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Gestrandet auf dem Sonnenberg - geschichte-luzern.ch

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Jürg Stadelmann und Samantha Lottenba<strong>ch</strong><br />

<strong>Gestrandet</strong> <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> <strong>Sonnenberg</strong><br />

Flü<strong>ch</strong>tlings- und Rückwandererheim ‹Hotel <strong>Sonnenberg</strong>›<br />

Die S<strong>ch</strong>weiz hat zwis<strong>ch</strong>en 1938 und 1945 insgesamt rund 300000 ausländis<strong>ch</strong>en<br />

S<strong>ch</strong>utzsu<strong>ch</strong>enden einen temporären Aufenthalt ermögli<strong>ch</strong>t.<br />

Einige befanden si<strong>ch</strong> nur für kurze Zeit im Land, andere mussten gezwungenermassen<br />

jahrelang bleiben. Die grösste Anzahl Flü<strong>ch</strong>tlinge hielt si<strong>ch</strong><br />

jedo<strong>ch</strong> unmittelbar na<strong>ch</strong> Kriegsende im Land <strong>auf</strong> – rund 115000 Personen.<br />

Gegenüber ‹Kriegsflü<strong>ch</strong>tlingen› hat si<strong>ch</strong> die S<strong>ch</strong>weiz im allgemeinen<br />

hilfsbereit und insgesamt beeindruckend grosszügig gezeigt. Die militäris<strong>ch</strong>en<br />

Kriegsflü<strong>ch</strong>tlinge wurden in Anwendung der völkerre<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en Verpfli<strong>ch</strong>tungen<br />

privilegierter eingelassen und besser behandelt als die zivilen<br />

Kriegsflü<strong>ch</strong>tlinge. Den ‹Terrorflü<strong>ch</strong>tlingen› – Zivilpersonen, von denen<br />

bekannt war, dass sie an Leib und Leben bedroht waren – begegnete man<br />

<strong>auf</strong> <strong>dem</strong> Höhepunkt der Verfolgung (1942/43) bewusst abs<strong>ch</strong>reckend und<br />

verweigerte Tausenden das Asyl. Trotz der Abwehrhaltung der Behörden<br />

gelangten Terrorflü<strong>ch</strong>tlinge zu mehreren Tausend ins Land. Dabei muss<br />

gesagt werden, dass von den letztli<strong>ch</strong> rund 29000 jüdis<strong>ch</strong>en Flü<strong>ch</strong>tlingen,<br />

die bis 1945 im S<strong>ch</strong>weizer Exil überleben konnten, mehr als die Hälfte erst<br />

na<strong>ch</strong> der Kriegswende von 1943 temporär <strong>auf</strong>genommen worden sind. 1<br />

Auf <strong>dem</strong> <strong>Sonnenberg</strong> ob Kriens strandeten zuerst ‹Terrorflü<strong>ch</strong>tlinge›.<br />

Seit 1942 lebten im Flü<strong>ch</strong>tlingsheim vor und während des Krieges immigrierte,<br />

weibli<strong>ch</strong>e Zivilpersonen, die der rassistis<strong>ch</strong>en Diskriminierung und<br />

gezielt anvisierten Ermordung entronnen waren. Gegen Kriegsende gastierten<br />

zwei besondere Varianten von ‹Kriegsflü<strong>ch</strong>tlingen› im ehemaligen<br />

Hotel: Vor und na<strong>ch</strong> <strong>dem</strong> Kriegsende Russinnen, die aus der barbaris<strong>ch</strong>en<br />

Arbeitsversklavung in Deuts<strong>ch</strong>land entwi<strong>ch</strong>en waren. Während der ersten<br />

Na<strong>ch</strong>kriegsjahre bewohnten Rückwanderer das Hotel <strong>Sonnenberg</strong>. Diese<br />

heimgekehrten Auslands<strong>ch</strong>weizer und Auslands<strong>ch</strong>weizerinnen bra<strong>ch</strong>ten<br />

si<strong>ch</strong> vor den Verheerungen – vor allem im ehemaligen Ostdeuts<strong>ch</strong>land – in<br />

ihre Urheimat in Si<strong>ch</strong>erheit.<br />

54<br />

Niederlande, Belgien,<br />

Luxemburg und<br />

Frankrei<strong>ch</strong><br />

1940<br />

f<br />

deuts<strong>ch</strong>besetztes<br />

Frankrei<strong>ch</strong><br />

1942 f<br />

Vi<strong>ch</strong>y-<br />

Frankrei<strong>ch</strong><br />

und italienis<strong>ch</strong><br />

besetztes Gebiet<br />

Deuts<strong>ch</strong>land<br />

1942<br />

g<br />

i<br />

1943<br />

Italien<br />

Ost- und<br />

Mitteleuropa<br />

1944/45<br />

Österrei<strong>ch</strong><br />

h1938<br />

1 Jürg Stadelmann, Der s<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>e<br />

Umgang mit Fremden in bedrängter<br />

Zeit, Die s<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>e Flü<strong>ch</strong>tlingspolitik<br />

1940–46 sowie ihre Rezeption<br />

bis heute, Züri<strong>ch</strong> 1998, S.69 f.,<br />

135–153.<br />

f<br />

Betra<strong>ch</strong>tet man rückblickend das s<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>e Verhalten angesi<strong>ch</strong>ts<br />

der um Einlass flehenden ‹Terrorflü<strong>ch</strong>tlinge› während der Jahre 1942/43,<br />

so wirkt die Rückweisung dieser ‹an Leib und Leben› bedrohten Verfolgten,<br />

bes<strong>ch</strong>ämend und wie die Bergierkommission ri<strong>ch</strong>tigerweise festgehalten<br />

hat, ma<strong>ch</strong>te si<strong>ch</strong> die damalige S<strong>ch</strong>weiz dabei mits<strong>ch</strong>uldig an der<br />

Umsetzung der Ausrottungsabsi<strong>ch</strong>t der Nazis. 2 Überblickt man ans<strong>ch</strong>liessend<br />

die zunehmende, ni<strong>ch</strong>t angestrebte, tausendfa<strong>ch</strong>e Aufnahme von Terrorflü<strong>ch</strong>tlingen<br />

in den Jahren 1944/45 und der im Allgemeinen immer<br />

rücksi<strong>ch</strong>tsvolleren und differenzierteren Beherbergung in angemesseneren<br />

Lagern und Heimen, dann ist – gerade au<strong>ch</strong> im internationalen Verglei<strong>ch</strong> –<br />

dieser s<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>en Leistungsbilanz Respekt entgegen zu bringen. 3<br />

Der Fotograf Fritz Weiss<br />

Die meisten der hier verwendeten Flü<strong>ch</strong>tlingsbilder wurden von Fritz<br />

Weiss (1904–1974), einem gebürtigen Wiener Juden, <strong>auf</strong>genommen. 4 Der<br />

frühere Glühlampenfabrikant kannte die S<strong>ch</strong>icksale der von ihm fotogra-<br />

55<br />

Die Ruhe genießend, den eigenen Gedanken<br />

na<strong>ch</strong>hängend und von einer besseren Welt<br />

träumend sitzen die Flü<strong>ch</strong>tlingsfrauen <strong>auf</strong> der<br />

Terrasse des Hotels <strong>Sonnenberg</strong>.<br />

2 Einzelstudie: Unabhängige Expertenkommission,<br />

Die S<strong>ch</strong>weizer und die<br />

Flü<strong>ch</strong>tlinge zur Zeit des Nationalsozialismus,<br />

Züri<strong>ch</strong> 2001, S.380. –<br />

S<strong>ch</strong>lussberi<strong>ch</strong>t: Unabhängige Expertenkommission,<br />

S<strong>ch</strong>weiz – Zweiter<br />

Weltkrieg, Die S<strong>ch</strong>weiz, der Nationalsozialismus<br />

und der Zweite Weltkrieg,<br />

Züri<strong>ch</strong> 2002, S.131–151 und<br />

S.523–526.<br />

3 Stadelmann 1998, S.39–48, S.307.<br />

4 Fotoalben Fritz Weiss, Privatbesitz,<br />

Baden.


fierten Personen aus eigenem Erleben, hatten die Nazis do<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> ihn<br />

selbst ins Konzentrationslager Da<strong>ch</strong>au deportiert. Er gelangte jedo<strong>ch</strong> später<br />

mit Hilfe eines Freundes in die S<strong>ch</strong>weiz. Als internierter Flü<strong>ch</strong>tling<br />

arbeitete Fritz Weiss im Sommer 1941 zuerst in einem Lager bei Muri im<br />

Kanton Aargau, später in einem in Vouvry im Kanton Wallis.<br />

1942 durfte er mit seiner Mutter na<strong>ch</strong> Baden ziehen, wo er bis zum<br />

Ende des Krieges blieb. Im Sommer 1944 fotografierte er – vermutli<strong>ch</strong> aus<br />

eigener Initiative – das ‹Flü<strong>ch</strong>tlingsheim <strong>Sonnenberg</strong>› und das ‹Arbeitslager<br />

Emigranten Locarno›. Na<strong>ch</strong> <strong>dem</strong> Krieg musste Fritz Weiss das Land<br />

verlassen und wanderte na<strong>ch</strong> Amerika aus.<br />

Auf <strong>dem</strong> <strong>Sonnenberg</strong><br />

Zwis<strong>ch</strong>en 1940 und 1949 betrieb die vom Bundesrat be<strong>auf</strong>tragte Eidgenössis<strong>ch</strong>e<br />

Zentralleitung der Heime und Lager, kurz ZL genannt, für zivile<br />

Flü<strong>ch</strong>tlinge an 60 vers<strong>ch</strong>iedenen Standorten in der ganzen S<strong>ch</strong>weiz in<br />

insgesamt 107 Pensionen oder Hotels Flü<strong>ch</strong>tlingsheime. Im leerstehenden<br />

Hotel <strong>Sonnenberg</strong> hielten si<strong>ch</strong> zeitweise bis zu 200 Personen <strong>auf</strong>. Es war<br />

damals eines der grössten Flü<strong>ch</strong>tlingsheime. 5<br />

«Man hatte für die Frauen und Mäd<strong>ch</strong>en leerstehende Hotels gemietet,<br />

pra<strong>ch</strong>tvolle Bauten. Der Aussenstehende, der an einem sol<strong>ch</strong>en Gebäude<br />

vorbeiflaniert, beneidet si<strong>ch</strong>erli<strong>ch</strong> die Insassinnen.»<br />

(Max Brusto, S.87)<br />

Wie Max Brusto, ein damals in der S<strong>ch</strong>weiz internierter jüdis<strong>ch</strong>er<br />

Flü<strong>ch</strong>tling, in seinem na<strong>ch</strong> <strong>dem</strong> Krieg publizierten, kritis<strong>ch</strong>en Rückblick<br />

treffend bes<strong>ch</strong>reibt, kommt beim Anblick dieser Aufnahme tatsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong><br />

Ferienstimmung <strong>auf</strong>. Müssig entspannen si<strong>ch</strong> die drei Frauen <strong>auf</strong> der Terrasse<br />

und geniessen den Sonnens<strong>ch</strong>ein. Vor ihnen breitet si<strong>ch</strong> die Stadt<br />

und der Vierwaldstädtersee aus, der Rücken wird vom Pilatus gedeckt.<br />

Hier oben fühlt man si<strong>ch</strong> der Sonne ein Stück<strong>ch</strong>en näher. Ein Ort, ideal für<br />

56<br />

Fritz Weiss und sein Hotelzimmer in Baden<br />

5 EJPD-Beri<strong>ch</strong>t von Oskar S<strong>ch</strong>ür<strong>ch</strong>, Das<br />

Flü<strong>ch</strong>tlingswesen in der S<strong>ch</strong>weiz<br />

während des Zweiten Weltkrieges und<br />

in der unmittelbaren Na<strong>ch</strong>kriegszeit<br />

1933–1950, Bern 1950, S.71 ff.<br />

Ferien und Erholung. Man fühlt si<strong>ch</strong> erhaben über die kleine Welt, die<br />

einem dort unten zu Füssen liegt. Erhaben – oder do<strong>ch</strong> eher ausges<strong>ch</strong>lossen?<br />

Denn die drei Frauen, wel<strong>ch</strong>e hier den Ans<strong>ch</strong>ein von zufriedenen<br />

Feriengästen ma<strong>ch</strong>en, sind in Tat und Wahrheit unfreiwillige Hotelbewohner,<br />

offiziell – von der Eidg. Polizeiabteilung in Bern – als ‹Internierte<br />

Zivilflü<strong>ch</strong>tlinge› betitelt. 6<br />

Seit Dezember 1942 ist das Hotel <strong>Sonnenberg</strong> kein Hotel für Touristen<br />

mehr, sondern eines von vielen Flü<strong>ch</strong>tlingsheimen, das unter der S<strong>ch</strong>irmherrs<strong>ch</strong>aft<br />

der ZL mit Hauptsitz in Züri<strong>ch</strong> steht. 7 Die ZL kümmert si<strong>ch</strong> seit<br />

1940 um die von der S<strong>ch</strong>weiz <strong>auf</strong> Zusehen hin <strong>auf</strong>genommenen Emigranten<br />

und Zivilflü<strong>ch</strong>tlinge. Sie erri<strong>ch</strong>tet übers ganze Land verstreut Holzbarackensiedlungen,<br />

die den internierten Männern als Arbeitslager dienen.<br />

Für Frauen, Kinder und Gebre<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e werden angemessenere Unterkünfte<br />

gesu<strong>ch</strong>t. Viele der infolge des Krieges leerstehenden Hotels werden deshalb<br />

gemietet und in Heime umfunktioniert. So ges<strong>ch</strong>ah es au<strong>ch</strong> mit <strong>dem</strong><br />

Hotel <strong>Sonnenberg</strong> in Kriens und <strong>dem</strong> Hotel Tivoli in Luzern. 8<br />

Zu<strong>ch</strong>t und Ordnung!<br />

Der Tagesabl<strong>auf</strong> <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> <strong>Sonnenberg</strong> ist klar strukturiert. Denn im und<br />

ums Haus muss Ordnung herrs<strong>ch</strong>en. Disziplin ist eines der hö<strong>ch</strong>sten Anliegen<br />

der Heimleitung, s<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> soll vermieden werden, dass die Zentralleitung<br />

in Züri<strong>ch</strong> einen Bes<strong>ch</strong>werdebrief erhält und die Anordnung trifft,<br />

Unruhe stiftende Insassinnen zwangsmässig zu versetzen. 9<br />

So ges<strong>ch</strong>ieht der Tagesabl<strong>auf</strong> na<strong>ch</strong> Vors<strong>ch</strong>rift: Tägli<strong>ch</strong> zwei Appelle,<br />

straffe Arbeitszeiten. Vor allem die Antrittsappelle am Morgen und Abend<br />

57<br />

«Sie können si<strong>ch</strong> einfa<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t vorstellen, wie<br />

die tägli<strong>ch</strong>en zwei Appelle <strong>auf</strong> die Leute wirken.<br />

Wahre Lustigkeit gibt es hier keine, man<br />

ist von einer frostigen, unfreundli<strong>ch</strong>en Atmosphäre<br />

umgeben.»<br />

(Flü<strong>ch</strong>tlingszitat in: Charlotte Weber, 1994,<br />

S.48/49)<br />

6 Carl Ludwig, Die Flü<strong>ch</strong>tlingspolitik der<br />

S<strong>ch</strong>weiz seit 1933 bis zur Gegenwart,<br />

Bern 1957, S.179ff.<br />

7 Handakten Rothmund, Bundesar<strong>ch</strong>iv<br />

4800 (A) 1967/111.<br />

8 S<strong>ch</strong>ür<strong>ch</strong> 1950, S.69 ff.<br />

9 Wie die ZL organisiert und <strong>auf</strong>gebaut<br />

war, zeigt: Otto Zaugg und Heinri<strong>ch</strong><br />

Fis<strong>ch</strong>er, Tätigkeits- und S<strong>ch</strong>lussberi<strong>ch</strong>t<br />

der Eidg. Zentralleitung der Heime<br />

und Lager, 1940–1949, Züri<strong>ch</strong> 1950,<br />

(ZL-S<strong>ch</strong>lussberi<strong>ch</strong>t).


ereiten den Insassinnen Mühe, spürt man do<strong>ch</strong> bei diesem Anlass das<br />

Auge der Behörde sehr genau. So bes<strong>ch</strong>reibt Ruth Pe<strong>ch</strong>ner-Arndtheim, die<br />

im Herbst 1943 <strong>auf</strong> den <strong>Sonnenberg</strong> zwangsversetzt wurde, das sogenannte<br />

‹Musterfrauenheim› <strong>Sonnenberg</strong> als frostig und unfreundli<strong>ch</strong>. 10<br />

Dieser <strong>auf</strong> äusserli<strong>ch</strong>e Musterhaftigkeit und <strong>dem</strong>onstrativ begrenzte<br />

Zuwendung ausgeri<strong>ch</strong>tete Tagesrhythmus lässt die internierten Frauen<br />

deutli<strong>ch</strong> spüren, dass sie halt do<strong>ch</strong> keine ‹Gäste› sind, sondern gegen den<br />

Willen dieses Staates hier ‹<strong>Gestrandet</strong>e›, die jetzt eine verordnete Fürsorge<br />

erhalten. Ebenfalls klar ist, dass der Standort wie bei den meisten Lagern<br />

ni<strong>ch</strong>t zentral gelegen war – und dass diese Einquartierung etwas ausserhalb<br />

der Gemeinde vielen ni<strong>ch</strong>t unre<strong>ch</strong>t war. 11<br />

Arbeit und Freizeit<br />

Das Thema Arbeit und Zwangsarbeit hat oft zu Kontroversen geführt.<br />

Vorwürfe, die S<strong>ch</strong>weizer Behörden hätten die Flü<strong>ch</strong>tlinge zur Arbeit gezwungen<br />

und sie als billige Arbeitskräfte missbrau<strong>ch</strong>t, wurden und werden<br />

häufig laut. In der Tat war das Entgelt für die getane – seitens der<br />

Männer oft s<strong>ch</strong>were körperli<strong>ch</strong>e – Arbeit gering. Do<strong>ch</strong> gilt es zu bedenken,<br />

dass es für die Flü<strong>ch</strong>tlinge psy<strong>ch</strong>ologis<strong>ch</strong> wi<strong>ch</strong>tig war, etwas zu tun. Denn<br />

s<strong>ch</strong>limmer als Arbeitszwang war ohnmä<strong>ch</strong>tige Untätigkeit. 12<br />

Während der Arbeit sitzen die Frauen im Arbeitsraum vors<strong>ch</strong>riftsgemäss<br />

in Reih und Glied und arbeiten still, ohne ein Wort zu we<strong>ch</strong>seln.<br />

Die Strickarbeit im Freien zu ma<strong>ch</strong>en oder gar die Nähmas<strong>ch</strong>ine bei s<strong>ch</strong>önem<br />

Wetter na<strong>ch</strong> draussen in den Garten zu stellen – undenkbar! Si<strong>ch</strong><br />

während der Arbeit ablenken zu lassen – das gibt es ni<strong>ch</strong>t! Ausnahmen<br />

gibt es keine – oder etwa do<strong>ch</strong>? 13<br />

Wer fleissig arbeitet, hat gemäss <strong>dem</strong> vom Eidg. Polizeidepartement<br />

abgesegneten Reglement Ausgang und Urlaub verdient. Diese kurzen Freitage<br />

– dreimal 24 Stunden – nützen die Frauen, um ihre Ehegatten und<br />

10 Ruth Pe<strong>ch</strong>ner-Arndtheim, in: Charlotte<br />

Weber, Gegen den Strom der Finsternis,<br />

als Betreuerin in S<strong>ch</strong>weizer<br />

Flü<strong>ch</strong>tlingsheime 1942–1945, Züri<strong>ch</strong><br />

1994; S.48/49.<br />

11 Oberstleutnant Henry, Eidg. Kommissär<br />

für Internierung und Hospitalisierung,<br />

‹betreffend der Beziehung der<br />

Zivilbevölkerung zu den Internierten›,<br />

Staatsar<strong>ch</strong>iv Luzern, AKT 44/1265<br />

sowie Politis<strong>ch</strong>e Polizei des Kanton<br />

Luzern an den Regierungsrat des Kanton<br />

Luzern, 02.01.1942, ‹betreffend<br />

Ausländer im Kanton Luzern›, zwei<br />

Seiten, Staatsar<strong>ch</strong>iv Luzern, AKT<br />

44/1266.<br />

12 Jürg Stadelmann, Selina Krause, ‹Zur<br />

Zwangsarbeit versklavt oder angemessen<br />

behandelt?›, in: Berner Zeitung<br />

23.1.1998, S.3.<br />

13 Zu diesem Thema hauptsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> die<br />

S<strong>ch</strong>ilderungen von Weber 1994,<br />

S. 48 ff.<br />

58 59<br />

«Dass diese Hotels goldene Käfige waren,<br />

dass drinnen ein strenges Regiment geführt<br />

wurde, davon ahnte der Vorübergehende<br />

ni<strong>ch</strong>ts.»<br />

(Max Brusto, 1967, S. 87)


Kinder zu besu<strong>ch</strong>en. Denn in den ersten Jahren der Internierung war es<br />

übli<strong>ch</strong>, die Flü<strong>ch</strong>tlingsfamilien, wel<strong>ch</strong>e die Grenze zur S<strong>ch</strong>weiz übers<strong>ch</strong>ritten<br />

und ein temporäres Asyl fanden, <strong>auf</strong>zuteilen. Eheleute wurden getrennt,<br />

Kinder wurden in separaten, meist privaten Unterkünften – distanziert<br />

von den Eltern – untergebra<strong>ch</strong>t. 14<br />

Dass na<strong>ch</strong> einem selten ermögli<strong>ch</strong>ten Familientreffen die Rückkehr <strong>auf</strong><br />

den <strong>Sonnenberg</strong> s<strong>ch</strong>wer fällt, kann man direkt vom Gesi<strong>ch</strong>t der Frauen<br />

ablesen. Der S<strong>ch</strong>merz über die Trennung von den wenigen verbliebenen<br />

Mens<strong>ch</strong>en trifft hart. Warum muss i<strong>ch</strong> mir dies gefallen lassen? Warum<br />

werde i<strong>ch</strong> hier eingesperrt und kontrolliert?<br />

Charlotte Weber, eine ehemalige Heimleiterin, die wegen ihres zu<br />

mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Umgangs mit den Flü<strong>ch</strong>tlingen bei der ZL letztli<strong>ch</strong> in Ungnade<br />

gefallen war, erzählt in ihrem persönli<strong>ch</strong>en Rückblick, von einer ehemaligen<br />

Insassin des <strong>Sonnenberg</strong>s, die geklagt haben soll: «I<strong>ch</strong> denke mir<br />

man<strong>ch</strong>mal wirkli<strong>ch</strong>, warum i<strong>ch</strong> vor den Deuts<strong>ch</strong>en ausgerückt bin, um wieder<br />

in einer preussis<strong>ch</strong>en Kaserne zu landen» (Charlotte Weber, 1994,<br />

S.48/49)<br />

Do<strong>ch</strong> <strong>auf</strong> sol<strong>ch</strong>e Gedanken folgte meist postwendend der eigene Selbstvorwurf:<br />

Was beklage i<strong>ch</strong> mi<strong>ch</strong>? I<strong>ch</strong> lebe! Dies bestätigen viele na<strong>ch</strong>trägli<strong>ch</strong>e<br />

Rückblicke ehemaliger Flü<strong>ch</strong>tlinge, so au<strong>ch</strong> dieser: «I<strong>ch</strong> habe, ehrli<strong>ch</strong><br />

gesagt, im Lager immer nur ein s<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>tes Gewissen gehabt. Denn wir hatten<br />

genug zu essen, wir waren in einer sehr s<strong>ch</strong>önen Gegend interniert –<br />

von meinen Freunden wusste i<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t, sind sie in Aus<strong>ch</strong>witz, sind sie tot,<br />

arbeiten sie illegal, ni<strong>ch</strong>t wahr. I<strong>ch</strong> kam mir vor wie ein S<strong>ch</strong>marotzer, als<br />

hätte i<strong>ch</strong> sie im Sti<strong>ch</strong> gelassen.» (Zitat aus: Jürg Fris<strong>ch</strong>kne<strong>ch</strong>t, Mathias<br />

Knauer, 1967, S.212)<br />

14 Ludwig 1957, S.199–201.<br />

Und trotz aller Dankbarkeit war permanent dieses Gefühl, überwa<strong>ch</strong>t<br />

zu sein, der Unmut darüber, ein fremdbestimmtes Leben in einer wild<br />

zusammengewürfelten Gesells<strong>ch</strong>aft führen zu müssen.<br />

Spannung und Neugierde der Einheimis<strong>ch</strong>en<br />

Unmut in der Bevölkerung gegen Flü<strong>ch</strong>tlinge war zu jeder Zeit der Krisen-<br />

und Kriegsjahre spürbar. Um den Widerstand zu verstehen, der si<strong>ch</strong><br />

gegen die Asylsu<strong>ch</strong>enden <strong>auf</strong>baute, genügen die allgemeinen Erklärungen<br />

– die einges<strong>ch</strong>ränkte Ernährungslage der S<strong>ch</strong>weiz, keine Mögli<strong>ch</strong>keit weiterzuwandern,<br />

weitere Flü<strong>ch</strong>tlingsmassen, aussenpolitis<strong>ch</strong>e Rücksi<strong>ch</strong>ten,<br />

innenpolitis<strong>ch</strong>es Si<strong>ch</strong>erheitsrisiko und die fehlenden Quartiere –, wie sie<br />

von offizieller Seite immer wieder <strong>auf</strong>geführt wurden, ni<strong>ch</strong>t. 15<br />

Bestimmt trugen diese sa<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Argumente zur teilweise spannungsgeladenen<br />

Atmosphäre zwis<strong>ch</strong>en Einheimis<strong>ch</strong>en und Flü<strong>ch</strong>tlingen bei.<br />

Ni<strong>ch</strong>t zu vergessen sind jedo<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> die tiefer liegenden individuellen und<br />

kollektiven Abwehrmotive: Da wäre die ständig geäusserte Angst vor einer<br />

‹Überfremdung› des Landes und einer ‹Übers<strong>ch</strong>wemmung› des überlasteten<br />

Arbeitsmarktes zu nennen. Hinzu kommen traditionelle und dur<strong>ch</strong> alle<br />

S<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>ten bis in die hö<strong>ch</strong>sten Ämter verbreitete antisemitis<strong>ch</strong>e Strömungen,<br />

angeheizt dur<strong>ch</strong> einheimis<strong>ch</strong>e oder importierte Propaganda. 16<br />

Und dann bewegte natürli<strong>ch</strong> das persönli<strong>ch</strong>e Zusammentreffen mit<br />

<strong>dem</strong> Fremden allgemein. Oft kamen die Flü<strong>ch</strong>tlinge aus urbanen Gebieten,<br />

waren si<strong>ch</strong> das Stadtleben gewohnt und benahmen si<strong>ch</strong> <strong>dem</strong>entspre<strong>ch</strong>end.<br />

17 Was für Frauen mit grossstädtis<strong>ch</strong>en Gewohnheiten zum Ausgang<br />

einfa<strong>ch</strong> dazugehört – s<strong>ch</strong>minken, si<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong> Mögli<strong>ch</strong>keit adrett kleiden und<br />

60 61<br />

Der dreitägige Urlaub ist zu Ende. Nun heisst<br />

es wieder zurück in den eintönigen Alltag <strong>auf</strong><br />

<strong>dem</strong> <strong>Sonnenberg</strong>.<br />

15 Stadelmann 1998, S.217–231<br />

16 ebenda<br />

17 Jürg Stadelmann, Selina Krause, ‹Concentrationslager›<br />

Büren an der Aare<br />

1940–1946, Das grösste Flü<strong>ch</strong>tlingslager<br />

der S<strong>ch</strong>weiz im Zweiten Weltkrieg,<br />

Baden 1999, S.80 ff.


au<strong>ch</strong>en – wirkt <strong>auf</strong> Dorfbewohner oft befremdend, wenn ni<strong>ch</strong>t sogar überhebli<strong>ch</strong><br />

und arrogant. 18<br />

Dies ist aber nur die eine Seite. Ein ebenso grosser Teil der Bevölkerung<br />

nimmt rege Anteil am S<strong>ch</strong>icksal der Flü<strong>ch</strong>tlinge. So stellt der <strong>Sonnenberg</strong><br />

in den Jahren 1943–1947 na<strong>ch</strong> wie vor ein beliebtes Ausflugsziel dar.<br />

Zum einen <strong>auf</strong>grund der lands<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en S<strong>ch</strong>önheit – zum anderen wegen<br />

der Mögli<strong>ch</strong>keit, mit den internierten Frauen zu spre<strong>ch</strong>en. Und <strong>auf</strong> ein sol<strong>ch</strong>es<br />

Gesprä<strong>ch</strong> folgte ni<strong>ch</strong>t selten eine Einladung zu einem gemeinsamen<br />

Essen am Sonntag. 19<br />

Die Russinnen<br />

Wir stehen im Sommer des Jahres 1945, wel<strong>ch</strong>es anfangs Mai das<br />

ersehnte Kriegsende in Europa gebra<strong>ch</strong>t hatte. Und immer no<strong>ch</strong> befinden<br />

si<strong>ch</strong> rund 180 Flü<strong>ch</strong>tlingsfrauen <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> <strong>Sonnenberg</strong>! 20 Wenn man jedo<strong>ch</strong><br />

genauer hinsieht, ist eine Veränderung feststellbar. Waren 1944 vor allem<br />

Zivilflü<strong>ch</strong>tlinge – hauptsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> Jüdinnen – aus den an die S<strong>ch</strong>weiz angrenzenden<br />

Ländern <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> <strong>Sonnenberg</strong> interniert, so befinden si<strong>ch</strong> jetzt auss<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong><br />

Frauen aus der Sowjetunion dort. 21 Au<strong>ch</strong> diese arbeiten im<br />

Garten, in der Wäs<strong>ch</strong>erei oder in der Flickstube. No<strong>ch</strong> immer wird der<br />

Haushalt von den Mäd<strong>ch</strong>en und Frauen selbst besorgt, weiterhin unterstehen<br />

die Frauen einer S<strong>ch</strong>weizer Lagerleiterin, und wie gehabt steht als<br />

letzte Instanz die ZL über <strong>dem</strong> Flü<strong>ch</strong>tlingsheim. 22<br />

Do<strong>ch</strong> dur<strong>ch</strong> die Tatsa<strong>ch</strong>e, dass es si<strong>ch</strong> bei den Bewohnerinnen des <strong>Sonnenberg</strong>heims<br />

um Sowjetrussinnen handelt, wird unverhofft ein neues, für<br />

die S<strong>ch</strong>weiz existentielles Politikum zentral: Die Beurteilung der S<strong>ch</strong>weiz<br />

dur<strong>ch</strong> die Kriegsgewinner – insbesondere dur<strong>ch</strong> die Sowjetunion.<br />

Seit der Russis<strong>ch</strong>en Revolution 1917 führte die S<strong>ch</strong>weiz keine offiziellen<br />

Kontakte mit der udssr. 23 Die S<strong>ch</strong>weizer Regierung wollte ni<strong>ch</strong>ts mit<br />

<strong>dem</strong> bols<strong>ch</strong>ewistis<strong>ch</strong>en Regime zu tun haben. 24 Na<strong>ch</strong> 1943 wurde jedo<strong>ch</strong><br />

klar, dass mit der siegrei<strong>ch</strong>en Roten Armee die Sowjetunion zu einer fortan<br />

dominierenden Weltma<strong>ch</strong>t <strong>auf</strong>gestiegen war. Diplomatis<strong>ch</strong>e Beziehungen<br />

zu diesem Staat wurden für die S<strong>ch</strong>weiz je länger desto unumgängli<strong>ch</strong>er.<br />

Ende 1944 versu<strong>ch</strong>te der S<strong>ch</strong>weizer Aussenminister den Kontakt wieder<br />

<strong>auf</strong>zubauen, wurde aber von der udssr brüskiert, so dass si<strong>ch</strong> Bundesrat<br />

Pilet-Golaz zum sofortigen Rücktritt gezwungen sah. 25 In diesem besonderen<br />

Umfeld wurde die Anwesenheit von immer mehr sowjetrussis<strong>ch</strong>en<br />

Flü<strong>ch</strong>tlingen in der S<strong>ch</strong>weiz – letztli<strong>ch</strong> waren es rund 9500 Frauen und<br />

Männer – unerwartet zu einem Instrument der neuen Superma<strong>ch</strong>t und der<br />

vom neuen Bundesrat Petitpierre gelenkten, <strong>auf</strong> die Realitäten der Na<strong>ch</strong>kriegszeit<br />

ausgeri<strong>ch</strong>teten s<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>en Aussenpolitik. 26<br />

62<br />

Ausgang! Im guten S<strong>ch</strong>uhwerk beginnt der<br />

Abstieg vom <strong>Sonnenberg</strong>. Am Fusse des<br />

<strong>Sonnenberg</strong>s werden die S<strong>ch</strong>uhe gewe<strong>ch</strong>selt.<br />

S<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> will man den Bewohnern<br />

von Luzern ni<strong>ch</strong>t in Holzpantinen begegnen.<br />

18 Zur Thematik Flü<strong>ch</strong>tlinge-Einheimis<strong>ch</strong>e<br />

finden si<strong>ch</strong> in Weber 1994 einige<br />

interessante Stellen, etwa S. 93 f.<br />

19 Erinnerung eines heute in Züri<strong>ch</strong><br />

lebenden ehemaligen Luzerners,<br />

Februar 2002.<br />

20 E.H., ‹Wie leben die Russinnen in der<br />

S<strong>ch</strong>weiz? Besu<strong>ch</strong> bei 180 Flü<strong>ch</strong>tlingen›,<br />

in: Sie und Er, Zofingen, Jg.21,<br />

1945, 29.6., S.6–7, 9 Abbildungen.<br />

21 Aufstellung über die si<strong>ch</strong> zurzeit in<br />

der S<strong>ch</strong>weiz befindli<strong>ch</strong>en russis<strong>ch</strong>en<br />

Flü<strong>ch</strong>tlinge, in: Bundesar<strong>ch</strong>iv, 4260 (C)<br />

1974/34<br />

22 Monika Bankowski (Hrsg.) Asyl und<br />

Aufenthalt, Die S<strong>ch</strong>weiz als Zuflu<strong>ch</strong>t<br />

und Wirkungsstätte von Slaven im<br />

19.und 20. Jahrhundert, Basel 1994,<br />

S.423.<br />

23 Christine Gehrig-Straube, Beziehungslose<br />

Zeiten, Das S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>e-sowejtis<strong>ch</strong>e<br />

Verhältnis zwis<strong>ch</strong>en Abbru<strong>ch</strong><br />

und Wieder<strong>auf</strong>nahme der Beziehungen<br />

(1918–1946) <strong>auf</strong>grund s<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>er<br />

Akten, Züri<strong>ch</strong> 1997, S. 350 ff.<br />

24 Diese Politik trug vor allem die Hands<strong>ch</strong>rift<br />

von Bundesrat Giuseppe Motta.<br />

Dazu: Edgar Bonjour, Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te der<br />

S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>en Neutralität, Bd.2,<br />

Basel 1970, S.279 ff. Siehe au<strong>ch</strong>:<br />

Carlo Moos, Ja zum Völkerbund – Nein<br />

zur UNO, Züri<strong>ch</strong> 2001.<br />

25 Dreyer Dietri<strong>ch</strong>, S<strong>ch</strong>weizer Kreuz und<br />

Sowjetstern, Beziehungen zweier<br />

unglei<strong>ch</strong>er Partner seit 1917, Züri<strong>ch</strong><br />

1989, S.190 ff.<br />

26 Bundesrat Max Petitpierre für die<br />

Presse, 28.6.1945, Beri<strong>ch</strong>t über die<br />

Behandlung der entwi<strong>ch</strong>enen russis<strong>ch</strong>en<br />

Kriegsgefangenen in der<br />

S<strong>ch</strong>weiz, 26 Seiten, in: Bundesar<strong>ch</strong>iv,<br />

E 27/14519.<br />

Das Flü<strong>ch</strong>tlingsheim <strong>Sonnenberg</strong> im Brennpunkt sowjetis<strong>ch</strong>-s<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>er<br />

Staatsverhandlungen?<br />

Do<strong>ch</strong> was hat die politis<strong>ch</strong>e Verwicklung konkret mit den Frauen <strong>auf</strong><br />

<strong>dem</strong> <strong>Sonnenberg</strong> zu tun? 27 Ihre Präsenz war plötzli<strong>ch</strong> Teil eines sensiblen<br />

Politikums und stand im Medieninteresse. Radio Moskau hatte, unterstützt<br />

von S<strong>ch</strong>weizer udssr-Sympathisanten, publizitätswirksam verbreitet, alle<br />

Flü<strong>ch</strong>tlinge aus der Sowjetunion würden in der S<strong>ch</strong>weiz speziell s<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>t<br />

behandelt. 28 Es waren tatsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> von den militärinternierten Russen<br />

(bspw. im Straflager Wauwilermoos) extreme Vorfälle publik geworden<br />

und zu<strong>dem</strong> wurde gemunkelt, dass dies nur die Spitze des Eisbergs sei und<br />

die Diskriminierung von Sowjetrussen systematis<strong>ch</strong> betrieben werde. 29<br />

Zur Abklärung dieser Vorwürfe besu<strong>ch</strong>ten im Juni 1945 ein Journalist<br />

und ein Fotograf im Auftrag der Zeits<strong>ch</strong>rift ‹Sie und Er› das von Ihnen selber<br />

ausgewählte – was ans<strong>ch</strong>liessend im Report besonders betont wird –<br />

Russinnenlager <strong>auf</strong> den <strong>Sonnenberg</strong>. 30 Was sie antrafen, war immer no<strong>ch</strong><br />

ein Flü<strong>ch</strong>tlingsheim für Frauen. Ein Lager, in <strong>dem</strong> «seit anfangs März<br />

1945 alle Russinnen, die bisher in vers<strong>ch</strong>iedenen Heimen in der S<strong>ch</strong>weiz<br />

verteilt waren, <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> <strong>Sonnenberg</strong> zusammengezogen wurden». 31<br />

Natürli<strong>ch</strong> stellten sie unter den Insassinnen Unzufriedenheit und Missmut<br />

fest. S<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> waren alle unter Lebensgefahr aus der barbaris<strong>ch</strong>en<br />

deuts<strong>ch</strong>en Versklavung in die S<strong>ch</strong>weiz geflohen und mussten realisieren,<br />

dass sie si<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> hier in eine Ordnung fügen mussten. Au<strong>ch</strong> sie fühlten<br />

si<strong>ch</strong> eingeengt, bemängelten den Speiseplan und kritisierten die geringe<br />

Besoldung – do<strong>ch</strong> verglei<strong>ch</strong>t man diese Punkte mit Angaben aus der früheren<br />

Zeit des <strong>Sonnenberg</strong>s, so wird ersi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>, dass es den Russinnen keineswegs<br />

s<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>ter ging als seinerzeit den jüdis<strong>ch</strong>en Frauen. Eher im Gegenteil…<br />

32 Ein behördli<strong>ch</strong>er Beri<strong>ch</strong>t aus der Zeit hielt dazu als Charakteristikum<br />

fest:<br />

«Die Russinnen flohen in die S<strong>ch</strong>weiz, ni<strong>ch</strong>t weil sie von diesem Land<br />

besonders viel Gutes erwarteten, sondern weil sie in Deuts<strong>ch</strong>land<br />

s<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>t behandelt worden waren und unter allen Umständen diesem<br />

Leben entrinnen wollten. Für sie war die S<strong>ch</strong>weiz ein kapitalistis<strong>ch</strong>er<br />

Staat, d.h. ein Land mit einem System, in <strong>dem</strong> einem ausserordentli<strong>ch</strong>en<br />

Rei<strong>ch</strong>tum <strong>auf</strong> der einen, Sklavenarbeit <strong>auf</strong> der andern Seite<br />

gegenübersteht. Sie waren meistens von Anfang an negativ zu unserem<br />

Land eingestellt.» (Memorandum 27.4.1945, 1)<br />

Die Nazis hatten diese Frauen seit 1941 in den eroberten Gebieten gezielt<br />

selektioniert, na<strong>ch</strong> Deuts<strong>ch</strong>land vers<strong>ch</strong>leppt und dort <strong>auf</strong> Bauernhöfen<br />

sowie in Fabriken rücksi<strong>ch</strong>tslos ausgebeutet. 33 Oft nur minimal gebildet,<br />

wirkten viele entwurzelt und verhielten si<strong>ch</strong> zutiefst misstrauis<strong>ch</strong>. Die jahrelange<br />

unmens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Behandlung der meist als no<strong>ch</strong> Minderjährige Vers<strong>ch</strong>leppten<br />

hatte si<strong>ch</strong> in einer eigentli<strong>ch</strong>en Verwahrlosung niederges<strong>ch</strong>la-<br />

63<br />

Die Karikatur in der S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>en Allgemeinen<br />

Volkszeitung vom 25. November<br />

1944 spielt <strong>auf</strong> den Rückritt von Bundesrat<br />

Pilet-Golaz an.<br />

27 Memorandum über die Behandlung<br />

der in die S<strong>ch</strong>weiz geflohenen Russinnen,<br />

27.4.1945, Bundesar<strong>ch</strong>iv, 4260<br />

(C) 1974/34, 8 Seiten [zum Flü<strong>ch</strong>tlingsheim<br />

<strong>Sonnenberg</strong>, siehe S.4–8].<br />

28 Gehrig-Straube, Beziehungslose<br />

Zeiten, 1997, S.350–354.<br />

29 Oberst Lenzlinger, ausserordentli<strong>ch</strong>er<br />

Untersu<strong>ch</strong>ungsri<strong>ch</strong>ter, Beri<strong>ch</strong>t an das<br />

EMD über die allgemeinen Verhältnisse<br />

bei den russis<strong>ch</strong>en Internierten,<br />

6.8.1945, 18 Seiten, in: Bundesar<strong>ch</strong>iv<br />

E 27/14554.<br />

30 Sie und Er, 29.6.1945, S.6–7.<br />

31 Siehe Memorandum, 27.4.1945, in:<br />

Bundesar<strong>ch</strong>iv, 4260 (C) 1974/34, S.5.<br />

32 E.H., ‹Wie leben die Russinnen in der<br />

S<strong>ch</strong>weiz?›, in: Sie und Er, Nr.26,<br />

29.06.1945, S.6f<br />

33 Memorandum, 27.4.1945, S.1–2.


gen. An ihnen hatte das Dritte Rei<strong>ch</strong> umzusetzen versu<strong>ch</strong>t, was die rassistis<strong>ch</strong>e<br />

Propaganda über die ‹minderwertigen Slawen› bis in die S<strong>ch</strong>weizer<br />

Lesestuben verkündet hatte. 34<br />

Um <strong>dem</strong> entgegenzuwirken, wurde von der ZL mit der Young Men<br />

Christian Association (ymca) im Flü<strong>ch</strong>tlingsheim <strong>Sonnenberg</strong> eine S<strong>ch</strong>ule<br />

eingeri<strong>ch</strong>tet: «Als Fä<strong>ch</strong>er wurden bestimmt: sanitaris<strong>ch</strong>er Unterri<strong>ch</strong>t,<br />

Spra<strong>ch</strong>en, Mathematik, Näh- und Strickkurse. Die S<strong>ch</strong>ule wird von einem<br />

russis<strong>ch</strong>en Militärinternierten geleitet. Die Disziplin der Mäd<strong>ch</strong>en <strong>auf</strong><br />

<strong>dem</strong> <strong>Sonnenberg</strong> ist befriedigend.» (Memorandum 27.4.1945, 5)<br />

Unmut na<strong>ch</strong> <strong>dem</strong> Kriegsende<br />

Am 9. Mai 1945 ist der Nationalsozialismus endgültig niedergerungen.<br />

Die Russinnen <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> <strong>Sonnenberg</strong> zählen si<strong>ch</strong> stolz zu den Siegern und<br />

feiern. Stalins, Lenins aber au<strong>ch</strong> Titos ges<strong>ch</strong>mückte Porträts sind überall<br />

im Flü<strong>ch</strong>tlingsheim präsent. 35 Man hofft nun, ras<strong>ch</strong> heimkehren zu können<br />

– und do<strong>ch</strong> sitzen die Frauen au<strong>ch</strong> im August 1945 immer no<strong>ch</strong> fest. –<br />

Warum? Zur Klärung der sowjetis<strong>ch</strong>en Vorwürfe hatte si<strong>ch</strong> eine vom Bundesrat<br />

eingeladene sowjetrussis<strong>ch</strong>e Militärmission in Bern eingefunden.<br />

Die S<strong>ch</strong>weiz su<strong>ch</strong>te ihren guten Willen zu <strong>dem</strong>onstrieren und für die Aufnahme<br />

von diplomatis<strong>ch</strong>en Beziehungen ‹gut Wetter zu ma<strong>ch</strong>en›.<br />

Der leitende russis<strong>ch</strong>e General wollte aber ni<strong>ch</strong>t nur die Klagen gegen<br />

die S<strong>ch</strong>weiz untersu<strong>ch</strong>t haben, sondern bestand dar<strong>auf</strong> –, dass alle internierten<br />

russis<strong>ch</strong>en Flü<strong>ch</strong>tlinge zurückkehren müssten. 36 Das Land des real<br />

existierenden Sozialismus wollte keine Heimkehrverweigerer. S<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong><br />

64<br />

Russinnen im festli<strong>ch</strong> ges<strong>ch</strong>mückten Hotelspeisesaal<br />

und bei der Gartenarbeit.<br />

(Fotos S. 64/65: Hans Peter Klauser)<br />

34 Mario König, ‹Bilder, Agenturen, Illustrierte.<br />

Deuts<strong>ch</strong>e Photopropaganda<br />

gegen die Sowjetunion und ihr Weg in<br />

die S<strong>ch</strong>weiz 1941–45›, in: NZZ 277,<br />

26./27.11.1988, S.86–90.<br />

35 Fotografien von Hans Peter Klauser in:<br />

Sie und Er, 29.6.1945, S.6–7.<br />

36 Beri<strong>ch</strong>te des Übersetzers und Jungdiplomaten<br />

Raymond Probst an Bundesrat<br />

Petitpierre, in: Bundesar<strong>ch</strong>iv 2001<br />

(E) EPD 1946–48.<br />

37 Nikolai Tolstoy, Die Verratenen von<br />

Jalta, Berlin 1987, S.555. ‹Der Befehl<br />

No. 227 wurde 1942 erlassen und<br />

allen Truppen der Roten Armee verlesen<br />

... .›<br />

38 Heimkehrverweigernde Russen,<br />

1.12.1946, Statistik der Eidg. Polizeiabteilung,<br />

Bundesar<strong>ch</strong>iv, 4260 (C)<br />

1974/34.<br />

39 Alfred Zehnder, 1900-1983, Erinnerungen<br />

des Russlands<strong>ch</strong>weizers und<br />

Diplomaten, Publikationen des Ar<strong>ch</strong>ivs<br />

für Zeit<strong>ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te</strong> der ETH Züri<strong>ch</strong>,<br />

1989, S.14 f. Fussnote 41: die Beamten<br />

waren Harald Feller und Max.A.<br />

Meier.<br />

hatte Stalin wiederholt befohlen, dass für Russen und Russinnen im Krieg<br />

nur zwei Verhalten mögli<strong>ch</strong> seien: Fürs Vaterland zu kämpfen oder zu<br />

sterben. 37 Es durfte also keine russis<strong>ch</strong>en Kriegsgefangenen geben, ges<strong>ch</strong>weige<br />

denn Internierte in einem neutralen Land.<br />

Und do<strong>ch</strong> verweigerten 344 Militärinternierte und 133 Zivilflü<strong>ch</strong>tlinge<br />

ihre Rückkehr, weil sie zu Re<strong>ch</strong>t um ihr Leben für<strong>ch</strong>teten. 38 Und au<strong>ch</strong> die<br />

als Geiseln genutzten, von der Roten Armee vers<strong>ch</strong>leppten S<strong>ch</strong>weizer Beamte<br />

des diplomatis<strong>ch</strong>en Dienstes in Ungarn, mit denen <strong>auf</strong> das Internierungsland<br />

Druck gema<strong>ch</strong>t wurde, bra<strong>ch</strong>ten nur einen teilweisen Erfolg. 39<br />

So zogen si<strong>ch</strong> die Verhandlungen hin. 40<br />

Die Frauen <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> <strong>Sonnenberg</strong> wussten ni<strong>ch</strong>t, woran sie si<strong>ch</strong> halten<br />

sollten. Konnten sie denen Glauben s<strong>ch</strong>enken, die erzählten, sie würden zu<br />

Hause sehnli<strong>ch</strong>st erwartet? Oder jenen, die sie warnten, die si<strong>ch</strong> selber<br />

standhaft weigerten und im Falle der Nötigung gar von Selbstmord spra<strong>ch</strong>en?<br />

41 Eigentli<strong>ch</strong> wollten ja alle zurück. Aber die Frage, wel<strong>ch</strong>es S<strong>ch</strong>icksal<br />

ihnen zu Hause blühte, ängstigte sie und lastete s<strong>ch</strong>wer <strong>auf</strong> der Psy<strong>ch</strong>e<br />

der Lagerinsassinnen. 42 Selbst die Zusi<strong>ch</strong>erungen eines Mitgliedes der rus-<br />

65<br />

Socken flicken im Freien: Arbeit oder Freizeitbes<strong>ch</strong>äftigung?<br />

40 Oberstdivisionär Flückiger, Beri<strong>ch</strong>t<br />

über die Verhandlungen zwis<strong>ch</strong>en der<br />

Russis<strong>ch</strong>en und der S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>en<br />

Militärmission in Bern, vom 26. Juli<br />

bis 29. Dezember 1945, 4.1.1946,<br />

17Seiten, in: Bundesar<strong>ch</strong>iv E 27/<br />

14520/1.<br />

41 Briefe und Akten: Zur Frage der<br />

zwangsweisen Heims<strong>ch</strong>affung russis<strong>ch</strong>er<br />

Flü<strong>ch</strong>tlinge, Bundesar<strong>ch</strong>iv 4260<br />

(C) 1974/34 Bd.69.<br />

42 Maria Pfister-Ammende, ‹Psy<strong>ch</strong>ologis<strong>ch</strong>e<br />

Erfahrungen mit sowjetrussis<strong>ch</strong>en<br />

Flü<strong>ch</strong>tlingen in der S<strong>ch</strong>weiz›, in:<br />

Die Psy<strong>ch</strong>ohygiene, Bern 1949,<br />

S.231–264.


sis<strong>ch</strong>en Delegation <strong>auf</strong> Inspektionsbesu<strong>ch</strong> im Lager <strong>Sonnenberg</strong> konnte<br />

ni<strong>ch</strong>t alles klären.<br />

Dafür genoss man die Abwe<strong>ch</strong>slung, wel<strong>ch</strong>e die Partei der Arbeit des<br />

Kantons Luzern – ni<strong>ch</strong>t ohne propagandistis<strong>ch</strong>e Nebenabsi<strong>ch</strong>ten – im Kongresshaus<br />

mit einem Abendessen und einer ans<strong>ch</strong>liessenden Abs<strong>ch</strong>iedsfeier<br />

bot, wozu alle Russinnen des Lagers <strong>Sonnenberg</strong> geladen waren. 43<br />

Die Rückkehr<br />

Am 13. September 1945 ist es so weit. Endli<strong>ch</strong>? Nun, für einige der<br />

Frauen ist es ein Freudentag, für andere ein Tag der Bedenken, für alle<br />

jedo<strong>ch</strong> der Tag, mit <strong>dem</strong> das Ungewisse beginnt. Der Tag der Rückkehr:<br />

«Lä<strong>ch</strong>eln, besinnen, staunen. Das ist es, was man wohl meist <strong>auf</strong><br />

einem Bahnhof tut. Aber wer genau hinsieht, kann mehr erkennen: junge<br />

Mens<strong>ch</strong>en, die eine Zukunft vor si<strong>ch</strong> haben. Warum i<strong>ch</strong> das sage? Wer ihre<br />

Vergangenheit hat, wird eine Zukunft haben wollen!» (Wyss, 1945)<br />

Dies s<strong>ch</strong>rieb ein Reporter der sozialistis<strong>ch</strong>en Zeitung ‹Vorwärts› über<br />

die das Land verlassenden Russinnen. 44 Was er ni<strong>ch</strong>t sehen wollte oder<br />

konnte, waren die Ungewissheit und die grosse Angst vor Stalin, die im<br />

Zug, der die Frauen zurück na<strong>ch</strong> Russland bra<strong>ch</strong>te, mitfuhren.<br />

Heute wissen wir, dass diese Reise, die in St. Margrethen begann, für<br />

viele der ehemaligen Flü<strong>ch</strong>tlinge und nun Heimkehrer in den sibiris<strong>ch</strong>en<br />

Gulag und in den Tod führen sollte. 45 Sie fragen weshalb? Nun, die jungen<br />

Mens<strong>ch</strong>en stellten in Stalins Augen eine Gefahr dar. Immerhin waren sie<br />

über Monate hinweg mit <strong>dem</strong> Kapitalismus des Westens in Berührung<br />

gekommen!<br />

Vertreibung aus <strong>dem</strong> Osten<br />

Im Winter 1943 einigen si<strong>ch</strong> die Alliierten über die ‹Westvers<strong>ch</strong>iebung›<br />

Polens. Polen und Deuts<strong>ch</strong>e sollen ausgesiedelt werden. Damit öffnete si<strong>ch</strong><br />

im Osten Europas ein neues Kapitel des grausamen Krieges. 1944, mit<br />

<strong>dem</strong> Vorstoss der Roten Armee über Westpreussen, Pommern und S<strong>ch</strong>lesien<br />

na<strong>ch</strong> Berlin, setzte au<strong>ch</strong> die Vertreibung der Deuts<strong>ch</strong>en aus diesen<br />

Gebieten ein. Plünderung, Vergewaltigung und Massaker hatten zur Folge,<br />

dass si<strong>ch</strong> Millionen <strong>auf</strong> die Flu<strong>ch</strong>t begaben. Kilometerlange Flü<strong>ch</strong>tlingszüge<br />

kämpften si<strong>ch</strong> dur<strong>ch</strong> die vereiste Lands<strong>ch</strong>aft na<strong>ch</strong> Westen. Hunderttausende<br />

fanden den Tod. 46<br />

Auslands<strong>ch</strong>weizer in Ostdeuts<strong>ch</strong>land<br />

Unter den Deuts<strong>ch</strong>en in den bedrohten Gebieten gab es einige Emigranten<br />

– au<strong>ch</strong> sol<strong>ch</strong>e aus der S<strong>ch</strong>weiz. Seit zwei oder drei Generationen<br />

66<br />

43 Beri<strong>ch</strong>t für den Chef des EMD, Herrn<br />

Bundesrat Kobelt, 6.8.1945, 5 Seiten,<br />

Bundesar<strong>ch</strong>iv E 27/14520/1.<br />

44 M. A. Wyss in Vorwärts, S.8;<br />

13.11.1945.<br />

45 Helen Stehli-Pfister, ‹In die Heimat, in<br />

den Tod? Russis<strong>ch</strong>e Internierte in der<br />

S<strong>ch</strong>weiz 1945›, in: Spuren der Zeit,<br />

S<strong>ch</strong>weizer Fernsehen DRS, 9.11.1995,<br />

(30 Min.).<br />

46 ‹Die Flu<strong>ch</strong>t, Vertreibung der Deuts<strong>ch</strong>en<br />

aus <strong>dem</strong> Osten›, in: Der Spiegel;<br />

Nr.13/25.03.02.<br />

47 Beiträge zur Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te der Russlands<strong>ch</strong>weizer,<br />

Historis<strong>ch</strong>es Seminar der<br />

Universität Züri<strong>ch</strong>, Abteilung Osteuropa,<br />

Bd.1–7.<br />

48 Stadelmann 1998, S.63–72.<br />

lebten diese Familien s<strong>ch</strong>on dort. 47 Do<strong>ch</strong> trotz Vergünstigungen und<br />

S<strong>ch</strong>utzbrief 48 bestand das Leben für sie seit <strong>dem</strong> Einmars<strong>ch</strong> der Russen<br />

aus ständigem S<strong>ch</strong>recken. Man wusste nie, ob ni<strong>ch</strong>t die nä<strong>ch</strong>ste Kugel ein<br />

Familienmitglied treffen würde, ob ni<strong>ch</strong>t das nä<strong>ch</strong>ste brennende Haus das<br />

eigene sei. 49 So bes<strong>ch</strong>lossen viele, den anstrengenden Weg zurück in die<br />

alte, do<strong>ch</strong> unbekannte Heimat anzutreten. Dabei war man ni<strong>ch</strong>t <strong>auf</strong> si<strong>ch</strong><br />

allein gestellt: Der Flü<strong>ch</strong>tlingskonvoi wurde von Soldaten der S<strong>ch</strong>weizer<br />

Armee begleitet und bewa<strong>ch</strong>t. Trotz<strong>dem</strong> war die monatelange Reise ins<br />

Ungewisse anstrengend. 50<br />

Auf zum <strong>Sonnenberg</strong><br />

Etwa 500 Rückkehrer errei<strong>ch</strong>en s<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> die S<strong>ch</strong>weiz. Na<strong>ch</strong> einer<br />

eingehenden Passkontrolle wird man zuerst im Auffanglager Kreuzlingen<br />

untergebra<strong>ch</strong>t und muss dort die dreiwö<strong>ch</strong>ige Quarantäne abwarten, bevor<br />

man in eines der vielen Rückwandererheime weitergeleitet wird. 51 Und<br />

eines dieser Heime ist das Hotel <strong>Sonnenberg</strong>, ehemaliges Heim für Flü<strong>ch</strong>tlingsfrauen.<br />

52<br />

67<br />

Morgentoilette <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> <strong>Sonnenberg</strong><br />

49 Rudolf Müller, Aufzei<strong>ch</strong>nungen über<br />

den Militärdienst, 1933–45, 1948,<br />

S.170. (Ar<strong>ch</strong>iv Stadelmann)<br />

50 Interview mit ehemaligem Rückwanderer,<br />

März 2002.<br />

51 Jahresberi<strong>ch</strong>t 1945 des Auslands<strong>ch</strong>weizerwerks<br />

der Neuen Helvetis<strong>ch</strong>en<br />

Gesells<strong>ch</strong>aft, S.5–7, in: Ar<strong>ch</strong>iv<br />

des Auslands<strong>ch</strong>weizersekretariats in<br />

Bern.<br />

52 ZL-S<strong>ch</strong>lussberi<strong>ch</strong>t 1950, am S<strong>ch</strong>luss<br />

im Anhang, Tabellaris<strong>ch</strong>e Übersi<strong>ch</strong>t<br />

über alle Standorte in der S<strong>ch</strong>weiz.


Die s<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>e Flü<strong>ch</strong>tlingsfamilie besteigt den Zug na<strong>ch</strong> Luzern.<br />

Dort angekommen su<strong>ch</strong>en si<strong>ch</strong> die Leute den Weg na<strong>ch</strong> Kriens, na<strong>ch</strong> <strong>dem</strong><br />

<strong>Sonnenberg</strong>. Neugierig wird der Zug der Fremden – die do<strong>ch</strong> angebli<strong>ch</strong><br />

keine Fremden sein sollen – beoba<strong>ch</strong>tet. Am Fusse des <strong>Sonnenberg</strong>s besteigt<br />

die Familie die Bahn, die jetzt wieder in Betrieb steht. Ein Erlei<strong>ch</strong>terung,<br />

die für die früheren Flü<strong>ch</strong>tlinge undenkbar gewesen wäre.<br />

Arbeitsu<strong>ch</strong>e und Integration<br />

Nun sind diese Leute wieder Zuhause. Kehrten ihre Väter oder Grossväter<br />

der S<strong>ch</strong>weiz den Rücken und su<strong>ch</strong>ten an einem anderen Ort heimis<strong>ch</strong><br />

zu werden, so waren sie nun ihrerseits gezwungen, wieder in der<br />

S<strong>ch</strong>weiz Wurzeln zu s<strong>ch</strong>lagen. Jetzt befinden sie si<strong>ch</strong> <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> <strong>Sonnenberg</strong><br />

und beginnen ihr Leben neu zu ordnen. Während die Männer <strong>auf</strong> Arbeitsu<strong>ch</strong>e<br />

gehen, kümmern si<strong>ch</strong> die Frauen um den ‹Haushalt›. Ni<strong>ch</strong>t anders<br />

als die Flü<strong>ch</strong>tlingsfrauen putzen und ko<strong>ch</strong>en sie, kümmern si<strong>ch</strong> um den<br />

Garten, um die Wäs<strong>ch</strong>e und natürli<strong>ch</strong> um die Kinder.<br />

Eine feste Anstellung zu finden ist ni<strong>ch</strong>t unbedingt eine einfa<strong>ch</strong>e Sa<strong>ch</strong>e.<br />

Zumal die Rückwanderer si<strong>ch</strong> erst einleben müssen. Sind sie gemäss<br />

Papieren S<strong>ch</strong>weizer, so sind sie do<strong>ch</strong> von der Spra<strong>ch</strong>e und vom Auftreten<br />

her Ausländer. Und mit Fremden tun si<strong>ch</strong> die S<strong>ch</strong>weizer oft etwas s<strong>ch</strong>wer.<br />

Do<strong>ch</strong> irgendeine Arbeit wird immer gefunden. Sei dies S<strong>ch</strong>nees<strong>ch</strong><strong>auf</strong>eln im<br />

Winter oder Hilfsarbeiten <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> Bau im Sommer. Die Heimkehrer<br />

bemühen si<strong>ch</strong>, si<strong>ch</strong> in der neu-alten Heimat zure<strong>ch</strong>tzufinden und eine Existenz<br />

<strong>auf</strong>zubauen. Und dies gelingt na<strong>ch</strong> und na<strong>ch</strong>. 55<br />

Während die Eltern versu<strong>ch</strong>en, ihrem Leben eine neue Ri<strong>ch</strong>tung zu<br />

geben, müssen die Kinder zur S<strong>ch</strong>ule oder in den Kindergarten. Der Kindergarten<br />

für die Kleinen befindet si<strong>ch</strong> im Hotel <strong>Sonnenberg</strong>, während der<br />

Unterri<strong>ch</strong>t für die S<strong>ch</strong>ulpfli<strong>ch</strong>tigen im S<strong>ch</strong>ulhaus ‹Frühli<strong>ch</strong>t› bei der Eidgenössis<strong>ch</strong>en<br />

Erziehungsanstalt Gabeldingen stattfindet. Es gibt eine Klasse<br />

und eine Lehrerin. Man erzählt hauptsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> von den Erlebnissen in<br />

der alten Heimat, vom Krieg und von der Flu<strong>ch</strong>t. Na<strong>ch</strong> der S<strong>ch</strong>ule geht es<br />

wieder zurück <strong>auf</strong> den <strong>Sonnenberg</strong>. Die Horde von Kindern ma<strong>ch</strong>t si<strong>ch</strong> <strong>auf</strong><br />

den Mars<strong>ch</strong> hin<strong>auf</strong> in ihr ‹Hotel›. Auf <strong>dem</strong> <strong>Sonnenberg</strong> werden als erstes<br />

die Haus<strong>auf</strong>gaben erledigt. Es ist wi<strong>ch</strong>tig für die Kinder, na<strong>ch</strong> den Jahren<br />

des Krieges und der damit verbundenen Verwilderung wieder an ein geregeltes,<br />

zukunftsorientiertes Leben gewöhnt zu werden. 56<br />

Der Abend gestaltet si<strong>ch</strong> für die Rückwanderer-Familien ähnli<strong>ch</strong> wie<br />

für die Flü<strong>ch</strong>tlingsfrauen. Ein gemeinsames ‹Zna<strong>ch</strong>t› im Speisesaal des<br />

Hotels, ni<strong>ch</strong>t gerade üppig do<strong>ch</strong> ausrei<strong>ch</strong>end. Na<strong>ch</strong> <strong>dem</strong> Na<strong>ch</strong>tessen wird<br />

gemeinsam gesungen. Auf <strong>dem</strong> Programm steht nebst anderen S<strong>ch</strong>weizer<br />

Liedern natürli<strong>ch</strong> stets die Nationalhymne! S<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> muss den Heimgekehrten<br />

beigebra<strong>ch</strong>t werden, was es heisst, S<strong>ch</strong>weizer zu sein!<br />

68<br />

53 Interview, März 2002.<br />

54 Stadelmann 1998, S.63 ff.<br />

55 ZL-S<strong>ch</strong>lussberi<strong>ch</strong>t 1950, Rückwanderer.<br />

56 Interview, März 2002.<br />

Es geht <strong>dem</strong> Ende zu<br />

Im Gegensatz zu den Flü<strong>ch</strong>tlingen, die das Hotel <strong>Sonnenberg</strong> und Dutzende<br />

andere Lager und Heime in der S<strong>ch</strong>weiz zwis<strong>ch</strong>en 1940 und 1947<br />

bewohnten, sind die Rückwanderer ni<strong>ch</strong>t nur vorübergehende Gäste, sondern<br />

Heimkehrer, die in der S<strong>ch</strong>weiz sesshaft werden sollen. Die Heime<br />

sind sozusagen das Sprungbrett für eine neue Existenz in der S<strong>ch</strong>weiz. 57<br />

Man wohnt dort, bis Arbeit gefunden ist und man si<strong>ch</strong> und die Familie aus<br />

eigener Kraft ernähren und versorgen kann. 58 So leeren si<strong>ch</strong> die Rückwandererheime<br />

na<strong>ch</strong> und na<strong>ch</strong>. Das Ziel der ZL ist es, dass alle Rückwanderer<br />

früher oder später <strong>auf</strong> eigenen Beinen stehen und die gemieteten Objekte<br />

verlassen. 59<br />

Mit <strong>dem</strong> Rückwandererheim <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> <strong>Sonnenberg</strong> verhält es si<strong>ch</strong><br />

jedo<strong>ch</strong> anders.<br />

Es muss <strong>auf</strong>grund eines gemeldeten Todesfalles vorzeitig ges<strong>ch</strong>lossen<br />

werden. Ein Kind sei an Typhus gestorben, eine zweite Person sei typhusverdä<strong>ch</strong>tig.<br />

60 Zwar ist man si<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t si<strong>ch</strong>er, ob die Krankheit einges<strong>ch</strong>leppt<br />

wurde, oder ob sie <strong>auf</strong> den Genuss von verunreinigtem Wasser<br />

zurückzuführen sei. 61<br />

Die Situation verlangt na<strong>ch</strong> einer mögli<strong>ch</strong>st ras<strong>ch</strong>en Klärung. S<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong><br />

will man ni<strong>ch</strong>t Gefahr l<strong>auf</strong>en, <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> <strong>Sonnenberg</strong> eine Typhusepi<strong>dem</strong>ie<br />

auszulösen. Die Gemeindekanzlei Kriens bes<strong>ch</strong>liesst, dass das Hotel<br />

<strong>Sonnenberg</strong> bis spätestens 15. März 1947 zu s<strong>ch</strong>liessen sei, und erst wieder<br />

eröffnet werden dürfe, wenn eine einwandfreie Kanalisation mit Kläranlage<br />

erstellt sei. 61<br />

Dies ist natürli<strong>ch</strong> ein S<strong>ch</strong>lag für die ZL und für die no<strong>ch</strong> verbliebenen<br />

Rückwanderer <strong>auf</strong> <strong>dem</strong> <strong>Sonnenberg</strong>. Denn <strong>auf</strong>grund des zunehmenden<br />

Fremdenverkehrs wurde der ZL bereits einige der von ihnen gemieteten<br />

Objekte gekündigt. Es ergeben si<strong>ch</strong> Engpässe mit der Unterbringung der<br />

Leute. So stellt die ZL den Antrag, das Objekt <strong>Sonnenberg</strong> no<strong>ch</strong> bis zum<br />

Mai 1947 in Betrieb zu lassen. Diesem Bitten entspra<strong>ch</strong>en die zuständigen<br />

Behörden nur teilweise. Der ZL wurde mitgeteilt, dass die letzten Rückwanderer<br />

das Heim <strong>Sonnenberg</strong> bis spätestens am 25. April 1947 zu verlassen<br />

hätte. Im Heim verbleiben dürften nur die Heimleitung und die<br />

Liquidationsequipe. Die Heim<strong>auf</strong>lösung selbst musste bis Ende Mai dur<strong>ch</strong>geführt<br />

sein. 62 Somit fand die Ära ‹Heim Hotel <strong>Sonnenberg</strong>› mit <strong>dem</strong><br />

S<strong>ch</strong>liessungsbefehl der Stadtpolizei aus hygienis<strong>ch</strong>en Gründen ein Ende.<br />

Die no<strong>ch</strong> verbleibenden Rückwanderer werden in andere Heime disloziert.<br />

63<br />

69<br />

57 Rudolf Stössel, Die Rückwanderung<br />

von Auslands<strong>ch</strong>weizern seit 1939,<br />

Diss. Bern 1958, S.21–27.<br />

58 Tätigkeitsberi<strong>ch</strong>t der Konferenz der<br />

Rückwandererhilfe 1946, in: S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>es<br />

Sozialar<strong>ch</strong>iv Züri<strong>ch</strong>.<br />

59 ZL-S<strong>ch</strong>lussberi<strong>ch</strong>t 1950, S.6ff und 59.<br />

60 Elmiger an das Militär- und Polizeidepartement<br />

Luzern, 30.11.1945, betreffend<br />

‹Typhus-Verda<strong>ch</strong>t› im Rückwandererlager<br />

<strong>Sonnenberg</strong>, Kriens im<br />

Staatsar<strong>ch</strong>iv Luzern, AKT 412/850.<br />

61 Stutz an das Militär- und Polizeidepartement<br />

des Kanton Luzern,<br />

07.05.1940, betreffend ‹Abwasser ab<br />

<strong>Sonnenberg</strong>›, Kriens im Staatsar<strong>ch</strong>iv<br />

Luzern, AKT 412/850.<br />

62 Zaugg, Otto an den Regierungsrat des<br />

Kanton Luzern, 11.01.1947, zwei Seiten,<br />

betreffend Hotel und Kurhaus<br />

‹<strong>Sonnenberg</strong>›, Kriens im Staatsar<strong>ch</strong>iv<br />

Luzern AKT 412/850.<br />

63 M. Frös<strong>ch</strong> an die <strong>Sonnenberg</strong>-Bahn<br />

A.G., 12.04.1947, betreffend ‹Garantieverpfli<strong>ch</strong>tung›<br />

im Gemeindear<strong>ch</strong>iv<br />

Kriens.

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