Februarausgabe 2021
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23. Jahrgang<br />
Februar <strong>2021</strong><br />
2,10 €, davon 1,- €<br />
für den Verkäufer<br />
UNABHÄNGIGE STRASSENZEITUNG FÜR FREIBURG UND DAS UMLAND<br />
ZUR UNTERSTÜTZUNG VON MENSCHEN IN SOZIALEN NOTLAGEN<br />
STREETPEOPLE<br />
Sarah Gugel – Leiterin der Bahnhofsmission<br />
900 JAHRE ARMUT IN FREIBURG<br />
Armenwesen und Pflege in Freiburg (Teil 2)<br />
IM GESPRÄCH MIT...<br />
Konrad Gramelspacher von Radio Dreyeckland
INHALT<br />
3<br />
VORWORT<br />
23<br />
VERKÄUFERVORSTELLUNG<br />
4<br />
RECHT AUF STADT<br />
24<br />
HERZLICHEN DANK<br />
6<br />
STREETPEOPLE<br />
25<br />
KOCHEN<br />
10<br />
IM GESPRÄCH MIT...<br />
26<br />
SPORT<br />
12<br />
900 JAHRE ARMUT IN FREIBURG<br />
28<br />
KRIMI 11. FOLGE<br />
18<br />
MEIN LITERARISCHER WEG<br />
30<br />
RÄTSEL<br />
20<br />
DAS WUNDER VON BOCHUM<br />
31<br />
ÜBER UNS<br />
22<br />
BUCHBESPRECHUNG<br />
OHNE IHRE UNTERSTÜTZUNG<br />
GEHT ES NICHT<br />
Liebe LeserInnen,<br />
um weiterhin eine<br />
interessante Straßenzeitung<br />
produzieren und Menschen<br />
durch ihren Verkauf einen<br />
Zuverdienst ermöglichen<br />
zu können, benötigen<br />
wir Ihre Hilfe.<br />
Vielen Dank!<br />
Spendenkonto:<br />
DER FREIeBÜRGER e. V.<br />
IBAN: DE80 6809 0000 0002 4773 27<br />
BIC: GENODE61FR1<br />
Denken Sie bitte daran, bei einer Überweisung Ihren Namen<br />
und Ihre Anschrift für eine Spendenbescheinigung anzugeben.<br />
2<br />
FREIeBÜRGER 02 | <strong>2021</strong>
Liebe LeserInnen,<br />
willkommen im Jahr <strong>2021</strong>! Als erstes möchten wir Ihnen<br />
natürlich ein frohes und gesundes neues Jahr wünschen,<br />
wenn auch mit coronabedingter Verspätung. Möge alles<br />
in Erfüllung gehen, was Sie sich in der Silvesternacht<br />
gewünscht haben... Und natürlich wünschen wir uns, wie<br />
Sie wohl alle auch, dass diese Pandemie endlich zu Ende<br />
geht und wir alle unser Leben wieder normal weiterleben<br />
können!<br />
Man darf ja gespannt sein, was uns das frisch begonnene<br />
Jahr alles so bringt außer der Krise, in der wir uns gerade<br />
befinden. Eigentlich kann es ja nur besser werden als das<br />
letzte. Aber eins wird uns wohl trotzdem noch eine Weile<br />
begleiten: die Ungewissheit. Wo kann man hin, was findet<br />
statt? Das darf man täglich neu in Erfahrung bringen.<br />
Menschen mit punktgenauer Planung und geradem vorbestimmtem<br />
Tagesablauf haben es auch in den nächsten<br />
Monaten schwer.<br />
Da habe ich es einfacher, da ich mich schon immer von jedem<br />
Tag neu überraschen lasse. Dennoch plagt auch mich<br />
die eine oder andere Frage: Werden wir in diesem Jahr<br />
den 901. Jahrestag der Stadtgründung wie ein Jubiläum<br />
feiern können oder wird das wieder verschoben? Wann<br />
wird es wieder uneingeschränkten Zugang zu Kunst und<br />
Kultur geben? Und wann darf ich mich mal wieder mit<br />
all meinen Freunden treffen und eine Party veranstalten?<br />
Doch das alles wird wohl erst in ein paar Monaten<br />
beantwortet, wenn diese Pandemie endlich vorbei oder<br />
zumindest eingedämmt ist. Die Stadt Freiburg hat sich<br />
wie in jedem Jahr viel vorgenommen. Als erstes stand ab<br />
Januar die jährliche Erhöhung der Abgaben an, doch das<br />
ist für <strong>2021</strong> (bis jetzt) relativ wenig. Gut, es gibt die neue<br />
CO 2 -Steuer, die Badenova hat den Gaspreis angehoben<br />
und die Gebühr für Gehwegreinigung geht nach oben.<br />
Aber alles andere, Strom, Wasser oder Müll bleiben gleich.<br />
Selbst auf dem Friedhof und dem Standesamt gelten die<br />
Tarife des Vorjahrs.<br />
Das Stadtjubiläum will man wie gesagt nachholen, kann<br />
aber nix fest zusagen. Fix ist aber, dass das Wohnungsbauprojekt<br />
Kleineschholz im Stühlinger vorangetrieben<br />
wird und auch im neuen Stadtteil Dietenbach sollen die<br />
Bagger dieses Jahr anrollen. Auch das neue Stadion des<br />
SC Freiburg wird in diesem Jahr eröffnet und zum 1.000.<br />
Heimspiel in ein paar Jahren dürfen dann auch erstmals<br />
Zuschauer rein. Also volles Programm in der Stadt, langweilig<br />
wird es wohl nicht!<br />
Trotz allem bleibt die Uhr nicht stehen und das Leben<br />
geht weiter. Und so stehen uns in diesem Jahr noch zwei<br />
Wahlen bevor, auf die wir uns schon jetzt vorbereiten<br />
können. Angesichts des demokratischen Wahlspektakels<br />
in den USA tut eine gewisse Vorbereitung vielleicht Not,<br />
um nicht selbst so ein Desaster zu erleben. Man sollte<br />
allen Wahlberechtigten nochmals erklären, wie eine Wahl<br />
funktioniert und wie eine Stimmenauszählung danach<br />
kontrolliert wird. Damit kann man vorbeugen, dass nach<br />
der Wahl irgendwelche Möchtegerndiktatoren oder Querund<br />
Nichtdenker zur Revolution aufrufen. Zwar fand<br />
ich das, was in den Vereinigten Staaten passierte, ganz<br />
amüsant, aber wahrscheinlich auch nur, weil es weit weg<br />
war. Wenn so etwas im eigenen Land geschieht und man<br />
selbst betroffen ist, dürfte die Komik schnell vorbei sein...<br />
Sei es wie es sei!<br />
Am 14. März dürfen wir uns auf die Landtagswahlen<br />
freuen und im Herbst wird dann die neue Regierung in<br />
Berlin gewählt, wo dann die Nach-Merkel-Ära eingeläutet<br />
werden soll. Die Termine dürften feststehen, Planänderungen<br />
zum Prozedere kann es durch Corona noch geben.<br />
Die größte Schwierigkeit für mich wird in diesem Jahr<br />
sein: Welchen Kandidaten oder welche Kandidatin wähle<br />
ich, also wen hätte ich gern als BundeskanzlerIn? Na klar,<br />
diese „Wahl der Qual“ hat man irgendwie bei jeder Wahl,<br />
doch in diesem Jahr fällt es mir extrem schwer. Es sind ja<br />
nicht mal unbedingt die zur Auswahl stehenden Parteien,<br />
das ist jedes Mal das Gleiche, es sind vielmehr die Lichtgestalten<br />
jeder Partei, die nach vorn geschickt werden, um<br />
KanzlerIn zu werden. Ich meine, ich habe noch nie CDU<br />
gewählt, aber selbst Hardcore-Christdemokraten werden<br />
sich fragen: „Will ich Armin Laschet als Kanzler?“. Die SPD<br />
hat Heiko Scholz ins Rennen geschickt, aber sorry, auch<br />
ihn kann ich mir in dieser Position nicht vorstellen. Doch<br />
bei den derzeitigen Umfragewerten dürfte sich die Frage<br />
nach einem SPD-Kanzler ohnehin nicht stellen...<br />
Das Führungsduo der Grünen flößt mir auch kein unbedingtes<br />
Vertrauen ein und die restlichen kleineren Parteien<br />
dürften wohl keine Chance haben. Erstaunlich ist dann<br />
aber wieder Christian Lindner von der FDP, der wieder mit<br />
am Regierungstisch sitzen will. In welcher Konstellation<br />
weiß er noch nicht, er scheint für mehrere mögliche Koalitionsvarianten<br />
offen zu sein, aber er will mitregieren. Ich<br />
kann mich noch dunkel an die ewigen Koalitionsverhandlungen<br />
vor vier Jahren erinnern, als Deutschland kurz vor<br />
Neuwahlen stand. Damals brach der Chris die Verhandlungen<br />
mit dem Satz: „Lieber nicht regieren, als schlecht<br />
regieren!“ einfach ab und ging in die Opposition. Woher<br />
der Sinneswandel kam verriet er zwar nicht, dafür hoffe<br />
ich natürlich, dass seine WählerInnen die Aktion von 2017<br />
noch nicht vergessen haben!<br />
Doch bis dahin ist ja noch Zeit. Mal sehen, welche Partei,<br />
welche(r) PolitikerIn durch Corona noch punkten kann.<br />
Ihnen, liebe LeserInnen, wünschen wir wie immer viel<br />
Spaß mit dieser Ausgabe und vielen Dank für den Kauf<br />
des FREIeBÜRGER!<br />
Carsten<br />
FREIeBÜRGER 02 | <strong>2021</strong> 3
FREIBURG – STADT FÜR ALLE?!<br />
ARBEITSKREIS KRITISCHE SOZIALE ARBEIT FORDERT:<br />
WOHNRAUM FÜR WOHNUNGSLOSE!<br />
Am 23.11.2020 ist in Freiburg eine obdachlose Frau tot<br />
im Stadtgarten aufgefunden worden. Erst hieß es, sie<br />
sei an Erfrierungen gestorben, zwei Tage später wurden<br />
„medizinische Grunderkrankungen“ genannt.<br />
Wir, der Arbeitskreis kritische soziale Arbeit (AKS),<br />
fragen uns: Wäre die obdachlose Frau daheim in ihrer<br />
Wohnung in ihrem eigenen Bett auch gestorben? Viele<br />
Obdachlose haben mindestens eine Grunderkrankung.<br />
Jeder Mensch hätte Schwierigkeiten, bei Temperaturen<br />
unter dem Gefrierpunkt draußen übernachten zu müssen<br />
und gesund zu bleiben.<br />
In der Badischen Zeitung (BZ) vom 24.11.2020 meint<br />
Toni Klein, Rathaussprecher der Stadt, zur Motivation<br />
von wohnungslosen Menschen, im Freien zu übernachten:<br />
„Die meisten würden das freiwillig tun – weil sie<br />
zum Beispiel Hunde haben oder wegen einer Suchtproblematik.“<br />
Kein Mensch schläft im Winter freiwillig<br />
draußen! Menschen entscheiden sich draußen zu<br />
übernachten, weil es für sie oft genug keine adäquaten<br />
Wohn- und Übernachtungsangebote gibt. Die<br />
städtische Notunterkunft „OASE“ schreckt viele wohnungslose<br />
Menschen ab und sie wollen unter keinen<br />
Umständen dort übernachten. Zu diesen gehören z. B.<br />
Menschen, die Arbeit haben oder junge Wohnungslose,<br />
die zum allergrößten Teil lieber draußen schlafen würden,<br />
als in die „OASE“ zu gehen.<br />
HOUSING FIRST<br />
Wir wollen nicht, dass noch mehr Menschen in Freiburg<br />
draußen in der Kälte übernachten müssen.<br />
Eine reiche Stadt wie Freiburg sollte sich um die sozial<br />
am stärksten benachteiligten Menschen gerade im<br />
Winter kümmern und ihnen angemessene Übernachtungsmöglichkeiten<br />
bieten. Wenn im Lockdown gefordert<br />
wird, dass Menschen Abstand halten müssen,<br />
Kontakte reduziert werden sollen, dann sollte dies<br />
insbesondere wohnungslosen Menschen ermöglicht<br />
werden, auch da sie zum großen Teil zu einer der<br />
Corona-Risikogruppen gehören. Obwohl die Stadt<br />
Freiburg im Frühjahr, nach Ausbruch der Pandemie, in<br />
der Wiesentalstraße Container belegte, um wenigstens<br />
ein minimales Abstandsgebot zu gewährleisten, leben<br />
in der „OASE“, Freiburgs Notunterkunft, weiterhin 2-3<br />
Menschen in einem Zimmer, müssen sich sanitäre Einrichtungen<br />
und Kochmöglichkeiten mit vielen anderen<br />
Menschen teilen und tagsüber die Zimmer verlassen,<br />
haben keinen Rückzugsort, keine Privatsphäre, wo sie<br />
für sich alleine sein könnten.<br />
ÖFFNET DIE HOTELS FÜR WOHNUNGSLOSE<br />
In Freiburg stehen Pensionen, Hotels und Hostels seit<br />
dem erneuten Teil-Lockdown leer und haben keine<br />
Einnahmequelle. Es wäre für Hoteliers und für die Wohnungslosen<br />
also eine Win-win-Situation. Die Hoteliers<br />
hätten wieder einen Verdienst und Wohnungslose,<br />
wenigstens über den Winter, ein Zimmer, in dem sie<br />
einigermaßen menschenwürdig mit eigener Privatsphäre<br />
übernachten und sich auch tagsüber aufhalten<br />
könnten.<br />
Claudius Heidemann, Leiter der Notunterkunft „OASE“,<br />
gab in der BZ vom 23.11.2020 zu bedenken: „Doch selbst<br />
mit mehr Wohnraum wären die Probleme nicht gelöst,<br />
weil dann auch mehr Betreuung nötig wäre.“<br />
Herr Heidemann mag recht haben, dass nicht alle Probleme<br />
dann gelöst sind, aber das Hauptproblem schon:<br />
Die Menschen haben endlich wieder Wohnraum und<br />
sie sind nicht mehr der Gefahr des Erfrierens ausgesetzt!<br />
(Eine Betreuung durch SozialarbeiterInnen ist<br />
somit erstmals sekundär und könnte bei gutem Willen<br />
dann noch organisiert werden)<br />
Warum sollte das, was in Hamburg, Düsseldorf, Bielefeld<br />
und anderen Städten möglich ist, nicht auch hier<br />
in Freiburg umsetzbar sein? Es ist ein Skandal, dass<br />
Menschen hier in Freiburg auf der Straße schlafen müssen<br />
und sogar sterben, während Unterkünfte und somit<br />
Wohnraum leer stehen.<br />
Deswegen fordern wir die Stadt Freiburg auf: Mieten<br />
Sie Hotels/Hostels an, auch aus Infektionsschutzgründen<br />
und als Maßnahme gegen die weitere Verbreitung<br />
des Coronavirus. Menschen sollten nicht im Freien<br />
übernachten, niemand sollte auf der Straße leben müssen,<br />
frieren und hungern!<br />
Mehr Infos unter: www.rechtaufstadt-freiburg.de<br />
4<br />
FREIeBÜRGER 02 | <strong>2021</strong>
STADT-FÜR-ALLE-NACHRICHTEN ( RÜCKBLICK VOM 15. NOVEMBER BIS 15. JANUAR )<br />
[FR] MIETENWAHNSINN AUF DER FSB-VERKEHRSINSEL<br />
Am Rennwegdreieck, de facto einer Verkehrsinsel an<br />
viel befahrener Stelle, sollte ursprünglich ein zu 100 %<br />
sozial geförderter Mietwohnungsbau entstehen. Deshalb<br />
sollte die Freiburger Stadtbau (FSB) hier bauen.<br />
Die FSB führte aber schon 2,183 Millionen € für das<br />
Grundstück an den städtischen Haushalt ab. Prompt<br />
war nur noch von 33 % sozialgebundenem Wohnraum<br />
die Rede. Was das für den Rest der durch die FSB errichteten<br />
Wohnungen bedeutet wird nun offensichtlich.<br />
Eine 61 m²-Wohnung wird mit Tiefgaragenplatz z. B. für<br />
399.400 € verkauft. Das sind schlappe 6.475 €/m². Für<br />
die Mietwohnungen wird eine Kaltmiete von 17,70 €/m²<br />
und eine Warmmiete von 21,60 €/m² aufgerufen. Für<br />
die 61 m² auf der Verkehrsinsel, errichtet von der FSB,<br />
die doch eigentlich für bezahlbaren Wohnraum sorgen<br />
sollte, dürfen dann 1.320 € monatlich bezahlt werden.<br />
[FR] ILLEGAL HOHE MIETEN<br />
Der Mieterverein Regio Freiburg e. V. und das Unternehmen<br />
Mietenmonitor UG, das Online-Inserate erfasst<br />
und sie auf Verstöße gegen die Mietpreisbremse prüft,<br />
haben darüber informiert, dass sage und schreibe die<br />
Hälfte der in Freiburg auf dem sogenannten Markt<br />
angebotenen Mietwohnungen eine rechtswidrig hohe<br />
Miete aufweist. Im Durchschnitt werden diese inserierten<br />
Wohnungen zu Kaltmieten angeboten, die die<br />
Obergrenze laut Mietpreisbremse um mehr als 2,60<br />
€/m² überschreiten. MieterInnen dieser Wohnungen<br />
könnten also, sofern keine umfangreiche Modernisierung<br />
gemacht wurde oder die VormieterInnen bekannterweise<br />
schon eine ebenso hohe Miete gezahlt haben,<br />
die monatliche Miete im Schnitt um ca. 140 € senken.<br />
Die Mietpreisbremse verbietet mit einigen Ausnahmen<br />
Mieten, die über 10 % über der ortsüblichen Vergleichsmiete<br />
liegen. Sie gilt in Freiburg und auch einigen<br />
Umlandgemeinden. Der Mieterverein bietet möglicherweise<br />
Betroffenen eine kostenlose Berechnung der für<br />
ihre Wohnung ortsüblichen Vergleichsmiete anhand<br />
des Freiburger Mietspiegels an.<br />
[FR] VERNICHTUNG VON MIETWOHNUNGEN<br />
Der Aufsichtsrat der Freiburger Stadtbau hat die Umwandlung<br />
von 120 Miet- in Eigentumswohnungen in<br />
der Sulzburger Straße 15-19 in Freiburg-Weingarten<br />
beschlossen. Die Häuser sollen 2022 saniert werden.<br />
Die Entscheidung wurde hinter verschlossener Tür getroffen.<br />
Lediglich die Fraktionen Stadt Für Alle und JUPI<br />
stimmten dagegen. Zuvor hatte es keinerlei Bürgerbeteiligung<br />
gegeben. Das stellt auch einen klaren Verstoß<br />
gegen die Richtlinien des Programms „Soziale Stadt“<br />
dar, aus dem Gelder in die Sanierung fließen sollen. Als<br />
Vorbild dient der Stadt und der Stadtbau das Projekt<br />
Binzengrün 34. Hier konnte von den 88 Mietparteien<br />
nach der Umwandlung in Eigentumswohnungen kein<br />
einziger Haushalt zurückziehen. Viele MieterInnen hatten<br />
dort zuvor jahrzehntelang gewohnt. Dass niemand<br />
aus dem Gemeinderat es vorher für nötig erachtet hat,<br />
mit den betroffenen MieterInnen zu sprechen und dass<br />
das Verdrängungsprojekt Binzengrün 34 als Vorbild<br />
dient, zeigt die ganze Verachtung gegenüber den ärmeren<br />
Menschen in Weingarten.<br />
[FR] MIETSPIEGEL STEIGT UM 18,7 %<br />
Der Freiburger Mieterhöhungsspiegel steigt und steigt.<br />
Im Vergleich zum Jahr 2016 stieg die Nettokaltmiete<br />
bei Wohnungen ohne soziale Bindung durchschnittlich<br />
um fast 18,7 %. Die Durchschnittsmiete stieg von 8,25 €<br />
auf 9,79 €/m². Je nach Lage, Ausstattung und Baujahr<br />
gibt es auf Basismieten Zu- oder Abschläge. Der neue<br />
Mietspiegel gilt <strong>2021</strong> und 2022.<br />
[FR] SPAREN AUF DEM RÜCKEN DES SOZIALBEREICHS<br />
Die Stadt Freiburg hat angekündigt, ihre langjährige<br />
Praxis, Tariferhöhungen über zusätzliche Zuschüsse an<br />
die städtischen und externen Träger wie Caritas, Diakonie<br />
oder auch freie Kitaträger auszugleichen, im Rahmen<br />
der Corona-Kürzungen nicht mehr fortzuführen.<br />
Da viele soziale Einrichtungen sich voll oder überwiegend<br />
durch die Zuschüsse der Stadt finanzieren, bedeutet<br />
das Sparmaßnahmen, die letztlich die Beschäftigten<br />
dieser „systemrelevanten“ Berufe ausbaden müssen.<br />
U. a. der Arbeitskreis kritische Soziale Arbeit, Care<br />
Revolution und die FAU Freiburg protestieren gegen<br />
die Entscheidung der Stadt. In einem offenen Brief, der<br />
per Mail an aks-freiburg@gmx.de unterstützt werden<br />
kann, sagen die Gruppen: Nein zu einer Kürzungspolitik<br />
auf dem Rücken der Beschäftigten und zum Nachteil<br />
aller Menschen, die auf eine gute soziale Infrastruktur<br />
angewiesen sind! Gefordert wird Tariftreue und eine<br />
Umverteilung von oben nach unten.<br />
[STGT] SOLIDARITÄT MIT DEN BESETZERINNEN<br />
In der Wilhelm-Raabe-Straße in Stuttgart besetzten<br />
Rosevita mit kleinem Sohn und Adriana mit Tochter<br />
und Partner im Frühjahr 2018 zwei zuvor lange leerstehende<br />
Wohnungen. Sie machten damit Wohnungsnot<br />
und Mietenwahnsinn zum Thema. Nach einem Monat<br />
wurden sie zwangsgeräumt. Nach einer bereits 2019 erfolgten<br />
Verurteilung zu einem insg. vierstelligen Betrag<br />
als Geldstrafe müssen sie nun 11.200 € an die EigentümerInnen<br />
zahlen – eine reiche Spekulantenfamilie aus<br />
London. Lassen wir sie nicht alleine. Gespendet werden<br />
kann unter:<br />
Rote Hilfe e. V. Stuttgart<br />
Stichwort: Wilhelm-Raabe-Straße<br />
IBAN: DE66 4306 0967 4007 2383 13<br />
BIC: GENODEM1GLS<br />
FREIeBÜRGER 02 | <strong>2021</strong> 5
StreetPeople<br />
WE ARE ON A<br />
MISSION<br />
SARAH GUGEL<br />
BAHNHOFSMISSION<br />
FREIBURG
SARAH GUGEL<br />
„Die Beziehung zum Menschen ist es, mit der alles steht und fällt.“<br />
Sarah Gugel kennenlernen zu dürfen war ein großes Geschenk<br />
für mich. Wenn man sich nur wenige Minuten mit<br />
ihr unterhält, hat man bereits ein Gefühl der Vertrautheit.<br />
Sie ist neben Philipp-Martin Spitczok von Brisinski Leiterin<br />
der Bahnhofsmission in Freiburg. Gegründet wurde diese<br />
1903, zu Zeiten der Landflucht während der Industrialisierung.<br />
Damals leisteten überwiegend Frauen der jüdischen,<br />
katholischen und evangelischen Glaubensgemeinschaften<br />
den in der Stadt ankommenden Menschen direkt<br />
an den Bahnhöfen eine gute Orientierungshilfe, indem<br />
sie ihre Kenntnisse über das Sozialnetz ungehindert an<br />
die Reisenden weitervermitteln konnten. Im Grunde ist<br />
das auch heute noch eine der Kernaufgaben der Bahnhofsmission.<br />
Darüber hinaus hat diese sich immer davon<br />
leiten lassen, was es gerade an Nothilfe zu leisten gab. Die<br />
Angehörigen dieser Initiative sind direkt an den Bahnhöfen<br />
für alle Menschen da, die in Not geraten und Hilfe<br />
benötigen.<br />
so, wie es in der Bahnhofsmission stattfindet, entspricht<br />
dem christlichen Kernauftrag. Das ist ihr wichtig. Und beides<br />
ist in der Bahnhofsmission möglich. Zudem habe sie<br />
noch während ihres Studiums durch viele Begegnungen<br />
feststellen können, dass ihr der direkte Umgang mit dem<br />
Menschen sehr gut liegen würde und diese Art der Arbeit<br />
das richtige für sie sei.<br />
Sarah Gugel ist jetzt seit über vier Jahren ein fester Bestandteil<br />
der Bahnhofsmission in Freiburg. Zwar sei es ihr<br />
relativ früh klar gewesen, dass sie im Berufsleben etwas<br />
mit menschlichen Begegnungen zu tun haben möchte,<br />
jedoch nicht unbedingt in einem sozialen Bereich.<br />
Zunächst studierte sie Religionspädagogik und sicherlich<br />
wäre für sie auch ein Studium auf Lehramt in Frage gekommen.<br />
Während ihres Studiums änderte sich ihr Fokus<br />
dahingehend, dass es im Glauben und der Kirche nicht<br />
nur um die eigene Erbauung und Gottesbeziehung geht.<br />
Hilfestellungen zu leisten, nahe am Menschen zu sein,<br />
FREIeBÜRGER 02 | <strong>2021</strong> 7
Diesen Eindruck teile ich sehr gerne mit ihr. Während<br />
unserer Unterhaltung stelle ich sodann fest, dass ein<br />
Mensch wie Sarah hier nicht nur seinen Platz finden, sondern<br />
dabei auch Profi durch und durch sein kann. Profi zu<br />
sein bedeutet in diesem Fall , die richtige Balance zwischen<br />
Abstand und Nähe zu den Gästen halten zu können.<br />
Wenn man für andere Menschen da ist und für diese<br />
wirkt, dann entstehen dort auch immer Beziehungen zu<br />
diesen Menschen. Solch eine Art Beziehung sei jedoch anderer<br />
Natur als eine Beziehung im privaten Bereich. Wie<br />
wichtig es sei, diese Bereiche voneinander zu trennen,<br />
habe ihr ein Vorfall in jüngster Vergangenheit gezeigt.<br />
Sarah war außerhalb ihrer Arbeit als Ersthelferin im Falle<br />
einer akuten Überdosierung vor Ort. Einige Zeit danach<br />
tauchte die betroffene Person auch in der Bahnhofsmission<br />
auf, um dort Hilfe zu finden. Was mir Sarah damit<br />
erklären möchte ist die Tatsache, dass die Hilfestellung als<br />
Privatperson eine gänzlich andere Rolle ist als die Hilfestellung<br />
innerhalb einer Institution wie der Bahnhofsmission.<br />
Bezüglich ihrer Arbeit sei sie jederzeit darauf gefasst,<br />
auf schwere Einzelschicksale zu treffen, im privaten<br />
Sektor hingegen nicht unbedingt. Wenn sich sodann der<br />
private und der berufliche Bereich miteinander vermischen,<br />
würde einem das persönlich nähergehen, als wenn<br />
sich alles rein beruflich abspiele. Eine feste Strategie für<br />
den Umgang mit den unterschiedlichsten Schicksalen<br />
habe sie allerdings nicht. Besonders beeindruckend sei für<br />
sie hingegen die Erfahrung, dass gerade auch diejenigen,<br />
die sich in einer Krise befinden, ganz häufig selbst gute<br />
Strategien entwickeln würden, wie sie mit dieser Krise<br />
umgehen könnten.<br />
Wenn ich mit jemandem im Gespräch bin, dann versuche<br />
ich für mich selbst immer ein Gesamtbild von dieser<br />
Person zu erhalten. Wenn ich Sarah beobachte, während<br />
sie über ihre Begegnungen mit Menschen erzählt, dann<br />
kann ich sehen, dass ihre Augen dabei wie kleine Sterne<br />
aufleuchten. Menschen scheinen sie sehr zu berühren<br />
und zu faszinieren, daher frage ich natürlich auch gerne<br />
nach dem Grund für diese Faszination.<br />
Es sei die Art und Weise, wie Menschen leben und agieren.<br />
Im Grunde sei diese Art zu leben eine, die sich gänzlich<br />
von der eigenen unterscheiden würde. Vor allem bei<br />
psychischen Erkrankungen sei es interessant zu erfahren,<br />
dass es auch einfach nicht immer diese eine Wahrheit<br />
gibt, sondern dass Menschen ihre Umwelt ganz allgemein<br />
auf eine bestimmte Art und Weise wahrnehmen und sich<br />
in ihrem Leben und Entscheidungen davon prägen ließen.<br />
8<br />
FREIeBÜRGER 02 | <strong>2021</strong>
Von besonderer Bedeutung sei für sie jedoch die eigene<br />
Erfahrung, dass es grundlegend die spezifische Beziehung<br />
zum Menschen sei, mit der alles stehen und fallen würde.<br />
Dies geschehe sodann unabhängig von einer Weltanschauung<br />
oder Krise, in der sich jemand gerade befinde,<br />
nämlich genau dann, wenn derjenige spüren könne, dass<br />
er einem wichtig sei und dass man wirklich verstanden<br />
habe, was genau er im Moment benötige.<br />
Doch neben der Faszination am Menschen gibt es auch<br />
noch die eigene Motivation, eine solche Arbeit zu leisten,<br />
wie sie in der Bahnhofsmission stattfindet. Und auch das<br />
interessiert mich in meinen Unterhaltungen immer wieder<br />
brennend. Als ich Sarah danach frage, sehe ich erneut<br />
in funkelnde Augen und weiß sofort, um was es geht. Die<br />
größte Motivation sei für sie das Team der ehrenamtlichen<br />
Helfer; deren Engagement und eigene motivierende<br />
Einstellung. Sie selbst habe einen beachtlichen Respekt<br />
davor, wenn jemand freiwillig hier stehe und seine Arbeit<br />
verrichte. Dies sei sowohl im gesamten Team als auch bei<br />
den Gästen deutlich spürbar und habe ganz allgemein<br />
eine positive Wirkung. Darüber hinaus gebe es auch eine<br />
ganz besondere Solidarität der Stammgäste mit dem<br />
Team. Gerade in weniger angenehmen Situationen könne<br />
diese im besten Falle dazu beitragen, sogar als bedrohlich<br />
einzustufende Szenarien von vorneherein aufzulösen. Es<br />
ist mir durchaus bewusst, dass Menschen in besonderen<br />
Notsituationen auch mal ihren Unmut nach außen<br />
tragen und dies in bestimmten Fällen auch eskalieren<br />
kann. Doch für solche Situationen ist die Bahnhofsmission<br />
relativ gut gerüstet und für besondere Notfälle hat die<br />
Bundespolizei direkt nebenan eine Dienststelle.<br />
Je nach Art der Meldung wäre die sodann auch sehr<br />
schnell vor Ort. Zudem sei die Räumlichkeit nur dann für<br />
Gäste zugänglich, wenn mindestens zwei HelferInnen<br />
anwesend seien. Sarah selbst habe während ihrer Zeit<br />
hier sehr gut gelernt, wie sie sich in solchen Situationen<br />
zu verhalten habe, um auch deeskalierend einwirken zu<br />
können.<br />
Insgesamt war meine Unterhaltung mit Sarah so unglaublich<br />
interessant und gehaltvoll, dass es mir leider<br />
nicht möglich ist, hier alle unsere Gesprächsthemen<br />
aufgreifen zu können. Ein Aspekt jedoch ist mir persönlich<br />
ebenfalls so wichtig, dass ich diesen hier gerne noch<br />
anbringen möchte. Es geht dabei um die Unterstützungsmöglichkeiten<br />
gerade bei psychischen Erkrankungen in<br />
Verbindung mit Wohnungslosigkeit. Sarah bestätigte mir<br />
den Umstand, dass hierfür oftmals die nötigen Unterstützungsansätze<br />
fehlen würden und es sehr schön wäre,<br />
wenn man diesbezüglich auf praktikablere Umsetzungsmöglichkeiten<br />
zurückgreifen könnte, vor allem in Bezug<br />
auf flexiblere Betreuungsformen.<br />
Was sie damit meint ist die Tatsache, dass hierbei oftmals<br />
eines das andere bedingt. Zum Beispiel, dass man<br />
aufgrund einer psychischen Erkrankung nicht mehr in<br />
der Lage ist, seine Wohnung zu halten oder den eigenen<br />
Aufenthalt dort nicht mehr aushält. Auf der anderen Seite<br />
steht sodann der Aspekt, dass man aufgrund der Wohnungslosigkeit<br />
oder der drohenden Wohnungslosigkeit<br />
psychisch erkrankt.<br />
Natürlich gibt es bereits sehr viele Unterstützungsmöglichkeiten,<br />
jedoch sind vorhandene Programme in den seltensten<br />
Fällen direkt passend. Insgesamt erscheint es mir<br />
als dringend notwendig, allgemein flexiblere oder – wie<br />
Sarah es ausgedrückt hatte – praktikablere Umsetzungsmöglichkeiten<br />
zu schaffen, damit auch Institutionen wie<br />
die Bahnhofsmission weitaus effektiver unterstützen<br />
können.<br />
Persönliche Anmerkung des Autors: Da die Räumlichkeiten<br />
der Bahnhofsmission aufgrund der gegebenen Rahmenbedingungen<br />
sehr klein gehalten sind, wäre es sehr<br />
schön, wenn hier Abhilfe geschaffen werden könnte. Sollten<br />
Sie eine Idee haben...<br />
Text: Harry Bejol<br />
Fotos: Felix Groteloh<br />
FREIeBÜRGER 02 | <strong>2021</strong> 9
Machst Du das hauptberuflich?<br />
Ja, ich mache das praktisch hauptberuflich und habe<br />
nebenberuflich noch zwei weitere Jobs: Zeitungen austragen<br />
und Leute „unter die Erde bringen“ (ich arbeite beim<br />
Bestatter).<br />
Was genau machst Du bei RDL, welche Sendungen<br />
moderierst Du?<br />
Ich bin Radiomoderator und Redakteur. Ich mache ehrenamtlich<br />
das Esperanto Magazin (montags und sonntags,<br />
genaue Termine findet Ihr auf der Website https://rdl.de)<br />
sowie hauptberuflich das Morgenradio donnerstags zwischen<br />
8 und 10 Uhr und das Mittagsmagazin zwischen 12<br />
und 13 Uhr, woher wir uns ja auch kennen. Ab und an springe<br />
ich bei anderen Sendungen vom Morgenradio ein.<br />
Was war/ist Deine Motivation für die Mitarbeit bei RDL?<br />
Angefangen habe ich über Esperanto – und später war es<br />
einfach interessant: intensiv Sendungen zu machen, zu<br />
lernen, wie man Interviews führt, wie man Sachen richtig<br />
zusammenschneidet. Ein freier Sender hat natürlich die<br />
Intension, ohne Werbung Leute zu informieren. RDL ist ein<br />
tolles Medium, da kann man viel machen.<br />
Foto: E. Peters<br />
IM GESPRÄCH MIT...<br />
Konrad Gramelspacher<br />
Der FREIeBÜRGER e. V. ist monatlich jeden ersten Mittwoch<br />
zu Gast im Mittagsmagazin bei Radio Dreyeckland<br />
(RDL). In der Zeit zwischen 12 und 13 Uhr wird die aktuelle<br />
Ausgabe vorgestellt. Von diesen Terminen kennen wir<br />
Konrad Gramelspacher bereits schon seit längerem und<br />
wir fanden es an der Zeit, ihn zu seiner Arbeit und zu RDL<br />
zu befragen. RDL ist das älteste freie Radio in Deutschland<br />
und berichtet als links-alternatives Radioprojekt<br />
über verschiedenste Themen, die wichtig sind und interessieren.<br />
Der nichtkommerzielle Sender bietet eine ungeheure<br />
Vielfalt für seine HörerInnen. Vielleicht können wir<br />
auch Sie, liebe LeserInnen, neugierig machen?! Dann viel<br />
Spaß beim Reinhören!<br />
Lieber Konrad, wir freuen uns sehr, dass wir heute mehr<br />
über Dich und RDL erfahren werden.<br />
Seit wann arbeitest Du denn schon bei RDL?<br />
Ich habe bereits 1989 angefangen.<br />
Kannst Du uns etwas über die Gründung von RDL<br />
erzählen?<br />
Die Gründung erfolgte 1977 im Zuge der Anti-Atomkraft-Proteste<br />
gegen Fessenheim, Wyhl und Kaiseraugst.<br />
Von 1977 bis 1980 hieß RDL noch „Radio Verte Fessenheim“<br />
und bis 1988 sendete RDL ohne Lizenz als sogenannter<br />
Piratensender. Die erste Sendung wurde am 4. Juni 1977<br />
vom Platz um den besetzten Atomstrommast bei Heiteren<br />
(Elsass) ausgestrahlt.<br />
Radio war zu der Zeit ein billiges Medium, mit dem man<br />
viele Leute ungestört erreichen konnte. Es wurde „zwischen<br />
den Frequenzen“ gesendet, andere (legale) Sender wurden<br />
damals somit nicht gestört. Das Thema Anti-Atomkraft war<br />
damals in den Medien nicht gut vertreten und die Menschen<br />
wollten sich deshalb eine eigene Plattform schaffen,<br />
um sich selbst äußern zu können.<br />
Die Politik wollte natürlich nicht, dass Leute einfach so senden.<br />
Es begann eine Art Katz-und-Maus-Spiel. Es gab Leute,<br />
die illegal gesendet haben und Leute, die diese Sendungen<br />
produziert haben (und diese Tapes oder Bänder dann offiziell<br />
„verloren“ hatten). Und es gab einen politischen Arm, der<br />
sich dafür eingesetzt hat, dass alles legalisiert wird.<br />
RDL sendet seit 1988 offiziell, besteht seit 1977 und ist somit<br />
das älteste freie Radio in Deutschland.<br />
Wie viele haupt- und ehrenamtliche Menschen arbeiten<br />
bei RDL?<br />
Wenn ich das genau wüsste! Ich schätze mal, dass im Moment<br />
so ungefähr zweihundert Leute bei RDL mitmachen,<br />
manche mehr und manche weniger intensiv.<br />
10<br />
FREIeBÜRGER 02 | <strong>2021</strong>
Was unterscheidet RDL von anderen Radiosendern?<br />
Der Sound ist so ein bisschen anders. Andere Radiosender<br />
spielen oft Mainstream. Bei RDL ist die Musik teilweise<br />
skurril und man trifft immer wieder auf Neues bzw. auf<br />
Altes, was man so nicht vermutet, weil es gerade unmodern<br />
ist oder zu modern ist, beziehungsweise sonst wie<br />
danebenliegt. Deshalb wird RDL nicht unbedingt von vielen<br />
Leuten gehört, jedoch von interessierten, die einfach mal<br />
was hören wollen, von dem sie sonst nie gehört hätten oder<br />
etwas, das sie eigentlich nicht so direkt suchten. Was ich<br />
gesagt habe zum Thema Musik geht natürlich auch in die<br />
Politik hinein. Wenn Leute engagiert sind, dann können sie<br />
bei uns eine Sendung machen zum Thema Umweltschutz,<br />
Homosexualität, Psychiatrie oder andere Sachen. Leute,<br />
die betroffen sind, können senden. Leute, die betroffen sind<br />
oder waren, können andere aus dem Bereich heraus senden<br />
lassen. Da ist kein Redakteur dazwischen, der als praktisch<br />
Sachfremder dran rumschnippelt, sondern man macht es<br />
selbst. Das ist toll und man bekommt dann ganz andere<br />
Einblicke und kann Sachen anders ausdrücken. Nicht einsichtig,<br />
sondern auch aus der Sicht des Betroffenen heraus.<br />
Diese Vielfalt unterscheidet RDL im Großen und Ganzen<br />
von anderen.<br />
Was bedeutet „Freies Radio“?<br />
Es bedeutet, dass wir ein unabhängiges, selbstbestimmtes<br />
und offenes Radio sind. Wir müssen also nicht darauf<br />
achten, dass wir gefällig sind. Wir können frei gestalten,<br />
was wir machen wollen und wir haben einen recht freien<br />
Zugang.<br />
Wie finanziert sich RDL?<br />
Aus Mitgliedsbeiträgen, dem einen und anderen Fest, aus<br />
Projekten und der LfK-Umlage (Landesanstalt für Kommunikation).<br />
Wen wollt Ihr erreichen?<br />
Wir wollen neugierige Leute erreichen. Wir wollen zum Teil<br />
ein spezielles Publikum erreichen. Wir wollen ein linkes,<br />
offenes, informationsinteressiertes Publikum erreichen, das<br />
auch bei uns mitmacht. Wir wollen Leute haben, die einen<br />
Denkanstoß brauchen.<br />
Welche Themen sind Dir persönlich wichtig?<br />
Wichtig sind mir Umweltthemen (z. B. AKWs), Vorortinitiativen,<br />
die Friedensbewegung, „Klein-Europa“ am Oberrhein<br />
(Dreyeckland ohne Grenzen) und Esperanto.<br />
Wer entscheidet bei RDL, was gesendet wird?<br />
Der Redakteur entscheidet letztlich. Wir machen selbst<br />
unsere Sendung und werden bei Bedarf korrigiert durch die<br />
Redaktion. Aber im Wesentlichen sind wir frei. Wir können<br />
die Musik frei gestalten – das darf natürlich nicht allzu<br />
schräg sein oder ich muss mich bei der Musik zumindest<br />
auskennen, wenn sie schon schräg ist. Und sie sollte natürlich<br />
nicht antisemitisch sein, nicht frauenfeindlich o. ä.<br />
Welche Auswirkungen hat die Coronapandemie auf die<br />
Arbeit des Senders?<br />
Der Sender muss sich selbstverständlich an die gesetzlichen<br />
Regeln halten – Mund-Nasen-Schutz, Händewaschen,<br />
Abstand, Lüften. Redaktionssitzungen finden online statt.<br />
Auch werden Sendungen von zuhause aus produziert.<br />
Wir berichten natürlich auch selbst über Corona. Es kommt<br />
dabei auch zu internen Auseinandersetzungen: Manche<br />
sind der Meinung, dass zu viel dem Staate zugeredet würde<br />
während andere sagen, dass darüber normal informiert<br />
werden müsse. Corona ist also Thema – aber das Radio<br />
läuft weiter!<br />
Gegenüber den „Querdenkern“ fährt RDL allerdings eine<br />
Nulltoleranz-Politik... Diese Leute haben hier nichts zu<br />
suchen.<br />
Dein tollstes Erlebnis bei RDL?<br />
Es gibt viele Kleinigkeiten, aber so ein Highlight habe ich<br />
jetzt nicht.<br />
Was ist für Dich der schönste Ort in Freiburg? Und welcher<br />
der hässlichste?<br />
Es ist ausgesprochen schwierig für mich, die Frage zu beantworten.<br />
Es gibt viele nette Sachen. Ich habe viele kleine<br />
Orte, die ich ganz schön finde. Es ist einfach so schlimm,<br />
dass die Innenstadt immer weiter und weiter kommerzialisiert<br />
wird, dass viele alte Strukturen und Häuser verschwinden,<br />
wo früher Menschen gewohnt haben mit wenig Geld.<br />
Das einzig Beständige ist der Wandel...<br />
Was wünscht Du Freiburg?<br />
Weniger Verkehr und mehr Menschen, die in Freiburg selbst<br />
menschlich wohnen können.<br />
Wie können unsere LeserInnen RDL unterstützen?<br />
Es gibt mehrere Möglichkeiten: natürlich Mitglied werden,<br />
einen regelmäßigen Mitgliedsbeitrag leisten, uns finanziell<br />
unterstützen. Oder einen Beitrag spenden, damit wir uns<br />
räumlich erweitern können – direkt auf dem Grethergelände<br />
wird Raum frei, der genutzt werden könnte, dafür wird<br />
dringend Unterstützung benötigt.<br />
Und ganz wichtig: uns intensiv querhören, weil es bei uns<br />
immer eine Sendung gibt, die gefallen könnte. Falls es sie<br />
nicht gibt, dann bei RDL einen Workshop mitmachen und<br />
selbst senden...<br />
Lieber Konrad, wir bedanken uns herzlich für das Interview<br />
und wünschen Dir interessante, spannende,<br />
überraschende Sendungen bei RDL und Zeiten für Dich<br />
persönlich.<br />
Ekki, Oliver und Conny<br />
FREIeBÜRGER 02 | <strong>2021</strong> 11
Abb.: Historisches Kaufhaus um 1890<br />
900 JAHRE ARMUT IN FREIBURG<br />
ARMENWESEN UND PFLEGE IN FREIBURG<br />
(TEIL 2)<br />
Im ersten Teil dieser Serie befasste ich mich mit den<br />
geografischen, politischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten<br />
im Breisgau bis hin zur Stadtgründung Freiburgs<br />
sowie der Entwicklung von Armut und Reichtum in der<br />
entstehenden Stadt. Um besser auf die Armut und die<br />
Einrichtungen zu deren Linderung einzugehen, möchte<br />
ich noch die allgemeinen Lebensumstände der damaligen<br />
Zeit beschreiben.<br />
Soziale Strukturen im Deutschen Reich des Mittelalters<br />
Über das von uns auch als dunkel und grausam bezeichnete<br />
Mittelalter gibt es verschiedene teils gegensätzliche<br />
Schilderungen und Aufzeichnungen. Während es vom<br />
frühen Mittelalter ab dem Jahr 500 bis ca. 1000 kaum<br />
noch schriftliche Berichte gibt, sind vom Hochmittelalter<br />
ab 1000 bis ungefähr 1500 – also seit der Gründung von<br />
Städten und vor allem Klöstern – viele Aufzeichnungen,<br />
Urkunden und ähnliches erhalten geblieben. Dadurch<br />
ist es möglich, ein ziemlich authentisches Bild jener Zeit<br />
nachzuzeichnen. Dass es vom frühen Mittelalter kaum<br />
echte Schilderungen gibt mag daran liegen, dass die<br />
Menschen damals zum Großteil noch nicht sesshaft waren<br />
und umherzogen. Außerdem war die Zahl derer, die<br />
schreiben und lesen konnten, noch recht überschaubar.<br />
Das änderte sich erst, als Karl der Große für alle eine Art<br />
von „Schulpflicht“ einführte und sich in dieser Zeit dann<br />
auch vermehrt Klöster und Ordensgemeinschaften bildeten.<br />
Die Tatsache, dass bisher kaum Schriftliches aus dieser<br />
Epoche gefunden wurde, mag der Grund dafür sein,<br />
dass das Frühmittelalter auch als das „dunkle“ Mittelalter<br />
bezeichnet wird. Die unterschiedlichen sozialen Stände<br />
dieser Epoche waren strikt voneinander getrennt, soziale<br />
Annäherungen oder gar Verbindungen von Menschen<br />
unterschiedlichen Ranges waren nicht erwünscht und<br />
konnten unter Umständen hart bestraft werden.<br />
Der Begriff Mittelalter wurde erst zum Ende dieser geschichtlichen<br />
Epoche gebräuchlich. Die Gelehrten dieser<br />
Zeit begannen erstmals damit, die Geschichte vor ihrer<br />
Zeit in unterschiedliche Zeitetappen zu gliedern. So gab<br />
es z. B. die Antike – die Hochkulturen der Römer und Griechen<br />
– die auch im Mittelalter noch hochgeachtet war.<br />
12<br />
FREIeBÜRGER 02 | <strong>2021</strong>
Abb.: Kupferstich von C. Riegel um 1690<br />
Mit der Absetzung des letzten römischen Kaisers gegen<br />
Ende des 5. Jh. begann das Mittelalter, das ungefähr 1.000<br />
Jahre währen sollte. Diese Zeit nannten sie „media aetas“<br />
– Epoche der Mitte. Die Gelehrten des ausgehenden<br />
Mittelalters bezeichneten die Zeit vorher als das „barbarische<br />
Jahrtausend“ und hielten die Menschen jener Zeit<br />
aufgrund der vielen geistlichen Dogmen und Zwänge für<br />
rückständig und sogar für fortschrittsfeindlich. Sie selbst<br />
streiften mit dem zu Ende gehenden 16. Jh. „die geistigen<br />
Fesseln“ ab und schufen mit neu erworbenem Wissen ein<br />
teilweise neues Weltbild. Somit waren es eigentlich die<br />
Wissenschaftler, welche die Neuzeit einläuteten.<br />
Im Prinzip gab es im Mittelalter nur zwei Klassen: die<br />
herrschende und die dienende Klasse. Beide Klassen<br />
glaubten bis auf wenige Ausnahmen daran, dass diese<br />
Ordnung von Gott gewollt und somit unantastbar sei. Der<br />
später heiliggesprochene Dominikaner Thomas von Aquin<br />
erklärte gar: „Sklaverei unter Menschen ist etwas Naturgegebenes,<br />
denn manche sind von Natur Knechte“. Beide<br />
Klassen nahmen ihr Schicksal so wie es ist, für die Armen<br />
verlief es oft grausam und in bitterer Armut, während der<br />
Adel und der hohe Klerus im Überfluss schwelgten.<br />
Zur Herrscherkaste gehörten der Adel und die hohe<br />
Geistlichkeit. Oftmals machte der Anteil der Herrschenden<br />
unter der Gesamtbevölkerung nur zwischen 1 % und<br />
10 % aus. Diesem geringen Teil der Bevölkerung gehörte<br />
die gesamte Macht über Land und Menschen. Von dieser<br />
Warte aus betrachtet, hat sich die Gesellschaft seit dem<br />
Mittelalter kaum weiterentwickelt... Die dienende Klasse<br />
wurde in mehrere Gruppen unterteilt. Als erstes waren da<br />
die Bauern, von denen man 90 % als „Unfreie“ bezeichnen<br />
muss. Sie mussten auf dem Grund ihres Dienstherren<br />
arbeiten und bekamen von ihm eine Unterkunft.<br />
Dafür waren sie vom Wohlwollen ihres Herren abhängig.<br />
Weiter gab es „behauste Unfreie“, welche von ihrem Herren<br />
ein Stück Land mit einer kleinen Hütte zum eigenen<br />
Wirtschaften bekamen. Allerdings mussten sie weiterhin<br />
zwei bis drei Tage in der Woche umsonst für den Dienstherrn<br />
arbeiten und ihm vom eigenen Ertrag eine meist<br />
sehr hohe Abgabe zahlen. Viele dieser „Kleinbauern“<br />
wurden über kurz oder lang wieder zu Leibeigenen oder<br />
versuchten ihr Glück in den Städten.<br />
Mit dem Entstehen der Städte kam mit dem Bürgertum<br />
eine weitere soziale Klasse hinzu. Doch obwohl laut<br />
Gesetz alle Bürger einer Stadt die gleichen Rechte hatten,<br />
waren sie nicht alle gleich. Auch in der Stadt kristallisierte<br />
sich bald eine hierarchische Ordnung heraus, die zum Teil<br />
noch heute in vielen Städten existiert.<br />
In deutschen Städten bildete sich ab dem 13. Jh. das<br />
Patriziat heraus, welches aus reichen Kaufmannsfamilien,<br />
Grundbesitzern, vermögenden Handwerks- und<br />
Zunftmeistern und ähnlichen Berufsgruppen bestand.<br />
Diese Gruppe bildete die Oberschicht der mittelalterlichen<br />
Stadt, und die Zugehörigen besetzten auch schnell<br />
sämtliche politischen und wirtschaftlichen Ämter der<br />
Gemeinde. Die Patrizier schotteten sich weitgehend von<br />
ihren Mitmenschen ab, sodass für neu zugezogene BürgerInnen<br />
lange keine Chance bestand, in diesen elitären<br />
Kreis aufgenommen zu werden. Oftmals nutzten da auch<br />
keine hohen Bestechungsgelder, denn die Patrizierfamilien<br />
hatten davon meist genug. In Freiburg zählten zum<br />
Beispiel die Familien Malterer, Pyhrr und Schnewlin (auch<br />
Snewlin genannt) dazu. Die Schnewlins waren die älteste<br />
bekannte Freiburger Patrizierfamilie, deren Herkunft<br />
aber nicht restlos geklärt werden konnte. Sie machten ihr<br />
Vermögen mit Handel, Bergbau und Geldgeschäften und<br />
FREIeBÜRGER 02 | <strong>2021</strong> 13
Hilfsarbeiter, die Stadt- und Torwächter, das Gesinde<br />
der Herrschaften und natürlich die Bettler. Neben der<br />
Unterschicht gab es in den Städten noch verschieden<br />
Randgruppen, die aufgrund ihres Berufes, ihrer Religion<br />
oder wegen ansteckenden Krankheiten von der Gesellschaft<br />
isoliert leben mussten. Dazu gehörten der Henker<br />
und seine Gehilfen, Totengräber, Dirnen und Spielleute<br />
und die Aussätzigen. All jene waren mehr oder weniger<br />
aus der Gesellschaft ausgeschlossen worden und hatten<br />
auch keine Möglichkeit, jemals wieder aufgenommen zu<br />
werden.<br />
Zu diesen Unterprivilegierten gehörten auch die Juden,<br />
die auch im Mittelalter immer wieder verfolgt wurden.<br />
Obwohl sich Juden aktiv am Wehrdienst beteiligen<br />
mussten und zusätzlich die sogenannte „Judensteuer“<br />
für die Stadtverteidigung zahlen mussten, blieben ihnen<br />
die Bürgerrechte meistens verwehrt. Auch durften sie<br />
keinerlei städtische Ämter ausüben. Zudem lebten die<br />
Juden im Mittelalter besonders gefährlich, da die Stadtbevölkerung<br />
sie jederzeit als schuldigen Sündenbock für alle<br />
möglichen Geschehnisse heranzog und meist drastisch<br />
bestrafte.<br />
Abb.: Adelhauser Neukloster in Freiburg<br />
Foto: E. Peters<br />
stiegen schnell zur reichsten und mächtigsten Familie<br />
der Stadt Freiburg auf. Die Familie lebte sehr lang hier im<br />
Breisgau, der letzte Schnewlin starb im späten 19. Jh. und<br />
ist auf dem Alten Friedhof in Neuburg bestattet worden.<br />
Die Familien der Oberschicht konnten es sich leisten,<br />
ihren Kindern die bestmögliche Ausbildung zu bieten<br />
und dank ihres Reichtums konnten sie oftmals eheliche<br />
Verbindungen mit Angehörigen von verarmten Adelsgeschlechtern<br />
eingehen und somit ihren Stand und ihr<br />
Ansehen erhöhen.<br />
Die städtische Mittelschicht setzte sich unter anderem<br />
aus Handwerkern, Händlern, Baumeistern, städtischen<br />
Angestellten oder Ärzten zusammen. Diese Menschen<br />
hatten zwar ihre Berufe und konnten in den meisten<br />
Fällen gut davon leben, aber Zugang zu Macht und<br />
Mitbestimmung hatten sie nur in wenigen Ausnahmefällen.<br />
Zur Unterschicht, die zwischen 40 % und 60 % der<br />
mittelalterlichen Stadtbevölkerung ausmachte, zählten<br />
u. a. verarmte Handwerksmeister, Krämer (Kleinhändler),<br />
Handwerksgesellen und Lehrlinge, Tagelöhner und<br />
In den meisten Städten des Deutschen Reiches, auch in<br />
Freiburg, fanden in dieser Epoche häufig Vertreibungen<br />
und Enteignungen jüdischer Familien statt, bei denen<br />
sich die Stimmung oft dermaßen hochschaukelte, dass es<br />
zu Mordpogromen an Tausenden Juden kam. Besonders<br />
zu Beginn der Kreuzzüge und bei Ausbruch ansteckender<br />
Seuchen suchte man sich die Juden als Opfer, um sie für<br />
irgendetwas zu bestrafen. Die Juden mussten ab 1215 in<br />
umschlossenen Stadtgebieten leben und mancherorts<br />
die „Judenmarke“, einen runden Flicken aus gelbem Stoff,<br />
tragen. In Freiburg wird das „Judenviertel“ unweit der<br />
Predigervorstadt, zwischen Schiff- und Weberstrasse,<br />
vermutet. Da es den Juden verwehrt war in „ehrbaren<br />
Berufen“ zu arbeiten, blieb ihnen in manchen Städten<br />
nur der Geldverleih als Gewerbe übrig. Da sie damit oft zu<br />
beträchtlichem Vermögen kamen und nicht selten hohe<br />
BürgerInnen der Städte und auch Adlige bei ihnen in der<br />
Schuld standen, kann man davon ausgehen, dass die Pogrome<br />
manch einem gelegen kamen, um die Schuldenlast<br />
loszuwerden.<br />
Im Jahre 1347 löste die Pest („mortalis magna“ – der<br />
Schwarze Tod) ein Massensterben aus, welches ein Drittel<br />
der europäischen Bevölkerung tötete. Für die gutgläubige<br />
Bevölkerung des Mittelalters nahm das Sterben biblisches<br />
Ausmaß an, sodass es nicht viel Überzeugung brauchte<br />
sie davon zu überzeugen, es wäre eine Strafe Gottes.<br />
Da das Sterben trotz Gebet und Opfer weiterging, kam<br />
man davon wieder ab und suchte den „wahren Schuldigen“.<br />
Sie fanden ihn in den Juden und warfen ihnen vor,<br />
14<br />
FREIeBÜRGER 02 | <strong>2021</strong>
die Brunnen vergiftet und damit die Pest ausgelöst zu<br />
haben. Auch in Freiburg kam es zum Pogrom. Obwohl<br />
Herzog Konrad von Freiburg den Juden am 12. Oktober<br />
1338 einen weitreichenden Sicherungsbrief ausstellte,<br />
wurden sie vom wütenden Mob niedergemetzelt. Am<br />
1. Januar 1349, noch bevor die Pest Freiburg überhaupt<br />
erreichte, blies der Stadtrat zur Jagd auf die Juden. In der<br />
Stadt Freiburg und später im gesamten Oberrheingebiet<br />
wurden „verdächtige Juden“ festgenommen und durch<br />
grausame, oft tagelange Folter zu unsinnigen Geständnissen<br />
gezwungen.<br />
Am 31. Januar desselben Jahres wurden alle Freiburger<br />
Juden, mit Ausnahme der schwangeren Frauen, vor der<br />
Stadt zusammengetrieben und verbrannt. Die unter<br />
Folter abgelegten Geständnisse dienten als klarer Schuldbeweis,<br />
wie auch in den späteren Hexenprozessen. Die<br />
Kinder der ermordeten Juden wurden zur Taufe gezwungen<br />
und später als Christen erzogen.<br />
Beginn der Unterstützung und Hilfe für die Armen und<br />
Kranken in Freiburg<br />
In frühen Zeiten oblag christlichen Einrichtungen die Hilfe<br />
und Pflege für alte, arme und kranke Menschen. Schon<br />
vor der Entstehung von Städten suchten herumziehende<br />
Menschen nachts Schutz hinter Klostermauern, wo sie<br />
auch verpflegt wurden und ihnen bei Bedarf medizinische<br />
Hilfe gewährt wurde. Über die genauen Anfänge der<br />
Armenfürsorge, Versorgung und Pflege gibt es nicht viele<br />
Angaben. Fakt ist aber, dass sich ab dem 13. Jh. christliche<br />
Ordensgemeinschaften in Freiburg niederließen, Klöster<br />
gründeten und dann auch gemäß ihres Glaubensbekenntnisses<br />
Arme und Bedürftige versorgten. 1238 waren<br />
die Minderen Brüder, auch Franziskaner oder Barfüßer<br />
genannt, der erste Bettelorden, der innerhalb der Stadt<br />
Land erhielt und darauf ein Kloster baute. Teile des Klosters<br />
und der Kirche sind noch heute erhalten und stehen<br />
auf dem Rathausplatz.<br />
Im Gegensatz zu vielen anderen Städten des Heiligen Römischen<br />
Reiches Deutscher Nation setzte in Freiburg die<br />
zivile Bereitschaft zur Armenfürsorge fast mit der Stadtgründung<br />
ein. Bereits im Stadtbrief von 1120 wird verfügt,<br />
dass wenn ein Bürger Freiburgs stirbt, ohne Erben zu<br />
hinterlassen, sein Vermögen aufgeteilt wird. Dabei sollte<br />
je ein Drittel an die Stadt, an den Landesherren und an<br />
die Armen gehen. Genau kann man allerdings heute nicht<br />
mehr sagen, wann die erste Erbschaft in dieser Weise<br />
aufgeteilt wurde. Die erste belegte derartige Schenkung<br />
stammt aus dem Jahr 1401 vom Metzgermeister Hanman<br />
Schalun und seiner Frau, die ein paar Jahre später starb.<br />
Diese verfügten, dass all ihre Hinterlassenschaft an die<br />
Spitalmeisterin ging und „zum Nutzen der Siechkammern“<br />
verwendet werden soll.<br />
Abb.: Dominikanerkloster in der ersten Hälfte des 18. Jh.<br />
Abb.: Die Schlacht um Freiburg 1644<br />
Abb.: Ansicht des Alten Freiburger Friedhofs um 1830<br />
In der nächsten Ausgabe erfahren Sie etwas über das<br />
Leben und die Hierarchien in Klöstern und Spitälern, über<br />
die Bettlerzunft und deren Gesetze. Vielen Dank an das<br />
Stadtarchiv Freiburg, die Waisenhausstiftung und Gerlinde<br />
Kurzbach für ihre Erläuterungen.<br />
Carsten<br />
Quellen:<br />
„Geschichte der Stadt Freiburg“ Bd. 1 und 2<br />
„Freiburger Armenfonds vom Mittelalter bis zur Gegenwart“<br />
„Freiburg zu Fuß“<br />
Wikipedia<br />
FREIeBÜRGER 02 | <strong>2021</strong> 15
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FREIeBÜRGER 02 | <strong>2021</strong>
FREIeBÜRGER 02 | <strong>2021</strong> 17
MEIN LITERARISCHER WEG ZUM FREIeBÜRGER<br />
Eine für mich gefühlte Ewigkeit war ich auf der Suche<br />
nach einem für mich passenden Ehrenamt in Freiburg. Da<br />
ich im Krankenhaus im Schichtdienst arbeitete, schien das<br />
jedoch für einige Zeit ein unmögliches Vorhaben zu sein.<br />
Nichts schien zu passen. Bei Schnuppertagen wurde ich,<br />
wahrscheinlich wegen meines noch jugendlichen Aussehens,<br />
entsprechend behandelt, was mich bis heute immer<br />
noch ein wenig aufregt, wenn ich daran zurückdenke...<br />
Noch unangenehmer war ein Treffen mit einer Dame aus<br />
gehobenem Kreise, die mir von ihrer Patenschaft für ein<br />
Flüchtlingskind erzählte und dabei meinte, dass es allen<br />
hier in Deutschland gut ginge. Ich musste mich damals<br />
so zusammenreißen, weil das meiner Ansicht nicht so<br />
ganz der Realität entspricht. Warum gibt es dann Tafeln?<br />
Warum gibt es Obdachlosenheime? Warum leben genug<br />
Menschen auf der Straße? Gibt es „Essenstreffs“ nur zum<br />
Amüsement? Dazu kam, dass sie und ihr Ehemann enge<br />
Freundschaften zu Direktoren und Leitern der Uniklinik<br />
Freiburg hatten. Ausgerechnet das noch! Mit der Uniklinik<br />
hatte ich als meinem damaligen Arbeitgeber zum Schluss<br />
nur Ärger gehabt.<br />
Foto: Pixabay<br />
Dass ich den Weg zu Euch fand, war ein purer und glücklicher<br />
Zufall. Ich las mit voller Begeisterung das Buch „Bob,<br />
der Streuner“. In dem Buch, das später verfilmt wurde,<br />
geht es um James Bowen, einen drogenabhängigen<br />
Obdachlosen, der dank des Katers Bob, zu Beginn noch<br />
ein Streuner, seinen Weg in ein gesundes und geordnetes<br />
Leben zurückfindet. In dem Buch werden unter anderem<br />
StraßenzeitungsverkäuferInnen erwähnt, die in der<br />
quirligen Stadt London Zeitungen verkaufen, um sich<br />
damit Geld zu verdienen. James Bowen war auch einer<br />
von ihnen. So wurde ich überhaupt auf Straßenzeitungen<br />
aufmerksam.<br />
Zu Beginn, als ich neu in Freiburg war, sah ich zwar immer<br />
wieder Personen, die eine Zeitung namens FREIeBÜRGER<br />
verkauften, doch ich konnte da noch gar nichts damit<br />
anfangen, da ich „Bob, der Streuner“ noch nicht gelesen<br />
hatte. Ich dachte, dass da irgendeine politische Zeitung<br />
verkauft wird oder einem ein Abonnement aufgedrängt<br />
wird. Im Nachhinein ist mir das total peinlich und ich<br />
schäme mich dafür, dass ich zunächst einfach so an den<br />
VerkäuferInnen vorbeiging!<br />
18<br />
FREIeBÜRGER 02 | <strong>2021</strong>
Nachdem ich das Buch gelesen hatte und eines Tages zu<br />
Fuß zur Innenstadt unterwegs war, stand in der Engelbergerstraße<br />
vor dem Edeka ein älterer Verkäufer mit langen<br />
Haaren. Zuerst ging ich wieder an ihm vorbei. Doch dann<br />
dachte ich, dass ich mir einfach mal ein Exemplar mitnehme.<br />
Ich war schüchtern und hatte Angst, dass ich etwas<br />
Dummes sagen könnte. Doch der Verkäufer war sehr<br />
erleichtert und sagte nur: „Endlich mal jemand, der etwas<br />
kauft!“<br />
Später las ich also meine erste Straßenzeitung und ich<br />
fand sie super. Ich war positiv überrascht, dass darin Kritisches<br />
über die Stadt Freiburg drinstand und einiges, was<br />
ich nicht gewusst hatte. Freiburg war also nicht zu Hundertprozent<br />
das goldene Pflaster. Mir hat es die Augen<br />
geöffnet und mich auch ein wenig getröstet, dass ich mit<br />
meiner prekären Wohnsituation in Freiburg gewiss nicht<br />
alleine war. Ich glaube, ich kaufte mir weitere Exemplare,<br />
bis ich auf der letzten Seite las, dass Ihr ehrenamtliche<br />
Schreiber sucht. Sofort dachte ich, dass das endlich ein<br />
stimmiges Ehrenamt für mich sein könnte. Ich liebe es,<br />
Geschichten zu schreiben und in Deutsch war ich immer<br />
eine der Klassenbesten gewesen. So machte ich mich in<br />
meiner pinkfarbenen Winterjacke auf den Weg zur<br />
FREIeBÜRGER-Redaktion in der Engelbergerstraße.<br />
Ich erinnere mich noch ganz genau, dass es Ekki war, der<br />
mir die Tür öffnete. Beeindruckt von seiner Körpergröße<br />
(...Du kannst mir gerne ein paar Zentimeter abgeben...)<br />
und Freundlichkeit trat ich ein. Im ersten Moment war ich<br />
ein bisschen schockiert gewesen angesichts des Chaos.<br />
Als ob Ekki meine Gedanken lesen konnte, erzählte er mir,<br />
dass sie gerade am Renovieren seien. Das konnte ich allzu<br />
gut nachvollziehen...<br />
Ja, und so kam es, dass ich mittlerweile einige Artikel für<br />
Euch geschrieben habe und ich mit ganzem Herzen dabei<br />
bin. Mein Lieblingsartikel ist der über Woodstock. Jungs,<br />
das war eine Recherche ganz nach meinem Geschmack,<br />
da ich eine passende Dokumentation hierfür anschauen<br />
konnte und in einer Buchhandlung vor Ort ein dickes<br />
Buch mit weiteren wissenswerten Informationen und<br />
Bildern fand.<br />
Ein weiterer Höhepunkt als ehrenamtliche Mitarbeiterin,<br />
wie Oliver das mal so schön sagte, war anlässlich des<br />
Weltfrauentags 2020. Der Vortrag der Historikerin über<br />
die verschiedenen Frauenbewegungen war aufschlussreich<br />
und danach wurde zu fröhlicher, fetziger Musik aus<br />
verschiedenen Ländern gemeinsam getanzt. Wenn ich<br />
jetzt daran zurückdenke, dann kommt es mir wie aus einer<br />
längst vergessenen Zeit vor. In der aktuellen Situation<br />
ist das nicht möglich. Anlässlich der Frauentage bot die<br />
Stadt kostenlos Filme, überwiegend für Frauen, an.<br />
Den Film „Der Honiggarten – Das Geheimnis der Frauen“<br />
fand ich gelungen. Und das war auch das letzte Mal,<br />
dass ich vor dem ersten Lockdown im Kino gewesen<br />
war. Ohne meine aktive Informationssammlung für den<br />
FREIeBÜRGER hätte ich eher nicht an den Veranstaltungen<br />
teilgenommen. Mein Weihnachtskätzchen und der<br />
Weihnachtsengel Nathanael sind mir ebenfalls ans Herz<br />
gewachsen.<br />
Mein Ehrenamt bei Euch hilft durchaus, mir, die ich eine<br />
zurückhaltende Persönlichkeit bin, eine hörbare Stimme<br />
zu geben, ich darf mich mitteilen. Es macht mir große<br />
Freude, Informationen für meine Artikel zu erforschen<br />
und dabei noch Mitmenschen, die es in ihrem Leben nicht<br />
leicht haben, zu unterstützen. Das ist für mich arg wertund<br />
sinnvoll!<br />
Manchmal frage ich mich, warum Menschen in unserer<br />
Gesellschaft auf der Straße leben müssen. Oder im<br />
schlimmsten Falle in der Kälte erfrieren. Es werden zwar<br />
immer wieder und wieder neue Häuser und Wohnungen<br />
gebaut, doch überwiegend sind diese nicht bezahlbar.<br />
Meiner Ansicht nach ist es sinnvoller, in absehbarer Zeit<br />
zuerst für die Bedürftigen zu sorgen, damit das Ungleichgewicht<br />
zwischen arm und reich nicht noch weiter<br />
wächst. Ich finde, dass jeder Mensch auf seine Art und<br />
Weise wertvoll ist. Egal, ob jemand fleißig studiert hat<br />
oder mit vollem Einsatz bei Sonne und Regen jeden Tag<br />
auf der Straße seine Straßenzeitung verkauft. Niemand<br />
von uns ist vor schweren Schicksalen geschützt. Deshalb<br />
bin ich für jeden Tag, an dem es mir seelisch und körperlich<br />
gut geht, dankbar.<br />
Dass ich Menschen wie Euch gefunden habe, bei denen<br />
ich so sein kann wie ich bin, ist großartig. Deshalb komme<br />
ich Euch mit Freude besuchen. Auch wenn ich dafür eine<br />
längere Anfahrt habe. Ihr bringt mich öfters zum Lachen<br />
und gebt mir hilfreiche Ratschläge. Klar, manchmal ist<br />
das schon ein wenig anstrengend für mich, wenn ich<br />
einen Artikel mehrmals umschreiben muss, weil zum<br />
Beispiel die Zeichenanzahl nicht passt. Doch das gehört<br />
für mich dazu. Schließlich möchte ich ja, so wie Ihr, dass<br />
möglichst viele Leute den FREIEBÜRGER ansprechend<br />
finden und kaufen.<br />
An dieser Stelle habe ich an Sie, verehrte LeserInnen der<br />
Freiburger Straßenzeitung, eine große Bitte: Unterstützen<br />
Sie die tüchtigen Straßenzeitungsverkaufenden weiterhin!<br />
Es tut nicht nur diesen gut, sondern auch Ihnen.<br />
Freiburg ohne FREIeBÜRGER ist für mich nämlich wie<br />
Freiburg ohne Black Forest Coffee.<br />
Rose Blue<br />
FREIeBÜRGER 02 | <strong>2021</strong> 19
Steckbrief<br />
Geboren 1962 in Bochum • Erfolge: 1981 (inoffizielle)<br />
Weltmeisterin, 1989 Europameisterin, 1982, 1983, 1988<br />
und 1989 Deutsche Meisterin, 1982 DFB-Pokal-Siegerin.<br />
2019 war Petra Landers für den Preis „Deutscher Fußball<br />
Botschafter“ in der Kategorie „Trainer 2019“ nominiert.<br />
Gewonnen haben drei Männer: Jürgen Klopp, Marc-<br />
André Ter Stegen und Bernd Schuster.<br />
DAS WUNDER VON BOCHUM<br />
Petra Landers hat sich nie bewusst zur Emanzipationsbewegung<br />
gezählt. Sie wollte sich einfach nichts verbieten<br />
lassen, war freiheitsliebend. Deshalb ist die Bochumerin<br />
Pionierin geworden: Gemeinsam mit dem Frauenfußball<br />
in Deutschland, der bis 1970 offiziell verboten war, feiert<br />
sie dieses Jahr 50-Jähriges, denn 1970 fing auch die spätere<br />
Nationalspielerin mit dem Fußballspielen an.<br />
Noch heute müssen fußballspielende Frauen sich manchmal<br />
dumme Sprüche – vor allem von Männern – anhören.<br />
Doch immerhin gibt es heute eine Basis-Infrastruktur:<br />
viele Vereine, eine Nationalmannschaft und möglicherweise<br />
etwas mehr Toleranz. Als Petra Landers anfing,<br />
Fußball zu spielen, da klappte das vor allem, weil sie<br />
sich meist unter Jungs aufhielt und von ihnen als gleich<br />
akzeptiert wurde. Deshalb fing ihre Vereinskarriere als<br />
Zehnjährige in der Jugendmannschaft des FC Bochum als<br />
einziges Mädchen an: „Das klappte gut, weil die wussten,<br />
die müssen keine Rücksicht auf mich nehmen.“<br />
„Ich denke mal, ich sollte ein Junge werden“, sinniert sie<br />
rückblickend beim Treffen auf einem Bochumer Bolzplatz.<br />
„Wenn ich mal wieder Obst geklaut hab‘ oder in die<br />
Waschkauen der stillgelegten Zechen geklettert bin, dann<br />
bestraften mich meine Eltern damit, dass ich in der Schule<br />
ein Kleid tragen musste.“<br />
Ansonsten legten ihr die Eltern aber keine Steine in den<br />
Weg, sondern ermutigten sie im Gegenteil, ihren Weg<br />
zu gehen, sich gegen Ungerechtigkeiten zur Wehr zu<br />
setzen. Und natürlich war es ungerecht, dass es bis in die<br />
1980er-Jahre keine echte Mädchenmannschaft in Bochum<br />
gab. Also gründete Petra Landers 1981 selbst eine beim<br />
TuS Harpen. Kurze Zeit später bekam sie allerdings ein<br />
verlockendes Angebot: „Du hast so ein Talent“, befand<br />
ein Bekannter, „willst du nicht mal eine Klasse höher<br />
spielen?“ Also zeigte die 19-Jährige ihr Können bei einem<br />
Probetraining in Bergisch Gladbach.<br />
Der dortige Verein SSG 09 Bergisch Gladbach hatte eine<br />
erstklassige Frauenfußballmannschaft, die bis heute<br />
deutsche Rekordmeisterin ist, und Trainerin Anne Trabant<br />
nahm die talentierte Mittelfeldspielerin Petra Landers<br />
sofort auf. Im Herbst kam nämlich eine besondere<br />
20<br />
FREIeBÜRGER 02 | <strong>2021</strong>
Herausforderung auf den Verein zu: Weil Deutschland<br />
noch keine Frauen-Nationalmannschaft hatte, war die von<br />
Bergisch Gladbach als deutsche Vertretung zur inoffiziellen<br />
Weltmeisterschaft nach Taiwan eingeladen worden.<br />
Mit viel Einsatz gelang es dem Team um Anne Trabant damals,<br />
Sponsoren für Reise und eine Minimalausstattung<br />
– zum Beispiel Trikots und einen mitreisenden Physiotherapeuten<br />
– zu gewinnen. Und tatsächlich gelang es dem<br />
SSG 09 Bergisch Gladbach 1981 in Taipeh, den Weltmeister-Titel<br />
zu holen. Der Regisseur John David Seidler hat<br />
über diese unglaubliche Geschichte, die den Deutschen<br />
Fußball-Bund (DFB) schließlich veranlasste, ein Frauen-<br />
Nationalteam aufzubauen, im vergangenen Jahr einen<br />
Dokumentarfilm gedreht: „Das Wunder von Taipeh“ ist<br />
aktuell als einer von zwölf Kandidaten für den Deutschen<br />
Dokumentarfilmpreis nominiert.<br />
Eine der Protagonistinnen im Film und bei anschließenden<br />
Filmgesprächen in Premieren-Kinos war Anfang des<br />
Jahres Petra Landers. Bis 1991 spielte sie in der (jetzt offiziellen)<br />
Nationalmannschaft der Frauen und trug 1989 trotz<br />
Kreuzbandriss dazu bei, dass sie die Europameisterschaft<br />
im eigenen Land gewann. „Als Preis haben wir damals ein<br />
Kaffee-Service bekommen“, sagt sie mit zynischem Unterton<br />
und hält eine Porzellantasse samt Untertasse hoch.<br />
Zum Vergleich: Für die Herren gab es bei der WM ein Jahr<br />
später in Italien eine Prämie von 125.000 D-Mark.<br />
Nach dem offiziellen Karriereende bekam Petra Landers‘<br />
Fußballkarriere einen kleinen Knick. Sie konzentrierte sich<br />
auf ihre berufliche Laufbahn, die eine eigene Geschichte<br />
der Ungleichbehandlung von Geschlechtern in unserer<br />
Gesellschaft ist: „Ich wusste anfangs nicht, was ich machen<br />
sollte, also habe ich eine Arzthelferinnenausbildung<br />
angefangen, aber danach immer bis spät in die Nacht<br />
an Mopeds rumgeschraubt.“ Ein Cousin, der bei Opel<br />
arbeitete, verhalf ihr schließlich zu einer Ausbildung zur<br />
Kfz-Mechanikerin. Natürlich war sie die einzige Frau in<br />
der technischen Berufsschule und später fand sie keinen<br />
Job. Es gab Anfang der 1980er-Jahre keine Kfz-Werkstätten<br />
mit getrennten Umkleideräumen oder Toiletten – oder<br />
der Bereitschaft, zu improvisieren.<br />
So kam Petra Landers auf Umwegen zu einer Selbstständigkeit<br />
im Druckgewerbe – und arbeitet heute in der<br />
Kindertagespflege. Ihre Liebe zum Fußball wurde erst<br />
2009 wieder wachgeküsst, als die Regisseurin Tanja Bubbel<br />
in ihrer Tür stand, die die Doku „Die schönste Nebensache<br />
der Welt“ über Pionierinnen des Frauenfußballs in<br />
Deutschland drehen wollte. Über Kontakte, die damals<br />
entstanden, fand sie zum sozialen Engagement für die<br />
Vereine Discover Football in Berlin oder Streetfootballworld<br />
in Afrika.<br />
Die heute 58-Jährige reist regelmäßig nach Sambia – oder<br />
zuletzt auch nach Ghana – und ermutigt Mädchen und<br />
junge Frauen, Fußball zu spielen. „Ich bin auf Augenhöhe<br />
mit ihnen“, sagt Petra Landers, die sich in den Frauen, die<br />
teilweise barfuß auf felsigem Grund spielen, selbst in<br />
ihren Anfängen beim Pöhlen in den Straßen des Ruhrgebiets<br />
sieht. Die Herzlichkeit, das Willkommen-Sein und<br />
Aufgenommen-Werden gefallen ihr am Leben in den<br />
afrikanischen Ländern, die sie bereist hat, und deshalb<br />
möchte sie gern irgendwann nach Sambia auswandern.<br />
Auf den Bochumer Bolzplatz hat die Fußball-Botschafterin<br />
eine Sporttasche voller Fotos und Dokumente aus einem<br />
ereignisreichen Leben mitgebracht: Ihre Erlebnisse in<br />
Afrika; dass sie im Zuge der Frauenfußball-WM 2011 ein<br />
Buchprojekt mit der iranischen Sportfotografin Maryam<br />
Maid, die das Regime in Teheran bei der Ausreise verhaften<br />
ließ, realisierte; dass sie 2017 als älteste Teilnehmerin<br />
den Weltrekord im höchsten Fußballspiel der Welt auf<br />
5.729 Metern Höhe auf dem Kilimandscharo aufstellte –<br />
all diese Geschichten müssten gesondert erzählt werden.<br />
Und bestimmt kommen noch ein paar dazu bis zum<br />
Ruhestand in Afrika.<br />
Freundlicherweise zur Verfügung<br />
gestellt von bodo / INSP.ngo<br />
Text: Max Florian Kühlem<br />
Fotos: Daniel Sadrowski<br />
FREIeBÜRGER 02 | <strong>2021</strong> 21
DER JUNGE AM STRAND<br />
Buchbesprechung von utasch<br />
Erinnern Sie sich an das Bild vom toten Jungen am<br />
Strand, das im September 2015 um die Welt ging? Das<br />
Bild zeigt den leblosen kleinen Körper des zweijährigen<br />
Alan Kurdi in einem leuchtend roten T-Shirt am Strand<br />
der türkischen Küste nahe Bodrum. Das Foto wurde<br />
zum Symbol für die Verzweiflung und Not der syrischen<br />
Flüchtlinge. Der kleine Alan, sein Bruder Ghalib und ihre<br />
Mutter Rehanna sind drei von fast 3.800 Menschen, die<br />
allein im Jahr 2015 im Mittelmeer ertranken.<br />
Tima Kurdi, die Tante von Alan, die seit 1992 in Kanada<br />
lebt, hat ein Buch über das Schicksal ihrer Familie<br />
geschrieben. Es beginnt mit einer glücklichen Kindheit in<br />
Damaskus, wo sie mit zwei Brüdern und drei Schwestern<br />
aufwuchs. Im Elternhaus wurden Gastfreundschaft,<br />
Toleranz und Großzügigkeit gepflegt. Es wurde viel<br />
gesungen, getanzt und gelacht im Hause Kurdi.<br />
Doch mit Beginn des Bürgerkriegs 2011 änderte sich das<br />
Leben der Familie grundlegend. „Stellen Sie sich vor, dass<br />
sich Ihre Stadt plötzlich in eine Todeszone verwandelt.<br />
Stellen Sie sich vor, Sie hätten Angst, ihre Kinder in die<br />
Schule zu schicken. Angst, zur Arbeit zu fahren und zurück<br />
nach Hause. Angst, die einfachsten Dinge zu erledigen.<br />
Stellen Sie sich vor, wie es wäre, wenn Ihre freundlichen<br />
Nachbarn plötzlich zu Feinden würden.“<br />
Plötzlich ging es nur noch um das nackte Überleben im<br />
Kreuzfeuer bewaffneter Kämpfer. Alans Vater Abdullah<br />
wurde von Islamisten verschleppt und gefoltert. Danach<br />
beschloss er, in der Türkei Arbeit zu suchen, um Frau und<br />
Kind in Kobane ernähren zu können. Nach der Geburt<br />
des zweiten Sohnes holte er seine Familie aus der<br />
Gefahrenzone in die Türkei, wo die syrischen Flüchtlinge<br />
in großer Not lebten. Zweimal versuchten Abdullah<br />
und Rehanna vergeblich, mit ihren Kindern die Türkei<br />
Richtung Griechenland zu verlassen. Der dritte Versuch<br />
endete tödlich. Tima Kurdi leidet unter Scham- und<br />
Schuldgefühlen. Sie hatte alles versucht, um für ihre<br />
Brüder Mohammad und Abdullah und deren Familien<br />
Asyl in Kanada zu ermöglichen. Und sie scheute keine<br />
Mühen und Kosten, um die Not ihrer Geschwister und<br />
deren Familien zu lindern. „Letztendlich waren wir nichts<br />
als Samenkörnchen, die der Wind auf der Weltkarte<br />
verwehte.“ Abdullah Kurdi wurde in Erbil im kurdischen<br />
Teil des Irak aufgenommen. Die jüngste Schwester und<br />
ihre Familie erhielten schließlich Asyl in Deutschland,<br />
während die beiden anderen Schwestern mit ihren<br />
Kindern noch in der Türkei sind und nur zwei ihrer Söhne<br />
es nach Deutschland geschafft haben. Mohammad<br />
erhielt schließlich mit seiner Familie Asyl in Kanada.<br />
Nur der Vater lebt noch in Damaskus und sehnt sich<br />
nach seinen Kindern und Enkeln. Tima Kurdi hofft, mit<br />
ihrer Familiengeschichte zu zeigen, dass wir im Grunde<br />
alle gleich sind. „Wir alle träumen von einem guten,<br />
friedlichen, sicheren Leben für unsere Lieben. Menschen<br />
sind wichtiger als Geld und Macht. Uns eint mehr, als uns<br />
trennt, und zusammen sind wir stärker als allein.“<br />
Das Sterben im Mittelmeer geht weiter. 2020 ertranken<br />
rund tausend Menschen beim Versuch, nach Europa zu<br />
gelangen. Und auch das Elend der Geflüchteten in Lagern<br />
in Griechenland und Bosnien wird nicht beendet.<br />
„Die Armen sind immer die Opfer der Ungerechtigkeit.<br />
Sie sind die Opfer des Krieges.“<br />
Tima Kurdi<br />
„Der Junge am Strand“<br />
Assoziation A<br />
ISBN 978-3-86241-477-2<br />
248 Seiten | 19,80 €<br />
22<br />
FREIeBÜRGER 02 | <strong>2021</strong>
Engagiert für<br />
wohnungslose Menschen<br />
Liebe Freunde von der Straße,<br />
wir laden herzlich ein zur<br />
Essensausgabe<br />
am Sonntag<br />
Foto: E. Peters<br />
VERKÄUFER OLIVER<br />
28.02.<strong>2021</strong><br />
ab 12 Uhr<br />
Katholische Gemeinde<br />
Heilige Familie<br />
Mooswald-Betzenhausen<br />
vor dem Gemeindehaus<br />
Hofackerstraße 29<br />
Linie 1 Richtung Landwasser bis<br />
Betzenhauser Torplatz oder<br />
Linie 4 Richtung Messe bis Elsässer<br />
Straße, dann Bus 10 Richtung<br />
Paduaallee oder<br />
Bus 36 Richtung Landwasser bis<br />
Hofackerstraße<br />
Anzeige<br />
Hallo Leute, ich heiße Oliver und bin ein neuer<br />
FREIeBÜRGER-Verkäufer. Geboren und aufgewachsen bin<br />
ich in Gelsenkirchen, also ein original „Ruhrpott Jung“,<br />
lebe aber schon seit einem Jahr in Freiburg. Auf den<br />
FREIeBÜRGER aufmerksam wurde ich vor einem Monat<br />
durch einen Mitarbeiter des Projekts „Haus Wonnhalde“.<br />
Erfahrung mit einer Straßenzeitung hatte ich schon, da<br />
ich mal in Dortmund die Straßenzeitung bodo verkauft<br />
habe. Mein Verkaufsplatz ist in Freiburg vor dem Edeka<br />
in der Wiehre, Günterstalstraße / Ecke Lorettostraße.<br />
Dort verkaufe ich täglich so ab 11-12 Uhr, an Samstagen<br />
schon ab 10 Uhr. Durch meinen Minijob im Mundenhof<br />
habe ich viel mit Tieren zu tun. Daher ist es beim Verkauf<br />
eine tolle Abwechslung, mit Menschen in Kontakt<br />
zu kommen. Ich hatte schon viele schöne Gespräche mit<br />
positivem Feedback und habe mir in dieser kurzen Zeit<br />
schon Stammkundschaft aufgebaut. Es freut mich immer,<br />
wenn vor dem Edeka der Grillhähnchen-Mann ist und ich<br />
von Kunden auf ein halbes Hähnchen eingeladen werde.<br />
In meiner Freizeit bin ich gerne in der Natur unterwegs,<br />
zocke gerne an meiner Xbox und freue mich als Kinogänger<br />
wieder auf die Zeit, wenn die Kinos wieder geöffnet<br />
sind. Für meine Zukunft wünsche ich mir eine eigene<br />
kleine Wohnung, einen Job in Festanstellung und viel<br />
Gesundheit. Ich sage Danke und vielleicht bis ganz bald<br />
an meinem Verkaufsplatz!<br />
Euer Oliver<br />
HEUTE IST NICHT ALLE TAGE, WIR KOMMEN WIEDER, KEINE FRAGE.<br />
VEREIN FÜR NOTWENDIGE KULTURELLE MASSNAHMEN e.V.<br />
HASLACHER STRASSE 25 | 79115 FREIBURG<br />
WWW.SLOWCLUB-FREIBURG.DE<br />
FREIeBÜRGER 02 | <strong>2021</strong> 23
Herzlichen Dank !<br />
Liebe LeserInnen,<br />
wir als Verein und Redaktion sowie unsere VerkäuferInnen<br />
blicken auf ein turbulentes Jahr 2020 zurück. Mit<br />
seinen Höhen und Tiefen hat es uns alle immer wieder<br />
aufs Neue herausgefordert, schnell handeln zu müssen.<br />
Aufgrund der COVID-19 Pandemie beschlossen wir im<br />
März 2020, den Straßenverkauf vorläufig einzustellen und<br />
in den Shutdown zu gehen. Viele unserer VerkäuferInnen<br />
gehören zu einer Risikogruppe, aber auch unsere KundInnen<br />
wollten wir schützen. Diese Entscheidung ist uns<br />
wahrlich nicht leicht gefallen, sie war jedoch in Anbetracht<br />
der Ansteckungsgefahr der einzig richtige Schritt<br />
für uns. Aber was wird nun mit unseren VerkäuferInnen,<br />
die auf den Verkauf angewiesen sind? Wie können wir<br />
sie in dieser Lage unterstützen? Und wie geht es mit dem<br />
Verein weiter? Es ist ja nicht so, dass es unseren VerkäuferInnen<br />
beim Verkauf nur um ihr Zubrot geht. Nein! Es<br />
geht ihnen u. a. auch um die Strukturierung ihres Tagesablaufes,<br />
um die Herstellung von sozialen Kontakten und<br />
um ihr Selbstwertgefühl. Der Shutdown barg die Gefahr,<br />
dass das jetzt alles wieder wegbrechen könnte.<br />
Diese für uns alle notgedrungene Auszeit, bis der Verkauf<br />
wieder möglich war, haben wir zuallererst dazu genutzt,<br />
für unsere VerkäuferInnen ein Hygienekonzept beim Verkaufen<br />
auszuarbeiten. Wir alle wollten vorbereitet sein!<br />
In dieser ersten und ganz frischen Zeit unseres Shutdowns<br />
traten Sie, liebe LeserInnen nebst BürgerInnen aus<br />
Freiburg, an uns helfend heran. Wir bekamen sehr viele<br />
aufmunternde Anrufe und E-Mails. Wir wurden gefragt,<br />
ob wir Hilfe brauchen, wie man unsere VerkäuferInnen<br />
und den Verein unterstützen kann. Masken wurden<br />
uns genäht, Geld wurde uns gespendet u. v. m. Eine der<br />
häufiger gestellten Fragen an uns war: „Geht die Zeitung<br />
jetzt den Bach runter?“ Unsere Antwort lautete jedes Mal:<br />
„Niemals!“ In dieser schwierigen Zeit konnten wir durch<br />
Ihre Hilfe Ende März und Ende April unsere VerkäuferInnen<br />
finanziell unterstützen. Ihr Engagement riss aber<br />
nicht ab, sodass wir auch in unserem zweiten Shutdown<br />
im Dezember die Weihnachtszeit unseren VerkäuferInnen<br />
(zumindest finanziell) etwas erträglicher machen konnten.<br />
Unsere VerkäuferInnen waren darüber sehr dankbar.<br />
Das Ziel Ihrer Hilfe: „Der FREIeBÜRGER darf nicht sterben<br />
– Freiburg braucht eine Straßenzeitung und dieses<br />
sozialkritische Medium!“ Für unsere MitarbeiterInnen<br />
war und ist es einfach ein überwältigendes Gefühl der<br />
Dankbarkeit, durch Ihre Anteilnahme und finanzielle Hilfe<br />
in dieser harten Zeit Menschen helfen zu können.<br />
Herzlichen Dank!<br />
DER FREIeBÜRGER e. V.<br />
24<br />
FREIeBÜRGER 02 | <strong>2021</strong>
OFEN-KÜRBIS MIT KARTOFFELN UND QUARK-DIP<br />
Foto: E. Peters<br />
Herzlich willkommen auf unserer Kochseite!<br />
Wir vom FREIeBÜRGER sind inzwischen richtige Kürbisfans<br />
geworden. Das Fruchtgemüse ist in der Küche so<br />
vielseitig einsetzbar und zudem auch noch sehr gesund.<br />
Das Fruchtfleisch und die Kerne vom Kürbis enthalten<br />
nämlich reichlich Vitamine, Mineralien und Ballaststoffe.<br />
Bei uns gibt es diesen Monat Ofen-Kürbis mit Kartoffeln<br />
und dazu einen Quark-Dip. Über das Nachtschattengewächs<br />
Kartoffel braucht man ja nicht viel erzählen, jeder<br />
weiß, wie viel Verschiedenes man aus Kartoffeln zubereiten<br />
kann. Eines ist aber sicher: Wenn ein Fruchtgemüse<br />
und ein Nachtschattengewächs aufeinandertreffen, kann<br />
nur etwas Fantastisches dabei herauskommen!<br />
Die Kürbisspalten und Kartoffelhälften werden mit<br />
frischen Kräutern gemischt und im Ofen richtig braun<br />
gebacken. Dazu ein leichter Quark-Dip – sooo genial...<br />
Zutaten für 2 - 3 Personen:<br />
Zubereitung:<br />
Für das Ofengemüse den Backofen auf 200 °C (Umluft:<br />
180 °C) vorheizen. Die Kartoffeln waschen und halbieren.<br />
Den Kürbis entkernen und in Spalten schneiden.<br />
Die Kürbisspalten und Kartoffelhälften in einer Schüssel<br />
gut mit dem Olivenöl vermischen. Mit Pfeffer und etwas<br />
Salz würzen. Die Kräuterzweige unterheben und alles<br />
gleichmäßig auf einem mit Backpapier belegten tiefen<br />
Backblech verteilen. Die Knoblauchzehen andrücken und<br />
ebenfalls zwischen dem Gemüse verteilen. Im Ofen 40 bis<br />
45 Minuten backen.<br />
In der Zwischenzeit den Schnittlauch waschen, trockenschütteln<br />
und in feine Röllchen schneiden. Den Quark<br />
oder Joghurt mit Milch, Olivenöl und Zitronensaft verrühren.<br />
Mit Pfeffer und ein wenig Salz abschmecken. Zum<br />
fertigen Kürbis-Kartoffel-Gemüse servieren.<br />
800 g Kartoffeln („Drillinge“)<br />
800 g Hokkaido-Kürbis<br />
2 - 3 frische Thymianzweige<br />
2 - 3 frische Rosmarinzweige<br />
2 - 3 Knoblauchzehen<br />
½ Bund Schnittlauch<br />
1 EL Zitronensaft<br />
250 g Quark/Joghurt<br />
2 EL Milch<br />
3 EL Olivenöl<br />
schwarzer Pfeffer<br />
Salz<br />
Das Kürbis-Kartoffel-Ofengemüse ist eine tolle Beilage<br />
zu Fleisch und Fisch oder kann kombiniert mit einem<br />
frischen Salat auch als Hauptgericht serviert werden.<br />
Guten Appetit!<br />
Conny & Ekki<br />
FREIeBÜRGER 02 | <strong>2021</strong> 25
Hallöchen, liebe Sportfreunde,<br />
da bin ich nun mal wieder! Zwar mit etwas Verspätung<br />
wünsche ich Euch trotzdem noch ein gesundes, glückliches<br />
neues Jahr, wobei angesichts der Situation die<br />
Gesundheit wohl am wichtigsten ist! Hoffen wir mal alle<br />
zusammen, dass dieses traurige Kapitel bald zu Ende<br />
ist und wir uns wieder so bewegen können, wie wir das<br />
früher auch gemacht haben. Am einfachsten schaffen wir<br />
das, wenn wir uns an die vorgegebenen Regeln halten, so<br />
kann jeder von uns seinen Beitrag gegen Corona leisten.<br />
Beginnen möchte ich heute mit etwas Traurigem, mit<br />
dem Tod von Diego Armando Maradona Franco, der am<br />
25. November 2020, also kurz nach dem Redaktionsschluss<br />
unserer letzten Ausgabe, in seiner argentinischen Heimat<br />
verstorben ist. Natürlich hat wohl jeder, er selbst<br />
als erster, gewusst, dass Maradona kein biblisches Alter<br />
erreichen wird, dazu hat er viel zu exzessiv gelebt. Trotz<br />
Hochleistungssport hat er gern einen getrunken, von<br />
allen möglichen Drogen genascht und übergewichtig war<br />
er auch fast seine ganze Karriere über. Und doch hat mich<br />
die Nachricht von seinem Tod ziemlich mitgenommen.<br />
Mit 60 stirbt man heutzutage nicht mehr, das ist viel zu<br />
jung, auch mit seinen Eskapaden, sagten viele. Doch das<br />
war es für mich nicht mal, für mich war Maradona die<br />
letzte wirklich große Legende des Fußballs. All die anderen<br />
Fußballgötter hatten längst ihre Laufbahn beendet<br />
oder waren schon verstorben, als Diego seine Karriere begann<br />
und er stellte die meisten von ihnen in den Schatten.<br />
Wahrscheinlich liegt es mit daran, dass ich Maradona in<br />
seinen Anfangszeiten und in seinen großen Zeiten miterlebt<br />
habe, während ich bei vielen anderen Stars wie Pelé,<br />
Beckenbauer, Cruyff und anderen nur noch die letzten<br />
Jahre gesehen habe. Vielleicht auch darum, weil ich ihn<br />
in seiner Zeit beim FC Barcelona live sehen konnte. Das<br />
war in den 80er-Jahren in der DDR, im Leipziger Zentralstadion.<br />
Damals, im Europapokal gegen Lok Leipzig hatte<br />
er einen richtig guten Tag erwischt und zauberte vor fast<br />
100.000 Zuschauern so, als würde es um die Weltmeisterschaft<br />
gehen. Leipzig war hoffnungslos unterlegen, doch<br />
das tat der Stimmung keinen Abbruch. Die heimischen<br />
Fans feierten trotz deutlicher Niederlage den argentinischen<br />
Fußballgott und seinen kongenialen Partner Bernd<br />
Schuster! Es wäre müßig, hier all seine Erfolge aufzuführen,<br />
so viel Platz hab ich auch gar nicht. Der wichtigste<br />
Titel für ihn war der Weltmeistertitel, den er 1986 mit der<br />
argentinischen Mannschaft gewann und den er auch<br />
maßgeblich prägte. Bestimmt kann sich noch jeder an<br />
Maradonas Halbfinale gegen England erinnern, das er<br />
allein entschied. Erst schlug er den Ball mit der„Hand Gottes“<br />
zur Führung ins Netz und dann legte er mit seinem<br />
wohl schönsten Sololauf über den ganzen Platz nach. Die<br />
acht Engländer, die er auf seinem Weg ausspielte, blieben<br />
staunend stehen. So etwas hatte wohl noch keiner von<br />
ihnen erlebt. Und nun gibt es Maradona also nicht mehr.<br />
Am 26. November wurde der geniale Fußballer in seiner<br />
Heimatstadt Buenos Aires zu Grabe getragen. Hunderttausende<br />
nahmen auf seinem letzten Weg Abschied von<br />
ihrem größten Idol. Vergessen wird er wohl nie und auch<br />
ich werde bei jeder Doku über ihn oder den „Fußball aus<br />
der guten alten Zeit“ die Glotze einschalten! Gehab' Dich<br />
wohl Maradona, Du findest auch im Himmel eine Truppe,<br />
die mit Dir kickt!<br />
Jetzt aber genug mit dem Schwärmen von alten Zeiten,<br />
aktuell wird ja auch wieder Fußball gespielt, leider! Leider<br />
deswegen, weil Fußball ohne Fans immer noch keinen<br />
Spaß macht. Ich weiß, das habe ich in den letzten Ausgaben<br />
schon oft genug erwähnt, aber es stimmt nun mal.<br />
Ich kann den Spielen momentan absolut nix abgewinnen<br />
und das hat nix damit zu tun, was die Schalker gerade<br />
treiben. Na gut, ein bisschen vielleicht doch... Aber ich<br />
stehe da ja nicht allein mit meiner Meinung. In meinem<br />
Bekanntenkreis sind allesamt unzufrieden mit der Lage.<br />
Nicht etwa, weil die alle in die Stadien wollen, nein, die<br />
wollen in Ruhe mit 'nem Bier auf dem Sofa lümmeln und<br />
Fußball schauen! Mit Fans, Stimmung und lauten Fangesängen,<br />
sodass man den Kommentator nicht mehr hören<br />
muss. Wird es das wohl jemals wieder geben? Und wenn<br />
wir gerade dabei sind, es leiden ja nicht nur die Spieler,<br />
die Fans oder die „Bundestrainer“ auf der Couch. Hat<br />
sich schon mal jemand Gedanken darüber gemacht, was<br />
eigentlich die Ultras oder die Hooligans so treiben? Sind<br />
die jetzt in Kurzarbeit? Kriegen die einen Coronabonus?<br />
Oder haben die wenigstens psychologische Betreuung?<br />
Ich stell mir das gar nicht so leicht vor für die Jungs. Klar,<br />
den Hools dürfte es egal sein, ob sie ins Stadion dürfen<br />
oder nicht. Fußball ist ja nicht so wirklich ihr Ding. Aber<br />
die können ja nicht mal mitfahren in die feindliche Stadt<br />
und selbst wenn, sollen die dann durch eine leere Stadt<br />
stürmen? Nee, macht auch keinen Spaß...<br />
26<br />
FREIeBÜRGER 02 | <strong>2021</strong>
Foto: Michael Dalder / REUTERS<br />
Abb.: Maradona ist eine der „Legenden des Weltfußballs“ und gilt als einer der besten Fußballspieler der Geschichte.<br />
Aber wie gesagt, die Bundesliga spielt trotzdem und die<br />
Hinrunde ist vorbei und hat mal so überhaupt keinen<br />
Spaß gemacht. Die Bayern sind mal wieder Herbstmeister,<br />
was an sich ja kein Aufreger ist, das passiert jedes Jahr.<br />
Blöd ist nur, in dieser Hinrunde waren die zu packen. Die<br />
haben zwei Spiele verloren und drei mal unentschieden<br />
gespielt, das hätte früher für zwei Saisons gereicht. Und<br />
was macht die Konkurrenz? Die verschlafen ihre Chancen.<br />
Egal ob Leipzig, Leverkusen, Gladbach oder Union. Die leisten<br />
sich bei jedem Bayernpatzer auch gleich einen, als ob<br />
sie Angst hätten, vor den Münchnern zu stehen. Ich hoffe<br />
zwar immer noch, dass die Saison abgebrochen wird<br />
und die Tabellenplätze ausgewürfelt werden, aber sollte<br />
das nicht passieren, wird die Meisterschaft wohl wieder<br />
ziemlich langweilig. Dafür wird der Abstiegskampf in<br />
diesem Jahr äußerst spannend und auch hochdramatisch.<br />
Da tummeln sich die üblichen Verdächtigen, die dort in<br />
jedem Jahr mitspielen dürfen. Aber dazu gesellt sich in<br />
dieser Saison völlig überraschend der FC Schalke 04. Das<br />
könnt ihr mir wirklich glauben, damit mach' ich keine<br />
Witze. Aber meine Schalker haben schon einen Plan, wie<br />
sie dort wieder herauskommen – hoffe ich zumindest! Die<br />
holen momentan wirklich gute Ex-Schalker zurück, die<br />
aus mir unbegreiflichen Gründen irgendwann mal weg<br />
gegrault wurden. Als erster kam Abwehrheld Kolasinac<br />
von Arsenal zurück. Mit ihm gelang dann auch prompt<br />
der erste Sieg seit einem Jahr – 4:0 gegen Hoffenheim!<br />
Damit waren auch diese lästigen Vergleiche mit Tasmania<br />
Berlin vom Tisch. Danach haben wir zwar gleich wieder<br />
zwei Spiele verloren, aber trotz allem glaube ich nicht,<br />
dass die jetzt noch mal so eine Serie starten. Außerdem<br />
ist ja auch Klaas-Jan nach Hause gekommen und der hat<br />
vor, seine Blau-Weißen aus dem Keller zu schießen. Daran<br />
habe ich gar nix zu kritisieren, im nächsten Spiel geht es<br />
gegen die Bayern und mit ihm wird das schon. Alles außer<br />
einem Sieg wäre eine Enttäuschung! (Anm. d. Red.: 0:4)<br />
Die FIFA hat auch mal wieder getagt und völlig überraschend<br />
mal vernünftige Entscheidungen getroffen. Als<br />
erstes wurde die geplante Superliga verboten. Ihr wisst<br />
ja, da wollten sich die reichsten Klubs Europas treffen<br />
und ihr eigenes Ding machen, wären aus den nationalen<br />
Ligen raus und würden nur noch Kohle scheffeln.<br />
Und das zweite betrifft die Europameisterschaft, die in<br />
ein paar Monaten in 12 europäischen Ländern gespielt<br />
werden soll. Das wird es wegen Corona wohl nicht geben.<br />
Jetzt sucht man neue Austragungsorte, denn durchknüppeln<br />
wollen die das trotzdem.<br />
Egal, davon in der nächsten Ausgabe, dann gibt es auch<br />
wieder Wintersport!<br />
Carsten<br />
FREIeBÜRGER 02 | <strong>2021</strong> 27
FOLGE 11<br />
Wolf Hammer war gerade mit seinem Frühstück fertig, da<br />
meldete sich sein Handy. In dem raumfüllenden Klang der<br />
Freisprechanlage von Mitchs mit Alexa-verkabelter Wohnung<br />
ertönte Duft-Michels Stimme laut und ehrfurchtgebietend.<br />
„Möchtest du mal zum Frühstück kommen?“,<br />
fragte er. „Bin grad‘ mit meinem fertig“, antwortete Wolf.<br />
„Dann auf ‘nen Cappuccino?“<br />
Wolf nahm Jackett und Mantel und ging hinunter in die<br />
Doppelgarage, wo sein Maybach wartete. Jetzt war nur<br />
noch die Frage, wo parken, denn in die kleine Tiefgarage<br />
beim Amtsgericht passte das überlange Zwölfzylinder-Luxusauto<br />
nicht hinein. Also in die Schwabentorgarage,<br />
aber da hätte er gleich die ganze Strecke zu Fuß gehen<br />
können, sinnierte er.<br />
Am Ende ging er doch einen Umweg. Er spazierte über die<br />
Schwabentorbrücke mit den beiden kriegerischen Bronze-Gestalten,<br />
die auf dicken, gemauerten Säulen standen,<br />
und bewunderte das Wächter-Türmchen mit der Jahreszahl<br />
1609 und der durchbrochenen Laterne auf dem<br />
gemauerten Sandstein-Aufbau über dem weiß gekalkten,<br />
annähernd runden Untergeschoss.<br />
Bevor er sich wieder in Richtung der Altstadt umdrehte,<br />
schaute er auf das Gebäude an der Ecke Schwarzwaldund<br />
Hildastraße. In dem hohen Gebäude mit den schön<br />
geformten Sandsteinbögen über den Fenstern und dem<br />
Eingang befand sich einst die Arena-Bar, ein Topless-Etablissement,<br />
in dem er gerne den damals modernen Hawaii-Tost<br />
verzehrt hatte. Er ging zurück, unterquerte das<br />
Schwabentor und hielt sich links, um in die Altstadt zu<br />
gelangen. In der Gerberau sah, hörte und roch er den Gewerbekanal,<br />
der ihn zu Duft-Michels Behausung führte.<br />
In Michels Einzimmerwohnung, die er als Büro getarnt<br />
hatte, duftete es nach frisch gebrühtem Kaffee. Von seinem<br />
Fenster aus konnte man auf das Martinstor und die<br />
Dächer der Altstadt von Freiburg blicken. Er betrachtete<br />
seinen Freund. Er trug einen schwarzen Pullover – oder<br />
war es ein T-Shirt? – mit der Aufschrift FREIeBÜRGER und<br />
darüber ein weich fallendes, beiges Wildlederjackett. Die<br />
Hosen waren mit vielen großen und kleinen Abenteuer-Taschen<br />
übersät, viele Reißverschlüsse in glänzendem<br />
Messing gaben ihm ein Aussehen wie ein Fotograf oder<br />
ein Weltreisender. Wolf blickte auf die Schuhe, die stabil<br />
aussahen, schwarz, mit dicken, grobstolligen Sohlen. Was<br />
hatte er vor?<br />
Michel reichte ihm eine Tasse, dann setzten sie sich. Wolf<br />
fand das Ledersofa ganz bequem, er erinnerte sich, dass<br />
es ein Schlafsofa war. Michel wollte nicht, dass man dachte,<br />
er wohne hier, und packte alle privaten Sachen, auch<br />
die Bettwäsche, in die Wandschränke.<br />
Während Michel sich gedankenverloren auf seinem<br />
Schreibtischsessel herumdrehte, betrachtete Wolf Michels<br />
Bücher. Kein einziger Roman, nur Nachschlagewerke<br />
oder Sachbücher füllten die wandhohen Regale. Es war<br />
still. Nur die leise summende Klimaanlage war zu hören.<br />
Michel begann zu erzählen.<br />
„Ich war bei Mitch. Ich weiß nie, wie ich ihn anreden<br />
soll, wo der doch jetzt du ist. Aber nachdem ich mit ihm<br />
gesprochen hatte, setzte ich meine Tochter auf den Fall<br />
an. Miriam ist zwar sehr beschäftigt, aber sie bestätigte<br />
Mitchs Angaben, was sein Handy betrifft. Einen klaren<br />
Beweis, also was Handfestes, haben wir nicht, aber ich<br />
will von vorne anfangen.<br />
28<br />
FREIeBÜRGER 02 | <strong>2021</strong>
Vor sechs Monaten hatte er ein Treffen mit zwei Fernsehleuten,<br />
die er nicht kannte. Aber als Musikmanager kennt<br />
er trotzdem nicht alle vom Fach. Sie gingen ins Colombi<br />
und die Herren bestellten: ‚Drei Pils, mit Schnaps, wir<br />
können das Bier doch nicht so trocken runterwürgen‘, und<br />
nach einer Weile entstand eine lockere Stimmung.“<br />
Wolf hob seine Tasse. „Das gilt auch für mich“, sagte er,<br />
und Michel drehte seinen Stuhl wieder herum und griff<br />
unter seinen Schreibtisch. Er goss beiden eine Portion<br />
Amaretto in den Cappuccino und fuhr fort: „Mitch sagt,<br />
es waren zwei ziemlich arrogante Kerle, Typ Scientology,<br />
jung, glatt, eloquent.“<br />
Wolf nickte. Das traf in etwa auch auf die beiden Burschen<br />
zu, die er in Baden-Baden getroffen hatte und die<br />
er so lästig fand. Aber Michel war noch nicht fertig. „Sie<br />
waren von dieser flegelhaften Sorte, die mit großspuriger<br />
Geste klirrend ihren Schlüsselbund mit dem Porscheoder<br />
Maserati-Emblem auf den Tisch knallt, bevor sie sich<br />
hinsetzen. Dann folgen die Handys, und unser total mesmerisierter<br />
Mitch warf seins dazu. Die Typen scherzten:<br />
‚Wenn’s klingelt, wühlen wir alle in dem Handyhaufen<br />
und dann war’s doch am Nebentisch.‘“<br />
Wolf runzelte die Stirn. „Und dann musste er aufs Klo und<br />
ließ sein Handy liegen ...“ aber Michel unterbrach: „... oder<br />
er nahm eins von denen, und in der Zwischenzeit...“ Wolf<br />
beendete den Satz: „... hat einer die Nachspür-App draufgespielt.“<br />
Michel nickte. „Miriam bestätigte die Uhrzeit,<br />
die ungefähr mit Mitchs Angaben übereinstimmt.“<br />
„Ungefähr, weil Mitch viele, viele Bierchen hatte ...“ Aber<br />
Michel war noch nicht fertig. Er erzählte weiter. „Miriam<br />
checkte den Funkmasten und bekam raus, dass von<br />
Mitchs Handy zu der Zeit eine Nummer angerufen wurde.<br />
Aber er widersprach vehement, er habe gesoffen, aber<br />
nicht telefoniert. Die Nummer gehört einem Verein, das<br />
sind so Christen, eine Bibelgruppe, aber die fiel schon<br />
öfter auf – wo, wollte sie nicht sagen – also, sie sind recht<br />
fundamentalistisch.“<br />
eine Sendung mit progressiver Mitternachtsmusik, sehr<br />
spät, weil das ein gepfefferter Blues ist.“ Michel schaute<br />
verdutzt und Wolf beeilte sich zu erklären: „Die Texte.<br />
Nicht jugendfrei, verstehst?“ Michel dachte nach. „Das<br />
mit den Bibeltreuen – die haben eine große Angst vor<br />
dem Satan. Den vermuten sie überall, nur nicht in den<br />
eigenen Reihen oder gar in sich selbst. Also sind sie die<br />
Guten und alle anderen die Schlechten. Was die Naturund<br />
Tierschützer angeht, die passen nicht in das Schema,<br />
das wir bis jetzt aufgestellt haben.“<br />
Wolf sagte: „Sind diese Christen international vernetzt?“,<br />
und Michel nickte. „Also, in den USA, die Gegend im Mittleren<br />
Westen nennt man auch das Land der Bible-Thumper,<br />
Bibel-Wetzer, oder so. Sie haben die sozialen Medien<br />
entdeckt und, sicher, die sind vernetzt, weltweit. Aber ob<br />
das auch bis Baden-Baden reicht oder, wie in unserem<br />
Fall, auch in das beschauliche Freiburg?“<br />
Duft-Michel schien zu zögern, so richtig wollte er nicht<br />
mit der Sprache heraus. Dann fing er sich. „Es gibt eine<br />
Gruppe, von der man nicht vermuten würde, dass sie<br />
irgendwelche kulturellen Ambitionen hat. Sie greift aber<br />
verstärkt nach der Unterhaltungsindustrie, weil sie dort<br />
nicht nur gute Geschäfte machen kann, sondern vor allem<br />
Geldwäsche. Also haben diese Leute auch Interesse an der<br />
Musik-Firma von deinem New Yorker Freund Davis und<br />
womöglich ist er mit ihnen schon vor einiger Zeit zusammengerasselt.“<br />
Wolf war verwirrt. „Und diese Gruppe wäre ...“, sagte er.<br />
Er hatte eine seiner Augenbrauen angehoben, aber es<br />
wirkte nicht bei Michel, der jetzt seine Kaffeetasse auf den<br />
Schreibtisch knallte. Es klang wie ein Pistolenschuss. „Das<br />
ist doch logisch. Dein Davis kämpft mit der Unterwelt.<br />
Diese weltweit agierende Gruppe ist auch in Freiburg<br />
tätig.“<br />
- Fortsetzung folgt -<br />
Wolf ergänzte: „Mehr Rechte als Fundis. Wie manche<br />
selbsternannten Tierschützer. Die sind päpstlicher als der<br />
Papst und schießen oft übers Ziel hinaus. Schießen wörtlich<br />
genommen.“ Michel ging zur seiner Edelstahl-Kaffeemaschine<br />
und hantierte an den Hebeln, bis er mit zwei<br />
heißen Cappuccinos zurückkam. Ungefragt würzte er<br />
beide nach und reichte Wolf eine Tasse. „Wenn das die<br />
kirchlichen Radikalinskis sind, wieso waren sie dann auch<br />
hinter deiner neuen Freundin her, dieser Fernseh-Frau?“<br />
Wolf dachte nach. „Da gäbe es schon eine Verbindung.<br />
Annabel moderiert nicht nur Nachrichten, sie macht auch<br />
FREIeBÜRGER 02 | <strong>2021</strong> 29
WIR WERDEN DIE NUSS SCHON KNACKEN!<br />
WORTSPIEL-RÄTSEL<br />
von Carina<br />
Fett-umrandete Kästchen stellen den jeweiligen Lösungsbuchstaben des endgültigen<br />
Lösungswortes dar und zwar von oben nach unten gelesen. Sind pro Einzel-Lösung mehrere<br />
Kästchen fett umrandet, sind diese Buchstaben identisch! Alles klar? Na dann viel Spaß!<br />
Zur Beachtung: Ä/Ö/Ü = AE/OE/UE und ß = SS<br />
Grüß Gott, liebste Rätselfreunde!<br />
Der Winter hat ja dieses Jahr seit längerem mal wieder ganz schön zugeschlagen. Für viele<br />
von Euch ist das ja immer eine besonders unangenehme Jahreszeit: frühe Dunkelheit,<br />
Frost, Glätte, Nebel, starke Niederschläge in Form von Schnee, Graupel oder schlimmstenfalls<br />
sogar Eisregen und in diesem Jahr zusätzlich auch noch Sturm – das beeinträchtigt<br />
unter anderem vor allem die Autofahrer und die meisten sind bestimmt froh, wenn der<br />
Winter endlich vorbei ist! Darum dreht sich diesmal hier alles irgendwie ums Thema Auto,<br />
auf das nun mal leider viele angewiesen sind. Viel Spaß und fahrt vorsichtig!<br />
1. Ein Zimmer mit stockendem Verkehr<br />
2. Aufforderung zur Musikveranstaltung<br />
mit einem Warntongerät<br />
3. Ein Besteckteil mit rotierender Ziffer<br />
4. Englischer Luftsack<br />
5. Prüfung für eine Nordische Hirschart<br />
6. Grünanlagen-Tiernagel<br />
7. PKW-Wurstart<br />
8. Badezimmer-Ausstattungsteil mit Speisefett<br />
9. Ein Automodell mit Waldinsekt<br />
10. Stechinsekt mit menschlichem Körperteil<br />
Lösungswort:<br />
Zu gewinnen für das korrekte Lösungswort:<br />
1.- 3. Preis je ein Gutschein unserer Wahl<br />
Einsendeschluss<br />
ist der 24. Februar <strong>2021</strong><br />
(es gilt das Datum des Poststempels bzw. der E-Mail)<br />
Jahreshauptgewinner 2020<br />
A. Kühlwein, Denzlingen<br />
HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH !<br />
E-Mails NUR mit Adressen-Angabe. Unsere Postanschrift findet Ihr<br />
im Impressum auf Seite 31. Teilnahmeberechtigt sind alle, außer die<br />
Mitglieder des Redaktionsteams. Wenn es mehr richtige Einsendungen als<br />
Gewinne gibt, entscheidet das Los. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.<br />
Lösungswort der letzten Ausgabe: CHRISTKIND<br />
bestehend aus den folgenden Einzellösungen:<br />
1. CHRISTSTOLLEN 2. HIMMELSZELT 3. KREUZGANG<br />
4. KIRCHENMAUS 5. STOSSGEBET<br />
6. TEUFELSZEUG 7. KLINGELBEUTEL 8. NIKOLAUS<br />
9. SATANSBRATEN 10. MORALPREDIGT<br />
Gewonnen haben (aus 47 korrekten Einsendungen):<br />
H. Rahm, Freiburg<br />
S. Maier, Freiburg<br />
T. Keller, St. Peter<br />
HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH !<br />
Die Gewinner werden schriftlich benachrichtigt.<br />
30<br />
FREIeBÜRGER 02 | <strong>2021</strong>
ÜBER UNS<br />
Seit Jahren geht in unserer Gesellschaft die Schere zwischen<br />
Arm und Reich weiter auseinander. Besonders durch die<br />
Agenda 2010 und die damit verbundenen Hartz IV-Gesetze<br />
wurden Sozialleistungen abgesenkt. Die Lebenshaltungskosten<br />
steigen jedoch von Jahr zu Jahr. Viele Menschen kommen<br />
mit den Sozialleistungen nicht mehr aus oder fallen schon<br />
längst durch das ziemlich löchrig gewordene soziale Netz.<br />
Und heute kann jeder von Arbeitslosigkeit bedroht sein.<br />
Vereine und private Initiativen versuchen die Not, in welche<br />
immer mehr Menschen kommen, zu lindern und die Lücken<br />
im System zu schließen. Es gibt unterschiedliche nichtstaatliche<br />
Einrichtungen wie z. B. die Tafeln, welche sich um diese<br />
ständig wachsende Bevölkerungsgruppe kümmern. Oder<br />
eben die Straßenzeitungen wie der FREIeBÜRGER.<br />
In unserer Straßenzeitung möchten wir Themen aufgreifen,<br />
welche in den meisten Presseerzeugnissen oft zu kurz oder<br />
gar nicht auftauchen. Wir wollen mit dem Finger auf Missstände<br />
zeigen, interessante Initiativen vorstellen und kritisch<br />
die Entwicklung unserer Stadt begleiten. Wir schauen aus<br />
einer Perspektive von unten auf Sachverhalte und Probleme<br />
und kommen so zu ungewöhnlichen Einblicken und<br />
Ansichten. Damit tragen wir auch zur Vielfalt in der lokalen<br />
Presselandschaft bei.<br />
Gegründet wurde der Verein im Jahr 1998 von ehemaligen<br />
Wohnungslosen und deren Umfeld, deshalb kennen die<br />
MitarbeiterInnen die Probleme und Schwierigkeiten der<br />
VerkäuferInnen aus erster Hand. Ziel des Vereins ist es, dass<br />
Menschen durch den Verkauf der Straßenzeitung sich etwas<br />
hinzuverdienen können, sie durch den Verkauf ihren Tag<br />
strukturieren und beim Verkaufen neue Kontakte finden<br />
können. Wir sind eine klassische Straßenzeitung und geben<br />
unseren VerkäuferInnen die Möglichkeit, ihre knappen finanziellen<br />
Mittel durch den Verkauf unserer Straßenzeitung<br />
aufzubessern. 1 Euro (Verkaufspreis 2,10 Euro) pro Ausgabe<br />
und das Trinkgeld dürfen unsere VerkäuferInnen behalten.<br />
Es freut uns zum Beispiel sehr, dass sich einige wohnungslose<br />
Menschen über den Verkauf der Straßenzeitung eine neue<br />
Existenz aufbauen konnten. Heute haben diese Menschen<br />
einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz und eine<br />
Wohnung. Der FREIeBÜRGER unterstützt also Menschen<br />
in sozialen Notlagen. Zu unseren VerkäuferInnen gehören<br />
(ehemalige) Obdachlose, Arbeitslose, GeringverdienerInnen,<br />
RentnerInnen mit kleiner Rente, Menschen mit gesundheitlichen<br />
Problemen, BürgerInnen mit Handicap u. a. Unser Team<br />
besteht derzeit aus fünf MitarbeiterInnen. Die Entlohnung<br />
unserer MitarbeiterInnen ist äußerst knapp bemessen und<br />
unterscheidet sich aufgrund der geleisteten Arbeitszeit und<br />
Tätigkeit. Dazu kommt die Unterstützung durch ehrenamtliche<br />
HelferInnen. Leider können wir durch unsere Einnahmen<br />
die Kosten für unseren Verein, die Straßenzeitung und Löhne<br />
unserer MitarbeiterInnen nicht stemmen. Daher sind wir<br />
auch in Zukunft auf Unterstützung angewiesen.<br />
SIE KÖNNEN UNS UNTERSTÜTZEN:<br />
• durch den Kauf einer Straßenzeitung oder<br />
die Schaltung einer Werbeanzeige<br />
• durch eine Spende oder eine Fördermitgliedschaft<br />
• durch (langfristige) Förderung eines Arbeitsplatzes<br />
• durch Schreiben eines Artikels<br />
• indem Sie die Werbetrommel für unser<br />
Sozialprojekt rühren<br />
Helfen Sie mit, unser Sozialprojekt zu erhalten und weiter<br />
auszubauen. Helfen Sie uns, damit wir auch in Zukunft<br />
anderen Menschen helfen können.<br />
Impressum<br />
Herausgeber: DER FREIeBÜRGER e. V.<br />
V.i.S.d.P: Oliver Matthes<br />
Chefredakteur: Uli Herrmann († 08.03.2013)<br />
Titelbild: Felix Groteloh<br />
Layout: Ekkehard Peters<br />
An dieser Ausgabe haben mitgearbeitet:<br />
Carsten, Carina, Conny, Ekki, Felix, Harry,<br />
H. M. Schemske, Karsten, Oliver, Recht auf Stadt,<br />
Rose Blue, utasch und Gastschreiber<br />
Druck: Freiburger Druck GmbH & Co. KG<br />
Auflage: 5.000 | Erscheinung: monatlich<br />
Vereinsregister: Amtsgericht Freiburg | VR 3146<br />
Kontakt:<br />
DER FREIeBÜRGER e. V.<br />
Engelbergerstraße 3<br />
79106 Freiburg<br />
Tel.: 0761 / 319 65 25<br />
E-Mail: info@frei-e-buerger.de<br />
Öffnungszeiten: Mo - Do: 12 - 16 Uhr<br />
Fr: 12 - 15 Uhr<br />
Mitglied im Internationalen Netzwerk<br />
der Straßenzeitungen<br />
Der Nachdruck von Text und Bild (auch nur in Auszügen)<br />
sowie die Veröffentlichung im Internet sind nur nach<br />
Rücksprache und mit der Genehmigung der Redaktion<br />
erlaubt. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben<br />
nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.<br />
Die nächste Ausgabe des FREIeBÜRGER erscheint am:<br />
1. März <strong>2021</strong><br />
Aus gegebenen Anlass finden zurzeit keine<br />
öffentlichen Redaktionssitzungen statt!<br />
FREIeBÜRGER 02 | <strong>2021</strong> 31
Aktuell bei Radio Dreyeckland<br />
dem freien Radio aus Freiburg<br />
Die COVID-19 Pandemie fordert weiterhin<br />
weltweit immer mehr Opfer. Ohne Maßnahmen<br />
gegen das Virus, die notwendigerweise<br />
die Freiheit einschränken, würden noch viel<br />
mehr Menschen sterben. Die Forderung, alle<br />
Maßnahmen zu beenden, ist deshalb menschenverachtend.<br />
Sie propagiert letztlich<br />
ein „Survival of the Fittest“ und steht damit<br />
in der Tradition der deutschen Herrenmenschenideologie.<br />
Dennoch sind nicht alle konkreten<br />
Maßnahmen sinnvoll. Es ist äußerst<br />
fragwürdig, ob nächtliche Ausgangssperren<br />
tatsächlich die Pandemie bekämpfen. Zudem<br />
betreffen die Maßnahmen hauptsächlich<br />
den privaten Bereich und lassen einen<br />
Großteil der Wirtschaft außen vor. Es ist<br />
schwer nachvollziehbar, sich mit fast niemandem<br />
in der Freizeit treffen zu dürfen,<br />
wenn der Arbeitsplatz oder der Weg dorthin<br />
gleichzeitig eine Massenveranstaltung ist.<br />
Wir werden weiterhin einen kritischen Blick<br />
auf die Verhältnisse werfen.<br />
#ZeroCovid<br />
Wer kein Zuhause hat, kann nicht<br />
#stayhome machen.<br />
Deshalb jetzt:<br />
Sammelunterkünfte auflösen,<br />
Wohnungen für Obdachlose,<br />
Mietenstopp während der<br />
Pandemie<br />
#ZeroCovid<br />
Für Milliardär*innen weltweit war<br />
das Pandemiejahr 2020 ein<br />
Rekordjahr: Ihr Vermögen ist um<br />
28 % gewachsen.<br />
Corona hat die Reichen reicher,<br />
aber die Armen ärmer gemacht.<br />
Deshalb jetzt:<br />
COVID-Solidaritätsabgaben<br />
auf hohe Vermögen!<br />
Müsst Ihr arbeiten und Euer Chef bzw. Eure<br />
Chefin sorgen nicht für ausreichenden Gesundheitsschutz?<br />
Nutzt die Polizei die aktuelle Lage aus, um<br />
wieder einmal Racial Profiling zu betreiben?<br />
Reicht der mickrige Hartz IV-Satz nicht für<br />
gute Masken und den Ersatz für das Schulessen?<br />
Ist Eure Unterkunft überfüllt, obwohl das<br />
Hotel nebenan leer steht?<br />
Wünscht Ihr Euch Berichterstattung?<br />
Meldet Euch bei Eurem freien Radio!<br />
Zum Beispiel unter: aktuell@rdl.de<br />
ZERO<br />
COVID↘<br />
ZERO<br />
COVID↘<br />
+++ Jeden 1. Mittwoch des Monats um 12-13 Uhr im 'Mittagsmagazin' +++<br />
Im Gespräch mit der Freiburger Straßenzeitung FREIeBÜRGER<br />
Hört, macht, unterstützt Radio Dreyeckland: 102,3 Mhz - Stream: rdl.de/live<br />
Radio Dreyeckland - Adlerstr. 12 - 79098 Freiburg<br />
Studiotelefon: 0761 / 31028