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Baumeister 5/2021

Pittoresk

Pittoresk

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B5<br />

B A U<br />

Mai 21<br />

118. JAHRGANG<br />

Das Architektur-<br />

Magazin<br />

MEISTER<br />

4 194673 016508<br />

05<br />

Pittoresk<br />

D 16,50 €<br />

A,L 19 €<br />

I 19,90 €<br />

CH 2 4 S F R


B5<br />

Editorial<br />

COVERFOTO: HANNES HEITMÜLLER<br />

Auch wenn das Wort „pittoresk“ harmlos<br />

klingt – als Titel für eine Ausgabe des <strong>Baumeister</strong>s<br />

ist es eine Provokation. Haben wir<br />

uns jetzt etwa dem Süßlichen, ja Kitschigen<br />

verschrieben? Denn genau diese Bedeutung<br />

hat das Wort – beziehungsweise seine deutsche<br />

Übersetzung „malerisch“ – heute oftmals.<br />

Dass dem nicht immer so war, erklären<br />

wir ab S. 14. Die Bauten, die wir in diesem Heft<br />

vorstellen, interpretieren diesen Begriff unterschiedlich,<br />

doch fast immer spielt ein klarer<br />

Rückbezug auf die vormoderne Architektur<br />

eine wichtige Rolle. Vor allen Dingen aber<br />

lassen sie die Sehnsucht nach einer Schönheit<br />

jenseits des Funktionalen erkennen,<br />

nach Bauschmuck, nach der Kontinuität historischer<br />

Formen.<br />

Sehnsucht, Sentiment, Nostalgie sind Begriffe,<br />

mit denen die heutige Architektur wenig<br />

anzufangen weiß. Ebenso wie das Pittoreske<br />

werden sie misstrauisch beäugt. Dort, wo<br />

Neubauten solcher Gefühlsduselei verdächtig<br />

sind, ist das Urteil häufig ungnädig. Selbst<br />

bei den mehr oder minder gelungenen Rekonstruktionsprojekten<br />

der vergangenen<br />

Jahre (zu ersteren zählen die zwei Neubauten<br />

in Lübeck, die wir ab S. 28 zeigen) pochen<br />

Bauherren und Architekten zumeist darauf,<br />

dass allein urbanistische oder architekturhistorische<br />

Argumente für den Wiederaufbau<br />

eine Rolle gespielt hätten. Ist denn die Sehnsucht<br />

nach einer pittoresken Schönheit so<br />

verwerflich? Die Moderne hat sich in den ersten<br />

Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts mit aller<br />

Kraft gegen das malerische Element in<br />

der Architektur geworfen, das im 19. Jahrhundert<br />

so zentral für die Baukunst war. Noch<br />

der Jugendstil, die Arts-and-Crafts-Bewegung<br />

oder die Art Nouveau mochten sich<br />

davon nicht lossagen. Der positivistische<br />

Grundzug, der aber bis heute im Kern den<br />

Wesensgehalt der Moderne ausmacht, steht<br />

jedem Sentiment im Grunde fremd gegenüber.<br />

Nur in Nischen vermochte das Pittoreske zu<br />

überleben: im Sakralbau etwa. Die Feld- und<br />

Wegkapelle hat in den letzten Jahren eine<br />

regelrechte Renaissance als Thema in der<br />

Architektur erlebt. Unseren Artikel zu dem<br />

Projekt „7 Kapellen“ lesen Sie ab S. 40. Hier<br />

darf Architektur ungestraft Blickfang in der<br />

Landschaft und Gefühlskatalysator gleichermaßen<br />

sein – genauso wie in den englischen<br />

Landschaftsgärten des 18. Jahrhunderts, die<br />

am Beginn der malerischen Architektur<br />

stehen.<br />

Fabian Peters<br />

f.peters@georg-media.de<br />

@der_baumeister<br />

@baumeister_architekturmagazin


Ideen<br />

Fragen<br />

Lösungen<br />

7<br />

18<br />

Hofgebäude<br />

in Zürich<br />

28<br />

Zwei<br />

Wohnhäuser<br />

in Lübeck<br />

40<br />

7-Kapellenweg<br />

in Dillingen<br />

52<br />

Geschäftshaus<br />

in München<br />

64<br />

Apartmenthaus<br />

in Bonn<br />

74<br />

Wie pittoresk<br />

war O. M.<br />

Ungers?<br />

78<br />

Die Natur, das<br />

dominierende<br />

Element?<br />

92<br />

Referenz:<br />

Palais Oppenheim<br />

in Köln<br />

100<br />

Bad<br />

104<br />

News<br />

RUBRIKEN<br />

T E<br />

I<br />

.<br />

W E B S<br />

M E H R<br />

U N S E R E R<br />

Z U M<br />

A U F<br />

T H E M A<br />

BAU<br />

MEISTER.<br />

DE<br />

I E<br />

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@baumeister_architekturmagazin<br />

S<br />

L E S E N<br />

4<br />

EIN BILD<br />

50<br />

KLEINE WERKE<br />

62<br />

UNTERWEGS<br />

82<br />

NEUE BÜCHER<br />

84<br />

NXT A<br />

86<br />

NEW MONDAY<br />

108<br />

PORTFOLIO: BAD<br />

113<br />

IMPRESSUM + VORSCHAU<br />

114<br />

KOLUMNE


i tt<br />

Gast-Arbeiter<br />

Hubertus Adam<br />

ist freiberuflicher<br />

Kunst- und Architekturhistoriker<br />

sowie Architekturkritiker<br />

und Kurator.<br />

Seine Themen<br />

sind die zeitgenössische<br />

Architektur,<br />

Kunst und Bildhauerei<br />

um 1900,<br />

Designgeschichte,<br />

Landschaftsarchitektur,<br />

Bühnenbild<br />

sowie das Thema<br />

Denkmal.<br />

Jasmin Jouhar<br />

lebt in Berlin und<br />

arbeitet als freie<br />

Journalistin. Sie<br />

schreibt über Themen<br />

aus Architektur<br />

und Design<br />

und veröffentlicht<br />

in der Fachpresse<br />

ebenso wie in<br />

Tageszeitungen<br />

und Publikumszeitschriften.


k13<br />

r<br />

o<br />

e<br />

s<br />

Wie gemalt!<br />

Seit einigen Jahren wird an verschiedenen Orten ein<br />

neuer, unbefangenerer Umgang mit dem Konzept des<br />

Pittoresken erkennbar. Noch ist aber erst schemenhaft<br />

erkennbar, was die verschiedenen Ansätze mitein ander<br />

verbindet. Zeit also, sich mit dem lange in Verruf geratenen<br />

Begriff auseinanderzusetzen und zu fragen, wie<br />

ein Umgang mit dem Malerischen in der Architektur<br />

heute aussehen könnte.


14 Einführung<br />

Wie gemalt!<br />

Als Rem Koolhaas im Rahmen seines „Project on<br />

the City“ im Jahr 2001 seine Neudefinition des Pittoresken<br />

veröffentlichte, hatte der Begriff schon<br />

eine mehr als 300-jährige wechselvolle Geschichte<br />

im Kunstdiskurs hinter sich – beginnend mit dem<br />

venezianischen Maler Marco Boschini im Jahr 1660<br />

bis hin zum großen deutsch-britischen Kunsthistoriker<br />

Nikolaus Pevsner in der Mitte des 20. Jahrhunderts.<br />

Pevsner bezeichnete mit pittoresk etwas<br />

wesentlich anderes als Boschini knapp 300 Jahre<br />

zuvor: Der Venezianer wollte mit dem Begriff die<br />

Malweise seiner Landsleute beschreiben, die weniger<br />

glatt und zeichnerisch war als etwa die der<br />

Florentiner. Pevsner dagegen nannte das unregelmäßige<br />

und bewegte, gleichzeitig aber harmonische<br />

und einheitliche Bild, das er bei englischen<br />

Stadtbildern und Architekturen als Hauptwesenszug<br />

ausmachte, pittoresk.<br />

Koolhaas‘ neue Definition des Pittoresken war eine<br />

Kampfansage an die Deutung Pevsners und vor<br />

allem seiner Nachfolger. Die Pevsnersche Lesart<br />

hatte gerade in den angelsächsisch geprägten<br />

Ländern viel Wirkungsmacht entfaltet. Mit ihrem<br />

Pictoresque kapern Koolhaas und seine Mitarbeiter<br />

im Project on the City den Begriff regelrecht und<br />

deuten ihn radikal um: Sie nennen nun das unzusammenhängend<br />

Nebeneinanderstehende Pictoresque©.<br />

1 Diese Definition hängt unmittelbar zusammen<br />

mit Koolhaas‘ Konzept der „Generic City“,<br />

das das kontextuelle Bauen im Stadtraum verwirft<br />

und kein Problem darin sieht, einen Wolkenkratzer<br />

neben eine gotische Kathedrale zu stellen. Mit dieser<br />

Theorie hat Koolhaas den Diskurs insbesondere<br />

in den Niederlanden nachhaltig beeinflusst, etwa<br />

in Den Haag, wo unter seinem Einfluss das Konzept<br />

eines einheitlichen Stadtbilds aufgegeben wurde.<br />

3<br />

Die neue Kontinuität<br />

Aber inzwischen beziehen in den Niederlanden<br />

eine ganze Reihe von Architekten eine klare Gegenposition<br />

zum Bauen ohne Einbeziehung des<br />

gewachsenen städtebaulichen Umfelds: Büros wie<br />

Monadnock, Happel Cornelisse Verhoeven, Office<br />

Winhov oder Hans van de Heijden sind ein bis zwei<br />

Generationen jünger als Koolhaas und die Heroen<br />

des „Superdutch“, deren Neuinterpretation der<br />

Moderne der niederländischen Architektur in den<br />

letzten 30 Jahren Weltruhm bescherte. Job Floris,<br />

einer der beiden Partner von Monadnock, ist einer<br />

dieser „Rebellen“, die den Manifesten, Theorien<br />

und Überzeugungen von Koolhaas, Winy Maas<br />

oder Ben van Berkel nicht mehr blind folgen mögen.<br />

International für Furore sorgten Monadnock<br />

mit ihrer „Landmark Nieuw Bergen“ (3). Das kleine<br />

4<br />

3 Landmark Nieuw<br />

Bergen von Monadnock<br />

4 Forum Museumsinsel<br />

von David Chipperfield<br />

Architects in Berlin<br />

5 Deckengewölbe des<br />

Berliner U-Bahnhofs Museumsinsel,<br />

der im Sommer<br />

<strong>2021</strong> eröffnet wird. Max<br />

Dudler bezieht sich auf<br />

Schinkels Bühnenprospekt<br />

zu Mozarts Zauberflöte.<br />

6 Eingangsgebäude zum<br />

Auckland Castle von Níall<br />

McLaughlin Archi tects,<br />

London<br />

7 Turmvilla von Dok<br />

Architecten<br />

8 Den Hof ihrer Employment<br />

Academy in London<br />

schließen Peter Barber<br />

Architects nach dem Vorbild<br />

des Pinienhofs im Vatikan<br />

mit einer Exedra ab.<br />

FOTO 3: STIJN BOLLAERT; 4: UTE ZSCHARNT


Einführung<br />

15<br />

FOTO 5: MAX DUDLER; 6: NICK KANE; 7: ARJEN SCHMITZ; 8: MORLEY VON STERNBERG<br />

5<br />

6<br />

7<br />

Bauwerk, über dem sich ein hoher schlanker Turm<br />

erhebt, steht am Marktplatz der erst in den Sechzigerjahren<br />

gegründeten Gemeinde Nieuw Bergen.<br />

„Jeder der umliegenden Orte besitzt eine Kirche,<br />

deren Kirchturm ihnen aus der Ferne eine Silhouette<br />

verleiht und ihren Standort anzeigt. Wir wollten<br />

für Nieuw Bergen auch so eine Landmarke schaffen“,<br />

erklärt Floris den Ansatz des Büros. „Der Bau<br />

sollte dem Städtchen Charakter verleihen mit einer<br />

lesbaren und taktilen Architektur, die Tradition<br />

und Kontinuität versinnbildlicht.“ Als Nutzung<br />

sahen die Architekten ein Café und Versammlungsräume<br />

vor, um einen Veranstaltungsort für<br />

die Bevölkerung zu schaffen. Zu dem reichen<br />

Bauschmuck regten die Architekten die historischen<br />

Stadtwaagen an, die sie in ganz Mitteleuropa<br />

sahen, kleine Bauten an den Marktplätzen, die<br />

mit ihrem gestalterischen Reichtum den Stadtstolz<br />

zum Ausdruck brachten.<br />

Monadnock beziehen sich mit diesem Bau wie mit<br />

ihren übrigen Entwürfen dezidiert auf vormoderne<br />

Traditionslinien. Dem dogmatischen Funktionalismus<br />

und der Superdutch-Schule stehen sie kritisch<br />

gegenüber. Es stört sie das fehlende Interesse an<br />

Materialität und Handwerklichkeit, die Verneinung<br />

klassischer Formen unabhängig vom städtebaulichen<br />

Umfeld, was Job Floris als geradezu<br />

ikonoklastisch empfindet: „Funktionalistische<br />

Architektur hat viel Schönheit vernichtet.“ Mit dieser<br />

kritischen Haltung zu den Positionen der Superdutch-Generation<br />

stehen Monadnock, wie erwähnt,<br />

nicht allein. Happel Cornelisse Verhoeven<br />

etwa haben mit ihrer gefeierten Erweiterung des<br />

Lakenhal-Museums in Leiden (1) ein wahrlich pittoreskes<br />

Capriccio geschaffen, das eine Vielzahl<br />

historischer Vorbilder erahnen lässt, ohne dass<br />

diese wirklich greifbar werden. Dok Architekten<br />

bauen große und kleine Turmvillen, ein Archetyp<br />

der malerischen Architektur des 19. Jahrhunderts –<br />

in klaren Formen, aber mit abwechslungsreich<br />

konstruierten Perspektiven und vielgestaltigen Silhouetten<br />

(7).<br />

Gefragt, ob er seine Landmark Nieuw Bergen als<br />

pittoresk bezeichnen würden, zögert Job Floris. Sie<br />

sei pittoresk im Sinne eines Lancelot „Capability“<br />

Brown, dem großen englischen Landschaftsarchitekten,<br />

sagt er. Mit Brown und seinen Landschaftsgärten<br />

begann das Pittoreske seine Karriere in der<br />

Architektur und wird zum zentralen Begriff in der<br />

Baukunst des 19. Jahrhunderts. Brown konzipierte<br />

seine Gärten nicht mehr als die klar erkennbar<br />

domestizierte Natur, wie es noch im Barock üblich<br />

war. Er schuf künstliche Ideallandschaften, die<br />

dennoch ganz wie eine Hervorbringung der Natur<br />

wirken sollten. Für den deutschsprachigen Raum<br />

wird die Idee des Pittoresken, des Malerischen, im<br />

frühen 19. Jahrhundert extrem wirkungsmächtig.<br />

8<br />

WEITER


Ideen<br />

19<br />

Kritik:<br />

Hubertus Adam<br />

Fotos:<br />

Philip Heckhausen<br />

Architekten:<br />

Knorr & Pürckhauer Architekten<br />

Spielerische<br />

Gesten<br />

Mit etwas Glück konnte das junge Architekturbüro den Hof eines<br />

Züricher Altenheims erweitern, um Platz für einen schmucken<br />

Pavillon als festlichen Veranstaltungsort zu schaffen. Vertraute<br />

Formen wie das fließende, zeltartige Kupferdach und die großen<br />

Bullaugenfenster sollen den Bewohnern wie den Nachbarn der<br />

umliegenden Häuser das Gefühl geben, dass dieses Haus schon<br />

immer dort stand.


40<br />

Ideen<br />

Über<br />

3<br />

2<br />

John Pawson<br />

Frank Lattke<br />

Feld<br />

1<br />

Hans Engel<br />

A<br />

und<br />

B<br />

Text:<br />

Jessica Mankel<br />

Fotos:<br />

Eckhart Matthäus/<br />

Siegfried und<br />

Elfriede Denzel<br />

Stiftung<br />

Flur


4<br />

(A)<br />

DONAU<br />

5<br />

(B)<br />

DILLINGEN<br />

A.D. DONAU<br />

Volker Staab<br />

6<br />

Alen Jasarevic<br />

7<br />

(1)<br />

SEITE 43<br />

(2)<br />

SEITE 44<br />

(3)<br />

SEITE 45<br />

Christoph Mäckler<br />

(4)<br />

SEITE 46<br />

(5)<br />

SEITE 47<br />

(6)<br />

SEITE 48<br />

Wilhelm Huber<br />

(7)<br />

SEITE 49<br />

Malerisch, aus einem Landschaftsgemälde entsprungen – das<br />

ist pittoresk. Und das trifft auf die sieben hölzernen Wegkapellen<br />

bei Dillingen an der Donau zu.


42<br />

„ Die Abende gehe ich<br />

über Feld und Flur,<br />

den blauen Himmel<br />

über mir, um und<br />

neben mir grüne Saat,<br />

grüne Bäume, und<br />

bin nicht allein; denn<br />

der, so Himmel und<br />

Erde schuf, ist um mich.“<br />

Caspar David Friedrich<br />

Caspar David Friedrich wusste um den Stellenwert<br />

der Natur für ihn selbst und für seine Zeit, die der<br />

Romantik. Subjektive Gefühle des Einzelnen über<br />

den Verstand zu stellen, in geheimnisvolle und<br />

melancholisch schöne Welten zu fliehen, Geborgenheit<br />

und Gott zu finden, dafür bot Natur Raum –<br />

und tut dies immer noch. Die sieben Wegkapellen<br />

rund um Dillingen sind ein gutes Beispiel.<br />

Die 2016 ins Leben gerufene Siegfried und Elfriede<br />

Denzel Stiftung zeichnet verantwortlich für das Projekt<br />

„Sieben Kapellen“. Absicht der Stiftung ist es,<br />

Kunst, Geschichte, Kirche, Religion und Kultur zu<br />

fördern. Mit diesem Ziel entwickelte Peter Fassl, Bezirksheimatpfleger<br />

und stellvertretender Vorsitzender<br />

der Stiftung, in Gesprächen mit dem Stifter<br />

und Holzunternehmer Siegfried Denzel Anfang<br />

2017 einen Plan.<br />

Noch im selben Jahr fiel eine Wahl der möglichen<br />

Standorte gemeinsam mit dem Architekten Hans<br />

Engel, wobei die ausführenden Architekten ihre<br />

Standorte letztlich selbst aussuchten: Rund um die<br />

Donau, entlang an teilweise neu angelegten Radwegen<br />

entstanden zwischen 2018 und 2020 sieben<br />

Kapellen der Architekten Hans Engel (Augsburg),<br />

Frank Lattke (Augsburg), John Pawson (London),<br />

Volker Staab (Berlin), Alen Jasarevic (Mering),<br />

Christoph Mäckler (Frankfurt am Main) und Wilhelm<br />

Huber (Betzigau).<br />

Die Architekten hatten bei ihrem Entwurf nur zwei<br />

Vorgaben zu berücksichtigen: Die Kapelle sollte<br />

aus Holz sein und ein Kreuz besitzen. Auf dieses<br />

Konzept sind die Architekten individuell eingegangen.<br />

Wie? Das zeigt eine Wanderung auf dem<br />

rund 130 Kilometer langen Radrundweg.


Ideen<br />

43<br />

Kapelle Gundelfingen am Radweg nach Offingen von Hans Engel<br />

Für uns beginnt der Rundweg mit einer Kapelle, die<br />

aus der Reihe tanzt – die Radwegkapelle bei<br />

Gundelfingen von Hans Engel. Sie ist die einzige<br />

Kapelle, die offen gestaltet ist und die umliegende<br />

Natur bewusst einbezieht. Die direkt am Wasser<br />

gelegene Architektur war die erste fertiggestellte<br />

Kapelle und wurde am 30. Juni 2018 gesegnet.<br />

Engel entwarf gezielt „kein Gebäude, sondern<br />

eine offene Baugestalt aus reduzierten, witterungsbeständigen<br />

Bauteilen“. Die Idee dahinter ist<br />

es, eine Lichtung zwischen vier Blutbuchen, Donauufer<br />

und Feldern zu schaffen. Das Ergebnis ist<br />

nie endgültig, sondern abhängig von der sich verändernden<br />

Zeit und landschaftlichen Umgebung.<br />

Die Kapelle hat eine kreuzförmige Grundrissfläche<br />

von etwa fünf mal fünf Metern und eine Höhe von<br />

ebenfalls fünf Metern. Zwölf gedrechselte Lärchenholzsäulen<br />

tragen das flache Holzdach. Es gibt<br />

drei grafisch bedruckte Glaswände aus rahmenlosem<br />

Sicherheitsglas. Auf den gläsernen Seitenwänden<br />

stehen theologische und philosophische<br />

Zitate aus aller Welt. Sie beziehen sich auf die<br />

Natur. In einer Art Altarraum hängt eine künstlerisch<br />

gestaltete Glasscheibe mit Kreuz. In den<br />

seitlichen Nischen gibt es zwei Sitzgruppen.<br />

1<br />

12 Edelstahlstützenfüße<br />

wurden in die Bodenplatte<br />

einbetoniert, um<br />

die Verformung der<br />

Rundstützen zu minimieren.<br />

M 1:125<br />

WEITER


Ein Tonnengewölbe schließt das Treppenhaus<br />

nach oben ab. Der dunkelblau glasierte<br />

Klinker mit den hellen Zwischensteinen weckt<br />

Assoziationen an einen Sternenhimmel.


Ideen<br />

65<br />

Kritik:<br />

Fabian Peters<br />

Fotos:<br />

Stefan Müller<br />

Architekt:<br />

Uwe Schröder<br />

Am<br />

Ende<br />

der<br />

Treppe<br />

die<br />

Sterne<br />

Das kleine Haus, das der Architekt und Architekturprofessor<br />

Uwe Schröder auf einem Restgrundstück in Bonn-Poppelsdorf<br />

errichtet hat, bietet gerade einmal Platz für sechs Studentenapartments.<br />

Dennoch gelingt es ihm auf dieser begrenzten<br />

Fläche, seine Architekturtheorie anschaulich auszubreiten und<br />

gleichzeitig Räume zu schaffen, die man nicht anders als bildschön<br />

bezeichnen kann.


SEITE<br />

74<br />

SEITE<br />

78<br />

Wie pittoresk<br />

war<br />

O.M. Ungers?<br />

Die Natur, das<br />

dominierende<br />

Element?


74<br />

Wie pittoresk war<br />

O. M. Ungers<br />

?<br />

Einen Entwurf für<br />

die Bebau ung<br />

eines Grundstücks<br />

mitten in der Marburger<br />

Altstadt zu<br />

liefern – so lautete<br />

ein Auftrag an<br />

Oswald Mathias<br />

Ungers, den er 1976<br />

vom Marburger<br />

Magistrat erhielt.<br />

Ungers legte viel<br />

mehr als einen<br />

Plan für ein einzelnes<br />

Grundstück vor<br />

– er entwickelte<br />

eine ganze Typologie<br />

für das<br />

Bauen im mittelalterlichen<br />

Bestand,<br />

die noch heute<br />

vorbildhaft ist.<br />

Mehrere Dutzend<br />

Variationen über<br />

das Thema des Turmhauses<br />

entwarfen<br />

O. M. Ungers und<br />

seine Mitarbeiter für<br />

das Projekt in der<br />

Marburger Altstadt.<br />

Allein im Archiv des<br />

DAM befinden sich<br />

über 400 Objekte, die<br />

in diesem Zusammenhang<br />

entstanden.<br />

ABBILDUNGEN: FOTO MARBURG, DEUTSCHES ARCHITEKTURMUSEUM, UAA UNGERS ARCHIV FÜR ARCHITEKTURWISSENSCHAFT KÖLN. MIT FREUNDLICHER GENEHMIGUNG DES UAA UNGERS ARCHIV FÜR ARCHITEKTURWISSENSCHAFT KÖLN

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