jungfrauregion_de
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KATHARINA BALMER
JUNGFRAUREGION
EINST UND JETZT
mit 21
interaktiven
Folienbildern
zum Vergleich
zwischen einst
und jetzt
Inhaltsverzeichnis
Vorwort 7
Unterseen – Ausgangspunkt der Reise zu den Gletschern 8
Interlaken – Kurort und Touristenmekka 12
Unspunnen – ein Fest zur Versöhnung zwischen Stadt und Land 16
Touristische Entwicklung rund um den Höheweg 20
Lauterbrunnen – das Tal der tosenden Wasserfälle 26
Mürren – spektakuläre Lage am Fuss des Schilthorns 30
Wengen – Logenplatz am Fuss von Eiger, Mönch und Jungfrau 36
Kleine Scheidegg – Verkehrsknotenpunkt und Eventdestination 42
Die Jungfraubahn – eine Jahrhundertleistung 48
Jungfraujoch – Top of Europe 54
Die Grindelwaldgletscher und der Tourismus 60
Der Untere Grindelwaldgletscher – Schmuck und Zierde der Gegend 64
Als der Gletscher noch ein Eismeer war 70
Der Obere Grindelwaldgletscher als Touristenmagnet und Verdienstquelle 74
Grindelwald – vom Bergbauerndorf zum weltbekannten Touristenort 82
Grindelwald – Pionier des Wintertourismus 90
Grindelwald – First, Grosse Scheidegg und Haslital 96
Anhang
Geschichte der Jungfrauregion im Überblick 104
Bildvorlagen Folienbilder 106
Verzeichnis der aufgeführten Gemälde 108
Bildnachweise 109
Autorin und Verlag 111
Vorwort
Die einzigartige Gebirgs- und Gletscherlandschaft der Jungfrauregion hat
die Menschen seit jeher in den Bann gezogen und lockt bis heute Millionen
von Touristen aus aller Welt an. Der vorliegende Bildband gibt Einblick
in die historische und touristische Entwicklung der Jungfrauregion
von den Anfängen des Fremdenverkehrs bis heute. Die ersten Reisenden
kamen wegen der Gletscher, die als Naturwunder galten. Die kontrastreiche
Landschaft, die Gegensätze zwischen den hohen Schneebergen mit
den schroffen Nordwänden, den unwirtlichen Gletschern und der lieblichen
Kulturlandschaft mit den grünen Wiesen übte eine grosse Faszination auf
die Touristinnen und Touristen aus.
Mit dem Aufkommen des Tourismus veränderte sich die Region nachhaltig.
Hotels, Verkehrswege und Bahnen setzten Akzente in die Landschaft.
Innert weniger Jahre entwickelten sich Grindelwald, Mürren und Wengen
von Bergbauerndörfern zu international bekannten Touristenorten. Fast
zeitgleich setzte, bedingt durch den Klimawandel, ein nie gekannter und
in den letzten Jahren beschleunigter Rückzug der Gletscher ein, der das
Landschaftsbild ebenfalls markant veränderte. Trotz diesen fundamentalen
Veränderungen hat die Region ihre Anziehungskraft bis heute nicht
verloren. 2001 wurde das Gebiet «Schweizer Alpen Jungfrau-Aletsch» ins
Unesco-Welterbe aufgenommen. Mit dem Dreigestirn von Eiger, Mönch
und Jungfrau und der hochalpinen Gletscherlandschaft gilt es als eine der
spektakulärsten Berglandschaften der Alpen.
«Jungfrauregion einst und jetzt» dokumentiert die Veränderungen von
Natur, Landschaft und Siedlungsstruktur. Beim Umblättern der Folienbilder
werden uns diese Veränderungen im Einst-Jetzt-Vergleich deutlich vor
Augen geführt. Des Weiteren illustrieren eindrückliche Bilder Highlights
aus der Tourismusgeschichte.
Die Reihenfolge der im Buch aufgeführten Örtlichkeiten orientiert sich
an der Route der sogenannten Klassischen Oberlandtour, im Volksmund
«Oberland-Cher» genannt. Die im 19. Jahrhundert sehr beliebte Rundreise
führte von Interlaken nach Lauterbrunnen und dann zu Fuss, zu Pferd oder
im Tragstuhl hinauf nach Wengen und von dort auf dem Passweg über die
Kleine Scheidegg nach Grindelwald. Der zweite Teil der Tour führte über
die Grosse Scheidegg via Rosenlaui ins Haslital nach Meiringen und von
dort zurück nach Interlaken. Die Klassische Oberlandtour diente der Allgemeinbildung
und galt als Höhepunkt der europäischen Reisekultur und
Kernstück einer jeden Schweizerreise. Erst der Bau der Wengernalpbahn
1893 läutete den Niedergang der Klassischen Oberlandtour ein.
Katharina Balmer
7
Unterseen – Ausgangspunkt der Reise zu den Gletschern
Unterseen war bereits im Mittelalter ein wichtiger
Ort für den Alpentransit. Viele Reisende
stiegen hier ab. Es entstanden Gewerbebetriebe
und Jahrmärkte wurden abgehalten. Bereits um
1750 begann in Unterseen die touristische Entwicklung
und damit viel früher als im benachbarten
Interlaken. Auf der Klassischen Oberlandtour
kamen die Reisenden per Schiff über den Thunersee
nach Unterseen. Mit seinen malerischen
Ecken und Winkeln, der idyllischen Lage an der
Aare und der freien Sicht auf Eiger, Mönch und
Jungfrau war das Städtchen ein beliebter Aufenthaltsort.
Auch der grosse deutsche Dichter
Johann Wolfgang von Goethe und der Komponist
Felix Mendelssohn-Bartholdy stiegen in Unterseen
im Stadthaus ab, dem ersten grossen Hotelbau
im Berner Oberland.
Auf dem Folienbild rechts ist die Aare noch
in ihrer ganzen Breite zu sehen. 1855 wurden die
Schwellen entfernt und später zudem der Flusslauf
korrigiert. Wegen des Kanalbaus musste die
Strasse verlegt werden. Damit wurde Unterseen
vom Durchgangsverkehr abgeschnitten und geriet
daher ins touristische Abseits. Gleichzeitig
erlebte das benachbarte Interlaken einen starken
touristischen Aufschwung. Die positive Folge für
Unterseen: Die Altstadt blieb in der ursprünglichen
Form erhalten, denn das intakte Ortsbild
wurde nicht durch moderne Neubauten zerstört.
Das Verhältnis zwischen Interlaken und Unterseen
war über Jahrhunderte von Konflikten
und Konkurrenzkämpfen geprägt. Heute sind
Unterseen, Interlaken und Matten als Tourismusund
Wirtschaftsregion eng verflochten. Zu einer
politischen Vereinigung der drei Gemeinden kam
es jedoch bis heute nicht.
Folie: Unterseen zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Die Aare vor der Kanalisierung, mit Aarefall.
Foto: Unterseen heute, die Aare ist seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert kanalisiert.
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1 Die Untere Gasse von Unterseen um 1840 mit Stadthaus und Schloss
(im Hintergrund).
2 Der Stadthausplatz heute, rechts das Stadthaus. Das Zentrum von
Unterseen konnte seinen ursprünglichen Charakter bis heute bewahren.
3 Der malerische Stadthausplatz Mitte des 19. Jahrhunderts. Auf seiner
Italienreise stieg der deutsche Komponist Felix Mendelssohn-Bartholdy
1831 im Stadthaus von Unterseen ab. Hier wurde er nicht nur zum Komponieren,
sondern auch zum Malen inspiriert.
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1 Das Bödeli um 1800 mit Aarmühle,
Hohe Brücke, Spielmatte und Schaalbrücke
nach Unterseen (von links). Im
Hintergrund ist die Burg Unspunnen zu
erkennen.
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2 Unterseen mit Marktleuten auf dem
Platz «unter den Häusern» um 1820 . In
der Bildmitte die Brücke zum Helfer inseli
und links das grosse Haus auf der Spielmatte.
Im Hintergrund die Jungfrau.
3 Abendstimmung an der Aare in Unterseen
heute. In der Bildmitte ist die alte
Holzbrücke der 1855 erstellten Aareschleuse
zu erkennen.
Interlaken – Kurort und Touristenmekka
Die Lage zwischen dem Thuner- und Brienzersee
gab Interlaken seinen Namen. Er stammt aus
dem Lateinischen «inter lacus», was «zwischen
den Seen» bedeutet. Erstmals taucht er 1133 im
Zusammenhang mit der Gründung des Augustinerklosters
Interlaken auf. Das Kloster war sehr
wichtig für die wirtschaftliche und kulturelle
Entwicklung der ganzen Region.
Das obere Bild rechts zeigt Interlaken aus
der Perspektive, die von vielen Malern gewählt
wurde. Sie waren fasziniert vom freien Blick auf
die Jungfrau. Auch Musiker wie Richard Wagner,
Carl Maria von Weber und Felix Mendelssohn-Bartholdy
sowie Schriftsteller wie Goethe,
Tolstoi und Mark Twain liessen sich von diesem
einzigartigen Panorama inspirieren. Die landschaftliche
Schönheit und das gute Klima machten
Interlaken im 19. Jahrhundert rasch zu einem
international bekannten Kurort, besonders Molkenkuren
waren damals sehr beliebt. Wichtig für
den Tourismus war der Ausbau des Dampfschiffverkehrs
auf Thuner- und Brienzersee. 1863
führte die erste von Thomas Cook organisierte
Europarundreise für britische Touristen auch ins
Berner Oberland. Interlaken erlebte als Tourismusort
bis um 1910 einen rasanten Aufstieg. Es
war die Zeit der «Belle Époque», in der zahlreiche
luxuriöse Hotels entstanden, die vom wohlhabenden
Bürgertum besucht wurden. Diese Entwicklung
endete 1914 abrupt mit dem Ausbruch
des Ersten Weltkrieges. Der Aufschwung begann
erst wieder nach 1945.
Heute gehört Interlaken zu den bedeutendsten
Tourismusdestinationen der Schweiz. Wegen
der zentralen Lage und der guten Verkehrsverbindungen
ist der Ort ein idealer Ausgangspunkt
für Ausflüge in die umliegenden Bergtäler. Besonders
beliebt ist Interlaken bei Touristen aus
Asien und zunehmend auch bei Reisenden aus
arabischen Ländern. Die im Sommer stattfindenden
Tellspiele locken zudem viel einheimische
Besucherinnen und Besucher an.
Bild oben: Interlaken und Unterseen vor dem grossen Hotelbauboom am Höheweg nach der Mitte des 19. Jahrhunderts und vor der Kanalisierung der Aare.
Bild unten: Panoramasicht auf Interlaken und Unterseen heute, im Hintergrund die Jungfrau.
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«Wer die Landschaft von Interlaken,
das Bödeli geheissen, nicht
gesehen hat, kennt die Schweiz
nicht; das Gebiet zwischen dem
Thuner- und Brienzer see ist nämlich
das Allerherrlichste in diesem
unbegreiflich schönen Land.»
Felix Mendelssohn-Bartholdy, 1809 – 1847
1
1 Das «Bödeli» mit Ausblick auf Aare und
Thunersee.
2 Interlaken Mitte des 19. Jahrhunderts.
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3
3 Blick Richtung Goldey und Aussichtspunkt
Hohbühl, von wo aus zahlreiche Bilder
von Interlaken gemalt wurden.
4 + 5 Panoramabild vom Bödeli 1893 und
heute, vom Aussichtsberg Harder aus
aufgenommen.
6 + 7 Ausblick auf Aare und Thunersee vom
Rugen aus, einst und heute. Im Hintergrund
Thunersee und Niesen.
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5
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Unspunnen – ein Fest zur Versöhnung zwischen Stadt und Land
Das Unspunnenfest ist ein Schweizer Folkloreanlass
mit langer Tradition. Die ersten Feste von
1805 und 1808 hatten das Ziel, die alten Hirtenbräuche
wiederzubeleben und die Kluft zwischen
der Landbevölkerung des Berner Oberlandes und
den aristokratischen Stadtbernern zu schliessen.
Die beiden Anlässe ware grosse Erfolge, kamen
doch zwischen 3000 und 5000 Besucher nach
Interlaken. Maler und Schriftsteller machten die
Alphirtenfeste mit ihren Gemälden und Reiseberichten
weit über die Landesgrenze hinaus bekannt
und so lösten die Unspunnenfeste einen
starken Schub in der touristischen Entwicklung
aus.
Die Gäste aus dem In- und Ausland konnten in
der Naturarena mit der Jungfrau im Hintergrund
das Brauchtum der Alpenbevölkerung kennenlernen.
Es fanden traditionelle Wettkämpfe statt wie
Schwingen, Steinstossen und Schiessen. Bekannt
ist bis heute der sogenannte «Unspunnenstein»,
ein Steinkoloss mit über 80 Kilogramm Gewicht.
Dieser wurde von den Kräftigsten bis vier Meter
weit gestossen. Das Sportprogramm wurde umrahmt
mit Jodelgesängen und Alphornklängen.
Das Unspunnenfest verfolgte auch noch andere
Ziele: Die Französische Revolution hatte
das alte Herrschaftssystem Europas zerschlagen
und einen Wertewandel in Gang gesetzt. Zudem
bedrohten die Industrialisierung und der zunehmende
Tourismus die naturverbundene, traditionelle
Lebensform der Alpenbevölkerung. In diesen
Zeiten des gesellschaftlichen, sozialen und
politischen Umbruchs sollten die Unspunnenfeste
an die althergebrachten Werte, Traditionen
und Volksbräuche erinnern. Gleichzeitig hatten
die Feste zum Ziel, das schweizerische Nationalbewusstsein
nach der Niederlage gegen Napoleon
wieder zu stärken.
Anlässlich seines hundertjährigen Jubiläums
wurde das Unspunnenfest erneut durchgeführt.
Es folgten weitere Anlässe. Letztmals fand das
grosse Volksfest 2017 statt.
Folie: Das Gelände, auf dem die Alp hirtenfeste von Unspunnen 1805 und 1808 stattfanden – eine Natur arena vor der Kulisse der Jungfrau.
Foto: Das Gelände der ersten Alp hirtenfeste heute, vom gleichen Standort aus gesehen.
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1 Schwingen am Alphirtenfest in Unspunnen
1808. Im Hintergrund die Jungfrau.
2 Die Gemälde von Élisabeth Vigée-Lebrun,
die zur Pariser Künstlerprominenz gehörte,
machten die Unspunnenfeste über die
Landesgrenzen hinaus bekannt.
3 Das Alphirtenfest in Unspunnen. Das
Gemälde stammt von Niklaus König, der
als einer der wichtigsten Initianten der
Unspunnenfeste gilt und mit seinen Werken
viel zum Erfolg der Alphirtenfeste
beigetragen hat.
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1 Schwinger im Ring am Unspunnenfest
2006. Das Schwingen ist eine Variante des
Ringens und wird auf Sägemehl ausgeübt.
Das Schwingen geht zurück auf die Tradition
der Alphirten und gilt noch heute als
Schweizer Nationalsport.
2–4 Das Rahmenprogramm mit Steinstossen,
Trachten tänzen und anderen
Veranstaltungen findet jeweils auf der
Höhematte in Interlaken statt.
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