Das Netzwerkmagazin des APOLLON Alumni Network e.V.
Die aktuelle Auflage beschäftigt sich mit den Thema Covid-19 - nur vielleicht aus einem ganz anderen Blickwinkel heraus :-).
Wer also Lust hat, sich mit verschiedensten Denkansätzen zu konfrontieren, der ist mit dieser Ausgabe mal wieder sehr gut bedient.
Grüße vom Redaktionsteam
Sprungbrett
Ausgabe
1 / 2021
Das Netzwerkmagazin des APOLLON Alumni Network e. V.
Think positive.
Editorial
DIE ERSTE AUSGABE 2021
Liebe Vereinsmitglieder,
liebe AbsolventInnen der APOLLON Hochschule,
liebe APOLLONianerInnen, liebe LeserInnen,
wir freuen uns, die mittlerweile sechste Ausgabe unseres Netzwerkmagazins zu veröffentlichen.
Selten steht Gesundheit so sehr im Fokus des allgemeinen Interesses wie in dieser Zeit, der
Kommunikationsbedarf wächst. Gleichzeitig fehlen viele liebgewonnene Formate gerade jetzt
zum Austausch. Unser BarCamp, sonst jedes Jahr in wechselnden Städten durchgeführt, musste im
letzten Jahr ausfallen.
Unterdessen bieten sich neue Ideen und Möglichkeiten, und so fand kürzlich unser erstes digitales
BarCamp statt.
Auch unser Sprungbrett greift das aktuell so viele Bereiche bestimmende Thema auf. Statt aber
ebenfalls sorgenvoll die aktuellen „Inzidenzwerte“ zu beäugen, haben unsere AutorInnen einen
anderen Blick auf die Pandemie gewagt, indem sie positive oder wenigstens potenziell verändernde
Aspekte der Krise beleuchten.
Dies scheint im einen Bereich auf fruchtbareren Boden zu fallen denn im anderen, in jedem Fall aber
liefert jeder Beitrag wertvolle Denkanstöße.
Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen.
Sollten Sie kleinere Ecken und Kanten finden, ein Thema so interessant oder sogar abwegig, dass Sie uns etwas dazu schreiben
möchten, dann freuen wir uns über ein offenes Feedback. Am besten direkt per E-Mail an info@apollon-alumni.de.
Ihr Vorstand des APOLLON Alumni Network
Michael Walch
Schatzmeister
Alexandra Berendes
Erste Vorsitzende
Tobias Ulamec
Zweiter Vorsitzender
Die Sprungbrett Ausgabe 2/2021 erscheint im Oktober.
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Sprungbrett … 01/2021
Inhalt
Disruptives Reset
Ernst Wellnhofer 4
Corona-Krise als Chance
Dana Audehm 7
Die Corona-Pandemie als Innovationstreiber in Marketing
und Vertrieb der Pharmazeutischen Industrie?
Christian Wunderlich 9
Von „verstaubt“ zu „vernetzt“ – Corona als Katalysator für Firmen
Stefanie Peschl 13
Möglichkeiten zur Motivation von Auszubildenden in
Zeiten der Corona-Pandemie
Katharina Nülsen 16
Umgang mit Stress in der Pandemie
F. Stolberg 19
APP auf Rezept – wie digitale Gesundheitsanwendungen
(DiGA) die Gesundheitsversorgung verändern (sollen)
Kurt Becker 22
Soziale Medien – eine unterschätze Wohlfühloase für
gestresste Menschen
Tobias Ulamec 27
Unsere AutorInnen und Mitwirkenden in dieser Ausgabe 29
Antrag auf Mitgliedschaft
Wo möglich verwenden unsere AutorInnen Personenbezeichnungen, die alle Geschlechter einbeziehen.
Aus Gründen der Lesbarkeit wird an anderen Stellen aber auf separate Benennungen verzichtet, es sind aber
ausdrücklich alle Geschlechter gemeint.
Impressum
©: APOLLON Alumni Network e. V. – Ausgabe 1/2021
Umschlagsgestaltung & Layout: APOLLON Hochschule der Gesundheitswirtschaft, Bremen
Bilder: Dr. Anne Wellek, Katharina Nülsen, Alexandra Berendes – Lektorat: Alexandra Berendes
AutorInnen: Dana Audehm, Kurt Becker, Katharina Nülsen, Stefanie Peschl, F. Stolberg, Tobias Ulamec, Ernst
Wellnhofer, Christian Wunderlich – Weitere Mitwirkende: Michael Walch
Verlag: APOLLON Alumni Network e.V., Bremen – Druck: Flyeralarm GmbH, Würzburg
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung
des Verlags und der Autorin bzw. des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder
sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
www.apollon-alumni.de 3
Disruptives Reset
Disruptives Reset
Ernst Wellnhofer
Shiva
„As the end of all things Shiva is the
lord of death; as the origin of all
creation he is the fount of life” Alain
daniélou [1]
Nachhaltigkeit
Die Pandemie hat gewütet, wütet und
droht weiter zu wüten. Der Begriff
„Corona“ hat unsere Sprache infiziert.
Unser Generalstab aus Virologen und
Politikern rechnet mit dem Worst-
Case, einer rasenden Mutante [2]. Die
Hauptverteidigungswaffe war und ist
der „Lock-Down“ mit dem Ziel einer bei
Seuchen altbewährten Taktik der Kontaktvermeidung.
Die Maßnahme senkt
die Infektionsrate und verzögert damit
die Ausbreitung der Pandemie [3].
Hinzu kommen seit Jahresanfang die
Impfkeule und vielleicht irgendwann
auch eine medizinische Behandlungswunderwaffe
[4]. Der Lock-Down ist
ein menschenfeindlicher heroischer
Verzicht auf den Kampf mit dem Virus
durch „Social Distancing“, eine Art sozialer
Selbstverstümmelung. Die Ausgestaltung
ist variantenreich und föderal
[5]. Todesopfer steigen [6].
„Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende
auch“ Hölderlin, Patmos [7].
Das Lernen ist das Rettende. Es hilft,
die Pandemie einzudämmen. Es ermöglicht,
die Welt neu zu erleben und
schöpferisch zu erobern. Veränderung
macht Platz für alternative Lösungen.
Zerstörung erzwingt einen Neuanfang.
Freie Perspektiven und kreative
Impulse schaffen neue Werte, neue
Arbeitswelten, neue Geschäftsmodelle
und neue Gestaltungen des Privatlebens.
Schöpferische Zerstörung
gilt als eine treibende Kraft in der
Wirtschaftsentwicklung mit mythologischen
und philosophischen Wurzeln
[8]. Abriss schafft Platz für Neubau.
Disruptive Innovation ist eine moderne
Fortentwicklung der Theorie der
schöpferischen Erneuerung in der
Wirtschaftsentwicklung. „Surviving
Disruption“ ist der Titel eines Essays
des Harvard Gurus Clayton M. Christensen.
Darin werden unter anderem
die Auswirkungen des Versandhandels,
als disruptive Innovation auf den
Einzelhandel analysiert [9].
Unter Disruption versteht Christensen
allerdings einen Prozess, bei dem eine
kleine Firma mit weniger Ressourcen
erfolgreich ein etabliertes Geschäftsmodell
auf dem Markt angreift [10].
Diese enge Definition blendet Einflüsse
auf die Ökonomie durch soziale Disruption
aus, wie z.B. jetzt in der Pandemie.
Die Perspektive des Neuanfangs
nach Zerstörung oder Scheitern wird
nicht eingenommen.
Natürlich führen auch grundlegende
technische, wissenschaftliche, ökonomische
und gesellschaftliche Innovationen
zu Verdrängungs-, Ersetzungsund
Wandlungsprozessen. Auch
solche Entwicklungen können bei
entsprechender Dynamik als schöpferische
Zerstörung erlebt werden.
Wie die digitale Revolution bessere
Gesundheitsversorgung möglich machen
könnte, beschreibt z.B. Eric Topol
in „Creative Destruction of Medicine“.
Die Digitalisierung katalysiert hier weitere
wissenschaftliche und technische
Fortschritte mit aktuellen und künftigen
Umbrüchen in der Medizin [11].
Auch hier fehlen Szenarien disruptiver
Störungen und Beschleunigungen,
wie z.B. neue Pandemien, irrationale
Amokläufe der Politik und Naturkatastrophen.
Am unkomplizierten und vielgestaltigsten
verschmelzen Zerstörung und
Schöpfung in Psychologie und Kunst
[12].
Kollaterale Effekte
Nicht zuletzt leben wir in einer vernetzten
Welt. Neben Kollateralschäden
gibt es deshalb auch kollaterale
Nutzeffekte. Was der Reisewirtschaft
weh tut, tut dem Klima gut. Die CO 2
Emissionen in China sind um 25% gesunken
[13].
Die Fortschritte der Digitalisierung,
auch im Gesundheitswesen, machen
nicht nur dem Gesundheitsminister
eine große Freude. Videosprechstunde,
elektronische Krankschreibung
und weniger überfüllte Praxen z.B.
verändern den Alltag von Ärzten [14].
Kapazitätsengpässe und Versorgungsschwierigkeiten
haben den Primat der
Ökonomie im Krankenhauseinsparwesen
etwas geschwächt. Warum
denken wir über die Vorhaltung von
Ressourcen in der Gesundheitsversorgung
anders als im Verteidigungswesen?
Risikomanagement sollte ein
fester Bestandteil der Planung im Gesundheitswesen
sein.
In einer Stellungnahme des Bundesamts
für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe
(BBK) vom 26. März
2020 heißt es: „Bei dem analysierten
Pandemieszenario aus 2012 handelt
es sich um ein solches hypothetisches
Szenario, das einen hypothetischen
Verlauf einer Pandemie in Deutschland
beschreibt.“ [15] Entsprechende
Maßnahmen blieben damals „hypothetisch“.
Wissenschaft und Staat sind
jetzt durch die Krise zurück im Spiel
[16]. Es bleibt die Hoffnung auf ein
nachhaltigeres Risikomanagement
jetzt und in Zukunft.
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Sprungbrett … 01/2021
Disruptives Reset
Die Pandemie hat in der digitalen
Lehre eine steile Lernkurve erzwungen
[17]. Auch die Arbeitswelt,
Gesundheitsbewusstsein und die
Life-Work-Balance haben sich nachhaltig
verändert [18]. Laut einer Umfrage
von Statista und YouGov unter
2.076 Personen in Deutschland sehen
42% sowohl positive als auch negative
Auswirkungen auf ihren eigenen
Alltag. Zehn Prozent der Befragten
entdecken sogar vermehrt positive
Effekte. Besonders gut bewertet werden
Auswirkungen auf das Klima, den
Verkehr, Entschleunigung des Alltags
und vermehrte Solidarität und Hilfsbereitschaft
[19].
Schließlich sind die Umdeutung unserer
Welt und buddhistische Änderungen
unserer Erwartungshaltung
unerschöpfliche menschliche Ressourcen
der Risikobewältigung und
auch krisenfeste Einnahmequellen
von Gurus und Coaches [20].
Krisengewinnler
Im Tross der Pandemie boomt das
Geschäft der Lieferanten von Medizinprodukten
und Schutzausrüstung
(Masken, Beatmungsgeräte, Desinfektionsmittel,
…). Einige globale
Pandemieprofiteure verfügen über
Internet-basierte und ggf. logistische
Dienstleistungen, die das Zuhausebleiben
oder Arbeit und Transaktionen
von Zuhause unterstützen.
Weitere Krisengewinnler finden sich
unter den Pharma- und Biotech-Konzernen.
Das geniale Geschäftsmodell
von Big Pharma nutzt in der Forschung
und Entwicklung öffentliche
Förderung, patentiert Ergebnisse
dann aber proprietär und verkauft die
Impfungen teuer an die Förderer.
Die Integration von universitärer Forschung,
z.B. in Oxford, und innovativen
Start-Ups, z. B. Biontech, war kritisch
für Erfolg und Verkürzung der Zeit bis
zur Zulassung für große Pharmaunternehmen
in dieser Krise. Die Macht der
Industrie vor dem angsterzeugenden
Wettlauf zwischen Impfung und Virusmutation
[21] treibt die Nachfrage
nach dem Impfstoff. Eine aufschlussreiche
Übersicht über „Corona-Aktien“
(Gewinner und Verlierer) findet sich
auf Finanznet [22].
Was Künstler dachten
Die Maßnahmen zur Kontaktbeschränkung
führten dazu, dass sich
Menschen stärker beachteten und
den persönlichen Raum, Körper und
Aura, wieder mehr respektierten. Eine
Entschleunigung auf allen Ebenen des
Denkens und Fühlens schuf neues Bewusstsein.
Kreative entdeckten ihr Privatleben
(neu). Mehr Achtsamkeit und
neue Gleichgewichte entwickelten
sich im Umgang mit der Natur und
dem Leben.
Es war sehr überraschend, was im
Lock-Down auf einmal möglich war.
Neue Spiele verlangen neue Spielregeln.
Wir sind noch da und kreativ aktiv!
Let‘s go virtual [23] !
www.apollon-alumni.de 5
Disruptives Reset
Literaturverzeichnis:
[1] Daniéou, A. (2017). Hindu Polytheism, Bollingen Series LXXIII. Pantheon Books, 1964, S 192.
[2] Plante, J.A., Liu, Y., Liu, J. et al. (2020). Spike mutation D614G alters SARS-CoV-2 fitness. Nature.
https://rdcu.be/cd8j9, https://doi.org/10.1038/s41586-020-2895-3 (18.01.2021)
[3] Martin S. (2020). Ausbreitung von Corona (COVID-19) in Deutschland.
http://www.anne-emscher.net/corona.pdf (24.01.2021)
[4] Vfa bio..Die forschenden Pharma-Unternehmen (2021).Therapeutische Medikamente
gegen die Coronavirusinfektion Covid-19. https://www.vfa.de/de/arzneimittel-forschung/
woran-wir-forschen/therapeutische-medikamente-gegen-die-coronavirusinfektion-covid-
19#neuemedikamente (18.01.2021)
[5] Tagesschau (2021). Lockdown mit Löchern – was wo gilt. https://www.tagesschau.de/inland/
gesellschaft/lockdown-regeln-bundeslaender-101.html (Stand: 11.01.2021, abgerufen
24.01.2021)
[6] Sperling, S.; Röger,A.(2021) Neuer Trend bei Todeszahlen. Animation zeigt: Diese Altersgruppen
sind besonders gefährdet. https://www.t-online.de/nachrichten/panorama/id_89287198/
todeszahlen-fatale-corona-entwicklung-bei-altersgruppen-und-sterblichkeit.html?utm_
source=pocket-newtab-global-de-DE (Stand 18.01.2021, abgerufen 24.01.2021)
[7] Bertaux, P. (1963). Hölderlin, F. Werke Briefe Dokumente. Winkler-Verlag, München. S.177
[8] Reinert, E.S.; Reinert, H. (2015). Creative Destruction in Economics. New Nietzsche Studies. Bd 9,
Ausgabe 3/4, S. 1-23, https://doi.org/10.5840/newnietzsche201593/41 (18.01.2021)
[9] Wessel, M.; Christensen, C.M.(2012). Surviving Disruption. Reprint in Christensen, Clayton M. The
Clayton M. Christensen reader”. Harvard Business Review Press [2015], Boston Massachusetts.
ISBN 97816333690998
[10] Christensen, C. M.; Raynor, M. E.; McDonald, R. (2015). What is Disruptive Innovation? Reprint
in Christensen, Clayton M. The Clayton M. Christensen reader”. Harvard Business Review Press
[2015], Boston Massachusetts. ISBN 97816333690998
[11] Topol, E. (2012). The Creative Destruction of Medicine. How the Digital Revolution Will Create
Better Healthcare. Basic Books. New York. ISBN 978-0-465-02550-3
[12] (2017). Kreative Zerstörung-Über Macht und Ohnmacht des Destruktiven in den Künsten. Hrg.
Wolfram Bergande. Verlag Turia + Kant, Wien. ISBN 978-3-85132-867-7, https://www.turia.at/
titel/bergande2.php (24.01.2021)
[13] Shafy, S (2020). Durch das Coronavirus sinken die CO 2
-Emissionen in China um 25 Prozent.
SPIEGEL Online, Wissenschaft, https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/co2-emissionen-
in-china-sinken-ist-das-coronavirus-gut-fuers-klima-a-3bb248ba-5177-4a3a-abcb-
9a67c7e1ad07 (24.01.2021)
[14] Van den Bergh, W; Nößler, D.(2020). „ÄrzteTag“-Podcast. Die positiven Nebenwirkungen der
„Corona-Krise“.
https://www.aerztezeitung.de/Podcasts/Die-positiven-Nebenwirkungen-der-Corona-
Krise-407833.html (Stand 19.03.2020, abgerufen 24.01.2021)
[15] zm online (2020). Behörde warnte 2012 vor Pandemie mit mutiertem SARS-Erreger
https://www.zm-online.de/news/politik/behoerde-warnte-2012-vor-pandemie-mit-mutiertemsars-erreger/
(Stand 7.4.2020, abgerufen 24.01.2021)
[16] Müller, H. (2020). Die positiven Folgen von Corona. https://www.manager-magazin.de/politik/
weltwirtschaft/henrik-muellers-jahresbilanz-2020-positive-folgen-der-corona-pandemie-a-
25cd4d66-d8d2-4638-b2a3-dcee7d521d0e (Stand 20.12.2020, abgerufen 24.01.2021)
[17] Eichmeyr, H. (2020). Digitales Lernen in Zeiten von Corona: Beginn einer steilen Lernkurve?
Digitalisierung der Bildung. https://www.digitalisierung-bildung.de/2020/03/27/digitaleslernen-in-zeiten-von-corona-beginn-einer-steilen-lernkurve/
(24.01.2021)
[18] Personalwirtschaft (2020). Corona hat für Unternehmen auch positive Auswirkungen. https://
www.personalwirtschaft.de/der-job-hr/corona-special/artikel/corona-krise-arbeitgeber-undbeschaeftigte-sehen-auch-gute-auswirkungen.html
(Stand 25.09.2020, abgerufen 24.01.2021)
[19] Suhr,F (2020). Corona-Krise: Nicht alles ist schlecht (Infographic). https://de.statista.com/
infografik/21755/umfrage-zu-positiven-aspekten-der-corona-krise/ (Stand 20.05.2020,
abgerufen 24.01.2021)
[20] Merzhäuser, M. () CORONA-KRISE hat auch POSITIVE EFFEKTE.https://www.siemagbkk.de/
kontakt-service/aktuelles/corona-krise-hat-auch-positive-effekte-mmerzhaeuser (24.01.2021)
[21] Weber, N (2021) Was der AstraZeneca-Reinfall in Südafrika bedeutet. Spiegel Wissenschaft.
https://www.spiegel.de/wissenschaft/medizin/corona-impfstoffe-und-mutationen-was-derastrazeneca-reinfall-in-suedafrika-bedeutet-a-c4be7fef-9ac8-4f61-ad12-dc07ba994fdc?utm_
source=pocket-newtab-global-de-DE (14.02.2021)
[22] Finanznet () Corona-Aktien. https://www.finanzen.net/aktien/corona-aktien (14.02.2021)
[23] Mickan E.; Sauerländer T. (2017) Virtuelle Kunst: Vom Wachsen einer neuen Disziplin –
Ausstellungen in der anderen Realität. https://detektor.fm/digital/virtuelle-kunst (Stand
14.02.2017, abgerufen 25.01.2021)
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Sprungbrett … 01/2021
Corona-Krise als Chance
Corona-Krise als Chance
Dana Audehm
Digitalisierungsschub im Gesundheitswesen als Katalysator für Start ups
Die Corona-Pandemie beherrscht die deutsche Wirtschaft. Gesetzlich erlassene Einschränkungen führen zum wirtschaftlichen
Einbruch in vielen Bereichen. Das deutsche Gesundheitssystem ist durch die Pandemie stark gefordert
und steht vor großen zu lösenden Aufgaben. Kontaktbeschränkungen, Quarantäne, mit Covid-19 infizierte Patienten
mit unterschiedlichen Verlaufsformen, besondere Hygieneregeln oder die Meldepflicht im Zusammenhang mit dem
Coronavirus sind nur einige Beispiele für die bestehenden Herausforderungen. Der Bedarf an digitalen Lösungen
wächst. Das 2019 in Kraft getretene Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) sowie das im Juni 2020 beschlossene Krankenhauszukunftsgesetz
(KHZG) bilden die gesetzliche Grundlage zur Umsetzung.
Das verschafft Digital-Health-Start ups mit ihren kreativen Ideen Chancen und Möglichkeiten.
Die Coronavirus-Pandemie stellt Gesellschaft,
Politik und Wirtschaft vor
eine große Herausforderung. Viele
Branchen haben Probleme und werden
von der Regierung unterstützt,
um eine Insolvenzwelle zu verhindern.
Das Gesundheitssystem steht im
Fokus. Die Versorgung der Patienten
muss gesichert werden und die Bedingungen
dazu verbessert. [10]
Bereits vor Beginn der Corona-Krise
zeigte sich, dass Gesundheit, Sicherheit
und Digitalisierung an Bedeutung
gewonnen haben und eine steigende
Nachfrage nach Digital-Health-Leistungen
zu erwarten ist. [5]
Eine gesetzliche Grundlage bildet das
am 19. Dezember 2019 in Kraft getretene
DVG.
Wesentliche Inhalte sind die Verordnungs-
und Erstattungsmöglichkeiten
von Gesundheits-Apps, die Ausweitung
der Telemedizin und der Zugriff
auf das sichere Datennetz im Gesundheitswesen,
der Telematikinfrastruktur
(TI).
Der von der Bundesregierung aufgelegte
Innovationsfond wird bis 2024
mit 200 Millionen Euro jährlich verlängert.
Damit können weiterhin über
die normale Regelversorgung der
gesetzlichen Krankenversicherung
hinausgehende Versorgungsformen
und Versorgungsforschungsprojekte,
welche auf einen Erkenntnisgewinn
zur Verbesserung der bestehenden
Versorgung ausgerichtet sind, gefördert
werden. [7] [8]
Durch das am 29. Oktober 2020 in
Kraft getretene Krankenhauszukunftsgesetz
(KHZG) wird den Krankenhäusern
ein digitales Update ermöglicht.
[9]
Während 70 % der deutschen Start ups
um ihre Existenz bangen, bekommen
digitale Start ups im Gesundheitswesen
während der Corona-Krise ungeahnten
Rückenwind. Über 80 % dieser
Start ups sehen darin eine Chance für
ihr Geschäftsmodell und verzeichnen
eine verstärkte Kundennachfrage von
Produkten und Dienstleistungen sowie
eine steigende Anzahl von Neukunden.
[1][2]
Fabian Höger, einer der Gründer des
Start ups InMotion, bestätigt die steigende
Nachfrage. Er berichtet, dass
die öffentliche Aufmerksamkeit im Gesundheitssektor
sowie in Aussicht gestellte
Fördergelder die Investition in
schnelle und pragmatische Lösungen
steigern.
InMotion ging 2019 als Gewinner aus
einem Wettbewerb des IT-Dienstleisters
adesso SE hervor, bei dem sich die
auf das Gesundheitswesen gerichtete
Idee des „kontaktlosen Patientenzimmers“
gegenüber den Mitbewerbern
anderer Branchen durchsetzte. Dass
die Lösung so schnell dringend benötigt
wird, ahnte er damals noch nicht.
Laut Höger ermöglicht die Technologie
beispielsweise die kontakt- und
lückenlose Messung von Vitalzeichen
bei Patienten sowie das automatisierte
Erkennen spezifischer Situationen,
die eine Desinfektion erforderlich
machen. Während die Einrichtungen
der Gesundheitswirtschaft in der
Zeit vor Corona dem Einsatz derart
„neuer“ Technologien eher skeptisch
gegenüberstanden, findet man heute
Interesse und Aufgeschlossenheit, erzählt
Höger weiter. Manchmal bremsen
die strengen Einschränkungen
des Zugangs zu Krankenhäusern und
Pflegeheimen die Umsetzung der innovativen
Ideen aus. Da heißt es, beiderseitig
konstruktive Lösungen zu
finden. [3]
Diese Erfahrungen werden durch Dr.
Ole Martin vom Startup Dermanostic,
einer Hautarzt-Online-App, bestätigt.
Patienten und Ärzte sind offener gegenüber
telemedizinischen Diensten.
Durch die festgelegte Förderung im
DVG, die gesetzlich vorgegebenen
www.apollon-alumni.de 7
Corona-Krise als Chance
Kontaktbeschränkungen aufgrund
der Pandemie und die Angst vor Ansteckung
sind Besuche in einer Arztpraxis
eingeschränkt. Die bisherige
Skepsis nimmt ab und die Vorteile der
digitalen Kommunikation zwischen
Arzt und Patient überwiegen. Durch
die pandemiebedingten verhängten
Einschränkungen gibt es jedoch Probleme
in der Kommunikation mit Behörden
oder anderen Unternehmen.
[4] [5]
Weitere Einschränkungen für die Startups
stellen die Reise- und Kontaktbeschränkungen
dar. Dadurch kommt
es zum Ausfall von Kundenbesuchen,
dem fehlenden Aufbau von Netzwerken,
dem Ausfallen von Messen oder
Lieferengpässe und damit zeitliche
Verzögerungen. [4]
Die Start ups lassen sich jedoch nicht
davon aufhalten und viele arbeiten
erfolgreich.
Dabei wünschen sie sich mehr Unterstützung
von der Politik. Weniger
Bürokratie und eine unkompliziertere
Förderung in Krisenzeiten werden
dazu an erster Stelle genannt. [4]
Beim 2020 in Coronazeiten durchgeführten
Businessplan Wettbewerb
Medizin- und Gesundheitswirtschaft
nahmen 41 Teams aus 11 Bundesländern
teil. Ziel des Wettbewerbs ist die
Förderung der Gründung und Ansiedlung
innovativer Unternehmen der
Medizin- und Gesundheitswirtschaft.
[4]
Im Raum Berlin liefern mehr als 100
Start ups mit innovativem Gründergeist
und digitalem Know-How neue
Impulse für den digitalen Wandel in
der Gesundheitswirtschaft. Sie entwickeln
mit aktuellen Technologien wie
Machine Learning, Künstlicher Intelligenz
oder Big Data mobile Apps und
Wearables.
Große Unternehmen suchen zunehmend
die Nähe zu diesen Start ups, um
die Innovationen und Fähigkeiten für
gemeinsame digitale Entwicklungen
im Gesundheitsmarkt zu nutzen. [11]
Die Corona-Pandemie ist eine Chance
für Digital Health Start ups. Besonders
in der Gesundheitswirtschaft stehen
viele Herausforderungen an. Diese
werden in großem Umfang vom Gesetzgeber
gefördert. Start ups haben
diverse Möglichkeiten, sich mit Entwicklungen
in den digitalen Fortschritt
im Gesundheitswesen einzubringen.
Beispiele zur Zitation Literaturverzeichnis:
[1] Pwc, (2020). Innovationsschub im Gesundheitswesen: Wie
Startups die Coronakrise bewältigen. https://www.pwc.de/
de/gesundheitswesen-und-pharma/innovationsschub-imgesundheitswesen-wie-startups-die-coronakrise-bewaeltigen.html
(31.01.2021)
[2] Mareike Müller, WirtschaftsWoche, (2020). https://www.wiwo.de/my/
erfolg/gruender/start-ups-in-der-coronakrise-nach-zwei-monaten-
droht-ein-massensterben/25708072.html?ticket=ST-4259554-
npfaYA0NDH2xwfHZSZVu-ap2 (31.01.2021)
[3] Fabian Höger, persönliches Interview (26.01.2021)
[4] SHE works (2020). Health Start-Ups: Corona ist vor allem Chance.
https://www.she-works.de/gruenden/health-start-ups-corona-ist-vorallem-chance/2020/07/21/
(31.01.2021)
[5] Jürgen Hoffmann (17.07.2020). Corona verschafft Digital-Health
Startups Rückenwind. https://creditreform-magazin.de/leben/
gesundheit/corona-verschafft-digital-health-startups-rueckenwind/
(06.12.2020)
[6] Grätzel von Grätz, Philipp, Ärztezeitung (28.10.2020). Digitalisierung:
Rückenwind durch die Corona-Pandemie nutzen. https://www.
aerztezeitung.de/Wirtschaft/Digitalisierung-Rueckenwind-durch-die-
Corona-Pandemie-nutzen-414106.html (31.01.2021)
[7] BMG, (22.04.2020). Ärzte sollen Apps verschreiben können.
https://www.bundesgesundheitsministerium.de/digitaleversorgung-gesetz.html
(31.12.2021)
[8] G-BA, Innovationsfond, https://innovationsfonds.g-ba.de (31.01.2021)
[9] BMG (07.12.2020). Krankenhauszukunftsgesetz für die Digitalisierung
von Krankenhäusern. https://www.bundesgesundheitsministerium.
de/krankenhauszukunftsgesetz.html (31.01.2021)
[10] Tagesspiegel (14.04.2020). Was sich nach der Coronavirus-
Pandemie ändern könnte. https://www.tagesspiegel.de/politik/
gesundheitssystem-wirtschaft-finanzwelt-was-sich-nach-dercoronavirus-pandemie-aendern-koennte/25733628.html
(31.01.2021)
[11] HealthCapital, Digital Health, https://www.healthcapital.de/
medizintechnik/digital-health/ (31.01.20)
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Sprungbrett … 01/2021
Die Corona-Pandemie als Innovationstreiber in Marketing und Vertrieb der Pharmazeutischen Industrie?
Die Corona-Pandemie als Innovationstreiber in Marketing und Vertrieb
der Pharmazeutischen Industrie?
Christian Wunderlich
Wie in vielen anderen Branchen, erfordert die Corona-Pandemie auch für die Pharmazeutische Industrie eine verbesserte
digitale Kundenansprache. In diesem Zusammenhang stehen die Bereiche Marketing und Vertrieb als direkte
Schnittstellen zwischen Unternehmen und Kunden naturgemäß vor besonderen Herausforderungen. Doch führt die
Pandemie tatsächlich zur ersehnten nachhaltigen digitalen Transformation?
Die Pandemie hat Auswirkungen
auf die Kundenansprache
Um die Ansteckungswahrscheinlichkeit
mit dem Coronavirus zu reduzieren,
haben niedergelassene Ärzte und
Ärzte in Krankenhäusern im Zuge der
bisherigen Pandemiewellen persönliche
Kontakte zu Pharmareferenten
deutlich eingeschränkt und in vielen
Fällen vorübergehend sogar vollständig
eingestellt. Umgekehrt haben
auch die meisten Pharmaunternehmen
zum Schutz ihrer Angestellten
das Arbeiten im Homeoffice angeordnet.
Somit drohte mit dem Außendienst
der wichtigste und zugleich
kostenintensivste Kanal im traditionellen
Marketingmix der Pharmaindustrie
bis auf Weiteres zu entfallen.
Die Industrie stand daher kurzfristig
vor der Herausforderung, neue Möglichkeiten
der digitalen persönlichen
Interaktion zwischen Arzt und Pharmareferent
zu finden, beziehungsweise
bestehende Angebote, wie zum
Beispiel medizinische Fortbildungen,
digital weiterzuentwickeln. Darüber
hinaus wurde schnell erkennbar, dass
sich auch die Kundeninteressen pandemiebedingt
änderten und die Marketingabteilungen
somit gefordert
waren, neuen relevanten Content zu
generieren [6].
Wie digital ist die Pharmaindustrie
bereits?
Um den digitalen Reifegrad der Pharmaindustrie
im Branchenvergleich
innerhalb Deutschlands beurteilen zu
können, lohnt sich zunächst einmal
ein Blick darauf, wo Deutschland in
Bezug auf die Digitalisierung im Vergleich
der EU-Mitgliedsstaaten insgesamt
steht. Der jährlich erscheinende
DESI-Report (DESI: Digital Economy
and Society Index) der Europäischen
Kommission gibt Aufschluss darüber:
betrachtet man die fünf untersuchten
Dimensionen „Connectivity“ (Verfügbarkeit
schneller Datenverbindungen),
„Human Capital“ (digitales Know-how
der Bevölkerung), „Use of Internet Services“
(Nutzungsgrad des Internets),
„Digital Public Services“ (digitale Angebote
der öffentlichen Verwaltung)
und „Integration of Digital Technology“
(Integrationstiefe digitaler Technologien
in Unternehmen), so liegt
Deutschland im Ländervergleich auf
Platz 12 von 28 EU-Ländern und mit
diesem Ergebnis nur knapp über dem
EU-Durchschnitt (die Daten des Vereinigten
Königreichs auf Platz 8 der
Betrachtung sind hier noch enthalten.
Die Datenbasis stammt aus dem Jahr
2019.) [4]. Betrachtet man isoliert den
Parameter „Integration of Digital Technology“,
der den digitalen Reifegrad in
Unternehmen beschreibt, ist das Bild
für Deutschland noch einmal ungünstiger;
hier nimmt Deutschland nur einen
ungenügenden 18. Rang ein und
liegt unterhalb des EU-Durchschnitts
(UK: Rang 8; über dem EU-Durchschnitt)
[4]. Im Hinblick auf den digitalen
Reifegrad seiner Unternehmen
gibt es in Deutschland also noch ein
erhebliches Entwicklungspotenzial.
Im deutschen Branchenvergleich hat
die Pharmaindustrie mit einem Index
von 100 einen durchschnittlichen digitalen
Reifegrad.
Spitzenreiter sind hierzulande wenig
überraschend die Informations- und
Kommunikationstechnologie (Index =
273), der Fahrzeugbau (Index = 193),
Elektrotechnik und Maschinenbau (In-
Digital Economy and Society Index (DESI) 2020, integration of digital technologies
Quelle: DESI 2020, European Commission. [4], S 63
www.apollon-alumni.de 9
Die Corona-Pandemie als Innovationstreiber in Marketing und Vertrieb der Pharmazeutischen Industrie?
dex = 144) und unternehmensnahe
Dienstleister (Index = 135). Besonders
schlecht schneiden die Unternehmen
der deutschen Pharmaindustrie im
Hinblick auf die Digitalisierung ihrer
Geschäftsmodelle ab (Index = 60). Es
besteht also vor allem in dieser Frage
ein erheblicher Nachholbedarf bei der
Digitalisierung [2].
Die Pandemie fördert ein
digital-freundliches Klima
Einer Studie des Bundesverband Informationswirtschaft,
Telekommunikation
und neue Medien e. V. (Bitkom)
aus dem November 2020 zufolge, hat
die Pandemie dazu geführt, dass sich
das Klima in Unternehmen in Bezug
auf die Digitalisierung verbessert. So
sahen im November 2020 97% aller
befragten Unternehmen in der Digitalisierung
eine Chance; im Jahr
2018 waren dies noch 89%. 71% der
Unternehmen gaben an, auf die Corona-Krise
mit einer Anpassung bereits
bestehender Produkte und Dienstleistungen
zu reagieren, und 45% der
Unternehmen reagierten mit einer
Veränderung des Geschäftsmodells.
Darüber hinaus gaben 84% der befragten
Unternehmen an, dass die Digitalisierung
für ihr Unternehmen aufgrund
der Pandemie an Bedeutung
gewonnen habe. Allerdings sehen
sich dabei nur 27% der Unternehmen
als Vorreiter, 71% hingegen als Nachzügler.
Insgesamt attestieren sich alle
befragten Unternehmen im Hinblick
auf den Stand der Digitalisierung in
ihrem Betrieb derzeit die Schulnote
„befriedigend“ und zwar unabhängig
von der Zahl ihrer Mitarbeiter. 61% der
Unternehmen glauben, dass die Pandemie
für sie einen Innovationsschub
auslöse, und 54% prognostizieren,
dass die Krise langfristig zur Beschleunigung
der Digitalisierung führen wird
[3].
Corona führt zu einem Digitalisierungsschub in den Unternehmen
Inwieweit treffen die folgenden Aussagen auf ihr Unternehmen zu oder nicht zu?*
61%
Die Corona -Pandemie
sorgt für einen
Innovationsschub in
unserem Unternehmen.
54%
Durch die Corona -Pandemie
werden wir langfristig die
Digitalisierung in unserem
Unternehmen en vorantreiben.
Basis: Alle befragten Unternehmen (n=605) | *Aussagen »trifft voll und ganz zu« & »trifft eher zu« | Quelle : Bitkom Research
In der ersten Pandemiewelle
verschob sich die Kundenansprache
der Industrie hin zu
„digitalen“ Kanälen, …
Im deutschen Pharmamarkt war vor
der Corona-Pandemie der persönliche
Besuch des Außendienstmitarbeiters
in der Arztpraxis beziehungsweise
im Krankenhaus der wichtigste Kanal
innerhalb des Marketingmix, gefolgt
von der Nutzung von E-Mails. Als
persönliche Besuche schließlich stark
eingeschränkt wurden, verschob sich
der Kanalmix deutlich. Fanden im Januar
2020 noch 70% aller Kontakte
zwischen Außendienstmitarbeiter
und Arzt persönlich statt, waren es
im April, auf dem ersten Höhepunkt
der Krise, nur noch 2%. Innerhalb des
gleichen Zeitraums stieg die Rate der
E-Mail-Kontakte von 26% auf 72%. Die
Zahl der Telefonkontakte stieg von
ca. 1% im Januar auf 18% im April.
Wirklich neue digitale Formate, wie
beispielsweise virtuelle Meetings
zwischen Arzt und Pharmareferent,
gewannen in diesem Zeitraum kaum
an Bedeutung und machten im April
lediglich weiterhin 2% der Kontakte
aus [5].
54%
Digitale Technologien
helfen uns, die
Corona-Pandemie zu
bewältigen.
Quelle: Bitkom 2020, Digitalisierung der Wirtschaft – Auswirkungen der Corona-Pandemie [3], S. 8
…kehrte aber nach Abflauen der
Welle wieder zum Ausgangspunkt
zurück
Zwischen den beiden Pandemiewellen
des Jahres 2020 pendelte sich der
Mix der Marketingkanäle schließlich
wieder auf dem Vorkrisenniveau ein
[5]. Die Hoffnung der Unternehmen,
dass sich digitale Formate wie beispielsweise
virtuelle Meetings und
Automatisierung des Marketing krisenbedingt
nachhaltig durchsetzen
würden, hat sich somit für die Mehrzahl
der Unternehmen im deutschen
Markt nicht bewahrheitet. In Spanien
und Großbritannien, die beide schwerer
als Deutschland von der Pandemie
betroffen waren, hielt die ausgewogenere
Verteilung zwischen analogen
und digitalen Marketingkanälen hingegen
bis Jahresende 2020 an [6].
Meine Erfahrungen mit diesem
Thema
Bevor ich im nächsten Abschnitt zu
einer wissenschaftlichen Betrachtung
des Themas zurückkehren werde,
möchte ich an dieser Stelle meine eigene
Erfahrung mit der Digitalisierung
in den Bereichen Marketing und Vertrieb
der Pharmaindustrie schildern,
lebt doch ein Heft wie das „Sprungbrett“
nicht zuletzt vom persönlichen
Erfahrungsaustausch.
10
Sprungbrett … 01/2021
Die Corona-Pandemie als Innovationstreiber in Marketing und Vertrieb der Pharmazeutischen Industrie?
Als Business Unit Head habe ich bei
meinem letzten Arbeitgeber die erste
Pandemiewelle gemanagt. Meine
Erfahrungen decken sich nahezu 1:1
mit den bereits beschriebenen bundesweiten
Erhebungen der Firma
IQVIA. Auch bei meinen Mitarbeitern
im Vertrieb war zunächst eine verstärkte
Nutzung von (bereits etablierten)
digitalen Kanälen, insbesondere personalisierter
E-Mails, zu verzeichnen.
Schwieriger war die Umstellung auf
bisher nicht genutzte Formate, wie
zum Beispiel das „E-Detailing“, was das
virtuelle Arztgespräch per internetbasierter
Plattform meint. Die Einführung
dieses Formats stieß auf heftigen
Widerstand der Außendienstmitarbeiter
und des Betriebsrats.
Die Bereitschaft zum digitalen Wandel
war bei den Mitarbeitern des Marketing
deutlich höher ausgeprägt.
Sie kümmerten sich von Beginn der
Pandemie an darum, die notwendige
technische Infrastruktur einzuführen,
lieferten fortlaufend neuen relevanten
digitalen Content und sondierten ihre
Umwelt nach innovativen Ideen.
Quelle: IQVIA 2020, Kurzbericht [5], S. 3
Diese deutlich unterschiedliche Bereitschaft
beider Mitarbeitergruppen, sich
auf den digitalen Wandel einzulassen,
beziehungsweise ihn aktiv mitzugestalten,
führe ich auf zwei wesentliche
Ursachen zurück. Außendienstmitarbeiter
haben im Vergleich zu Mitarbeitern
des Marketing aufgrund ihrer
Tätigkeit in der Regel weniger Kontakt
zum Unternehmen und damit eine
weniger enge Bindung. Da sie regional
arbeiten, sind sie aufgrund ihrer
räumlichen Distanz zum Unternehmenssitz
auch weniger eng in Informations-
und Entscheidungsprozesse
eingebunden. Darüber hinaus fürchten
Außendienstmitarbeiter häufig,
dass die Digitalisierung und Automatisierung
des Marketing perspektivisch
zum Verlust ihres Arbeitsplatzes führen
könnte. Digitalisierung wird damit
als persönliche Bedrohung empfunden
und löst daher Widerstand aus.
In der Tat haben sich Rolle und Aufgaben
der Außendienstmitarbeiter in
den 20 Jahren meiner Berufstätigkeit
deutlich verändert. Diese Veränderungen
bestanden einerseits in einer
signifikanten Verringerung der Zahl
der Außendienstmitarbeiter; damit
einher ging andererseits aber auch
eine klare qualitative Aufwertung
und Spezialisierung des Berufsbildes.
Entscheidend für die Akzeptanz der
Digitalisierung im Außendienst und
damit für einen nachhaltigen Erfolg
der Implementierung wird es sein,
die zukünftige Rolle des Außendienstmitarbeiters
innerhalb des operativen
Marketing sauber und eindeutig zu
definieren. Grundsätzlich ist es zum
Beispiel vorstellbar, dass Außendienstmitarbeiter
in ihren geographischen
Arbeitsregionen die Orchestrierung
der zur Verfügung stehenden Marketingmaßnahmen
in eigener Verantwortung
übernehmen. Das würde
allerdings erneut einen Paradigmenwechsel
in Bezug auf das Berufsbild
bedeuten und eine geeignete Qualifikation
beziehungsweise Qualifizierung
erfordern.
Der durch die Pandemie entstandene
Handlungsdruck ist
hilfreich, aber keinesfalls ausreichend
für eine nachhaltige
digitale Transformation
Als Fazit bleibt festzuhalten: die pandemiebedingten
Einschränkungen
persönlicher Außendienstbesuche
haben kurzfristig zu einer intensiveren
Nutzung digitaler Kanäle der Kundenansprache
geführt. Einschränkend
ist dazu allerdings zweierlei zu sagen:
erstens ist mit dem Begriff „digitaler
Kanal“ in diesem Fall vorwiegend
die Nutzung von E-Mails und Telefon
gemeint. Hier kann schwerlich von
einem Durchbruch auf dem Weg zur
Digitalisierung in Marketing und Vertrieb
der pharmazeutischen Industrie
gesprochen werden. Die Nutzung
wirklich neuer Kanäle und Marketingmethoden
wurde durch die Pandemie
nur in Einzelfällen angestoßen.
Zweitens war die Verschiebung zwischen
den Kanälen nicht nachhaltig;
nach Wegfall des Handlungsdrucks
aufgrund des Abflauens der Pandemie
kehrte das (offenbar eher träge)
System wieder in seinen Ausgangszustand
zurück. Die Pandemie hat
sich bisher also nicht als der ersehnte
Treiber digitaler Innovationen in Vertrieb
und Marketing der Pharmaindustrie
erwiesen.
Mit oder ohne Pandemie ist Digitalisierung
kein Selbstläufer. Nachhaltige
digitale Transformation hat
drei wesentliche Erfolgsfaktoren, die
www.apollon-alumni.de 11
Die Corona-Pandemie als Innovationstreiber in Marketing und Vertrieb der Pharmazeutischen Industrie?
in einem strukturierten Ansatz des
Change-Managements berücksichtigt
werden müssen: sie setzt zum einen
ein technisches Grundverständnis
der Mitarbeiter voraus, welches durch
fortlaufende Weiterqualifizierung
mittels Schulungen und Trainings
sichergestellt werden muss. Neben
diesem „harten“ technischen Aspekt
spielt zum zweiten aber die „weiche“
menschliche Seite in jedem Changeprozess
die entscheidende Rolle. Vom
Wandel betroffene Mitarbeiter haben
häufig Ängste und wollen daher „mitgenommen“
werden. Sie wollen verstehen,
warum der Wandel erforderlich
ist und welche Rolle sie zukünftig
haben werden. Sie möchten außerdem
erkennen, dass ihr Unternehmen
dabei eine klare Zukunftsvorstellung
hat, die es in ebenso klare, konkrete
Zielsetzungen für jede(n) Einzelne(n)
herunterzubrechen in der Lage ist.
Drittens gilt: in Bezug auf die Mitarbeiterführung
ist es erfolgskritisch, agil
zu agieren und schnell ins Handeln
zu kommen, das heißt rasch konkrete
Schritte der Planung umzusetzen, um
erste motivierende Erfolgserlebnisse
(„quick wins“) zu schaffen, die die Bereitschaft
zum Wandel weiter befeuern
können [1].
Literaturverzeichnis:
[1] Across Health (2020). Digital transformation in Life Sciences: Acceleration (waiting) in the wings? (Literatur beim Verfasser).
[2] Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (2020). Digitalisierung der Wirtschaft in Deutschland. Digitalisierungsindex 2020.
https://www.de.digital/DIGITAL/Redaktion/DE/Digitalisierungsindex/Publikationen/publikation-download-zusammenfassung-ergebnissedigitalisierungsindex-2020.pdf?__blob=publicationFile&v=3
(30.01.2021).
[3] Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e. V. (Bitkom) (2020). Digitalisierung der Wirtschaft – Auswirkungen
der Corona-Pandemie. https://www.bitkom-research.de/system/files/document/Bitkom%20Charts%20Digitalisierung%20der%20Wirtschaft%20
16%2011%202020_final.pdf (30.01.2021).
[4] European Commission (2020). Digital Economy and Society Index 2020. https://ec.europa.eu/newsroom/dae/document.cfm?doc_id=67086
(30.01.2021).
[5] IQVIA (2020). Kurzbericht: Die Sicht niedergelassener Ärzte in Deutschland auf die COVID-19-Krise und die Bedeutung von Digital Health.
https://www.iqvia.com/-/media/iqvia/pdfs/germany/library/publications/iqvia-kurzbericht-rztesicht-auf-covid-19-und-digital-health.pdf?la=de-de
&hash=18DE8EB33A9C9434BB068805306E0F51 (30.01.2021).
[6] IQVIA (2020). Leaders Insights: Outlook for commercial activity across Europe in 2021. Progress and success in uncertain times.
https://images.constellation.iqvia.com/Web/IQVIA/%7Be0f7cf53-0bc1-48a0-b50b-8a90f1d79d9f%7D_CSMS_GBU_Webinar_IQVIA_Leaders_
Insights_26th_Nov_2020_VF_PDF.pdf?utm_campaign=2020_CSMSEULeadersWebinar_GBU_TC_CS_Thankyou&utm_medium=email&utm_
source=Eloqua (30.01.2021).
12
Sprungbrett … 01/2021
Von „verstaubt“ zu „vernetzt“ – Corona als Katalysator für Firmen
Von „verstaubt“ zu „vernetzt“ – Corona als Katalysator für Firmen
Stefanie Peschl
„Homeoffice überall da, wo es möglich
ist. Arbeitgeber müssen überall
dort Homeoffice anbieten, wo es
möglich ist. Das sieht die Corona-Arbeitsschutz-Verordnung
vor, die am
27. Januar in Kraft getreten ist“. [1]
Neben vielen Herausforderungen für
Familien und Firmen bietet das Homeoffice
auch eine Reihe positiver Effekt,
die durch Corona in der Umsetzung
deutlich beschleunigt wurden. Remote-Tools
und Digitalisierung nehmen
Fahrt auf.
Zum Einstieg sei erwähnt, dass das
„Homeoffice“ als solches keine allgemein
gültige Definition aufweist
und zumeist von mobilem Arbeiten
ausgegangen wird. Um die verschiedenen
Möglichkeiten der Arbeit von
zu Hause und/oder von unterwegs
begrifflich abgrenzen zu können, wird
durch die IHK Berlin eine gute Übersicht
gegeben:
Homeoffice – Nach dem allgemeinen
Sprachgebrauch versteht man hierunter
das gelegentliche oder ständige
Arbeiten in den privaten Räumlichkeiten.
Mobiles Arbeiten – die durch Zurverfügungstellung
von mobilen Endgeräten
eingeräumte Möglichkeit, die
Arbeitsleistung an (..) wechselnden
Orten außerhalb des Betriebs zu erbringen
(etwa auf Reisen im Zug, im
Hotel oder auf dem heimischen Sofa).
Telearbeit – findet sich in der Arbeitsstättenverordnung
§ 2 definiert dort
die Telearbeitsplätze als vom Arbeitgeber
fest eingerichtete Bildschirmarbeitsplätze
im Privatbereich (..). Ein
Telearbeitsplatz ist laut Gesetz vom
Arbeitgeber erst dann eingerichtet,
wenn Arbeitgeber und Beschäftigte
die Bedingungen der Telearbeit arbeitsvertraglich
oder im Rahmen einer
Vereinbarung festgelegt haben und
die benötigte Ausstattung des Telearbeitsplatzes
mit Mobiliar, Arbeitsmitteln
einschließlich der Kommunikationseinrichtungen
durch den Arbeitgeber
oder eine von ihm beauftragte
Person im Privatbereich des Beschäftigten
bereitgestellt und installiert ist.
Heimarbeit – Der Begriff stammt aus
dem bereits 1951 erlassenen Heimarbeitsgesetz.
Heimarbeiter erledigen
Aufträge für einen Auftraggeber. Sie
sind keine Arbeitnehmer, sondern
Selbständige. Der Heimarbeiter unterliegt
weder in örtlicher oder zeitlicher
Hinsicht noch in der Art und Weise der
Verrichtung seiner Tätigkeit dem Weisungsrecht
seines Auftraggebers. Das
unterscheidet ihn vom Arbeitnehmer.
[2]
Vorteile „Homeoffice“
Homeoffice unterstützt die Nachhaltigkeit.
Wer von zu Hause aus arbeitet
und somit nicht mit dem Auto zur
www.apollon-alumni.de 13
Von „verstaubt“ zu „vernetzt“ – Corona als Katalysator für Firmen
Arbeit fährt, verursacht deutlich weniger
CO 2
-Emissionen. „Zu diesem
Ergebnis kommt auch ein Gutachten
des Instituts für angewandte Arbeitswissenschaft
(ifaa). Zudem wird besonders
in Großraum-Büros oftmals
viel Energie verbraucht, zum Beispiel
durch riesige Lichtanlagen oder Kühlschränke.
Diese Energie lässt sich einsparen
und kommt somit dem Umweltschutz
zugute“ [7].
Vorteile für Arbeitnehmer
Nach der einführenden Begriffsklärung
zeigen die nachfolgenden Zeilen
die aktuellen Chancen für Firmen auf,
denn viele Firmen entdecken erst jetzt
die Vorteile des Homeoffice.
„Die Akzeptanz von Homeoffice ist
zuletzt deutlich gestiegen: Fast ein
Drittel der Beschäftigten beurteilt das
Homeoffice jetzt besser als vor der
Pandemie.“ [3].
Bevor wir zu den Vorteilen für die Firmen
kommen zunächst die Vorteile
für die Arbeitnehmer: In einer Umfrage
der Haufe bildeten sich folgende
positive Aspekte der Arbeit von zu
Hause aus ab: 78% schätzen, dass ihr
Arbeitsweg entfällt. 63% begrüßen
die freiere Arbeitszeitgestaltung.
Kein Dresscode und die Möglichkeit,
Sachen wie den Haushalt nebenbei
erledigen zu können, führten 50 bzw.
49% der Befragten als Vorteile an [4].
Vorteile für Unternehmer
Finanziell gesehen kann das Unternehmen
Kosten einsparen; zwar
müssen ggf. einmalig Arbeitsmaterialine
für das Arbeiten zu Hause zur
Verfügung gestellt werden, langfristig
gesehen reduzieren sich aber die Fixkosten
[4]. Bei längerfristiger Arbeit im
Homeoffice können Miet- & Nebenkosten
ebenso wie die Kosten für Büromaterial
und Infrastruktur reduziert
werden. Neben dem fokussierten Arbeiten
ohne Ablenkung, also keine
Kollegen in der Kaffeeküche, etc., ist
Große Mehrheit der Unternehmen treibt Digitalisierung voran
Welche konkreten Maßnahmen zur Digitalisierung Ihres Unternehmens haben Sie
aufgrund der Corona -Pandemie unternommen?
Technologie
Anschaffung von Software
53
22 75%
Anschaffung von Hardware
42
28
70%
Aufbau digitaler Infrastruktur
31
27
58%
Videokonferenzen statt persönliche Treffen
58
23
81%
Tools zur digitalen Zusammenarbeit
66
13 79%
Prozesse
Digitale Dokumente statt Papier
Nutzung digitaler Signaturen
33
31
30
32
63%
63%
Beratungen zur Digitalisierung 15
23
38%
Einführung von Homeoffice
55
15 70%
Weiterbildung zu Digitalthemen
24
19 43%
Personal
Digitalisierung von Recruiting 19
16 35%
umgesetzt
Digitale Mitarbeiterevents 11 12 23%
in Umsetzung oder geplant
Neueinstellung von Digitalisierungs-Experten 3 6 9%
0% 20% 40% 60% 80%
Basis: Alle befragten Unternehmen (n=605) | Quelle: Bitkom Research
Quelle: Bitkom 2020, Digitalisierung der Wirtschaft – Auswirkungen der Corona-Pandemie [10], S. 9
ein weiterer positiver Aspekt, dass es
witterungs- und verkehrsbedingt zu
keinen Verspätungen kommt [6].
Als wichtigster Vorteil aktuell ist natürlich
der Infektionsschutz hervorzuheben.
Der Arbeitsbetrieb kann
aufrechterhalten werden und es fallen
ggf. nicht zu viele Mitarbeitende auf
einmal aus [4].
Die Befragung von 3500 Groß- und
Außenhandels- sowie Dienstleistungsfirmen
ergab, dass 84 Prozent der
Teilnehmer betonten, dass nun ein
„positiver Digitalisierungsschub“
einsetze, den es ohne die Virus-Krise
so wahrscheinlich nicht gegeben hätte
[8].
Digitalisierung konkret
Insgesamt kann gesagt werden, dass
virtuelle Vertriebsprozesse, Treffen
oder Schulungen besser als gedacht
funktionieren [9].
Die bitkom führt an, das Unternehmen
vor allem in drei Bereichen Digitalisierungsmaßnahmen
aufgrund
der Corona-Pandemie ergreifen: Bei
Technologie, Geschäftsprozessen und
bei den Mitarbeitern.
„75 Prozent haben neue Software angeschafft
oder planen dies, 70 Prozent
haben Hardware wie Laptops oder
Smartphones gekauft oder haben
dies vor und 58 Prozent haben eine
digitale Infrastruktur wie VPN-Zugänge
oder ein Intranet aufgebaut oder
planen dies.“ [10]
Prozesse innerhalb von Unternehmen
werden zunehmend digitalisiert, so
nutzen z.B. 81% „seit der Corona-Pandemie
Videokonferenzen statt persönlicher
Treffen oder planen dies, 79 Prozent
digitale Kollaborationstools (..).
Jeweils 63 Prozent setzen auf digitale
Dokumente statt Papier und digitale
Signaturen, 38 Prozent haben Beratungsleistungen
zur Digitalisierung
in Anspruch genommen. Mit Blick
auf die Mitarbeiter haben 70 Prozent
Homeoffice eingeführt oder haben
das noch vor, 43 Prozent geben dies
für digitale Weiterbildung an, 35 Prozent
für die Digitalisierung des Recruitings
von neuen Mitarbeitern und 23
Prozent haben digitale Mitarbeiterevents
durchgeführt oder haben das
noch vor.“ [10]
Zudem wird angeführt „Erfolg entsteht
aus einer Kombination von der
Einführung neuer Technologien, der
Digitalisierung der eigenen Prozesse
und insbesondere der Qualifizierung
der Mitarbeiter.“ [10]
Das wichtigste Ziel, das durch die Fülle
dieser Maßnahmen verfolgt wird, ist
die Arbeitsfähigkeit der Unternehmen
14
Sprungbrett … 01/2021
Von „verstaubt“ zu „vernetzt“ – Corona als Katalysator für Firmen
während der Pandemie zu erhalten.
Aber auch für künftige Krisen wollen
die Unternehmen gerüstet sein [10].
„Darüber hinaus wollen (…) 59 Prozent
die Krise auch nutzen, um Versäumnisse
bei der Digitalisierung (...)
aufzuholen. Und fast jedes zweite
Unternehmen (46 Prozent) plant, das
eigene Unternehmen nachhaltig zu
digitalisieren, um sich so neue Geschäftsfelder
zu erschließen.“ [10].
Fazit
Die Pandemie ist natürlich eine Herausforderung
für jeden Einzelnen
von uns. Für den einen sind die Maßnahmen
härter als für den anderen.
Der eine profitiert und der andere versucht
mitzuhalten.
Für „angestaubte“ Firmen, also solche,
die auf traditionellen Strukturen auch
in Präsenz bestehen, ist Corona aber
als Katalysator hin zu moderneren Arbeitsformen,
wie dem mobilen Arbeiten
und der Nutzung neuer Technologien,
anzusehen.
Literaturverzeichnis:
[1] Die Bundesregierung (Hrsg.) (2021). Homeoffice überall da, wo es möglich ist. https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/verordnung-zuhomeoffice-1841120
(29.01.2021).
[2] IHK-Berlin (Hrsg.) (2020). Homeoffice. https://www.ihk-berlin.de/service-und-beratung/recht-und-steuern/arbeitsrecht/homeoffice-4807264
(29.01.2021).
[3] iwd – Der Informationsdienst des Instituts der deutschen Wirtschaft (2020). Begeisterung für das Homeoffice wächst. https://www.iwd.de/artikel/
begeisterung-fuer-das-homeoffice-waechst-470071/ (29.01.2021)
[4] HAUFE (2020). Positive Aspekte im Homeoffice. https://www.haufe.de/media/infografik-positive-aspekte-im-homeoffice_519836.html (29.01.2021).
[5] Kesper, M. (2020). Homeoffice: das sind die 10 wichtigsten Vorteile! https://karriere.unicum.de/berufsorientierung/branchencheck/home-officevorteile
(29.01.2021).
[6] Klein, R. (o. J.). Homeoffice: Voraussetzungen, Vorteile und Tipps. https://www.fuer-gruender.de/wissen/unternehmen-fuehren/personal/
personalwesen/homeoffice/ (29.01.2021).
[7] Schoppe, I. (2020). Homeoffice versus Bürojob: Die 5 wichtigsten Vor- und Nachteile. https://www.gruender.de/hr-office/homeoffice-vorteilenachteile/#homeoffice-vorteil-7-umweltschutz/
(29.01.2021).
[8] FAZ (Hrsg.) (2020). Arbeiten in Corona-Krise: So zufrieden sind Unternehmen mit dem Homeoffice. https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/arbeitenin-corona-krise-unternehmen-zufrieden-mit-homeoffice-16908400.html/
(29.01.2021).
[9] Butler, L. (2020). 5 Sparten, die dank Corona nachhaltig digitalisiert wurden. https://business-user.de/digitalisierung/5-sparten-die-dank-coronanachhaltig-digitalisiert-wurden/
(29.01.2021).
[10] bitkom (Hrsg.) (2020). Corona treibt Digitalisierung voran – aber nicht alle Unternehmen können mithalten. https://www.bitkom.org/Presse/
Presseinformation/Corona-treibt-Digitalisierung-voran-aber-nicht-alle-Unternehmen-koennen-mithalten (29.01.2021). Presseberich Berlin, 16.
November 2020
www.apollon-alumni.de 15
Möglichkeiten zur Motivation von Auszubildenden in Zeiten der Corona-Pandemie
Möglichkeiten zur Motivation von Auszubildenden in Zeiten der Corona-
Pandemie
Einstellungen und Unterrichtsmethoden für Lehrende an einer Pflege fachschule, um Auszubildende während der
Krisensituation zu unterstützen.
Katharina Nülsen
Wir können uns alle das Bild vorstellen:
Die Auszubildenden sitzen im Klassenraum
der Pflegefachschule. Jeder sitzt
auf seinem Platz und hört mal mehr
oder weniger motiviert dem Lehrenden
bzw. Lernbegleiter zu. Dieser
steht vor dem Tafelbild und gibt ein
Lernangebot. Was aber, wenn dieses
gewohnte Bild und die Abläufe des
Unterrichts durch die Corona-Pandemie
nicht stattfinden können?
Der folgende Artikel beschreibt, dass
die Pflegefachschulen trotz der Corona-Pandemie
die Auszubildenden bei
der Erreichung der Ausbildungsziele
unterstützen müssen. Dabei können
Lehrende versuchen die Herausforderung
zu nutzen, ihre Einstellungen
und Unterrichtsmethoden an dem aktuellen
Distanzunterricht anzupassen.
Wer in Deutschland Pflegefachfrau/
Pflegefachmann lernt (ehemals Gesundheits-
und Krankenpflege; Altenpflege
oder Gesundheits- und
Kinderkrankenpflege) wird seit dem
01.01.2020 nach dem Pflegeberufegesetz
ausgebildet. Die Begründung
für die Gesetzesänderung hat mit
dem veränderten Pflegebedarf in der
Gesellschaft zu tun. Die zunehmende
Alterung und der steigende Anteil an
Menschen mit gleichzeitig mehreren
Erkrankungen stellt dabei für die Ausbildung
eine besondere Herausforderung
dar [1].
Die in § 5 Pflegeberufegesetz definierten
Ausbildungsziele, wie die
umfassende und prozessorientierte
Pflege von Menschen aller Altersstufen
in akuten, dauerhaft stationären
oder ambulanten
Pflegesituationen,
müssen trotz der
Corona-Pandemie
verfolgt werden.
Die Erreichung der
Ausbildungsziele
ist nicht nur für den
einzelnen Auszubildenden
von Bedeutung,
sondern
verfolgt auch einen
gesellschaftlichen
Aspekt [2]:
„Das Deutsche
Gesundheitssystem
braucht mehr
Pflegekräfte.“
In Deutschland hat
der zweite „harte“
Lockdown zur Reduktion
des Infektionsgeschehens
im Januar begonnen.
Die Pflegefachschulen beschulen im
Szenario C, also im „Distanzunterricht“,
vereinzelt dürfen kleine Gruppen von
Abschlussjahrgängen in die Schule
kommen. Die Corona-Pandemie führt
durch die Schulschließung zu einer
Ausnahmesituation und stellt die
Schulleitungen, die Lehrenden, die
Auszubildenden und alle an der Ausbildung
Beteiligten vor eine neue und
unvorhergesehene Herausforderung
[3].
Diese neue Herausforderung zeigt
sich unter anderem im distanzbegründeten
digitalen Unterricht.
Digitales Lernen hängt häufig mit
dem selbstgesteuerten Lernen zusammen.
Der Lernende übernimmt selbst
Verantwortung für seinen Lernprozess
und ist direkt dabei beteiligt. Er hat
die Möglichkeit sich seine Lernzeit
bis zum Abgabetermin der Aufgaben
selbst einzuteilen. Das selbstgesteuerte
Lernen im Distanzunterricht bedeutet
aber auch, dass sich der Auszubildende
selbst motivieren muss [4].
Motivation ist dabei als psychischer
Prozess zu definieren, der die Ausrichtung
und Aufrechterhaltung, aber
auch die Steuerung, Qualität und Bewertung
des zielgerichteten Handelns
während der Ausbildung beeinflusst
[5].
An dieser Stelle können die Lehrenden
eine wichtige Funktion ein-
16
Sprungbrett … 01/2021
Möglichkeiten zur Motivation von Auszubildenden in Zeiten der Corona-Pandemie
nehmen. Sie können die Lernenden
durch passende und spannende Methoden
in der digitalen Welt motivieren.
Die Lehrperson stellt neben den
Lernenden, der Umgebung und den
Methoden eine Lernbedingung dar,
da von ihr der Unterricht – auch im Distanzunterricht
– abhängt [6].
Eine gute Schüler-Lehrer-Beziehung,
persönliche Zuwendung und eine gelungene
Motivation gelten als zentrale
Ziele einer Lehrkraft [7].
Beschrieben wird, dass es nicht nur
darum geht im Distanzunterricht die
zu vermittelnden Lerninhalte zu lehren,
sondern um viel mehr, eine persönliche
Zuwendung – trotz der Distanz
– herzustellen, um als Motivator
aktiv zu sein. Die Lehrenden sollten
davon überzeugt sein, den Kontakt
zu den Auszubildenden zu halten und
als Lernbegleiter (auch wenn räumlich
getrennt) für Fragen und/oder Anmerkungen
zur Verfügung zu stehen und
den Kontakt zum Auszubildenden/
zum Kurs zu halten. Diese resilienten
Lehrerpersönlichkeitseigenschaften
können es schaffen, die Auszubildenden
auf dem Lernweg zu begleiten
und die Motivation fördern. Resilienz
Wegweiser Digitale Bildung
Für zeitgemäßen Unterricht
mit digitalen Werkzeugen
3. überarbeitete Auflage (2020)
#Zukunft.Lernen!
www.netzwerk-digitale-bildung.de
Schutzgebühr: 12,90 EUR
gilt dabei als Fähigkeit der Lernbegleiter
mit dem Druck, der Veränderung
und der Ungewissheit durch die Corona-Krise
und den damit einhergehenden
Herausforderungen besser
umgehen zu können [8].
Die folgenden Fähigkeiten und Überzeugungen
können Lernbegleiter an
den Pflegefachschulen helfen, sich
selbst, das Team oder den Auszubildenden,
trotz der Distanz zu beruhigen
und auch in der ungewohnten
krisenhaften Situation handlungsfähig
zu bleiben.
Tab. 1: Fähigkeiten und Überzeugungen von
resilienten Lernbegleitern während des Distanzunterrichtes
(eigene Darstellung in Anlehnung
an [9]):
Fähigkeiten
Emotionssteuerung
Impulskontrolle
Kausalanalyse
Empathie
Sich in die Gefühle und die
Gedanken der Auszubildenden
versetzen (Fühlen die
Auszubildenden sich gut
betreut? Welche Lernziele
haben die Auszubildenden?
Wie ist für die Auszubildenden
die Situation im Homeschooling?)
Überzeugung
Hoch resiliente Lernbegleiter
Realistischer
Optimismus
Stabilflexible
Zielorientierung
Selbstwirksamkeitsüberzeugung
Hoch resiliente Lernbegleiter
können
Negative Emotionen wahrnehmen,
verstehen und ihre
Gefühle wieder verbessern
Nicht von Aufgaben abbringen
lassen – Aufgaben
nicht verschieben – sondern
erledigen (einfach machen)
Gründe und Ursache für eigene
Emotionen erkennen
und gezielt Maßnahmen
ergreifen
Glaube und Haltung, dass
sich alles dauerhaft zum
Positiven wendet
Trotz Rückschlägen klare
Ziele formulieren (z.B. im
Umgang mit der Technik)
Gelassenheit bei Schwierigkeiten
und eigene Kontrolle
über die Emotionen
Die Fähigkeiten des Lernbegleiters lassen
ihn handlungsfähig bleiben und
eröffnen ihm neue Chancen mit der
Situation des Distanzlernens besser
umzugehen.
Um die gewünschten Lernziele im Distanzunterricht
zu erreichen nutzen
Lernbegleiter Unterrichtsmethoden,
um sich den Unterrichtsinhalten auf
verschiedene Weise anzunähern [10].
Damit sich vor dem Computer im Homeschooling
keine Konzentrationsschwierigkeiten
bei den Auszubildenden
einstellen, sollte der Lernbegleiter
eine abwechslungsreiche Lernatmosphäre
schaffen [11].
Dabei stellt sich die Frage, welche
Methoden sich im Distanzunterricht
eigenen? Das Netzwerk für digitale
Bildung hat auf seiner Internetseite einen
Methodenpool für Lehrende zusammengestellt.
Zur Motivation und
zur Gestaltung eines abwechslungsreichen
Unterrichts können folgende
Methoden genutzt werden [12]:
✓Podcasts ✓ – Hörverständnis –
Aufgaben zu einem bestimmten
Thema – Die Lernbegleiter können
einen Podcast zu einem bestimmten
Thema entweder selbst aufzeichnen
oder ein Podcast zum Thema suchen
(z.B. Podcast zur Pflegeplanung von
Elsevier GmbH [13]) Diese Lernform
muss nicht unbedingt am Schreibtisch
stattfinden, sondern kann
auch auf einem Spaziergang an der
frischen Luft genutzt werden.
✓Blitzlicht ✓ in einer Video-Telefonie
Die Blitzlichtmethode eignet sich zu
Beginn oder zum Ende eines virtuellen
Unterrichts, um als Lernbegleiter
die Auszubildenden zur Selbstreflexion
anzuregen und alle Kursteilnehmer
zu Wort kommen zu lassen,
z.B. durch die konkrete Fragen: „Wie
geht es Ihnen im Homeschooling
gerade? Wie schaffen Sie es, sich im
Homeschooling zu motivieren? Wel-
www.apollon-alumni.de 17
Möglichkeiten zur Motivation von Auszubildenden in Zeiten der Corona-Pandemie
chen Wiederholungsbedarf haben
Sie zum Thema?“
Eventuelle Motivationsdefizite können
dabei von dem Lernbegleiter
hinterfragt werden oder in einem
späteren Einzelkontakt (z.B. telefonisch)
besprochen werden, um Ursachen
und Maßnahmen gemeinsam
zu ergründen.
✓Wahr ✓ oder falsch-Methode
Bei dieser Methode sollen Lernende
nach der Bearbeitung eines
Fachtextes/einer Power-Point-Präsentation
entscheiden, ob bestimmte
Aussagen zum Text wahr
oder falsch sind. Dazu können Sätze
oder auch Bilder verwendet werden.
Tab. 2: Beispiel zur Gestaltung einer wahr oder
falsch-Tabelle (eigene Darstellung in Anlehnung
an [15]).
wahr Aussage falsch richtige Aussage
1. Ikterus der Haut, Skleren und Schleimhäute
sind Symptome der Hyperbilirubinämie.
2. Säuglinge mit Hyperbilirubinämie haben
eine physiologische Nahrungszufuhr.
3. Die Augen des Säuglings müssen nicht vor
dem Licht der Fototherapie geschützt werden.
Ist eine Aussage falsch, sollen die Auszubildenden
begründen, warum die
Aussage falsch ist. Diese Methode ist
in allen Lerneinheiten zu implementieren
[15].
Genauso wie im Präsenzunterricht gilt
die fundamentale Erkenntnis „Lernen
kann der Mensch nur selbst.“ [14].
Dies bedeutet alles andere als sich als
Lernbegleiter zu distanzieren, sondern
betont, wie wichtig es ist, den Auszubildenden
auch in der Distanz zu unterstützen,
zu begleiten, zu lenken,
Mut zu machen, zu regulieren oder
zu strukturieren, um ihm auch Herausforderungen
zu geben. Dies gilt
besonders in dieser Zeit, in der soziale
Kontakte und Freizeitaktivitäten in
den Hintergrund rücken (müssen). Die
Herausforderungen der neuen Unterrichtsinhalte
können so bewältigt und
gemeistert werden. Der Lernbegleiter
tut sein Bestes, um über Hürden zu
helfen, aber die Hürden Prüfung oder
Examen muss jeder Auszubildende
selbst nehmen. Würde der Lernbegleiter
die Hürde direkt abbauen und
nur negativ in dieser Zeit denken, so
helfe er nicht dem Lernenden, sondern
zerstöre den gesamten Lernprozess
des digitalen Lernens. Deswegen
soll der Lernbegleiter „da sein“, seinen
Unterricht motivierend gestalten und
den Auszubildenden Vertrauen beim
selbstständigen Lernen schenken [14].
Durch den Corona-bedingten Lockdown
der Pflegefachschulen und die
dadurch entstandene Ausnahmesituation
kann langfristig eine Lernchance
für das Bildungssystem entstehen.
Es geht nicht darum, den Distanzunterricht
vor den Präsenzunterricht zu
positionieren, doch die eingeführten
digitalen Lerntools können den Kontakt
über die Pflegefaschule hinaus
dauerhaft bereichern [3].
Literaturverzeichnis:
[1] Bruns, J. (2017). Gesetze kurz erklärt: Das Pflegeberufereformengesetz (PflBRefG). DKG aktuell [32], S. 294.
[2] Osterloh, F. (2018). Pflege: Wege aus dem Personalmangel. Deutsches Ärzteblatt, 115 (4), S. 124 – 125. https://www.aerzteblatt.de/archiv/196044/
Pflege-Wege-aus-dem-Personalmangel [eingesehen am 14.01.2021].
[3] Voss, T.; Wittwar, J. (2020). Unterrichten in Zeiten von Corona: Ein Blick auf die Herausforderungen aus Sicht von Unterrichts- und
Instruktionsforschung. Unterrichtswissenschaft (48), S. 601 – 627.
[4] Hasenbein, M. (2020). Der Mensch im Fokus der digitalen Arbeitswelt. Berlin: Springer.
[5] Grassinger, R.; Dickhäuser, O.; Markus, D. (2019). Motivation. In: Urhahne, D.; Dresel, M.; Fischer, F. [Hrsg.]: Psychologie für den Lehrerberuf. Berlin:
Springer, S. 207 – 227.
[6] Schmal, J. (2017). Der Einflussfaktor Lehrperson in der pflegepädagogischen Bildung. Pflegezeitschrift 70 (9), S. 43 – 45.
[7] Sann, U.; Preiser, S. (2017). Emotionen und Motivation in der Lehrer-Schüler-Interaktion. In: Schweer, M.K.W. [Hrsg.]: Lehrer-Schüler-Interaktion,
3. Auflage. Wiesbaden: Springer, S. 213 – 232.
[8] Ecker, M.; Sieland, B. (2017). Psychologie der Lehrerpersönlichkeit. In: Schweer, M.K.W. (Hrsg.): Lehrer-Schüler-Interaktion, 3. Auflage. Wiesbaden:
Springer, S. 147 – 165.
[9] Mourlane, D. (2013). Resilienz – Die unentdeckte Fähigkeit der wirklich Erfolgreichen, 4. Auflage. Göttingen: BusinessVillage.
[10] Schmal, J. (2017). Unterrichten und Präsentieren in Gesundheitsfachberufen. Berlin: Springer.
[11] Frieß, C.; Bayerl, T. (2020). Unterricht an der Berufsfachschule für Notfallsanitäter der Landeshauptstadt München im Angesicht der COVID-19-
Pandemie. Notfall und Rettungsmedizin, 23, S. 350 – 355.
[12] Netzwerk Digitale Bildung (2020). https://www.netzwerk-digitale-bildung.de/ [eingesehen am 22.01.2021].
[13] Elszevier Pflege Podcast – Pflegeplanung (2020). https://www.podcast.de/episode/419368187/Elsevier+Pflege+Podcast+-+Pflegeplanung/
[eingesehen am 22.01.2021].
[14] Bauer et al. (2010). Lern (prozess) begleitung in der Ausbildung, 3. Auflage. Bielefeld: W. Bertelsmann.
[15] Schwarz, S. (2020). Methodenpool: Wahr oder Falsch. https://exchange.smarttech-prod.com/preview/fcd68ee0-bbd2-44d6-9881-29c642f7bbf8
[eingesehen am 15.01.2021].
18
Sprungbrett … 01/2021
Umgang mit Stress in der Pandemie
Umgang mit Stress in der Pandemie
F. Stolberg
Seit März 2020 ist die Bevölkerung
aufgrund der Corona-Pandemie einer
besonderen Form von Stress ausgesetzt,
was sich besonders in den beiden
Lockdown-Phasen im Frühjahr
2020 und rund um den Jahreswechsel
2020/2021 zeigte. Stress bezeichnet
einen Prozess, mit welchem man bestimmte
Stressoren wahrnimmt und
auf diese reagiert. Wirken diese Stressoren
nur kurz auf einen ein, werden
sie oftmals als Herausforderung und
damit positiv wahrgenommen. Halten
sie jedoch länger an und stellen
eine Bedrohung dar, dann sind sie ein
Belastungsfaktor für die psychische
Gesundheit. [5] Gerade während der
Corona-Pandemie kamen zusätzliche
Belastungsfaktoren hinzu, die neben
dem alltäglichen Stress kompensiert
werden mussten, wie die Arbeit im
Homeoffice, die Versorgung der Kinder
und der Umgang mit sozialer
Isolation. Vor allem der letztgenannte
Aspekt wirkt sogar doppelt, da die Isolation
nicht nur ein Auslöser von weiterem
Stress ist, sondern im Normalfall
soziale Kontakte auch gut dafür geeignet
sind, Stress zu reduzieren. [6]
Besondere Beachtung müssen in diesem
Fall auch jene Personen erfahren,
die bereits durch psychische Erkrankungen
vorbelastet sind. So kommen
beispielsweise Menschen mit Depressionen
mit einer Isolierung schwieriger
zurecht und Angststörungen können
zunehmen oder sich verschlechtern,
wenn Sorgen auf den Gesundheitsbereich
konzentriert sind. [9]
Die Bedeutsamkeit dieses Aspektes
wird gerade in Bezug auf die Depression
deutlich, die entsprechend empirischer
Erhebungen stets als eine der
häufigsten psychischen Erkrankungen
aufgeführt wird. So konnte in der
jüngsten GEDA-Studie (Gesundheit in
Deutschland aktuell) des Robert Koch
Instituts, deren Erhebung im September
2020 endete, eine Prävalenz von
6,6% für das Auftreten einer Major
Depression in den vergangenen zwei
Wochen vor der Befragung festgestellt
werden. [8]
Nichtsdestotrotz gibt es diverse Methoden
mit dieser Situation und den
damit verbundenen zusätzlichen Belastungen
besser zurecht zu kommen.
Eine rein pathogenetisch- kurative
Sicht betrachtet in diesem Zusammenhang
jene Faktoren, die zur Entstehung
von Krankheiten führen. Im
Kontrast dazu verfolgt das Modell
der Salutogenese im Bereich der Prävention
und Gesundheitsförderung
die Analyse gesundheitsfördernder
Faktoren und vollzieht somit im Sinne
eines Reframings einen Perspektivwechsel
hin zur Betrachtung positiv
auf die Gesundheit wirkender Aspekte.
[3]
www.apollon-alumni.de 19
Umgang mit Stress in der Pandemie
Modell der Salutogenese
Abb: Modell der Salutogenese (eigene Darstellung
nach [1])
Das Modell der Salutogenese wurde
seit Ende der 70er Jahre von Aaron
Antonovsky entwickelt und besagt,
dass Stressoren auf einem Kontinuum
zwischen Gesundheit und Krankheit
krankmachend, neutral und gesundheitsfördernd
wirken können, je nachdem
wie Coping bzw. Spannungsbewältigung
erfolgen.
Dies wiederum ist von generalisierten
Widerstandsressourcen bzw. generalized
resistance ressources (GRR)
abhängig und deren Einsatz in den
jeweiligen Situationen. Der Einsatz
der GRRs wird seinerseits durch ein
Kohärenzempfinden bzw. sence of
coherence (SOC) gesteuert, welches
eine grundlegende Einstellung gegenüber
dem Leben ausdrückt und
aus den Komponenten Verstehbarkeit,
Handhabbarkeit und Bedeutsamkeit
besteht. Nach diesem Zusammenhang,
wie ihn nachfolgende Abbildung
zeigt, sind Menschen mit einem
starken SOC besser in der Lage, GRRs
zur Stressbewältigung einzusetzen
und sich so auf dem beschriebenen
Kontinuum in Richtung Gesundheit
zu entwickeln. [1]
Überträgt man die Aussagen dieses
Modells auf die aktuelle Situation
während der Corona-Pandemie, in
der Einschränkungen der persönlichen
Lebenssituation bestehen
und wirtschaftliche und persönliche
Konsequenzen nur schwer abschätzbar
sind, zeigt sich, dass gerade die
Komponenten Verstehbarkeit und
Handhabbarkeit besonders gefordert
werden und die Verarbeitbarkeit von
Stress demnach von der persönlichen
Ausprägung des Kohärenzgefühls
einer Person abhängig ist. Damit die
aktuelle Situation verstanden und gehandhabt
werden kann, scheinen persönliche
Beziehungen, sei es zu Familienangehörigen
oder Freunden, eine
besondere Bedeutung zu haben, was
in den Bereich der Bindungstheorie
nach John Bowlby führt, der sich mit
dem Themenkomplex persönlicher
Bindungen bereits seit Ende der 60er
Jahre auseinandersetzt. [3]
Bindungstheorie
Innerhalb dieser Theorie wurde postuliert,
dass Kinder eine enge Beziehung
zu einer sogenannten primären
Bindungsperson aufbauen, deren
Nähe sie gerade bei Unsicherheiten
anstreben und versuchen diese wiederherzustellen.
Erfahrungen in der
frühen Kindheit sollen dieser Theorie
folgend zudem auch Auswirkungen
auf spätere Beziehungen haben, da
sie die Erwartungen gegenüber anderen
Personen und auch die Bewertung
der eigenen Person prägen. Dass
spätere Beziehungen den Grad einer
Bindungsbeziehung erreichen, wird
durch bestimmte Merkmale deutlich,
wie ein hohes Maß an Protest und
Stress bei einer Trennung von der jeweiligen
Person oder darin, dass die
andere Person als ein sogenannter
„Sicherer Hafen“ bei besonderen Belastungen
gesehen wird. [4] [10]
Schlussfolgerungen für die
Corona-Pandemie
Subsummiert man die theoretischen
Konstrukte, ist davon auszugehen,
dass Personen mit sicheren Bindungen
besser die psychischen Belastungen
der Corona-Pandemie überstehen
können, was auch erste Befunde
aus der #stayhealthy Studie der HSD
Hochschule Döpfer in Zusammenarbeit
mit der FernUniversität Hagen
und der Universität Bremen belegen,
die jenen Zusammenhang seit März
vergangenen Jahres empirisch untersuchen.
[7] Diese wissenschaftlich belegten
Erkenntnisse führen dazu, dass
jene Personen stärker in den Blick genommen
werden, denen Bindungen
nicht im erforderlichen Maße zur Verfügung
stehen, damit kein ungesundes
Maß an zusätzlichem Stress aufkommen
kann. Hervorzuheben sind
dabei vor allem ältere Menschen, die
entweder allein im privaten Umfeld
leben oder in Alten- und Senioreneinrichtungen
und durch den Lockdown
oftmals von physischen Kontakten zu
Angehörigen vollständig abgeschnitten
sind. Oder wie bereits einleitend
erwähnt jene Menschen, die bereits
mit psychischen Leiden zu kämpfen
haben und nur schwer mit der zusätzlichen
Belastung umgehen können.
Als Bewältigungsstrategie sei in diesem
Zusammenhang hervorzuheben,
wie schnell neue Wege der Kommunikation,
die vormals vor allem im beruflichen
Umfeld anzutreffen waren,
auch im privaten Umfeld eine breite
Nutzung erfuhren. So haben sich Telefonkonferenzen
und Videotelefonie
etabliert, um Kontakte zu Familien-
20
Sprungbrett … 01/2021
Umgang mit Stress in der Pandemie
angehörigen und Freunden aufrecht
zu erhalten. Gerade in Zeiten eines
Lockdowns gilt es, jene Kommunikationsmittel
weiter zu fördern, um
jenen Menschen zu helfen, die nicht
ausreichend Widerstandsressourcen
besitzen, um allein mit der Situation
zurecht zu kommen. Selbst im therapeutischen
Umfeld greifen immer
mehr Psychotherapeut*innen auf
dieses Medium zurück, um Kontakt
zu Patienten zu halten, was dadurch
ermöglicht wurde, dass die Kassenärztliche
Bundesvereinigung und der
GKV-Spitzenverband diese Option im
März vergangenen Jahres eröffneten.
Auch wenn gemäß einer im April letzten
Jahres durchgeführten Umfrage
der persönliche Austausch nach wie
vor den Goldstandard darstellt, gaben
doch 77% der Befragten an, diese Option
zu nutzen. [2]
Auch wenn zum Zeitpunkt des Verfassens
dieses Artikels im Januar dieses
Jahres ein Ende des Lockdowns noch
nicht absehbar erscheint, machen die
Erkenntnisse aus den beschriebenen
Theorien und den kurzfristig in der Gesellschaft
getroffenen Anpassungen in
Verhalten und Kommunikation Hoffnung,
dass eine psychische Gesunderhaltung
auch in Zeiten der Pandemie
weiterhin möglich ist.
Literaturverzeichnis:
[1] Blättner, B. (2007). Das Modell der Salutogenese. Eine Leitorientierung für die berufliche Praxis, in: Prävention und Gesundheitsförderung, 2:67-73,
Springer Medizin Verlag.
[2] Eichenberg, C. (2020). Psychotherapie in der Coronakrise: Trendwende in der Online-Psychotherapie. Deutsches Ärzteblatt, https://www.aerzteblatt.
de/archiv/214316/Psychotherapie-in-der-Coronakrise-Trendwende-in-der-Online-Psychotherapie (abgerufen am 30.01.2021).
[3] Lengning, A.; Rakoczy, K.; Jenisch, E.; Opwis, M.; Schmidt, J. (2020). Psychische Gesundheit und Wohlbefinden in Zeiten von Corona. Erste Befunde
aus der #stayhealthy-Studie, in: Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e.V. (BDP) (Hrsg.). Report Psychologie, 7+8/2020, Dt.
Psychologen Verlag: Berlin.
[4] Löffler-Stastka, h.; Parth, K.; Lodermeier, F.; Grassl, R.; Karwautz, A. (2014). Bindung und Beziehung – eine Analyse aktueller psychoanalytischer
Forschungsansätze, in: Psychotherapie Forum, 19:68-74, Springer: Wien.
[5] Myers, D. G. (2014). Psychologie, Springer: Berlin, Heidelberg.
[6] Perry, B. (2020). Wenn Sie sich am Montagmorgen fühlen, als sei Freitagabend. Stress in Zeiten der Corona-Pandemie, in: Berufsverband Deutscher
Psychologinnen und Psychologen e.V. (BDP) (Hrsg.). Report Psychologie, 7+8/2020, Dt. Psychologen Verlag: Berlin.
[7] Reuse, B. (Hrsg.) (2020). Corona: Studie zu psychischen Schutzfaktoren. FernUniversität Hagen, https://www.fernuni-hagen.de/universitaet/
aktuelles/2020/10/stay-healthy-studie.shtml (abgerufen am 30.01.2021).
[8] Robert Koch-Institut (RKI) (Hrsg.) (2020). Die gesundheitliche Lage in Deutschland in der Anfangsphase der COVID-19-Pandemie. Zeitliche
Entwicklung ausgewählter Indikatoren der Studie GEDA 2019/2020-EHIS. Journal of Health Monitoring, RKI: Berlin, https://www.rki.de/DE/Content/
Gesundheitsmonitoring/Gesundheitsberichterstattung/GBEDownloadsJ/Focus/JoHM_04_2020_Gesundheitliche_Lage_COVID-19_GEDA.pdf?__
blob=publicationFile (abgerufen am 31.01.2021).
[9] Schaffmann, C. (2020). Im Griff des Virus, Erste Zwischenbilanz der Corona-Pandemie und Gedanken über die Zeit danach, in: Berufsverband
Deutscher Psychologinnen und Psychologen e.V. (BDP) (Hrsg.). Report Psychologie, 5/2020, Dt. Psychologen Verlag: Berlin.
[10] Strauß, B. (2005). Bindungsforschung und therapeutische Beziehung, in: Psychotherapeut, 51:5-14, Springer.
www.apollon-alumni.de 21
APP auf Rezept
APP auf Rezept – wie digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) die
Gesundheitsversorgung verändern (sollen)
Kurt Becker
Eigentlich sollte die elektronische
Gesundheitskarte (eGK) und die damit
verbundene Gesundheits-Telematikinfrastruktur
(TI) bereits im Jahr
2006 eingeführt werden. Wie auch andere
Großprojekte in Deutschland hat
es etwas länger gedauert. Nachdem
fast alle anderen europäischen Länder
inzwischen flächendeckende E-Health
Anwendungen eingeführt haben und
Deutschland europäisches Schlusslicht
bei der Entwicklung ist, wird
auch das Gesundheitsministerium aktiv
und erlässt viele neue Gesetze, um
das Thema E-Health voranzubringen.
Jetzt müssen nur noch die Entscheider
der Gesundheitswirtschaft und
die Anwender der Systeme überzeugt
werden.
Das Digitale-Versorgungs-Gesetz
von 2019 definiert die DiGA
Eines dieser Gesetze ist das Das Digitale-Versorgungs-Gesetz
[3], welches
am 09. Dezember 2019 ausgefertigt
und am 18. Dezember 2019 (BGBl. I,
2019, S. 2569) verkündet wurde. Dieses
Gesetz begründet unter anderem
einen im SGB V festgeschriebenen
Anspruch der Bürger auf digitale Gesundheitsanwendungen,
die sogenannten
„APPs auf Rezept“.
Mit diesem Gesetz werden die Krankenkassen
dazu verpflichtet, im Rahmen
ihrer Satzungen den Versicherten
Leistungen zur Förderung des selbstbestimmten
gesundheitsorientierten
Einsatzes digitaler oder telemedizinischer
Anwendungen und Verfahren
durch die Versicherten anzubieten.
Die Leistungen sollen dazu dienen, die
für die Nutzung digitaler oder telemedizinischer
Anwendungen und Verfahren
erforderlichen Kompetenzen
zu vermitteln. (vgl. § 20k Abs. 1 SGB V)
Außerdem wurde ein Leistungsanspruch
der Versicherten auf digitale
Gesundheitsanwendungen etabliert.
Hierzu heißt es im neu geschaffenen
§ 33a SGB V:
(1) Versicherte haben Anspruch auf
Versorgung mit Medizinprodukten
niedriger Risikoklasse, deren Hauptfunktion
wesentlich auf digitalen
Technologien beruht und die dazu bestimmt
sind, bei den Versicherten oder
in der Versorgung durch Leistungs-
22
Sprungbrett … 01/2021
APP auf Rezept
erbringer die Erkennung, Überwachung,
Behandlung oder Linderung
von Krankheiten oder die Erkennung,
Behandlung, Linderung oder Kompensierung
von Verletzungen oder
Behinderungen zu unterstützen (digitale
Gesundheitsanwendungen).
Der Anspruch umfasst nur solche digitalen
Gesundheitsanwendungen, die
1. vom Bundesinstitut für Arzneimittel
und Medizinprodukte in das Verzeichnis
für digitale Gesundheitsanwendungen
nach § 139e aufgenommen
wurden und
2. entweder nach Verordnung des behandelnden
Arztes oder des behandelnden
Psychotherapeuten oder
mit Genehmigung der Krankenkasse
angewendet werden. …“
Mit § 139e SGB V wurde ein Verfahren
beim Bundesinstitut für Arzneimittel
und Medizinprodukte etabliert, mit
dem über die Leistungserbringung
in der Regelversorgung entschieden
wird. Einzelheiten dieses Verfahrens
wurden zwischenzeitlich in der Digitalen
Gesundheitsanwendungen-Verordnung
(DiGAV) vom 8. April 2020
(BGBl. I S. 768) geregelt und veröffentlicht.
Ärztliche Leistungen sollen angemessen
vergütet werden, sofern diese
zur Verordnung dauerhaft in das Verzeichnis
der digitalen Gesundheitsanwendungen
nach § 139e SGB V aufgenommen
wurden.
Doch was ist eigentlich eine
„Gesundheits-APP“?
Eine verbindliche Definition unterschiedlicher
App-Kategorien aus dem
Gesundheitssektor, die sich im wissenschaftlichen
Diskurs durchgesetzt
haben, gibt es bisher nicht.
Neben Gesundheits-Apps, die vor
allem dem Monitoring von körpereigenen
Daten (z. B. Anzahl der Schritte
oder Blutdruck) dienen und die dem
Sektor Sport und Wellness zugeordnet
werden können, werden auch immer
mehr Apps zur Verfügung gestellt, die
medizinische Aufgaben (z. B. Diagnose
oder Therapie von Krankheiten) wahrnehmen
können (vgl. [1]).
Die Weiterentwicklung von der
Sport-App, die zum Laufen animiert,
hin zu ernst zu nehmenden medizinischen
Produkten mit großem ökonomischem
Potenzial in der Gesundheitsversorgung,
schreitet mit großen
Schritten voran.
Grob betrachtet können Gesundheits-Apps
nach ihrer Zweckbestimmung
in Präventions-Apps (Minimierung
von Risikofaktoren durch positive
Verhaltensbeeinflussung) und
Medizin-Apps (Diagnose, Therapie
und Überwachung von Krankheiten)
eingeteilt werden. (vgl. [7], S. 246).
Im Folgenden wird diese Einordnung
verwendet:
• Medizin-Apps, die als Medizinprodukt
nach dem Medizinproduktegesetz
(MPG) gelten.
• Gesundheits-App für Präventions-Apps
mit einem nicht MPG
relevanten gesundheitlichen Bezug.
• mHealth-Apps, um beide oben genannte
Kategorien zusammenzuführen.
Die Informations- und Bewertungsplattform
für mHealth-Apps
„ HealthOn“ will dagegen bereits auf
ihrer Homepage Verbraucher und die
Fachöffentlichkeit informieren und
wirbt mit (kostenpflichtigen) Testberichten
von App-Anwendern und
einem auf freiwilliger Selbstverpflichtung
basierenden Qualitätssiegel (vgl.
[4]).
Diverse neue Player auf den nationalen
Gesundheitsmärkten, von amerikanischen
Hightech-Firmen und
Kommunikationsgiganten wie Google
oder Apple bis hin zu diversen
Start-Ups, bieten derweil eine Vielzahl
von mHealth-Apps außerhalb der
bisherigen Strukturen des deutschen
Gesundheitswesens auf neuen Plattformen
an (z. B. dem „Google Play
Store“).
Diese Apps speichern und verarbeiten
personenbezogene Daten in gigantischen
Mengen auf Servern, die
zu großen Teilen außerhalb der Europäischen
Union lokalisiert sind und
daher nicht zwangsläufig den europäischen
Bestimmungen für Medizinprodukte
oder Datenschutz entsprechen,
geschweige denn, Teil der TI in
Deutschland sind. Dieser Sachverhalt
setzt die an der Bereitstellung einer TI
beteiligten Institutionen, wie die gematik
oder das Bundesministerium für
Gesundheit (BMG), unter Zugzwang
(vgl. [8]).
Aktuell sind die Grenzen zwischen
Lifestyle-Apps und Anwendungen
mit „echtem“ gesundheitsrelevanten
Bezug in dem enormen Angebot der
mHealth-Apps jedoch noch fließend
und vielfach stehen sowohl Entwickler
als auch Anwender in Deutschland
vor der Frage, ob die App noch eine
„einfache“ Gesundheits-App oder bereits
ein Medizinprodukt ist, das den
Anforderungen des MPG entsprechen
muss.
Gesundheits-Apps, Medical Apps
und ggf. damit verbundene Wearables
bezeichnen Produkte, die auf
softwaregestützter Datenerfassung,
Datenverarbeitung und Datenausgabe
basieren. Die Software ist z. T. in
produktspezifischer Hardware eingebettet
(z. B. Telemonitoring, Blutzuckermessgeräte)
und wird teilweise
auf allgemeinen IT-Geräten (z. B. PCs,
Tablets, Smartphones) ausgeführt. Beide
Gruppen kommen in der präventiven,
der diagnostischen oder therapeutischen
Anwendung und zum
Nutzen des anwendenden Patienten
www.apollon-alumni.de 23
APP auf Rezept
zum Einsatz. Häufig wird der Einsatz
vom Patienten in räumlicher Distanz
zur Arztpraxis oder zum Krankenhaus
selbst initiiert.
Regulatorische Anforderungen an
die DiGA
Digitale Gesundheitsanwendungen
(DiGA) sind per Definition ein Medizinprodukt
Klasse I oder 2a und unterliegen
damit dem Medizinproduktegesetz.
Die bisherige Medical Device Directive
(MDD) wird zum 26.05.2021 durch die
neue Medizinprodukteverordnung
(Medical Device Regulation, MDR)
abgelöst. Die bisherige MDD und die
neue MDR haben größtenteils die
gleichen regulatorischen Anforderungen.
Es wurden keine der bisherigen
Anforderungen entfernt, jedoch
einige neue Anforderungen in der
MDR definiert. Im Gegensatz zur MDD
legt die MDR den Fokus vermehrt auf
die Sicherheit während des Lebenszyklus
eines Medizinprodukts, die
durch eine regelmäßige Beobachtung
von klinischen Daten unterstützt wird
(vgl. [2]).
DiGA als Medizinprodukt gemäß
MDR
Bei Medizinprodukten handelt es sich
um Instrumente, Apparate, Geräte,
Software, Implantate, Reagenzien,
Materialien oder andere Gegenstände
mit medizinischer Zweckbestimmung,
deren Hauptwirkung primär
auf physikalischem Weg erreicht wird.
Medizinprodukte sind vom Hersteller
für die Anwendung beim Menschen
bestimmt und sollen entweder allein
oder in Kombination einen oder mehrere
der nachfolgenden spezifischen
medizinischen Zwecke erfüllen:
• Diagnose, Verhütung, Überwachung,
Vorhersage, Prognose, Behandlung
oder Linderung von
Krankheiten
• Diagnose, Überwachung, Behandlung,
Linderung von oder Kompensierung
von Verletzungen oder Behinderungen
• Untersuchung, Ersatz oder Veränderung
der Anatomie oder eines physiologischen
oder pathologischen
Vorgangs oder Zustands
• Gewinnung von Informationen
durch die In-vitro-Untersuchung
von aus dem menschlichen Körper
– auch aus Organ-, Blut- und Gewebespenden
– stammenden Proben
Die Hauptwirkung im oder am
menschlichen Körper darf weder
durch pharmakologische oder immunologische
Mittel noch metabolisch
erreicht werden. Damit werden die
Medizinprodukte klar von den Arzneimitteln
abgegrenzt ([6], Kapitel I, Artikel
2, Absatz 1).
Diese Definition hat der Gesetzgeber
in § 3 Nr. 1 MPG, „sofern die entsprechend
vorgegebenen medizinischen
Indikationen der Software vom Hersteller
beigegeben werden“, konkretisiert.
Mithin bestimmt also der Hersteller,
ob die Gesundheits-App Medizinprodukt
sein soll oder nicht.
Man unterscheidet zwischen
• „Stand-alone-Software“ (z. B.
Alarmierungssoftware [mit Hinweisen
auf Überschreitung von Referenzwerten],
Scoringmodule zur
Entscheidungsunterstützung [z. B.
Herzinfarktrisikoberechnung]), die
nach der Zweckbestimmung des
Herstellers selbst und unmittelbar
die medizinischen Zwecke eines
Medizinproduktes erbringen soll,
und
• „Steuerungssoftware“, die vom Hersteller
als Bestandteil speziell für ein
einwandfreies Funktionieren eines
Medizinprodukts zur Anwendung
bei diagnostischen und therapeutischen
Zwecken bestimmt ist. Das
betrifft nur die tatsächlich in die
Steuerung der diagnostischen oder
therapeutischen Leistung des Gerätes
eingreifende Software (vgl. [5]
S. 279).
Grundsätzlich stellt sich bei der Zertifizierung
eines Medizinprodukts immer
erst die Frage, ob die Firma als Hersteller
oder Händler des Medizinprodukts
auftritt.
Die neue MDR setzt einen stärkeren
Fokus auf die klinischen Daten als
die MDD das bisher getan hat. Die
klinische Bewertung wird darin zum
zentralen Prozess im Lebenszyklusmanagement
eines Medizinproduktes.
Anhang XIV der MDR, aufgeteilt in Teil
A zur klinischen Bewertung und Teil
B zur klinischen Nachbeobachtung
nach dem Inverkehrbringen, zeigt dies
deutlich. (vgl. [2]).
Artikel 10 der MDR verpflichtet die
Hersteller von Produkten zur Einrichtung,
Dokumentation, Anwendung,
Aufrechterhaltung, ständigen Aktualisierung
und kontinuierlichen Verbesserung
eines Qualitätsmanagementsystems.
Dies soll die Einhaltung der
Medizinprodukteverordnung auf die
wirksamste sowie der Risikoklasse und
der Art des Produkts angemessenen
Weise gewährleisten.
Qualitätsmanagement für die
DiGA
Das Qualitätsmanagement umfasst
dabei alle Teile und Elemente der Organisation,
die mit der Qualität der
Verfahren, Prozesse und Produkte
befasst sind. Zur Einhaltung der Bestimmungen
der MDR steuert das
Qualitätsmanagementsystem (QMS)
die erforderliche Struktur, Verantwortlichkeiten,
Verfahren, Prozesse und
Managementressourcen.
Folgende Aspekte sollen im QMS enthalten
sein:
• Konzept zur Einhaltung der Regulierungsvorschriften
inklusive Einhal-
24
Sprungbrett … 01/2021
APP auf Rezept
tung der Konformitätsbewertungsverfahren,
der Verfahren für das Management
von Änderungen an den
vom System erfassten Produkten
• Feststellung der anwendbaren
grundlegenden Sicherheits- und
Leistungsanforderungen, Ermittlung
von Möglichkeiten zur Einhaltung
der Anforderungen
• Verantwortlichkeit der Leitung
• Ressourcenmanagement (Auswahl
und Kontrolle von Zulieferern und
Unterauftragnehmern)
• Risikomanagement
• Klinische Bewertung und klinische
Nachbeobachtung nach dem Inverkehrbringen
• Produktrealisierung inklusive Planung,
Auslegung, Entwicklung,
Herstellung und Bereitstellung von
Dienstleistungen
• Überprüfung der Zuteilung der UDI
• Aufstellung, Anwendung und Aufrechterhaltung
des Systems zur
Überwachung nach dem Inverkehrbringen
• Kommunikation mit den zuständigen
Behörden, Benannten Stellen,
Wirtschaftsakteuren, Kunden und
anderen interessierten Kreisen
• Verfahren für die Meldung von Vorkommnissen
• Management korrektiver und präventiver
Maßnahmen sowie die
Überprüfung der Wirksamkeit derer
(MDR 2017, Kapitel II, Artikel 10, Absatz
9)
Mit einer Risikoanalyse lassen sich
Risiken für den Verbraucher bzw. Patienten
sowie diejenigen Menschen
identifizieren und einschätzen, die
innerhalb einer Kette des Produktlebenszyklus
mit dem Medizinprodukt
umgehen müssen.
Risikomanagement für die DiGA
Die MDR fordert ein Risikomanagementsystem
über den gesamten
Lebenszyklus eines Produkts als Bestandteil
eines funktionierenden Qualitätsmanagementsystems,
das eine
regelmäßige systematische Aktualisierung
erfordert. Die folgenden Aspekte
müssen bei der Implementierung und
Umsetzung von Herstellern berücksichtig
werden:
a) Festlegung und Dokumentierung
eines Risikomanagement-Plans für
jedes Produkt
b) Identifizierung und Analyse der
bekannten und vorhersehbaren
Gefährdungen, die mit jedem Produkt
verbunden sind
c) Einschätzung und Bewertung
der Risiken, die mit der bestimmungsgemäßen
Verwendung
verbunden sind und die bei einer
vernünftigerweise vorhersehbaren
Fehlanwendung auftreten
d) Beseitigung und Kontrolle der unter
Buchstabe c genannten Risiken
gemäß den Anforderungen nach
Abschnitt 4, Kapitel I, Anhang I, [6]
e) Bewertung der Auswirkungen
der in der Fertigungsphase, insbesondere
durch das System zur
Überwachung nach dem Inverkehrbringen,
gewonnenen Informationen
auf Gefährdungen und
deren Häufigkeit, auf Abschätzung
der verbundenen Risiken sowie
auf das Gesamtrisiko, das Nut-
www.apollon-alumni.de 25
APP auf Rezept
zen-Risiko-Verhältnis und die Risikoakzeptanz
f) Anpassen der Kontrollmaßnahmen
gemäß Abschnitt 4, Kapitel I,
Anhang I, MDR, auf Grundlage der
Bewertung der Auswirkungen der
unter Buchstabe e genannten Informationen
([6], Anhang I, Kapitel
I)
Der Gesetzgeber und die MDR lassen
die Methoden und Verfahren einer Risikoanalyse
dem Hersteller offen.
Die MDR fordert von den Herstellern
in Artikel 15 eine qualifizierte Person,
die für die Einhaltung der Regulierungsvorschriften
verantwortlich
ist. Im Detail soll die Konformität der
Medizingeräte sichergestellt, die Technische
Dokumentation aktuell gehalten,
die Marktüberwachung konform
durchgeführt und die Meldepflichten
konform erfüllt werden.
Fazit
Digitale Gesundheitsanwendungen
haben das Potenzial, die Gesundheitsversorgung
nachhaltig zu verändern.
Allerdings wird es noch einige Zeit
dauern, bis erste Erfahrungswerte zur
Nutzung und dem Nutzen der DiGA
vorliegen.
Unternehmen, die zukünftig planen
DiGA in Verkehr zu bringen, müssen
einige regulatorische Hürden überwinden
und sich mit der Medizinprodukteregulation
gut auskennen. Die
Hochschulzertifikatskurse „E-Health“
und „Digital Health“ bieten in diesem
Umfeld eine fundierte Qualifizierung.
Für weitere Informationen können Sie
den Autor gerne kontaktieren.
Literatur
[1] Becker K., Stammer Y. (2017). Sensorbasierte Gesundheitsservices für mehr Fitness im Alltag. In: Müller-Mielitz M., Lux T. (Hrsg.): E-Health-Ökonomie.
Wiesbaden: Springer Gabler, S. 501–516.
[2] Becker, K, Lipprandt, M., Röhrig, R., Neumuth, T. (2019) Digital health – Software as a medical device in focus of the medical device regulation (MDR),
it – Information Technology 61(5-6), DOI: 10.1515/itit-2019-0026
[3] DVG (2019) Gesetz für eine bessere Versorgung durch Digitalisierung und Innovation (Digitale-Versorgung-Gesetz) vom 9. Dezember 2019 (BGBl. I,
S. 2562)
[4] HealthOn (2019). Gesundheit neu denken. https://www.healthon.de/healthon (17.10.2019).
[5] Lücker, V. (2018). Medizinproduktrechtliche Rahmenbedingungen für E-Health-Produkte im europäischen Wirtschaftsraum.
Bundesgesundheitsblatt, (61), S. 278–284.
[6] MDR (2017) Medical Device Regulation, Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über
Medizinprodukte
[7] Scherenberg, V.; Liegmann, K. (2018). Gesundheits-Apps: Möglichkeiten und Grenzen der Gesundheitskommunikation. In: Scherenberg, V.; Pundt, J.
(Hrsg.): Digitale Gesundheitskommunikation. Zwischen Meinungsbildung und Manipulation. Bremen: APOLLON University Press.
[8] Waltz, M. (2018). Elektronische Gesundheitskarte – Von der Realität überholt. Deutschlandfunk, 14.06.2018. https://www.deutschlandfunk.de/
elektronische-gesundheitskarte-von-der-realitaet-ueberholt.862.de.html?dram:article_id=420395 (21.11.2019).
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Sprungbrett … 01/2021
Soziale Medien – eine unterschätze Wohlfühloase für gestresste Menschen
Soziale Medien – eine unterschätze Wohlfühloase für
gestresste Menschen
Tobias Ulamec
In dieser doch sehr viele Opfer
fordernden Zeit, mit täglich wechselnden
Informationen und Verordnungen,
habe ich für mich ein
neue Wohlfühloase entdeckt – die
sozialen Medien. Mein ganzes Verhalten
und meine Einstellung haben
sich diesbezüglich komplett
verändert. Fand ich sie vor Corona
total lästig, bin ich mittlerweile der
Meinung, dass mein Leben ohne
Facebook, WhatsApp, Instagram
und Co. eigentlich gar nicht funktionieren
würde. Wieso?
Naja, das kann man eigentlich
relativ einfach beantworten. Tatsächlich
arbeite ich in einem Job,
der nicht unbedingt fair mit einem
umgeht. Denn als Schulleiter fühlt
man sich täglich wie im Circus Maximus.
Permanent läuft man Gefahr,
entweder in ein rechtliches, soziales
oder bildungstechnisches Dilemma
zu rennen, und darf die Konsequenzen,
für die man eigentlich nichts
kann, ausbaden. Voll auf seine Kosten
kommt dabei nur das Publikum, das
je nach Themenausgang applaudiert
oder aus sicherer Entfernung einen
weiteren Kampf fordert.
Täglich wechselnde Vorgaben, je nach
politischem oder wissenschaftlichem
Zuruf, bringen aber vermutlich ja nicht
nur den Berufsstand der Schulleiter in
depressive, apokalyptische Situationen,
die wiederum nur mit Alkohol
oder halt mit den sozialen Medien zu
ertragen sind.
Womit wir ja nun auch beim Thema
sind. Tatsächlich reichen 10 Minuten
soziale Medien am Tag, um das seelische
Gleichgewicht wieder einigermaßen
in Einklang zu bringen. Es ist
einfach schön, wie geistig unbewaffnete
Menschen miteinander umgehen
können. Da weichen die eigenen
Probleme kurzzeitig weit in den Hintergrund
und man hat das Gefühl,
in einer Parallelwelt zu leben. Super
finde ich zum Beispiel Facebook, wo
„Freunde“, obgleich ahnungslos in Bezug
auf die Materie, einen Kommentar
zu irgendeinem Post abgeben und
wiederum andere „Freunde“ anfangen,
diesen zu kommentieren (auch die haben,
wenn man die Argumente liest,
tatsächlich meistens keine Ahnung).
Spannend wird es aber erst im Verlauf
eines kommentierten Schlagabtausches
und vor allem dann, wenn immer
mehr unwissende „Freunde“ mitmachen.
Es ist ein wenig wie stille Post
oder eine Gerichtsverhandlung bei
Richterin Salesch – die unter 35-Jährigen
verzeihen mir bitte diesen fernsehgeschichtlichen
Einwurf. Denn hier
wird zum Ende immer eine sachdienliche
Kommunikationsstrategie aufgegeben,
um auf der untersten sozialen
Ebene dem „Freund“ mitzuteilen, was
man sich im Normalfall vis-à-vis nie
getraut hätte. Tolle Argumente wie
„lösche erstmal deine hässlichen Fotos,
bevor du mit mir auf Augenhöhe
diskutieren willst“ oder auch „du musst
eine Frühgeburt mit anhaltendem
Sauerstoffdefizit gewesen sein“ sind
nur ein paar exklusive Schmankerl, die
in der argumentativen Abfolge nicht
mal den besten Soapschreibern der
Welt eingefallen wären. Einfach WELT-
KLASSE! und natürlich bereichernd
für alle zukünftigen Diskussionen und
Probleme, die unweigerlich nach dieser
Pandemie folgen werden.
Ein weiteres Phänomen, das ich mit
viel Freude beobachte, ist das öffentliche
Androhen vom Lösen des
Freundschaftsverhältnisses, wenn
mein Gegenüber eine andere Meinung
vertritt. Tatsächlich erinnert
mich dieses Verhaltensmuster ein
www.apollon-alumni.de 27
Soziale Medien – eine unterschätze Wohlfühloase für gestresste Menschen
wenig an die Autonomiephase von
Kleinkindern oder an den ehemaligen
amerikanischen Präsidenten. Das Problem
dabei ist nur, wenn ich in meiner
sozialen Freundesliste, ALLEN die
„Freundschaft“ kündige, die nicht im
Einklang mit meiner Weltanschauung
stehen, stehe ich irgendwann alleine
da. Die täglichen, meistens sehr sinnfreien
Beigaben und Statements zum
täglichen Leben würde ja dann auch
keiner mehr lesen. Ein Dilemma, nicht
nur für den in der Autonomiephase
steckenden, mündigen Bürger, nein,
auch für mich. Denn wenn keiner
mehr „Freunde“ in den sozialen Medien
hätte, um sich gegenseitig irgendeinen
Schwachsinn mitzuteilen, dann
könnte ich mein Seelenheil nicht
mehr aufrechterhalten und würde
letztendlich dem Alkoholismus verfallen.
Ein solches Einzelschicksal mit
den verbundenen, unvorhersehbaren
Folgen für das öffentliche Leben kann
aber im Ernst doch keiner wollen.
Ach so, vielleicht sollte ich zum Schluss
auch auf ein Thema eingehen, das beiläufig
immer mit dem Thema soziale
Medien in Verbindung gebracht wird
– der Datenschutz.
Ganz ehrlich. Braucht kein Mensch.
Es ist doch viel besser, wenn man
darauf keinen Wert legen muss. Das
hätte auch den Vorteil, dass man in
Geschichte und Gemeinschaftskunde
weniger lernen müsste. Man könnte
die lästige und teure Gauck Behörde
einstampfen, denn was interessieren
mich die Geschichten und Einzelschicksale
von damals. Ich müsste
nicht bei jedem Klick im Internet in
irgendwas einwilligen. Man könnte
mit Staaten, die es vielleicht mit den
Menschenrechten nicht so ernst nehmen,
deutlich entspannter umgehen.
Als Unternehmen hätte ich auch noch
den Vorteil, dass ich mit den Daten der
Kunden zusätzliches Geld verdienen
könnte. Aus Sicht der Banken und Versicherungen
hätte das für die jeweiligen
Geschäftsmodelle auch nur Vorteile.
Und ganz ehrlich, man müsste
sich ja auch nicht mehr anziehen oder
peinliche Körperstellen kaschieren –
einmal gläsern geworden, die Welt
wäre so einfach zu handhaben.
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Sprungbrett … 01/2021
Unsere AutorInnen und Mitwirkenden in dieser Ausgabe
Unsere AutorInnen und Mitwirkenden in dieser Ausgabe
Dana Audehm B. A.
Gesundheitsökonomin B.A.;
Dana Audehm arbeitet als Sales-Managerin
bei einem IT-Dienstleister und unterstützt
Unternehmen der Gesundheitswirtschaft bei
der Digitalisierung.
dana.audehm@adesso.de
Prof. Dr.-Ing. Kurt Becker
seit 2020 Vizepräsident Forschung der
aPOLLON Hochschule der Gesundheitswirtschaft;
Studiengangsleiter für Medizinund
Gesundheitstechnologie-Management;
Gesellschafter/Geschäftsführer der preventionpartners
GmbH – Institut für Prävention
und regenerative Technologien in Aachen; Leiter der Arbeitsgruppe
Medizinmanagement der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik,
Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS); Ko-Sprecher des
Fachausschusses Geschäfts modelle intelligenter Assistenz systeme
(FA GIAS); u.a. Beirat der Deutschen Gesellschaft für biomedizinische
Technik (DGBMT) im Verband Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik
e. V. (VDE); Geschäftsführer der Yoga Vidya Center Aachen UG
Alexandra Berendes M.A., MaHM
Alexandra Berendes studierte germanistische Linguistik und Health
Management. Sie ist als stellvertretende Geschäftsführerin und Senior
Project Managerin beim Institut Medical Netcare in Münster tätig.
1. Vorsitzende APOLLON Alumni e.V., lektorat Sprungbrett
berendes@m-nc.de
Katharina Nülsen
Gesundheits- und Krankenpflegerin; Praxisanleiterin;
Fachkraft für ambulante psychiatrische
Pflege und ambulante Dienste; Pflegemanagerin
B.A.; seit 01.07.2020 Studentin im
Studienfach Berufspädagogik (M.A.).
Aktuell tätig als Lehrerin für Pflegeberufe an
der Pflegefachschule des Maßregelvollzugszentrum Niedersachsen –
Standort Moringen.
katha.nuelsen@gmail.com
F. Stolberg
Student der Angewandten Psychologie B. Sc.
Einzelfallgutachter im mittelbaren öffentlichen Dienst
stolberg_f@web.de
Tobias Ulamec
Gesundheitsökonom B.A., Fachwirt im Sozialund
Gesundheitswesen; Inhaber & Gründer
der Personalideenschmiede Blutsbruder²;
Schulleiter ProGenius Göppingen
(Private Berufliche Schule); Stellv. Vorsitzender
APOLLON Alumni Network e. V.
tobias@blutsbruder2.de
Anne Wellek Dr. med., MaHM
Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie; Inhaberin
einer Facharztpraxis in Biedenkopf bei Marburg/Lahn; Kassenprüferin
des Apollon Alumni Network e.V.
wellek@t-online.de
PD Dr. med. Ernst Wellnhofer
Facharzt für Innere Medizin mit Schwerpunkt
Kardiologie; Integral Medical Solutions
Consulting-Data & Process Science Medical
Software; Dozent Medizininformatik am Fernstudieninstitut
der Beuth-Hochschule Berlin;
Gastwissenschaftler am Institute for Cardiovascular
Computer- assisted Medicine (ICM); Charité – Universitätsmedizin
Berlin
ernst.wellnhofer@charite.de , ewellnhofer@arcor.de
Christian Wunderlich MaHM
Apotheker; Interim Manager & Consultant in Healthcare;
Autor; dozent
christian@ahead-health.de
www.ahead-health.de
https://www.linkedin.com/in/christian- wunderlich-mahm- apprpharm-5a0b222/
Stefanie Peschl
Präventions- und Gesundheitsmanagement
B. A., Gesundheits- und Krankenpflegerin
Nach langjähriger Tätigkeit als Gesundheitsund
Krankenpflegerin ist sie im Bereich
Medical Application bei der Firma custo med
GmbH in Ottobrunn bei München tätig. Seit
letztem Jahr etabilert sie dort die custo akademie.
stefanie.peschl@customed.de
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Antrag auf Mitgliedschaft
Bitte per E-Mail an info@apollon-alumni.de
Zum Download auf unserer Homepage verfügbar
Pflichtangaben
Absolventin / Absolvent
Bachelor-/ Masterstudium
Mitgliedsbeitrag 40 € / Jahr³
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Mitgliedsbeitrag 40 € / Jahr
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wird, per Post erhalten.
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erlischt durch Widerruf oder Austritt aus dem Verein.
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