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Grimselwelt Magazin 2018

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grimselwelt<br />

DAS MAGAZIN <strong>2018</strong><br />

Eindrücke von Ausflüglern<br />

Unterwegs am Pass<br />

Schwingfest Engstlenalp<br />

Auf Tuchfühlung mit<br />

den «Bösen»<br />

Bundesrätin Doris Leuthard<br />

Wasserkraft als<br />

wichtiger Pfeiler


2<br />

grimselwelt grimselwelt 3<br />

Bei meinem Amtsantritt als Energiedirektorin<br />

vor bald 16 Jahren<br />

träumte ich von einem Kanton Bern,<br />

der aus eigener Kraft atomkraftfrei wird.<br />

Heute, als scheidende Energiedirektorin<br />

darf ich sagen: Die Zeit des Träumens ist<br />

vorbei. Wir sind auf einem sehr<br />

realen und gangbaren Weg in<br />

eine nachhaltige Energiezukunft.<br />

Zu verdanken haben wir das<br />

vor allem der Wasserkraft aus<br />

unseren Berner Bergen. Sie liefert<br />

uns 60 Prozent unseres<br />

Strombedarfs – auslandunabhängig<br />

und umweltverträglich.<br />

Sie gibt uns Versorgungssicherheit,<br />

stabilisiert die Stromnetze, schafft sichere<br />

einheimische Arbeitsplätze und hilft<br />

ganz stark dabei, dass wir nächstes Jahr<br />

das Atomkraftwerk Mühleberg mit gutem<br />

Gewissen vom Netz nehmen können.<br />

Die Wasserkraft lag mir immer am Herzen.<br />

So empfindet glücklicherweise auch eine<br />

Mehrheit der Bernerinnen und Berner.<br />

Während meiner Amtszeit haben wir gemeinsam<br />

und auf pionierhafte Weise wichtige<br />

Weichen gestellt:<br />

Willkommen in der <strong>Grimselwelt</strong><br />

• Der Kanton Bern hat eine Energiestrategie,<br />

die auf inländische und erneuerbare<br />

Stromproduktion setzt.<br />

• Wir haben eine Wassernutzungsstrategie,<br />

die die bernische Wasserkraft bis ins Jahr<br />

2035 um rund 10 Prozent ausbauen will.<br />

Das sind 300 Gigawattstunden pro Jahr,<br />

ein Zehntel der Produktion des AKW<br />

Mühleberg.<br />

• Wir bauen dazu die Wasserkraft aus. Seit<br />

2015 sind im Kanton Bern vier neue mittelgrosse<br />

Wasserkraft-Anlagen in Betrieb<br />

gegangen – Laubegg, Spiggenbach, Färmeltal<br />

und Grund. Der wesentlichste<br />

Ausbau konnte aber durch die Inbetriebnahme<br />

des neuen grossen Kraftwerks<br />

Hagneck und dem Projekt Tandem erreicht<br />

werden. Natürlich brauchen wir<br />

mehr davon und ich danke der KWO<br />

von Herzen für das auch national vorbildliche<br />

Projekt Trift.<br />

• Gerade dieses Projekt zeigt, dass mit Gesprächen<br />

und guten Kompromissen auch<br />

Umweltverbände für neue Wasserkraftprojekte<br />

zu gewinnen sind. Der Kanton<br />

Bern hat es vorgemacht: Man kann<br />

Strom produzieren und gleichzeitig die<br />

Natur schützen.<br />

• Nicht zuletzt helfen wir der Wasserkraft<br />

mit tieferen Wasserzinsen und Investitionshilfen<br />

über die vorübergehend schwierige<br />

Marktlage hinweg. Auch hier ist der<br />

Kanton Bern national vorangegangen.<br />

Ich bin sehr stolz, in einem solchen Kanton<br />

Energiedirektorin gewesen zu sein.<br />

Barbara Egger–Jenzer<br />

Regierungsrätin<br />

Sie geniessen die Aussicht aus ihrem Morgan: Heidi und Roger Bieri aus dem<br />

Kanton Aargau.<br />

Titelgeschichte Seite 4–7<br />

Die Pässe geben den Takt an<br />

Die beiden Täler mit dem Susten- und Grimselpass pendeln zwischen<br />

zwei Extremen: Im Sommer pulsiert das Leben an den<br />

Strassen, im Winter hingegen, wenn die Pässe gesperrt sind, kehrt<br />

unvergleichliche Ruhe ein.<br />

Unterwegs Seite 8–9<br />

Schwingen vor perfekter Kulisse<br />

Schwingen gehört seit Jahrhunderten zum Berner Oberland – so<br />

auch ins Haslital. Am kleinen, aber feinen Schwingfest auf der<br />

Engstlenalp treten jedes Jahr nationale und regionale Schwinger-<br />

Grössen in atemberaubender Kulisse gegeneinander an.<br />

Fokus Seite 10–13<br />

Der Energiesturm und die Wasserkraft<br />

Der Umbau der Energiebranche weg von der Atomkraft hin zu<br />

erneuerbaren Energien ist auch für die KWO eine grosse Herausforderung.<br />

Daniel Fischlin, CEO der KWO, erklärt, wohin er das<br />

Unternehmen in diesen unruhigen Zeiten steuern will.<br />

Persönlich Seite 14–15<br />

Frische Ideen aus den Tälern<br />

In Bergdörfern etwas Neues aufzubauen, braucht viel Mut und<br />

Initiative. Dimitri Stalder, Christian Krump, Isabelle Oggier Feuz<br />

und Daniel Kaufmann glauben an die Zukunft weitab der Städte.<br />

Im Gespräch Seite 18–19<br />

Doris Leuthard, Bundesrätin<br />

Bundesrätin Doris Leuthard setzt die Wasserkraft in einen internationalen<br />

Zusammenhang und erklärt, weshalb es ohne Zubau<br />

bei den erneuerbaren Energien unmöglich sei, aus der Kernenergie<br />

auszusteigen. Zentral sei auch die Speichermöglichkeit der Wasserkraft,<br />

da der Stromverbrauch saisonalen Schwankungen unterliegt.<br />

Tourismus Seite 20–21<br />

Hoteldirektorin auf Achse<br />

Was braucht es alles, um vier Gastrobetriebe wie das Grimsel Hospiz,<br />

das Hotel Handeck, das Berghaus Oberaar und die Bäregghütte<br />

zu führen? Ganz schön viel… Ursula Monhart, Leiterin<br />

Grimselhotels, gibt Einblick in ihren Arbeitsalltag.<br />

Die Wasserkraftwerk-Wissenschaftler Seite 22–23<br />

Grimsel Hydro – Technologiezentrum Wasserkraft<br />

Die Montagegruppe von Grimsel Hydro arbeitet in verschiedenen<br />

Wasserkraftwerken der Schweiz. Die Mechaniker beheben Störungen<br />

vor Ort oder reparieren defekte Teile in der Werkstatt.<br />

Grimselgeschichten Seite 24–25<br />

Drei Schulhäuser suchen eine neue Identität<br />

Weil in den kleinen Dörfern wie Guttannen und Gadmen die<br />

Schülerzahlen schrumpfen, braucht es neue Ideen für die Nutzung<br />

der leerstehenden Schulräume. Die Dörfer stehen vor dem gleichen<br />

Problem, gehen aber unterschiedliche Wege.<br />

Perspektiven by Fischlin Seite 26–27<br />

Aus dem Notizbuch des CEO’s<br />

Womit beschäftigt sich der CEO der KWO über die täglichen Herausforderungen<br />

der Energiebranche hinaus? Wie können tägliche<br />

Arbeiten effizienter gestaltet werden? Daniel Fischlin gibt Einblick<br />

in seine Überlegungen.<br />

Impressum<br />

Herausgeber KWO Kommunikation, Innertkirchen<br />

Gestaltung und Realisation Laufwerk, Bern<br />

Projektleitung Thomas Huber<br />

Bilder David Birri, Chris Burkhard, KWO<br />

Texte Annette Marti, Heidi Schwaiger, KWO<br />

Druck Jordi AG, Belp<br />

Auflag 20’000 Exemplare<br />

Die <strong>Grimselwelt</strong> ist ein Engagement der<br />

KWO, Kraftwerke Oberhasli AG<br />

Mix<br />

Produktgruppe aus vorbildlicher<br />

Waldwirtschaft und<br />

anderen kontrollierten Herkünften<br />

Cert no. SQS-COC-023903, www.fsc.org<br />

SQS-COC-100061<br />

© 1996 Forest Stewardship Council


4<br />

grimselwelt · fokus<br />

grimselwelt · fokus 5<br />

Text: Annette Marti, Fotos: David Birri<br />

d i e P ä s s e g e b e n<br />

d e n T a k t a n<br />

Die Passstrassen an Grimsel und Susten verleihen der Region einen ganz eigenen<br />

Charakter – sind sie offen, pulsiert das Leben, sind sie hingegen gesperrt,<br />

wird alles still und ruhig.<br />

Wenige Gebiete in der Schweiz sind so stark geprägt von<br />

einer einzigen Hauptstrasse wie die beiden Täler am<br />

Susten- und Grimselpass. Im Sommer herrscht buntes<br />

Treiben. Zahlreiche Besucher vergnügen sich an den Pässen, es<br />

wird ausgefahren und trainiert, gepicknickt und gewandert. Im<br />

Winter hingegen kehrt Ruhe ein. Sobald die Pässe wegen des<br />

Schnees gesperrt werden, ist das Leben in Guttannen oder Gadmen<br />

wie verwandelt. Angebote werden «eingewintert», Verkaufsbuden<br />

geschlossen und Restaurants wintersicher gemacht. Meterhohe<br />

Schneewände oder manchmal gar Lawinen versperren<br />

den Durchgang, wo im Sommer Autos durchbrausen und Motorräder<br />

brummen. Nur wenige Gäste geniessen ganz bewusst die<br />

winterliche Abgeschiedenheit. Extremer könnten die Gegensätze<br />

kaum sein.<br />

Die Pässe sind Lebensnerv und Wirtschaftsmotor, Perspektive<br />

und Einschränkung zugleich. Kein Wunder setzen die betroffenen<br />

Gebiete alles daran, die Strassen im Frühling so schnell wie möglich<br />

vom Schnee zu befreien. Allerdings ist die Räumung aufwändig<br />

und teuer, wie auch risikoreich. Die Interessengemeinschaft<br />

Alpenpässe (IAP), die vor mehr als 20 Jahren von Hoteliers an den<br />

Pässen Susten, Grimsel, Furka und Gotthard gegründet worden<br />

ist, wehrt sich gegen Einschränkungen. So wollte der Kanton Bern<br />

etwa bei der Schneeräumung Geld sparen und die Öffnung der


6<br />

grimselwelt · fokus<br />

grimselwelt · fokus 7<br />

Pässe Susten und Grimsel um einen Monat<br />

nach hinten verschieben. Vor Jahren hatte<br />

Postauto Schweiz die Absicht, Passfahrten<br />

mit dem Postauto abzuschaffen. Beide Vorhaben<br />

konnte die IAP erfolgreich verhindern.<br />

«Der Tourismus ist stark von den<br />

Pässen abhängig», erklärt Geschäftsführer<br />

Richard Elsener. «Ist der Susten- oder<br />

Grimselpass im Sommer auch nur einen<br />

Tag geschlossen, leiden darunter nicht nur<br />

die Täler, sondern man merkt das bis hinunter<br />

nach Interlaken.» Elsener ist für die<br />

Internetplattform www.alpen-paesse.ch<br />

verantwortlich, auf der Informationen zu<br />

allen Pässen der Schweiz rund um die Uhr<br />

aktualisiert werden. Das Interesse ist<br />

enorm. Verzeichnete die Webseite im Jahr<br />

2005 5’867 Besucher, waren es im Jahr<br />

2017 888’000 Besucher. «Vor allem im<br />

Frühling ist das Interesse gewaltig», sagt<br />

Elsener. «Die Leute wollen einfach über<br />

die Pässe.»<br />

Das Leben in den Tälern hatte sich immer<br />

schon nach den Pässen zu richten. Die ersten<br />

Wege ermöglichten wichtige Handelsverbindungen.<br />

Aus dem Oberhasli brachte<br />

man Käse, Vieh und Pferde auf die Märkte<br />

in der Lombardei und im Piemont, umgekehrt<br />

kamen über Susten- und Grimselpass<br />

Wein, Reis und Glas aus Murano<br />

nach Norden. Historisch belegt ist eine<br />

Säumerordnung vom August 1397, in der<br />

verschiedene Parteien diesseits und jenseits<br />

des Passes regelten, wer welchen Anteil<br />

zum Unterhalt von Wegen und Brücken<br />

leisten muss, wie die Zollordnung funktioniert,<br />

der Betrieb der «Susten», der Gasthöfe,<br />

Stallungen und Warenlager waren<br />

ebenfalls ein wichtiges Thema. Die Sbrinzroute<br />

von der Innerschweiz über die Grimsel<br />

nach Ulrichen und weiter über den<br />

Griespass ins Val Formazza erlebt heute<br />

eine Renaissance als Weitwanderroute<br />

(www.sbrinzroute.ch).<br />

Samuel Blättler und Martin Duss aus der Zentralschweiz erklären: «Für<br />

Fahrrad-Fahrer ist die Grimsel einfach ein Traum. Wenn es viel Verkehr hat,<br />

weichen wir mit dem Mountainbike gerne auf Nebenwege und Alpstrassen<br />

aus – es gibt fantastische Touren. Aber auch mit dem Rennrad ist es<br />

Die BMW-Crew mit Patrik Bürgi, Ruedi Wiederkehr, Marc und Christian<br />

Rölli sowie dem Motorrad-Neuling Christoph Blaser ist immer gemeinsam<br />

unterwegs. Die grossen BMW-Motorräder eignen sich auch für<br />

Ferienreisen, was den Männern noch besser gefällt als ein Wochenende<br />

der Weg ist das<br />

In politisch unsicheren Zeiten erhielten die<br />

Pässe militärische Bedeutung. 1798/99<br />

diente der Sustenpass den Franzosen mehrmals<br />

als Zugang, um den Österreichern<br />

und später den Russen im Reusstal in den<br />

Rücken zu fallen. Aus dieser Zeit erzählt<br />

auch der «Totensee» auf der Grimsel Passhöhe.<br />

Im August 1799 fand eine Schlacht<br />

zwischen den Franzosen und den Österreichern<br />

statt, zahlreiche Soldaten starben.<br />

Gewisse Berühmtheit erlangte in diesen<br />

weltpolitischen Auseinandersetzungen der<br />

damalige Wirt im Gasthaus Bären in Guttannen.<br />

Niklaus Fahner führte vier Kompanien<br />

der französischen Armee über das<br />

Nägelisgrätli zur Passhöhe und überraschte<br />

die Österreicher von hinten. Zum Gedenken<br />

an diese Ereignisse findet jedes<br />

Jahr ein historischer Schiesswettkampf<br />

statt. Unabhängig von der strategischen<br />

Bedeutung interessierten sich vereinzelte<br />

Reisende im frühen 19. Jahrhundert für die<br />

hochalpine Landschaft. Sie widmeten sich<br />

der naturwissenschaftlichen Forschung,<br />

etwa Horace Bénédict de Saussure oder<br />

auch Franz Josef Hugi, nach dem sogar ein<br />

Berg benannt ist. Diese Forscher waren in<br />

vielen alpinen Regionen die Türöffner für<br />

eine grössere Zahl von reiselustigen Personen,<br />

unter denen es bald als schick galt,<br />

sich in den «wilden» Alpen zu bewegen.<br />

toll, nicht umsonst gilt der Grimselpass als absoluter Rennrad-Klassiker.»<br />

Arnold Eggerschwiler, Urs Kneubühler, Stefanie Kriegel, Jasmin<br />

Kneubühler aus Nidwalden. «Normalerweise wäre ich mit dem Fahrrad<br />

hier.» Für einen Ferrari-Fahrer ist die Aussage von Arnold Eggerschwiler<br />

doch überraschend. Er jedoch liebt die sportliche Betätigung so sehr wie<br />

die Fahrt im Sportwagen. «Für beides ist die Grimsel einfach eine grossartige<br />

Landschaft», schwärmt er. Der Ausflug im Ferrari ist ein Geschenk von<br />

Eggerschwiler und seiner Frau Stefanie Kriegel an das Ehepaar Kneubühler.<br />

Alle vier rühmen das immense Fahrgefühl und die Bodenhaftung des<br />

Ferraris, den tollen Sound und die gigantisch schöne Landschaft.<br />

an den Pässen.<br />

Manohar Kumar stammt aus Indien und lebt seit acht Jahren in Zürich.<br />

Mit Freunden – zu ihnen gehört auch der kleine Zidane – macht er gerne<br />

Ausflüge in die Berge. «Die frische Luft und die schöne Aussicht hier oben<br />

sind einfach fantastisch», sagt er. «Und ich liebe es, die Kurven am Pass<br />

zu fahren.»<br />

Ziel<br />

www.alpen-paesse.ch<br />

1945 ist die Sustenpassstrasse fertig gestellt<br />

worden. Lokalhistoriker Fred Jaggi erinnert<br />

sich an die vielen Soldaten, internierte<br />

Russen und Polen, die man während der<br />

Kriegsjahre für den Bau der Strasse ins Tal<br />

gebracht hatte. Im August 1946, am Tag<br />

der Eröffnung der neuen Strasse, erlitt die<br />

neue Verbindung den ersten Kollaps:<br />

15’000 Autos sollen an diesem Tag über<br />

den Pass gefahren sein. Das sind ein Achtel<br />

aller damals in der Schweiz gemeldeten<br />

Fahrzeuge. Obwohl der Strassenbau an der<br />

Grimsel mit dem Bau der verschiedenen<br />

Kraftwerke und Stauseen Schritt für<br />

Schritt vorangetrieben worden war, erfolgte<br />

der Abschluss der Arbeiten auf Berner Seite<br />

erst 1972. Erst dann begannen auch die<br />

Walliser, die Strasse auf ihrer Seite zu modernisieren.<br />

Steht man an einem sonnigen<br />

Sommersonntag auf der Passhöhe, ist es<br />

schwer vorstellbar, dass es je anders war.<br />

Luca, Tobias, Valentino und Robin aus den Kantonen Luzern und Aargau.<br />

«Der Weg ist das Ziel», erklärt Tobias. «An einem Wochenende sowieso.<br />

Die grossartige Landschaft, die gute, breite Strasse und das Fahrgefühl<br />

machen es aus. Uns Motorradfahrern geht es darum, unterwegs<br />

zu sein und da und dort einen Kaffee zu trinken.»<br />

Das Gefährt von Roger und Heidi Bieri aus dem Kanton Aargau fällt an<br />

der Passstrasse besonders auf: Es ist ein Morgan Threewheeler, ein dreirädriges<br />

Motorrad, das sich wie ein Auto fährt. «Seit die Kinder aus dem<br />

Haus sind», sagt Heidi Bieri, «machen wir wieder öfter Dinge, die uns einfach<br />

Spass machen.» Eine Ausfahrt in der herbstlichen Landschaft gehört<br />

zu diesen besonderen Ereignissen. «Wir geniessen die Passfahrten sehr.<br />

Im Morgan nimmt man die Landschaft richtig intensiv wahr, man riecht<br />

sogar die Kühe auf den Wiesen».


8<br />

grimselwelt · unterwegs<br />

grimselwelt · unterwegs 9<br />

Text: Heidi Schwaiger, Fotos: David Birri<br />

Alpromantik pur geniesst, wer das Schwing-&<br />

Älplerfest auf der Engstlenalp besucht. Hier erleben<br />

Zuschauer hochkarätige Schwinger-Grössen in<br />

familiärer Atmosphäre und mit Sitzplatzgarantie.<br />

Plötzlich hüllt das Dröhnen der Kuhglocken den Schwingplatz<br />

auf der Engstlenalp ein wie eine Decke. Während der<br />

Alpaufzug der Familie Huber im Hintergrund über die<br />

Bühne geht, packen sich junge, kräftige Männer an den Zwilchhosen<br />

und ringen lautlos miteinander, ihre Spuren durchs Sägemehl<br />

ziehend. Die Zuschauer erleben die fesselnde Atmosphäre<br />

hautnah, auf Bänken rund um die beiden Schwingplätze und in<br />

den Alpenrosen sitzend, die das Festgelände als natürliches Amphitheater<br />

umgeben. Eine Reservation der Sitzplätze ist weder<br />

möglich noch nötig; damit stellt das Engstlenalpschwingfest eine<br />

Ausnahme dar. Die Tickets sind im Gegensatz zu vielen anderen<br />

Schwingfesten nicht limitiert, denn der Andrang ist überschaubar<br />

und es gibt genug Platz für alle.<br />

Ein Hochplateau auf 1800 Metern, mit knorrigen Arven, einem<br />

idyllischen Bergsee, eingerahmt von Bergspitzen: Die Engstlenalp<br />

wird zu recht oft als Kraftort bezeichnet. Hier oben herrscht eine<br />

besondere Stimmung, die Zeit scheint stehen zu bleiben. Das finden<br />

auch die Schwinger, die Jahr für Jahr zahlreich kommen, obwohl<br />

es auf der Engstlenalp keine Kränze zu gewinnen gibt. Besonders<br />

die einheimischen Schwinger schwärmen: Matthias Glarner<br />

aus Meiringen, Schwingerkönig 2016, spricht vom «schönsten<br />

Schwingfest der Welt». Leider konnte er 2017 aufgrund seines Unfalls<br />

nicht teilnehmen, liess sich aber den Besuch an Krücken nicht nehmen.<br />

Auch der Diemtigtaler Kilian Wenger, der 2010 als 20-jähriges<br />

Nachwuchstalent Schwingerkönig wurde, schätzt die Atmosphäre:<br />

«Hier kann ich ohne Druck schwingen.» Auch das ist eine<br />

Besonderheit des Engstlenalp-Schwingfestes: Bekannte Kranzschwin-<br />

ger messen sich mit dem einheimischen<br />

Nachwuchs. Ein bunter Mix, für Zuschauer<br />

und Schwinger gleichermassen spannend.<br />

Ohne ihn gäbe es das Schwingfest auf<br />

Engstlen nicht: Hanspeter Wenger, leidenschaftlicher<br />

Unternehmer aus Innertkirchen<br />

hat den Anlass 2004 ins Leben gerufen. Er<br />

ist auch heute noch Dreh- und Angelpunkt<br />

des Festes, schüttelt Hände, kümmert sich<br />

um Gäste, Helfer und Schwinger. Und gerät<br />

ins Schwärmen, wenn er über das<br />

Schwingfest spricht: «Die Engstlenalp ist<br />

der schönste Flecken auf der Erde, die perfekte<br />

Kulisse für einen fairen, bodenständigen<br />

Natursport wie das Schwingen.»<br />

Der Schwingsport fasziniert Wenger seit<br />

seiner Kindheit, als er selber im Sägemehl<br />

stand. Heute kommen über 100 Schwinger<br />

und bis zu 2’500 Zuschauer auf die Engstlenalp,<br />

freut sich Wenger. Trotzdem<br />

herrscht eine familiäre Stimmung, viele<br />

kennen sich. Es sind vor allem Einheimische<br />

und Schwingerfreunde, die auf die<br />

malerische Alp kommen.<br />

Rund 120 Helferinnen und Helfer sorgen<br />

Jahr für Jahr dafür, dass die Engstlenalp<br />

zum Sport- und Festgelände wird.<br />

Die meisten sind schon seit Jahren dabei.<br />

«Für mich ist es der schönste Anlass<br />

des Jahres», sagt Bruno Huber, der am<br />

Schwingfest für den Gabentempel<br />

zuständig ist. Als ehemaliger aktiver<br />

Schwinger möchte der Hasliberger<br />

dem Sport nun etwas zurückgeben.<br />

Auch seine beiden Töchter helfen<br />

mit, sie verkaufen Ranglisten. Die Urtümlichkeit<br />

des Anlasses schätzt auch Josef Camenzind,<br />

der seit dem ersten Engstlenalpschwingfest<br />

als Helfer dabei ist und den Cheli-<br />

Stand betreut. Bereits morgens herrscht hier reger<br />

Betrieb. «Ich schätze die Gemütlichkeit, alle<br />

sind hier Duzis», erklärt Camenzind sein Engagement.<br />

Während das Glockengeläut der Alpkühe leiser wird<br />

und dezent im Hintergrund erklingt, geht das Schwingfest<br />

weiter: Gang um Gang messen sich die muskelbepackten<br />

Athleten miteinander, der Sieger klopft dem Unterlegenen<br />

das Sägemehl vom Rücken. Gegen Abend, als<br />

sich die Sonne bereits den Bergspitzen nähert, wird Kilian<br />

Wenger nach einem gestellten Schlussgang gegen Bernhard<br />

Kämpf zum Festsieger 2017 gekürt und darf Siegermuni Yankari<br />

entgegennehmen. Allmählich kehrt wieder Ruhe ein auf<br />

der Engstlenalp – wahrhaftig ein Kraftort, auch ohne Schwinger.<br />

Tickets sind vor Ort erhältlich.<br />

www.schwingklub-meiringen.ch


10 grimselwelt · vogelfrei<br />

grimselwelt · energiewende 11<br />

Der<br />

Energiesturm<br />

und die<br />

Wasser<br />

kraft<br />

Die Energiebranche befindet sich im Umbau,<br />

weg von der Kernenergie hin zu erneuerbaren<br />

Quellen. Was dies für ein Wasserkraftunternehmen<br />

wie die KWO bedeutet, erklärt CEO<br />

Daniel Fischlin.<br />

Die Kraftwerke am Grimsel- und Sustenpass bilden ein komplexes<br />

Anlagesystem von Stauseen, Druckleitungen und<br />

Turbinen. Es ist kein einfaches Unterfangen, die vielen Anlagen<br />

richtig und effizient zu steuern. Mit dem Umbruch in der<br />

Energiebranche sind die Zusammenhänge noch viel komplexer<br />

geworden. Ein Kraftwerk wie die KWO steht nicht für sich alleine<br />

in einem Marktumfeld, sondern es hängt im wörtlichen Sinne<br />

mitten in einem Netz, in dem keiner der Beteiligten etwas machen<br />

kann, ohne dass nicht ein anderer Akteur betroffen wäre.<br />

Vor ein paar Jahren noch waren die Produktionskurven ziemlich<br />

voraussehbar, man fuhr die Maschinen nach Verbrauch. Das<br />

heisst, am Mittag und am Abend musste viel Strom produziert<br />

werden, weil dann der Bedarf höher war. «Heute ist das alles viel<br />

weniger durchschaubar», erklärt KWO CEO Daniel Fischlin. «Je<br />

nach Wetter und Börse können die Produktionspläne unzählige<br />

Male am Tag ändern.»


12<br />

grimselwelt · energiewende<br />

grimselwelt · energiewende<br />

13<br />

PROGNOSE STROMPRODUKTION<br />

SPEICHERWASSER<br />

LAUFWASSER<br />

20 %<br />

AUSBAUVORHABEN ERWEITERUNG SPEICHERMÖGLICHKEITEN<br />

Das Einzugsgebiet der KWO umfasst 420 km 2 , was einem Prozent<br />

der Fläche der Schweiz entspricht. Das jährlich anfallende Wasser<br />

beträgt 700 Millionen Kubikmeter und übersteigt die Speichermöglichkeiten<br />

um ein Vielfaches. Mit dem Ersatz der Staumauer Spitallamm,<br />

einem neuen Speicher Trift und einer Vergrösserung des<br />

Grimselsees will die KWO das Speicherpotenzial für den Winter erweitern<br />

und einen wirkungsvollen Beitrag zur<br />

Energiestrategie 2050 leisten, wie auch zum Hochwasserschutz<br />

bis zum Brienzersee.<br />

WEITERE INFORMATIONEN ZU DEN PROJEKTEN<br />

www.grimselstrom.ch/ausbauvorhaben/die-ideen<br />

PHOTOVOLTAIK<br />

15 %<br />

STROMPRODUKTION<br />

UND -VERBRAUCH<br />

SZENARIO 2035 OHNE AKWs<br />

QUELLE: BFE ENERGIESTRATEGIE<br />

WIND<br />

BIOMASSE<br />

THERMISCHE KRAFTWERKE<br />

PROGNOSE STROMNACHFRAGE<br />

STROMVERBRAUCH<br />

UNTERDECKUNG<br />

PRODUKTIONSZYKLEN<br />

ERNEUERBARE QUELLEN<br />

ANTEIL AN JAHRESSUMME IN PROZENT<br />

QUELLE: BFE UND METEOTEST, 2008 - 2011<br />

10 %<br />

5 %<br />

0 %<br />

JAN FEB MAR APR MAI JUN JUL AUG SEP OKT NOV DEZ<br />

ZUFLUSS STAUSEEN<br />

FLUSSKRAFTWERKE<br />

PHOTOVOLTAIK<br />

MITTELLAND<br />

PHOTOVOLTAIK<br />

ALPIN<br />

6000 6000<br />

5000 5000<br />

4000 4000<br />

3000 3000<br />

2000 2000<br />

1000 1000<br />

0 0<br />

STROMVERBRAUCH<br />

GWH<br />

JANUAR FEBRUAR MÄRZ APRIL MAI JUNI JULI AUGUST SEPTEMBER OKTOBER NOVEMBER DEZEMBER<br />

STROMVERBRAUCH<br />

GWH<br />

Gründe für diese bewegte Situation sind<br />

der Umbau des Strommarktes aufgrund<br />

der Liberalisierung und dem vermehrten<br />

Einspeisen erneuerbarer Energien. Die<br />

Stromproduktion aus Sonnen- oder Windenergie<br />

lässt sich zwar aufgrund der Wetterprognosen<br />

abschätzen, aber bei den<br />

Vorhersagen treten auch Fehler auf. Dementsprechend<br />

treten kurzfristige Änderungen<br />

im Strommarkt auf. Wenn die Schweizer<br />

Atomkraftwerke dereinst ganz vom<br />

Netz gehen, dürfte sich die Lage vor allem<br />

im Winter verschärfen. Scheint die Sonne<br />

nicht oder fehlt der Wind, geht die Produktion<br />

zurück. Ist jedoch weniger elektrische<br />

Energie im Netz als verbraucht wird, sind<br />

andere Kraftwerke angehalten zusätzli-<br />

chen Strom zu produzieren, weil sonst die<br />

Frequenz sinkt. Spannung und Netzfrequenz<br />

müssen stabil sein, damit elektronische<br />

Geräte funktionieren. Da auch die<br />

Schweiz im europäischen Strommarkt eingebunden<br />

ist, sind die inländischen Kraftwerke<br />

ebenfalls betroffen, wenn beispielsweise<br />

die grossen Windkraft-Parks in<br />

Norddeutschland auf geringem Niveau<br />

produzieren. «Wir hatten in den letzten<br />

Wintern einige Male kritische Situationen,<br />

in denen es beträchtliche Lücken gab zwischen<br />

Angebot und Nachfrage», sagt<br />

Fischlin. Weil die Regelleistungen ausgeschöpft<br />

und die Lage prekär war, wurden<br />

auch internationale Warnungen ausgelöst.<br />

Störfälle können auch dann auftreten,<br />

wenn irgendwo eine Leitung des ohnehin<br />

stark strapazierten Netzes ausfällt. Bei solchen<br />

Warnungen verfügt die Schweizer<br />

Netzbetreiberin Swissgrid sogenannte<br />

«Redispatchs». Damit weist sie bestimmte<br />

Kraftwerke an, sofort zusätzlichen Strom<br />

zu produzieren. Die Fahrpläne der Aktionäre<br />

werden in solchen Fällen ausser Kraft<br />

gesetzt. «Für uns», erklärt der CEO, «kann<br />

das bedeuten, dass wir innert kurzer Zeit<br />

einen grossen Teil des gespeicherten Wassers<br />

in einem See verarbeiten müssen, um<br />

das Netz zu stützen. Damit reduziert sich<br />

natürlich dann die Reserve.» Zu heiklen<br />

Situation kann es nicht nur dann kommen,<br />

wenn das Gleichgewicht wegen zu wenig<br />

Strom ins Wanken gerät, sondern auch,<br />

wenn überschüssiger Strom kompensiert<br />

werden muss. Das bedeutet für die KWO,<br />

dass sie ihre Stromerzeugung drosseln<br />

muss oder allenfalls sogar angewiesen<br />

wird, Strom zu verbrauchen, indem in den<br />

Pumpspeicherwerken gepumpt wird.<br />

Für solche Massnahmen, also eine Art Versicherung<br />

gegen ungeplante Ereignisse im<br />

Stromnetz, werden die Kraftwerke entschädigt,<br />

allerdings nicht zu gleich guten<br />

Preisen wie im freien Markt. Die Verfügungen<br />

von Swissgrid in Notlagen setzen<br />

den normalen Produktionsplan ausser<br />

Kraft. Für die Mitarbeiter der Zentralen<br />

Leitstelle, dem eigentlichen «Hirn» des gesamten<br />

KWO-Organismus, sind solche<br />

Änderungen eine grosse Herausforderung.<br />

Es müssen viele Faktoren berücksichtigt<br />

werden. Beispielsweise muss der Maschineneinsatz<br />

so gewählt werden, dass die<br />

Anforderungen für das Netz erbracht und<br />

die Fahrpläne der Aktionäre eingehalten<br />

werden. Und dies immer exakt abgestimmt<br />

mit den Zuflüssen und dem Wasserhaushalt<br />

der Kraftwerke. Da die Kraftwerke<br />

der KWO in Stufen angelegt sind, hat das<br />

Ansteuern von Maschinen auch immer<br />

Auswirkungen auf das unterhalb beziehungsweise<br />

oberhalb gelegene Kraftwerk.<br />

Weiter muss der Wasserhaushalt über das<br />

ganze Jahr hinweg im Auge behalten werden.<br />

Im Sommerhalbjahr, mit den starken<br />

Zuflüssen aus Schnee- und Gletscherschmelze,<br />

gilt es mit einer geschickten Bewirtschaftung<br />

zu vermeiden, dass die Stauseen<br />

überlaufen. Ziel ist, dass die Füllstände<br />

der Seen im September möglichst<br />

hoch sind. Den Winter über begleitet die<br />

Kraftwerksbetreiber dann stets der Gedanke,<br />

ob das Wasser bis zum Frühling hin<br />

reicht.<br />

In diesem komplexen Umfeld trägt die<br />

Wasserkraft sehr viel zur Netzstabilität bei.<br />

Doch dies allein ist im heutigen Energiemarkt<br />

kein Garant für die Wirtschaftlichkeit.<br />

Daniel Fischlin rechnet mit höheren<br />

Preisen für die im Winter produzierte<br />

Energie. «Wir müssen mehr Wasser speichern<br />

können, damit es möglich wird, vermehrt<br />

im Winter Energie zu produzieren»,<br />

ist er überzeugt. Gleichzeitig wird damit<br />

auch der «Tank» des Notstromdiesels vergrössert,<br />

um auf die in Notlagen verfügten<br />

«Massnahmen» reagieren zu können. Im<br />

Sommer, so ist Fischlin überzeugt, bestehe<br />

eine viel geringere Nachfrage an Energie<br />

aus den Speicherkraftwerken, da dann viel<br />

Solarstrom produziert wird. Die geplanten<br />

Projekte der KWO (siehe Kasten) ermöglichen,<br />

dank zusätzlicher Speicherkapazität,<br />

160 Millionen Kubikmeter Wasser vom<br />

Sommer in den Winter umzulagern. Derzeit<br />

kann die KWO nur etwa 25 Prozent<br />

der jährlich anfallenden Wassermenge<br />

(April bis Oktober) speichern. Vorhaben<br />

wie der neue Stausee im Triftgebiet würden<br />

die Speicherfunktion der KWO deutlich<br />

erhöhen. Dies, so ist sich Fischlin sicher, sei<br />

für das Gelingen der Energiewende entscheidend,<br />

zumal in der Erforschung anderer<br />

Speichermöglichkeiten von Energie<br />

noch wichtige Meilensteine ausstehen. Die<br />

Herausforderung für die KWO und ihre<br />

Aktionäre ist, diese Projekte jetzt voranzutreiben,<br />

obschon das aktuelle Umfeld der<br />

Wasserkraft für grosse Investitionen kaum<br />

günstig erscheint und keiner mit Gewissheit<br />

sagen kann, wie der Markt in ein paar<br />

Jahren aussieht. «Wir setzen alles daran»,<br />

bekräftigt Daniel Fischlin, «jetzt alle Vorleistungen<br />

zu tätigen, damit wir bereit sind,<br />

zum richtigen Zeitpunkt die Projekte auszulösen.»


14<br />

grimselwelt · persönlich<br />

grimselwelt · persönlich 15<br />

Dimitri Stalder<br />

Dorfbeiz, Berghütte<br />

und Gourmettempel<br />

Seit zwei Jahren wirtet der Koch und Bergführer Dimitri Stalder<br />

im Berggasthaus Tälli. Die Hütte hoch über Gadmen ist ein<br />

Glücksfall für ihn – er wiederum ist ein Glücksfall für die Gäste.<br />

Isabelle Oggier Feuz<br />

Sie holt die Welt nach<br />

Gadmen<br />

Für Isabelle Oggier Feuz kann in ihrem Haus in Gadmen nicht<br />

genug Betrieb herrschen. Die Primarlehrerin und Mutter dreier<br />

Kinder liebt es, Leute um sich zu haben. Viele Jahre lang betrieb<br />

sie mit ihrem Mann Christian eine Art Mini-Heim. In den Alltag<br />

der Familie integriert waren mehrere Personen in psychisch<br />

schwierigen Lebenslagen sowie Betreuer. «Mir ist es egal, wenn<br />

alles drunter und drüber geht – im Gegenteil, das gefällt mir sogar»,<br />

erzählt sie. Und doch entschied die Familie, es sei Zeit, einen<br />

Schritt vorwärts zu machen und beendete die Betreuungsverhältnisse.<br />

Seit einem Jahr stehen die vier kunterbunten Bauwagen<br />

sowie eine Jurte privaten Gästen offen. Am besten geeignet ist die<br />

Anlage für Gruppen, die ein Fest feiern wollen, ein Theater oder<br />

Musikstück einstudieren oder einen Teamevent durchführen. Zur<br />

Verfügung stehen neben der Wohnküche im Haus auch eine Werkstatt<br />

inklusive Bar, ein Hotpot, eine Feuerstelle sowie viel Umschwung,<br />

beziehungsweise ein ganzes Tal mit einmaliger Natur.<br />

Trotz regem Betrieb in ihrem Wagenpark heckt Isabelle Oggier<br />

bereits Pläne aus, was sie sonst noch machen möchte und wie sie<br />

sich weiterbilden könnte. «Ich liebe die Menschen – Routine mag<br />

ich gar nicht», fasst sie zusammen. Zwischen diesen zwei Polen<br />

findet sie stets von neuem Tätigkeiten, die sie faszinieren.<br />

www.bauwagenferien.ch<br />

men könne man nicht wohnen.» Dabei sei sein Heimatdorf viel<br />

besser erschlossen. «Man kann sich auch selber einreden», kam<br />

er zum Schluss, «dass man keinen Stich hat.» So trat er an, das<br />

Gegenteil zu beweisen. Seit eineinhalb Jahren arbeitet Krump in<br />

vierter Generation in der Schreinerei. Vorerst teilt er sich die Geschäftsführung<br />

mit Vater und Onkel, doch die Übergabe ist geplant.<br />

In dieser Phase ist Christian Krump froh, denn oft seien sie es, die<br />

entscheidende Details erkennen. Das Unternehmen ist auf den Innenausbau<br />

und Fenster spezialisiert. «Wir konkurrieren mit grossen<br />

Betrieben», sagt Krump. Da sei es wichtig, gute Qualität zu bieten<br />

und weiterzudenken. Der junge Unternehmer setzt auf «versteckte<br />

Qualitäten», neben handwerklichem Knowhow und der<br />

sorgfältigen Ausführung meint er damit die Wertschätzung gegenüber<br />

den Kunden. Der Erfolg stellt sich nicht von alleine ein, aber<br />

Krump ist sich sicher: «Hier kann ich einen Unterschied machen,<br />

ich kann Dinge anreissen, das geht mit dieser Bude, und das ist toll.»<br />

www.krump.ch<br />

Daniel Kaufmann<br />

Bergbauer und<br />

Künstler in einem<br />

Wegen seiner Tiere, den Ziegen und Pferden, ist Daniel Kaufmann<br />

nach Guttannen gekommen. Vor einigen Jahren bot sich dem ursprünglich<br />

aus dem Vorarlberg stammenden jungen Mann und<br />

seiner Frau die Möglichkeit, einen kleinen Hof zu übernehmen.<br />

«So etwas ist ja sonst kaum zu finden», sagt Kaufmann. Das Paar<br />

mit den drei Kindern ist glücklich über diese Wahl. Unterdessen<br />

hat sich Kaufmann auch in seinem ursprünglichen Beruf ein weiteres<br />

Standbein aufgebaut. Vor zwei Jahren eröffnete der gelernte<br />

Glasapparatebauer eine kleine Glasbläserei an der Strasse beim<br />

Dorfeingang. Dort erledigt er vor allem im Winter Aufträge im<br />

«Es ist der richtige Platz». Dimitri Stalder steht am offenen Küchenfenster<br />

und schaut hinaus auf die hohen Gipfel und die Bergweiden,<br />

alles glänzt und leuchtet wie frisch geputzt an diesem<br />

strahlenden Tag im Spätsommer. Weit und breit ist kein Haus zu<br />

sehen, weit unten nur, am Fusse der mächtigen Fluh, liegen die<br />

Häuser und Höfe von Gadmen. Mitten drin, wie ein kleines Flagschiff,<br />

die weisse Kirche. Er sei aus purem Zufall zur Hütte gekommen,<br />

erzählt der gelernte Koch und Bergführer, der ursprünglich<br />

aus dem Toggenburg stammt. Zwar wohnte Stalder bereits in<br />

Gadmen, das Engagement als Tälli-Wirt sei ihm aber unverhofft<br />

zugeflogen. Zuvor war er an verschiedenen Stationen tätig gewesen,<br />

hatte in Top Gourmet-Restaurants gekocht und auch als<br />

Bergführer viele Erfahrungen gesammelt. Im Berggasthaus Tälli<br />

lebt Stalder die Verbindung von Bergen und Kulinarik und zwar<br />

auf sehr pragmatische Art. Das alpine Umfeld inspiriert ihn für<br />

seine Gerichte. In speziellen Angeboten wie zum Beispiel Abendessen<br />

mit Mondscheinwanderungen knüpft er beide Welten zusammen.<br />

Die Kombination beglückt ihn. «Ich liebe die Natur, ich<br />

liebe die Menschen», sagt er. Diese Zufriedenheit ist in seiner Art<br />

zu wirten deutlich spürbar.<br />

Dimitri Stalder arbeitet gerne mit dem, was er hat. «Ich frage mich<br />

nicht: Was will ich kochen? Sondern: Was haben wir für Produkte?»<br />

Wenn ihm die Bauern Fleisch anbieten, kocht er damit, verwendet<br />

Alpbutter, Käse, Gewürze oder Pilze aus dem nahen Wald.<br />

Mit viel Liebe zum Detail reichert er die Angebote an. So begleitet<br />

stets ein kleines Stück selbstgemachter Kuchen einen Kaffee oder<br />

Tee, Wildblumen schmücken die Gerichte. «Entscheidend ist für<br />

mich», sagt Stalder, «was wir in diesem Tal erwirtschaften können.»<br />

Der sorgfältige und bewusste Umgang mit den Produkten<br />

prägt seine Küche: einfach zu verstehen, himmlisch zu geniessen.<br />

In der Region hat sich schnell herumgesprochen, wie gut man in<br />

der Tällihütte isst, und so gewann Dimitri Stalder neue Gäste, die<br />

gerne auch nur für ein feines Mittagessen von Innertkirchen oder<br />

Meiringen anreisen. Mit der Tällibahn und dem unkomplizierten<br />

Selbstfahrbetrieb ist die Hütte inmitten der gigantischen Gadmer<br />

Dolomiten schnell erreicht. Die bergaffinen Gourmets ergänzen<br />

die bisherige Kundschaft, einerseits Natur- und Bergfreunde, die<br />

Christian Krump<br />

Handwerker in vierter<br />

Generation<br />

Christian Krump hat das gemacht, was er nie wollte: in den Betrieb<br />

des Vaters einsteigen. Der junge Mann aus Gadmen liess sich<br />

zwar zum Drechsler und Schreiner ausbilden, es zog ihn aber weg.<br />

Er arbeitete auswärts und ging auf Reisen. Rückblickend sagt<br />

Krump: «Ich habe immer etwas gesucht und fand es doch nicht.»<br />

Auf einer abgelegenen schottischen Insel kam er ins Grübeln. «Das<br />

Leben dort war so einfach, gleichzeitig hatte ich geglaubt, in Gad-<br />

eigentlichen Glasapparatebau und fertigt kunstvolle Kreationen<br />

aus Glas. Zum Verkauf stehen verschiedene Dekorationen aus<br />

Glas: zu Weihnachten hin sind es Christbaumkugeln oder filigrane<br />

Vögelchen, aber auch eigenwillige Flaschen in vielen verschiedenen<br />

Formen, allen voran eine spezielle Kristall-Glasflasche, die<br />

Kaufmann mit dem Mineralien-Spezialist Joseph Häfliger entwickelt<br />

hat. Ein besonderes Angebot schuf Kaufmann zusammen<br />

mit dem Hotel Bären in Guttannen: Gäste können in der Werkstatt<br />

ihr eigenes Weinglas fertigen und es anschliessend bei einem<br />

Apéro oder Nachtessen im Hotel Bären gleich testen.<br />

www.kaufmannglas.jimdo.com<br />

gerne wandern, den Klettersteig begehen oder klettern, andererseits<br />

Gruppen, die Geburtstage oder andere Feste in der Hütte<br />

feiern. Ihnen allen ist eines gemeinsam: Das Gefühl, hoch oben in<br />

den Bergen in guten Händen zu sein.<br />

www.taelli.ch


16 grimselwelt · aussicht<br />

grimselwelt · impressionen 17<br />

Er sucht die wildesten Orte<br />

dieser Welt auf, um magische<br />

Augenblicke festzuhalten.<br />

Chris Burkard, amerikanischer<br />

Fotograf und Abenteurer,<br />

kam übers Surfen zur<br />

Fotografie. Noch heute gilt er<br />

als einer der bekanntesten Fotografen<br />

der Szene, doch Burkard hat sich auch<br />

in den Bereichen Reisen, Landschaft, Portraits<br />

und Extrem-Sportarten, die nichts mit dem Ozean<br />

zu tun haben, einen Namen gemacht.<br />

Als einflussreiche Stimme auf den Social Media<br />

Kanälen hat ihn Swiss International Air Lines<br />

und Schweiz Tourismus auf eine Reise durch die<br />

Schweiz eingeladen, die ihn unter anderem<br />

auch in die Jungfrau Region und das Grimselgebiet<br />

führte. Besonders angetan hat es Burkard<br />

die Aareschlucht. Die Fotos gingen um die Welt,<br />

alleine auf Instagram hat Burkard 2,9 Millionen<br />

Follower.<br />

Burkard und seine Frau Breanne wohnen mit ihren<br />

zwei Söhnen in Arroyo Grande an der Kalifornischen<br />

Küste.<br />

www.chrisburkard.com


14 grimselwelt · im gespräch<br />

grimselwelt · im gespräch 19<br />

gie gezeigt. Selbst in extremen Szenarien, in denen unsere bestehenden<br />

Kernkraftwerke früher ausser Betrieb gehen als angenommen,<br />

oder wenn in Deutschland und Frankreich Kohle- und<br />

Kernkraftwerke in grösserem Umfang abgestellt würden, käme<br />

es nur an wenigen Wintertagen für wenige Stunden zu einer<br />

Knappheit. Dieser wollen wir mit einer strategischen Reserve beikommen.<br />

Nebst der Batterie Wasserkraft hilft uns die Vernetzung:<br />

Die Schweiz ist wie kaum ein anderes Land via Übertragungsleitungen<br />

mit Europa verbunden. Daher lassen sich die<br />

Kosten aufteilen. Überdies wollen wir die Versorgungssicherheit<br />

auch politisch absichern – am besten mit einem Stromabkommen<br />

mit der EU.<br />

Ohne Zubau bei den erneuerbaren Energien,<br />

könne man nicht aus der Kernenergie<br />

aussteigen, sagt Energieministerin Doris<br />

Leuthard. Die Bundesrätin erklärt, welche<br />

Hoffnungen sie in die Wasserkraft setzt.<br />

Die Wasserkraft bewegt sich in einem<br />

schwer durchschaubaren Umfeld. Wie<br />

denken Sie, dass die Entwicklung<br />

weitergehen wird?<br />

Doris Leuthard: Die zunehmend dezentrale<br />

Stromproduktion führt dazu, dass die<br />

Rollen von Produzenten und Konsumenten<br />

neu verteilt werden. Auch die Verantwortlichkeiten<br />

und Schnittstellen ändern<br />

sich. Zentrale Themen sind die Versorgungssicherheit<br />

sowie die Frage, wie sich<br />

der Markt gestaltet. Wir bereiten deshalb<br />

bis Ende Jahr eine Revision des Stromversorgungsgesetzes<br />

vor. Dabei setzen wir auf<br />

unsere bewährte Infrastruktur: Die Stromnetze<br />

und Wasserkraftwerke. Wir müssen<br />

ihnen Sorge tragen.<br />

Welche Rolle spielen in Ihren Augen die<br />

Wasserkraftwerke in der Energiewende?<br />

Im Winter 2016/2017 gab es mehrmals relativ drängende<br />

Probleme bei der Netzstabilität. Aufgrund des Warnsystems<br />

war die KWO angehalten, den Oberaarsee zu leeren, um das<br />

Netz zu stützen. Können Sie sich vorstellen, dass man Wasserkraftwerke<br />

zukünftig für solche Beiträge zur Netzstabilität<br />

entschädigt?<br />

Bereits heute werden die Stromunternehmen für Dienste entschädigt,<br />

die sie leisten, um die Netzstabilität aufrechtzuerhalten. Wir<br />

prüfen bei den Arbeiten zur Revision des Stromversorgungsgesetzes,<br />

ob eine strategische Reserve für das Winterhalbjahr sinnvoll<br />

ist. Die strategische Reserve würde sicherstellen, dass auch<br />

in extremen Situationen genug Strom verfügbar ist.<br />

In Deutschland haben die Netzbetreiber beantragt, Gaskraftwerke<br />

mit einer Gesamtleistung von 1’200 Megawatt im Süden<br />

Deutschlands zu bauen, alleine um Unsicherheit in der Netzstabilität<br />

zu überbrücken. Wären Gaskraftwerke auch für die<br />

Schweiz eine mögliche Option? Oder wie gedenkt man, das<br />

Netz zu stützen, wenn die Sonne nicht scheint oder der Wind<br />

nicht stark genug ist?<br />

Gas hat in der Schweiz aus klimapolitischen Gründen einen<br />

schweren Stand. Zudem wird sich kaum ein Unternehmen finden,<br />

das in Gas investiert, zumindest solange die Strompreise derart<br />

tief sind. Wenn, dann wäre ein Andocken an bestehende Gaskraftwerke<br />

in Süddeutschland zu prüfen. Im Vordergrund steht<br />

ZUR PERSON<br />

Als Vorsteherin des Eidgenössischen<br />

Departements für Umwelt, Verkehr,<br />

Energie und Kommunikation (UVEK) ist Bundesrätin Doris Leuthard<br />

eines der sieben Mitglieder des Bundesrates, der Exekutive<br />

der Schweiz. 2017 amtete sie zum zweiten Mal nach 2010 als<br />

Bundespräsidentin. Vor der Übernahme ihrer Position als Vorsteherin<br />

des UVEK am 1. November 2010 war Doris Leuthard von<br />

August 2006 bis Oktober 2010 Vorsteherin des Eidgenössischen<br />

Volkswirtschaftsdepartements (EVD). In dieser Funktion war sie<br />

für Arbeit, Berufsbildung, Technologie, Innovation, Landwirtschaft,<br />

Wohnungswesen, Landesversorgung sowie die Handelspolitik verantwortlich.<br />

Sie vertrat die Schweiz u.a. bei der WTO, OECD, FAO<br />

und der Weltbank und präsidierte die EFTA.<br />

verhandelt, aber bedarf einer Lösung in einem Rahmenabkommen.<br />

Gefordert sind auch die Stromunternehmer: Ich erwarte,<br />

dass sie ihre Eigenverantwortung wahrnehmen. Allerdings stelle<br />

ich fest, dass der beschauliche Strommarkt der Vergangenheit eine<br />

gewisse Anspruchshaltung gefördert hat. Ich höre Rufe nach neuer<br />

staatlicher Förderung oder einer Verlängerung der Marktprämien<br />

für die Wasserkraft. Damit verstärken wir die bestehenden<br />

Marktverzerrungen jedoch abermals. Das ist auf die Dauer keine<br />

Lösung. Der Bundesrat möchte eigenständige Energieunternehmen,<br />

die nicht auf wirtschaftliche Stützmassnahmen angewiesen<br />

sind – nach dem Motto Innovation statt Subvention.<br />

DIE WASSERKRAFT IST EIN<br />

WICHTIGER PFEILER<br />

Die Wasserkraft bleibt auch in Zukunft die<br />

wichtigste Quelle für inländischen Strom.<br />

Sie ist zentral für die Versorgungssicherheit<br />

und für den Klimaschutz. Die Wasserkraft<br />

liefert derzeit zusammen mit Sonne,<br />

Wind und Biomasse rund 60 Prozent unseres<br />

Bedarfs – frei von CO 2<br />

-Emissionen.<br />

Das ist ausbaubar. Daneben bietet uns<br />

Wasser hervorragende Speichermöglichkeiten.<br />

Dies ist wichtig, um flexibel zu bleiben<br />

und saisonale Schwankungen ausgleichen<br />

zu können.<br />

Mit dem Wegfall der AKWs könnte der<br />

Strom im Winter zeitweise knapp werden.<br />

Solar- und Windproduktion decken die<br />

entstehenden Lücken gemäss Prognosen<br />

im Winter nicht ganz. Wie ernst ist das<br />

Problem? Und was ist zu tun?<br />

In den nächsten 15 Jahren müssen wir keine<br />

Versorgungsengpässe befürchten. Dies<br />

haben Analysen des Bundesamts für Ener-<br />

aber, dass die Forschung und die Unternehmen technische Lösungen<br />

anstreben. Bei den Speichertechnologien ist zum Beispiel<br />

einiges im Gang.<br />

Die Aktionäre der KWO befinden sich jetzt in der Situation, dass<br />

sie Entscheide für Investitionen in Ausbauprojekte fällen<br />

müssten, obwohl die ökonomischen Rahmenbedingungen<br />

schwierig sind. Was empfehlen Sie?<br />

Mit dem neuen Energiegesetz gibt es seit Anfang Jahr Investitionsbeiträge<br />

für neue grosse Wasserkraftanlagen und für erhebliche<br />

Erneuerungen oder Erweiterungen von Wasserkraftanlagen.<br />

Das kann zumindest bei einigen Investitionsentscheiden helfen.<br />

Die Strompreise dürften tendenziell in der EU ansteigen, nicht<br />

zuletzt wegen des Wirtschaftswachstums und höheren Preisen<br />

für CO 2<br />

-lastige Energie.<br />

Was bleibt politisch zu tun, um solche Investitionsentscheide zu<br />

ermöglichen?<br />

Das erwähnte Stromabkommen mit der EU würde es uns erlauben,<br />

die Wasserkraft besser in den europäischen Strommarkt einzubringen.<br />

Das wäre gut für die Wirtschaft und für die Versorgungssicherheit.<br />

Das Abkommen ist bis auf wenige Punkte fertig<br />

Ein Wasserkraftwerk spielt in einer wirtschaftlich eher schwachen<br />

Region wie dem Oberhasli eine sehr wichtige Rolle, da<br />

Arbeitsplätze ausserhalb des Tourismus rar sind. Spielt dieses<br />

Argument in Ihren Überlegungen auch eine Rolle?<br />

Gerade die Wasserkraft hat in den Gebirgsregionen der Schweiz,<br />

nicht nur im Oberhasli, viele Arbeitsplätze geschaffen. Die Wasserkraft<br />

soll und wird in der Schweiz auch künftig eine zentrale<br />

Rolle spielen, das steht so im neuen Energiegesetz. Entsprechend<br />

werden die Anlagen auch weiter unterhalten und betrieben. Dazu<br />

braucht es nach wie vor Personal.<br />

Welchen Ausweg sehen Sie aus dem ewigen Dilemma, dass<br />

man zwar erneuerbare Energien fördern will, gleichzeitig aber<br />

oft mit den Anliegen von Umweltschützern in Konflikt gerät<br />

Nebst den Umweltschützern wehren sich oft auch Anwohner gegen<br />

solche Anlagen. Dies ist zu respektieren. Umso wichtiger ist<br />

es, die Projekte sorgfältig aufzugleisen, gut zu informieren und<br />

auf Anliegen der Betroffenen einzugehen. Wir müssen nicht heute<br />

oder morgen bauen, wir haben Zeit. Gleichzeitig muss unsere<br />

Bevölkerung auch anerkennen, dass man ohne den Zubau von erneuerbarer<br />

Energie nicht aus der Kernkraft aussteigen kann.<br />

Haben Sie einen persönlichen Bezug zum Oberhasli?<br />

Die Grimsel ist eine der eindrücklichsten Gebirgslandschaften unseres<br />

Landes. Ich habe sie auch schon ausländischen Delegationen<br />

vom Alpinhotel Grimsel Hospiz aus gezeigt. Zudem ist natürlich<br />

die Passstrasse phantastisch und interessiert die Infrastruktur-<br />

Ministerin!


20 grimselwelt · unterwegs<br />

grimselwelt · tourismus 21<br />

Text: Annette Marti, Fotos: David Birri<br />

Seit einem Jahr steht Ursula<br />

Monhart als Leiterin den Grimselhotels<br />

der KWO vor. Die<br />

quirlige Chefin gewährt einen<br />

Blick hinter die Kulissen der<br />

einzigartigen Gastro-Betriebe.<br />

len nochmals los, schon bald wird der Pass geschlossen. Ursula<br />

Monhart ist in Gedanken bereits bei Weihnachten, dann nämlich<br />

wird die Logistik in den Hotels noch viel komplizierter als im<br />

Sommer. Im Winter ist das Grimsel Hospiz nicht mehr mit dem<br />

Auto erreichbar, die Gäste reisen über KWO-interne Wege durch<br />

Stollen und mit Seilbahnen an. Weit und breit ist das Hotel nämlich<br />

dann das einzige bewohnte Gebäude. «Besser, wir bringen<br />

die Sessel und Liegestühle, die für die Wintersaison ins Hospiz<br />

müssen hinauf, solange die Strasse offen ist», erklärt Monhart. So<br />

muss sie im Oktober bereits wissen, wie der Weihnachtsbaum ins<br />

Haus gelangen wird und ob genügend Wein im Keller lagert. Rund<br />

ums Jahr ist viel Improvisationsgeschick gefragt, denn auch im<br />

Sommer kann das Wetter unvermittelt ändern, so lag an einem<br />

Hochzeitsfest im September plötzlich Schnee vor dem Haus.<br />

Schnell, schnell musste das im Freien geplante Apéro ins Haus<br />

verlegt werden. Bei einer anderen Gelegenheit blieb eine Festgesellschaft<br />

auf der Anfahrt stecken, da die Strasse länger wegen<br />

eines Unfalls gesperrt blieb. Monhart schickte eine ihrer Mitarbeiterinnen<br />

den Gästen mit einem Begrüssungs-Trunk entgegen.<br />

Lukasz Szyszka, Hauswirtschaft<br />

Wie viele andere junge Menschen aus Polen<br />

will Lukasz Szyszka für einige Jahre in<br />

Westeuropa arbeiten. Zuhause gibt es für<br />

den ausgebildeten Architekten kaum Jobs.<br />

Jetzt ist Szyszka bei den Grimselhotels in<br />

Grimsel Hospiz<br />

Winter-<br />

Ruheoase<br />

Wie kriegt man einen grossen Sessel<br />

in ein kleines Auto? Ursula<br />

Monhart räumt ihre Taschen<br />

vom Rücksitz, wuchtet den Stuhl auf die<br />

Kante des Kofferraums und murmelt: «Irgendwie<br />

muss das doch gehen… ja so, genau.»<br />

Monhart ist eine Chefin, die anpackt.<br />

Sie ist mit den Gedanken überall, denkt sozusagen<br />

vierspurig, denn als Leiterin der<br />

Grimselhotels unterstehen ihr vier verschiedene<br />

Betriebe (siehe Kasten). Das Hotel<br />

Handeck im Wald oberhalb Guttannen,<br />

das imposante Hotel Grimsel Hospiz, das<br />

Berghaus Oberaar, aufgrund seiner spektakulären<br />

Lage über dem Oberaarsee ohnehin<br />

eine Besonderheit, sowie die Selbstversorgerhütte<br />

Bäregg. Die Betriebe liegen<br />

weit auseinander und erst noch ein Stück<br />

entfernt vom Hauptsitz<br />

der KWO in Innertkirchen.<br />

«Ich bin viel on the<br />

road und rund um die<br />

Uhr telefonisch erreichbar»,<br />

sagt Monhart und<br />

lächelt. «Oft gilt es, irgendetwas<br />

von einem<br />

Ort an den anderen zu<br />

bringen oder irgendwo<br />

ein Problem zu lösen.<br />

Dann bin ich halt einfach<br />

unterwegs.»<br />

Wie an diesem sonnigen<br />

Tag im Spätherbst, an<br />

dem unzählige Ausflügler<br />

im Gebiet sind – alle wol-<br />

Im Winter können Lawinengefahr oder Sturm den Fahrplan stören,<br />

dann muss die An- oder Abreise der Gäste umorganisiert werden,<br />

zum Beispiel via unterirdischem Lift und Treppen.<br />

Wetter – Location – Distanzen: in diesem Dreieck tanzt die Chefin<br />

und kommt manchmal ganz schön ausser Atem. Sie stellt hohe<br />

Ansprüche an ihre Mitarbeitenden, aber auch an sich selbst. Beim<br />

Rundgang durchs Haus zupft sie da eine Dekoration zurecht und<br />

wechselt dort ein Wort mit einem Teammitglied. «Die Hotellerie<br />

ist eine verrückte Branche», sagt sie, «sie fordert alles. Entweder<br />

du liebst diese Welt oder gehst daran zugrunde.» Die erste Saison<br />

in der neuen Funktion als Leiterin Grimselhotels fand die Ostschweizerin<br />

streng, aber auch grossartig. Die 48-jährige ist eine<br />

Gastro-Unternehmerin mit Herz und Seele. Am Beginn ihrer<br />

Laufbahn stand die Tourismusfachschule in Sierre, dann arbeitete<br />

sie an verschiedenen Stationen, vom Seminarhaus bis zum Seniorenzentrum,<br />

für einige Jahre lebte sie gar auf einem Bauernhof.<br />

Die Hotellerie ist ihr von all diesen Tätigkeitsfeldern das liebste.<br />

Herzlichkeit und die Bereitschaft, alles für die Gäste zu machen,<br />

stehen für sie an oberster Stelle. Dazu ist wie in jedem guten Gastrobetrieb<br />

ein gutes Zusammenspiel von der Küche bis zur Hauswirtschaft<br />

nötig. Diese Zusammenarbeit zu steuern fasziniert<br />

Monhart, auch wenn es zuweilen herausfordernde Aufgaben zu<br />

lösen gibt. Nach den langen Arbeitstagen geniesst sie es besonders,<br />

einen Augenblick in der gewaltigen Szenerie zu verweilen und die<br />

Ruhe in sich aufzunehmen. «In dieser Natur kann ich prima den<br />

Kopf lüften. Angesichts der Berge wird einem bewusst, wie klein<br />

wir Menschen eigentlich sind», sagt Monhart und lässt den Blick<br />

über den Grimselsee schweifen. Genau wegen dieser Umgebung<br />

fühlt sich die Unterländerin auch rundum wohl in ihrem neuen<br />

Job in den Bergen.<br />

Die Grimselhotels<br />

Zu den Grimselhotels gehören vier Betriebe, alle im alpinen Gelände. Angefangen<br />

bei der «tiefsten» Lage (1’400 m ü. M.) liegt oberhalb Guttannen<br />

direkt gegenüber der berühmten Gelmerbahn das Hotel und Naturresort<br />

Handeck, das während der Passsaison offen ist. Die 38 Zimmer verteilen<br />

sich auf Haupthaus, Steinhaus und Chalet. Weiter passaufwärts thront das<br />

Hotel Grimsel Hospiz auf einem Felsvorsprung am Grimselsee – es befi -<br />

det sich bereits auf 2’000 m ü. M. und bietet 28 Zimmer. Das historische<br />

Viersterne-Haus ist auch im Winter geöffnet. Nochmals eine Stufe höher<br />

liegen das Berghaus Oberaar (2’300 m ü. M.) direkt am Oberaarsee und die<br />

Selbstversorgerhütte Bäregg beim Trübtenseeli (2’450 m ü. M.). In den<br />

Grimselhotels arbeiten den Sommer über rund 65 Personen (davon auch<br />

einige Lernende), im Winter sind es 25.<br />

der Hauswirtschaft tätig. «Das Team ist<br />

wie eine grosse Familie aus verschiedenen<br />

Ländern», sagt Szyszka. Er fühle sich sehr<br />

wohl. «Die Arbeit ist das wichtigste», stellt<br />

er klar. Es mache ihm nichts aus, an einem<br />

abgelegenen Ort zu arbeiten. Szyszka liebt<br />

die Natur: «Bei schönem Wetter gehe ich<br />

gerne wandern, sonst geniesse ich die Umgebung<br />

oder lerne Deutsch.» Besonders der<br />

Alltag der Bergbauern erinnere ihn an das<br />

kleine Dorf in Polen, wo er gross geworden<br />

ist. Wenn er etwas Geld gespart hat, will<br />

Szyszka in seine Heimat zurückkehren.<br />

Enrico Weise, Koch<br />

Sieben Tage die Woche und oft während<br />

24 Stunden am gleichen Ort zu sein, liegt<br />

nicht jedem. Für die Mitarbeitenden des<br />

Grimsel Hospiz gehört dies jedoch zum<br />

Alltag, vor allem im Winter ist es aufwändig,<br />

den Arbeitsplatz in der verschneiten<br />

Winterwelt zu verlassen. Für Enrico Weise<br />

stellt dies kein Problem dar. Zu 95 Prozent<br />

sei es völlig okay, dann gebe es mal Zoff,<br />

aber man finde sich immer wieder. «Wir<br />

haben ein gutes Team und verstehen uns,<br />

sonst würde es nicht funktionieren.» Er selber<br />

arbeitet bereits die fünfte Saison als<br />

Koch im Hospiz. Die Abgeschiedenheit<br />

empfindet er nicht als belastend. «Im Gegenteil»,<br />

sagt er, «ich liebe die Ruhe.»<br />

Winter im Grimsel Hospiz bedeutet abschalten und entschleunigen.<br />

Tief im Schnee versunken thront das historische Haus inmitten<br />

einer unberührten Naturlandschaft. Bereits bei der aussergewöhnlichen<br />

Anreise mit Luftseilbahnen und durch tiefe Stollen<br />

lässt der Gast die Alltagswelt hinter sich. Die Atmosphäre im<br />

Hotel ist persönlich, im Kamin prasselt ein Feuer und unter dem<br />

Sternendach wartet ein dampfender Badebottich auf den Gast.<br />

Öffnungszeiten 23. Dezember – Ende März<br />

(jeweils Mittwoch bis Sonntag). Preise pro<br />

Person im Doppelzimmer CHF 155.- bis 235.-.<br />

Doppelzimmer zur Einzelbenutzung Aufpreis<br />

von CHF 60.-. Erlebnisanreise p.P. CHF 69.-.<br />

www.grimselwelt.ch/grimselhotels


22<br />

Ungeplante Zwischenfälle machen einen<br />

Teil der Arbeit von Grimsel Hydro aus. Der<br />

grössere Teil der Arbeiten im Bereich Instandhaltung<br />

erfolgt über Ausschreibungen<br />

und kann dementsprechend geplant<br />

werden. Wobei, so weiss Maurer aus Erfahrung<br />

– es lässt sich kaum je alles bis ins<br />

Detail planen. «Wir versuchen natürlich<br />

abzuschätzen, ob wir die Maschinen vor<br />

Ort zerlegen müssen oder ob man ein Stück<br />

ganz abtransportieren kann», erklärt Maurer.<br />

«Manchmal trifft man auf unerwartete Begebenheiten<br />

und dann ist Improvisationsgeschick<br />

gefragt.» Im Falle der Schützentafeln<br />

im Engadin ermöglichten eigens<br />

verlegte Geleise und ein Bahnwagen die<br />

Demontage unter engsten Verhältnissen.<br />

Die zwei je 6,5 Tonnen schweren Eckringschieber,<br />

die Maurer unlängst im Bündner<br />

Kraftwerk Zervreila ausgebaut hatte,<br />

konnten ebenfalls am Stück abtransportiert<br />

werden. Grimsel Hydro Mitarbeiter<br />

zerlegten sie in der Werkstatt in Innertkirgrimselwelt<br />

· technologiezentrum<br />

grimselwelt · tourismus 23<br />

chen in ihre Einzelteile. Bis Anfang der Sommersaison sollen die<br />

Schieber frisch revidiert wieder im Kraftwerk montiert und in Betrieb<br />

genommen werden.<br />

Peter Maurer kennt unzählige Kugelschieber,<br />

Drosselklappen und Turbinen<br />

verschiedener Wasserkraftwerke der<br />

Schweiz. Der Montageleiter von Grimsel<br />

Hydro ist im Auftrag der KWO häufi<br />

auch ausserhalb der <strong>Grimselwelt</strong> unterwegs,<br />

um Kunden bei technischen Herausforderungen<br />

zu unterstützen.<br />

Peter Maurers Arbeit kann ganz schön<br />

knifflig sein – dann etwa, wenn er in einem<br />

Kraftwerk im Engadin riesige Schützentafeln<br />

eines Grundablasses ausbauen sollte.<br />

Tafeln, die so gross sind, dass es auf den<br />

ersten Blick unmöglich erscheint, sie zur<br />

Reparatur zu entfernen. Der Montageleiter<br />

von Grimsel Hydro ist im Auftrag der<br />

KWO oft bei Kraftwerksbetreibern in der<br />

Der gelernte Maschinenschlosser mag das Tüfteln ganz besonders.<br />

Am besten gelinge es ihm beim Frühstück oder auch abends spät,<br />

weg von der eigentlichen Baustelle, besondere Probleme zu lösen<br />

und Ideen zu entwickeln. So oder so seien alle Monteure gut beraten,<br />

lieber dreimal hinzuschauen, nachzufragen und sehr gut zu<br />

überlegen, bevor sie einen Arbeitsschritt<br />

ausführen. Die Maschinenteile, mit denen<br />

sie zu tun haben, stehen oftmals unter grossem<br />

Wasserdruck oder sind unvorstellbar<br />

schwer. Peter Maurer sieht es als grossen<br />

Vorteil, dass Grimsel Hydro nicht nur aus<br />

einer Werkstatt besteht, sondern in den Betrieb<br />

der gesamten KWO eingegliedert ist.<br />

«Wir haben unser Wissen intern aufgebaut<br />

und diese Erfahrungen aus erster Hand<br />

sind unglaublich wertvoll», sagt er. Manche<br />

aus dem Team hätten selber in den<br />

Kraftwerken gearbeitet, bevor sie in die Montagegruppe wechselten.<br />

Das Leben auf Montage schätzt Maurer persönlich sehr.<br />

Auch wenn es «nicht für jeden sei», wochenweise von Zuhause<br />

weg zu arbeiten und im Hotel zu leben. Die Auftragsdauer ist oft<br />

lang oder man ist wiederholt bei gleichen Kraftwerken im Einsatz.<br />

So arbeitete er zum Beispiel über einen Zeitraum von fünf Jahren<br />

stets wieder im St. Gallischen Taminatal im Kraftwerk Mapragg.<br />

«Mit der Zeit kennt man die Leute dort und fühlt sich auch richtig<br />

zuhause», sagt Maurer.<br />

DIE WASSERKRAFTWERK- WISSENSCHAFTLER<br />

Technologiezentrum Wasserkraft<br />

Grimsel Hydro ist eine Marke der KWO, Kraftwerke Oberhasli AG,<br />

unter der die Leistungen des Technologiezentrums Wasserkraft<br />

angeboten werden. Grimsel Hydro ist Ansprechpartner für<br />

Wasserkraftbetriebe im In- und Ausland. Das Angebot umfasst<br />

Dienstleistungen in den Bereichen Service & Betrieb, Instandhaltung<br />

& Reparaturen, Engineering & Entwicklung und ökologische<br />

Beratung & Begleitung. www.grimselhydro.ch<br />

«Powertage»<br />

5. bis 7. Juni <strong>2018</strong> · Messe Zürich · Halle 6, Stand J04<br />

Die Wasserkraftwerk-Wissenschaftler präsentieren sich an den<br />

«Powertagen» und gewähren Einblick in ihre Arbeit. Die Fachleute<br />

von Grimsel Hydro freuen sich auf Ihren Besuch.<br />

Schweiz unterwegs. Maurer und sein Montagetrupp<br />

von sechs bis sieben Personen<br />

sind eine Art «fliegender Doktor» für die<br />

Wasserkraftwerke. Wann immer ein Problem<br />

auftaucht, notfalls auch an Wochenenden<br />

oder Feiertagen, steht der Service von<br />

Grimsel Hydro bei technischen Herausforderungen<br />

zur Verfügung. Manchmal lässt<br />

sich ein Problem bereits via Telefon lösen,<br />

wenn nicht, rücken Mitarbeiter aus, um<br />

sich vor Ort ein Bild zu machen. Die Mechaniker<br />

analysieren dann, ob sie die Störung<br />

vor Ort beheben können oder ob allenfalls<br />

ein Teil ausgebaut werden muss. Dann<br />

wird es in die Werkstatt nach Innertkirchen<br />

transportiert und dort revidiert.


24<br />

grimselwelt · grimselgeschichten<br />

grimselwelt · abenteuer 25<br />

Verlassene Schulhäuser geben ein tristes<br />

Bild ab. Die Dörfer Gadmen, Guttannen<br />

und Innertkirchen gehen verschiedene<br />

Wege, wie sie den Gebäuden neues<br />

Leben einhauchen.<br />

Drei Schulhäuser suchen<br />

eine neue Identität<br />

Schulhaus Guttannen<br />

Die nur noch von wenigen Kindern besuchte Schule<br />

Guttannen wird zu einem alpinen Schulungszentrum<br />

für Gruppen. Das alte Schulhaus mitten im Dorf (Bild)<br />

soll dereinst Ess- und Schlafräume beherbergen.<br />

Schulhaus Gadmen<br />

Aus Schulzimmer werden Hotelzimmer: So soll die<br />

Gadmer Lodge aussehen, die in Gadmen geplant ist.<br />

Der linke Teil besteht aus einem Neubau mit Hotelzimmer<br />

im Dreisterne-Segment, der rechte Gebäudeteil<br />

beinhaltet die ehemaligen Klassenzimmer, die zu<br />

Mehrbettzimmern umgebaut werden. Initialisiert hat<br />

das Projekt die Gemeinde Innertkirchen (Visualisierung).<br />

Was lässt sich mit einem Schulhaus anstellen, anstatt es für eine<br />

eigentliche Schule zu nutzen? Diese Frage mussten sich die Dörfer<br />

Gadmen und Guttannen in den letzten Jahren stellen. An beiden<br />

Orten leben derzeit zu wenige Kinder, als dass eine eigene Schule<br />

gerechtfertigt wäre. Die Schülerinnen und Schüler von Gadmen<br />

gehen bereits jetzt in Innertkirchen zur Schule. In Guttannen wird<br />

noch eine Klasse (1. bis 6. Klasse) unterrichtet, doch der Kanton<br />

Bern hat entschieden, auch diese Klasse auf Ende des Schuljahres<br />

<strong>2018</strong>/2019 zu schliessen. Das Schulhaus Wyler, einem Dorfteil<br />

von Innertkirchen, ist zwar bereits länger nicht mehr als Schulhaus<br />

in Betrieb, aber es zeugt von einer Zeit, da in den Berggemeinden<br />

mehr Kinder aufwuchsen als heute.<br />

Die sinkenden Schülerzahlen sind eine schmerzhafte Tatsache –<br />

ihnen zu begegnen ist eine grosse Herausforderung für die Talschaften.<br />

Sowohl Gadmen, das mit Innertkirchen eine Gemeinde<br />

bildet, als auch Guttannen haben entschieden, das Schicksal in<br />

die eigenen Hände zu nehmen und neue Ansätze zu verfolgen. Aus<br />

dem leerstehenden Schulgebäude in Gadmen soll ein Hotel werden.<br />

Eine neu gegründete Genossenschaft ist daran, das Projekt<br />

auszufeilen und die Finanzierung zu sichern. Aus den ehemaligen<br />

Klassenzimmern sollen einfache Doppel- und Mehrbettzimmer<br />

für Sport- und Trainingsgruppen werden, Zimmer und Restaurant<br />

im angrenzenden Neubau richten sich an Individualgäste. Die<br />

Gadmer Lodge ist Teil der Absicht, den Tourismus im Gadmental<br />

zu fördern. Die Gemeinde setzt auf Aktivitäten im Bereich Natur<br />

und Sport. Die Möglichkeiten zum Wandern, Klettern, Radfahren,<br />

Langlaufen und Skifahren sind einzigartig. Ebenso kommen<br />

Ruhesuchende auf ihre Rechnung. Das Feriengefühl im Schulhaus<br />

ist bereits jetzt in Wyler bei Innertkirchen zu haben. Das Gebäude<br />

ist 2012 unter privater Trägerschaft zum Ferienhaus «Uf em<br />

Egg» umgebaut worden und umfasst vier Wohnungen und vier<br />

Doppelzimmer.<br />

Die Gemeinde Guttannen wählt einen anderen Weg, um ihrer<br />

Schule neues Leben einzuhauchen. Ab Sommer 2019 wird die Pri-<br />

marschule Guttannen ein Satellit der Privatschule NMS in Bern.<br />

Dabei werden sich die einheimischen Schüler die bestehenden Gebäude<br />

in Guttannen mit anderen Schulgruppen teilen. «Wir haben<br />

so viele tolle Räume hier, ein Werkraum, ein Theaterraum, eine<br />

Turnhalle, eine moderne Küche und vieles mehr», sagt Lehrer und<br />

Gemeinderat Urs Zuberbühler, «diese Infrastruktur können wir<br />

gerne teilen». Die NMS plant nicht nur, das jetzige Schulhaus zu<br />

nutzen, sondern das alte Schulhaus, ein leerstehendes Gebäude im<br />

Dorfkern, umzubauen und dort Schlafplätze und Essräume zu<br />

schaffen. In Guttannen soll ein eigentliches alpines Schulungszentrum<br />

entstehen, das sich auf MINT-Themen (Mathematik, Informatik,<br />

Naturwissenschaft und Technik) konzentriert. Mit Partnern<br />

wie dem Unesco Welterbe Jungfrau-Aletsch und der KWO<br />

ist der praktische Bezug gegeben. Die umliegende Natur bildet<br />

nicht nur einen idealen Ausgleich – so hat in Guttannen zum Beispiel<br />

jedes Schulkind Langlaufskis und Schlittschuhe zur Verfügung,<br />

die in Pausen und Turnstunden zum Einsatz kommen. Die<br />

Bergwelt taugt auch für Anschauungsunterricht zu Themen wie<br />

Natur und Klimawandel. «Mit diesem<br />

Projekt können wir die Dorfschule halten»,<br />

freut sich Zuberbühler, «und gleichzeitig<br />

mit Schulungsgruppen eine neue Dynamik<br />

im Dorf ankurbeln.»<br />

Zusätzliche Informationen zu den<br />

Projekten, Dienstleistungen oder<br />

Unterstützungsmöglichkeiten<br />

fi den Sie auf den Webseiten.<br />

www.gadmerlodge.ch<br />

www.schuleguttannen.ch<br />

www.ufem-egg.ch<br />

Schulhaus Wyler<br />

Ferien anstatt Schule. Das Schulhaus in Wyler bei<br />

Innertkirchen wird schon länger nicht mehr für den<br />

Unterricht genutzt. Gäste können hier seit einigen<br />

Jahren in Ferienwohnungen oder Doppelzimmern<br />

ihren Urlaub verbringen.


26<br />

grimselwelt · perspektiven<br />

grimselwelt · perspektiven 27<br />

PERSPEKTIVEN<br />

BY FISCHLIN<br />

In der Rubrik «Perspektiven by Fischlin»<br />

denkt der CEO der KWO, Daniel Fischlin,<br />

laut über mögliche Projekte nach und<br />

gewährt einen Einblick in das, was ihn<br />

über das Hier und Heute hinaus beschäftigt.<br />

Er hält sich dabei an sein Credo,<br />

auch in unsicheren Zeiten auf neue Impulse<br />

und Szenarien zu setzen.<br />

Arbeit effizienter zu gestalten ist ein Anliegen,<br />

das in vielen Unternehmungen<br />

ganz oben auf der Pendenzenliste steht.<br />

So auch bei der KWO. Einen grossen<br />

Nutzen für den Wissenstransfer verspricht<br />

sich Fischlin von digitalen Hilfsmitteln.<br />

Die KWO ist ein komplexer Betrieb. Die<br />

verschiedenen Kraftwerke und Anlagen<br />

liegen weit auseinander und an schwer<br />

zugänglichen Orten, sprich teilweise mitten<br />

in einem Berg. Auf dem Weg dazu,<br />

digitale Technologien besser einzusetzen,<br />

ist schon nur die Ausstattung aller Anlagen<br />

mit WLAN eine Herausforderung.<br />

Ziel des CEO’s ist es längerfristig, alle<br />

Mitarbeitenden mit Tablets und weiteren<br />

digitalen Hilfsmitteln auszurüsten. Das<br />

Fachwissen, das für den Umgang mit den<br />

Anlagen und Maschinen nötig ist, muss<br />

gepflegt werden und soll von Person zu<br />

Person weitergegeben werden können.<br />

Ein erster Schritt ist bereits getan. Seit<br />

kurzem verfügen Mitarbeitende über ein<br />

Smartphone mit einer eigenen KWO-App.<br />

Die App enthält verschiedene Hilfsmittel<br />

für den Arbeitsalltag, unter anderem<br />

auch eine Funktion, um Mitarbeitende<br />

im grossen Einzugsgebiet der KWO zu<br />

orten, was die Sicherheit erhöht.<br />

Hotel und Naturresort Handeck<br />

Ein einzigartiges Erlebnisparadies<br />

für Kinder.<br />

www.grimselwelt.ch<br />

Die <strong>Grimselwelt</strong> ist ein Engagement der KWO, Kraftwerke Oberhasli AG<br />

Tagen in den Grimselhotels<br />

Weit weg vom Alltag.<br />

Gut für Ihr Team.<br />

www.grimselwelt.ch<br />

Die <strong>Grimselwelt</strong> ist ein Engagement der KWO, Kraftwerke Oberhasli AG


28<br />

grimselwelt28<br />

ERKUNDE<br />

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