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Interview mit Ingeborg Stadelmann

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«Die Frauen schätzen, dass ich sage, wie eine Geburt ist: Nicht schön, aber leistbar.»<br />

Dolcino_220x146_03.11_mBeschn:_ 29.3.2011 16:28 Uhr Seite 1<br />

Einleitungen und Kaiserschnitte verhindern<br />

häufig, dass das Kind den Zeitpunkt<br />

der Geburt selbst bestimmt. Ich weiss,<br />

dass ich oft anstrengend bin, weil ich den<br />

Müttern den Spiegel vorhalte. Zudem sage<br />

ich auch die Dinge, die sie von Schulmedizinern<br />

nicht hören.<br />

Etwa wenn Sie den vaginalen Ultraschall,<br />

wie er in der Frühschwangerschaft üblich<br />

ist, <strong>mit</strong> einer Vergewaltigung vergleichen?<br />

Das sind nicht nur meine Worte. Die<br />

Schwangeren der 90er-Jahre, für die ich<br />

das Buch ursprünglich geschrieben habe,<br />

empfanden dies ebenso. Heutige junge<br />

Frauen finden es womöglich ganz normal,<br />

ständig etwas in die Vagina zu stecken. Ab<br />

und zu überlege ich, dies bei der nächsten<br />

Auflage umzuformulieren. Aber wahrscheinlich<br />

lasse ich es, denn ich will die<br />

Frauen für das Thema sensibilisieren.<br />

Mich enttäuscht die Tatsache, dass das<br />

«Babywatching» überhand nimmt:<br />

Schwangere sehen den Ultraschall oft<br />

nicht aus Sicht des Kindes – für dieses ist<br />

es womöglich purer Stress. Es geht ihnen<br />

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UnterSagi 6<br />

CH-6362 Stansstad<br />

T+41 41 6110201<br />

F+41 41 61102 14<br />

info@dolcino.ch<br />

<strong>Ingeborg</strong> <strong>Stadelmann</strong><br />

Die 55-jährige Deutsche ist seit 35<br />

Jahren Hebamme und veröffentlichte<br />

1994 den Schwangerschaftsratgeber<br />

«Die Hebammensprechstunde», der sich<br />

bisher eine halbe Million Mal verkaufte<br />

(20 000-mal davon in der Deutschschweiz)<br />

und in mehrere Sprachen<br />

übersetzt wurde. Heute publiziert sie in<br />

ihrem eigenen Verlag Bücher, hält<br />

Vorträge, vertreibt per Onlineversand<br />

Naturtextilien und stellt zusammen <strong>mit</strong><br />

einer Apotheke Aromamischungen und<br />

Salben nach eigener Rezeptur her. Sie<br />

hat drei erwachsene Kinder und lebt im<br />

Allgäu/Deutschland.<br />

bloss darum, ihr Ungeborenes auf dem<br />

Bildschirm zu betrachten.<br />

Die Hebamme sitzt in ihrer Stube bei einer<br />

Tasse Ingwertee. Auf dem Stuhl schnarcht<br />

die Katze, im Garten scharren Hühner und<br />

über dem Esstisch hängt ein Kreuz. Hinter<br />

grünen Allgäuer Wiesen liegt das Dorf einen<br />

guten Kilometer entfernt. Zusammen<br />

<strong>mit</strong> Mann und Kindern führt die Hebamme<br />

ihr Familienunternehmen, zu dem auch der<br />

Verlag gehört, der im Wohnhaus untergebracht<br />

ist. Dabei legt sie eine hemdsärmelige<br />

Unkompliziertheit an den Tag: Deutet<br />

Ausschläge auf Babypopos per E-Mail oder<br />

versucht Stillprobleme am anderen Ende der<br />

Welt telefonisch zu lösen.<br />

Sie konnten gerade Ihr 35-Jahr-Hebammenjubiläum<br />

feiern. Sind Sie froh, dass Sie nicht<br />

mehr aktiv tätig sind, sondern sich auf das<br />

Vorträge halten verlegt haben?<br />

Nein, ursprünglich wollte ich nur eine<br />

Pause einlegen. Aber jetzt bin ich zu alt, um<br />

wieder einzusteigen, ausserdem ist mein<br />

Terminkalender recht voll. Für junge Mütter<br />

ist es im Wochenbett oft hilfreich, von<br />

einer älteren, erfahrenen Person betreut zu<br />

werden. Aber bei der Geburt ist es gut, wenn<br />

eine junge Hebamme dabei ist, welche die<br />

selbe Wellenlänge hat wie die Gebärende.<br />

Was machen Ihre jungen Berufskolleginnen<br />

heute anders?<br />

Der Geburtsvorgang hat sich nicht verän-<br />

<strong>Ingeborg</strong> <strong>Stadelmann</strong> | MonatSgeSpräch<br />

dert. Wir brauchen keine neue Technik,<br />

müssen aber auf die aktuellen Bedürfnisse<br />

der Frauen eingehen. Viele Kolleginnen<br />

klagen, dass sie heute 24 Stunden erreichbar<br />

sein müssen – für oft recht oberflächliche<br />

Fragen, <strong>mit</strong> denen sie per SMS oder<br />

E-Mail bombardiert werden.<br />

Sind Schwangere heute überängstlich?<br />

Sie haben ein riesiges Sicherheitsbedürfnis.<br />

In der Theorie wissen sie alles, weil sie den<br />

Arzt fragen, die Hebamme, die Stillberaterin,<br />

das Internet. Doch in der Praxis vermögen sie<br />

das nicht umzusetzen. Zurück bleibt eine<br />

grosse Unsicherheit. Dieser Kopflastigkeit der<br />

Frau, die alles gelesen hat, steht entgegen, dass<br />

sie <strong>mit</strong> der Körperlichkeit hadert und bei der<br />

Geburt das Durch haltevermögen oft fehlt.<br />

Wie meinen Sie das?<br />

Ich finde es toll, dass Frauen heute so ein Wissen<br />

haben. Aber sie müssen lernen, anders<br />

da<strong>mit</strong> umzugehen, sich wieder auf ihr Urvertrauen<br />

zu verlassen – das haben sie verlernt.<br />

Für mich hat dies viel <strong>mit</strong> verlorenem Glauben<br />

zu tun. Meine Erfahrung ist: Wer glaubt,

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