WELTREISE-Magazin-Afrika
WELTREISE | In 19 Monaten um die Welt. Von April 2016 bis Oktober 2017. | Ein Paar auf Reisen. Elke Zapf und Wolfgang Eckart. | REISEBLOG www.aufmerksam-reisen.de
WELTREISE | In 19 Monaten um die Welt. Von April 2016 bis Oktober 2017. | Ein Paar auf Reisen. Elke Zapf und Wolfgang Eckart. | REISEBLOG www.aufmerksam-reisen.de
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Weltreise
19
m o n a t e
u n t e r w e g s
afrika
ein paar auf reisen.
2 m e n s c h e n Zeit haben. Sich treiben lassen.
Elke Zapf und Wolfgang Eckart.
Pastaliebende Pressesprecherin
und espressosüchtiger Bildungsexperte.
Seit mehr als 20 Jahren ein Paar.
1
t r a u m
In neue Länder und Kulturen eintauchen.
Mit Menschen ins Gespräch kommen.
Hinter die Kulissen schauen.
Die Welt entdecken.
einmal um die ganze Welt.
Nürnberg, Frankfurt, Windhoek.
Mit einer Bahnfahrt und einem
one-way-Flug geht unsere Weltreise los.
Am 6. April 2016.
Zurück kommen wir knapp 19 Monate
später. Bewusst ganz langsam.
Mit einem Schiff von New York nach Hamburg.
www.Weltreise-Logbuch.de
19
m o n a t e u n t e r w e g s
los gehts in Afrika:
N a m i b i a
Roter Sand. | Die höchste Düne der
Welt. | Elefanten, Giraffen und
Zebras. | Ein Flug über die Namib. >
08
s ü d a f r i k a
Tafelberg und Townships. | Genuss
pur in den Winelands. | Die Xhosa-
Frauen von Bulungula. | Im Krüger-
Nationalpark. >
22
m a d a g a s k a r
Bitterschönes Land. | Tropischer
Regen im wilden Süden. | Wandern
im Isalo-Nationalpark. >
54
M a u r i t i u s
Stopover auf der Insel im Indischen
Ozean. >
64
Elefanten und Zebras in Namibia.
Xhosa-Frauen und -Männer beim Bau
einer rituellen Hütte in Südafrika.
Schulkinder auf Madagaskar. Genuss
pur in den Winelands nahe Kapstadt.
AFRIKA.
Afrika gilt als die Wiege der Menschheit
und ist der zweitgrößte Kontinent der
Erde. Auf einer Fläche von 30 Millionen
Quadratkilometern leben rund 1,1
Milliarden Menschen. In 55 Ländern.
6. April
-
27. Juli 2016
los gehts
Nürnberg. Frankfurt. Windhoek.
am 6. April 2016 machen wir uns auf die
Reise. Mit dem Zug Von Nünberg nach
Frankfurt und mit dem flieger nach
Windhoek. zehn Stunden später und 8.600
kilometer weiter beginnt das abenteuer
Namibia.
letzte Tage in Nürnberg
14. April 2016 | Blogeintrag von WOLFGANG
Erste Weltreise-Woche: Vom Urlaub
zum Reisen
Die erste Woche unserer Weltreise. Noch fühlt es sich mehr
wie Urlaub an, zumal unsere Namibia-Tour ja weitgehend
durchgeplant ist – zumindest im Hinblick auf Routenwahl
und Unterkünfte.
Was sehr schnell wächst, ist die Distanz zu der Zeit vor
unserer Abreise, zu unserem Leben und Arbeiten in
Nürnberg. Es ist schon überraschend, wie rasch an Bedeutung
verliert, was jahrelang selbstverständlich war: Haus, Job,
Auto. Nichts davon scheint jetzt noch wirklich wichtig. Um so
mehr freuen wir uns über jeden Kontakt mit unserer Familie
und unseren Freund*innen.
erste Schritte in Namibia
unglaubliche Weite in Namibia
Was haben wir bislang in Namibia erlebt? Was uns als
Städter*nnen begeistert, sind die unglaublichen Weiten, die –
eigentlich rauen und unwirtlichen – Landschaften, die so
anders sind als das, was wir als Mitteleuropäer*innen kennen.
08 Namibia
ruhige Nächte in einem Bungalow der „Namtib Desert Lodge"
Trotz Tourismus: Das Land ist ungezähmt und
wird es hoffentlich auch bleiben!
roter Sand und heiße Sonne
Beeindruckend zum Beispiel die Kalahari-Wüste
mit ihrem roten Sand und den zahlreichen
Wildtieren. Oder der Fish-River-Canyon mit
seinen über 500 Meter tiefen Schluchten – nach
dem Grand-Canyon der größte der Welt.
Und über allem scheint eine unerbittlich heiße
Sonne. Hier hat es in vielen Landesteilen seit vier
Jahren nicht mehr geregnet – zunehmend ein
Riesen-Problem für die Landwirtschaft!Da die
Städte bzw. Orte für uns bislang weitgehend
gesichtslos sind, zeigt sich das Gesicht Namibias
in seiner Natur und seinen Menschen, die
ausnehmend freundlich sind. Viel weiter sind
wir noch nicht eingedrungen in die Realitäten
des Landes.
spannender Abend auf der Farm
Wobei wir gestern einen spannenden Abend in
der „Namtib Desert Lodge" am Rande der Namib-
Wüste hatten, bei der uns ein aufgeschlossener
Farmer viel über die Besonderheiten des Lebens
in Namibia erzählt hat.
Sein Fazit: Namibia sei auf dem richtigen Weg,
ein demokratischer Rechtsstaat und das
politische System funktioniere – bei allen
Schwächen und sozialen Ungerechtigkeiten, die
es natürlich auch hier gebe.
namibia
in der Kalahari
im fish-river-canyon
Mit der Cessna über die Namib
Elke liebt die Wüste. Und hat schon immer von einem
flug über die Namib geträumt...
19. April 2016 | Blogeintrag von ELKE
Ein wenig aufgeregt bin ich ja schon als wir am
Sonntag um 16.30 Uhr zum kleinen Flugplatz
mitten in der Wüste Namib fahren. Unser Fahrer
ist gleichzeitig auch unser Pilot – und die
kleine Cessna, mit der wir fliegen, steht schon
auf dem Rollfeld für uns bereit.
Insgesamt sind wir fünf Personen, die den
„Sunset-Flight" in der kleinen Maschine von
„Desert Air" gebucht haben. Und weil ich ein
Glückspilz bin, darf ich ganz vorne neben dem
Piloten sitzen! Ich habe also einen ganz tollen
Blick nach vorne und zur Seite und kann von
oben auf die Wüstenlandschaft schauen, die ich
so liebe.
Zu Beginn fliegen wir genau die Strecke ab, die
wir am Tag zuvor mit dem Auto zurückgelegt
haben, also zur Düne 45 und zum Sossusvlei. Von
oben sieht das Ganze natürlich noch einmal viel
beeindruckender aus.: Es ist ein wunderbares
rotbraunes Wüstenmeer mit vielen sanft geschwungenen
Dünen.
Spannend wird es, als wir noch weiter fliegen –
und nach 120 Kilometern kurz an der Atlantikküste
in den Sonnenuntergang fliegen. Unser
Pilot wagt sich ganz schön weit nach unten, die
Wellen sind fast schon zum Greifen nah…
12 Namibia
Ich habe die Wüste
immer geliebt.
Man sitzt auf einer
Sanddüne. Man sieht
nichts. Man hört
nichts. Doch etwas
leuchtet in der Stille.
A U S „ D E R K L E I N E P R I N Z "
V O N A N T O I N E D E S A I N T - E X U P É R Y
in der Wüste Namib
am Wendekreis des krebses
Dachzelt vom feinsten
unser
tipp
19. April 2016 | Blogeintrag von DIE CREW
Quadratisch, praktisch, gut.
Was in Deutschland eine
Werbung für Schokolade ist,
könnte in Namibia ein Slogan
für das Dachzelt auf dem
Toyota Hilux sein. Vier
Wochen fahren wir damit
durch die Weite Namibias und
übernachten auf Campsites.
Wer einmal den Aufbau-Trick
raus hat, baut das Dachzelt
tatsächlich in einer Viertelstunde
auf. Und abends
klettern wir schnell auf das
Dach des Autos, kuscheln uns
im Schlafsack ein und schlafen
sehr gemütlich und naturnah.
Die Campsites in Namibia sind
übrigens nicht zu vergleichen
mit einem Campingplatz in
Deutschland oder Europa. Die
Stellplätze hier liegen mitten
in der Natur, haben viel Platz
und sind sehr schön angelegt –
mit eigener Dusche, eigenem
Kochplatz und eigener
Feuerstelle.
Wir fühlen uns richtig wohl!
16 Namibia
„beautiful four“ statt „big five“
zwei Tage im Etosha-Nationalpark. Wir sehen Springböcke, Zebras, Giraffen und Elefanten -
und schätzen unsere „Beautiful four“ viel mehr als die berühmten „Big Five“.
23. April 2016 | Fotogalerie von DIE CREW
17
im sossusvlei
im Dorf
der himba
im afrikanischen fünf-länder-eck
Über den „Trans-
Caprivi-Highway“
haben wir Namibia
inzwischen verlassen
und sind im
afrikanischen fünfländer-eck
angekommen.
30. April 2016 | Blogeintrag von DIE CREW
Wir waren zwei Tage in einer
Lodge in Botswana und sind
nun noch zwei Tage in einem
Guesthouse in Simbabwe. Im
wahrsten Sinne des Wortes
haben wir dabei in den letzten
Tagen etliche Grenzerfahrungen
gemacht.
In Namibia saßen wir am Okovango
und schauten auf das
andere Ufer in Angola. Am
Chobe-River lernten wir beim
Grenzübertritt von Namibia
nach Botswana die nette, aber
umständliche afrikanische
Bürokratie kennen. Und hier
am Sambesi-Fluss sind wir in
Simbabwe und könnten über
die berühmte historische
Eisenbrücke bei den Victoria-
Fällen direkt nach Sambia
laufen. Alles klar?
20 botswana, simbabwe
Botswana
simbabwe
an den vic falls
in Botswana
Vier wochen in Kapstadt
Wenn wir auf Reisen sind, nehmen wir uns viel Zeit. Für die
Begegnung mit Menschen. Für das Nachdenken über soziale und
politische Ungleichheiten. Wo ginge das besser als in Kapstadt?
Südafrika
5. Mai 2016 | Blogeintrag von WOLFGANG
Kapstadt im südafrikanischen Spätherbst: Vom
ersten Augenblick an freundlich-lebendig und
sonnig-warm, multikulturell und voller Lebenshunger,
hinreißende Lage zwischen zwei Ozeanen.
Dahinter das Tafelberg-Massiv, viel näher,
mächtiger und eindrucksvoller als erwartet.
Schon nach vier Tagen stellt sich bei uns ein
Gefühl ein von „Angekommen sein“. Erstaunlich,
wie schnell das hier geht.
Erste spielerische Gespräche über ein mögliches
„Hier-bleiben“. Dazu tragen auch die Nachrichten
aus der Heimat bei: Während dort die AfD
für Furore sorgt, für die der Islam – eine der
großen Weltreligionen – „nicht zu Deutschland
gehört“ (was soll das eigentlich heißen?), erleben
wir hier, wie alle Ethnien auf engstem Raum
zusammenleben.
Die Regenbogennation
In Südafrika ist praktisch jeder ein Einwanderer
– das Land hat elf offizielle Sprachen! Die 1997
verabschiedete Verfassung gilt als die liberalste
der Welt. Natürlich ist das Zusammenleben in
einer Großstadt auch hier kein „Ponyhof“. Aber
es ist Alltag, also selbstverständlich.
22 Südafrika
unser Tipp
Überall ist auch die Geschichte Südafrikas
präsent: Von der jahrzehntelangen Apartheid,
die die Gesellschaft nach Ethnien getrennt, die
Schwarzen brutal unterdrückt und die Dominanz
der Weißen zementiert hatte.
„Free Nelson Mandela"
Dann die „friedliche Revolution“ von 1990, als
Nelson Mandela nach 27 Jahren Haft (!) vom
Häftling zum Präsidenten wurde. Die Parallelen
zum Umbruch von 1989 in Osteuropa, z.B. zu
Václav Havel, sind schon frappierend. Trügt der
Eindruck, dass dieser Sieg der Menschlichkeit
über die Macht hier lebendiger gehalten wird?
Das Erbe von Mandela und seinem Eintreten für
eine gerechte Gesellschaft, in der alle gleich
sind, ist jedenfalls ebenso allgegenwärtig wie
gefährdet: So hoffen wohl viele, dass der gegenwärtige
Präsident Jacob Zuma, der unter erheblichem
Korruptionsverdacht steht, bald zurücktritt.
Zu viel Macht scheint wohl immer und
überall zu korrumpieren.
unser Studio „inAWEstays" in Kapstadt
Viel Zeit für die Stadt am Kap
Zurück zu uns und unserem Alltag: Wir wohnen
jetzt in einem „Ein-Raum-Studio“ mit ca. 24 qm,
lernen rasch unser quirliges Viertel kennen und
gehen so einfachen Dingen nach wie täglichem
Einkaufen, Lesen, Busfahrpläne studieren,
örtliche Mobiltelefone einrichten usw. Was für
ein Luxus es ist, Zeit zu haben!
So wollen wir die Stadt und ihr Umland langsam
kennenlernen, ohne Eile, etwas zu versäumen.
Wollen Jazzclubs besuchen, vielleicht auch mal
ein Fußballspiel, uns durch ein Township führen
lassen, die Bibliothek erkunden und natürlich
nach Robben Island übersetzen, wo Nelson
Mandela 24 Jahre lang gefangen gehalten wurde.
Und das bergige Hinterland von Kapstadt erwandern,
mit dem über 1.000 Meter hohen Tafelberg,
der westlich in die Bergkette der Zwölf
Apostel übergeht. Und wir freuen uns auf den
Besuch unserer Freundin Heike in zwei Wochen.
Wir haben ja einen ganzen Monat hier…
23
im bunten
Kapstadt
am kap der
guten Hoffnung
workout am tafelberg
8. Mai 2016 | Blogeintrag von ELKE
Von unserer originellen kleinen Wohnung in
Kapstadt aus sehen wir den Tafelberg jeden Tag.
Nach knapp einer Woche ist es also an der Zeit,
ihn auch endlich zu besteigen.
Man könnte ja auch mit der Seilbahn hinauf
fahren, aber natürlich wollen wir uns bewegen
und wählen einen der vielen Wanderwege, die
von Kapstadt auf den „Hausberg“ führen. Wir
suchen uns den Trail über die Platteklip Gorge
aus, denn unsere Vermieter haben den Weg sehr
empfohlen. Er ist landschaftlich ganz wunderbar
– ein steiler Weg durch eine beeindruckende
Schlucht – doch für kleine Menschen wie mich
ist er ganz schön anstrengend. Denn es geht über
natürliche Stufen rund 700 Höhenmeter hinauf.
Und die Stufen sind so hoch, dass es für mich ein
echtes Workout ist! Noch drei Tage danach
werde ich meine Oberschenkelmuskulatur
spüren…
Aber es ist wie immer: Bin ich erstmal oben, bin
ich stolz auf meine Leistung, genieße den tollen
Ausblick auf die Stadt, das Meer, die Winelands
in der Umgebung – und bin so glücklich, dass
wir natürlich auch nach unten nicht mit der
Seilbahn fahren, sondern den Trail auch wieder
zurück gehen. Auch das ist ganz schön
anstrengend – und zurück in unserer Wohnung
gönne ich mir ein frisches „Tafel-Lager“ nach
dem Tafelberg.
26 Südafrika
auf dem Tafelberg
Townships – die andere Seite Kapstadts
„hinter die Kulissen schauen" – das wollen
wir unbedingt bei unserer Reise.
18. Mai 2016 | Blogeintrag von WOLFGANG
ein spielender Junge im Township
Zum Straßenbild der schönen Fünfmillionen-Metropole gehören
Bettler, „Kfz-Parkwächter“ und Arbeiter, die in Scharen
auf der offenen Ladefläche von Bakkies (Kleinlastwagen)
transportiert werden – häufig Tagelöhner. Zum Haushalt der
wohlhabenden Mittel- und Oberschicht gehören Angestellte,
die sich um Haus, Haustiere und Garten kümmern. Allen gemeinsam
ist, dass sie Black oder Coloured sind und trotz
Arbeit oftmals an oder unter der Armutsgrenze leben. Einige
siedeln in den bis zur Fußball-WM 2010 neu gebauten Wohnungen,
viele aber leben nach wie vor in Townships, in schier
endlosen Ansammlungen von trostlosen Holz- und Blechhütten.
Wie kann das sein – 20 Jahre nach dem großen
Machtwechsel? Warum hat das für afrikanische Verhältnisse
vergleichsweise wohlhabende und gut entwickelte Südafrika
eine so hohe Arbeitslosen- und Armutsrate? Wieso bekommt
der mächtige ANC, seit 1994 einzige Regierungspartei, diese
und andere Probleme wie Aids und Kriminalität nicht in den
Griff?
zwei Frauen, die sich verstehen
lichtlose Wellblechbuden und kulturelle Lichtblicke
Um uns selbst ein Bild zu machen, besuchen wir gleich in der
ersten Woche ein Township: Imizamo Yethu mit 35.000 Einwohner*innen.
Eine junge, selbstbewusste Frau aus Imizamo
führt uns durch das Township . Was wir sehen und hören,
bedrückt uns: In lichtlosen Wellblechbuden leben Familien
mit zahlreichen Kindern, die engen Wege dazwischen sind
holprig und ungepflegt, bei Regen matschig. Daneben ein
paar feste Steinhäuser und fast schon solide wirkende
Wellblech-hütten, einige Läden mit billigen Produkten.
28 Südafrika
viel zu viele Menschen auf engem Raum
Zurück zu den Fragen. Einfache Antworten gibt
es auch hier nicht. Tatsache ist, dass zwar die
schwarze Mittelschicht stetig wächst und es auch
eine schwarze reiche Oberschicht gibt, die
Klassenunterschiede aber geblieben sind. Die
Landflucht und das Überquellen der Townships
verschärfen die sozialen Probleme. So kommen
täglich alleine nach Kapstadt mehr als 800
Menschen. Jede Hütte, die jemand verlässt, wird
sofort von jemand anderem benutzt, der eine
Unterkunft braucht, denn Südafrika hat nicht
nur ein massives Armutsproblem im eigenen
Land, sondern auch mit den unzähligen Flüchtimprovisierte
Wellblechhütten im Township
Die Lichtblicke: Ein großer Kindergarten, Schüler*innen,
die in ihren gepflegten Schuluniformen
so gar nicht ins Bild passen wollen – es gilt
die allgemeine Schulpflicht, das Township hat
eine eigene Highschool. Und schließlich eine
Townhall, in der die politische Vertretung und
Verwaltung untergebracht ist.
Mittendrin eine Art Bildungs- und Kulturzentrum:
Stolz führt uns der Leiter einen von örtlichen
Unternehmen gesponserten, gut ausgestatteten
Computerraum vor, daneben eine
Halle, in der Kinder begeistert Tänze einüben.
lingen aus anderen afrikanischen Ländern, allen
voran dem krisengeschüttelten Simbabwe. So
leben in den Townships arme schwarze Südafrikaner*innen
und Migrant*innen, unterschiedlichste
Ethnien und Religionen auf engstem
Raum zusammen: eine höchst gefährliche
Mischung. Kein Wunder also, dass die Gewaltkriminalität
gerade hier erschreckend hoch ist –
aber auch überall im Land!
Dies alles ist täglich Thema in den Medien. Verfolgt
man dort die aktuellen Berichterstattungen
und Diskussionen, so fällt auf, dass die
Kritik an der „schwarzen Regierung“, sie solle
sich mehr um die Verbesserung der Lebensverhältnisse
der Menschen kümmern als um ihre
eigenen Pfründe, wohl deutlich zugenommen
hat. Und sie kommt auch von Anhänger*innen
des ANC, dem sie eine „Arroganz der Macht“ vorwerfen.
Das schöne Bild von der Regenbogennation
bekommt Risse, aber es bleibt der Respekt vor
den Errungenschaften des neuen Südafrika. Es
ist diese Vielschichtigkeit, die das Land am Kap
zugleich faszinierend und verstörend macht.
29
Robben Island: Ein Besuch auf der
berüchtigten Gefängnisinsel
8. Mai 2016 | Blogeintrag von ELKE
Rund sieben Seemeilen vor Kapstadt liegt
Robben Island, die berüchtigste Gefängnisinsel
Südafrikas. Während des Apartheid-Regimes
waren hier Tausende politische Gefangene
inhaftiert, die gegen Apartheid und für Freiheit
und Demokratie kämpften. Prominentester
Insasse war Nelson Mandela.
Das Hochsicherheitsgefängnis existierte genau
30 Jahre – von 1961 bis 1991 – und erlangte weltweit
traurige Berühmtheit durch die Brutalität
gegenüber den Häftlingen. Nelson Mandela, der
später zum ersten schwarzen Präsidenten des
Landes gewählt wurde, war 18 Jahre seines
Lebens auf Robben Island inhaftiert – und
weitere acht Jahre in anderen Gefängnissen.
Seine karge und kleine Einzelzelle auf der Isolierstation
im so genannten Block B von Robben
Island kann man seit 1997 im Rahmen einer geführten
Tour besichtigen. Weltweit forderten
Menschenrechts-Aktivisten seine Freilassung –
„Free Nelson Mandela“.
Bedrückender „Ausflug“ zur Gefängnisinsel
Auch wir machen diesen bedrückenden und bewegenden
„Ausflug“. Wir starten an der Waterfront
in Kapstadt und setzen mit der Fähre in
knapp 40 Minuten nach Robben Island über.
Schon bei dieser kurzen Fahrt durch relativ
raue See können wir uns gut vorstellen, dass
jeder Fluchtversuch von der Gefängnisinsel
zum Scheitern verurteilt gewesen wäre.
30 Südafrika
Auch mit einer
Umarmung kann man
einen politischen
Gegner bewegungsunfähig
machen.
N E L S O N M A N D E L A
Isolierstation im berüchtigten Block B
Gründe zum Fliehen hätte es jede Menge gegeben,
denn das Apartheid-Regime demonstrierte
hier seine ganze Macht und ging äußerst brutal
mit den Häftlingen um. Nelson Mandela und die
anderen inhaftierten ANC-Führer wie Walter
Sisulu und Govan Mbeki mussten täglich im
Steinbruch arbeiten, waren dabei nur unzureichend
gekleidet und mussten in ihren Zellen
auf dünnen Strohmatten auf dem kalten
Steinfußboden schlafen.
Studieren im Gefängnis
Unser Guide war wegen seiner Mitgliedschaft im
ANC und politischer Aktivitäten selbst sechs
Jahre lang als „political prisoner“ auf Robben
Island inhaftiert. Er berichtet uns von seinen
Erfahrungen, zeigt uns die Gemeinschaftszelle
für „normale“ politische Gefangene, die
Einzelzelle von Nelson Mandela und erläutert
uns den Tagesablauf im Gefängnis.
Im Jahr 1971 schafften es die Gefangenen übrigens
nach Streiks und Protesten, etwas humanere
Haft-Bedingungen durchzusetzen. Wichtigste
Errungenschaft war, dass sie während der
Haft studieren konnten. Nelson Mandela tat dies
und rief auch seine Mitgefangenen dazu auf,
weshalb Robben Island ab den 1970er Jahren
„Mandela University“ genannt wurde. In dieser
Zeit schrieb Nelson Mandela auch seine
lesenswerten Memoiren „Der lange Weg zur
Freiheit“.
Blick in Mandelas Einzelzelle
31
„Genuss pur“ in den Winelands
Seit gut einer Woche ist unsere Freundin Heike
in Südafrika. Wir freuen uns sehr über ihren
Besuch und zeigen ihr unsere Lieblingsplätze in
Kapstadt und Umgebung. Dazu gehören ohne
Zweifel die Winelands.
Stellenbosch liegt nur knapp 40 Auto-Minuten
von Kapstadt entfernt und ist eine quirlige Universitätsstadt
mit vielen kleinen Läden, Cafés
und Galerien. Wer hier studiert, braucht bestimmt
ein wenig länger für seinen Bachelor
oder Master, denn die Stadt bietet ziemlich viel
Ablenkung. Dazu gehören auch die vielen
schönen Weingüter, die direkt vor der Stadt
liegen. Meist sind es alte Güter im so genannten
kapholländischen Stil: Weiß getünchte Giebelhäuser,
die sich im sonnigen Herbstlicht markant
von den Bergen im Hintergrund abheben.
Wir besuchen jedoch ein relativ junges Weingut
mit moderner Architektur: „Tokara", das für
seinen Wein, sein Essen und seine Architektur
schon mehrere Preise bekommen hat. Wir genießen
ein ganz wundervolles Mittagessen auf
der Terrasse und fahren am späten Nachmittag
zurück nach Kapstadt.
32 Südafrika
Am nächsten Tag geht es über die Pass-Straße
nach Franschhoek. Wir wählen die längere Anfahrt,
die landschaftlich sehr reizvoll ist und
nähern uns dem kleinen „Franzosenwinkel“ aus
den Bergen. Die Gründung des Orts geht auf das
Jahr 1688 zurück als sich rund 200 aus Frankreich
vertriebene Hugenotten hier ansiedelten.
Darunter waren auch einige Winzer, die schnell
erkannten, dass sich die Berge im Umland
hervorragend für den Weinbau eignen. Heute
gibt es hier eine Vielzahl an Weingütern.
Auf Empfehlung unserer Kapstädter Vermieterin
fahren wir nach „Babylonstoren". Das Gut liegt
auf dem Rückweg von Franschhoek und Stellenbosch
nach Cape Town und ist eine der ältesten
kapholländischen Farmen. Das Essen hier ist
phantastisch – und der Obst- und Gemüsegarten
besticht durch seine Anlage, die uns an barocke
Gartenparks erinnert. Ein wundervoller Tag –
und wir beneiden die Cape Townians, die das
immer wieder als Sonntagsausflug machen
können.
1. Juni 2016 | Blogeintrag von ELKE
weingut „Tokara“
„Babylonstoren“
mit heike
in den winelands
Zu Besuch bei den „African Angels“
9. Juni 2016 | Blogeintrag von ELKE
Die Welt ist klein! Wir sind an der südafrikanischen
Wild Coast im kleinen Ort Chintsa und
besuchen auf eine Empfehlung hin das Schulprojekt
„African Angels“. Und wen treffen wir im
Klassenzimmer? Eva Böhm, eine junge Deutsche,
die gerade ihr Studium für das Gymnasiallehramt
abgeschlossen hat und über ein Projekt
des Bayerischen Lehrer- und
Lehrerinnenverbands und der Friedrich-
Alexander-Universität Erlan-gen-Nürnberg für
drei Monate als Volunteer hier arbeitet.
Eva Böhm unterstützt die Klassenlehrerin bei
deren Arbeit mit den Erstklässlern, die aus den
nahegelegenen Townships Chintsa East und
Glen Eden kommen. „Diese Schule ist eine Riesenchance
für die Kinder“, erklärt sie begeistert,
„hier gibt es engagierte Lehrerinnen und kleine
Klassen, in denen die Kinder individuell gefördert
werden“.
„Education with a Difference“
Die Schule heißt „African Angels Independent
School“ und ist eine primary school für Sechsbis
Zwölfjährige. Sie ist privat finanziert und soll
„Education with a Difference“ bieten. Was mit
diesem Slogan gemeint ist, erklärt uns Schulleiterin
Lou Billett. Sie betont, dass in der normalen
ordinary school im Township die Schule
zwar kostenfrei ist, dafür aber die Lehrer*innen
oft nicht zum Unterricht kommen und die Kinder
entsprechend wenig lernen. Eine fee paying
public school können sich die Eltern im Township
jedoch nicht für ihre Kinder leisten, denn
36 Südafrika
die Gebühr liegt bei 2.000 Rand, was dem gesamten
Monatslohn eines Arbeiters entspricht.
Das sind übrigens nach aktuellem Wechselkurs
gerade einmal 120 Euro…
Die „African Angels Independent School“ ist
ebenfalls kostenpflichtig, wird allerdings von
Sponsoren wie dem Rotary Club East London,
dem Mercedes-Benz-Werk East London und
anderen privaten Spendern gefördert. Diese
übernehmen die Schulgebühren von 400 Rand
im Monat pro Kind, und die Eltern zahlen nur
noch die Kosten von 120 Rand für den Schulbus.
Diese finanzielle Beteiligung der Eltern ist
Lou sehr wichtig, denn „sie investieren in die
Zukunft ihrer Kinder und tun das voller Stolz.“
engagierter Unterricht
Aktuell sind 88 Kinder an der Schule und
kommen in den Genuss gut ausgestatteter
Klassenzimmer, eines Computerraums, eines
warmen Frühstücks und Mittagessens – und
eines qualifizierten und engagierten Unterrichts
in Englisch. Die Klassengröße liegt bei
maximal 20 Schüler*innen, damit sie individuell
gefordert und gefördert werden können.
Die Lehrerin, die wir besuchen, macht das unglaublich
toll: Sie übt Schreibschrift mit den
Kindern, singt mit ihnen, liest etwas vor, rennt
mit ihnen über den Sportplatz – und, und, und
– in Deutschland würde man das wohl „abwechslungsreichen
Unterricht mit großer Methodenvielfalt“
nennen. Und manchmal wird sie
dabei sogar von einer deutschen Volunteer wie
Eva Böhm unterstützt.
Eva Böhm unterrichtet als Volunteer
das bunte und freundliche Schulhaus
Spendenkonto:
Wenn Ihr selbst etwas für die Kinder tun wollt,
freut sich African Angels über
Spenden: http://www.sponsoranangel.org
Elke könnte hier auch gut arbeiten...
37
Tradition und Moderne in Bulungula
10. Juni 2016 | Blogeintrag von WOLFGANG
Fragt man Südafrikaner*innen nach Gegenden,
in denen es noch „ursprünglich afrikanisch“ ist,
schwärmen sie von der Wildcoast bzw. der
„Transkei“. So hieß die Region in der Apartheid-
Zeit, als die rassistische Minderheits-Regierung
der Weißen die schwarze Bevölkerungsmehrheit
zwangsweise in sogenannte „Homelands“ umsiedelte.
Es verwundert nicht, dass diese in der Regel abgeschieden
lagen und karge, unfruchtbare Böden
hatten. Zwischen Port Elisabeth und Durban gelegen,
erstreckt sich die Wildcoast ca. 850 km
entlang des Indischen Ozeans bis weit ins Landesinnere.
Etwa auf halber Strecke liegt Bulungula,
ein mehrfach ausgezeichnetes ökologischsoziales
Tourismus-Projekt an der Küste. Das
Besondere daran ist, dass es ausschließlich von
Xhosa betrieben wird, in der Community verwurzelt
ist und seit seiner Gründung zum kreativen
Kern und Motor der Entwicklung des bislang
bitterarmen Umfelds geworden ist. Zudem
stieß es weitere Projekte wie die 2007 gegründete
Vorschule an und brachte neben Bildung für die
Kleinen viele Menschen in Arbeit.
Die wirklich wilde Wildcoast
Um dorthin zu kommen, müssen wir die Nationalstraße
N2 verlassen und dann zweieinhalb
Stunden über, wie die Südafrikaner*innen sagen,
„dirtroads“ fahren, also staubige, teilweise sehr
ruppige Pisten. Aber es lohnt sich, denn schon
die Fahrt durch die weite, ländliche Hügellandschaft
mit den hier üblichen Streusiedlungen ist
eindrucksvoll.
38 Südafrika
Viele kleine Leute an vielen kleinen Orten,
die viele kleine Dinge tun,
werden das Antlitzdieser Welt verändern.
S P R I C H W O R T D E R X H O S A
Karge Realität am ersten Tag
Endlich in Bulungula mit seinen typischen
Rundhäusern, den so genannten „Rondavels",
angekommen, sind wir zwar beeindruckt von
der fantastischen Lage, aber ein wenig ernüchtert
von der kargen Realität des Projekts. Waren
unsere Erwartungen zu hoch oder der Alltag
tatsächlich anders als beschrieben?
Tiefe Einblicke am zweiten Tag
Doch schon der zweite Tag ist dann voller tiefer
Eindrücke.
Vormittags begegnen wir Esethu Mkhwenkwe
und den Kindern von Bulungula. Sie, eine sympathische
junge Lehrerin, vermittelt uns die
örtliche Vorschule und deren abgeschiedenländliches
Umfeld so lebendig, dass wir verstehen,
wie wichtig ihre Arbeit und die ihrer
fünf Kolleginnen gerade dort ist.
Danach sehen wir auf einer kleinen Wanderung
durch die Hügellandschaft eine große Zahl von
Einheimischen, die dabei sind, in Teamwork
und sehr kunstfertig eine traditionelle Rundhütte
aus Zweigen und Schilfgras zu bauen. Wie
sich später herausstellt, sind wir zufällig in eine
alte Tradition der Xhosa geraten, des großen
südafrikanischen Volkes, das im Gebiet der
Wildcoast lebt. >
39
fröhliche Kinder im Garten der Schule
Eine Vorschule als Brutstätte?
„Bulungula incubator“, so der Name der Preschool,
heißt übersetzt „Brutstätte Bulungula“. Was das
heißen soll, verstehen wir, als wir erfahren, dass
nur fünf Prozent der Einheimischen einen höheren
Bildungsgrad haben und die Arbeitslosigkeit
bei 42 Prozent liegt. Ziel des Projekts ist es deshalb,
den Kindern von Bulungula eine Chance auf
Bildung und sozialen Aufstieg zu geben. Dafür
mussten zunächst die sehr traditionell eingestellten
Eltern gewonnen werden, sich für die
Bildung ihrer Kinder und für ihre Vorschule zu
engagieren – kein leichtes Unterfangen.
Heute arbeiten viele aktiv dort mit, sei es durch
Kochen oder Mitarbeit beim Gärtnern. Dass das
Thema „gesunde Ernährung“ hier eine große Rolle
spielt, können wir unmittelbar erleben beim Gang
durch die gepflegten Schulgärten, in denen
frisches Gemüse und Kräuter für die Kinder
angebaut werden. >
Wolfgang und die Lehrerin Esethu
40 Südafrika
Eine Dorfgemeinschaft packt an
Von diesem Besuch noch ganz beeindruckt, geraten
wir mittags bei einer kleinen Wanderung
auf offenem Feld mitten in einen Hüttenbau.
Offensichtlich sind alle erwachsenen Bewohner*innen
eines Dorfes zusammengekommen,
um eine Rundhütte in abgelegener Lage am Fluss
zu bauen. Doch wofür? Während die Frauen –
fast alle mit farbig angemalten Gesichtern –
große Mengen von Schilfgras zu Bündeln verknoten,
bauen die Männer aus langen, starken
Ästen das Gerüst der Hütte. Am Ende wird dann
das Gerüst mit den Schilfgrasbündeln vollständig
abgedeckt. Für uns, die wir dabei sein dürfen
– Elke darf sogar beim Bündeln von Schilfgras
mithelfen – ist beeindruckend, wie hier eine
ganze Dorfgemeinschaft einen Tag lang Teamwork
praktiziert. Da keiner der Anwesenden
Englisch spricht, bleibt es uns ein Rätsel, was
hier eigentlich vorgeht. Elke tippt auf ein Hochzeitsritual…
Später erfahren wir dann, dass es bei den Xhosa
Brauch ist, dass ein 18jähriger Junge in dieser
Hütte für ein bis drei Monate von der Gesellschaft
(und insbesondere von den Frauen) isoliert
leben, sich besonders kleiden und sich in
dieser Zeit von einem „Heiler“ begleiten lassen
muss. Danach gilt er dann als Mann – ein Initiationsritual,
Teil einer religiösen Kultur, in der
Hexerei und böse Geister ihren festen Platz
haben.
Ein Xhosa als erster schwarzer Präsident
Interessant übrigens zu wissen, dass der berühmteste
Xhosa, Nelson Mandela, in der „Transkei“
als Sohn einer relativ wohlhabenden Adelsfamilie
aufwuchs und eine naturverbundene
Kindheit hatte. Als erster schwarzer Präsident
betont er später stets, wie wichtig es für die
Identität des neuen Südafrika sei, Tradition und
Moderne miteinander zu verbinden.
41
Die XHOSa-Frauen
von bulungula
4.000 kilometer „Reisen auf Sicht“
27. Juni 2016 | Blogeintrag von DIE CREW
Von Nürnberg ans Kaspische Meer: Nie im Leben
kämen wir auf die Idee, diese Strecke mit dem
Auto zurückzulegen, denn es sind mehr als 4.000
Kilometer. In Südafrika dagegen suchen wir uns
in Kapstadt einen robusten Mietwagen aus –
zum Glück ohne Kilometerbegrenzung – fahren
los, und haben dreieinhalb Wochen später mal
eben 4.000 Kilometer zurückgelegt. Kein
Wunder, sind wir doch vom Kap bis zum Krüger-
Park gefahren. Dies alles ohne große Planung,
getreu unserem Motto, dass wir „auf Sicht
reisen“ wollen.
Was heißt das genau? Nun ja: Wir machen –
anders als das bisher in unser beider Leben war
– keinen großen „Masterplan“, sondern
überlegen uns eigentlich immer nur das nächste
Ziel und eine ganz grobe Richtung. Hier in
Südafrika haben wir nach den vier Wochen
„festem Wohnsitz“ in Kapstadt damit begonnen
und sind im wahrsten Sinne des Wortes gut
damit gefahren.
Treffpunkt Port Elizabeth
Zunächst einmal sind wir von Kapstadt aus
jedoch getrennte Wege gegangen: Ich habe mit
Heike sehr genau durchgetaktet einen Teil der
Gardenroute gemacht – von Kapstadt über
Hermanus nach Knysna und weiter in den Addo
Elephant National Park – während Wolfgang
eher „aufs Geratewohl“ in die Karoo gefahren ist.
Beide Reisen waren sehr schön, wenn auch bewusst
ganz unterschiedlich. Und in Port Elizabeth
haben wir uns dann am Airport getroffen
44 Südafrika
gardenroute
Karoo
ADDO elephant park
und zusammen unsere Freundin Heike zum
Flieger gebracht. Wird wohl leider sehr lange
dauern, bis wir uns wiedersehen...
Stopp an der Ostküste
In Port Elizabeth verbringen Wolfgang und ich
eine Nacht in einem harmlosen, aber netten
Bed and Breakfast und befragen den Inhaber,
wo denn ein guter Stopp auf dem Weg in Richtung
Durban sei. Er rät zur „Coffee Bay“, ein
Name der schon ein paar Mal gefallen ist, und
der Wolfgang als Cappucino-Fan natürlich
besonders anspricht. Doch weil es in einem
„Schlag“ dorthin zu weit ist, verbringen wir eine
Nacht in der Nähe von Chintsa. Über Booking
haben wir uns eine Unterkunft herausgesucht,
die vielversprechend aussieht, in der Realität
aber sehr abgelegen und nicht besonders
freundlich ist. Deshalb fahren wir gleich am
nächsten Morgen ohne Frühstück in den kleinen
Ort Chintsa und wollen dort schnell einen
Kaffee trinken. Neben dem einzigen Cafe im Ort
entdecken wir ein kleines Office, das mit Volunteer-Work
und „sustainable tourism“ wirbt. Ich
gehe rein, stoße auf eine junge deutsche Frau,
die hier als Volunteer arbeitet und uns das
„buccaneers backpackers“ sehr empfiehlt.
So kommt es, dass wir beide nach mehr als
zwanzig Jahren mal wieder in einem Backpackers
absteigen und es uns in diesem außerplanmäßigen
Stopp so gut gefällt, dass wir gleich
vier Nächte bleiben..
Und wieder keine „Coffee Bay“
Als nächstes wollen wir wirklich in die „Coffee
Bay“ fahren, doch einen Tag vorher sehen wir
einen Facebook-Post von Doreen, unserer Gastgeberin
in Kapstadt. Sie hat einen Beitrag einer
jungen Südafrikanerin geteilt, die einen Besuch
in „Bulungula“ empfiehlt. Dieses soziale und
nachhaltige Projekt liegt ganz in der Nähe der
„Coffee Bay“, ist noch viel schwerer zu erreichen,
hört sich aber sehr vielversprechend an. Unser
Auto – ein Two-Wheel-Drive – wird bei der
Anfahrt ganz schön auf die Probe gestellt. Denn
die knapp 70 Kilometer von der Hauptstraße zur
abgeschiedenen „Wild Coast“ sind ungeteerte
Sand- und Staubpisten mit vielen tiefen Schlaglöchern.
Die Fahrt durch wunderbare, aber
abgeschiedene Landschaft dauert dann auch
mehr als drei Stunden, und wir sind sehr froh als
wir endlich dort sind.
mit Heike auf der Gardenroute
47
Drei perfekte Tage in Durban
Nach zwei Nächten ohne Strom, ohne Dusche und
ohne WLAN fahren wir am dritten Tag dann doch
ganz gerne nach Durban, die drittgrößte Stadt
Südafrikas, die direkt am Indischen Ozean liegt.
Es ist eine siebenstündige Fahrt, und wir sind
froh, dass unser kleines Hotel in Durban uns
sofort sympathisch ist. Wir finden „The Concierge“
ziemlich cool und bleiben drei statt zwei
Nächte. Fast hätten wir noch eine Nacht drangehängt.
Denn die Vorzüge einer Stadt – vom
netten Sonntagsmarkt bis zum Museum der
„Kwazulu Natal Society of Arts“, in dem es zeitgenössische
südafrikanische Kunst zu sehen und
ein Klavier für die besondere Aktion zu finden
gibt – überzeugen uns doch sehr. >
im Museum nutzt Wolfgang das Klavier | bei der
Morning Trade am Sonntag kaufen wir ein | im
„The Concierge" übernachten wir >
48 Südafrika
„the concierge"in durban
unser Tipp
Kayaking in St. Lucia
Unser nächstes Ziel ist St. Lucia im Isimangaliso-
Wetland-Park, das nur zweieinhalb Autostunden
nördlich von Durban liegt. Im „Lonely Planet“
haben wir eine Unterkunft mit festen Safari-
Zelten entdeckt – und wir lernen den für uns
neuen Begriff des „Glamping“ kennen, also Camping
mit einem gewissen Glamourfaktor – will
heißen Komfort. Tatsächlich sind die großen
Zelte auf einer Holzterrasse sehr schön. Unser
Zelt hat ein Doppelbett mit dem hier wichtigen
Moskitonetz, ein eigenes Bad – und draußen in
der Gemeinschaftsfläche ist eine bestens ausgestattete
Küche, in der wir abends mal wieder
selbst unsere Pasta kochen können. Weiterer
Pluspunkt: Es gibt einen Fernseher, so dass wir
hier das – leider eher langweilige – Fußballspiel
der deutschen gegen die polnische Nationalmannschaft
sehen können.
Highlight am nächsten Morgen ist dann aber
eine dreistündige Kayakfahrt auf dem Fluss, bei
der wir Hippos und Krokodilen (!) ziemlich nahe
kommen.
Enttäuschende „Cosy Bay“
Nach drei Nächten fahren wir wieder weiter und
folgen erneut einem Tipp, der sich aus einem
Gespräch ergeben hat. Unser Ziel ist die „Cosy
Bay“ ganz im Norden Südafrikas und direkt an
der Grenze zu Mosambik gelegen. Wir fahren
und fahren und fahren und erwarten ein wundervolles
Naturparadies. Am Ende kommen wir
jedoch in einer Gegend an, die uns nicht wirklich
gefällt. Wir finden keine schöne Unterkunft und
übernachten in einer abgelegenen Lodge, die
ihre besten Tage schon weit hinter sich gelassen
hat.
Das Naturparadies ist wohl eher für Angler gedacht,
was viele Südafrikaner*innen ganz offenkundig
sind, und für große Familien, die abends
vor der Holzhütte den tagsüber geangelten Fisch
grillen wollen.
unsere erste gemeinsame Kayakfahrt
50 Südafrika
„Flucht“ nach Nelspruit
Unser Ding ist das alles nicht, so dass wir am
nächsten Morgen eher fluchtartig das Gelände
verlassen und uns für zehn Stunden on the road
begeben. Da das Gebiet so abseits liegt, dauert es
schon allein drei Stunden, bis wir wieder auf der
Nationalstraße N2 sind, die dann wegen der
Grenze zu Swasiland ziemlich weite Windungen
macht. Unser Ziel ist der kleine Ort Barberton,
denn der „Lonely Planet“ spricht von einer
„friendly, walkable little town with quiet leafy
streets“ und „beautifully preserved historical
buildings“. Zum Glück haben wir – nach der
Erfahrung der letzten Nacht – vorab kein Quartier
übers Internet gebucht. Denn Barberton, das
wir am Nachmittag erreichen, ist ein echtes Nest
mit lieblos heruntergekommenen statt „beautifully
preserved“ alten Häusern. Wie sich die
Wahrnehmungen doch unterscheiden können…
Gleichwohl befragen wir wieder unseren Reiseführer
und entdecken in der nächst größeren
Stadt Nelspruit ein gut besprochenes kleines
Guesthouse. Dort rufen wir an und haben Glück.
Eine Stunde später checken wir im „Utopia of
Africa“ ein – und aus der geplanten einen Nacht
werden ganz schnell drei. Wir fühlen uns hier
sehr wohl, denn die Besitzerin ist sehr herzlich,
das Zimmer groß und schön – und ein paar Tage
Ruhe an einem festen Ort tun uns ganz gut. Hier
können wir mal wieder in Ruhe ein Buch lesen,
Postkarten schreiben, Blogbeiträge verfassen,
die Reisetasche auspacken, Wäsche waschen, ein
Bad nehmen (!), Joggen gehen – all das eben,
was auf einer Reise dafür sorgt, dass man sich
wohl und zuhause fühlt.
Doch noch zum Krüger-Nationalpark
Ungeplant sind wir in Nelspruit nun doch noch
ganz in der Nähe des Krüger-Nationalparks
angekommen. Da wir in Namibia und Botswana
schon viele Nationalparks besucht und etliche
Pirschfahrten, die hier „Game Drive“ heißen,
gemacht haben, wollten wir eigentlich gar nicht
mehr in diesen größten Nationalpark Südafrikas
gehen. Doch nun hat uns unsere „Wir-reisen-auf-
Sicht“-Route ganz in die Nähe geführt – und wir
haben noch knapp eine Woche Zeit, bis wir
unseren Mietwagen in Johannesburg zurückgeben
müssen.
Wir machen uns also doch auf den Weg zum
großen Park, übernachten auf dem Weg dorthin
noch einmal in Graskop, wo wir am nächsten Tag
den beeindruckenden Blyde River Canyon besuchen
und endlich mal eine dreistündige Wanderung
machen. Denn in den letzten Tagen bestand
unsere Reise schon sehr aus „eat, sleep,
drive“.
Und irgendwann kommen wir dann wirklich im
Krüger-Nationalpark an – und werden mit vier
von den „Big Five“ belohnt: Elefanten, Löwen,
Büffel und am Ende auch noch zwei „Rhinos“.
Nur den scheuen Leoparden haben wir noch
nicht gesehen.
51
im Blyde river canyon
im krüger-nationalpark
Erste Notizen aus Antananarivo
1. Juli 2016 | Blogeintrag von ELKE
„Same same Hollywood“, das sagt der Taxifahrer,
der uns vom Flughafen der madagassischen
Hauptstadt Antananarivo in unser Hotel fährt,
gleich ein paar Mal. Doch wir brauchen eine
ganze Weile bis wir verstehen, dass er
den großen Antananarivo-Schriftzug am Hügel
meint, der dem berühmten Vorbild in Hollywood
nachempfunden ist. Stolz ist er darauf und sagt,
wie gerne er hier lebt – schiebt aber auch nach,
dass es kein einfaches Leben ist.
Diesen Eindruck haben auch wir. Schon in der
knappen halben Stunde, die wir Taxi fahren,
sehen wir unglaublich viel Chaos und Armut:
Alte Autos kurz vor dem Zusammenbruch verstopfen
die Straßen und verpesten mit schwarzen
Abgaswolken die Luft. An der Straße sitzen
Frauen mit Kindern und betteln. Dahinter sind
Marktstände mit spärlichem Angebot. Und rechts
und links der Straße sehen wir etliche Siedlungen
mit verfallenen Häusern, in denen dennoch
Menschen leben.
Übrigens liegt Antananarivo auf knapp 1.500
Metern, so dass es derzeit hier nachts empfindlich
kalt ist und ein Dach über dem Kopf
besonders wichtig wäre.
54 madagaskar
Bittere Armut
Madagaskar ist eines der ärmsten Länder der Welt – und
das Lied „Wir lagen vor Madagaskar und hatten die Pest an
Bord“ ist auch heute noch aktuell. Die Pest (!) breitet sich
aktuell wieder in einigen Regionen des Landes aus. Kein
leichtes Leben in diesem Land, und kein leichtes Land für
eine Reise, wenn man nicht nur an die Traumstrände fährt,
die es hier natürlich auch gibt.
Ganz bewusst verbringen wir deshalb die ersten Tage in der
Hauptstadt und wollen uns einen ersten ehrlichen Eindruck
verschaffen. Sofern das Reisenden überhaupt möglich ist,
denn natürlich wohnen wir hier in einem schönen Hotel
und haben heute bei unserer Erkundung der Stadt auch
einige wenige Oasen der Ruhe und Erholung gefunden und
genutzt. Das Café im Bahnhof und die kleinen Läden dort,
die es für Tourist*innen und die natürlich auch hier existierende
wohlhabende Mittelschicht gibt. Schön sind sie,
diese Orte, und wir genießen sie – und gleichzeitig
wollen wir nicht die Augen verschließen vor der Armut um
uns herum. Ein Spagat, den wir noch lernen müssen.
madagaskar
55
Bitterschönes Madagaskar
14. Juli 2016 | Blogeintrag von WOLFGANG
Wir sehen faszinierende Landschaften und
treffen freundliche, hilfsbereite Menschen. Wir
sehen aber auch Kinder, die als Lastträger*innen
Ziegelsteine auf dem Kopf balancieren. Und wir
sehen Menschen, die zahlreiche, mit Wasser
gefüllte Kanister mit primitiven Karren mühsam
bergan schieben zum noch weit entfernten Dorf.
Schon vor Madagaskar beschäftigt uns die Frage:
Wie wird es uns wohl gehen bei der Reise durch
ein Land, das zu den ärmsten der Welt gehört?
Wie mit all den Widersprüchen umgehen, die
solch eine Reise mit sich bringt? Einerseits
wunderschöne Landschaften, eine freundlich
wirkende Bevölkerung und (fast) jeden Tag neue,
intensive Erlebnisse mit Mensch und
Natur. Andererseits der Eindruck bitterer
Armut oder deren Folgen: Bettelei, Kinderarbeit,
Menschen – vor allem Frauen – als Träger
schwerster Lasten, Dörfer und Städte voller
heruntergekommener Gebäude und Straßen,
Müll, Staub und Dieselruß. Oder sitzen wir
vielleicht nur unserer „westlichen Sichtweise“
auf, wie ein wohlmeinender Freund anmerkte,
nachdem er Elkes Text über unsere ersten
Eindrücke von Antananarivo gelesen hatte?
Sind wir nur zu voreingenommen oder überempfindlich
gegenüber anderen Kulturen und
deren Sitten und Gebräuchen?
Auf der Route National 7
Während der letzten zehn Tage unserer Reise
quer durch die Mitte und den Süden Madagaskars
haben wir diese Widersprüche sehr inten-
56 madagaskar
entlang der Route National 7
Markttag und schule auf dem Land
siv erlebt. So war schon die etwa 1.000 km Fahrt
ein kleines Abenteuer: Eine Nationalstraße (die
berühmte RN7), die immer wieder von kraterförmigen,
tiefen Schlaglöchern unterbrochen
wird und ebenso unvermittelt in eine ruppige
Sand- oder Lehmpiste übergeht. Was waren wir
froh, dass wir mit Eddy einen zuverlässigen,
ortskundigen Fahrer hatten, der all dies mit
stoischer Ruhe bewältigte – für ihn schließlich
ganz normaler Alltag. Aber auch Eddy konnte es
sich nicht verkneifen, sich über Regierende
aus-zulassen, die vor jeder Wahl tolle neue
Highways versprechen, es dann aber nicht
einmal schaffen, die alten zumindest notdürftig
zu reparieren.Hier kommt China ins
Spiel, das in bestimmten Landesteilen etliche
neue, bessere Straßen baut – nämlich dort, wo
Güter und Bodenschätze an die Küste transportiert
werden müssen. Dieses Muster gibt es
schon in anderen Teilen Afrikas, und wir haben
den Eindruck, dass China eine zunehmend
dominante Rolle spielt, wenn es um den Ausund
Aufbau von Infrastrukturen geht. Sicher
nicht zum Nachteil des Reichs der Mitte mit
seinem enormen Bedarf an Rohstoffen…
Ein Markttag im Hochland
Von Antsirabe, einer im zentralen Hochland auf
1.700 m gelegenen, in dieser Jahreszeit durchaus
kühlen Stadt, machen wir uns mit unserer lokalen
Führerin Hanita auf, um einen Markttag in
einer nahegelegenen Kleinstadt zu erleben und
danach durch die schönen Reisterrassen zu wandern,
für die die Region berühmt ist. Da Reis das
Grundnahrungsmittel Nr. 1 ist, prägt der Reisanbau
das Bild des Landes, das uns ohnehin sehr
asiatisch vorkommt, obwohl es dem afrikanischen
Kontinent nur 400 km vorgelagert ist. Am
Markt spielt sich fast alles am lehmigen Boden
ab. Wir sehen große, zu Pyramiden aufgeschichtete
Mengen von Rüben aller Art, Kartoffeln und
Pastinaken, zusammengeschnürte Hühner mit
einem Hahn obendrauf, Schmiede bei der Herstellung
von kleinen Spaten und Sicheln. Und
wir sehen, wo all die Altkleider aus Europa letztlich
landen und verkauft werden. Auf unseren
Wunsch hin können wir spontan zwei Schulen
kurz besuchen: eine private Vorschule, der eine
resolute Rektorin (und Eigentümerin der Schule)
vorsteht und eine öffentliche Secondary
School, die, im Gegensatz zur privaten, in sehr
59
heruntergekommen Räumen haust und deren
Lehrkäfte nicht sonderlich motiviert wirken.
Lehrer*innen sind hier sehr schlecht bezahlt, und
man kann schon froh sein, wenn sie überhaupt
zum Unterricht erscheinen.
Lemurensuche auf schlammigen Pfaden
An der ganzjährig feuchten Ostküste dann ein
fantastisches Regenwald-Erlebnis! Mit Elysee,
unserem Führer vom dort lebenden Stamm,
unternehmen wir eine Tour durch den Ranomafana-Nationalpark
auf der Suche nach sehr seltenen
Goldenen Bambuslemuren, steigen kreuz
und quer durch dichten, steilen Regenwald –
sehen aber lediglich ein paar wenige Exemplare
der dort lebenden zwölf Lemurenarten. Elysee
meint, dass es am starken Regen liege, denn es
schüttet fast den ganzen Tag, und nach kurzer
Zeit sind wir klitschnass, unsere Schuhe verschlammt,
und hin und wieder pflücken wir
Blutegel von unserer Kleidung. Einer schafft es
dann doch noch bis zu meiner Haut…
Ein Stück Arizona in Madagaskar
Anderntags – zurück im zentralen Hochland –
wird es rasch trockener und deutlich wärmer.
Erneut lassen wir uns von Einheimischen führen
und sind von der bergigen Landschaft und den
zyklopenhaften Granitfelsformationen begeistert.
Noch intensiver wird das Naturerlebnis am
nächsten Tag, als wir im Isalo-Nationalpark erst
bizarr geformte, in allen Rottönen leuchtende
Sandsteingebirge sehen, die stark an „Marlboro-
Landschaften" in Arizona erinnern, und dann in
tiefe Canyons absteigen mit paradiesisch anmutenden
Wasserfällen und natürlichen Pools.
Von der Schönheit dieser Landschaft tief beeindruckt,
macht es uns kaum etwas aus, dass das
Schlafquartier deutlich jenseits unserer Komfortgrenzen
liegt…
Im wilden Süden
Danach heißt es: Auf in den wilden Süden! Je
weiter wir dorthin vordringen, um so nervöser
wird unser Fahrer Eddy. Er erzählt uns, er habe
gerade erfahren, dass der dortige Stamm Rache
geschworen habe für einen toten Jungen in der
Hauptstadt. Rache an einem Merina – also an
seinem Stamm. Letztlich passiert zwar nichts,
aber Eddy ist froh, als er sich nach Ankunft in
unserem Zielort Ifathy rasch wieder auf den
Rückweg machen kann. Nach wie vor spielt die
Stammeszugehörigkeit eine zentrale Rolle im
Leben der Madegassen. Zwölf anerkannte
Stämme gibt es, und jeder hat seine eigenen
Riten, Tabus und Gebräuche. Laut offizieller
Statistik sind ca. 60 Prozent der Madegassen tief
im Ahnenkult verwurzelt, der Rest christlich
oder muslimisch – vermutlich sind es aber viel
mehr, die animistischem Glauben anhängen. Ein
überall verbreitetes Ritual ist auch für die –
mittlerweile endemische – Pest auf Madagaskar
verantwortlich: Das Ausgraben einer Leiche
nach einem Jahr, um die Knochen zu säubern
und in ein neues Grab umzubetten. So bleibe
man den Ahnen gewogen, die eine wichtige
Brücke ins Jenseits darstellen.
Als ich vorsichtig versuche, mit Coco, einem
unserer Führer – ein junger Mann, der gut
Englisch spricht und gebildet wirkt – darüber
ins Gespräch zu kommen, macht er mir freundlich
klar, dass auch er sich mit dieser Tradition
voll identifiziert. Von der Pest will er nichts
wissen. So bleibt der zwiespältige Eindruck, ein
Land zu bereisen, das uns zugleich sympathisch
nah kommt und doch sehr fern ist.
60
Im Isalo-Nationalpark
tropischer Regen in Ranomafana
im UNESCO-Weltnaturerbe-Nationalpark Ranomafana kommen wir in den
tropischen Regen, machen eine kurze Wanderung und sehen ein paar scheue Lemuren.
sonnige Tage am strand von ifaty
im Fischerdorf ifaty an der Westküste Madagaskasr entspannen wir ein paar tage.
einmal segeln wir, ansonsten freuen wir uns über das nette kleine hotel.
Stopover auf Mauritius
tiefblaues Meer
Kitesurfen im Indischen Ozean, Entspannen
im Luxushotel, Heiraten am Traumstrand –
das sind die drei wichtigsten Gründe, um in
Mauritius Urlaub zu machen. Für uns ist diese
Trauminsel im Indischen Ozean allerdings
aus einem anderen Grund eine Reise wert: Sie
ist ein perfektes Stopover-Ziel auf dem Weg
von Afrika nach Asien.
24. Juli 2016 | Blogeintrag von ELKE
Geografisch gehört Mauritius zu Afrika – der Inselstaat im
Südwesten des Indischen Ozeans liegt knapp 900 Kilometer
östlich von Madagaskar, der letzten Etappe unserer
bisherigen Reise. Kulturell geprägt wurde Mauritius jedoch
nicht von Afrika, sondern von Indien, denn knapp zwei Drittel
der Bevölkerung sind so genannte Indomauritier*innen,
stammen also vom indischen Subkontinent.
grüne Landschaft
Zwischen Afrika und Asien
Für uns ist Mauritius deshalb die perfekte Einstimmung auf
unser nächstes Reiseland: Indien. Mitte nächster Woche
fliegen wir nach Delhi und sind schon sehr gespannt, was uns
dort erwartet. Einen Vorgeschmack auf indische Kultur haben
wir gestern schon in der größten hinduistischen Pilgerstätte
außerhalb Indiens bekommen. Gleich um die Ecke unserer
Ferienwohnung, die im touristisch weniger erschlossenen
Süden von Mauritius liegt, biegt eine Straße ab, die durch
Zuckerrohrplantagen und tropischen Regenwald führt. Hier
kann man zunächst eine Rumfabrik besichtigen, dann einen
imposanten Wasserfall und die „siebenfarbige Erde" im klei-
64 Mauritius
mystischer Berg: der über 500 Meter hohe Le Morne
nen Ort Chamarel, und schließlich kommt man
zum Kratersee Grand Bassin, der heiligen Stätte
der Hindus. Der Legende nach ist der Kratersee
direkt mit dem Ganges, dem heiligen Fluss in
Indien, verbunden. Und auf die Besonderheit
dieses Ortes weist eine 33 Meter (!) hohe Shiva-
Figur hin. Reisende wie wir sind an diesem Ort
gern gesehen und bekommen für eine kleine
Spende an die Götter den Segen der selbigen für
die weitere Reise.
Ein Tag am Meer
Den Indischen Ozean genießen natürlich auch
wir. Heute zum Beispiel bei einem Picknick am
Strand mit Blick auf weißen Sand, blaugrünes
Meer und mit tropischen Pflanzen dicht bewachsene
Felsenberge im Hintergrund. Einen
davon, den über 500 Meter hohen Le Morne,
werden wir morgen besteigen – sofern es das
Wetter zulässt, denn die Ausläufer eines Zyklons
sorgen auch hier immer wieder für Regen. Schon
am Abend unserer Ankunft wurden wir mit
kräftigen Regengüsse und heftigem Wind begrüßt.
Nach drei sehr trockenen Monaten im
südlichen Afrika war das ein echter Genuss. Wer
hätte das gedacht?
hohes Zuckerrohr
mauritius
Am Ende wird alles
gut. Wenn es nicht
gut wird, ist es noch
nicht das Ende.
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