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Geschichte<br />
13<br />
der prachtvolle Ausbau des Schlosses<br />
Spiez zu verdanken. Er wurde<br />
1629 zum Schultheiss von Bern ernannt<br />
und diente der Republik<br />
Bern und der Eidgenossenschaft<br />
in der schwierigen Zeit des Dreissigjährigen<br />
Krieges als Vermittler<br />
und Gesandter. Aus heutiger Sicht<br />
vermag der Umstand, dass er mit<br />
zwei Ehefrauen nicht weniger als<br />
35 (!) Kinder zeugte, allerdings etwas<br />
befremdlich wirken. Zumal<br />
zehn dieser Nachkommen bereits<br />
bei der Geburt oder im Kindesalter<br />
starben.<br />
In einem Kaufbrief von 1630<br />
nennt sich Franz Ludwig d. J. als<br />
Mitherr von Bümpliz. Er hatte offensichtlich<br />
von seinem Vater zu<br />
dessen Lebzeiten die eine Herrschaftshälfte<br />
geerbt. Die zweite<br />
Herrschaftshälfte erwarb er von<br />
den Nachkommen seiner Schwester<br />
Johanna, die an Pest gestorben<br />
war. Offensichtlich beeinflusst<br />
durch die rege Bautätigkeit seines<br />
Vaters vor allem in Spiez und<br />
Schadau, intensivierte er den Ausbau<br />
des Schlosses Bümpliz. Durch<br />
Heirat mit drei vermögenden<br />
Frauen gelangte er zu finanziellen<br />
Mitteln, die ihm angesichts der<br />
zahlreichen Geschwister vermutlich<br />
nicht zugestanden wären. Inwieweit<br />
der Tod von sieben seiner<br />
Schwestern im Pestjahr 1528 die<br />
Erbmasse beeinflusste, ist heute<br />
nicht mehr zu ermitteln.<br />
Franz Ludwig d. J. erlangte 1635<br />
das einträgliche das Amt eines Gubernators<br />
von Aelen (Landvogt<br />
von Aigle) und erlebte kurze Zeit<br />
danach eine Amtsentsetzung wegen<br />
Ehebruchs. Er verbrachte vermutlich<br />
seine letzten fünf Jahre<br />
bis zu seinem Tod im Jahre 1650<br />
auf Schloss Bümpliz. Er musste<br />
nicht mehr erleben, wie sein Sohn<br />
und Nachfolger Franz Ludwig III.<br />
wegen Todschlags mit der Verbannung<br />
aus der Republik Bern bestraft<br />
wurde (1667) und seine<br />
Herrschaftsrechte an Jakob Tillier<br />
verkaufte. Damit endete die Geschichte<br />
der Patrizierfamilie von<br />
Erlach auf Schloss Bümpliz.<br />
Bau und Untergang des Erkers<br />
Im Zusammenhang mit dem erwähnten<br />
Bau des Nordwestflügels<br />
(heute: parallel zu Bümplizstrasse)<br />
und des Nordostflügels (heute: parallel<br />
zu Klinik Permanence) eröffnete<br />
sich die Möglichkeit, das eher<br />
trutzige Erscheinungsbild des<br />
Schlosses mit dem Anfügen eines<br />
Erkers entscheidend aufzuwerten.<br />
Die geringe Tiefe von 80 Zentimetern<br />
erlaubt keine wesentliche<br />
Nutzung für Wohnzwecke, vermittelt<br />
indes von aussen den gewünschten<br />
Effekt von Pracht.<br />
Dazu trug auch der das Dach überragende<br />
Turm mit Glockenhaube<br />
und verglasten farbigen Ziegeln<br />
bei. Der Fenstersturz mit dem Allianzwappen<br />
von Erlach und von<br />
Wattenwyl sowie der Jahreszahl<br />
1632 bildete das wichtigste Element<br />
der Aussenwand.<br />
Das Jahr 1632 hatte im Übrigen<br />
eine besondere Bedeutung für den<br />
Schlossherr Franz Ludwig d. J.: Es<br />
bedeutete den Abschluss der wichtigsten<br />
baulichen Veränderungen<br />
für lange Zeit, im gleichen Jahr<br />
verstarb seine erste Frau Elisabeth<br />
von Chambrier, er heiratete seine<br />
zweite Frau Esther von Wattenwyl<br />
und wurde Vater seines Sohnes<br />
Franz Ludwig III. aus zweiter Ehe.<br />
Wahrlich eine Fülle von Ereignissen,<br />
deren Inhalt Stoff für eine<br />
Filmromanze liefern könnte …<br />
Erker mit Allianzwappen von Erlach-von Wattenwyl von 1632.<br />
Hatte der rund um das Schloss<br />
verlaufende Wassergraben im 17.<br />
Jahrhundert noch eine gewisse<br />
fortifikatorische Bedeutung – gelegentliche<br />
Raubzüge von marodierenden<br />
Soldaten aus dem 30-jährigen<br />
Krieg waren nicht selten – so<br />
setzte ab der Mitte des 18. Jahrhunderts<br />
eine stete Verlandung<br />
beziehungsweise Aufschüttung<br />
des Grabens ein. In diese Zeit fällt<br />
auch der mutmassliche Fall des<br />
Erkers in die Senke. Der Zugang<br />
im 1. und 2. Stock wurde vermauert<br />
und die Erinnerung an das<br />
einstige Juwel schwand. Der Totalabbruch<br />
der südseitigen Gebäudeteile<br />
(heute: Seite Indermühleweg),<br />
die als billigen Steinbruch<br />
für den Bau des Neuen Schlosses<br />
verwendet wurden, beschleunigte<br />
den optischen Niedergang des Alten<br />
Schlosses. Die Titulare der<br />
Herrschaft Bümpliz wohnten fortan<br />
im Neuen Schloss (Eröffnung<br />
1742); im bisherigen Gebäude verblieben<br />
die Dienstboten. Dies blieb<br />
auch nach dem Ende der Herrschaft<br />
durch die gnädigen Herren<br />
und der Nutzung der beiden<br />
Schlösser durch bürgerliche Organisationen<br />
so.<br />
Mit dem Kauf des Alten und des<br />
Neuen Schlosses durch Johann<br />
Friedrich Albrecht Tribolet im Jahre<br />
1839 erhielt das Alte Schloss erneut<br />
ein stark verändertes Aussehen.<br />
Die bisherigen Wirtschaftsund<br />
Gewerberäume wurden zu<br />
Patientenzimmern für seine Privatklinik<br />
umgebaut. Der einstige<br />
Wassergraben diente nun als Garten,<br />
die Überreste des ehemaligen<br />
Erkers lagen unerkannt unter der<br />
Erdoberfläche.<br />
Ein Brand beschert eine<br />
wundersame Entdeckung<br />
1954 bot die Gemeinnützige Genossenschaft<br />
als Betreiberin der<br />
ehrenamtlich geführten Gemeindestube<br />
das Alte Schloss der Stadt<br />
zum Kauf an. Der Kaufpreis betrug<br />
79 800 Franken und entsprach<br />
dem amtlichen Wert. Verschiedene<br />
Nutzungsvorschläge endeten<br />
ergebnislos und das Gebäude zerfiel<br />
zusehends. Obwohl dringend<br />
nötige Unterhalts- und Reparaturarbeiten<br />
unumgänglich erschienen,<br />
verstrich bis zur Renovation<br />
ein weiteres Vierteljahrhundert.<br />
Der Anstoss zum Umbau kam<br />
schliesslich von Seiten der Archäologie.<br />
Der nachmalige Kantonsarchäologe<br />
Hans Grütter empfahl<br />
die Aushebung des einstigen Wassergrabens<br />
und sprach vom zweitwichtigsten<br />
Wasserschloss des<br />
Kantons Bern (was ehrlicherweise<br />
erwähnt werden muss: nebst<br />
Bümpliz verfügt der Kanton nur<br />
noch über ein Wasserschloss,<br />
nämlich die Landshut).<br />
Die in Angriff genommenen Planungsarbeiten<br />
durch das Architekturbüro<br />
Rausser & Clemençon<br />
erfuhren am 1<strong>9.</strong> November 1976<br />
einen jähen Unterbruch: Zeuselnde<br />
Buben entfachten in einem<br />
leerstehenden Raum ein Feuerchen,<br />
das sich zu einem Grossbrand<br />
entwickelte. Mit Ausnahme<br />
des angesengten Dachstocks im<br />
Torturm fiel ein Grossteil der bewohnbaren<br />
Gebäudeteile dem<br />
Feuer zum Opfer. Das vermeintliche<br />
Unglück erwies sich im Nachhinein<br />
als Glücksfall: Die subtile<br />
Annäherung an die einstigen Umbauten<br />
des 17. Jahrhunderts des<br />
Franz Ludwig von Erlach d. J.<br />
durch die Architekten, insbesondere<br />
aber auch die Wiederherstellung<br />
des Wassergrabens, ermöglichten<br />
eine Renaissance des wichtigsten<br />
historischen Gebäudes von<br />
Bümpliz. Der absolute Höhepunkt<br />
der Umbauarbeiten wurde indes<br />
erreicht, als bei den Grabungsarbeiten<br />
zum neuen Wassergraben<br />
Zeugen des ehemaligen Erkers<br />
entdeckt wurden, nämlich drei<br />
von vier Konsolen samt Bodenplatte<br />
sowie als wichtigstes Element<br />
der sorgfältig gehauene<br />
Fenstersturz mit Allianzwappen<br />
und der Jahreszahl 1632. Diese<br />
Fragmente bildeten die Grundlage<br />
für weitere Nachforschungen zum<br />
längs verschollenen Gebäudeteil.<br />
Im Oktober 1980 erhielt die Bevölkerung<br />
des gelegentlich wegen<br />
ihrer vielen Neubausiedlungen<br />
kritisierten Stadtteils VI ein Kleinod,<br />
das zu den schönsten historischen<br />
Bauten des Kantons gehört.<br />
Franz Ludwig von Erlach d. J. und<br />
zwei zeuselnden Buben sei Dank!<br />
Max Werren