Gedankenreisen 2021
"Gedankenreisen" vereint Kurzgeschichten unterscheidlicher Themen und spielt innerhalb weniger Sekunden mit der Perspektive des Lesers. Ein Experiment, weg von ausufernder Lyrik; hier werden innerhalb von maximal 5 Sätzen Geschichten über Hoffnung, Trauer, Güte und Horror erzählt.
"Gedankenreisen" vereint Kurzgeschichten unterscheidlicher Themen und spielt innerhalb weniger Sekunden mit der Perspektive des Lesers. Ein Experiment, weg von ausufernder Lyrik; hier werden innerhalb von maximal 5 Sätzen Geschichten über Hoffnung, Trauer, Güte und Horror erzählt.
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Zeit, was ist Zeit? Unser wertvollstes Gut,
das wir nur ausgewählten Menschen und
Tätigkeiten widmen. Oft entscheiden nur
wenige Sekunden darüber, wem oder was wir
unsere Zeit widmen.
Was, wenn bereits ein kurzer Moment unser
Leben verändert, oder eine kleine Geschichte
etwas in uns bewegt?
Geschichten, die uns täglich begegnen, oder
nur in unserem Kopf ihre eigene Bühne
haben.
Der Moment entscheidet, wer die Personen
dieser Geschichten sind und welches
Schicksal sie erwartet, auf jenen
Gedankenreisen
Sie fiel ihm sofort auf.
Als sie den Raum betrat, schlug sein
Herz schneller
und er musste lächeln.
Achtzig Jahre später
hielt sie seine Hand am Sterbebett.
Sein Herz schlug langsamer
und er musste lächeln.
3
Seine Augen starrten ins Leere.
Er sah, wie der Mann von dem
leblosen Körper des Mädchens abließ.
Endlich fing es wieder zu atmen an.
4
„Ist hier noch frei?“
Widerwillig nahm er seinen Rucksack
von dem Nachbarsitz und ließ die
junge Frau sich setzen. Sie roch gut.
Der Duft sollte ihn wenige Stunden
später nochmal begleiten. Seine
Mörderin lächelte.
5
„Was das wohl für ein Typ ist?“
Das Gesicht des Mannes hinter der
Scheibe schien jung und überrascht.
„Wohin er wohl unterwegs ist?“
Dann prallten beide Autos
aufeinander.
6
Mit einem lauten Knacken riss er
die Axt aus ihrer Halterung.
„Jetzt bist du fällig“ schrie er,
während Mordlust in seinen Augen
brannte. Wenige Sekunden später
grub sich die Axt in das Holz des
Baumes.
Sein verhasster Chef war bereits
zuhause.
7
„Warum ich?“ stotterte sie
weinend hervor.
Das Gesicht ihres Freundes strahlte,
als er ihr auf Knien den Ring anbot.
„Ich habe sie überrascht“ freute er
sich.
„Warum habe ich nur mit seinem
Zwillingsbruder geschlafen?“
8
Gleichgültig rollte der Zug seines
Weges.
Er war alleine im Abteil und dachte
über sein Leben nach. Die
Geschäftsreise war eine nette
Abwechslung.
Eine Station später war nichts mehr,
wie es war.
9
Langsam drang die Klinge in das
Fleisch ein.
Das Gesicht des Gegenübers
überrascht, schmerzverzerrt. Lange
Zeit hatte er auf diesen Augenblick
gewartet. „Essen ist fertig“ rief eine
Stimme von unten. Er drückte die
Pause Taste und stand auf.
Auf der anderen Seite des
Bildschirms dauerte der Tod 25
Minuten.
10
„Bei uns ist gerade sehr viel los.
Kann ich dich morgen anrufen?“
„Kein Problem, lass dir Zeit“sagte
sie.
Sie hatte vor wenigen Minuten ihre
Diagnose erfahren.
11
„Können Sie nicht aufpassen?“
Der Fremde sah sie auf seltsame
Weise an.
Wenige Stunden später lag sie
glücklich in seinen Armen.
12
Gütig sank die Sonne dem
Horizont entgegen.
Sie tauchte die Welt dabei in rotes
Dämmerlicht.
Niemand wusste etwas von ihrem
Bündnis mit dem Mond, außer den
Sternen, die staunend von einem
jungen Gott betrachtet wurden.
13
Bedrohlich knarrte das Flugzeug
und sein Herz raste.
Das Anschnallzeichen blinkte auf
und er sah aus dem Fenster.
„Noch 10 Minuten“ dachte er, bevor
er aus dem Koma erwachte.
14
Angetrunken wankte die hübsche
Frau zu dem Fremden.
„Na, das erste Mal hier“ fragte sie
ihn. „Leichte Beute für eine Nacht“
dachte er.
Am nächsten Morgen wachte er
neben seiner Tochter auf.
15
Sie gab Vollgas, sah den wild
gestikulierenden Fremden im
Rückspiegel.
In der Nacht verhallten die Rufe des
Fremden.
Sie bemerkte den Mörder auf dem
Rücksitz zu spät.
16
Siegessicher warf er seinen Einsatz
auf den Pokertisch.
„Ich will sehen.“
Sein Gegenüber grinste, während
Nostradamus vor Schreck erstarrte.
17
Ängstlich verkroch er sich in seine
Höhle, während Fußgetrappel
vorbeiging.
„Verdammte Jäger!“
Bei Einbruch der Nacht würde er die
Rolle mit den Menschen wieder
tauschen.
18
„Wo hast du nur so sprechen
gelernt?“ fragte der Teufel.
„Mit der richtigen Führung, hättest du
es weit bringen können.“
Schweigend starrte Hitler ihn an.
19
„Welche Farbe bevorzugst du?“
Jesus sah Gandhi fragend an, mit dem
Schachbrett in den Händen.
20
Die Welt um ihn herum war
kleiner geworden.
„Was für ein seltsamer Traum?“
Erst später sollte Buddha seine neue
Gestalt bemerken.
21
„Was passiert, wenn du alle
Feinde getötet und diese Welt gerettet
hast?“
Die Einsamkeit kam unerwartet,als
Supermann sich die Frage stellte und
sein Spiegelbild sah.
22
„Ich gebe auf“ sprach der Drache
kraftlos.
„Von wegen, Weisheit!“
Der Mistkäfer rollte seine Kugel
munter den Berg rauf, während im
Osten die Sonne aufging.
23
„Habt ihr noch einige letzten
Worte?“
Die Hexe auf dem Scheiterhaufen
kicherte in sich hinein.
Schließlich sollte das Feuer noch
nicht erfunden werden.
24
„Was wohl später im Fernsehen
kommt?“ fragte er sich.
Sie stöhnte und gab sich nackt dem
gemeinsamen Rhythmus hin. „Ob er
mir wohl zugehört hat?“ fragte sie
sich.
Der HIV Test war positiv.
25
„Was würdest du mit einer
Millionen machen?“ fragte sie der
Reporter.
Sie warf einen Blick aus dem Fenster,
wo die Vögel nach Süden flogen und
das Gefängnis von oben sahen.
26
„Ich liebe dich.“
Zärtlich liebkoste er ihren Körper. Er
küsste sie sanft auf den Mund.
Ihre toten Augen starrten gleichgültig
in den Himmel.
27
„Ich bin Schriftsteller.“
Sein Manuskript flimmerte ihm vom
Monitor entgegen. „Und ich bin
Puppenspieler“
Er folgte der Stimme in seinem Kopf,
als seine Finger die Tasten berührten.
28
„Wie ist dein Name?“
Das kleine Mädchen sah zu dem
maskierten Mann auf.
Seine Augen füllten sich mit Tränen
und er ließ das Messer fallen.
29
„Lange nicht gesehen“ sprach das
Gewissen.
„Kennen wir uns?“ fragte der
Politiker.
30
„Was ist ein Superheld?“
Die Augen des Jungen wurden groß.
„Keine Ahnung“ sagte Hulk und gab
den Joint an Batman weiter.
31
„Es ist ein Junge!“
Die Worte des Arztes trieben der
Mutter die Tränen in die Augen.
Nebenan suchte die
Krankenschwester das passende
Namensschild.
32
Die Explosion tauchte die Welt in
gleißendes Licht.
Ihr Herz raste und Hitze durchflutete
ihren Körper.
Als sie die Augen öffnete sah sie, dass
es auch für ihn schön war.
33
Sie pflückte die Blume und
bestaunte die Schönheit.
Ein Schuss fiel und sie sank ins Gras.
Der Himmel pflückte ihre Seele und
bestaunte ihre Schönheit.
34
Alles in ihm schrie nach ihrer
Nähe.
Kein Wort drang über seine Lippen.
Seine Träume verschlangen jede
Angst, als sie ihn zum ersten Mal
küsste.
35
Das leere Papier starrte ihn an
und schien ihn zu verhöhnen.
Die Bilder rasten durch seinen Kopf,
ohne einen Sinn zu ergeben.
Er schrieb den Buchtitel. „Die Bibel“.
36
„Seit wann hören Sie die Stimme?“
„Keine Ahnung, aber sie wird immer
lauter.“
Er starrte die leere Wand an.
37
Er hatte sein bestes Stück
geschrieben und vorgetragen.
Zur Feier des Tages gönnte er sich ein
Festmahl.Seine Besitzer schauten in
den Vogelkäfig.
„Er wirkt heute sehr glücklich.“
38
Sie lächelten, als ihr Vogel eine
neue Tonfolge sang.
Ihre Hände fanden einander und sie
waren glücklich.
Auf dem Tisch lag der Brief vom
Gerichtsvollzieher.
39
„Würdest du etwas anders
machen, wenn du dein Leben
nochmal leben könntest?“
Gütig blickte er seiner Enkelin in die
Augen. „Nein, und du?“
40
Ein Sonnenstrahl fiel auf den
Stuhl.
Im Garten sangen die Vögel.
Es war der erste Tag von zehn Jahren,
bis das Haus wieder bewohnt werden
sollte.
41
„Wovor hast du eigentlich
Angst?“
Ratlos antwortete der Tod mit einem
Schulterzucken.
42
„Ich kenne dich irgendwo her.“
Forschend sah er die Frau an, die ihm
gegenüber saß.
Zweihundert Jahre vorher sah sie ihn
forschend vom Scheiterhaufen aus an.
„Irgendwann sehen wir uns wieder.“
43
Lachend ließ er das Mikrofon
fallen.
Die Überraschung war ihm gelungen.
Die Trauergäste starrten ihn
fassungslos an.
44
„Ich bin schwanger.“
Ihre Stimme zitterte bei den Worten.
Ihr Freund war schockiert.
Nur ihr Bruder starrte zu Boden.
45
Gütige Augen spiegelten sich im
Gegenüber.
Eine stumme Liebe, für die Ewigkeit
bestimmt.
Glücklich lächelte der See zurück, in
dem sich das Himmelzelt spiegelte.
46
„Einfach loslassen.“
Genau wie sein Therapeut gesagt
hatte. Es war gar nicht so schwer.
Wenige Stunden später fanden die
Nachbarn den Erhängten.
47
Ihr Haar schimmerte im
Sonnenlicht.
Der Wind umspielte zärtlich ihr
Gesicht.
Eine gütige Sonne versank am letzten
Tag ihres Lebens.
48
„Keinen Schritt weiter, oder ich
schieße!“
Die Mündung der Waffe richtete sich
auf seine Stirn. Spöttisch grinste er
ihr entgegen.
„Einen Monat, höchstens zwei“ hatte
der Arzt ihm wenige Stunden zuvor
gesagt.
49
Seine Stimme trug einen Teil seiner
Seele mit sich.
Er hatte das Lied selbst geschrieben
und seine beiden Freunde klatschten
Applaus.
Wenige Stunden später sang Dieter
Bohlen den Song vor einem
Millionenpublikum.
50
Sein Körper wurde eins mit der
Erde.
Vor seinen Augen kreisten neugierige
Vögel. Er lächelte und nahm einen
tiefen Atemzug.
Glücklich lag er in seinem Garten.
51
Stunden nach der Trennung konnte
sie nicht aufhören zu weinen.
Jeder Atemzug schien ihr Leben
weiter zu verspotten.
Der Status „Single“ poppte neben
seinem Facebookprofil auf.
52
Ein ganz normaler Tag.
Der Zug hielt an seiner Station. Er
ging Richtung Arbeitsstelle, als ihn
eine Frau nach dem Weg fragte.
Später kannte er ihren Namen und
flüsterte ihn heimlich in Gedanken.
An einem ganz normalen Tag.
53
Der Herbst berührte den Sommer
sanft an der Schulter.
„Leise, der Winter schläft noch.“
Schon lange hatten sie nicht mehr mit
dem Frühling gesprochen.
54
Ihr Anblick traf ihn mitten ins Herz.
Ein Leben später hatte sie nichts von
ihrem Zauber verloren.
55
„Irgendwann möchte ich mal ein
Haus haben.“
Zehn Jahre später begann die
Zeitrechnung nach irgendwann.
56
„Was für ein Nerd“ sagte sie zu
ihrer Freundin.
Stolz trug er sein Black Sabbath Shirt
und starrte aus dem Zugfenster.
Dass er gerade seinen ersten Roman
geschrieben hatte, ahnte niemand.
57
Die Bilder kamen unaufgefordert.
Sie starrte ins Leere und war
glücklich.
„Demenz im Endstadium“ erklärte
der Arzt ihrer Familie.
58
„So viel zu tun.“
Ihr Schreibtisch und das Postfach
füllten sich. Die Amsel an ihrem
Fenster betrachtete sie neugierig mit
einem Zweig im Schnabel.
An ihrem Nest gab es noch viel zu
tun.
59
„Wow“ war sein erster Gedanke,
als er das Haus sah.
Es war riesig und pompös. „Wo ist
deine Familie?“ fragte er.
Der Besitzer starrte ihn fragend an.
60
Dunkelheit umgab ihn und drohte
ihn zu verschlingen.
„Wie grausam diese Welt aussieht“
dachte er und kuschelte sich an seinen
Teddy.
61
„Ganz der Papa“ sagte sie.
Er schaute auf sein jüngeres Ich.
„Sein Weg wird anders verlaufen“
dachte er.
62
„Welche Formel ist hier
passend?“
Der Professor legte die Kreide
beiseite und drehte sich um. Die
Ärzte der Psychiatrie schüttelten die
Köpfe.
Ein Jahr später wurde die Bombe
gebaut.
63
Ein toter Vogel lag zu ihren
Füßen.
„Ob das ein schlechtes Zeichen ist?“
Stunden später fand man sie im Wald.
Die Krähen fraßen sich satt.
64
Ihr Blick hielt seinem stand.
Er ahnte nichts von ihrem
Doppelleben.
Wenige Sekunden trennten ihn von
seinem.
65
„Glaubst du an Wiedergeburt?“
„Keine Ahnung“ sprach die Raupe zu
dem Schmetterling.
66
„Ein Stück dieser Erde gehört
uns.“
Sie schloss ihn freudig in die Arme.
Einhundert Jahre später erfreuten sich
noch die Enkel an diesem Moment.
67
„Vorwärts“ schrie sein Verstand.
Er stockte mitten im Schritt. Ihr
Anblick lähmte ihn. „Vorwärts“
forderten ihre Augen.
Der Moment zuckte gleichgültig mit
den Schultern.
68
Lautlos glitten die Momente des
Tages an ihr vorüber.
Stimmengewirr hallte an ihre Ohren.
Das Feuer nahm ihr den Atem.
Dann öffnete sie die Augen.
69
„Warum ich?“
Das Opfer flehte den Maskierten an.
„Ich habe das Leben noch vor mir.“
Gnädig löste sich der Schuss.
70
Wenn eine Tür sich schließt,
öffnet sich eine andere.
Verzweifelt drangen diese Worte
an die Oberfläche seines Geistes,
während seine Fäuste
an der Innenseite seines Sarges
klopften.
71
Die Nacht spie den Regen aus,
während er auf der Straße spazieren
ging.
Ein Vorgeschmack auf die Tränen
seiner Freundin, wenn er ihr die
Wahrheit sagen würde.
72
Der tote Vogelkörper blickte
stumm zum Himmel.
Er empfand Heimweh, während seine
Seele glücklich nach hause flog.
73
Ein starrer Blick,
der Körper steif,
eingereiht bei seinen Kameraden.
Seine Gedanken tanzten, während der
Feldwebel durch die Reihen schritt.
74
„Heute Abend verlasse ich diese
Welt.“
Niemand konnte die Gedanken des
Clown lesen, während er seine
Kunststücke vollführte
75
Sie drehte sich um und ging,
berauscht von dem Moment des
Glücks.
Die Trennung schmerzte so sehr,
wie die Vorfreude auf das
Wiedersehen sie antrieb.
76
Zersplittert lag sie da,
weggeworfen, wie Unrat, tot und
vergessen.
Glücklich hob das Kind die Kreide
auf, die es jetzt gefunden hatte.
77
„Wie lange ich heute wohl
arbeiten muss?“ dachte er, während er
seine Tochter vom Wickeltisch nahm.
Sein Gesicht wurde nachdenklich.
„Papa fühlt sich gut an“ dachte das
Baby, während es in seinen Armen
lag. Es lächelte ihn an und vertrieb
seine Gedanken. Zurück blieb nur
dieser Moment, den beide teilten.
78
„Verdammt, meine Autoschlüssel!“
Er fluchte laut, als er zurück ins Haus
ging, um sie zu holen.
Eine Minute später geschah der
schreckliche Unfall auf seiner Strecke
zur Arbeit, den er verpasste.
79
Das Karma lächelte, als es die
Frau weinen sah;
sie hatte sich zum zweiten Mal
verliebt.
Das Karma weinte, als es den Mann
lächeln sah;
er hielt die gemeinsame Tochter in
seinem Arm.
Das Glück hat viele Gesichter
80
„Was soll ich nur ohne dich tun?“
fragte er mit Tränen in den Augen.
Ein kalte Januarwind blies hauchte
ihm entgegen.
„Ich weiß es nicht“ antwortete der
kalte Grabstein seiner Frau.
81
Sein teurer Sportwagen schoss
durch die Innenstadt an den
Geschäften vorbei.
Sein Herz war leer und seine
Gedanken voller Sorgen.
Er sah nicht das glückliche Gesicht
jenes Mannes, der mit einer neuen
Frisur aus dem Laden kam.
Sein Herz war erwärmt von einem
guten Gespräch und seine Gedanken
bestaunten die Sonne, die die Straßen
beleuchtete.
82
„Der Komet wird auf den
Himmel stürzen“ rief der Astrologe
panisch.
Mit einem zufriedenen Lächeln
betrachteten die Götter ihr
Murmelspiel; eine Kugel rauschte
knapp an der Erde vorbei..
83
„Vater, warum hast du mich
verlassen?“
Sein Körper erschlaffte am Kreuz,
während sein Leben sich in die
Herzen aller Anwesenden brannte.
Eine Buchinspiration, die noch lange
andauern sollte.
84
Sie verstanden kein Wort und
wunderten sich über die seltsam
gekleidete Frau.
Ihr Lied spülte sanft alle Bedenken
hinfort und hinterließ ein warmes
Gefühl im Herzen ihrer Zuhörer.
85
„Warum fürchten mich hier alle?“
„Keine Ahnung“ sagte die Angst und
grinste den Virus an, dessen Name die
Welt in Atem hielt.
86
„Vergesst nie euer Gegenüber zu
respektieren und zu ehren“ sprach der
Karatemeister zu seinen Schülern. In
seinen Händen hielt er die Waffen, die
er sie gelehrt hatte.
„Wir werden alle Arbeitsplätze
sichern“ sprach der Chef zu seinen
Angestellten. In seinem Koffer lagen
bereits die Kündigungen.
87
Sein Atem ging stoßweise, während
sich der Schweiß auf seiner Haut
bildete. Sie hatte seinen Kopf in ihren
Händen und hielt ihn sanft fest, ehe er
die Augen schloss.
88
„Liebe, Tod, Wiedergeburt.
Kannst du auch über etwas anderes
schreiben?“
Verdutzt sah die Inspiration den Kopf
an, der sich zum ersten mal während
des Schreibens meldete.
89
Leise kreiste der Alkohol durch
die Blutbahn; hämisch grinsend raste
er auf das Bewusstsein zu, um es zu
attackieren.
Er wusste nichts von dem
Unterbewusstsein, dass bereits
dahinter lauerte.
90
Verfall und Wachstum stritten sich,
wer der Stärkere sei.
Es dauerte nicht lange, ehe sie ihr
gemeinsames Kind auf dem Boden
spielen sahen und sich wieder
vertrugen.
91
„Ich liebe dich“ sprach ihr
Spiegelbild ihr zu.
Kritisch überprüfte sie ihre
Hautfalten, während sie ihren Körper
zu hassen begann.
92
„Danke für alles“ sprach er.
Glücklich sah sie in sein Gesicht.
Dann fiel der Schuss.
93
„Glaubst du an ein Leben nach
dem Tod?“
„Keine Ahnung“ sprach Nostradamus
zu Jesus.
94
Sein Leben lang war er auf der
Suche nach sich selbst.
Stets unterwegs, hatte alles erreicht
und viele Freunde gefunden.
Als er sich einen Sommertag alleine
auf eine Wiese legte, spürte er den
Wind und roch zum ersten Mal die
Blumen.
Die Stille brachte die Erkenntnis mit,
die er ein Leben lang gesucht hatte.
95
„Diese Stille“ sprach er in die
Dunkelheit.
Keine Termine, keine
Verpflichtungen.“
Außerhalb seines Körpers standen die
Angehörigen um sein Krankenbett
und beweinten den Körper, der im
Koma lag.
96
„Spielst du mit mir?“ fragte das
Kind.
„Kommst du mit?“ frage der Junge.
„Willst du mich heiraten?“ fragte der
Mann.
„Brauchst du etwas?“ fragte der
Großvater.
„Danke“ sprach der Greis auf seinem
Sterbebett.
97
„Wenn ich doch nur einmal die
Welt bereisen könnte.
Einfach etwas anderes sehen.“
Wenig später pflückte ein Kind die
Blume und erfüllte ihr den Wunsch.
98
„Ob ich den neuen Job
bekomme?“
Grübelnd zog er die Stirn in Falten.
Er schaute auf die Katze am
Nachbarhaus.
„Heute ist ein schöner Tag“.
Sie legte sich in die Sonne und genoss
ihr Leben.
99
„Leise, wir dürfen ihn nicht
wecken“ flüsterte das Glück zum
Karma.
Verzweiflung war gerade
eingeschlafen.
100
Die Ruine war seit Jahren
verlassen.
Nur der Mond schien sich ihrer jede
Nacht anzunehmen.
Die Burg erhob sich über dem Hügel.
Die Sonne strich ihr zärtlich über die
Mauern.
Zufrieden blickte die Zeit auf ihr
Werk, und drehte eine weitere Runde.
101
Sie kannten sich nicht; hatten sich
nie berührt, obwohl sie Nachbarn
waren.
Ein Schlag von außen brachte sie zum
Schwingen und sie fühlten sich im
Einklang.
Das Lied der Gitarrensaiten erfüllte
den Moment mit Liebe.
102
Die Worte rangen um die
Vorherrschaft.
Das Unterbewusstsein griff nach
ihnen und zerrte sie wieder in die
Dunkelheit.
Zurück blieb das Papier, das ihrer
Geschichte erzählte.
103
Eine dunkle Sonne brachte den
Tag ins Bett.
Die Welt schimmerte rot und
reflektierte viele Farben.
Zufrieden ließ das Kind seine
Zeichnung auf dem Tisch und ging
nach draußen Spielen.
Außerhalb des Papiers stand die Welt
gerade auf.
104
„Es tut mir leid, aber ich muss
jetzt gehen.“
Die Inspiration stand auf und ließ ihn
mit dem Stift in der Hand zurück.
Auch wenn er sie sehr vermissen
würde wusste er, dass sie zurück
kommen würde.
105
Glücklich lächelte das Paar ihn an.
Es wusste nichts vom Griff der Zeit,
das es auf das Foto gebannt hatte.
In diesem Moment erlebte er seine
Hochzeit erneut.
106
„Was er wohl heute macht?“
fragte sie sich, als sie die Wäsche
aufhing.
„Was sie wohl heute macht?“ fragte
er sich, als er den Müll raus brachte.
20 Jahre vorher lagen beide im Bett
und träumten von einer gemeinsamen
Zukunft.
107
Die Stimme glitt zärtlich aus den
Boxen.
Ein Leben lang hatte sie ihn begleitet
und inspiriert.
Jetzt lag seine Tochter in seinem Arm
und schlief zu jenen Klängen ein, die
ihn glücklich machten.
108
„Was ist Familie“ fragte der
Alltag?
„Das verstehst du nicht“ sprach die
Liebe und nahm die Hoffnung zärtlich
in ihre Arme.
109
Erschüttert starrte der Arzt ihn an.
Sein Patient lachte, als er die
Diagnose bekam.
Kurz darauf hatte er sie vergessen.
110
Sein Atem ging ruhig, sein Körper
lag entspannt.
Zum ersten Mal seit langer Zeit, glitt
sein Geist ebenso ruhig wie sein
Körper einem Traum entgegen.
Am Tag darauf wusste nur sein
Unterbewusstsein, warum er
glücklich war.
111
„Ob sie mich wohl liebt“
Die Frage rotierte jede Stunde lauter
in seinem Kopf.
Er wusste nicht, dass sie sich die
gleiche Frage nur wenige Kilometer
entfernt stellte.
112
„Wunderschön“ dachte er sich,
als er ihren Körper betrachtete.
Auf der anderen Seite des Displays
nahm sie das Foto von sich auf,
während sie ihren Körper hasste.
113
Stürmisch peitschte der Schnee
durch die Nacht.
Ein kalter Vollmond beleuchtete die
Welt, die sich einen Moment der
Ruhe gönnte.
Sie wusste nichts von dem Tag, der
bereits seinen ersten Atemzug nahm,
um alles zu verändern...
114
Die Katze erklärte dem Hund, wie
man richtig bellt. Nur die Mäuse
sahen kopfschüttelnd zu, während der
Hund es vergeblich versuchte.
115
Bonus
Auf den nächsten beiden Seiten
befindet sich ein Relikt aus meinen
alten Lyrik Tagen.
116
Brief an den Winter
Was verbirgt sich
unter deinem Mantel,
den du so eng um dich geschlungen?
Dein eisiger Blick lässt mir
das Blut in den Adern gefrieren,
betörend schön und tödlich zugleich.
Gierig verschlingst du jedes Licht,
denn Eifersucht ist deine Zier.
Nur dich soll ich sehen, alles andere
bei deinem Anblick vergessen.
Deine Zeit ist bereits vergangen,
doch du klammerst dich daran,
versperrst deiner gütigen Schwester
den Weg.
117
Wann lässt du ab,
legst dich im Schatten der Sonne
endlich schlafen,
auf dass es wieder Frühling wird?
118
Weitere Werke:
„Seelenwerke“
„Aschendämmerung“
Weitere Projekte & Kontakt unter:
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Copyright: © 2021
Sebastian Radu Groß
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