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Raum für Heilung

Mit dieser Arbeit möchte ich die Möglichkeit geben das eigene Befinden zu ergründen oder zu beobachten, und das ganz ohne Bewertung. In verschiedensten Situationen empfinden wir auf verschiedenste Weise und das ist in Ordnung. Vielleicht reagieren wir auf ein Geräusch, ein Kunstwerk, ein Essen oder einen Satz zu unterschiedlichen Zeitpunkten geradezu gegensätzlich. Mal bewegt es uns, mal amüsiert es uns, dann verängstigt es uns und mal lässt es uns kalt. Und bestimmt gibt es immer Gründe für unsere, teils unterbewusste, Reaktion. Hier sollen Räume geschaffen werden die Gefühle auslösen und Räume die die Gefühle akzeptieren. Einen ersten Schritt zur Heilung des Selbst, der uns allen in der aktuellen Situation nicht fehlen sollte, könnte eben diese Akzeptanz darstellen. Dadurch, dass wir Objekte, Problem, Situationen oder Umstände bewusst wahrnehmen, können wir Akzeptanz erlernen. Noch immer gibt es vorherrschende Stigmata die das Leben von Betroffenen und Angehörigen erschweren. Zum Beispiel wird das Bewusstsein über die Alltäglichkeit psychischer Störungen in unserer Gesellschaft stark vernachlässigt. In meiner „Ausstellung“ setze ich mich also unteranderem mit den Folgen psychischer Störrungen auseinander. In meinen Augen kann nur ein offener Umgang mit Problemen und deren Folgen das Bewusstsein und damit die Heilung fördern. Bewusstheit kann allerdings nicht nur durch Probleme oder scheinbare Andersartigkeit ergründet werden. Wir können auch eine innere Ruhe beobachten wenn wir uns zum Beispiel wunderschöne oder interessante Details bewusst machen.

Mit dieser Arbeit möchte ich die Möglichkeit geben das eigene Befinden zu ergründen oder zu beobachten, und das ganz ohne Bewertung. In verschiedensten Situationen empfinden wir auf verschiedenste Weise und das ist in Ordnung. Vielleicht reagieren wir auf ein Geräusch, ein Kunstwerk, ein Essen oder einen Satz zu unterschiedlichen Zeitpunkten geradezu gegensätzlich. Mal bewegt es uns, mal amüsiert es uns, dann verängstigt es uns und mal lässt es uns kalt. Und bestimmt gibt es immer Gründe für unsere, teils unterbewusste, Reaktion. Hier sollen Räume geschaffen werden die Gefühle auslösen und Räume die die Gefühle akzeptieren. Einen ersten Schritt zur Heilung des Selbst, der uns allen in der aktuellen Situation nicht fehlen sollte, könnte eben diese Akzeptanz darstellen. Dadurch, dass wir Objekte, Problem, Situationen oder Umstände bewusst wahrnehmen, können wir Akzeptanz erlernen. Noch immer gibt es vorherrschende Stigmata die das Leben von Betroffenen und Angehörigen erschweren. Zum Beispiel wird das Bewusstsein über die Alltäglichkeit psychischer Störungen in unserer Gesellschaft stark vernachlässigt. In meiner „Ausstellung“ setze ich mich also unteranderem mit den Folgen psychischer Störrungen auseinander. In meinen Augen kann nur ein offener Umgang mit Problemen und deren Folgen das Bewusstsein und damit die Heilung fördern. Bewusstheit kann allerdings nicht nur durch Probleme oder scheinbare Andersartigkeit ergründet werden. Wir können auch eine innere Ruhe beobachten wenn wir uns zum Beispiel wunderschöne oder interessante Details bewusst machen.

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Raum für

Heilung

von Tomke Malin Niehaus


1


2

Es kamen ein paar Suchende zu einem alten Zenmeister.

"Herr", fragten sie "was tust du, um glücklich und zufrieden zu sein? Wir wären auch gerne so

glücklich wie du."

Der Alte antwortete mit mildem Lächeln: "Wenn ich liege, dann liege ich. Wenn ich aufstehe,

dann stehe ich auf. Wenn ich gehe, dann gehe ich und wenn ich esse, dann esse ich."

Die Fragenden schauten etwas betreten in die Runde. Einer platzte heraus: "Bitte, treibe keinen

Spott mit uns. Was du sagst, tun wir auch. Wir schlafen, essen und gehen. Aber wir sind nicht

glücklich. Was ist also dein Geheimnis?"

Es kam die gleiche Antwort: "Wenn ich liege, dann liege ich. Wenn ich aufstehe, dann stehe ich

auf. Wenn ich gehe, dann gehe ist und wenn ich esse, dann esse ich."

Die Unruhe und den Unmut der Suchenden spürend, fügte der Meister nach einer Weile hinzu:

"Sicher liegt auch Ihr und Ihr geht auch und Ihr esst. Aber während Ihr liegt, denkt Ihr schon ans

Aufstehen. Während Ihr aufsteht, überlegt Ihr wohin Ihr geht und während Ihr geht, fragt Ihr

Euch, was Ihr essen werdet. So sind Eure Gedanken ständig woanders und nicht da, wo Ihr gerade

seid. In dem Schnittpunkt zwischen Vergangenheit und Zukunft findet das eigentliche Leben statt.

Lasst Euch auf diesen nicht messbaren Augenblick ganz ein und Ihr habt die Chance, wirklich

glücklich und zufrieden zu sein."

Buddhistische Geschichte


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4

Raum für Heilung

AM2 Prüfung

von Tomke Malin Niehaus

WiSe20/21

Matr.nr.: 7351616

e-mail: tniehau1@smail.uni-koeln.de


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Deckblatt:

Skulptur 1, ca. 18x15x29cm, 2021, Gliederhand aus Holz, Modelliermasse, Porzellantasse, Gouache

Abgabedatum: 07.04.2021

Seminar: Portfolio AM 2.3

Nummer: 14679.005

Wintersemester 2020/21

Prüferin: Ingrid Roscheck

Prüfling: Tomke Malin Niehaus

Matr.nr.: 7351616

besuchte Seminare:

Tafeln, essen, hungern – Kunst und Nahrung bei Sabine Schwarz und Heidi Helmhold

Wissensformationen des Südens. Oder: Das Museum als Ort der Heilung bei Aurora Rodonò

Portfolio AM 2.3 bei Ingrid Roscheck


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Inhalt

Einführung .............................................................................................................................................................................. 8

Werkkatalog ............................................................................................................................................................................ 9

Der Prüfungsraum ................................................................................................................................................................. 27

Headspace oder eine Prüfung im Kopf .................................................................................................................................. 28

Grundriss eines Gedankenpalasts ..................................................................................................................................... 28

Raum 1. Alltägliche Störung ............................................................................................................................................ 30

Raum 2. Warme Worte oder sensing words...................................................................................................................... 32

Raum 3. The sensual Art of eating and feeling ................................................................................................................ 33

Raum 4. Heilungsmenü..................................................................................................................................................... 36

Kontexte ............................................................................................................................................................................... 38

Die Seminare vorgestellt ................................................................................................................................................... 38

Künstler*innen Positionen ............................................................................................................................................... 40

Reflektion ......................................................................................................................................................................... 56


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8

Einführung

Momentan ist unser Leben stark von der eigenen Verantwortung geprägt. Wir tragen

jedoch nicht nur die übliche Verantwortung über Termine, Fristen und den gewohnten

Alltag. Mit der Pandemie ist auch die Verantwortung gegenüber uns selbst gestiegen.

Mit der Einschränkung von Möglichkeiten der Begegnung sinkt die Häufigkeit des

zufälligen Austauschs. Wir reden beispielsweise weniger über Wissen, Tratsch oder

Befinden mit Bekannten aus der Universität oder dem Arbeitsumfeld. Der verbliebene

Austausch läuft meist digital, wobei wir uns verstellen und verstecken können oder

Problem nicht so leicht wahrnehmen. Auch tragen wir selbst wieder die Verantwortung

darüber wie umfangreich unser digitaler Austausch ausfällt. Was ist die bekannte

Antwort auf die Frage „Wie geht es dir?“ „Gut, und dir!“ Es macht kaum einen

Unterschied ob mit Ausrufezeichen oder Fragezeichen gesprochen wird. In Zeiten von

social distancing kann auch die Distanz zu dem eigenen Befinden steigen.

Wie geht es uns wirklich? Wir geht es dir gerade in diesem Moment?

Mit dieser Arbeit möchte ich die Möglichkeit geben das eigene Befinden zu ergründen

oder zu beobachten, und das ganz ohne Bewertung. In verschiedensten Situationen

empfinden wir auf verschiedenste Weise und das ist in Ordnung. Vielleicht reagieren

wir auf ein Geräusch, ein Kunstwerk, ein Essen oder einen Satz zu unterschiedlichen

Zeitpunkten geradezu gegensätzlich. Mal bewegt es uns, mal amüsiert es uns, dann

verängstigt es uns und mal lässt es uns kalt. Und bestimmt gibt es immer Gründe für

unsere, teils unterbewusste, Reaktion. Hier sollen Räume geschaffen werden die

Gefühle auslösen und Räume die die Gefühle akzeptieren. Einen ersten Schritt zur

Heilung des Selbst, der uns allen in der aktuellen Situation nicht fehlen sollte, könnte

eben diese Akzeptanz darstellen. Dadurch, dass wir Objekte, Problem, Situationen

oder Umstände bewusst wahrnehmen, können wir Akzeptanz erlernen. Noch immer

gibt es vorherrschende Stigmata die das Leben von Betroffenen und Angehörigen

erschweren. Zum Beispiel wird das Bewusstsein über die Alltäglichkeit psychischer

Störungen in unserer Gesellschaft stark vernachlässigt. In meiner „Ausstellung“ setze

ich mich also unteranderem mit den Folgen psychischer Störrungen auseinander. In

meinen Augen kann nur ein offener Umgang mit Problemen und deren Folgen das

Bewusstsein und damit die Heilung fördern. Bewusstheit kann allerdings nicht nur

durch Probleme oder scheinbare Andersartigkeit ergründet werden. Wir können auch

eine innere Ruhe beobachten wenn wir uns zum Beispiel wunderschöne oder

interessante Details bewusst machen.


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Werkkatalog

Dieser Werkkatalog umfasst alle Arbeiten die für meine AM2 Prüfung entstanden sind.

Ohne den Bezug zu anderen Werken werden sie hier kurz beschrieben und

eingeordnet.

Skulptur 1

ca. 18x15x29cm, 2021, Gliederhand aus Holz, Modelliermasse, Porzellantasse, Gouache

Von der Rückseite oder bloß flüchtig betrachtet scheint dies eine „normale“ Hand zu sein, die eine

Kaffeetasse hält. Der Hämatome des Unterarms ungeachtet verkörpert sie eine alltägliche und

weitverbreitete Gewohnheit. Kaffee begleitet uns am Morgen, bei der Arbeit, in der Uni und mit

Freunden und Familie bei „Kaffee und Kuchen“. In den verschiedensten sozialen Konstellationen

können wir Menschen beim Kaffeetrinken sehen. Oft schauen wir bei solchen alltäglichen Situationen

nicht genau hin und nehmen sie nicht bewusst war. Details entziehen sich unserer Aufmerksamkeit.


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Die Detailaufnahme oder fokussierte Sicht hebt die Hämatome hervor. Zwei deutlich erkennbare

„Blaue Flecken“ befinden sich an dem Handgelenk.

Als Skulptur gehört dieses Werk zu einer Gruppe von Medien der Kunst die seit der Moderne in dem

Klassischen Kunstverständnis verankert sind. 1 So wie sich die Materiealien und die Vorstellung von

Kunst stetig erweitert haben vergrößert sich auch das Spektrum der gezeigten Inhalte.

1 Vgl.: Sachsse, R. (1928/29): Moderner Alltag im neuen Sehen: László Moholy-Nagy, „Baumschneiden im

Frühjahr“. Zur bedeutung der Fotografie bei der Konstitution moderner Kunst. In: Kanon Kunstgeschichte 3.

Moderne. Kristin Marek, Martin Schulz (Hg.). 1. Aufl. 2015. Paderborn: Wilhelm Fink, S.311


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Gemälde 1

50x75cm, 2021, Gouache auf Pappe

Auch das Gemälde zählt als eines der bekanntesten Vertreter der Medien die von uns als Kunst

definiert werden. Die Malerei spiegelt verschiedenste Epochen wieder und konnte sich so als Mittel

des Ausdrucks stetig erweitern. In vielen Köpfen ist das Gemälde allerdings eventuell noch stark mit

der Vorstellung eines „veralteten“ Mediums verbunden. Dazu stünde der abgebildete Inhalt des

Werkes im direkten Kontrast. Mit diesem, der Kunst vertrauten, Medium wird eine Thematik

angesprochen die der offenen Kommunikation unvertraut ist. Obwohl Selbstverletzung einen

weitverbreiteten Umgang mit diversen Problemen und die zweithäufigste Todesursache von

Jugendlichen darstellt 2 , während sie eine gefährliche Chance des Empfindens von subjektivem

Kontrollgewinn suggeriert, ist das Thema in unserer Gesellschaft nicht besonders präsent. Das Werk

zeigt oder präsentiert die Narben. Obwohl die Hand die Hose direkt über den Narben anhebt und der

2 : Ellsäßer G. (2017) Unfälle, Gewalt, Selbstverletzung bei Kindern und Jugendlichen. 2017. Ergebnisse der amtlichen Statistik zum

Verletzungsgeschehen 2014. Fachbericht. Statistisches Bundesamt. S. 7, online abgerufen unter: Gesundheitszustand in Deutschland

- Statistisches Bundesamt (destatis.de) am 30.03.2021


12

Faltenwurf der Hose darauf schließen lässt, dass sie weit oben sitzt und damit wenig verdeckt, muss

es sich nicht um eine absichtliche Präsentation durch die abgebildete Person handeln und die Narben

müssen nicht direkt auffallen.

Auch in der Detailaufnahme stechen die Narben nicht besonders hervor. Fast passen sie sich an die

Färbung des Hosensaums an und gehen in die unversehrte Haut über. Bei dieser Arbeit geht es nicht

um einen Schock-Effekt oder das „Wachrütteln“ einer Gesellschaft. Viel eher wird gezeigt dass

Narben als Folge von Selbstverletzung zu unserem Alltag hinzugehören, wie das Gemälde zu den

Medien der Kunst. Die gemalten Narben existieren in der Realität egal ob sie versteckt, gezeigt,

thematisiert oder ignoriert werden.


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Fotografie 1

50x75cm, 2021, Fotografie

Zugestaubt, nicht im Fokus und versteckt in der obersten Reihe eines Regals lagen diese Pillen bis

vor Kurzem hinter leeren Shortbread-Dosen. Die Fotografie dient als Medium der Kunst und begleitet

die tägliche Informationsverarbeitung von Artikeln und Beiträgen verschiedenster Medien. Während

psychische Störungen noch immer in der Gesellschaft darum kämpfen müssen als Krankheit

wahrgenommen zu werden können Medikamente Betroffenen und Angehörigen Kraft oder Hoffnung

auf Heilung oder Besserung geben. Diverse Gründe wie fehlende Krankheitseinsicht, Angst vor

Auswirkungen der Medikamente oder Angst vor Verurteilung der Krankheit durch andere können

Betroffene davon abhalten die ihnen verschriebenen Tabletten zu schlucken.


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Konzept 1

2021, Konzept-Beschreibung eines Ausstellungsstücks

Objekte:

Ein Kaugummiautomat.

Eine deutlich einsehbare Bezeichnung mit dem Text: Lithium Automat

Anweisung:

Der Text wird mit dem Automaten auf unbestimmte aber konkrete Weise verbunden. Das

Objekt wird als Kunstwerk erkennbar ausgestellt.

Die Konzeptkunst steht für Kunstdistanzierte Betrachtende

eventuell im Gegensatz zu der Vertrautheit der bekannten

Medien Fotografie, Gemälde oder Skulptur. Dieses Konzept lässt

viel Spielraum für eine tatsächliche Umsetzung. Außerdem setzt

es Hintergrundwissen oder Erklärungen oder Bezüge für das

gewünschte Verständnis voraus. Lithium wird in der Behandlung

verschiedener psychischen Störungen verwendet. Die

Kombination der Bezeichnung und des Kaugummiautomaten ist

vielseitig interpretierbar und kann kritisch, humorvoll oder

beurteilend gelesen werden. Die Bedeutung des ausgestellten

Werks kann außerdem je nach Komposition und Bezug zu

anderen Werken variieren. Außerdem spielt die betrachtende

Person eine entscheidende Rolle in der Interpretation und

Auswirkung des Werkes. So kann der Kaugummiautomat die

eigene Vergangenheit und persönliche eventuelle kindliche

Bezüge beleuchten oder antiquiert und fremd wirken. Für

unterschiedliche Betrachtende könnte er geschmacklos wirken

oder als Freudenspender interpretiert werden.

Beispiel Skizze:


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Raum für Heilung

2021, Konzept eines Ausstellungsraums

Objekte:

Objekte zur Verdunkelung des Ausstellungsraums

Lautsprecher und Abspieler

Audio-Aufnahmen verschiedener Menschen die über Schönheit oder Hoffnung im Alltag

sprechen

Anweisung:

Ein Raum mit dunklem Boden und dunklen Wänden. Es gibt mindestens genügend Licht um

sich zu Recht zu finden. Es soll ein angenehmes Gefühl der Dunkelheit erzeugt werden, keine

Angst oder Unwohlsein. Über Lautsprecher sind eingesprochene Audio-Aufnahmen zu hören,

die von der Schönheit bestimmter Momente sprechen oder von Hoffnung. Alle Aufnahmen sind

authentisch und persönlich. Keine Schauspielenden sprechen vorgeschriebene Texte ein.

Bis auf die Lautsprecher ist der Raum leer.

Die Anzahl der Audio-Aufnahmen kann sich stetig erweitern. Besuchende der Ausstellung

können eigene Aufnahmen einreichen.

Dieser „Raum für Heilung“ lässt warme Gefühle und Hoffnung zu. Nur wenn wir uns der Existenz

positiver Gefühle bewusst sind können wir versuche diese hervor zu rufen oder sie zur Gänze und

längerfristiger in Erinnerung halten. Außerdem geht es um die Wahrhaftigkeit und Verschiedenheit

von subjektiven, positiven Empfindungen. Je mehr Menschen Audios hinterlassen desto deutlicher

wird die Mannigfaltigkeit von möglichen positiven Wahrnehmungen. Gerade in dieser, von einer

Pandemie gezeichneten, Zeit ist es wichtig zu wissen, dass man nicht allein ist. Gleichzeitig gibt es

auch jetzt Hoffnung. Es gibt nicht nur jetzt Hoffnung auf Veränderung sondern auch Schönheit in der

aktuellen Situation. Dass das stimmt sagt aber nicht nur eine Stimme sondern viele verschiedene.

Beispiel Stimmen transkribiert:

„Frische Luft atmen, Vögel singen hören und Sonnenstrahlen auf der Haut spüren“

„Es macht mich im Moment glücklich mir Zeit zu nehmen die „Zeit“ zu lesen“

„Wenn ich die Nachrichten gucke freue ich mich über jede gute Nachricht tausend mal mehr als dass

mit eine schlechte Angst macht, weil ich die Hoffnung nicht aufgebe dass alles wieder gut wird, und

normal“


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Essensraum

2021, Konzept eines interaktiven Ausstellungsraums

Objekte:

Ein Tisch mit Stühlen

(Teppich)

Essen und Geschirr

Möglichkeit der Geschirrrückgabe

Karten mit Fragen

Anweisung:

Ein Tisch mit Stühlen steht in der Mitte eines Raumes. Er ist nicht erhöht eventuell aber durch

einen Teppich von dem übrigen Raum abgetrennt. Es stehen Essen und Geschirr für die

Besuchenden zur Verfügung.

Auf Karten stehen ernsthaft den Alltag hinterfragende und persönliche Fragen, die mit

(fremden) Personen bei dem Essen besprochen werden können.

Im Gespräch mit (fremden) Personen werden Fragen, zum Beispiel über das Befinden, oft ohne böse

Absichten, mit Unwahrheiten beantwortet. Diese interaktive Installation kann als Untersuchung eines

bewussten Austauschs sinnvoller Fragen verstanden werden. Können wir anderen (anonym) von

unseren Sorgen, Hoffnungen, Problemen oder Zielen erzählen? Wie fühlt es sich an von anderen

etwas ohne Wertung zu erfahren? Was passiert wenn wir uns bewusst im „Essensraum“ bewegen,

wenn wir bewusst schmecken, bewusst sprechen und (uns selbst) bewusst zuhören?

Beispiel Fragen:

Was bedrückt dich immer wieder?

Kommst du zurecht?

Wovor hast du Angst?

(Wie) Schmeckt das Essen?

Was ist dir in der letzten Woche/ letzten Monat/ letztes Jahr passiert?


Fotografie-Reihe der bewussten Wahrnehmung

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Diese Reihe von Fotografien ist in der Zeit des zurückgezogenen Lebens während der aktuellen

Pandemie entstanden. Untersucht werden verschiedene Facetten der bewussten Wahrnehmung. Die

Reihe belegt, dass Bewusstheit und Schönheit auch ohne Verlassen der eigenen Wohnung erforscht

und ergründet werden kann. Die Werke dokumentieren Momente in denen Farben, Licht, Gerüche,

Geräusche, Geschmack, Gefühltes oder Gefühle bewusst wahrzunehmen sind. Die Fotografien

können die Betrachtenden auf eine Entdeckungsreise von Wahrnehmungen schicken. Man kann die

Werke betrachten, aufnehmen, das auf ihnen Dargestellte subjektiv wahrnehmen und Emotionen

auslösen lassen, vermuten oder verorten.

Eine Hand in der Sonne, 2021, 50x75cm, Fotografie


18

Links:

Ohne Balkon und ohne Garten ist es in einer Dachgeschosswohnung nicht immer leicht die Sonne zu

spüren. Bei viel Arbeit am Schreibtisch kann jeder Sonnenstrahl die Geister wieder beleben.

Langsam dringt die Wärme durch die an der Tastatur kalt gewordene Haut. Die Oberfläche des

Dachs ist rau und angenehm war. Die Umgebungsluft ist noch kühl. Die Hand wird nicht zu warm.

Unten:

Wenn es keinen Garten gibt ist es seltener dass man Erde in den Händen hält. Die Erde ist leicht

feucht. Sie riecht nach Natur. Sie ist leicht zu kneten oder zu verteilen. Auch wenn die Erde

losgelassen wird bleiben Krümel an der Hand.

Eine Hand in der Erde, 2021, 50x75cm, Fotografie


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Schnittblumen, 2021, 50x75cm, Fotografie

Verschiedene Grün-Töne in nur scheinbar gleicher Struktur werden gestutzt. Vielleicht tritt etwas

Flüssigkeit aus den Blumenstielen. An einigen abgeschnittenen Stielen wird etwas Erde der Pflanzen

sichtbar. Die Oberfläche ist glatt und die abgeschnittenen Stiele verteilen sich.


20

Blumen auf dem Dach, 2021, 50x75cm, Fotografie

Hier begegnen sich verschiedene Materialien und Strukturen. Textil, Natur und Bauelemente

verbinden sich zu einer munteren Erinnerung von Witz, Zeit und Schönheit. Die Fotografie dient hier

vielleicht hauptsächlich als Dokumentation. Es stellt sich die Frage was dieses Objekt auslösen kann.


21

Wasser umgießen, 2021, 50x75cm, Fotografie

Auch wenn die Wohnung in der Zeit von social-distancing vielleicht weniger verlassen wird, müssen

wir unseren Körper ausreichend mit Flüssigkeit versorgen. Das bewusste Trinken beginnt jedoch

nicht erst bei der Wasseraufnahme. Bereits wenn wir uns ein Glas Wasser eingießen können wir

beispielsweise Reflektionen, Haptik und Geräusche wahrnehmen.


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Natur wahrnehmen, 2021, 50x75cm, Fotografie

Rosmarin verströmt natürlich einen wunderbaren Duft wenn man ihn mit den Händen durchfährt.

Anschließend riecht der ganze Raum nach einer Mischung aus sonniger Luft und Garten. Hier wird

nicht nur Geruch und Haptik verarbeitet sondern auch die Wärme der Sonnenstrahlen auf der Haut

die wohlige Erinnerungen hervorrufen kann.


23

Eine Orange schneiden, 2021, 50x75cm, Fotografie

Das Schneiden einer Orange ist nicht nur beindruckend laut wenn man konzentriert hin hört, es setz

auch den typischen Orangen-Geruch frei. Eine Orange hat einiges an Eigengewicht und liegt gut in

der Hand. Bei dem Schneiden muss man bedacht vorgehen um nicht zu weit und damit unter die

Schale zu dringen.


24

Schmecken, 2021, 50x75cm, Fotografie

Zu dem Schmecken gehört wesentlich mehr als der reine Geschmack eines essbaren Objektes. Wir

nehmen die Atmosphäre um uns herum war, die Menschen, das Licht, die Geräusche und unsere

eigenen Gefühle.


25

Nasse Trauben, 2021, 50x75cm, Fotografie

Nasse Trauben glänzen in der Sonne. Teilweise werden sie durchleuchtet. Wir können Formen und

Strukturen betrachten. Halten wir sie in die Höhe spüren wir Tropfen die uns den Arm herunter laufen

werden. Auch das Gewicht der Traube wird wahrgenommen. Vielleicht sehen wir sogar etwas

Sinnliches oder Erotisches in dieser Fotografie.


26

Bewusstsein essen, 2021, 50x75cm, Fotografie

Auf Dauer könnte komplett bewusstes Essen sogar eventuell anstrengend werden. Hier wird das

Essen bewusst wahrgenommen bevor es den Mund erreicht. Die Augen, der Mund, die Hand und die

Gedanke nehme das Bewusstsein auf.


27

Der Prüfungsraum

Am liebsten hätte ich eine Präsenz-Prüfung abgelegt. Im Echt-Raum hätte ich alle Werke aus dem

Katalog in einem Raum ausgestellt.

Für meinen Prüfungsraum wäre das gemeinsame Essen der Mittelpunkt geworden. Dies ist in der

aktuellen Situation natürlich gesundheitlich bedenklich und kam für mich daher nicht in Frage. Über

zoom treffe ich mich zwar regelmäßig zu einem gemeinsamen Essen mit Freundinnen, das erste

„gefilmte“ Essen empfanden wir alle allerdings durchaus als etwas sonderbar und unkomfortabel. Für

mich war also von Beginn des Portfolio-Seminars klar, dass ich eine schriftliche Arbeit verfassen

würde. Um mich dieser Arbeit jedoch zu nähern musste ich mit zunächst überlegen wie ich die

Prüfung im Echt-Raum gestaltet hätte.

Die linke Wand meines Prüfungsraums hätte Platz geboten für das „Gemälde 1“ und die „Fotografie

1“. Dazwischen hätte ich die Skulptur erhöht präsentiert. Die der Tür gegenüber liegende Wand wäre

von meinem Fernseherbildschirm belegt worden. Auf diesem wäre das Standbild eines Raumes mit

dunklem Boden und dunklen Wänden zu sehen gewesen. Diesen Konzept-Raum hätte ich also in

digitaler Form in meinen Prüfungsraum integriert. Über Kopfhörer könnte man hier dann den

Sprachaufnahmen zuhören. Die rechte Wand hätte die Fotografie-Reihe beherbergt. Für den Echt-

Raum hätte ich diese Fotografien dann in etwas kleineren Formaten gedruckt, sodass die Wand nicht

überfüllt wäre. Das Herzstück der Prüfung hätte die interaktive Installation eines Esstisches

dargestellt. Nach dem Begehen des Prüfungsraumes hätten hier weiterführende Gespräche und

Reflektionen stattfinden können, während gegessen worden wäre. Es hätte mich sehr interessiert das

Konzept des „Essensraum“ in eine Präsenz-Prüfung zu integrieren und mich selbst bei der Interaktion

zu beobachten. Der Essenstisch wäre von den restlichen Werken also umgeben. Von hier aus wäre

auch der Kaugummiautomat neben dem Ein- beziehungsweise Ausgang des Raumes zu sehen. Der

Lithium-Automat aber auch alle anderen Werke hätten in diesem Prüfungsraum eine individuell und

andere Rolle oder Bedeutung erhalten. Auf so engen Raum stünden die Werk sehr stark im Bezug

zueinander, was sicherlich auch eine interessante Auswirkung auf die Wahrnehmung und die

Emotionen der Betrachtenden gehabt hätte.

Dadurch, dass diese Prüfungsform für mich allerdings wegfällt, haben sich mir weitere Möglichkeiten

erschlossen.


28

Headspace oder eine Prüfung im Kopf

Zuvor habe ich bereits schriftliche Prüfungen in Form von digital begehbaren Ausstellungen oder

Zoom-Prüfungen abgelegt. Obwohl die digitale Ausstellung für mich durchaus seinen Reiz hat, hatte

ich für dieses Thema allerdings eine Alternative im Kopf die mich wesentlich stärker interessiert. In

meinen Werken beschäftige ich mich mit Bewusstheit und Heilung des Selbst. Es geht also

vornehmlich um den eigenen Kopf, um die Gedanken, das Bewusstmachen in der eigenen

Wahrnehmung oder das Untersuchen von den eigenen Vorstellungen. Ich wollte einen

Ausstellungsraum kreieren, der nur im Kopf existiert. An dieser Stelle möchte ich nun in schriftlicher

Form durch diese Vorstellung führen. Meine erdachte Ausstellung könnte hypothetisch in dieser Form

errichtet werden. Gleichzeitig hat mir aber die Abkehr von einem real existierenden Raum die

Möglichkeit gegeben eine Ausstellung in Gedanken zu konzipieren, die ich auf diese Weise nicht in

der Universität oder sogar in einer Prüfung unterbringen könnte. Im Folgenden dieses Kapitels, das

ich als illustrierten Museumsführer durch das Museum in meinen Gedanken verstehe, werde ich den

Grundriss meiner imaginierten Ausstellung vorstellen und anschließend exemplarische durch die

Räume meines Gedankenpalasts oder viel eher meines Gedankenmuseums führen.

Grundriss eines Gedankenpalasts

Der Startpunkt für den Besuch in meinem imaginären Museum ist ein Foyer mit runden Tischen die

von Stühlen gesäumt sind. An der rechten Seite, neben einem großen Torbogen, gibt es eine


29

Geschirrrückgabe. Durch den Torbogen kann man in den letzten Raum der Ausstellung blicken. Über

dem Torbogen steht „Ausgang“. Vielleicht soll man sich diesen Raum ja noch nicht genau angucken,

es wird allerdings in keinster Weise verhindert. Man sieht einen Tisch und Essen. Es sitzen Leute an

dem Tisch und reden. Würde über dem Torbogen nicht Ausgang stehen, und links daneben über der

Tür nicht „Eingang“, dann würde man wohl eher nicht vermuten, dass dieser Raum noch zu einer

Ausstellung gehört. Oder ohne näheres über die Ausstellung zu wissen könnte man denken es

handele sich vielleicht um eine Performance. Der Grundriss der Ausstellung besagt etwas anderes.

Dieser letzte Raum beruht auf einem interaktiven Konzept eines Raumes. Hier darf oder soll

gemeinsam gegessen und gesprochen werden. Der Raum dahinter ist als Fotogalerie bezeichnet.

Dieser Raum erinnert eher an einen typischen Ausstellungsraum. Links daneben, der Raum den man

bei einem Rundgang vorher durchschreitet, scheint leer zu sein. Es handelt sich um eine auditive

Installation. Der erste Ausstellungsraum, unten links, bedient sich wieder einer vertrauten

Museumsform. Eine Trennwand dient als Ausstellungsfläche für ein Gemälde und eine Fotografie auf

der einen Seite. Außerdem steht auf der gleichen Seite der Wand eine Skulptur zwischen Fotografie

und Gemälde. Die Rückseite der Wand ist der Hintergrund für eine weitere Skulptur.


30

Raum 1. Alltägliche Störung

Wenn wir diesen ersten Raum also nun betreten sehen wir links das „Gemälde 1“ und rechts die

„Fotografie 1“. Zwischen den beiden Werken steht „Skulptur 1“. Die Titel verweisen bereits auf die

künstlerischen Medien. Die Werke zeigen alle etwas dass wir oft verstecken, verschweigen oder nicht

gesondert wahrnehmen. Wenn sie hier nicht so exemplarisch nebeneinander und unter dem

Raumtitel „Alltägliche Störung“ ausgestellt wäre könnten wir die Hämatome, die Narben und vielleicht

sogar die Bedeutung der nicht mehr verstecken Pillen übersehen. Würden wir nicht nur diese Details

sehen, so würden diese scheinbaren Abweichungen der Norm vielleicht untergehen.

Wenn wir nun um die Trennwand herum gehen, sehen wir ein Objekt das die erste Seite der Wand

wieder anders erscheinen lässt. Lithium aus dem Automaten. Diese Seite der Wand, die Seite in der

die Medikamente zur Verfügung stehen, zeigt keine Auswirkungen oder Folgen von Problemen. Eine

Interpretation: Mit Medikamenten gibt es keine Probleme. Und wenn man es bedenkt, die blauen

Flecken könnten verschwinden, aber die Narben bleiben. Auch gilt es nicht zu vergessen was die

Fotografie uns gezeigt hat. Pillen werden versteck, sie werden nicht genommen, sie verstauben.


31

Auch mit Medikamenten kann es also Probleme geben. Es stellt sich dann die Frage warum hier

keine Folgen mehr gezeigt werden, warum die möglichen Probleme jetzt nicht mehr angesprochen

werden. Auch die Form des Automaten kann zum Beispiel verunsichern. Medikamente sind kein

Kinderspielzeug und keine bunten Süßigkeiten die das Leben verschönern.

3

Wenn wir uns gedanklich lange genug in diesem Raum aufgehalten haben gehen wir weiter.

3 Bild des Automaten heruntergeladen am 02.04.2021 unter: carousel-gumball-machine-bank-picture-id585159016 (121×170)

(gettyimages.com)


32

Raum 2. Warme Worte oder sensing words

In diesem Raum sollten wir leise sein und den warmen Worten zuhören. Je nachdem wann und wie

lange wir uns in diesem Raum aufhalten oder wie lange wir brauchen oder uns nehmen um ihn zu

durchschreiten machen wir eine andere Erfahrung. Der Raum ist immer recht dunkel mit schwarzen

Wänden und schwarzem Boden, aber die Stimmen die wir hören sind verschieden. Alle sprechen

über etwas Schönes oder etwas das Hoffnung bringt. Alle die diesen Raum betreten können das

Gesagte ergänzen.

Link zu dem Raum als digitale Umsetzung:

https://youtu.be/o9ydvaDCo38


Raum 3. The sensual Art of eating and feeling

33

Nach den warmen Worten sind wir in einen Flur gekommen. Von dem Grundriss wissen wir schon

dass er uns zu der Fotogalerie leiten wird. Wir betreten einen Raum gesäumt von Fotografien. Jedes

Werk könnte für sich betrachtet werden, doch auch so wie sie hier nebeneinander und sich

gegenüber hängen treten sie miteinander in einen Austausch. Gemeinsam zeigen sie die Kunst des

sinnlichen Wahrnehmens.

Front-Wand:


34

Linke Wand:

Rechte Wand:


35

Rück-Wand:

Wenn wir genug Zeit an diesem gedachten Ort in dem Bewusstsein oder dem bewussten Raum aus

Gedanken verbracht haben gehen wir weiter.


36

Raum 4. Heilungsmenü

Als letztes betreten wir nun den interaktiven Essensraum. Uns wurde ein Menü versprochen. Neben

dem Essen am Buffet-Tisch an der rechten Seite liegen verschiedene Menü-Karten.

Wir setzen uns also vielleicht hier aber vielleicht auch später im Foyer oder außerhalb des

Gedankenmuseums (mit anderen zusammen) und essen bewusst während wir ernsthaft über Fragen

nachdenken. Auch wenn wir das Museum verlassen werden, können wir uns sicher sein, dass es

diesen Ort jetzt in unseren Gedanken gibt. Wir können hierher zurückkehren und uns die Gedanken

wieder vorstellen wenn wir Bewusstheit im Alltag benötigen.


37


38

Kontexte

Die Gespräche die eine Praktische Prüfung im Echt-Raum begleitet hätten müssen natürlich auch in

für eine schriftliche Version umgewandelt werden. Im Folgenden werde ich kurz die in diesem Modul

belegten Seminare vorstellen und die entstandenen Arbeiten erläutern. Anschließend gebe ich einen

Überblick über die Künstler*innen Positionen die mich vergangenes Semester begleitet haben.

Schließlich reflektiere ich die Prüfung und die Arbeit in dem Modul noch rückblickend.

Die Seminare vorgestellt

Alle drei Seminare des Moduls haben mich in dem letzten Semester stark beeinflusst. Während bei

dem Seminar „Tafeln, essen hungern“ neben dem interessanten theoretischen Einblick in die

Beziehung von Kunst und Essen auch ein künstlerisches Gruppen-Projekt in Form einer Video-Arbeit

entstanden ist, habe ich mich in dem Seminar „Wissensformationen des Südens“ mit

Ausstellungsweisen und Normen auseinander gesetzt. Dieses Seminar, dessen Untertitel „Das

Museum als Ort der Heilung“ war, hat den Grundgedanken für das Konzept meiner Prüfung gelegt.

Das Portfolio-Seminar hat diesen Gedanken dann maßgeblich geformt und die Idee von Räumen die

Gefühle schaffen und Gefühle akzeptieren wurde entwickelt.

Tafeln, essen, hungern:

Dieses Seminar war von der Arbeitsform der Gruppenarbeit dominiert. Verschiedene Gruppen haben

sich künstlerisch mit dem Essen auseinander gesetzt. Meine eigene Gruppe hat hier thematische zu

Essen und Sexualisierung oder Sinnlichkeit geforscht. Es ist eine Video-Arbeit entstanden, die

künstlerisch-sinnliches Essen und sexualisierte Essens-Werbung auditiv und visuell gegenüber stellt.

In dieser Gruppe haben wir uns bewusst mit Multimedialität auseinandergesetzt. Wir haben Gemälde

und Fotografien mit Audiospuren verbunden und unsere Forschung in der Video Arbeit festgehalten.

Aufgrund der limitierten Zeit, die ein Seminar bietet blieb die Arbeit für mich jedoch nur eine reine

Einführung in die Verbindung von Sinnlichkeit und Essen. Für meine Portfolio Prüfung habe ich mich

mit der Foto-Reihe, dem „Essensraum“ und auch mit der Audio-Installation weitergehend mit

angesprochen Thematiken des Seminars beschäftigt. So haben mich auch andere Gruppenarbeiten

wie zum Beispiel drei Detail-Videos von Menschen die ein Ei genießen oder die Vorstellung des

gemeinsamen Abschiedsessen, das für Heidi Helmhold geplant gewesen wäre, wenn die Situation es

zugelassen hätte, in meiner späteren Arbeit beeinflusst.


39

Videoarbeit aus „Tafeln, essen, hungern“:

(video link: https://drive.google.com/file/d/1vVHyUd_eY1omSANoF3P5Lvl7PiDIiMSV/view?usp=sharing )

Wissensformation des Südens, oder das Museum als Ort der Heilung:

Aurora Rodonos Seminar war eng mit der Ausstellung „Resist! Die Kunst des Widerstands“ verknüpft

die im April dieses Jahres nun (durch die Pandemie verspätet) geöffnet wird. Mit kritischem Blick auf

die Ausstellungsweise und Eurozentristik von Museen haben wir uns mit alternativen Sichtweisen aus

dem sogenannten „globalen Süden“ auseinander gesetzt. Hierbei standen eine offene und

antirassistische Ausstellungsweise und entsprechende Arbeiten im Vordergrund. Auch wenn die

Überlegungen aus dem Seminar sicherlich für jedes Mitglied der Gesellschaft relevant sind und mich

in dem direkten Kontext von Rassismus und Diskriminierung sehr beschäftigt haben, hat sich das

Seminar in anderer Form auf meine Portfolio-Prüfung ausgewirkt. Die Inhalte, die sich in dem

Seminar zu der Vorstellung von Heilung (von Rassismus) durch Bewusstheit entwickelt haben, lassen

sich auch auf andere Bereiche übertragen. Mit dieser Prüfung und durch die Hilfe des Seminars

konnte ich so eine Thematik in den Vordergrund rücken, die mich seit einiger Zeit umgibt. Wie

vermutlich alle Menschen bin ich von psychischer Belastung und verschiedenen psychischen

Krankheiten umgeben. In meiner Arbeit habe ich also die Vorstellung von Heilung durch Bewusstheit

und Offenheit aus dem Kontext des Seminars auf Probleme übertragen, die auf psychische

Belastungen oder Krankheiten zurückzuführen sind. Gerade zu der Zeit einer Pandemie kann hier die

Kunst oder die Ausstellung als Ort und Mittel der Heilung dienen.


40

Das Portfolio-Seminar:

Auch das Portfolio-Seminar hat mich in meiner Arbeit begleitet und unterstützt. Gerade der Umgang

miteinander hat mir hier gute Beobachtungspunkte für meine Arbeit geboten. Ich habe gespürt, dass

ich mich in diesem Seminar wohlfühle und wollte dies für meine Prüfung erforschen. In dem Portfolio-

Seminar wurden Anekdoten erzählt, es wurde von allen Beteiligten offen über Probleme gesprochen

und akzeptiert wenn etwas nicht so gelaufen ist wie man es sich vorgestellt hatte. Ein Satz, der in

einer Sitzung gefallen ist, ist mir stark in Erinnerung geblieben und hat mich sehr in meiner Arbeit

unterstützt: „Wir bleiben variable, die Zeiten sind schwer genug.“ Diese Satz fasst vieles des Inputs

den ich durch die Beiträge anderer in diesem Seminar erhalten habe gut zusammen. Er spricht

gleichzeitig offen Probleme an und zeigt, dass die Probleme einen Menschen stark beeinflussen

können. Außerdem gibt er Hoffnung, er besagt, dass es Alternativen gibt und dass wir selbst etwas

tun können. Diese Grundvorstellung von Akzeptanz, Bewusstheit, Offenheit und eigener Aktivität

spiegelt sich auch in meiner Prüfung wider.

Künstler*innen Positionen

Verschiedene Künstlerinnen haben mich während der Arbeit an der Prüfung inspiriert und gedanklich

beschäftigt. Viele der Künstler*innen kenne ich aus Seminaren und aus Ausstellungen oder von

Exkursionen die zu früheren Zeitpunkten stattgefunden haben. Auf einige der im Folgenden kurz

vorgestellten Künstler*innen bin ich bei eigenen Recherchen gestoßen oder zufällig begegnet.

Liste der folgenden Künstler*innen:

Georgia O’Keeffe,

Alfred Stieglitz,

Patricia Kaersenhout,

Andrés Pereira Paz,

La rara troupe,

Berlin biennale c/o ex rotaprint,

Marwa Arsanios,

Grada Kilomba,

Huynh Van Thuan,

Indieguerillas,

Kader Attia,

Kara Walker,

bell hooks,

Nura Qureshi,

Banksy


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Georgia O’Keeffe

4

4 Georgia O’Keeffe, Serie I, Nr 8, 1919, 50,8x40,6 cm, München, Städtische Galerie im Lenbachhaus, Geschenk der Georgia O’Keeffe

Foundation, Heruntergeladen am 03.04.2021 unter: series-1-no-8-georgia-okeeffe-.jpg (742×900) (fineartamerica.com)


42

Am bekanntesten ist Georgia O’Keeffe sicherlich für ihre Blütenbilder, die auch die

unvoreingenommensten Betrachtenden wohl an Sinnlichkeit und Erotik denken lassen. Durch diese

Werke bin ich während Recherchen für eines meiner Seminare auch auf ihre „Trauben auf weißem

Teller – Dunkler Rand“ gestoßen.

5

5 Georgia O’Keeffe, Trauben auf weißem Teller – Dunkler Rand, 1920, Öl auf Leinwand, 22,9x25,4 cm,

Privatbesitz, heruntergeladen am 03.04.2021 unter: d31fc0cebea8868217f20f50a3869e7f.jpg (700×635)

(pinimg.com)


43

Alfred Stieglitz

Sehr eng mit O’Keeffe und ihren Bildern verknüpft und ebenfalls direkte Inspiration für meine Arbeit

sind die Fotografien von Alfred Stieglitz von zum Beispiel Georgia O’Keeffe`s Händen. Auch

interessierte mich hierbei die typische Darstellung von weiblichen Händen die uns die Trauben

eventuell sinnlicher wahrnehmen lassen. Bei mir werden die Trauben daher von einer männlichen

Hand gehalten.

6

6 Alfred Stieglitz, Georgia O’Keeffe - Hände und Weinrauben, 1921, Palladium Fotografie, 23,2x18,7 cm,

Washinton, D.C., National Gallary of Art, Alfred Stieglitz Collection, heruntergeladen am 03.04.2021 unter:

https://media.nga.gov/iiif/672ae603-a174-4f0a-9984-9caa435957a9/full/!600,600/0/default.jpg


44

Patricia Kaersenhout

Die Installation „Guess who‘s coming to dinner too?“ von Patricia Kaersenhout hat für mich 2019 das

erste Mal die Essenstafel als Ausstellungsobjekt zu einem künstlerischen Objekt erhoben.

Thematisch ist diese Installation allerdings nur bedingt mit meiner Arbeit verbunden. Kearsenhout

schafft hier Bewusstsein für Frauen die in der Geschichte vernachlässigt wurden. Die Tafel stand bei

dieser Ausstellung ganz bewusst im Kontrast zu dem Essen. Der Raum wurde relativ steril gehalten

und wie bei archäologischen Arbeiten mussten Handschuhe für das Blättern in Aufzeichnungen

übergezogen werden. Die Besuchenden nahmen so sehr deutlich die Rolle von Außenstehenden und

eventuell eindringenden Betrachtenden ein.

7

7

Patricia Kaersenhout, Guess who‘s coming to dinner too?, 2017-2019, community art project und

Installation, Amsterdam, De Appel, Heruntergeladen am 03.04.2021 unter: PatriciaKaersenhout-9907-

1024x691.jpg | Installations 2019 (pkaersenhout.com)


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Andrés Pereira Paz

Auf der Berlin Biennale hat mich seine Installation nachhaltig beeindruckt und geprägt. Auch in

meiner AM1 Prüfung habe ich bereits mit Audiofiles die Multimedialität meiner Arbeiten erweitert. Mit

spärlicher Beleuchtung und eindrucksvollen Klängen schuf Andrés Pereira Paz mit „EGO FVLCIO

COLLVMNAS EIVS“ einen in sich abgeschlossenen Raum, den die Besuchenden durschreiten

können.

8

8 Andr s Pereira Paz, EGO FVLCIO COLLVMNAS EIVS [I FORTIFY YOUR COLUMNS], 2020,

mixed media, installation view, 11th Berlin Biennale, Gropius Bau, 5.9.–1.11.2020, Foto: Mathias

Völzke, heruntergeladen am 03.04.2021 unter: Andrés Pereira Paz | 11th Berlin Biennale for

Contemporary Art


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La rara troupe

Diese Gruppe untersucht mit „La humana perfecta“ Akzeptanz und Echtheit von Details die bei

Arbeiten anderer verborgen geblieben sind. So werden Narben oder nicht dem Standard

entsprechende Merkmale sichtbar ohne dass sie explizit hervorgehoben werden. Es wird deutlich,

dass das Ideal nicht existiert. Genau dieser Gedanke hat mich bei meinem Arbeiten unterstützt. Ich

möchte darstellen, dass das was viele als „Störung“ wahrnehmen tatsächlich der Alltag ist. Das als

anormal definierte ist normal.

9

9

La rara troupe, La humana perfecta (der perfekte mensch), 2018,Videostills, Video, S/W, Ton,13’07”,

11th Berlin Biennale, Gropius Bau, 5.9.–1.11.2020, Bild heruntergeladen am 03.04.2021unter: La rara

troupe - participants - Berlin Biennale


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Berlin biennale c/o ex rotaprint

Diese Ausstellung der elften Berlin Biennale hat mich in ihrer Konzeption sehr zum Denken angeregt.

Der Austausch mit Interessierten diente als interaktive Kunstform und wurde so selbst zur Kunst.

Nach diesem Austausch blieb das Archiv, das die Untersuchungen und diesen Austausch dann

ausgestellt. Das Konzept eines interaktiven, sich stetig verändernden Museums ließe sich auch gut in

die Konzeption von Kunstunterricht integrieren und wurde so immer mehr zu einer Ausstellungsweise

und Unterrichtsmethode die auch ich anstreben möchte.

Im vergangenen Jahr war unser temporärer Raum 11. Berlin Biennale c/o ExRotaprint ein

Ort der Erfahrung und des Austauschs. Hier wurden Geschichten erzählt, erfunden und

geteilt, in verschiedenen Sprachen, die im Hof und auf der Straße gesprochen werden, die

immer noch zu hören sind. Dies war ein Ort des experimentellen Ausstellungsmachens, an

dem sich Menschen begegneten, sich unterhielten, Tee tranken, saßen und vorlasen,

Puppenspiele inszenierten und präsentierten, malten, schrieben, lauschten, tanzten. Ein

Ort, an dem sich der Prozess des Machens den unerwarteten Konsequenzen

gegenseitiger Exponiertheit öffnete. Wir, diejenigen, die dazukamen, lernten von unseren

Nachbar*innen, von ihrer vorsichtigen Neugier und großzügigen Bereitschaft. Wir lernten

vor allem von den Kindern, die sich als erste ein Stück dieses Quartiers aneigneten. Sie

wussten, dass es ihnen mehr als uns gehörte, und sie nutzen es entsprechend. Wir waren

traurig, als wir schließen mussten, weil die Pandemie die Stadt traf, und freuten uns, als

wir die Türen wieder öffnen durften. Wir bemühten uns, vorsichtig zu agieren, suchten

sichere Möglichkeiten der Wiederbegegnung, wissend, wie wichtig ein solcher Raum der

Kontakte ist. Dieser Ort gab dem Prozess Sicherheit, er entstand langsam, war

durchlässig und hatte einen menschlichen Maßstab. Fast wurde er zu einem Zuhause.

Hier lebt sie, die Gastfreundschaft, die vor allem von unserer Umgebung, von den

Passant*innen, Teilnehmerinnen, Gästen, Künstlerinnen und Mitarbeitenden ausgeht. Für

eine kurze Zeit ließen Menschen sich hier nieder, fanden zusammen, versammelten sich,

sprachen miteinander und hörten zu. Was bleibt ist ein lebendiges Archiv dieser

Gastfreundschaft - das Geschenk, das sie alle uns machten

10

10 Aus: ExRotaprint. Berlin Biennale 2020 (universes.art), abgerufen am 03.04.2021


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Marwa Arsanios

Für mich bedeuten die Arbeiten von Marwa Arsanios das Hinterfragen, Dokumentieren und Begleiten

von essentiellen Kämpfen. Diese Einblicke sind nicht nur von enormer Relevanz für unseren Alltag

sondern auch für jede Änderung und neue Chance. Die Bilder lösen Gefühle, Gedanken und

Stimmungen aus, die für mich in meiner Kunst eine entscheidende Rolle einnehmen.

11

11

11th Berlin Biennale, 5.9.–1.11.2020; Marwa Arsanios, Who is Afraid of Ideology? (Part 3) – Micro

Resistencias, 2020; installation view; Foto: Silke Briel heruntergeladen am 03.04.2021 unter: Marwa

Arsanios - participants - Berlin Biennale


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Grada Kilomba

Grada Kilombas Arbeit hat uns im Seminar „Wissensformation des Südens“ stetig begleitet. Mehrfach

haben wir sie thematisiert und uns mit ihren Inhalten auseinander gesetzt. Für mich hat sie neben

enorm relevanten Inhalten allerdings auch die Sprache als Medium der Kunst in den Fokus gerückt.

12

12 Grada Kilomba

Plantation Memories, 2018

Single-channel video installation of staged reading, HD, coulour, sound, 14‘14“ and looped

Variable Dimensions

DEMO 1/1

DCP, 6 Min., Englisch

Drehbuch, Schnitt, Produktion, Sound Design: Grada Kilomba

Musik: Geisbaba

Cast: Martha Fessehatzion, Moses Leo, Michael Edode Ojake, Araba Walton, Sara-Hiruth Zewde

Bild heruntergeladen am 03.04.2021 unter: Memories-of-Plantation2.jpg (1200×616) (portugalinews.eu)


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Huynh Van Thuan

Als Erinnerung an die Macht von Bild und Text kann diese Kriegskunst die Notwendigkeit der

Reflektionen und des Kontrastierens hervorheben. Auch Werke die mit einer einzigen Sicht

geschaffen wurden lassen sich vielschichtig interpretieren und verwenden. Auch ohne die Umgebung

von Krieg muss uns klar sein, dass unsere Gedanken nicht ausschließlich von unseren eigenen

Köpfen sondern vielmehr von unserem Umfeld und dessen Normen beeinflusst werden.

13

13 Huynh Van Thuan, Witness Collection, 1950, W06.1.8, Anti-French Cartoon, Papier, Reproduktion, 16 x

18.8cm, Bild heruntergeladen am 03.04.2021 unter: Witness Collection | Artist - Huỳnh Văn Thuận

Yellow sunshine of the afternoon dyes deep the pink flag

Dare anyone to go to battle this trip

This trip must kill a lot of Westerners

Destroy the enemy force, show up as a "new hero"


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Indieguerillas

Das Duo arbeitet mit traditionellen Praktiken und zeitgenössischer Kultur. In reflektierenden Arbeiten

werden alltägliche Details untersucht und hervorgehoben. Die Kunst dient als Selbstreflektion. Dabei

wird auch deutlich, dass bekannte und ältere Medien nicht durch neue Formate verdrängt sonder

stetig erweitert werden.

14

14 Indieguerillas,The Dialectic, 2015, 73 x 25 x 90 cm, Resin sculpture with acrylic painting, wooden

skate and table, metal and fabric, Bild heruntergeladen am 03.04.2021 unter: The-Dialectic-A-web-

2.jpg (1200×800) (indieguerillas.com)


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Kader Attia

Nicht nur die Multimedialität sondern auch die Ausstellungsweise und die Details seiner Arbeiten

interessieren mich und beeinflussen meinen Schaffensprozess. In den Ausstellungen interagieren

seine Werke miteinander und mit den Räumen. So kann meiner Meinung nach auch eine stärkere

Verbindung zu den Betrachtenden geschaffen werden.

15

15 Les Entrelacs de l’Objet / The Object’s Interlacing, 2020, Installation mit Video (Farbe und Ton)

und 22 Objekte (3D nylon Drucke und hölzerne Kopien von afrikanischen Artefakten), Ausstellung:

Kunsthaus Zurich, Zurich 2020, Foto: Franca Candrian, heruntergeladen am 03.04.2021 unter: Kader

Attia


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Kara Walker

Ihre Gegenüberstellung von Medien und Inhalten regt nachhaltig zum Bedenken an. Viktorianische

Schnittfiguren und theatralische Handlungen hinterfragen Rassismus, Geschlecht und Sexualität.

Vergangenheit und heutiger Alltag werden verwoben und zeigen verschiedenste Perspektiven, die in

meinen Augen einen ersten Schritt in Richtung Heilung darstellen könnten.

16

16 Kara W alker, Ohne Titel, 1995, 69,5 x 47 in (176,5 x 119,4 cm), Bild

heruntergeladen am 03.04.2021 unter: large.jpg (466×640) (d32dm0rphc51dk.cloudfront.net)


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bell hooks

bell hooks oder Gloria Jean Watkins ist zwar keine Künstlerin mit Werken in einer Ausstellung, hat

mich allerdings im vergangenen Semester ebenso künstlerisch geprägt. Ihre Literatur unterstreicht,

dass Bewusstsein, Achtsamkeit und Akzeptanz und der Stolz über die eigene Handlung maßgeblich

für Hoffnung und die Aussicht auf Besserung sind. 17

Nura Qureshi

Die Bedeutung von Details in der Fotografie sowie die Form des Foto-essays, an dem sich auch die

Foto-Reihe meiner Prüfung orientiert, ist mir durch Arbeiten von Nura Qureshi vertrauter geworden.

Wenn sie auch thematisch andere Bedeutungen anspricht diente sie mir als Quelle von Inspiration.

18

17

Vgl. bell hooks, Teaching Community: A Pedagogy of Hope, 2003, New York, Routledge

18

Nura Qureshi, Editions Mau-Mau, Nyeri 2016, Aus der Serie/From the series Are You Calling Me a

Dog?, 40,0 x 26,6 cm, Digitaldruck auf Alu Dibond


55

Banksy

Als einer der bekanntesten Vertreter der Streetart, die mir immer wieder vor Augen führt wie offen wir

sprechen können und vielleicht auch sollten, hat auch Banksy mich bei dieser Prüfung begleitet.

Außerdem macht die Streetart die Kunst für die breitere Masse zugänglich und interaktiv. Diese

Kunstform fällt uns im Alltag manchmal als etwas Besonderes auf. Damit regt sie zu Bewusstheit an.

Es interessiert mich welche Verbindungen Kunst und Alltag eingehen können.

19

19

Bild heruntergeladen am 03.04.2021 unter: 131042974-221583899377145-

3966759265824133423-n-1024x683.jpg (1024×683) (thetab.com)


56

Reflektion

Diese AM 2 Prüfung hat mich eindeutig in meinem künstlerischen Verständnis, meiner kuratorischen

Vorstellung und meinem eigenen Schaffen vorangetrieben und gestärkt. Außerdem hat sie meine

Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Medien erweitert und mich maßgeblich in der Reflektion

von sozialer Interaktion, Person und aktuellen Problematiken unterstützt. Mit den Werken und der

Ausarbeitung habe ich mich mit „Heilung durch Bewusstsein“ auseinandergesetzt und diese Thematik

durch verschiedene Medien erforscht und zugänglich gemacht. Ich möchte darauf aufmerksam

machen, dass psychische Belastung und psychische Störungen oder Krankheiten zu dem Alltag

unserer Gesellschaft gehören. Auch wenn man selber nicht akut von dieser Problematik betroffen

scheint, ist es augenscheinlich dass diese Thematik in jedem Umfeld vertreten ist. Dadurch, dass wir

es lernen bewusst Wahrzunehmen, können wir einen Raum für Heilung für uns selbst, aber auch für

unsere Mitmenschen, schaffen. Diese Prüfung soll solch einen Raum schaffen oder aufzeigen, dass

es möglich ist selbst ähnliche Räume zu kreieren.

Dabei wurde ich nicht nur von verschiedenen Künstler*innen beeinflusst sondern auch von den

Seminaren, die ich in dem vergangenen Semester belegt habe. Während das Portfolio-Seminar sich

maßgeblich auf die Form der Prüfungsgestaltung ausgewirkt hat, haben mir die anderen Seminare

Einblicke in die aktuelle künstlerische Welt und meinen eigenen Forschungsdrang geboten. Obwohl

ich alle Seminare als sehr bereichernd empfunden habe, bin ich mir auch sicher, dass ich noch mehr

hätte mitnehmen können. Durch die aktuelle veränderte, und durch die Pandemie bedingte, Seminar-

Situation halte ich mich in den Seminaren über zoom noch deutlich zurück. Dies liegt unteranderem

an der „Kühle“ der digitalen Formate, an der Unvertrautheit zwischen den Teilnehmenden aber auch

an meinem eigenen Umgang mit der Situation und möglichen technischen Schwierigkeiten. Durch

meine künstlerische Auseinandersetzung mit meinem Thema bin ich allerdings davon überzeugt,

dass ich auch diesen Umgang noch lernen werde. In Zukunft werde ich darauf achten nicht nur

teilzunehmen sondern auch teilzuhaben. Ich werde mich aktiver in die Seminararbeit integrieren und

den Austausch wenn nötig auf alternativen Wegen aktiv beiwohnen.

Im Gegensatz zu meiner Aktivität während der einzelnen Seminare bin ich allerdings mit dem

Ergebnis meiner Arbeit in diesem Modul zufrieden. Auch wenn ich sicherlich noch an der Umsetzung

der Werke feilen könnte erfüllen sie das Ziel meines Konzepts und haben mir verschiedenste

Perspektiven aufgezeigt. Außerdem bin ich mit der Multimedialität der Arbeiten zufrieden. Vor Beginn

des Moduls hatte ich erwartet, dass ich nur wenige Formate kennenlernen würde. Diese Befürchtung


57

war unbegründet. Ich habe nicht nur verschiedenste Medien kennengelernt sondern auch alternative

Ausstellungsformen und viele neue künstlerische Positionen.

Eine weitere Befürchtung war die Ähnlichkeit meiner beiden künstlerischen Prüfungen in den beiden

Aufbaumodulen. Weil ich beide Prüfungen und die dazugehörigen Seminare in dem gleichen

Semester gewählt habe, hatte ich Bedenken, dass ich die Arbeiten und Positionen nicht auseinander

halten könnte. Auch dies war nicht der Fall. Zwar gibt es auch in meiner AM1 Prüfung einen

ausgestellten Tisch und eine Audio-Installation, die ihnen zugrunde liegenden Gedanken und

Konzepte unterscheiden sich jedoch deutlich. Es ist mir gelungen für meine AM2 Prüfung ein eigenes

Thema mit einer eigenen künstlerischen Forschung zu entwickeln.

Weil mich das Thema selbst umgibt kann ich hier nur von meiner subjektiven Wahrnehmung aus

reflektieren. Dennoch bin ich der Meinung, dass psychische Belastungen und Krankheiten gerade in

Zeiten einer Pandemie von bedeutender Relevanz für alle Mitglieder der Gesellschaft sind. Vor allem

wenn wir die soziale Interaktion bloß digital und auf Entfernung praktizieren, ist das bewusste

Wahrnehmen des Selbst, des Gegenüber und des Raumes von entscheidender Bedeutung für die

mentale (und auch körperliche) Gesundheit des Selbst aber auch der anderen. Die Multimedialität

meiner Arbeiten geht einher mit dieser umfassenden Präsenz des Themas.

Natürlich ist das Thema eng mit meinem derzeitigen Leben verknüpft. Sowohl in meinem Familienals

auch meinem Freundeskreis haben viele Menschen mit psychischer Belastung und psychischen

Störungen zu kämpfen. Während ich selbst bloß von Zeitmangel und dem Zurücknehmen meiner

Selbst belastet werde, bin ich eng mit Menschen verbunden die von ihren Problem ganz in Anspruch

genommen werden. In dem vergangenen Jahr habe ich mich daher viel mit (unteranderem)

Depressionen, bipolarer Störung, Angst-Störungen und Traumata und mit den Folgen dieser

Belastungen auseinander gesetzt. Dabei ist mir klar geworden, dass für die Heilung aber auch schon

für mögliches Beschäftigen mit diesen sonst in der Gesellschaft beiseite gedrängten Problemen, ein

Raum geschaffen werden muss indem akzeptiert und bemerkt wird ohne zu bewerten. Dies habe ich

nicht nur versucht in meiner Prüfung umzusetzen sonder auch aufzuzeigen und selbst zu

verinnerlichen.

Die Form der Prüfung die ich hierfür genutzt habe halte ich für effizient. Es freut mich, dass ich,

zumindest für mich, einen Raum schaffen konnte in den ich für Ruhe, Bewusstsein und Reflektion

immer wieder, bloß mit der Kraft meiner Gedanken, zurückkehren kann. Auch gefällt mir die

Vorstellung für jeden Menschen der diese Prüfung liest einen solchen Ort ermöglicht zu haben.

Außerdem scheinen mir die Gedanken und das Bewusstsein als künstlerisches Medium eine sehr

geeignete Form der Umsetzung für meine Thematik. Dazu ist zu erwähnen, dass es diese


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Umsetzung vermutlich nicht gegeben hätte, wenn die Seminare und die Prüfung, ohne

Einschränkungen, wie gewohnt hätten stattfinden können.

Auch für meine spätere Arbeit in Schulen ist diese Realisierung von entscheidender Bedeutung.

Genauso wie in der Universität wird es auch in der Schule Probleme mit der Umsetzung von

ursprünglichen Planungen geben. Diese Prüfung hat mich allerding gelehrt, dass es alternative

Lösungen gibt, die sich positiv auf das ursprüngliche Konzept auswirken können. Außerdem nehme

ich durch diese Ausarbeitung mit, dass Offenheit im Umgang mit Problemen ein essenzieller Teil

meiner Arbeit als Lehrperson wird. Auch wenn sich meine Arbeit auf psychische Störungen bezieht ist

sie übertragbar. Bewusster Umgang mit Problemen kann in jedem Alltag Anklang finden und auch in

der Schule einen Raum für Heilung schaffen.

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