere Verankerung
auf dem österreichischen Markt für Lagerlösungen
die Bestrebungen des Landes in
Sachen Automatisierung und Digitalisierung
beschleunigen wird. Das AutoStore-System
ist auf dem Kleinteilemarkt wirklich unschlagbar.
Aber erst Planung, Aufbau und Wartung
durch einen zuverlässigen und kompetenten
Partner fördern die höchste Effizienz dieses
fantastischen Werkzeugs zutage.“
Der richtige Partner zur richtigen Zeit
Während Österreich die Vorteile eines AutoStore-Systems
für die Kleinteillagerung bereits
zu schätzen weiß, steht dieses Phänomen in
Polen noch in den Startlöchern. Maciej Ornowski,
Geschäftsführer von Reesink Logistic
Solutions Polen: „Polen ist ein Hightech-Land
und die Menschen hier sind sehr begeistert
von technologischen Durchbrüchen, daher
freue ich mich wirklich sehr über den Einstieg
in den polnischen Markt mit dem AutoStore-
System. Dieses Produkt ist technisch tadellos –
intelligent, schnell und einfach skalierbar. Und
die Tatsache, dass der ROI sogar unter vier
Jahren erreicht werden kann, macht es auch
aus geschäftlicher Sicht äußerst attraktiv. Daher
bin ich sehr optimistisch darüber, wie es
der Markt aufnehmen wird.“
Das Team von Reesink Logistic Solutions (von
links nach rechts): Markus Grabner (Österreich),
Gert Bossink (Niederlande), Maciej
Ornowski (Polen)
Über Reesink Logistic Solutions
Reesink Logistic Solutions ist Teil von Royal
Reesink und gehört zu den Top 3 AutoStore-Integratoren
weltweit mit fast 100 erfolgreich
ausgelieferten AutoStore-Projekten. Die
Organisation konzentriert sich auf die Einhaltung
höchster Qualitätsstandards und bringt
gleichzeitig einzigartige Lösungen in jedes
Projekt ein, indem sie eine maßgeschneiderte
Planung und eine ordnungsgemäße Integration
des AutoStore-Systems in jedes Lager
implementiert. Mit fundiertem Wissen und
langjähriger Erfahrung können die RLS-Unternehmen
die Anbindung an jedes beliebige
ERP/WMS-System unterstützen oder ihre eigene
maßgeschneiderte SPS-Software namens
LogiCS implementieren.
Das AutoStore-System wird mit Hilfe dieser
brandneuen und intuitiven LogiCS-Benutzeroberfläche
optimal eingesetzt. Sie revolutioniert
den Markt mit einem frischen Ansatz
und der „Weniger ist mehr“-Philosophie. 24/7
Service und Wartung stehen für alle Kunden
bereit, was die RLS-Unternehmen zu einem
sehr zuverlässigen und jederzeit verfügbaren
Partner macht. Die RLS-Gesellschaften haben
erfolgreiche Projekte für Kunden wie Lufthansa,
Siemens, Bosch Rexroth, UPS, PostNL,
Patrick, L-Shop, Knauf, Campina und Roto
Frank durchgeführt.
Über Royal Reesink
Royal Reesink ist als Händler und Dienstleister
in den Bereichen hochwertige Maschinen,
Komponenten und Dienstleistungen für
die Landwirtschaft, die Landschaftspflege,
den innerbetrieblichen Transport, die Lagerhaltung
und den Tiefbau marktführend. Das
234 Jahre alte niederländische Unternehmen
verfügt über eine solide Basis in den Niederlanden
und eine starke internationale Präsenz
mit 36 Tochtergesellschaften weltweit. (RED)
LOGISTIK express 1/2021 | S50
Dematic automatisiert Ersatzteillager
von Röthlein Logistik
Schnelle Reaktionszeiten, eine punktgenaue Zustellung rund um die Uhr: Ersatzteillogistik
gehört zu den anspruchsvollsten Aufgaben für einen Logistikdienstleister,
denn sie ist ein wahrer Balanceakt. BEITRAG: REDAKTION
Wenn ein Ersatzteil gebraucht wird, bedeutet
dies beim Landwirt Alarmstufe Rot. Maschinen
stehen still und es kommt zu Betriebsausfällen.
Jede Minute kostet Unternehmen bares Geld.
Daher ist die Lieferung von Ersatzteilen immer
ein Wettlauf gegen die Zeit. Insbesondere in
der Landwirtschaft, die wie kaum eine andere
Branche saisonal geprägt und von äußeren
Bedingungen wie dem Wetter abhängig ist,
können selbst kurze Verzögerungen über Erfolg
oder Misserfolg der Ernte entscheiden.
Punktgenau muss jede Maschine Höchstleistungen
vollbringen. Röthlein Logistik hat es sich
deshalb zur Aufgabe gemacht, Ersatzteile für
die Agrarindustrie möglichst schnell zu liefern.
DEMATIC AUTOMATISIERT
RÖTHLEIN LOGISTIK GMBH
Unternehmen müssen stets die Waage
zwischen schnellen Lieferungen
und den Kosten für Lagerung und
Versand der Komponenten halten.
Dieser Herausforderung stellt sich die Röthlein
Logistik GmbH, ein Joint Venture der BayWa
AG und der Schäflein AG. Das Unternehmen
hat sich auf die Ersatzteillogistik in der Landwirtschaft
spezialisiert und liefert – im Notfall
– sogar innerhalb von nur einer Stunde die
benötigten Teile an seine Kunden. Der Logistikdienstleister
hat dafür eine 14.000 Quadratmeter
große Multi-User-Anlage in Röthlein bei
Schweinfurt in Betrieb. Dort lagert das Unternehmen
die Ersatzteile, während es gleichzeitig
sämtliche E-Commerce-Bestellungen
abgewickelt. Damit alle Komponenten innerhalb
kürzester Zeit beim Kunden ankommen,
hat der Intralogistikspezialist Dematic das Logistikzentrum
mit einer maßgeschneiderten
Automatisierungslösung ausgestattet.
Das Sortiment des Logistikdienstleisters reicht
dabei vom grammleichten Ring bis zum
tonnenschweren Mähbalken eines Mähdreschers.
Um die rund 96.000 verschiedenen
Ersatzteile fachgerecht unterzubringen, hat
Röthlein Logistik verschiedenste Lagerarten in
seine Multi-User-Anlage integriert. Den Großteil
nehmen ein Fachbodenlager mit 60.000
Stellplätzen und ein Automatisches Kleinteilelager
(AKL) mit 18.000 Behältern ein. Darüber
hinaus bietet ein Multishuttle-System Platz für
4.560 Behälter, das 10,5 Meter hohe Palettenhochregallager
umfasst 6.000 Stellplätze,
das Wabenlager weitere 10.000. Etwas weniger
groß, aber nicht minder wichtig sind das
Scheibenlager mit 800, ein Kragarmlager mit
200, ein Kabeltrommel- und Ablänglagerregal
mit 32 bzw. 400 Stellplätzen sowie ein Gefahrstofflager
mit 360 Aufnahmepositionen.
Hinzu kommt ein 1.500 Quadratmeter großes
Blocklager.
Automatisierungslösung steigert Warenumschlag
um das Vierfache
Damit der Materialfluss reibungslos ineinander
greift, ist das Logistikzentrum von Röthlein Logistik
umfassend mit Automatisierungstechnik
von Dematic ausgerüstet. Die maßgeschneiderte
Lösung besteht aus einem dreigassigen
Miniload-AKL mit drei Dematic-RapidStore-Regalbediengeräten
zur vierfachtiefen
Behälterein- und Auslagerung. Hinzu kommt
ein Dematic-Multishuttle-System mit 20 Shuttles,
das als Pufferlager dient. Dank ihrer hohen
Geschwindigkeit lagern die Shuttles bis zu
1.200 Artikel pro Stunde ein und aus.
Sechs Ware-zur-Person-Kommissionierplätze,
die mit einem Pick-to-Light-System ausgestattet
sind, und zwölf kombinierte Arbeitsplätze
für den Warenein- und -ausgang komplettieren
die Anlage. Für die Kommissionierung in
den manuell betriebenen Lagerbereichen
hat der Intralogistikspezialist zudem neun
mobile Arbeitsstationen installiert. Verbindendes
Element zu den Lagern ist die automatisierte
Fördertechnik Dematic Modular
Conveyor System (MCS). „Mit der Automatisierungslösung
von Dematic haben wir unseren
Warenumschlag um das Vierfache gesteigert“,
bilanziert Michael Hunstock, Leiter
des Logistikzentrums von Röthlein Logistik.
Im Wareneingang werden pro Tag heute
durchschnittlich 1.000 Positionen abgewickelt,
im Warenausgang sogar 5.900. Zuvor
liefen viele Prozesse manuell ab – zum Beispiel
in zwei Außenlagern in Schweinfurt, die
Röthlein Logistik nun in die Multi-User-Anlage
integriert hat.
Service überzeugt
Einer der Hauptgründe für die Automatisierung
des Materialflusses lag laut Hunstock
darin, Ersatzteillieferungen noch schneller
und exakter durchführen zu können.
„Dematic lieferte uns hierfür die komplette
Technik aus einer Hand“, sagt er. „Neben
dem Preis-Leistungs-Verhältnis hat uns vor allem
das umfangreiche und zuverlässige Serviceangebot
von Dematic überzeugt.“ Schließlich
garantiert Röthlein Logistik selbst seinen
Kunden einen 24-Stunden-Service an sieben
Tagen in der Woche. Wer bis 16 Uhr bestellt,
dessen Auftrag verlässt noch am selben Tag
das Logistikzentrum. Bei sogenannten Sammelaufträgen
mit einem größeren Volumen
vereinbart das Unternehmen mit dem Kunden
im Vorfeld einen festen Liefertermin.
„Unsere sofortige Lieferfähigkeit liegt dank
unseres breit gefächerten Lagerbestands
bei 97,8 Prozent“, erzählt Hunstock. „Diese
Kunden- und Serviceorientierung erwarten
wir auch von unseren Dienstleistern – bei Dematic
ist sie garantiert.“
Heute verlassen täglich bis zu 2.230 Versandstücke
das Logistikzentrum in Röthlein. Für die
schnelle Zustellung an den Kunden nutzt der
Ersatzteillogistiker unterschiedliche Wege:
den Nachtexpress-, Speditions- und Paketversand
sowie Kuriere. Auch Selbstabholung ist
möglich. „Dadurch sind wir für jede Anfrage
und jeden Kundenwunsch gewappnet“, sagt
Hunstock.
Software als Wegbereiter für den Erfolg
Dreh- und Angelpunkt für die Leistung der
Automatisierungslösung ist die passende Software.
Bei Röthlein Logistik hat Dematic für
die Steuerung der Anlage und des gesamten
Materialflusses die Software SAP Extended
Warehouse Management (EWM) mit Materialflusssystem
(MFS) installiert, welche ohne
Middleware direkt an die Mechatronik angebunden
ist.
LOGISTIK express 1/2021 | S52
Alle Automatisierungssysteme sind digital vernetzt.
Für die gesamte Kontrolle und Steuerung
des Auftragsdurchlaufs hat Röthlein Logistik
einen eignen Control Tower. Mithilfe der
Software stellen die Mitarbeiter des Ersatzteillogistikers
dort sicher, dass bei der Lagerung
und dem Transport der Waren alle Prozesse
optimal aufeinander abgestimmt sind. „Unser
Konzept sieht ein proaktives Supply Chain
Management vor“, betont Hunstock. „Die
Softwarelösung von Dematic unterstützt uns
dabei.“ Dafür gibt sie beispielsweise automatisch
Auskunft über die Lagerauslastung und
hilft beim Monitoring sämtlicher intralogistischer
Prozesse.
Expansion mitgedacht
Röthlein Logistik ist auf Wachstum und noch
umfangreicheres Materialhandling vorbereitet:
Denn das Gewerbegebiet in Röthlein,
in dem die Multi-User-Anlage steht, bietet
enormes Expansionspotenzial. In der nächsten
Ausbaustufe ist geplant, das Logistikzentrum
um weitere 9.000 Quadratmeter zu
erweitern. „Dort hätten wir dann die Möglichkeit,
ein Hochregallager zu installieren“,
sagt Hunstock. Bereits im vergangenen Jahr
hat Röthlein Logistik in dem Gewerbegebiet
ein zusätzliches, 10.000 Quadratmeter umfassendes
Reifenlager in Betrieb genommen.
Doch nicht nur flächentechnisch ist das Logistikunternehmen
auf das weitere Wachstum
vorbereitet. Auch die Automatisierungslösungen
von Dematic lassen sich problemlos bei
laufendem Betrieb erweitern. So kann das
AKL beispielsweise mit wenigen Handgriffen
um drei Gassen erweitert werden. „Die Skalierbarkeit
der Dematic-Systeme bietet uns
die Möglichkeit, diese genau auf die Anforderungen
unseres Geschäfts anzupassen“,
resümiert Hunstock. (RED)
Über Dematic:
Dematic ist ein Intralogistik-Innovator, der
intelligente, automatisierte Lösungen für
Fertigungs-, Lager- und Vertriebsumgebungen
entwickelt, baut und betreut. Zum
Kundenstamm gehören einige der weltweit
führenden Marken, die mit Installationen
von Dematic die Zukunft des Handels vorantreiben.
Das globale Dematic Netzwerk
mit Entwicklungszentren, Produktionsstätten
und Servicestandorten mit 10.000 Mitarbeitern
in mehr als 25 Ländern hat mit dazu
beigetragen, mehr als 6.000 Kundeninstallationen
zu realisieren. Dematic mit Sitz in
Atlanta, Georgia, USA, ist ein Unternehmen
der KION Group, einem der weltweit führenden
Anbieter von Flurförderzeugen und
Supply-Chain-Lösungen, sowie ein führender
Anbieter von Lagerautomation.
LOGISTIK express 1/2021 | S54
Von digital bis nachhaltig. Die sechs
wichtigsten Logistiktrends 2021
In der Wirtschaft hat sich in den letzten Jahren viel geändert: Stichworte sind
Industrie 4.0 und Handel 4.0. Dazu gehören unter anderem immer kürzere Produktentwicklungszyklen,
die Zunahme von Just-in-Time- und Kleinstserien-Fertigung
sowie ein weiteres Voranschreiten der Arbeitsteilung – über Unternehmensund
Ländergrenzen hinweg. BEITRAG: REDAKTION
ein steter Datenaustausch in Echtzeit, der zeitund
ortsunabhängige Zugriff auf die Informationen
sowie eine hohe Transparenz über alle
Prozessstufen hinweg.
CHRISTOPH TRIEBEN
SAP-CONSULTING
ARVATO
All diese Entwicklungen stellen die
Unternehmenslogistik vor neue
Herausforderungen. Sie muss sich
nahtlos in die Supply Chain mit
ihren immer enger getakteten Schritten integrieren,
hochgradig automatisiert ablaufen
und dabei dem Umwelt- und Klimaschutz
Rechnung tragen. Auch die Logistik befindet
sich in einem fundamentalen Wandel, wie
die folgenden sechs Trends unterstreichen.
Logistik goes digital
Die Digitalisierung sowohl der Lager- als auch
der Transportlogistik ist in vollem Gange –
und wird sich 2021 fortsetzen. Es geht darum,
sämtliche Liefer- und Logistikvorgänge digital
zu steuern, damit sie gleichzeitig flexibler zu
handhaben sind und kosteneffizienter werden.
Die internen und externen Prozessteilnehmer
gilt es, in einer interaktiven Supply Chain miteinander
zu vernetzen, sodass sie bei Bedarf
eingreifen können. Voraussetzung dafür sind
Lohndienstleister auf dem Schirm haben
Subcontracting ist im produzierenden Gewerbe
gang und gäbe. Beispielsweise um Lastspitzen
abzufangen oder um Spezialkompetenzen
des Dienstleisters zu nutzen. Auch hier
kommt es immer mehr darauf an, agiler zu reagieren
und Unterbrechungen zu vermeiden.
Hersteller sind deshalb darauf angewiesen,
alle relevanten Informationen, beispielsweise
die Fertigungsfortschritte beim Lohndienstleister,
in Echtzeit zu erhalten. Etwa, indem man
den Subcontractor über ein cloudbasiertes
Tool in das eigene Logistikmodul einbindet.
Der ökologische Fußabdruck rückt stärker in
den Fokus
Umwelt- und Klimaschutz sind mittlerweile
wichtige Entscheidungskriterien für Kunden.
Unternehmen werden daher ihre Logistikprozesse
nicht nur modernisieren, um Kosten zu
senken, sondern auch, um damit zu werben.
Denn besser aufeinander abgestimmte Transportwege
bedeuten weniger Leerfahrten und
eine optimierte Streckenführung. In der Folge
sinkt die Verkehrsbelastung – die Reduzierung
von Abgasen, CO2-Ausstoß und Energieverbrauch
inklusive.
Mit Logistics Experience punkten
Sehr erfolgreiche Online-Händler zeichnen
sich zumeist durch einen hochwertigen Lieferservice
aus. In ihrem Arbeitsalltag erwarten diese
E-Commerce-Kunden – dann als B2B-Kunden
– zunehmend die gleiche Betreuung in
Form einer optimalen Logistics Experience.
Der smarte Kollege kommt ins Team
Über elektronische Logistikprozesse entstehen
enorme Datenmengen, die sich auf herkömmliche
Weise nicht auswerten lassen. Es
bedarf daher einer Software-Lösung, die auf
KI (künstliche Intelligenz) basiert: Sie ist in der
Lage, in Echtzeit große Datenmengen zu erfassen,
anzureichern sowie zu analysieren.
Zudem erkennen smarte Tools Zusammenhänge
oder Muster in den Daten und liefern
sehr zuverlässige Prognosen für künftige Entwicklungen.
Die Welt der
nachhaltigen
Logistik
Intra- und Transportlogistik verschmelzen
Durch den akkuraten Abgleich beider Bereiche
werden sowohl Produzenten als auch
Handelsunternehmen ihre Lagerbestände
auf das exakt benötigte Maß reduzieren und
die Umschlagsgeschwindigkeit erhöhen. Gehen
nur die genau benötigten Mengen an
Materialien oder Produkten „just in time“ auf
die Reise, dann verschlanken sich die Vorgänge
in der Intralogistik deutlich. Eine Zwischenlagerung
samt den nötigen intralogistischen
Schritten entfällt.
Win-Win-Situation für alle
Die fortschreitende Digitalisierung und die damit
verbundenen Anforderung an Unternehmen
machen vor dem Logistikbereich nicht
halt. Im Gegenteil: Hier bieten die technologischen
Möglichkeiten besonders große Hebel,
um effizienter und nachhaltiger zu wirtschaften.
Diplom-Kaufmann Christoph Tieben arbeitet
seit fast 20 Jahren im SAP-Umfeld. Mehr Informationen
zu den aktuellen Tendenzen hin zu
Logistik 4.0 finden sich in der Checkliste „Die 6
wichtigsten Trends in der modernen Logistik“.
http://bit.ly/3jSV0M2 (RED)
• logistik-express.com
• binnenschiff-journal.at
• umwelt-journal.at
• transportlogistik.business
• ecommerce-logistik.business
• mobilitaet.business
• mylogistics.business
m.jaklitsch@logistik-express.at
LOGISTIK express 1/2021 | S56
2021 – European Year of Rail
Das Europäische Jahr der Schiene ist ausgerufen. Gemeint ist wahrscheinlich der
gesamte Bahnverkehr auf der Schiene.
REDAKTION: PETER BAUMGARTNER
durch den schwimmenden Christo-Steg kulturelle
Berühmtheit erlangte, fuhr ein Trajekt sogar
bis 1999. Vereinzelt schwimmen Waggons
noch immer über das Wasser – eher auf Meerwasserstraßen
allerdings und weniger auf Binnengewässern.
Der Begriff „Hafenbahnhof“
ist inzwischen aber aus dem allgemeinen
Eisenbahnvokabular verschwunden und die
Binnenschifffahrt ist für die Bahnbetreiber maximal
noch unliebsamer Mitbewerber.
PETER BAUMGARTNER
HERAUSGEBER
BINNENSCHIFF-JOURNAL
LOGISTIK EXPRESS
Schade eigentlich, denn ginge es
nur darum, die öffentliche Aufmerksamkeit
auf die Schiene zu lenken,
könnte die Binnenschifffahrt wenigstens
einen kleinen Beitrag zum Gedenkjahr
beisteuern. Wenig bekannt ist nämlich, dass
Binnenschiffer ein besonderes Naheverhältnis
zur Bahn haben und nicht wenige Kapitäne
spielen gerne mit der Modelleisenbahn.
Schienen sind auch quasi die Geburtshelfer
eines jeden Schiffes, wenn es die Werft verlässt
und erstmals vom Stapel läuft. Schiffe,
die auf Schienen fahren, haben auch eine
lange Tradition bei der Überwindung topographischer
Hindernisse. Vereinzelt gibt
es sie heute noch. Größte Aufmerksamkeit
erregte ein „Schiffseisenbahn“-Projekt 1881
das zum Ziel hatte, Schiffe auf Schienen
über den Isthmus von Tehuantepec zu transportieren
und so eine Verbindung zwischen
Pazifik und Golf von Mexiko zu schaffen.
Eine lange Geschichte haben auch Schiffe
mit Schienen, auf denen Waggons über das
Wasser fahren können. Vor über 150 Jahren
gab es zwischen Eisenbahn und Binnenschifffahrt
sogar so etwas, was man heutzutage
strategische Kooperation nennen würde. Zwischen
Friedrichshafen und Romanshorn wurde
die erfolgreiche Trajektschifffahrt erst 1976
eingestellt. Auf dem Iseosee in Italien, der
Dabei hätte die Bahn allen Grund, einen Teil
des Ehrenjahres mit der Binnenschifffahrt zu
teilen, denn die aktuelle Popularität verdankt
die Bahn nicht ihrer Leistung, sondern der
sinnbefreiten Verkehrspolitik. Der Masterplan
Binnenschifffahrt sieht zum Beispiel vor, dass
die Wasserstraße verstärkt für Schwergut- und
Großraumtransporte genutzt werden soll. Das
hindert die Bahn aber nicht daran, parallel
zur Wasserstraße zum Beispiel Windenergieanlagen
zu transportieren. Und voller Stolz berichtet
die Bahn, dass sie in eineinhalb Monaten
schon 1680 Tonnen transportieren konnte
– so viel wie ein einziges Schiff auf derselben
Strecke an einem Tag transportiert. Vielleicht
schaut die Verkehrspolitik da deshalb tatenlos
zu, damit sie immer wieder mit freien Kapazitäten
auf der Wasserstraße werben und
gleichzeitig über Transportzuwachs auf der
Schiene schwadronieren kann.
Seit 2020 ist Sigrid Nikutta bei der DB Cargo
Vorstandsvorsitzende. Ihr Motto für den Job
„Wir fahren alles“ schreit förmlich nach einem
Regulativ, weil offensichtlich der Gesamtüberblick
fehlt, den man auf der obersten Managementebene
erwarten darf. Abgesehen
vom Flugzeug kann man davon ausgehen,
dass die Bahn unter den Landverkehrsträgern
der Mercedes ist. Rechnet man die Subventionen
für die Bahn hinzu, dann sowieso. Würden
Sie mit so einer Limousine Zementsäcke
führen? Nein, denn mit Vernunft gesegnet
sollte man jeden Verkehrsträger das machen
lassen, was er am besten kann.
An dieser Stelle muss man der Wahrheit zuliebe
sagen, die Verkehrspolitik und das Bahnmanagement
ist nicht allein verantwortlich für
das desaströse Abschneiden der Bahnlogistik.
Einen erheblichen Anteil am unhaltbaren Zustand
hat die Raumordnung und die Industrieansiedlungspolitik.
Eine Schlüsselpolitik, die
vielerorts kleinen Kommunen überlassen wird,
deren Ortsvorsteher mit der enormen Gesamtverantwortung
heillos überfordert sind. Immer
wieder werden Industrieanlagen auf die grüne
Wiese gestellt, nur weil der Bürgermeister
die „besseren Argumente“ gehabt hat.
Da wird zum Beispiel das „größte Werk Europas
für Solarpanele“ mitten ins Dorf gestellt.
Die vorhandene Verkehrsinfrastruktur besteht
aus einer zweispurigen und als gefährlich
eingestuften Landstraße, einer eingleisigen
Nebenbahnstrecke für den Personenverkehr
mit vielen unbeschrankten Bahnübergängen
und einem Forellenbach. Dabei ist es nicht
so, dass die Betreiber vor Ort nicht auch eine
perfekte Verkehrsinfrastruktur vorgefunden
hätten. Nein, nur sechs Kilometer vom Projektstandort
entfernt gibt es ein voll aufgeschlossenes
Industriegebiet mit direktem Anschluss
an die Schnellstraße und Autobahn und einen
direkten Zugang zum internationalen Bahnnetz.
Selbst ein Flughafen ist über die Schnellstraße
in weniger als 30 Minuten zu erreichen.
Aber nein, niemand hat dem bösen Treiben
Einhalt geboten und so wird tagtäglich quer
durch Europa sinnlose Ansiedlungspolitik mit
den bekannten Folgen betrieben. Da sind
selbst die besten Bahnmanager machtlos.
Es geht auch anders: In der Schweiz gibt es
beim Bahnausbau zwingend eine enge Abstimmung
mit der Raumplanung.
Diesbezüglich geht es der Binnenschifffahrt
in vielen Ländern übrigens nicht besser. Gelegentlich
werden Industrieansiedlungen
sogar in Sichtweite einer Wasserstraße getätigt
– aber ohne direkte Umschlagmöglichkeit.
Man fragt sich, wann irgendwer für
diese horrende Vergeudung von Volksvermögen
verantwortlich gemacht wird. Allein
in Deutschland stellt das System Wasserstraße
ein Anlagevermögen von rund 50 Milliarden
Euro dar. Aber nicht nur dass die Schiffe diese
Infrastruktur vielerorts schlecht nützen, für die
Raumplanung scheint dieses Vermögen gar
nicht zu existieren.
Abgesehen von der fehlenden Bereitschaft
verkehrsvermeidende Maßnahmen zu setzen,
ein Verkehrsträger übergreifender Denkfehler,
der bei Richtigstellung vielleicht zum
größten Klimaerfolg führen könnte, ist der
„freie Warenverkehr“ in der Union. Hier wird
unwidersprochen ein Begriff schlicht und ergreifend
falsch ausgelegt und stillschweigend
akzeptiert. Niemand stellt in Abrede, dass
die Abschaffung der Zölle, die Aufhebung
von Mengenbeschränkungen oder der freie
Zugang zum Markt nicht der Gemeinschaft
dienlich sein soll. Der Denkfehler besteht vielmehr
darin, dass der freie Warenverkehr nicht
automatisch die freie Wahl der Verkehrsmittel
bedeutet. Denn genau daraus resultiert, dass
der Grundsatz vom Schutz der öffentlichen
Gesundheit nicht gewährleistet werden kann.
Wer diese Fakten ignoriert, verweigert die Erkenntnis,
dass uns die bisherige Verkehrspolitik
genau dahin gebracht, wo wir nicht sein sollen.
Ohne diese Erkenntnis sind wir aber jetzt
gezwungen, mit untauglichen (und kostspieligen)
Mitteln etwas zu verändern, was so nicht
veränderbar ist. Auf die Gefahr hin, dass man
im Gedenkjahr zum Spielverderber ernannt
wird, man muss ganz klar sagen, diese Verkehrspolitik
ist ein Race to the bottom. Weit
kann es nicht mehr sein und anscheinend will
da jeder als Erster unten ankommen. (PB)
LOGISTIK express 1/2021 | S58
Nasse Logistik: Eine Rückschau auf
das Corona-Jahr 2020
2020 – was für ein Jahr! Wer kam nur auf die absurde Idee, diesem Jahr eine
Krone aufzusetzen (Corona = Krone)? Zig andere, weniger schmeichelhafte
Bezeichnungen, würden wohl besser passen. REDAKTION: PETER BAUMGARTNER
PETER BAUMGARTNER
HERAUSGEBER
BINNENSCHIFF-JOURNAL
LOGISTIK EXPRESS
Es war ein Jahr, das alle Prognosen
über den Haufen geworfen hat. Ein
Jahr, dessen sich rasch ändernden
Entwicklungen weder kurz- noch
langfristige Prognosen zugelassen hat. Und es
war ein Jahr, dass in seinen vielfältigen Auswirkungen
nicht am 31. Dezember endete.
Ohne Prophet spielen zu müssen, kann man
risikolos sagen, schnell wird sich das Leben
2021 – wenn überhaupt – nicht normalisieren.
Zu groß sind die Verwerfungen in weiten Teilen
der Gesellschaft. Vielleicht wird man den
ganzen Umfang der Ereignisse erst in einigen
Jahren abschließend analysieren können.
Wir sind also gut beraten, die positive Erwartungshaltung
nicht übermäßig zu strapazieren.
Sonst könnte 2021 leicht wieder ein
Jahr der Überraschungen werden. Und weil
niemand wirklich weiß, wie sich die Pandemie
noch entwickeln wird, sollten wir uns darauf
konzentrieren, wie wir den Kampf gegen das
wirtschaftliche und gesellschaftliche Desaster
überleben und gewinnen können. Also die
richtigen Lehren aus der Erfahrung ziehen.
jeder Einzelne von uns gerade befindet, für
unser Leben und Wirtschaften eine Kursänderung
vornehmen – und zwar radikal.
2020 hat in der Schifffahrtswirtschaft generell
gezeigt, egal ob im Schiffbau oder an Bord,
die europäische Gemeinschaft wurde nicht
dazu geschaffen, um ungleiche Arbeits- und
Sozialverhältnisse zu beseitigen. Die Europäische
Union hat offensichtlich vielmehr den
Zweck, osteuropäische „Verhältnisse“ als
verlängerte Werkbank zu nutzen und entsprechende
Vorteile zum Nachteil der dortigen
Menschen daraus zu ziehen. Dabei spielt
es anscheinend gar keine Rolle, ob Länder
wie die Ukraine oder Serbien Teil der EU sind
oder nicht. Die postkolonialistischen Tentakel
der EU finden ihre Opfer auch jenseits geographischer
Grenzen. Dreh- und Angelpunkt
dabei ist ebenfalls ein Land, das nicht zur EU
zählt. Die Schweiz. Die Schweiz als Festung für
Glücksritter jedweder Branchenvertreter der
ganzen Welt, erledigt für Europa die Drecksarbeit,
damit die „Gemeinschaft“ ihre Hände
in Unschuld waschen kann.
Der meist geäußerte Neujahrswunsch 2021
war wohl, es möge ein besseres Jahr werden,
als 2020. Paradoxerweise hat die Gesellschaft
es eh zu einem Gutteil selber in
der Hand, ob dieser Wunsch in Erfüllung
geht oder nicht. Schaut man aber etwas
weiter über 2020 hinaus zurück, schwindet
die Hoffnung, dass wir in der Lage sind, die
Zukunft entscheidend verbessern zu können.
Der zweitmeiste geäußerte Neujahrswunsch
war nämlich, wir wollen zurück zur „alten Normalität“.
Und genau das klingt im Rückblick
auf 2020 wie eine gefährliche Drohung. Wenn
wir kein 2020 mehr haben möchten, dann
darf es keine „alte Normalität“ mehr geben.
Dann müssen wir, egal in welcher Ecke sich
Schon zu Beginn der Pandemie berichtete die
serbische Gewerkschaft Asocijacije slobodnih
i nezavisnih sindikata (ASNS) unter Berufung
auf Vojvođanski istraživačko-analitički centar
(VOICE) und nach eigenen Nachforschungen,
dass eine in Serbien ansässige niederländische
Werft, ohne wie üblich, staatliche
Corona-Unterstützungen in Anspruch zu nehmen,
mehr als die Hälfte der Belegschaft entlassen
hat. VOICE und ASNS kritisieren auch
die eigene Regierung. „Der Staat beteiligt
sich aktiv am Zusammenbruch der Arbeitnehmerrechte
weitgehend bereits entrechteter
Arbeitskräfte in Serbien.“ Das Bestreben der
serbischen Politik ist, ausländische Investoren
mit guten, aber billigen Arbeitskräften anzulocken.
Ähnlich arbeitnehmerfeindliche Prak-
tiken gibt es auch – in der Schweiz, wo die
meisten Flusskreuzfahrtschiffe registriert sind.
Ein Schlaraffenland für kreative Steuersparer
ist das EU-Land Malta. Obwohl das Land über
keine eigene Flussschifffahrt verfügt und auch
keine Flüsse hat, sind dort 43 Flusskreuzfahrtschiffe
gemeldet, die auf europäischen Flüssen
verkehren. Die einträglichsten Exportartikel
in Malta sind europäische Pässe und die
maltesische Flagge.
Die Gewerkschaft Nautilus meldet im Zusammenhand
mit der Diskriminierung osteuropäischer
Beschäftigter bei Arbeitslosigkeit,
dass die meisten Beschäftigten mit Wohnsitz
in einem osteuropäischen Land, nach ihren
Einsätzen für westeuropäische Firmen, für
die sie ordentliche Beiträge in die jeweilige
westeuropäische Arbeitslosenversicherung
eingezahlt haben, bei Arbeitslosigkeit nur
den in ihrem Heimatland geltenden, meist
gedeckelten niedrigen Tarif erhalten. So hat
etwa ein Nautilus-Mitglied aus Rumänien
von 3300 Euro Gehalt ordentlich Beiträge für
die Arbeitslosenversicherung geleistet. Nun
bekommt der Binnenschiffer 75 Euro Arbeitslosengeld,
während seine deutschen oder
holländischen Kollegen knapp 2000 Euro
bekommen. Noch schlimmer geht es ukrainischen
Binnenschiffern, die von ihren Reedereien
in der Schweiz gekündigt werden. Sie
haben im Heimatland weder Anspruch auf
Arbeitslosengeld noch auf Sozialhilfe. Auch
von der Corona-Kurzarbeitsregelung, die von
vielen Flusskreuzfahrern in Anspruch genommen
werden kann, können sie nicht profitieren.
Mangelnde soziale Rechte für Arbeitnehmer
in der Schweiz (und in der EU sowieso)
urteilt Nautilus. Erbärmlicheres kann man über
eines der reichsten Länder auf dieser Welt
wohl kaum noch sagen.
industriAll, die European Trade Union, ortet
im Zusammenhang mit der Pandemie eine
Zunahme von prekären Arbeitsverhältnissen
und Sozialdumping in der gesamten Maritimen
Industrie und beklagt, dass der zum Teil
massive Einsatz von Leiharbeit und Werkver-
LOGISTIK express 1/2021 | S60
trägen die durch COVID-19 erforderlichen
Hygienemaßnahmen teilweise konterkariert
werden. Immer wieder wird auch betont,
dass es an Bord ausgefeilte Hygienekonzepte
für Passagiere und Besatzungen gibt. Allein,
wie lediglich die Abstandsregeln in Crew-Kabinen
eingehalten werden sollen, die zweifach
– manchmal sogar dreifach – belegt
und kaum größer als eine Schuhschachtel
sind, musste bisher niemand erklären. Kein
Wunder, dass trotz tauber und blinder Medien
einige Coronafälle an Bord bekannt wurden.
Die Gewerkschaften fordern jedenfalls
ein europäisches Konjunkturprogramm, bei
dem die Beschäftigten im Mittelpunkt stehen.
Neben all den arbeitsrechtlichen Problemen,
die es in der Binnenschifffahrt und im Schiffbau
gibt, hatten 2020 Arbeitnehmer dieser
Bereiche auch zusätzlich unter teils absurden
Reisebestimmungen zu leiden. In den ersten
Wochen gab es nicht mal grenzüberschreitende
Informationen zu Corona-Regelungen,
nach denen sich die Leute richten konnten.
Manche saßen über Wochen auf ihren Schiffen
fest und einige konnten selbst trotz abgelaufener
Verträge das Schiff nicht verlassen.
Selbst die notwendige Selbstversorgung
wurde in Einzelfällen zum Spießrutenlauf. Erst
in der zweiten Hälfte der Pandemie normalisierte
sich die Informationspolitik und einheitliche
Regeln verschafften Planbarkeit. Somit
konnten persönliche Landgänge oder grenzüberschreitende
Personalwechsel halbwegs
normal ablaufen.
Passagierschifffahrt
Das dynamische Wachstum in der Flusskreuzfahrt
ist mit dem Ausbruch der Pandemie
quasi ungebremst an die Wand gefahren.
Zum Jahresbeginn 2020, als das Drama seinen
Lauf nahm, befanden sich die Flusskreuzfahrtschiffe
noch gar nicht in Fahrt. Der kurz
bevorstehende Saisonbeginn versprach,
wie gewohnt, wieder Milch und Honig für
die Branche. Kaum eine andere touristische
Einrichtung, konnte in den letzten 20 Jahren
derart kontinuierlich wachsen, wie die Flusskreuzfahrt.
Zuletzt lag der Zuwachs bei der
Nachfrage bei 10 Prozent und die Passagieranzahl
auf allen Wasserstraßen in Europa
lag bei 1,8 Mio. Hauptverantwortlich für die
steigenden Zahlen, war die Nachfrage aus
Übersee. Länder wie USA, Kanada oder Australien,
brachten etwa 50 Prozent der Passagiere
nach Europa. Nirgendwo gibt es heute
mehr Flusskreuzfahrtschiffe, als in Europa und
hier konnten bis 2019 alle Destinationen kräftig
zulegen. Manche sogar über 30 Prozent.
Laut Statistik gab es 2019 in Europa 378 Schiffe
mit insgesamt fast 55.000 Betten, wobei die
größten Schiffe 190-196 Betten haben. Nicht
eingerechnet in die Statistik sind jene kleineren
Kabinenschiffe, die maximal 40 Betten haben,
aber speziell in Frankreich und Holland
einen erheblichen Anteil in der Flusskreuzfahrt
darstellen. Trotz, oder gerade wegen der positiven
Statistik, die die Flusskreuzfahrt bis 2019
geprägt hat, war das meist verwendete Wort
zum Ende der Saison 2019: Overtourism.
Vielerorts konnte nämlich die Infrastruktur mit
dem enormen Wachstum nicht mehr mithalten.
Auch die Umweltbelastung durch
die Kreuzfahrtschiffe, wurde in manchen
Kommunen als problematisch wahrgenommen.
Dann kam 2020 und aus dem Overtourism
wurde schlagartig ein Undertourism.
Hauptverantwortlich für die Kehrtwende war
der große Anteil an Überseegästen, denen
jede Einreisemöglichkeit verwehrt wurde.
Hier rächte sich der Fokus auf einen volatilen
Markt nicht zum ersten Mal. Schon in der Wirtschaftskrise
und nach dem Terroranschlag in
Frankreich, brach der Markt ein. Aus der Geschichte
hat die Branche leider nichts gelernt.
Europäische Flusskreuzfahrer sahen sich mit
drastischen Corona-Schutzmaßnahmen konfrontiert
und verloren wohl auch die Lust auf
eine entspannte Kreuzfahrt. Immerhin zählen
besonders Flusskreuzfahrtgäste wegen ihrer
Altersstruktur allein schon zur besonders gefährdeten
Gruppe, die sich auch ohne Reisebeschränkungen
Auslandsreisen gut überlegt.
Was blieb, waren also ein paar beherzte
Fahrgäste, die sich durch nichts abschrecken
ließen und wenigstens ein paar Schiffen zum
lichten der Anker verhalfen. Vor diesem Hintergrund
kann die „positive Bilanz“ der Interessensvertretung,
die im August gemeint hat,
dass 30 Prozent der Schiffe wieder fahren,
wohl nur als Schönreden bezeichnet werden.
Die Flusskreuzfahrt 2020 ist was es ist, der Verlierer
in der Binnenschifffahrt.
Nicht viel anders, aber von einem unterschiedlichen
Niveau ausgehend, erging es
der Ausflugschifffahrt auf Flüssen und Seen.
Allgemein kann man sagen, Fahrgebiete, mit
einem hohen Anteil an ausländischen Touristen,
schnitten vergleichsweise schlechter ab
als jene, die mehrheitlich auf heimisches Publikum
gesetzt haben.
Länder wie die Schweiz oder Holland, haben
noch eine Sonderstellung innerhalb der Gruppe.
Ihre Schiffe dienen nicht nur touristischen
Zwecken, sondern werden auch im ÖPNRV
oder Fährverkehr eingesetzt. Dieser Betriebspraxis
verdanken die Reedereien, dass sie
nicht noch schlechter abgeschnitten haben,
als es ohnehin schon der Fall war. In Österreich,
wo es keine Schiffe im ÖPNRV gibt, wurden
Ausflugschiffe kurzerhand zum Massenverkehrsmittel
ernannt und kamen so in den
Genuss von gewissen Erleichterungen, die es
in anderen Ländern, aber an vergleichbaren
Orten, nicht gab.
Es herrschten also unterschiedlichste Regelungen
innerhalb einer Branche, die manche
Reeder ratlos machte. So durfte zum Beispiel
ein Rundfahrtschiff für 10 Personen nicht fahren.
Ein Motorboot auf Mietbasis für 10 Personen
aber schon. Rundfahrt von A nach B
wurden erlaubt, anlegen an Stationen unterwegs
nicht. Maskenpflicht am Freideck mal
Pflicht, mal Empfehlung. Strikte Reduzierung
der Passagierzahl einerseits, Abstandsregeln
einhalten als Empfehlung anderseits. Essen an
Bord mal möglich, mal nicht usw. Wie in der
Flusskreuzfahrt, traf Corona auch die Ausflugschiffe
zu Saisonbeginn – endete aber nicht
im Herbst zum üblichen Saisonende, weil viele
Ausflugschiffe lange in den Herbst hinein,
oder sogar das ganze Jahr durchgängig verkehren.
Diese Reedereien hatten zum Teil Glück im
Unglück, aber auch nur Unglück, denn die
durchgängig einzuhaltenden Coronaregeln
reduzierten die ohnehin schon abgeschwächte
Passagierfrequenz außerhalb der
Hauptsaison noch mehr. Das hatte zur Folge,
dass Fahrpläne mehrmals umgeschrieben
werden mussten und/oder Kurse aus betriebswirtschaftlicher
Sicht ganz gestrichen
wurden. Quer über die Branche hinweg kann
man davon ausgehen, dass die Betriebe mit
einem Minus zwischen 50 und 60 Prozent abschneiden
werden. In Zahlen heißt das, dass
zum Beispiel die Schweiz mit einer sehr starken
Ausflugschifffahrt, statt wie üblich um die
13 Mio. Fahrgäste, 2020 vielleicht noch rund
6 Mio. in die Statistik schreiben kann. Noch
dramatischer klingt es, wenn Premiumdestinationen
wie zum Beispiel der Starnberger
See, statt 300.000 Passagiere, nur noch knapp
über der 100.000 Marke liegt. Anders als in
anderen Bereichen der Binnenschifffahrt, kamen
Mitarbeiter der Ausflugschifffahrt relativ
glimpflich davon. Kaum ein Betrieb wollte sich
von Festangestellten trennen. Vereinzelt wurden
Saisonarbeiter nicht oder nur teilweise
beschäftigt und das Mittel der Kurzarbeit half
über so manche Durststrecke.
Frachtschifffahrt
Abgesehen von der Hafenwirtschaft, ist die
Frachtschifffahrt ein Bereich, der 2020 relativ
glimpflich davongekommen ist. Vielleicht
war es in diesem Jahr auch ein Vorteil, dass
die Frachtschifffahrt traditionell krisenerprobt
ist und mit überfallsartigen Problemen besser
zurechtkommt, als andere Wirtschaftszweige.
Dabei sind witterungsbedingte und neuerdings
klimabedingte Herausforderungen
noch überschaubare Umstände, die Frachtschiffer
einkalkulieren müssen. Auch die politische
Ignoranz, die die Frachtschifffahrt regelmäßig
ins Eck stellt, ist ein seit Jahrzehnten
wucherndes Krebsgeschwür. Gefährlich sind
auch die „hausgemachten“ Minenfelder. Da
gibt es zum Beispiel die generelle Struktur der
Frachtschifffahrt, die in der überwiegenden
Form der genossenschaftlichen Verwaltung,
kaum flexible und rasche Reaktionen zulässt.
Ganz abgesehen von der mangelhaften
Innovationsbereitschaft, die ohne Eigenkapitalbasis
auch mit großzügigen Förderprogrammen
nicht verbessert werden kann. Hier
lauert die Gefahr und wird teilweise schon
schlagend, dass sich Verlader gar nicht mehr
auf das Gewerbe verlassen, sondern eigene,
maßgeschneiderte Strukturen aufbauen. Die
Folge ist, dass Transportgut der Branche nicht
nur aus politischen Fehlentscheidungen abhandenkommt,
sondern auch, weil ganz andere
Mitspieler auf den Plan treten. Unabhängig
davon, aber verschärft durch Corona,
LOGISTIK express 1/2021 | S62
ist die Tarifgestaltung in der Frachtschifffahrt
zu sehen. Wenn Banken beispielsweise Unternehmen
künstlich am Leben erhalten und
ermöglichen, dass die Schiffe über lange
Zeiträume nicht mal kostendeckend durch
die Gegend fahren, hat das katastrophale
Auswirkungen auf große Bereiche der Frachtschifffahrt.
Ein nicht nur wirtschaftlicher Nonsens,
sondern auch ein ökologisches Desaster
ist es, wenn bankenfinanzierte Megaschiffe
Ladungen herumführen, die auch in einem
Schiff von der halben Größe leicht Platz finden
würden. Zu allem Überdruss kommen
noch Probleme mit überlangen Wartezeiten
auf Abfertigung in den Häfen, die 80 Stunden
und mehr betragen können.
Der Verlust angestammter Kohletransporte
durch die Energiewende und hausgemachte
Personalprobleme, komplettieren den
Dornenbusch. Das alles hat und hatte 2020
nichts oder wenig mit Corona zu tun. Aber
ja, natürlich hatte Corona auch unmittelbare
Auswirkungen auf die Frachtschifffahrt. Auf
der Ladungsseite allerdings in einem sehr unterschiedlichen
Umfang was die Art der Ladung
und das Transportgebiet betrifft. So gab
es im Bereich der Agrarprodukte keine Rückgänge.
Im Gegenteil. Auf manchen Fahrgebieten
nahm die Transportmenge sogar
stark zu. Auch flüssige Ladungsmengen (mit
Ausnahme Flugbenzin) reduzierten sich kaum
merklich. Reduktionen auf dem Treibstoffsektor
durch den reduzierten Personenverkehr
vielen kaum ins Gewicht. Der Treibstoffverbrauch
im Transportbereich blieb sogar völlig
unberührt.
Selbst der anfänglich reduzierte Containertransport,
bedingt durch verminderten Import
aus China, bewegt sich dank E-Commerce
wieder fast im Normalbereich. Teilweise Rückgänge
bei Erz- und Stahltransporten, waren
bedingt durch reduzierte Industrieproduktion.
Bei den für die Binnenschifffahrt wichtigen
Baustoffen, hält sich der Rückgang wiederum
in Grenzen. Insgesamt stärkere Auswirkungen
hatte Corona auf die vielfach ohnehin
angespannte Ertragslage durch sinkende
Frachttarife. Das NL-Forschungsbüro Panteia
errechnete teilweise nur noch einen Stundenlohn
von 4 Euro bei den Partikulieren. Dort, wo
in der Frachtschifffahrt Anspruch auf staatliche
Coronahilfe bestand, beklagen Unternehmen
die falsche Zielrichtung, denn viele
Förderungen haben nur eine aufschiebende
Wirkung für die Finanzprobleme. Dennoch,
für manche Frachtschiffer brachte die Pandemie
eine regelrechte Entspannung, weil es
zum Beispiel am Main durch den Ausfall der
Flusskreuzfahrt wieder wesentlich ruhiger und
sicherer wurde.
Schiffbau/Zulieferung
Der europäische maritime Technologiesektor,
zu dem rund 300 Werften und 28.000 maritime
Zulieferer in Europa gehören, war bereits
in schlechter Verfassung, bevor COVID-19 in
Kraft trat, sagt die europäische Gewerkschaft
IndustriAll European Trade Union. Aber diese
Industrie hat eine Schlüsselrolle in der Wirtschaft
inne. 90 Prozent des globalen Handels
läuft über die Schifffahrt. Damit ist die Schifffahrt
neben der wirtschaftlichen Bedeutung,
der Motor des globalen Handels, von dem
maßgebliche Stimmen meinen, es ist Zeit
für eine Ökologisierung. Durch die technologische
Führerschaft kam die europäische
Schiffbauindustrie bisher ganz gut über die
Runden. Auch weil osteuropäische Werften
zum günstigen Stahlbau beigetragen haben.
Dennoch ist der Konkurrenzkampf mit ausländischen
Werften sehr hart und China ist drauf
und dran, ebenfalls in den High-Tech-Schiffbau
– die Stärke europäischer Schiffbauer –
vorzudringen.
Bernhard Meyer (Meyer Werft) kritisiert die
falsche Wirtschaftspolitik in Europa. Trotz Corona
gingen 60 Prozent der weltweiten Schiffbauaufträge
zwischen Jänner und Anfang
September 2020, teilweise subventioniert zum
Nachteil der eigenen Wirtschaft, nach China.
Deshalb sieht Meyer in der chinesischen
und asiatischen Konkurrenz die viel größere
Gefahr für den europäischen Schiffbau, als
durch Corona. Noch sind die Auftragsbücher
der Werften gut gefüllt, aber die Investitionsentscheidungen
werden durch Corona bereits
deutlich beeinflusst. Das ist besonders im
Schiffbau gefährlich, weil es lange Vorlaufund
Planungszeiten bei Neubauten braucht.
Und weil sich Corona besonders negativ auf
die Passagierschifffahrt auswirkt, ist dieser Be-
eich auch im Schiffbau besonders gefährdet.
Aber Corona ist eben nicht das einzige
Problem der Schiffbauindustrie. Neben der
Konkurrenz außerhalb Europas, gibt es bereits
innereuropäische Konkurrenz durch ausländische
Investoren. Der asiatische Multikonzern
Genting Hongkong (GHK) zum Beispiel,
erwarb 2015 zu günstigen Konditionen drei
Werftstandorte (Wismar, Rostock, Stralsund)
und versprach, dass bald Milch und Honig
fließen wird. Aber schon zu Beginn der Pandemie
nützte der Konzern die erste Gelegenheit,
um an Steuergeld zu kommen und nahm das
staatliche Kurzarbeitsmodell für einen Großteil
der Belegschaft in Anspruch.
Inzwischen sind die Forderungen auf 700 Mio.
Staatshilfe angewachsen und um die Asiaten
bei Laune zu halten, wurden bereits erhebliche
Summen zugesagt. Ob hier strategisch
immer die richtigen Entscheidungen getroffen
wurden, ist fraglich. Dieser Frage müssen
sich auch osteuropäische Regierungen stellen,
die für westeuropäische Auftraggeber
praktisch die verlängerte Werkbank bilden.
Einsparungsbestrebungen werden hier rasch
umgesetzt. Binnenwerften haben zudem das
Problem, dass es seit Jahren aus unterschiedlichen
Gründen zu wirtschaftlichen Schieflagen
gekommen ist.
dessen nautische Erfahrung sich auf einige
Kreuzfahrten in der Badewanne beschränkt.
Der bereits arg ramponierte Kahn treibt weiter
führerlos durch die Untiefen. Zum Glück
gibt es noch ein paar beherzte Matrosen an
Bord. In ihrer Hand liegt das Schicksal des
Schiffes und sie wissen, warum sie in die Lage
gekommen sind und wie sie da wieder rauskommen
können. Eine Rückschau hat dann
ihren Zweck erfüllt, wenn wir im Rückblick erkennen,
wohin die Zukunft gehen soll. Prognosen
sind, wie wir wissen, schwierig – besonders
wenn sie die Zukunft betreffen. Halten wir
uns daher lieber besser an die Gestaltung der
Zukunft. Die beherzten Matrosen werden Hilfe
brauchen.(PB)
Die Folgen? Für frische Investoren wird „Wohnen
am Wasser“ oder ein Parkplatz für LKW
attraktiver, als Schiffe zu bauen. Trotz Corona
und trotz Kurzarbeit erfüllte die Neptun Werft
2020 noch ihr Plansoll. Die Werft, einer der
wichtigsten Standorte für die Flusskreuzfahrt,
konnte im Krisenjahr neben anderen Konzernaufträgen,
noch sechs neue Flusskreuzfahrtschiffe
abliefern. Sogar Serbien lieferte noch
nach Plan. 2021 können trotz Planungsunsicherheiten
noch Altaufträge abgearbeitet
werden. Dann gilt, was für die ganze Branche
gilt, es wird Zeit, dass die Pandemie und die
falsche Wirtschaftspolitik ein Ende nehmen.
SCHLUSS
2020 war ein Jahr, das verglichen mit einem
Schiff in arge Schräglage gekommen ist und
jetzt bei stürmischem Wetter auf hoher See zu
kentern droht. Über weite Strecken auf dem
Weg zum Desaster war ein Kapitän am Steuer,
LOGISTIK express 1/2021 | S64
Brexit: Die Krux mit dem Ursprung
Das zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich Ende 2020 abgeschlossene
Handelsabkommen bringt neue Herausforderungen bei Präferenzkalkulationen
für Schweizer Ausführer. BEITRAG: REDAKTION
MARIO CACCIVIA
EXPERT
DACHSER
SCHWEIZ
Lieferverzögerungen im Verkehr zwischen
der EU und dem Vereinigten
Königreich haben in den letzten Wochen
Schlagzeilen gemacht. Zum Teil
wurden sie durch fehlende oder nicht korrekt
ausgefüllte warenbegleitende Dokumente
und eine dadurch bedingte langsamere
Zollveranlagung verursacht. Was müssen
Schweizer Exporteure neu beachten, damit
ihre Ware reibungslos durch den Zoll kommt?
Probleme ergeben sich unter anderem dadurch,
dass das bilaterale Handels- und Kooperationsabkommen
„TCA“ zwischen der
EU und dem Vereinigten Königreich nicht in
allen Aspekten deckungsgleich ist mit dem
am 1. Januar 2021 in Kraft getretenen bilateralen
Abkommen zwischen der Schweiz und
dem Vereinigten Königreich. Dies betrifft vor
allem die Ursprungsregeln.
Schwieriger Ursprung.
Das Handelsabkommen zwischen der
Schweiz und dem Vereinigten Königreich
sieht die Möglichkeit der Kumulation von Ursprungswaren
anderer Vertragsparteien des
PEM-Übereinkommens (Paneuropa-Mittelmeer-Kumulierung)
vor. Voraussetzung ist,
dass die Vertragspartei mit der Schweiz und
dem Vereinigten Königreich ein Freihandelsabkommen
unterhält und dieses identische
Ursprungsregeln enthält. Da die im Abkommen
EU-Vereinigtes Königreich vereinbarten
Ursprungsregeln nicht mit denen des Handelsabkommens
Schweiz-Vereinigtes Königreich
identisch sind, ist eine Kumulation von
EU-Ursprungswaren im Verkehr zwischen der
Schweiz und dem Vereinigten Königreich nicht
mehr möglich. Daher unterliegt eine Ware
mit EU Ursprung beim Export ab der Schweiz
in das Vereinigte Königreich (Durchhandel)
Die Dachser Spedition AG (Dachser
Schweiz) ist eine Tochtergesellschaft des
Transport und Logistikdienstleisters Dachser
mit Hauptsitz in Kempten, Deutschland. Die
erste Niederlassung in der Schweiz wurde
1967 eröffnet. Dachser Schweiz ist heute an
acht Standorten präsent, beschäftigt 297
Mitarbeitende und erwirtschaftete im Jahr
2019 einen Bruttoumsatz von 190.4 Millionen
Schweizer Franken. Im Jahr 2019 transportierte
Dachser Schweiz 557’400 Sendungen
mit einem Gewicht von 242’300 Tonnen.
Das Familienunternehmen Dachser mit
Hauptsitz in Kempten, Deutschland, bietet
Transportlogistik, Warehousing und kundenindividuelle
Services innerhalb von zwei
Business Fields: Dachser Air & Sea Logistics
und Dachser Road Logistics. Letzteres teilt
sich in die beiden Business Lines Dachser
European Logistics und Dachser Food
Logistics auf. Übergreifende Kontraktlogistik-Services
sowie branchenspezifische
Lösungen ergänzen das Angebot. Ein flächendeckendes
europäisches sowie interkontinentales
Transportnetzwerk und komplett
integrierte Informationssysteme sorgen
weltweit für intelligente Logistiklösungen.
Mit rund 31’000 Mitarbeitern an weltweit
393 Standorten erwirtschaftete Dachser
im Jahr 2019 einen konsolidierten Netto-Umsatz
von rund 5,7 Milliarden Euro. Der
Logistikdienstleister bewegte insgesamt
80,6 Millionen Sendungen mit einem Gewicht
von 41,0 Millionen Tonnen. Dachser
ist mit eigenen Landesgesellschaften in
44 Ländern vertreten. Autor: Mario Caccivio
Zollbeauftragter, European Logistics
Dachser Spedition AG (Schweiz).
E-Mail: mario.caccivio@dachser.com
der Zollabgabe. Sofern die EU-Ursprungsware
direkt von der EU in das Vereinigte Königreich
befördert wird, ist die Einfuhr zollfrei.
Waren mit präferentiellem Ursprung Schweiz
können abhängig von der jeweiligen Zolltarifnummer
zollbegünstigt bzw. zollfrei in das
Vereinigte Königreich importiert werden.
Aber im Vergleich zu EU-Firmen, die in das
Vereinigte Königreich exportieren, haben
die schweizerischen Unternehmen strengere
Ursprungskriterien zu erfüllen. Gemäß dem
Vertrag Vereinigtes Königreich-Schweiz sind
die Ursprungsregeln des PEM-Übereinkommens
maßgebend (wie im Freihandelsabkommen
Schweiz-EU). So ist beispielsweise
im Maschinensektor eine Wertschöpfung von
60 bis teilweise 75 Prozent notwendig, um die
Vorgaben der Ursprungskriterien zu erfüllen.
Erschwerend kommt hinzu, dass die in der
Schweiz verwendeten Vormaterialien aus der
EU neu als drittländische Ware in der Präferenzkalkulation
zu berücksichtigen sind.
Zusätzliche Dokumente.
Allen Sendungen in das Vereinigten Königreich
müssen seit Anfang des Jahres
2021 unter anderem Handels- oder Pro-Forma-Rechnungen
beiliegen, auf denen die
EORI-Nummern des Importeurs sowie der
Wert und die Zolltarifnummer vermerkt sind.
Bei tierischen und pflanzlichen Produkten dürfen
die phytosanitären Zertifikate nicht fehlen.
Neu braucht es auch eine Bestätigung für
Holzverpackungen, dass diese dem ISPM-15-
Standard entsprechen.
Weitere Änderungen.
Im dritten Quartal dieses Jahres soll ein revidiertes
PEM-Übereinkommen mit liberaleren
Ursprungkriterien in Kraft treten. Dieses wird
aber wahrscheinlich nicht auf Exporte in das
Vereinigte Königreich angewendet werden
können, da das Vereinigte Königreich, im Gegensatz
zur EU und der Schweiz, das revidierte
PEM Übereinkommen nicht ratifizieren will.
Aus Sicht der Logistikbranche wäre es daher
wünschenswert, dass die Schweiz die entsprechenden
Passagen des Handelsabkommens
mit dem Vereinigten Königreich nachverhandelt,
um eine Deckungsgleichheit bei
den Ursprungskriterien bei den bilateralen
Handelsabkommen mit der EU und mit dem
Vereinigten Königreich zu erreichen.
Fazit:
Angesichts der neuen Anforderung sollten
Schweizer Exporteure vor dem Versand ihre
Präferenzkalkulationen respektive Ursprungsnachweise
detailliert prüfen, einschließlich
der Aktualisierung der Lieferanteninformationen.
International tätige Speditionen
in der Schweiz wie die Dachser Spedition
AG bieten ihren Kunden hierzu umfassende
Unterstützung an. Ziel ist es, Sendungen
reibungslos, rechtskonform, pünktlich und
gegebenenfalls mit einem formell gültigen
Ursprungsnachweis über die Zollgrenzen
in das Vereinigte Königreich zu bringen.
Mehr auf www.dachser.com
(RED)
LOGISTIK express 1/2021 | S66
Brexit-Deal: Was ändert sich für
Logistikunternehmen?
Alexander Heine, Geschäftsführer der CM Logistik Gruppe, informiert über die
Auswirkungen des neuen Handelsabkommens auf die internationale Logistik und
gibt Ratschläge für die unsichere Anfangszeit.
BEITRAG: REDAKTION
ALEXANDER HEINE
GESCHÄFTSFÜHRER
CM LOGISTIK GRUPPE
Lange hat es gedauert und nun ist es
doch Realität: Das Vereinigte Königreich
und die Europäische Union konnten
sich auf ein Handelsabkommen
einigen und damit die jahrelangen Verhandlungen
zu einem Ende bringen – für beide
Seiten mehr oder weniger zufriedenstellend.
Schon im Sommer 2016 traf die britische Bevölkerung
in Form eines Referendums die
Entscheidung für den Austritt. Dieser ließ aber
noch lange auf sich warten, denn die Briten
wollten zwar ihre Unabhängigkeit von der Europäischen
Union, aber offensichtlich nicht
all die mit dem Austritt verbundenen Konsequenzen
akzeptieren. Einen No-Deal-Brexit
wünschte dennoch auch auf EU-Seite niemand
– die Handelsbeziehungen sollten trotz
allem intakt bleiben. Seit Beginn des Jahres
2021 gelten nun die neuen Regelungen in
Bezug auf den Warenverkehr, doch haben
sie schon in kürzester Zeit für Verwirrung und
Chaos an den Grenzen gesorgt. Aber was
bedeuten die endgültige Durchführung des
Brexits und damit der Niedergang des freien
Binnenmarktes zwischen der Insel und dem
europäischen Festland für Logistiker und wie
können sie die Pannen der unsicheren Anfangszeit
umschiffen?“
1. Kontrolle braucht Zeit.
„Jahrelang profitierte Großbritannien, ebenso
wie der Rest der Mitgliedsstaaten, vom freien
Warenverkehr innerhalb der Zollunion. Grundsätzlich
unterliegen Ein- und Ausfuhren innerhalb
der EU, sogenannte innergemeinschaftliche
Verbringungen, keinen Beschränkungen.
Diese Freiheit fällt nun weg und alle Waren,
die Logistikunternehmen aus einem Nicht-EU-
Staat einführen, müssen sie durch den Zoll abfertigen
lassen.
Bei beispielsweise einem Container T-Shirts
aus China ergibt sich kein Problem, da er ausschließlich
ein Gut enthält, wenn auch in hundertfacher
Ausführung. Doch eine britische
Lastwagenfuhre für eine irische Supermarktfiliale
– also im Rechtsbereich der Europäischen
Union – beinhaltet typischerweise alle Güter,
die diese Filiale benötigt, von Eiern über Klopapier
bis zum Obst. Eine nach dem Austritt
erforderliche Zoll- und Einfuhranmeldung für
die EU sieht vor, dass alle verschiedenen Arten
von Waren in einer Ladung einzeln aufgeführt
und entsprechend kontrolliert werden müssen.
Administrativer Mehraufwand, auf den
sich jedes Logistikunternehmen mit Fahrten in
das Vereinigte Königreich einstellen sollte.
Ein Umdenken bei der Beladung könnte sich
als Möglichkeit zur Vermeidung dieser langen
Wartezeiten herausstellen, indem Unternehmen
ihre Lkw ausschließlich mit einer
bestimmten Art Ware befrachten. Ob sich
die dadurch entstehenden zusätzlichen Kilometer
gegenüber Papierkram und Wartezeit
rechnen, muss jeder Betroffene individuell kalkulieren.“
2. Im Irrgarten der Bürokratie.
„Nicht nur die Warenkontrollen sorgen für
Komplikationen an den neuen EU-Außengrenzen.
Ganze Kataloge von Richtlinien zur
Überführung von Frachten, die Mitgliedsstaaten
der Zollunion jahrelang erspart geblieben
waren, kommen nun auf Logistiker mit
Beziehung zu Großbritannien zu. Dies führt zu
einer erheblichen bürokratischen Belastung
sowohl für die Logistikbranche als auch für
die Zollbeamten beider Seiten. Falsch ausgefüllte
oder fehlende Papiere können bei
der Überführung Verzögerungen hervorrufen
und sorgten bei Lieferungen zwischen den
Inselstaaten bereits für Chaos – Lastwagen
mussten umkehren, weil sie nicht die erforderlichen
Formulare vorweisen konnten. Diese organisatorischen
Kinderkrankheiten ließen sich
aufgrund der unklaren politischen Lage nur
schwer verhindern. Um dennoch Verzögerungen
und allgemeine Verwirrung zu vermeiden,
hilft Logistikern nur, sich regelmäßig und
gründlich über alle Neuerungen zu informieren.
Kein leichtes Unterfangen, da sich die Situation
an den Grenzen und damit die einzelnen
Abwicklungsprozesse täglich zu ändern
scheinen. Wirklich zuverlässige und vor allem
aktuelle Informationen erhalten betroffene
Unternehmen also nur von offizieller Stelle
– den zuständigen Zollbehörden.“
3. Mit Aufwand kommen Kosten.
„Finanzielle Belastungen für Logistikunternehmen
erhöhen sich nicht nur durch steigende
Personalkosten, entstehend durch den bürokratischen
Mehraufwand und die Wartezeiten
an den EU-Grenzen. Auch die im Handelsabkommen
eigentlich festgeschriebene
und in der Öffentlichkeit als großen Erfolg angepriesene
Zollfreiheit erweist sich nur auf den
ersten Blick als guter Deal.
So gilt die mit der EU vereinbarte Erlassung
nicht für Güter, die importiert und gleich wieder
exportiert werden. Großbritannien läuft
also Gefahr, die über Jahre aufgebaute
Stellung als Dreh- und Angelpunkt des europäischen
Binnenhandels zu verlieren, was zu
weniger Aufträgen für Logistiker führen kann,
die auf Kooperationspartner von der Insel angewiesen
sind. Alternative Routen und zusätzliche
innereuropäische Geschäftsbeziehungen
können als Fallnetz fungieren und im Fall
einer lang andauernden Misere an britischen
Grenzen den laufenden Betrieb sichern. Zukunftsprognosen
zu treffen, fällt schwer – alle
Parteien müssen sich auf die neuen Regelungen
einstellen und ihre Prozesse anpassen.
Wie groß letztlich die zusätzlichen Kosten und
finanziellen Einbußen ausfallen, hängt für Logistikunternehmen
davon ab, wie schnell sie
die Situation adaptieren.“ (RED)
Mehr auf www.cm-log.eu
LOGISTIK express 1/2021 | S68
Corona-Pandemie: Fragen, die sich
Logistikkunden stellen
Der Logistikdienstleister Dachser Schweiz hat sich unter seinen Kunden umgehört,
welche Fragen ihnen derzeit unter den Nägeln brennen. Urs Häner, Managing Director
European Logistics Switzerland, und Samuel Haller, Country Manager Schweiz
für das Geschäftsfeld Air & Sea Logistics, Dachser Spedition AG, geben Antwort.
BEITRAG: REDAKTION
URS HÄNSER
MANAGING DIRECTOR
EUROPEAN LOGISTICS
SWITZERLAND
DACHSER
Es ist wieder Homeoffice angesagt.
Kann ich trotzdem meinen Disponenten
telefonisch erreichen oder läuft
die Kommunikation nur noch schriftlich
per E-Mail?
Urs Häner: Selbstverständlich können Sie
unsere Disponenten telefonisch erreichen.
Aufgrund der Pandemie hatten wir in Spitzenzeiten
rund ein Drittel der Belegschaft im
Home-Office. Dabei handelte es sich mehrheitlich
um Mitarbeitende mit administrativen
Aufgaben wie beispielsweise Buchhaltung,
Abrechnung, Verkauf/HR. Mitarbeitende in
der operativen Abwicklung wie Export, Import,
Disposition etc. waren und sind immer
vor Ort. Unsere Organisation ist so aufgestellt,
dass jede Abteilung immer auch vor Ort besetzt
ist. Die Kommunikation mit den Kunden
und die Koordination mit den Mitarbeitenden
an den mobilen Arbeitsplätzen ist somit jederzeit
sichergestellt.
Die Swiss, aber auch andere Fluggesellschaften,
bieten immer weniger Flugverbindungen
von und nach Zürich, Basel und Genf
an. Termintreue ist für uns ein entscheidender
Wettbewerbsfaktor. Wie stelle ich sicher, dass
meine Exportluftfrachtsendungen trotzdem
pünktlich beim Empfänger ankommen?
Samuel Haller: Dachser bietet neben Direktflugverbindungen
von und nach den Schweizer
Flughäfen auch Luftfrachtroutings über
unser Gateway in Frankfurt in Deutschland
an. Hier werden Waren aus ganz Europa gebündelt
und nach Übersee geflogen. Importwaren
für Schweizer Kunden von anderen
Kontinenten werden in Frankfurt dekonsolidiert
und in Zusammenarbeit mit der Dachser
European Logistics, der Landverkehrssparte
von Dachser, direkt in die Schweiz transportiert.
Des Weiteren bietet Dachser für ausgewählte
Routen nach Amerika und Asien eigene
wöchentliche Charterverkehre an. Wir
versuchen, für jeden Kunden eine seinen Anforderungen
entsprechende Lösung zu finden.
Die Luftfrachtraten sind in der Krise stark gestiegen.
Was bedeutet das für mich als Verlader?
Samuel Haller: Der Preisanstieg bedingt eine
frühzeitige Interaktion mit dem Logistikdienstleister.
Dieser kann dann in Zusammenarbeit
mit dem Verlader mögliche Optionen prüfen
– von günstigeren Alternativ-Flugrouten bis hin
zu alternativen Transportlösungen wie Sea-Air,
Lkw, Bahn oder Seefracht. So entscheidet sich
eine zunehmende Zahl Verlader neu für Sammelcontainerverkehre.
Dachser bietet hier
ein weltumspannendes Netzwerk in Kombination
mit European Logistics für den Vor- und
Nachlauf bis hin zu Zugverbindungen nach
China an.
In vielen EU-Ländern gibt es schon wieder
massive Beschränkungen des Wirtschaftslebens.
Wird dies zu Verzögerungen bei Auslieferungen
an /Abholung bei Kunden führen?
Urs Häner: Unser Netzwerk ist zu 100 Prozent
leistungsfähig. Es kommt jedoch vor, dass wir
bei der Zustellung der Sendung vor verschlossenen
Türen stehen, weil die Empfänger aufgrund
der Pandemie ihre Anlieferfenster neu
definiert haben.
Im Frühjahr sind an vielen innereuropäischen
Grenzen vorübergehend Kontrollen eingeführt
worden. Es kam zu kilometerlangen Staus
und Verzögerungen in Lieferketten. Welche
Massnahmen hat Dachser getroffen, falls es
im Schweiz-EU Verkehr erneut zu mehr Grenzkontrollen
und längeren Standzeiten kommt?
Urs Häner: Während der ersten zwei Tage
der Grenzschliessung kam es zu Verzögerungen.
Ich möchte jedoch festhalten, dass die
Schweizer und die Deutsche Zollbehörde sehr
gut zusammengearbeitet haben, um Staus zu
vermindern. Sollte es wieder zu Grenzschliessungen
kommen, werden wir den Fahrplan
mit einem längeren Grenzaufenthalt neu takten.
Dies führt zu früheren Abfahrtszeiten und
bedingt eine vorgängige Abstimmung mit
der Verladerschaft.
Ich muss also längere Laufzeiten für Lkw-,
aber auch für Überseetransporte einkalkulieren
(Logistics Lead Time Planning)?
Urs Häner: Ja, das ist empfehlenswert. Unser
europäisches Netzwerk hat sich aber auch in
der Pandemie als absolut zuverlässig und leistungsfähig
erwiesen.
Samuel Haller: Für Seefracht müssen Verlader
in der Tat mit längeren Transportzeiten
rechnen. Neben einem Mangel an Leercontainern
führen Ausfälle von Schiffsabfahrten
(Blank Sailings) und Kapazitätsengpässe in
manchen Häfen, z.B. in den USA, sowie Corona-bedingte
Verzögerungen bei der Zoll- und
Hafenabfertigung derzeit zu Störungen in der
Transportkette. Wichtig ist hier, dass Verlader
frühzeitig dem Logistikdienstleister möglichst
genaue Mengenprognosen anvisieren, damit
eine entsprechende Planung, Kapazitätssicherung
und Buchung durch diesen erfolgen
kann. So genannte Backup-Carrier Modelle,
um eine pünktliche Auslieferung sicherzustellen,
bieten sich dabei auch an.
Anzumerken ist, dass es derzeit bei den Reedereien
keine absolute Verladegarantie gibt
und so genannte Rollovers, eine Verschiebung
auf die nächstfolgende Abfahrt, nicht
komplett ausgeschlossen werden können.
Dementsprechend sollten Verlader in der Planung
und Buchung Zeitpuffer einbauen, um
auf der «sicheren Seite» zu sein. Von einem
«Just in sequence»-Ansatz ist in der aktuellen
Phase definitiv abzuraten.
Wie erhalte ich transparente Echtzeit-Informationen
bei Verzögerungen im Vorlauf zum
Verschiffungshafen, bei Verladungen im Hafen,
bei Transshipment-Problemen oder anderen
Reiseverzögerungen im Asienverkehr
(Supply Chain Visibility)?
Samuel Haller: Dachser stellt auf seiner Track
& Trace Plattform eLogistics entsprechende
Informationen bereit, die für die Kunden jederzeit
einsehbar sind. Bei absehbaren Verzögerungen
werden die Kunden proaktiv durch
unseren Customer Service informiert.
In den letzten Monaten sind die Seefrachtraten
stark gestiegen. Hält dieser Trend 2021
an?
Samuel Haller: Wir gehen davon aus, dass die
Seefrachtraten auf hohem Niveau bleiben
oder weiter ansteigen. Beispielsweise liegt
der Shanghai Container Freight Index SCFI
per Stand vor Weihnachten über 160 Prozent
höher als vor einem Jahr. Preis ist aber aktuell
nicht das Thema, sondern die Verfügbarkeit
von Equipment/Kapazitäten. Wie sich die
Lage nach dem chinesischen Neujahrsfest
entwickelt, ist noch ungewiss. Aber Verlader
können davon ausgehen, dass sich diese
nicht sofort beruhigt. Unser Supply-Chain-Management
hat bisher alle Probleme gut gemeistert.
Würde sich trotzdem eine detaillierte Analyse
der Risiken in unserem Supply-Chain-Ökosystem
in Kooperation mit Dachser lohnen?
SAMUEL HALLER
COUNTRY MANAGER
SWITZERLAND
GESCHÄFTSFELD
AIR & SEA LOGISTICS
DACHSER SPEDITION AG
Samuel Haller: Auf jeden Fall. Wir haben die
Erfahrung gemacht, dass solche partnerschaftlich
und interdisziplinär mit dem Kunden
durchgeführten Analysen Chancen zur
Supply-Chain-Optimierung bieten und einen
nachhaltigen Mehrwert schaffen. (RED)
LOGISTIK express 1/2021 | S70
BMW Group eröffnet neuen Campus
Die Investitionssumme beträgt mehr als 28 Millionen Euro. Die Fertigstellung des
12.000 m2 großen Neubaus ist ein weiteres klares Bekenntnis der BMW Group zum
Wirtschaftsstandort Salzburg. Neue, hochmoderne Arbeitswelten für 450 Mitarbeiter
aus 16 Nationen. BEITRAG: REDAKTION
Bürgermeister von Salzburg, Harald Preuner,
ihre Glückwünsche als digitale Grußbotschaft.
„Wir sind sehr froh, dass wir starke und innovative
Leitbetriebe wie die BMW Group in Salzburg
haben, die sich seit Jahrzehnten ganz
bewusst zur Region bekennen. Die Eröffnung
des neuen Campus Salzburg mitten in der
Corona Pandemie stimmt mich hoffnungsvoll,
dass wir die augenblicklich angespannte Situation
gemeinsam meistern werden und der
Wirtschaftsstandort Salzburg nachhaltig gestärkt
wird,“ erklärte Landeshauptmann Dr.
Wilfried Haslauer anlässlich der Eröffnung.
BMW GROUP
CAMPUS SALZBURG
Anfang Februar wurde der neue
BMW Group Campus Salzburg
offiziell eröffnet. Der Campus
Salzburg wurde trotz der Corona
Pandemie innerhalb des vorgesehenen Zeitplans
eröffnet. Über 28 Mio. Euro wurden in
den 12.000 m2 großen Neubau investiert, der
ab sofort für insgesamt 450 Mitarbeitern aus
16 Nationen hochattraktive und moderne
Arbeitsplätze bietet. Unter einem gemeinsamen
Dach sind am BMW Group Standort Salzburg
die vier Geschäftseinheiten BMW Austria
GmbH, BMW Financial Services, Alphabet
Austria Fuhrparkmanagement GmbH und
die BMW Vertriebs GmbH vertreten.
Zudem wir von Salzburg aus die Region Zentral-
und Südosteuropa, die von der Ostsee
bis ins östliche Mittelmeer reicht, gesteuert.
Landeshauptmann Dr. Wilfried Haslauer
betont das bemerkenswerte Engagement
der BMW Group für Salzburg. Aufgrund der
Covid-19 Pandemie überbrachten der Landeshauptmann
Dr. Wilfried Haslauer und der
Neil Fiorentinos, Geschäftsführer der BMW Vertriebs
GmbH, sagte: „Der BMW Group Standort
Salzburg ist eine feste Größe in der Region.
Mit dem Neubau schlagen wir das nächste
Kapitel der Erfolgsgeschichte auf. Der Campus
Salzburg ist eine logische Folge aus der
herausragenden Arbeit der vergangenen
Jahrzehnte. 1977 haben wir ausgehend von
Salzburg knapp über 6.000 BMW in Österreich
verkauft. Im vergangenen Jahr haben wir von
hier aus über 73.500 Automobile in 12 Ländern
abgesetzt und dabei über 3,2 Milliarden Euro
Umsatz generiert. Mit dem Neubau bieten wir
unseren Mitarbeitern moderne und hochattraktive
Arbeitsplätze. Damit werden wir Innovationen
weiter fördern und die Zukunftsfähigkeit
des Standortes weiter sichern.“
Hochmoderne Arbeitswelten am neuen
BMW Group Campus Salzburg.
Die neuen, innovativen Arbeitswelten im
Campus Salzburg mit einer Gesamtfläche
von über 12.000 m2 bieten mit lichtdurchfluteten
Büroräumen auf einer Fläche von
4.774 m2 über 20 Prozent mehr Platz als zuvor.
Die Anzahl der Meetingräume wurde
mit 26 mehr als verdoppelt. Auch die Kantine
ist mit 814 m2 doppelt so groß wie bislang.
Ein Highlight ist der Zugang zu einer
weitläufigen Dachterrasse. Ein begrünter Innenhof
dient als zentrale Begegnungsstätte.
„Der neue Campus ist ein
weiteres wichtiges Kapitel
in der Erfolgsgeschichte der
BMW Group am Standort
Salzburg“
Gleich neben dem neuen Bürogebäude entsteht
ein Parkhaus mit großzügig dimensionierten
Parkplätzen.
Modernes Trainingszentrum für 12 Länder der
Region Zentral- und Südosteuropa nach neuesten
BMW Standards.
Mit einer Fläche von 2.675 m2 ist das neue
Trainingszentrum mehr als sechsmal so groß
als der bisherige Schulungsbereich. Dadurch
wächst auch seine Kapazität: statt bisher 40
Personen können nun bis zu 150 Teilnehmer
pro Tag geschult werden. Die Ausstattung
entspricht dem neuesten Stand der Technik.
Neben dem klassischen Training vor Ort
nimmt digitales Lernen einen immer größeren
Stellenwert ein. Beim ‚blended learning‘ ergänzen
sich persönliches Training vor Ort und
virtuelle Kursinhalte und sorgen so für einen
optimalen Lernerfolg. Von den neuen Möglichkeiten
profitieren neben den Beschäftigten
der BMW Group auch Techniker, Servicemitarbeiter,
Verkäufer und Manager der
Händlerpartner aus allen zwölf Märkten der
Region Zentral- und Südosteuropa.
Investitionen in die Nachhaltigkeit
des Standortes.
Mit über 500.000 elektrifizierten Fahrzeugen
gehört die BMW Group zu den führenden Anbietern
im Bereich Elektromobilität weltweit.
In Europa werden 2030 schätzungsweise die
Hälfte aller verkauften BMW Fahrzeuge elektrifiziert
sein. Folglich wird es auch am neuen
BMW Group Campus Salzburg 150 E-Lademöglichkeiten
geben. Ein Drittel der Energie
kommt vom Dach! Dafür wurde am neuen
Campus eine Photovoltaikanlage installiert.
Diese deckt gut ein Drittel des Gesamtstromverbrauches
des Campus. Die CO2-Einsparungen,
die sich hieraus realisieren lassen, betragen
232 Tonnen im Jahr. Außerdem wurde
im Rahmen des Umbaus der hausinternen
Waschanlage eine Wasserrückgewinnungsanlage
eingebaut. Für eine Fahrzeugwäsche
wurden bislang 180 Liter Trinkwasser benötigt
– mit der Wasseraufbereitungsanlage sind
pro neuem Waschvorgang nun nur noch 20-
30 Liter Trinkwasser erforderlich – das ist eine
Ersparnis von sage und schreibe 85%. Ermöglicht
wird dies durch eine innovative Lösung,
mit der das gesamte Abwasser beim Autowaschen
wiederverwendet werden kann.
Das Engagement der BMW Group – Gut für
Österreich.
Mit dieser bedeutenden Investition unterstreicht
die BMW Group ihr nachhaltiges,
langfristiges und gesellschaftliches Engagement
in Österreich. Das Unternehmen engagiert
sich bereits seit über 40 Jahren massiv in
und für den Wirtschaftsstandort Österreich.
Seit dem Jahr 1979 wurden hierzulande rund
7,5 Milliarden Euro investiert – das sind umgerechnet
500.000 Euro Tag für Tag – und das
seit über 40 Jahren. Das Unternehmen beschäftigt
rund 5.200 Mitarbeiter in Österreich,
davon 4.500 Mitarbeiter im BMW Group Motorenwerk
Steyr. Im Jahr 2019 erwirtschaftete
man in Österreich einen konsolidierten Gesamtumsatz
von rund 7 Milliarden Euro, tätigte
Investitionen von 374 Millionen Euro und
leistete einen Netto-Beitrag in Höhe von 1,8
Milliarden Euro zur österreichischen Handelsbilanz.
Damit zählt die BMW Group in Österreich
zu den bedeutendsten Unternehmen
des Landes. (RED)
NEIL FIORENTINOS, MBA
LOGISTIK express 1/2021 | S72
VDE stellt Studie Mobilität, Logistik und
Energie 2030 vor
Batterien bleiben Hauptantriebsenergieträger für die Elektromobilität. Brennstoffzelle
wird Alternative im Schwerlast- und Fernverkehr. BEITRAG: REDAKTION
WELCHE TECHNOLOGIE
MACHT DAS RENNEN?
Im Fahrzeugbereich werden die aktuell
dominierenden Kraftstoffe Benzin
und Diesel in den Hintergrund treten
und Platz für alternative Antriebe machen.
Die zwei dominanten Konzepte sind
dabei die Batterie sowie die Brennstoffzelle
mit verschiedenen Anwendungsszenarien
im Antriebsportfolio der Zukunft.
Der Wandel hin zur Elektromobilität in der Mobilitäts-
und Logistik-Branche betrifft jedoch
nicht nur die zugrunde liegende Antriebstechnik,
sondern auch die Energiewirtschaft.
Welche Entwicklungen bis 2030 möglich
sind, untersucht die Technologieorganisation
VDE in ihrer neuen Metastudie „Logistik,
Energie und Mobilität 2030“. „Die bisherigen
teilweise anderweitig etablierten Akteure
wie Mineralölkonzerne und Stromerzeuger
müssen sich auf die neuen Rahmenbedingungen
einstellen. Eine Anpassung bisheriger
Konzepte wird nicht zu vermeiden sein,
um dem veränderten Bedarf an Antriebsenergie
gerecht zu werden und gegenüber
neuen Akteuren auf dem Markt zu bestehen
können.
Die Logistik und Mobilität der Zukunft wird von
erneuerbarer Energie angetrieben. In der
Studie beschreiben wir deshalb auch unterschiedliche,
teils konkurrierende Logistikszenarien
für den urbanen Raum, um zu zeigen,
wie die Zukunft ganz praktisch für den Nutzer
gestaltet werden kann“, erklärt Nora Dörr, Projektleiterin
der Metastudie. Ergänzend unter-
suchten die Experten Brennstoffzellenanwendungen
als Alternative im Fernverkehr sowie
das Potenzial weiterer alternativer Kraftstoffe.
Die wichtigsten Ergebnisse der Studie aus
dem Bereich Energie:
Der Bedeutung der Elektromobilität wird weiter
steigen. 2019 betrug die Zahl der Elektrofahrzeuge
(BEV, PHEV, FCEV, etc.) weltweit
4,79 Millionen. Bis zum Jahr 2030 kann sich
diese Zahl bis auf 150 Millionen Fahrzeuge
verdreißigfachen. Batterien sind für den Einsatz
in den Bereichen Mobilität und Logistik
bereits hinreichend gut entwickelt. Weitere
Optimierungen im Bereich der Herstellungsund
Materialkosten sind u.a. durch optimierte
und automatisierte Produktionsabläufe sowie
durch neue Materialinnovationen, welche
oftmals auch eine Energiesteigerung mit sich
bringen, zu erwarten.
Brennstoffzellen stellen vor allem für den
Schwerlast- und Fernverkehr bis 2030 eine flexible
und technisch ausgereifte Antriebsenergie
dar. Die Durchdringung des Marktes mit
Wasserstofffahrzeugen erfolgt voraussichtlich
ab 2030 bis 2050. Auch 2030 werden noch
Fahrzeuge mit fossilen Brennstoffen betrieben,
denn weitere alternative Kraftstoffe stehen
bis 2030 noch nicht in ausreichendem Maße
zur Verfügung, um Verbrennerfahrzeugen zu
ersetzen. Der Energiemarkt wird in Zukunft heterogener.
Unterschiedliche Antriebsenergien
existieren 2030 nebeneinander. Ein grundlegender
Transformationsprozess hin zur Batterie-
und Brennstoffzellennutzung sollte aber
erfolgt sein.
Auf die veränderten Rahmenbedingungen
hin muss auch die Infrastruktur ausgerichtet
werden. So werden Ladetechnologien und
-infrastruktur sowohl für batterieelektrische
Fahrzeuge als auch für Brennstoffzellenfahrzeuge
ausgebaut werden müssen, um den
steigenden Bedarfen gerecht zu werden. Für
das Stromnetz 2030 stellt die stetige Zunahme
an Elektrofahrzeugen eine anspruchsvolle,
aber bewältigbare Herausforderung dar.
Die wichtigsten Ergebnisse der Studie aus den
Bereichen Mobilität und Logistik:
Die Verkehrsleistung wird bis 2030 stetig zunehmen.
Angesichts der steigenden Transportleistung
ist unabhängig vom Verkehrsträger eine
bessere Auslastung anzustreben. So werden
die wichtigsten Straßen- und Schienenwege,
insbesondere rund um Ballungsräume, zunehmend
überbelegt. Da kein unbegrenzter Ausbau
möglich ist, muss an einer Optimierung
der Auslastung bestehender Netze gearbeitet
werden. Konzepte und Technologien zur
dichteren Belegung sind erforderlich. Andernfalls
wird das Transportvolumen aufgrund von
Staus auf Autobahnen, stehender Güterzüge
und festsitzender Binnenschiffe nicht mehr
wachsen können. Um bei gleichbleibenden
Verteilnetzen und infrastrukturellen Voraussetzung
Mobilität und Logistik zu ermöglichen,
müssen die vorhandenen Verkehrsträger besser
ausgelastet werden.
Die Anzahl und Gestalt von Logistikakteuren
und Mobilitätsdienstleistern wird 2030 vielfältiger.
Die Angebote werden zukünftig maßgeblich
von der Digitalisierung bestimmt. Insgesamt
ermöglicht diese eine noch bessere
Abstimmung von Angebot und Nachfrage
des Personenverkehrs. Angesichts der zu erwartenden
Bevölkerungszunahme insbesondere
in den deutschen Metropolregionen
von aktuell rund 16 Prozent auf 19 Prozent der
Gesamtbevölkerung bis 2030 müssen innovative
Lösungen für die weiter steigende Verkehrsnachfrage
gefunden werden.
Über die Studie:
Die Metastudie „Logistik, Energie und Mobilität
2030“ ist im Rahmen der Begleitforschung
des Technologieprogramms IKT für Elektromobilität
des Bundesministeriums für Wirtschaft
und Energie (BMWi) entstanden. Ziel des
Programms ist die Förderung von intelligenten
Anwendungen für Mobilität, Logistik und
Energie. Das Programm besteht (in leicht veränderter
Form) seit 2010 und hat in dieser Zeit
zahlreiche Projekte im gesamten Bundesgebiet
gefördert. (RED)
Der VDE, eine der größten
Technologie-Organisationen
Europas,
steht seit mehr als 125
Jahren für Innovation
und technologischen
Fortschritt.
Als einzige Organisation
weltweit vereint der VDE
dabei Wissenschaft,
Standardisierung, Prüfung,
Zertifizierung und
Anwendungsberatung
unter einem Dach.
Das VDE Zeichen gilt seit
100 Jahren als Synonym
für höchste Sicherheitsstandards
und Verbraucherschutz.
Wir setzen uns ein für die
Forschungs- und Nachwuchsförderung
und für
das lebenslange Lernen
mit Weiterbildungsangeboten
„on the job“.
2.000 Mitarbeiter an
über 60 Standorten
weltweit, mehr als
100.000 ehrenamtliche
Experten und rund 1.500
Unternehmen gestalten
im Netzwerk VDE eine
lebenswerte Zukunft:
vernetzt, digital, elektrisch.
Wir gestalten die
e-diale Zukunft.
LOGISTIK express 1/2021 | S74
Überlagerter Wandel
Johannes Roters, Partner von ASE Automotive Senior Experts GmbH, stellt dar, warum
die Corona-Krise die Symptome der anstehenden Schwierigkeiten nurüberlagert
und wie Interim-Management bei der Bewältigung der Herausforderungen
helfen kann. BEITRAG: REDAKTION
JOHANNES ROTER
PARTNER
ASE AUTOMOTIVE
SENIOR EXPERTS GMBH
Die Krise durch die Pandemie ist in aller
Munde, doch in der Automobilund
Zulieferindustrie überlagert sie
nur die aktuellen Herausforderungen,
mit denen sich die Branche schon länger
konfrontiert sieht. Zwei Phänomene machen
den Autobauern und Zulieferern besonders
zu schaffen und führen zu massiven Veränderungen:
die Elektrowende und die Digitalisierung.
Antriebsrevolution und autonomes
Fahren gelten als die zwei vorherrschenden
Themen – und das auch nicht erst seit gestern.
Seit 2020 ist Johannes Roters Partner bei
der ASE Automotive Senior Experts GmbH.
Über 38 Jahre war er in der Automobilzulieferindustrie
tätig und hat deren Globalisierung
mitgestaltet z.B. Johnson Controls,
Yanfeng Global Automotive Interior (YFAI).
Die Corona-Krise überdeckt diese Herausforderungen
und erschwert den Veränderungsprozess
erheblich. Nun stehen die traditionellen
Unternehmen der Branche vor der
Herausforderung, wie sie mit dem nicht mehr
aufzuhaltenden Wandel umgehen. Welche
Veränderungsprozesse müssen die Verantwortlichen
anstoßen? Um die Transformation
zu starten, verlangt es nach einem lebhaften
Meinungs- und Informationsaustausch. Dafür
sind qualifizierte, erfahrene Führungskräfte
und weniger Manager von Nöten. Denn diese
arbeiten im Wesentlichen an der Gegenwart
– Führungskräfte gestalten jedoch die Zukunft:
Es gilt, jetzt die Organisation wachzurütteln
– zu lange schon wird der notwendige Veränderungsprozess
aufgeschoben, weg vom
sprichwörtlichen ‚das haben wir immer schon
so gemacht‘ hin zu einer Bereitschaft und Leidenschaft
für die anstehenden Veränderungen.
Klingt simpel, ist jedoch sehr aufwendig.
Häufig unterschätzen die Verantwortlichen
die Anstrengungen, die solch ein fundamentaler
Wandel mit sich bringen kann. Ein Veränderungsprozess
muss die gesamte Organisation
umfassen und erfordert daher eine
intensive interne Kommunikation. Erst wenn
das gesamte Unternehmen den Inhalt der
Veränderungen vollkommen verinnerlicht hat,
sie akzeptiert und nach ihnen handelt, dann
ist die Strategie vollständig implementiert.
Im besten Fall nimmt die Organisation sogar
den Aufbruch als neue Energiequelle wahr.
Um den erfolgreichen Wandel zu schaffen,
kann es äußerst hilfreich sein, krisenerfahrene
Interim-Führungskräfte an Bord zu holen,
die den Veränderungsprozess sowie die Begeisterung
für den Wandel effektiv unterstützen.
Aufgrund ihres hohen Erfahrungsschatzes
bringen sie bei der Diskussion der
neuen Vision, deren Herausforderungen und
Umsetzung die gesamte Organisation voran.
Interim-Führungskräfte können bei allen
Beteiligten das Bewusstsein für notwendige
Veränderungsschritte schärfen. Daher kommen
diese Experten sowohl als Kommunikationsund
Feedback-Champion zum Einsatz.
Durch ihre neutrale Position stärken sie die
Akzeptanz der neuen Strategie und informieren
die oberen Führungskräfte über den Fortschritt
der Veränderungen. Fachkundige Interim-Führungskräfte
wissen aus Erfahrung ganz
genau, wann und wie Veränderungsprozesse
ins Stocken geraten. Sie können solche Prozesse
professionell begleiten und, wenn erforderlich,
eingreifen.
Die Neupositionierung muss jetzt ganz oben
auf die Agenda. Je zügiger dies geschieht,
desto eher besteht die Chance, den Anschluss
doch noch zu schaffen. Noch überlagert
die Corona-Krise die eigentlichen
Herausforderungen der Automobilbranche.
Doch nach der Krise ist vor der Krise und die
akuten Herausforderungen treten wieder hervor.
Und genau darauf muss sich die ganze
Automotivebranche jetzt vorbereiten.“ (RED)
Die Welt der
nachhaltigen
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m.jaklitsch@logistik-express.at
LOGISTIK express 1/2021 | S76
Ich will sehen
Vorwegnahme-Taktik verhilft bei Kundenverhandlungen zu Transparenz. beim Kartenspielen
ist oberstes Gebot, sich nicht in dieselbigen schauen zu lassen. Andersherum
ist es ein großer Vorteil, zu wissen, was der Gegner auf der Hand hat. Was
beim Spielen funktioniert, bringt auch bei Geschäfts-Verhandlungen viele Vorteile.
BEITRAG: REDAKTION
Ob Skat, Poker oder Doppelkopf:
Beim Kartenspielen gilt, sich nicht
in die Karten gucken zu lassen.
Andersherum bringt es einen
großen Vorteil, zu wissen, was der Gegner
auf der Hand hat, um passend auszuspielen.
Was beim Spielen funktioniert, bringt auch bei
Verhandlungen auf B2B-Ebene viele Vorteile.
Denn hier geht es in der Regel nicht nur um den
Preis, sondern vor allem um taktischen Vorteil.
Allerdings versucht auch die Käuferseite bei
Vertragsabschluss Vorteile rauszuschlagen.
„Die Kundenseite nutzt oft die Salamitaktik.
Ein erster Aspekt wird durchverhandelt und
preislich festgelegt, um dann mit einer weiteren
Forderung zu überraschen. Scheibchenweise
kommen so immer wieder neue
Anforderungen und Wünsche hinzu und für
denjenigen, der verkaufen will, werden Preisanpassungen
immer schwerer möglich. So
schneiden sich Kunden immer mehr Stücke
vom ‚Verkäufer-Anteil‘ ab“, weiß Oliver Kerner,
professioneller Vertriebstrainer, Speaker
und Coach aus Bremen sowie Gründer von
Foto: Arne de Groot
OK-Training, und erläutert: „Statt einer klaren
Linie, bei der beide Seiten genaue Antworten
zu Produkt- oder Projekt-Spezifikationen,
Lieferzeiten, Team-Zusammenstellung, Startzeitpunkt
und Auftragsdauer erhalten, entstehen
so eher Unklarheiten. Die erfolgreiche
Erfüllung der Vertragspflicht wird so erschwert,
denn in der operativen Umsetzung kommt es
dann unweigerlich zu Fehlern. Um Projekte
schon im Verkauf ganz konkret zu definieren,
hilft die Vorwegnahme-Technik.“
„Ich will sehen“ –
Zuerst den Kunden transparent machen
Auch wenn eingangs gesagt wurde, dass es
nicht nur um den Preis geht, so spielt er doch
innerhalb einer Verhandlung eine wichtige
Rolle. Oliver Kerner verrät: „Hier gilt es, sich
niemals an der Preisgestaltung der Wettbewerber
zu orientieren, sondern erstens Preise
dort zu setzen, wo man sie haben möchte,
und zweitens den Kunden bei dieser Preissetzung
extrem mit einzubeziehen.“ Hierzu eignet
sich die Vorwegnahme-Technik hervorragend,
denn sie zielt darauf ab, gezielt die
Forderungen des Kunden zu ermitteln.
Zu Gesprächsbeginn wird dabei geklärt, welche
Position das Thema Preis einnimmt. Beispiele
für effektive Fragen sind hier: „Welche
Punkte sind für Sie bis jetzt offen außer dem
Preis“, „Abgesehen vom Preis, welche inhaltlichen
Fragen zum Angebot möchten Sie heute
klären?“ oder „Über den Preis werden wir
ja sicherlich gleich sprechen: Welche Punkte
möchten Sie außerdem klären, um eine Entscheidung
treffen zu können?“. Es geht bei
dieser Art von Fragen darum, den Bedarf bis
zum allerletzten Punkt zu ermitteln. Wurden
die Fragen beantwortet, sollte abschließend
immer noch einmal nachgeharkt werden,
welche Punkte weiterhin offen sind, ob es
weitere Wünsche gibt und welche Unklarheiten
detaillierter besprochen werden müssen.
Erst wenn der Kunde hier keine Ideen oder
Punkte mehr vorbringt, ist er transparent mit
seinen Anforderungen, wodurch es möglich
wird, ein passendes Angebot vorzustellen.
Der Vorteil dieses Vorgehens: Der Verkäufer
hat erst einmal zugehört und von sich und seinen
Angeboten noch nichts preisgegeben.
„Ich gebe“ –
Anschließend klug die Karten ausspielen
Wenn außer Frage steht, dass der Verhandlungspartner
wirklich alles genannt hat, was
er klären beziehungsweise verhandeln will,
schließt der Verkäufer die Bedarfsermittlung
mit der Frage „Wenn wir heute alle diese Aspekte
besprechen und falls wir uns einigen
können, sind dann alle Ihre offenen Punkte
geklärt?“. Jetzt erst ist der Punkt gekommen,
an dem der Verhandlungspartner seine Karten
ausspielt. Da ihm alle kundenrelevanten
Informationen vorliegen, kann er auf Forderungen,
Wünsche, Positionen besser eingehen.
Auch Skepsis, Ängste und Unsicherheiten
des Kunden können nun aufgefangen
werden. Statt ins Blaue hinein irgendetwas
anzubieten, ermöglicht die Vorwegnahme-Taktik
ganz effektiv und vorausschauend
vorzugehen und dabei sowohl sehr individuell
als auch sehr präzise Leistungsumfänge zu
definieren.
Oliver Kerner resümiert: „Am Ende steht selbstverständlich
noch die Frage nach dem Preis
– logisch. Statt diese Frage zu fürchten, sollte
sie jedoch mit Freude erwartet werden, denn
das zeigt ein Kaufinteresse – und was soll ein
Kunde auch sagen? ‚Danke für diesen super
Preis – nehm ich!‘? Das wird er nicht tun. Der
Verhandlungskreis schließt sich: Es ist ein Spiel
– und wenn außer dem Preis nichts mehr offen
ist, dann spielt der Verkäufer künftig eben
mit. Aber nicht mehr nach den Regeln der
Kunden, sondern nur nach den eigenen – aktiv,
effektiv und erfolgreich.“ (RED)
OLIVER_KERNER
VERTRIEBSTRAINER
SPEAKER UND COACH
GRÜNDER
OK-TRAINING
LOGISTIK express 1/2021 | S78
Wer sich in Gefahr begibt…
Angeblich sprachen sich in einer Umfrage zufolge 61% aller befragten Bürger
für die Corona – Impfpflicht aus, sogar für eine verpflichtende. Das stimmte
wahrscheinlich noch im Frühjahr 2020[1], als noch niemand wusste, ob es denn
überhaupt einen Impfstoff geben werde und als noch niemand wusste, was
diese Impfstoffe eigentlich bewirken können – im Guten wie im Schlechten.
GASTBEITRAG: UWE KRANZ
UWE KRANZ
JOURNALIST
HALLO MEINUNG
Die Befürworter einer gesetzlichen Impfpflicht
(die immer häufiger geradezu
mit jakobinischem Eifer agitieren), die
notgedrungen (Er-)Duldenden (vor
allem Mitarbeiter in medizinischen und pflegerischen
Berufen, denen ansonsten die Kündigung
droht), die vorsichtig abwartenden Skeptiker (die
lieber zunächst allen regierenden Politikern und
Parteisoldaten den Vorrang geben wollen), die
Befürworter einer freien Impfentscheidung eines
jeden (die liberal-konservativen Bürger, die noch
auf ihre Grundrechte achten) und die hard-core-
Verweigerer (die schon immer gegen das Impfen
waren) – heute sind wir jedoch alle klüger!
Jeder zweite Deutsche mutierte nämlich im Laufe
des Jahres zum Hobby-Virologen; das Studium des
Ärzteblatts und die Verlautbarungen von WHO, RKI
und PEI haben die Lektüre der Apothekerzeitung
(vulgo: Rentnerbravo) abgelöst. Folge: Das Meinungsbild
ändert sich!
Eine Umfrage von mdrFRAGT[2] brachte schon im
Dezember 2020 zutage, dass insbesondere die Altersgruppe
der 31- bis 50-jährigen gegen eine Corona-Impfpflicht
sind (54%) und zusätzliche 33% erst
dann für eine Impfpflicht plädieren, wenn es Langzeitstudien
gibt, die Spätfolgen ausschließen. Nur
ganze 11% will eine sofortige Impfpflicht einführen.
Aber auch die letzte veröffentlichten Umfrage
vom Januar 2021[3], die das schiere Gegenteil der
Umfrage vor einem Jahr zu signalisieren scheint, ist
zu hinterfragen. Danach ist nur noch jeder Dritte
für eine gesetzliche Corona-Impfpflicht, deutliche
56% gegen eine zwingende Immunisierung und die
große Mehrheit (62%) lehnt Vorteile für Menschen
ab, die gegen das Coronavirus geimpft sind (Flugreisen,
ÖPNV, Restaurants, Hotels, Events…).[4] Vor
allem schreibt das Redaktionsnetzwerk Deutschland
(RND) aber, dass die „Bundesregierung bislang
auf die gesetzliche Impfpflicht verzichtet“.
Ich kenne kaum jemanden, der sich in voller Kenntnis
der drohenden Gefahren und des aktuellen
wissenschaftlichen Wissensstands mit Begeisterung
in eine lebensbedrohliche Maßnahme wie
der Corona-Zwangsimpfung stürzt. Aber ich kenne
unheimlich viele, die Aussagen der Mainstreammedien
schon nach dem Anlesen der Schlagzeile
(neudeutsch: Headline) verinnerlichen und zum
Glaubenssatz erheben. Die Aufgabe einer Schlagzeile
besteht ja auch darin, die Aufmerksamkeit
eines flüchtig und selektiv lesenden Betrachters zu
erreichen (und das sind die allermeisten), ihn anzusprechen
und auf den anschließenden Fließtext zu
leiten. Schlagzeilen und Überschriften helfen dem
Leser, zu selektieren, was ihn interessiert und was
nicht. Übrigens: Untersuchungen zufolge lesen doppelt
so viele Leser die Überschrift eines Artikels wie
den Artikel selbst.
Das „bislang“ ist längst vorbei
Die Fragestellungen der Umfragen werden weder
vollständig wiedergegeben, noch der Auftraggeber,
die Anzahl der Befragten oder deren Auswahl.
Geliefert wird häufig, was bestellt wurde, d.h. man
muss den veröffentlichten Umfragen auf den Grund
gehen. Das Gegenteil geschieht: beim flüchtigen
Lesen bleibt in Etwa hängen, dass zwar ein Drittel
und mehr für die gesetzliche Impfpflicht sei, die Regierung
aber darauf verzichte. Untergegangen ist
dabei das Wörtchen „bislang“. Schnell wird noch
die Information angehängt, dass Menschen, die
sich gegen Grippe impfen lassen, sich zu 56% auch
gegen Corona impfen lassen wollen. Und alle wollen,
dass es keine Vorteile für Geimpfte gebe. Das
nennt man Propaganda, nicht Nachricht.
Waldhimbeeren und „Lebensbedrohliche Nebenwirkungen“
Über das amtliche Impfstoffzulassungsprotokoll, wo
die lebensbedrohlichen Nebenwirkungen beschrieben
werden, wird kaum eine Zeile geschrieben. Wer
liest schon Beipackzettel? Wahre Informationen
sind inzwischen eine „Holschuld“, man muss sich
intensiv um sie bemühen, sie zuweilen im Informationsgestrüpp
der sozialen Medien heraussuchen,
wie wilde Himbeeren im Wald. Das offizielle „Protokoll
zur Untersuchung der Sicherheit und Effektivität
des Covid-19-Impfstoffes“, welches BioNtech und
Pfizer bei der amerikanischen Arzneimittelbehörde
FDA[5] vorlegten, ist recht voluminös (376 Seiten).
Aber: Es wurde mehrmals nachträglich geändert
(eklatante Protokollbrüche); es enthält ein Dutzend
Mal das Wort „lebensbedrohlich“; es findet sich der
Hinweis, dass unter den rund 43.000 Probanden (die
Hälfte davon Placebo-Probanden) 44 so schwer
erkrankten, dass ein „dringendes medizinisches Eingreifen“
erforderlich wurde; es zeigt auf, dass bis zu
84% der Probanden unerwünschte Reaktionen auf
die Impfung zeigten; es enthält, eher verdeckt, die
Aussage, dass nur bei über 7.000 geimpften Personen
gerade einmal eine einzige von der Wirkung
profitierte.
Der Kasseler Arzt und Statistiker Zacharias Fögen, der
das ganze Protokoll kritisch analysierte, zeigte sich
bestürzt und schlussfolgerte sogar, dass eine „Entlastung
des Gesundheitssystems insofern aufgrund
der belegten Impfreaktionen und Nebenwirkungen
gar nicht zu erwarten (und auch nicht nachgewiesen)
ist“[6]. Sogar das Gegenteil sei zu befürchten,
nämlich dass die konkrete Gefahr bestehe, dass
die Impfstoffe die Krankheit verstärken, statt lindern
können. Diese Folge scheint sich bei der berichteten
Vielzahl von sogenannten „Impf-Toten“[7], die
schon kurz nach Erhalt der Erstimpfung an oder mit
ihr verstarben, zu bestätigen; konsequente, pathologische
Untersuchungen (Pflicht-Autopsien) stehen
jedoch (mit wenigen Ausnahmen[8]) aus. Fögers
Erkenntnis, dass Geimpfte ein fünfmal höheres
Risiko für einen schwereren Covid-Verlauf haben,
als Ungeimpfte, findet man leider nur auf YouTube
und Pi-news. Mainstream- und Hofmedien unterdrückten
seine wissenschaftliche Kritik, wohl um die
angeordnete Impffreude nicht zu trüben.
Auch die ähnlich kritische Analyse des international
anerkannten Impfstoff-Zulassungsexperten Peter
Doshi fand keinen Eingang in die deutsche Medienwelt,
sieht man von dem Internetportal Journalistenwatch
einmal ab,[9] der bei allen positiven
PCR-Tests einen Nachtest fordert und den Ct-Wert
(Zyklenzahl) problematisiert – was aus Kostengründen
aber meist unterbleibt (nicht bei Fußballern
oder Politikern).
Es sind eben keine Verschwörungstheoretiker oder
vereinzelte Ärzte, sondern die leibhaftige ehemalige
Direktorin des französischen Nationalen Instituts
für Gesundheit und medizinische Forschung, die
Genetikerin Dr. med. Alexandra Henrion-Caude,
die daher fordert, dass die Öffentlichkeit vor der
Impfung intensiver über die lebensgefährlichen
Risiken der mRNA-Impfstoffe aufgeklärt werden
müsse, vor allem SeniorInnen. Oder die irische Immunologin
und Molekularbiologin Prof. Dr. Dolores
Chahill, die nach mRNA-Impfungen „schwere Immunerkrankungen
der Lunge“, gar „tödlichen Zytokinstürmen“
befürchtet, weil der Impfstoff die Körperzellen
gentechnisch so modifiziere, dass sie das
Spike-Protein des Coronavirus produzieren.
Diesen Artikel gibt es als
auch als Podcast unter:
https://bit.ly/2OInnRD
LOGISTIK express 1/2021 | S80
Wenn diese evtl. Monate später auf ein echtes Coronavirus
treffen, bekämpften die Zellen sozusagen
sich selbst, was zu septischem Schock, multiplen
Organversagen und in der Regel mit Tod ende.
War dies der Grund, die Placebo-Kontrollgruppe
vorzeitig aus der klinischen Phase zu nehmen, weil
sonst aufgefallen wäre, dass nur Geimpfte schwer
erkrankten? Droht den Impfskeptikern und -gegnern
nun das Quarantäne-Lager?
Auch die Harvard University in Boston stellt fest,
dass wichtige Fragen weiterhin offen seien[10], und
fürchtet unerwartete Sicherheitsaspekte, die evtl.
erst nach Millionen bis Milliarden Impfungen auftreten
könnten. Kernfragen sind nach wie vor unbeantwortet:
Was passiert mit der wahrscheinlich
großen Zahl an Impflingen, die nur eine Dosis erhalten?
Wie lange hält der Impfschutz an? Länder als
zwei Monate? Schützt die Impfung vor schweren
Verläufen? Beugt die Impfung auch asymptomatischen
Infektionen vor? Verhindert die Impfung die
Ansteckung anderer? Kann damit überhaupt die
Ausbreitung der Viren gebremst werden?
Angst essen Hirn auf
Die Impflust der deutschen Schlafschafe soll gefördert
werden, haben unsere Machthaber im
Bund und in den Ländern beschlossen. Nach der
Erkenntnis des großen chinesischen Kriegsherrn
Sun Tzu (500v.C.) besteht jegliche Kriegsführung
in der Kunst der Täuschung und Irreführung. Zunächst
durch das tägliches Bombardement mit
Angstzahlen: Die Zahl der angeblich „Infizierten“
(die übrigens nicht einmal auf den Tag genau ist,
allenfalls die Zahl der positiv Getesteten widerspiegelt
und dabei Relation zur Anzahl der Testungen
unterschlägt); Die Zahl der belegten Intensivbetten
(die auf wundersame Weise sich nach Zahlung von
50.000 €/Bett durch den Bund zunächst vermehrte
und danach, wegen Personalmangels, wieder re-
QUELLE
[1] Ärzteblatt vom 27.04.2020: Bei einer Umfrage
des Civey-Instituts für das Portal t-online
sprachen sich 45 % „auf jeden Fall“ für
eine Impfpflicht aus (vor allem Senioren),
sobald es einen Impfstoff gebe, 16% beantworteten
die Frage mit „eher ja“. Rund ein
Drittel lehnte eine Impfpflicht kategorisch
ab.
[2] 07.12.2020: http://bit.ly/2OOxuVh
[3] RND zitiert am 07.01.2021 das Meinungsforschungsinstituts
YouGov, das die Daten
im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur
(dpa) erhob.
[4]Weitere 23 Prozent wären dafür, wenn
gesichert ist, dass die Geimpften das Virus
nicht übertragen können. dafür gibt es bisher
noch keine ausreichenden Erkenntnisse.
[5] FDA = Food and Drug Administration
[6] https://bit.ly/2OR5a4J
[7] Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) ist offiziell zuständig,
alle Verdachtsfälle von Impfkomplikationen
und Impfnebenwirkungen zu
registrieren und in der DB-UAW aufzulisten,
um zu prüfen, ob es einen Zusammenhang
zwischen Impfung und Todeseintritt gibt
(www.pei.de/db-uaw).
[8] t-online, 06.02.2021: Kölner Staatsanwalt
ordnet Obduktion von drei Menschen an,
die nach Impfung verstarben.
[9] http://bit.ly/3u7xxeN
[10] Dr. Eric J. Rubin & Dr. Dan L. Longo,
Harvard University, Boston,USA (NEJM 2020;
online 10. Dezember
[11] BT-Drs. 19/22396 und
http://bit.ly/2ONo10p
[12] US-Joint Doctrine for Information Operations
(IO) in http://bit.ly/3dA9zmX
[13] Der CCO (Chief Content Officer –
Content bedeutet Inhalt) von Scholz &
Friends plauderte am Ostseestrand aus
dem Nähkästchen.
[14] http://bit.ly/3s0ZYt8
duziert wurde); Der R-Wert (wochenlang Buhmann
Nr. 1, wird jetzt nur noch als Beiwerk gehandelt); Der
Inzidenz-Wert (der nicht wirklich etwas aussagt und
je nach Wochenlage wie auf einem Basar gehandelt,
sprich heruntergeschraubt wird); Die Zahl der
Toten, die an oder mit Corona verstarben, (die mit
bis zu acht Wochen Verzug gemeldet werden und
von denen keiner weiß, woran sie wirklich starben
und bei denen keiner Anstalten macht, wenigstens
Random-Autopsien anzuordnen). Soviel Angst
frisst bei manchem das Hirn auf und lässt mit sich
machen, was die Machthaber wollen. Auch Parlamentarier
nicken da nur noch ab, statt aufzumucken
und ihres Amtes zu walten. Daneben werden
die Lockdown-Orgien zu heldenhaftem Opfer der
Bevölkerung hochstilisiert. Schon am 01.04.2020
(wir erinnern uns: der erste Lockdown begann
am 23.03.2020) schloss Bundesgesundheitsminister
Spahn mit der Werbeagentur Scholz &Friend seinen
Vertrag für die Impfkampagne „Deutschland krempelt
die #Ärmel hoch“ ab, der rund 25 Millionen
Euro kostete. Ein Klacks, denn Spahns zusätzlicher
Corona-Topf umfasste satte 90 Millionen Euro und
das ist der Großteil des Werbetopfs der Bundesregierung
(150 Millionen Euro).
Dass sich diese Werbeagentur 2020 noch in einem
handfesten Sexismus-Skandal stak und zuvor eine
dubiose Atommüll-Endlagerkampagne führte,
machte dem Gesundheitsminister nichts aus, verhalf
aber der Werbeagentur zu einem „kometenhaften
Aufstieg“.[11]
Bei der Mobilisierungskampagne #wirbleibenzuhause“
fehlte denn kaum ein Prominenter, der
nicht auch seine Hände über den Kopf faltete, um
ein Dach zu symbolisieren. Scholz & Friends wendete
damit nur seine alte Linie, denn vor wenigen
Jahren kreierte das Team für die Berliner Obdachlosenzeitung
“strassenfeger“ noch den „Superpenner“,
dessen „Muskeln fester als sein Wohnsitz“
seien. Mit den Werbespots „Wir waren besondere
Helden“ wurden schließlich gedankliche Anleihen
und Assoziationen an den US-Kriegsfilm „Wir waren
Helden“ gemacht, um das Herumlungern auf der
häuslichen Couch zu einer heldenhaften Aktion zu
verklären. Infantilisierung pur!
Auch für die Impfkampagne wird nach Kräften geworben,
was das Zeug hält: „Deutschland krempelt
die #Ärmel hoch“- im Rundfunk, im Fernsehen, in
den Printmedien und im Internet: YouTube, Facebook,
Twitter, Instagram und seit neuestem auch
auf LinkedIn, Whatsapp, Telegram und Tiktok. In
der modernen PR-Welt heißt das „perceptionmanagement“,
auf gut deutsch: Wahrnehmungsmanagement“.
Das sind „Handlungen zum Transportieren
und/oder Vorenthalten ausgewählter
Informationen und Indikatoren gegenüber einem
fremden Publikum, um seine Gefühle, Motive und
sein objektives Denken zu beeinflussen; und gegenüber
Nachrichtendiensten und der Führung
auf allen Ebenen, um offizielle Einschätzungen zu
beeinflussen. Auf unterschiedliche Arten kombiniert
das Wahrnehmungsmanagement Wahrheitsprojektion,
Sicherheit beim Einsatz, Vertuschung und
Täuschung und psychologische Operationen- es
stammt ja auch aus der US-militärischen Kriegsführung“[12]
Der Golfkrieg und seine irakischen
Brutkästen und Cambridge Analytica (Microtargetingbei
Brexit und US-Wahl) lassen grüßen, denkt
man an die „WHO Infodemiology Conference”
vom Juni 2020 zurück und an die offen zugegebene
PR-gesteuerte und bewusste Diffamierung
Andersdenkender als Verschwörungstheoretiker
und Aluhutträger[13], was prompt eine staatlich
opulent gesponserte Spaltung unserer Gesellschaft
nach sich zog.
Fakten, Dialogbereitschaft, Informationsaustausch,
Akzeptanz, überzeugende Kommunikation?
Fehlanzeige! Stattdessen Grundrechtseinschränkungen
en masse, Verbote, Gebote, Androhung
von Konsequenzen, rigide Kontroll- und Sanktionsmaßnahmen,
Infragestellung der Gewaltenteilung,
PR-Gedöns auf Kosten aller Steuerzahler und gegen
einen Großteil der Steuerzahler[14] – und eine
höchst gedeihliche, mir aber äußerst unheimliche
Zusammenarbeit von PR-Agenturen mit dem Lagezentrum
des BMG. Die Realität schlägt doch tatsächlich
die vor einem Jahr noch kursierenden so
genannten „Verschwörungstheorien“.Ach ja: Was
war nochmal der Grund für die Impfung?
LOGISTIK express 1/2021 | S82
Risiken & Nebenwirkungen garantiert
Jeder Arzt berücksichtigt bei seiner Medikation die aktuelle gesundheitliche
Situation seines Patienten und wägt die ihm bekannten Nebenwirkungen und
Risiken der von ihm verschriebenen Medikamente und Therapien sorgfältig ab:
Der Nutzen muss zumindest den Schaden deutlich überwiegen. Bei jedem Medikament,
das wir einnehmen, sollte man daher auch den Beipackzettel lesen,
der die Risiken und Nebenwirkungen beschreibt. GASTBEITRAG: UWE KRANZ
UWE KRANZ
JOURNALIST
HALLO MEINUNG
Die Lockdowns und die anderen Anti-Corona-Maßnahmen,
die unsere
Machthaber uns, der Bevölkerung,
verordnet haben, sind eigentlich
auch eine Art Medizin, bei der man Nutzen
und Schaden hätte sorgfältig abwägen
müssen. Schon am 30. Januar 2020 erklärte
die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die
„gesundheitliche Notlage von internationaler
Tragweite“. Nach wochenlangem Abwiegeln
der Gefahr reifte auch bei der Bundesregierung
die Erkenntnis, dass nach China, Ägypten,
Iran, Südkorea, Thailand und den USA
das Virus nun auch in Europa zugeschlagen
hatte, zunächst in Frankreich, in Italien, in der
Schweiz, in Polen, in Dänemark, in Tschechien,
dann auch in Deutschland. Die ersten Infektionen
wurden offiziell angeblich im März 2020
in Sachsen und Thüringen gemeldet. Wirklich?
Man muss wohl daran erinnern, dass die erste
Infektion schon am 27. Januar aus dem Landkreis
Starnberg gemeldet worden war und
auch daran, dass der in Deutschland neu
eingerichtete Krisenstab erstmals am 28. Februar
2020 zusammenfand. Als am 10. März
das Virus auch in Sachsen-Anhalt festgestellt
worden war, war endlich ganz Deutschland
betroffen. Acht Tage später sprach die Bundeskanzlerin
von einer „Herausforderung von
historischem Ausmaß“ und am 25. März verfügte
der Bundestag seine eigene Entmachtung,
indem er die „Epidemische Lage von
nationaler Tragweite“ beschloss, eine Entscheidung,
die er am 18. November nochmals
verlängerte. Der Panik-Modus lief an.
„Too late, too little…“
Die danach getroffenen Maßnahmen waren
zu spät, sie waren unzureichend und sie waren,
wie wir heute wissen, nicht durchdacht.
Gewiss, die Risikoentscheidungen waren im
Frühjahr 2020 durch die damals bestehenden
begrenzten Erkenntnisse über das SARS-CoV-
2-Virus zwar beschränkt, aber die Gefährdungen
und die dagegen erforderlichen Maßnahmen
waren ja auch nicht unvorhersehbar
gewesen. Schließlich gab es genügend Erkenntnisse,
z.B. aus der Schweinegrippe
(2009), aus dem „Bericht zur Risikoanalyse
im Bevölkerungsschutz 2012“ (ab S.55 ff wird
ein ähnliches, hypothetisches, sogar drastischeres
Szenario beschrieben), der Influenza
2017/18 (der 25.100 Menschen zum Opfer
fielen) und zuletzt, ganz aktuell, aus der Simulations-Übung
„Event201“ (Oktober 2019).
Diese war vom John Hopkins Center für Gesundheitssicherheit,
dem Weltwirtschaftsforum
und der Bill & Melinda Gates Stiftung (die
alle aufs engste miteinander verbunden sind,
vor allem finanziell) veranstaltet worden und
elitär mit Top-Bankern, Hotel- und Logistikunternehmern
und PR-Experten besetzt, nicht
aber z.B. mit Ärzten, Psychologen oder Soziologen.
Ziel der Übung war zu testen, wie die
Staaten auf die Herausforderungen eines
neuartigen, zoonotisch übertragenen Coronavirus
(„nCoV“) reagieren würden, das
innerhalb von 18 Monaten zum Tod von 64
Millionen Menschen führen würde. Übungsannahme
war, dass das Virus zunächst Handel
und Reisemöglichkeiten lähmen würde, um
dann die Weltwirtschaft zum Absturz bringen.
Die Schlussfrage im Panel lautete tatsächlich,
ob die globale Gemeinschaft bereit sei, die
harten Maßnahmen zu ergreifen, die erforderlich
seien, um die nächste Pandemie zu stoppen
– fast schon hellseherisch, nicht wahr?
Korrelation impliziert nicht automatisch Kausalität...
aber die Risikoentscheidungen waren
im Frühjahr 2020 vor dem Hintergrund der Erfahrungen
und Erkenntnisse aus den früheren
Epidemien zu fällen. Dennoch wurden in
dieser Phase zu keinem Zeitpunkt (und auch
später nicht) überprüft, ob die ergriffenen
Gegenmaßnahmen noch in einem vernünftigen
Verhältnis zu den Ursachen stehen, ob
die zweifelsfrei vorhersehbaren Kollateralschäden
nicht höher als der Nutzen sind. Dabei
zirkulierte schon länger in der Abteilung
Krisenmanagement und Bevölkerungsschutz
des Bundesinnenministeriums, Referat „Schutz
Kritischer Infrastrukturen (KRITIS)“, ein Evaluationsbericht
des Oberregierungsrats Stephan
Kohn, welches er dann am 08.05.2020 auch
an einen breiteren Verteiler steuerte – aus
dem es dann postwendend auch an die Medien
gelangte, weshalb er ebenso postwendend
suspendiert wurde. In diesem Papier
diagnostizierte er treffend „schwerwiegende
Defizite im Regelungsrahmen für Pandemien
sowie Fehlleistungen im handwerklichen
doing des Krisenmanagements” und postulierte
vorausschauend:
„Es gibt in einer Pandemie also immer mindestens
zwei Gefahren, die das Krisenmanagement
im Blick haben muss: gesundheitliche
Schäden durch einen Krankheitserreger und
Kollateralschäden durch Nebenwirkungen
der Schutzmaßnahmen oder (als Spezialfall)
einen Fehlalarm.“
Bei den Folgeabschätzungen durch die
Krisenstäbe fehlten nach Kohns Analyse wesentliche
Teile, nämlich die wirtschaftlichen,
psychosozialen und gesundheitlichen Konsequenzen
des Lockdowns. Branchen wie
Handel, Gastronomie, Tourismus, Event, Messe,
Kunst und Kultur stehen vor dem Aus, das
Bruttoinlandsprodukt wird absacken, rund 10
Millionen Arbeitskräfte kommen in Kurzarbeit,
ihnen droht in naher Zukunft die Arbeitslosigkeit,
die Zahl der Konkurse wird dramatisch
steigen, die Steuereinnahmen werden sinken,
Staatsausgaben und Verschuldung werden
in ungeahnte Höhensteigen, Sozialversicherungs-,
Kranken- und Pflegesysteme werden
erheblich belastet und Kreditausfälle werden
drastisch steigen (insbesondere Hermesbürgschaften!)
– wie weitsichtig!
Diese Analyse des Referenten aus dem
Innenministerium wäre eigentlich Aufgabe
der Wirtschafts- und Finanzministerien,
gar Chefsache gewesen. Die Medien
warfen dem vorausschauenden
Referenten damals vor, dass die Beweisführung
„grundsätzlich problematisch“ sei, das
er „zwar plausible“ Argumente vortrage,
die aber „nicht belegt“ seien. Dabei sind alle
seine Voraussagen eingetroffen, in fast allen
Bereichen gab es erhebliche Einbrüche: am
Diesen Artikel gibt es als
auch als Podcast unter:
https://bit.ly/3b7yT0F
LOGISTIK express 1/2021 | S84
schlimmsten in der Kultur- und Kreativwirtschaft
(-31%), gefolgt von der Tourismusindustrie
(-27%) und der Automobilbranche (-25%).
Die Liste kann problemlos fortgesetzt werden.
Zehntausende Künstler und Kulturschaffende
sind davon betroffen, aus Museen, Galerien,
Schlösser, Theater, Kinos, Kleinkunstbühnen,
Konzerthäuser, Musik- und Filmveranstaltungen,
Kinos u.a. Einrichtungen; sie alle werden
bald zu Hartz-IV-Empfängern.
Man kann ja der Milchmädchen-Meinung
sein, dass das alles nur Geld sei, das man halt
nur drucken müsse, um der Wirtschaft über einen
Engpass zu helfen. Aber die Problematik
geht viel tiefer.
Nil nocere ...
Auch seine Voraussagen bezüglich der gesundheitlichen
und psychosozialen Folgen
des Lockdowns sind zutreffend. Schon früh
erkannte er:
„Der Kollateralschaden ist inzwischen höher
ist als der erkennbare Nutzen … Alleine ein
Vergleich von bisherigen Todesfällen durch
den Virus mit Todesfällen durch die staatlich
verfügten Schutzmaßnahmen (beides ohne
sichere Datenbasis) belegen den Befund.“
Zu diesem Schluss kam er, nachdem er mehrere
Wissenschaftler und Ärzte um Rat befragte,
die auch seine überblicksartige Zusammenstellung
gesundheitlichen Kollateralschäden
(incl. Todesfälle) auf Plausibilität überprüften
(und nach Veröffentlichung und der kritischen
Überprüfung aus dem Bundesinnenministerium
auch bei ihrer medizinwissenschaftlichen
Meinung blieben!). Diese Analyse
des Referenten aus dem Innenministerium
wäre eigentlich Aufgabe des Gesundheitsministeriums
gewesen, vor allem aber eine medizin-wissenschaftliche
Begleitung der Anti-
Corona-Maßnahmen. Die Bundesregierung
hatte sich jedoch längst kopflos in den Lockdown-Modus
gestürzt, koste es was es wolle
– selbst Menschenleben! Das oberste medizinische
Prinzip, vor allem nicht zu schaden
(nil nocere), wurde damit auf den Kopf gestellt.
Selbst nach dem zweiten Lockdown, dem so
genannten „Wellenbrecher“, seiner ersten
Verlängerung als harter Lockdown Ende 2020,
seinen weiteren Verlängerungen im Januar
und Februar 2021 und der vorhersehbaren
weiteren Verlängerungen (mehrere politische
QUELLE
[1] Diese Daten wurden aufwendig erfragt/
erhoben von Marlene Lufen, Moderatorin
beim Frühstücksfernsehen. Sie macht damit
ihre Arbeit als Journalistin richtig – und
sie machtezugleich die Arbeit der Bundesregierung.
Ihr sei hier dafür ausdrücklich
gedankt!
[2] D-Statis: 2018: 9.396, 76 % Männer, medianes
Alter 57,9 Jahren, 50% Erhängen,
Strangulieren und Ersticken. http://bit.
ly/2ZkxOgn
[3 ]Psychiater Prof. Dr. Wolfram Kawohl,
Chefarzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
in Windisch (CH), 07.05.2020
[4] Berliner Senatsverwaltung für Inneres
und Sport auf Anfrage des Abgeordneten
Marcel Luthe (Ex-FDP); COR-
RECTIV relativiert zwar diese Zahlen,
bezieht sich jedoch auf die parlamentarische
Anfrage 18/19026 vom 25.05.2019.
Auch darin sind die Rubriken „Psychiatrische
Notfall, evtl. suizidgefährdet“ beeindruckend.
CORRECTIV bestätigt aber, dass
Mitte März 2020 die Häufigkeit des Einsatzcodes
17D01J um 300 Prozent gestiegen
seien. Dieser steht für Personen, die mit unterstellter
Suizidabsicht aus mehr als zehn
Metern Höhe springen wollen. Dieser Einsatzcode
wurde im Februar 2020 dreimal
vergeben, im März gar nicht und im April
viermal. Es handelt sich also um sieben Einsätze
im ersten Jahresdrittel 2020. Das sind
so viele wie im Jahr 2019.
[5] Dr. Ulf Dittmar, Virologe,
Uniklinikum Essen
[6] Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung
(KBV), Andreas Gassen auf
https://bit.ly/3jSgQzr
[7]Kinderarzt Dr. Thomas Buck,
http://bit.ly/2OHwtye
Hinweise deuten auf den Spätsommer 2021
hin, dem Termin der Bundestagswahl!), gibt
es keine ersichtlichen Bemühungen, diese
medizinischen und gesundheitlichen Kollateralschäden
festzustellen, die erforderlichen
Daten zu erheben und diese umfänglich wissenschaftlich
zu analysieren, um die Erkenntnisse
in die Entscheidungsmatrix einfließen zu
lassen. Wie denn auch, wenn diese Regierung
schon unfähig ist, innerhalb eines Jahres
ein ordentliches, verlässliches, tagesaktuelles
Meldesystem der tatsächlich Infizierten zu installieren,
Todesfälle über den Daumen beurteilt
und PCR-Tests verwendet, die weder
zertifiziert noch geeignet sind.
ORR Kohn meldete alleine für März und April
2020, dass 90 % aller eigentlich notwendiger
Operationen verschoben oder gar abgesagt
wurden. Dies betraf auch rund 2 Millionen
Krebspatienten. Grund war die vom Bundesgesundheitsministerium
am 16. März angeordnete
Räumung der Kliniken zur Freihaltung
von Behandlungsplätzen, zunächst um 50%,
am 20. Mai reduziert auf 30%, was immer
noch zu viel war, wie die Leerstände bewiesen).
Den OP-Rückstau alleine von März/
April aufzuarbeiten, dürfte etwa 11 Monate
dauern –und auch nur dann, wenn wöchentlich
illusorische 20% mehr Eingriffe stattfinden
könnten! Experten rechneten deshalb früh
damit, dass in Deutschland zwischen 5.000
und 125.000 Menschen wegen OP-Absagen
oder -Verschiebungen verstarben oder noch
versterben werden – und das auf der Basis nur
des ersten Lockdowns. Wo bleibt die Jahresanalyse
der Bundesregierung?
Die Weltgesundheitsorganisation fand im
Frühjahr 2020 bei einer Umfrage in 155 Ländern
heraus, dass durch Lockdown und andere
Anti-Corona-Maßnahmen die erforderlichen
Behandlungsmaßnahmen bei den
folgenden Krankheiten stark eingeschränkt
waren: Bluthochdruck (-50%), Herz-Kreislauferkrankungen
(-31%), Krebsleiden (-42%) und
Diabetes (-49%).Wo bleibt die entsprechende
Jahresanalyse der Bundesregierung? Die Zahl
der unterbliebenen Krebs-Vor- und -Nachsorge-Maßnahmen
geht in die Hunderttausende.
Notaufnahmen und Arztpraxen verzeichneten
einen Rückgang dieser Patienten von
25%,sogar bis zu 50% bei leichten Symptomen
eines Schlaganfalles. Die Zahl kausaler Sterbefälle
müsste längst dringend wissenschaftlich
erforscht werden. Schon vor Corona waren in
Deutschland über 600.000 Kinder (6,5%) häuslicher
Gewalt ausgesetzt, 2,6 Millionen Kinder
lebten mit suchtkranken Eltern. Durch Schulund
Kitaschließungen, Homeoffice, Freistellungen,
Kurzarbeit und Entlassungen fielen
die Schutzräume vieler Kinder und viele Elemente
der sozialen Kontrolle dem Lockdown
und den anderen Anti-Corona-Maßnahmen
zum Opfer. Die Folge: Deutliche Zunahme
der Gewalt gegen Frauen und Kinder, die
ihren Peinigern zuhause jetzt noch mehr ausgeliefert
sind. 2020 riefen 461.000 Kinder die
„Nummer gegen Kummer“ an (0800-1110333,
leider nur besetzt von Mo-Sa, und von 1400-
2000 Uhr), die online-Beratungen schnellten
um 31% nach oben, das sind fast 10.500 Beratungsersuchen
mehr, als in den Vorjahren.
In der Gewaltambulanz der Berliner Charité
stieg die Zahl der Opfer häuslicher Gewalt
an Kindern im 1. Halbjahr 2020 um 23%.
Rund 67% aller jungen Menschen im Alter
von 18 – 24 Jahren ist psychisch belastet,
die Anzahl der Fälle von Magersucht nimmt
zwischen 10% und 20% zu, schon davor litten
800.000 Menschen an dieser Krankheit,
6%bis zu 10% starben sogar daran.
[1]Wo bleiben die entsprechenden Jahresanalysen
der Bundesregierung für 2020?
Vor 2020 wurden pro Quartal 2,5 Millionen gesetzlich
Versicherte bei Fachärzten für Psychiatrie
und Psychotherapie & Nervenheilkunde
(DGPPN) behandelt; jährlich begehenzwischen
9.000 und10.000 Menschen Suizid[2],
jeder fünfte stehe im Zusammenhang mit
der Arbeitslosigkeit.[3]. Diese Zahlen werden
angesichts der steigenden Massenarbeitslosigkeit,
wachsender Existenzängste in Verbindung
mit „Kontaktsperren“ und „Rückzugsgeboten“
(vulgo: Ausgangsbeschränkung
oder -sperre) 2020 gestiegen sein, jedoch ist
die aktuelle Jahreszahl der Suizide noch nicht
veröffentlicht. Aber es gibt deutliche Indizien
dafür: Bis November 2020 soll die Berliner Feuerwehr
294 Mal unter dem Einsatzcode „Beinahe
Strangulierung/erhängen“ ausgerückt
sein, 2019 seien es ganze drei Einsätze, 2018
sieben gewesen[4]. Wo bleibt die entsprechende
Jahresanalyse der Bundesregierung?
Die Anti-Corona-Maßnahmen führen wissenschaftlich
inzwischen unbestreitbar zur
LOGISTIK express 1/2021 | S86
sozialen Isolation und damit zu erheblichen
Depressionen, Deprivationen, Suchtmittelmissbrauch
und Schlaf- oder lebensgefährlichen
Essstörungen. 74% aller Depressiven
fühlen sich durch die Lockdowns und den anderen
Anti-Corona-Maßnahmen „extrem belastet“.
Da diese Maßnahmen immer wieder
verlängert wurden und werden, sind verheerende
Langzeitwirkungen zu erwarten, die
wissenschaftlich studiert und analysiert werden
müssten. In 50 % aller Haushalte leben
Menschen alleine. Gewiss, da sind auch viele
Heranwachsende und Erwachsene mittleren
Alters darunter – doch zunehmend viele Senioren
wohnen allein, Menschen, die sichtlich,
aber leise unter dem Anti-Corona-Missmanagement
leiden. Sie haben keine Stimme,
die vereinzelten Fürsprecher verhallen in der
medialen Wüste. Sehr alte Menschen mit beginnender
Demenz brauchen aber besonders
intensive soziale Kontakte: Seniorensport,
Besichtigungsfahrten, Kaffeekränzchen, Spielenachmittage
oder Besuche von nahen Angehörigen,
dies alles wird ihnen vom Staat
untersagt, schlimmer: sie werden staatlicherseits
isoliert und damit traumatisiert.
Dringend erforderlich wäre tatsächlich eine
Differenzierung der Übersterblichkeit in Bezug
auf Suizide, Kollateraltote und unzureichend
behandelte andere Erkrankungen (Infarkte,
Tumore, vernachlässigte Pflegebedürftige,
etc.) in Korrelation zu Covid-19-Erkrankungen/-Toten.
Sonst laufen wir weiter einer zum
Scheitern verurteilten Strategie hinterher. Daran
muss sich unmittelbar anschließen eine
Untersuchung der Thematik „mit oder an
Impfung gestorben“ – unter besonderer Berücksichtigung
der Pflegheime, ein eigenes
Thema. Dass insbesondere kleine Kinder erwiesenermaßen
keine Treiber der Pandemie
sind[5], aber dafür umso stärker unter dem
Anti-Corona-Missmanagement leiden, ist bekannt;
dennoch bleiben die Kitas und Grundschulen
geschlossen. Ein vernünftiges Schulmanagement
war nicht gewährleistet, das
Jahr 2020 wurde diesbezüglich regelrecht
verschlafen, die Digitalisierung ist insgesamt
katastrophal, und ein gutes Schulmanagement
ist 2021 auch nicht zu erkennen. Insbesondere
die Lockdowns überfordern nicht
nur die Eltern, sondern besonders die Kinder.
Ihnen fehlen die Schule, die Freunde, die
Hobbys, den Eltern fehlt das Geld, um die
veränderte Bildungssituation bewältigen zu
können. Ihnen wird vor allem nicht schnell genug
geholfen. Too late, too little– auch hier.
Die Folgen sind im psychosozialen Bereich
zu beobachten, aber auch im Lern- und
Reifeprozess der Kinder, die sich zum Teil sogar
zurückentwickeln. Kliniken und Kinderärzte
alarmieren, beobachten eine deutliche
Zunahme von Leistungsstörungen,
Nahrungs- und Bewegungsmangel, Sprachentwicklungsstörungen,
psychische Probleme,
pathologischem Medienverhalten, Depressionen,
Essstörungen; generell: von einer
massiven Zunahme von Kindern, die verhaltensauffällig
sind[6]. Dies gilt insbesondere
bei sozialschwachen Familien. Bis zu 20% der
Kinder könnten einfach von ihrer weiteren
Entwicklung abgehängt werden[7], ihre Bildungschancen
werden vom Staat vernichtet,
eine weggeworfene Generation. Da auch
hier negative Langzeitwirkungen zu erwarten
sind, muss die Gesamtthematik wissenschaftlich
umfassend begleitend studiert und analysiert
werden.
ORR Kohn hatte das meiste rechtzeitig erkannt
und vor der drohenden Entwicklung
gewarnt. Erkennt auch die Bundeskanzlerin
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