SB_19549NLP
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2019<br />
Abschlussbericht<br />
DVS-Forschung<br />
Additive Fertigung von<br />
Bauteilen aus Rein-Kupfer<br />
mittels SLM und "grüner"<br />
Laserstrahlung
Additive Fertigung von<br />
Bauteilen aus Rein-Kupfer<br />
mittels SLM und "grüner"<br />
Laserstrahlung<br />
Abschlussbericht zum Forschungsvorhaben<br />
IGF-Nr.: 19.549N<br />
DVS-Nr.: 13.026<br />
Fraunhofer-Gesellschaft e.V.,<br />
Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT<br />
Förderhinweis:<br />
Das IGF-Vorhaben Nr.: 19.549 N / DVS-Nr.: 13.026 der Forschungsvereinigung Schweißen und<br />
verwandte Verfahren e.V. des DVS, Aachener Str. 172, 40223 Düsseldorf, wurde über die AiF im<br />
Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF)<br />
vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des<br />
Deutschen Bundestages gefördert.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek<br />
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen<br />
Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind online abrufbar<br />
unter: http://dnb.dnb.de<br />
© 2019 DVS Media GmbH, Düsseldorf<br />
DVS Forschung Band 445<br />
Bestell-Nr.: 170554<br />
I<strong>SB</strong>N: 978-3-96870-444-9<br />
Kontakt:<br />
Forschungsvereinigung Schweißen<br />
und verwandte Verfahren e.V. des DVS<br />
T +49 211 1591-0<br />
F +49 211 1591-200<br />
forschung@dvs-hg.de<br />
Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch die der Übersetzung in andere Sprachen, bleiben<br />
vorbehalten. Ohne schriftliche Genehmigung des Verlages sind Vervielfältigungen, Mikroverfilmungen und die<br />
Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen nicht gestattet.
Inhalt<br />
Inhalt<br />
1 Kurzzusammenfassung 1<br />
2 Problemstellung, Forschungsziel und<br />
Lösungsweg 4<br />
2.1 Wissenschaftlich technische und wirtschaftliche<br />
Problemstellung 4<br />
2.2 Forschungsziel 6<br />
2.3 Wirtschaftliche Bedeutung der angestrebten<br />
Forschungsergebnisse für KMU 7<br />
2.4 Lösungsweg 8<br />
2.4.1 AP 1: Anlage 9<br />
2.4.2 AP 2: Entwicklung Prozessführung 10<br />
2.4.3 AP 3: Eigenschaftsanalyse 11<br />
2.4.4 AP 4: Demonstratoren 12<br />
2.4.5 AP 5: Erstellung eines Abschlussberichts 13<br />
3 Stand der Forschung und Technik 14<br />
4 Grundlagen und Methodik 17<br />
4.1 Prozessgrundlagen 17<br />
4.2 Optikauslegung 17<br />
4.3 Werkstoff Kupfer 18<br />
4.4 Probenpräparation und Analyse 20<br />
4.4.1 Einzelspurauswertung 20<br />
4.4.2 Elektrische Leitfähigkeit 21<br />
4.4.3 Oberflächenrauheit und Maßhaltigkeit 22<br />
5 Darstellung der Projektergebnisse 23<br />
5.1 AP 1: Anlage 23<br />
5.1.1 Integration Strahlquelle 23<br />
5.1.1.1 IPG GLPN-500-R 24<br />
5.1.1.2 Trumpf TruDisk Pulse 421 27<br />
5.1.1.3 Trumpf TruDisk 1020 29<br />
5.1.2 Optikkonfiguration 30<br />
5.1.3 Anpassung der Prozesskammer 33<br />
5.2 AP 2: Entwicklung Prozessführung 33<br />
5.2.1 Beschaffung & Analyse Pulverwerkstoff 35<br />
5.2.2 Einzelsteguntersuchungen 36<br />
5.2.2.1 TruDisk Pulse 421 (Strahldurchmesser 440 µm) 37<br />
Schlussbericht zu IGF Vorhaben 19.549N<br />
I
Inhalt<br />
5.2.2.2 IPG GLPN 500 R (Strahldurchmesser 28 µm sowie<br />
72 µm) 40<br />
5.2.2.3 Trumpf TruDisk 1020 (Strahldurchmesser 180 µm) 46<br />
5.2.2.4 Zusammenfassung und Diskussion Einzelstege 48<br />
5.2.3 Entwicklung Parameterfenster Dichte 51<br />
5.2.3.1 TruDisk421 Pulse (Strahldurchmesser 440 µm) 51<br />
5.2.3.2 IPG GLPN 500 R (Strahldurchmesser 28 µm sowie<br />
72 µm) 57<br />
5.2.3.3 TruDisk1020 (Strahldurchmesser 180 µm) 66<br />
5.2.3.4 Diskussion Prozessfenster Dichte 70<br />
5.2.4 Prozessführung Oberfläche und Überhänge 73<br />
5.3 AP3: Eigenschaftsanalyse 76<br />
5.3.1 Gefüge 76<br />
5.3.2 Leitfähigkeit 78<br />
5.3.3 Mechanische Eigenschaften 82<br />
5.4 AP 4: Demonstratoren 82<br />
5.4.1 Fertigung 82<br />
5.4.2 Bestimmung von Maß- und Formgenauigkeit 84<br />
5.4.3 Vergleich mit konventionell hergestellten<br />
Induktoren 88<br />
5.4.3.1 Wirtschaftlichkeitsbetrachtung 88<br />
5.4.3.2 Zusammenfassung 91<br />
6 Zusammenfassung und Gegenüberstellung der<br />
Ergebnisse mit den Zielen des Antrages 92<br />
7 Umsetzbarkeit und Transfer der Ergebnisse<br />
bzw. Nutzen der Forschungsergebnisse für<br />
Industrie und kmU 96<br />
7.1 Plan zum Ergebnistransfer in die Wirtschaft, 97<br />
7.1.1 Geplante und durchgeführte Maßnahmen während<br />
des Projektverlaufes 98<br />
7.1.2 Geplante spezifische Transfermaßnahmen nach<br />
Abschluss des Vorhabens 99<br />
7.2 Einschätzung zur Realisierbarkeit des<br />
Transferkonzepts 100<br />
8 Erläuterungen der Verwendung der<br />
Zuwendung sowie Angemessenheit und<br />
Notwendigkeit der geleisteten Arbeit 102<br />
8.1 Verwendung der Zuwendung 102<br />
8.2 Notwendigkeit und Angemessenheit der geleisteten<br />
Arbeit 102<br />
9 Literaturverzeichnis 103<br />
Schlussbericht zu IGF Vorhaben 19.549N<br />
II
Inhalt<br />
10 Abbildungsverzeichnis 105<br />
Schlussbericht zu IGF Vorhaben 19.549N<br />
III
Problemstellung, Forschungsziel<br />
und Lösungsweg<br />
2 Problemstellung, Forschungsziel und Lösungsweg<br />
2.1 Wissenschaftlich technische und wirtschaftliche Problemstellung<br />
Der Werkstoff Kupfer hat branchenübergreifend eine große Bedeutung in der<br />
industriellen Fertigung. Bauteile mit besonders hohen Anforderungen an<br />
elektrische oder thermische Leitfähigkeit werden im Allgemeinen aus Kupfer<br />
oder Kupferlegierungen hergestellt. In Deutschland wurden 2015 ca. 2.419.000<br />
Tonnen Kupfer produziert, davon etwa 728.000 Tonnen als Leitmaterial. Der<br />
Umsatz lag bei ca. 13,556 Mrd. € [1]. Neben einfachen Halbzeugen wie z.B.<br />
Drähten werden zahlreiche Bauteile mit komplexer Geometrie aus<br />
Kupferwerkstoffen hergestellt. Ein Beispiel für komplexe Geometrien sind<br />
Induktoren, die z.B. als Werkzeug in der Wärmebehandlung metallischer<br />
Werkstücke eingesetzt werden. Das induktive Erwärmen wird z.B. für das<br />
Randschichthärten, Löten, oder Richten von Werkstücken in verschiedenen<br />
Branchen genutzt, wobei die Automobilindustrie den größten<br />
Anwendungsbereich darstellt. Über kontrolliert aufgebrachte<br />
Wechselstromstöße wird das Werkstück über das erzeugte elektromagnetische<br />
Feld in einem definierten Randbereich kontrolliert erwärmt. Für die Effizienz und<br />
Lebensdauer der thermisch wechselbelasteten Induktoren spielen die elektrische<br />
und thermische Leitfähigkeit des Materials sowie die Geometrie des Induktors<br />
eine entscheidende Rolle. Die Geometrie bestimmt maßgeblich die<br />
Temperaturverteilung im zu bearbeitenden Werkstück und damit die Qualität des<br />
Bearbeitungsergebnisses sowie des wärmebehandelten Produktes. Aus diesem<br />
Grund wird eine individuell an die Werkstückgeometrie angepasste<br />
Induktorgeometrie mit hohen Anforderungen an die Maßhaltigkeit benötigt.<br />
Ohm‘sche Verluste im Induktor führen zur Erwärmung des leitenden Materials<br />
unter der aufgebrachten elektrischen Last. Zusätzlich wird der innengekühlte<br />
Induktor durch die vom Werkstück abgestrahlte Wärme erhitzt. Eine hohe<br />
Leitfähigkeit des Induktorwerkstoffes sowie optimierte Wandstärken sind für<br />
eine hohe Leistungsfähigkeit des Induktors unabdingbar für eine ausreichende<br />
Lebensdauer. Die Induktoren werden üblicherweise als Rohrkonstruktion<br />
realisiert und durch ein Kühlmedium in der als Hohlleiter konstruierten Windung<br />
gekühlt. Die individuelle Anpassung der Induktorgeometrie an die<br />
Werkstückgeometrie, enge Toleranzen für die Maßhaltigkeit und<br />
prozessbedingte Kopplungsabstände zwischen Induktor und Werkstück sowie<br />
eine Auslegung für die thermoelektrische Wechsellast und eine effektiven<br />
Kühlung führen zu komplexen Induktorgeometrien in einer hohen<br />
Variantenvielfalt von Stückzahl 1 bis zur Kleinserie. Die Fertigung der Induktoren<br />
ist auf Grund der limitierten Verarbeitbarkeit des weichen Kupfers in<br />
automatisierten Fertigungsprozessen nach wie vor durch manuelle<br />
Schlussbericht zu IGF Vorhaben 19.549N<br />
4
Problemstellung, Forschungsziel<br />
und Lösungsweg<br />
Arbeitsschritte wie zum Beispiel Biegen und Löten von Hohlprofilen geprägt. Eine<br />
limitierte Verformbarkeit des Materials bringt eine Einschränkung bezüglich der<br />
erzielbaren Komplexität (begrenzte Biegeradien) sowie der Reproduzierbarkeit<br />
mit sich. Der in Bild 1 dargestellte Arbeitsplatz repräsentiert die industrielle Praxis<br />
der Induktorenfertigung [mündliche Mitteilung PbA]. Die Realisierung simulativ<br />
und funktional optimierter Induktoren ist in der konventionellen Fertigung nur<br />
limitiert umsetzbar und mit einem zusätzliche Zeit- und Kostenaufwand<br />
verbunden. Die Additive Fertigung funktionsrelevanter Induktoren bzw. einzelner<br />
Gestaltungselemente verspricht daher großes Potential zum Erhalt der<br />
Wettbewerbsfähigkeit durch reduzierten Ausschuss und Kostenreduktion in der<br />
Fertigung sowie Steigerung des Produktmehrwertes durch innovative<br />
Induktorgestaltung.<br />
Bild 1:<br />
Repräsentativer<br />
Arbeitsplatz zur<br />
Induktorfertigung<br />
und Montage in der<br />
industriellen Praxis<br />
[28].<br />
Für die Fertigung komplexer Geometrien werden in der industriellen Produktion<br />
zunehmend Additive Fertigungsverfahren eingesetzt. Das Wachstum verkaufter<br />
Anlagen für die Additive Fertigung von Metallbauteilen liegt zu Projektbeginn in<br />
der Größenordnung von ca. 50% (55,8% in 2014 und 46,9% in 2015) [2]. Durch<br />
den schichtweisen und werkzeuglosen Fertigungsprozess ergeben sich<br />
gegenüber konventionellen Fertigungsverfahren wirtschaftliche Vorteile für die<br />
Herstellung komplexer Geometrien in kleinerer Stückzahl bei einer hohen<br />
Variantenvielfalt. SLM ist gegenwärtig eines der relevantesten additiven<br />
Fertigungstechnologien zur Herstellung metallischer Bauteile in der industriellen<br />
Anwendung. Kupferwerkstoffe sind in den letzten zwei Jahren vor Projektbeginn<br />
zunehmend in den Fokus der Anwendung zur Additiven Fertigung von<br />
Induktoren gerückt – insbesondere die volle Leitfähigkeit von Reinkupfer wird<br />
mit diesen jedoch nicht erreicht. Zum Zeitpunkt des Projektbeginns liegt die<br />
maximal realisierbare Leitfähigkeit für eine mittels SLM verarbeitbare<br />
Kupferlegierung bei ca. 80 % von Reinkupfer (80 IACS%). Diese wird bei einer<br />
Leitfähigkeit von ca. 30 IACS% im as built Zustand durch eine nachgelagerte<br />
Wärmebehandlung erreicht. Die Wärmebehandlung ist für größere und/oder<br />
filigrane Bauteile nur limitiert ohne eine Beeinträchtigung der Maßhaltigkeit<br />
durchzuführen und/oder führt je nach Bauteilgeometrie zu inhomogenen<br />
Werkstoffeigenschaften (Leitfähigkeit, Festigkeit) über der gesamten<br />
Bauteilgeometrie.<br />
Schlussbericht zu IGF Vorhaben 19.549N<br />
5
Problemstellung, Forschungsziel<br />
und Lösungsweg<br />
2.2 Forschungsziel<br />
Eine zentrale Herausforderung bei der Verarbeitung von Reinkupfer mittels SLM<br />
resultiert aus einem sehr geringen Absorptionsgrad von ca. 5%-10% für die<br />
eingestrahlte Laserleistung bei der verwendeten Wellenlänge von λ =1070 nm.<br />
Die hohe Wärmeleitfähigkeit des Werkstoffes führt zu einer schnellen Dissipation<br />
der eingebrachten Energie in das umliegende Material und erschwert einen<br />
ausreichende Energieakkumulation im umzuschmelzenden Material. Eine hohe<br />
Eingestrahlte Laserleistung ist daher notwendig. Ein Großteil der eingestrahlten<br />
Laserstrahlung wird jedoch von der Kupferschmelze reflektiert und kann<br />
Komponenten der SLM Anlage -insbesondere des Optiksystems -schädigen. Des<br />
Weiteren ist der Einfluss des Restsauerstoffgehaltes in der Schutzgasatmosphäre<br />
auf die Verarbeitbarkeit und die resultierende Werkstoffqualität unbekannt.<br />
Vor diesem Hintergrund sowie auf Basis erste Voruntersuchungen durch Becker<br />
[3] ist die bisherige typische Vorgehensweise zur Prozessentwicklung, eine<br />
systematische Variation der relevanten Verfahrensparameter wie z.B.<br />
Laserleistung, Scangeschwindigkeit und Spurabstand hier nicht alleine<br />
zielführend. Zur Erschließung des Anwendungsspektrums des SLM für Bauteile<br />
aus Rein-Kupfer ist daher eine grundsätzlich neue, an den speziellen<br />
Eigenschaften des Werkstoffs Kupfer angepasste SLM-Prozessführung und<br />
Anlagentechnik erforderlich.<br />
Das übergeordnete Ziel ist die Additive Fertigung komplexer Bauteile aus<br />
Reinkupfer mittels SLM und einer möglichst hohen (elektrischen) Leitfähigkeit im<br />
as built Zustand. Aus dem Stand der Technik wurde vor Projektbeginn die<br />
Forschungshypothese abgeleitet, dass dies mittels Laserstrahlung der<br />
Wellenlänge von λ = 515 nm bzw. λ = 532 nm im grünen Spektralbereich bei<br />
einer Laserleistung von P L ≥ 400W ermöglicht wird. Darüber hinaus soll das<br />
technologische Potential der angepassten Prozessführung und Anlagentechnik<br />
für den Anwendungsbereich der Induktorfertigung an Hand erster Testbauteile<br />
zur Bewertung der Technologie ermittelt werden.<br />
Im Detail werden gemäß Antragstellung folgende Teilziele zum Erreichen des<br />
Projektzieles und Überprüfung der Hypothese definiert:<br />
1. Anpassung einer SLM Laboranlage und Integration einer „grünen“<br />
Laserstrahlquelle (λ = 515nm) mit einer Laserleistung von P L ≥ 400 W (cw)<br />
und einer Strahlqualität von M 2 4,5. Damit soll ein Fokusdurchmesser von<br />
d s < 100µm in der Bearbeitungsebene bei einer Scanfeldgröße (Arbeitsfeld)<br />
von ca. 200 mm x 200 mm erzielt werden.<br />
2. Validierung und ggfs. Anpassung der SLM Prozesskammer zur Realisierung<br />
von Restsauerstoffgehalten unter 10 ppm zur Vermeidung der Oxidation der<br />
Kupfer-Schmelze während des Prozesses<br />
Schlussbericht zu IGF Vorhaben 19.549N<br />
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