flip-Joker_2021-05
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Mai 2021
32. Jahrgang
Kunsterleben online
„Es ist rau da draußen“
Im Gespräch: Punkrocker und Virusexperte Dr. Dexter Holland von The Offspring
INHALT
THEATER_____________________ 5
25. Europäische Kulturtage 2021
BIENNALE FÜR FREIBURG _______6
Stadtraum, Kunstraum
KUNST_______________________9
Markgräfler Traumwelten
VISION 2025________________ 14
70 Jahre Kunst am Bau
LITERATUR___________________ 16
Im Gespräch: Georgi Gospodinov
NACHHALTIG_______________ 22
Fashion Revolution 2021
GESUNDHEIT________________ 25
Sigma-Zentrum mit Gutachter-Expertise
HANDWERK_________________ 26
Qualitätsversprechen Schreiner-Innung-FR
VERANSTALTUNGEN_________ 31
2. International Screen Dance Festival
Dexter Holland ist das Gesicht
von The Offspring. Vor vier
Jahren hat der Punksänger
seinen Doktortitel in Molekularbiologie
bekommen. Nach
langer Funkstille erscheint
nun das Comebackalbum seiner
Band: “Let The Bad Times
Roll”. Bis auf seinen blonden
Bürstenhaarschnitt und seine
glitzernde Halskette erscheint
Holland via Zoom vom Scheitel
bis zur Sohle in schwarz.
Er gibt das Interview in dem
Studio, in dem Metallica-Produzent
Bob Rock den neuen
Offspring-Songs den letzten
Schliff verliehen hat. Mit Dr.
Dexter Holland sprach Olaf
Neumann über Virenforschung,
Wahrhaftigkeit und
wilde Punkrock-Shows
Kultur Joker: “Let The Bad
Times Roll” ist Ihr erstes neues
Album seit 2012. Haben Sie sich
Punkrocker Dr. Dexter Holland
Foto: Offspring
Kultur Joker: Kann man mit
Punkrock in Würde alt werden?
Holland: Absolut! Einige meiner
Lieblingsmusiker waren alte
Punkrocker, The Ramones, Joe
Strummer. Punkrock ist eine
Lebenseinstellung. Und was
The Offspring betrifft, bedeutet
Punkrock selbständiges Denken.
Kein blinder Mitläufer zu sein.
Kultur Joker: Und was war Ihr
persönlicher Höhepunkt während
der vergangenen zwölf Monate?
Holland: Ich habe kleine Kinder
zuhause. Es war toll, mehr
Zeit als sonst mit ihnen zu verbringen.
Das ist natürlich keine
Rock’n’Roll-Antwort, aber mit
meinen Kids zusammen sein zu
dürfen, ist schlichtweg großartig.
Kultur Joker: Sind Sie gut im
Homeschooling?
Holland: Ich würde die Kinder
lieber zur Schule schicken, weil
Respekt Vielfalt Weitsicht
Teilhabe
Verantwortung
Vorsorge
Weil’s um
mehr als
Geld geht.
Wir Wir setzen uns uns ein ein für für das, das, was was im
im
Leben Leben wirklich zählt. Für Für Sie, Sie, für
für
die die die Region, für für uns uns alle. alle. Mehr auf
auf
sparkasse-freiburg.de
zu dem Titelsong durch Donald
Trump inspirieren lassen?
Dexter Holland: Dieser Song
wurde inspiriert durch viele politische
Ereignisse in den letzten
Jahren. Und zwar nicht nur
in den USA, sondern auf der
ganzen Welt. Aber er hat auch
eine gesellschaftlich-persönliche
Komponente bekommen durch
Covid-19. Allein in den USA
sind bereits 500.000 Menschen
an dem Virus verstorben. Viele
andere haben ihren Job verloren
und sind deshalb deprimiert oder
isoliert. Diese Beobachtungen
habe ich in den Song mit einfließen
lassen, und zwar wertfrei.
Der Hörer soll seine eigenen
Schlüsse ziehen.
Kultur Joker: Sind schlechte
Zeiten die besten Zeiten für gute
Ideen?
Holland:(lacht) Es scheint so!
Im Moment passiert vieles,
über das man schreiben kann.
Die Zeile “Let The Bad Times
Roll” bringt die Weltlage auf
den Punkt. Leider ist die globale
Krise längst nicht vorbei.
Ich denke aber, dass in unseren
Texten immer auch ein bisschen
Hoffnung mitschwingt. Vieles
davon ist mit einem Augenzwinkern
geschrieben. Ich blicke gern
durch die ironische Brille auf die
Welt. Aber “Let The Bad Times
Roll” meine ich wirklich so.
Vielen Staatenlenkern sind die
schlechten Zeiten doch gar nicht
so unrecht.
Kultur Joker: Was war Ihr persönlicher
Tiefpunkt in den vergangenen
zwölf Monaten?
Holland: Wir sind normalerweise
vier Monate im Jahr auf Tour,
um live zu spielen. Mir persönlich
ist es sehr schwer gefallen,
darauf zu verzichten. Die Energie,
die bei Punkrock-Shows
freigesetzt wird, ist mit nichts
vergleichbar.
Kultur Joker: Corona hat so
ziemlich Einfluss auf alles – natürlich
auch auf unser Sexleben.
Ist die Zeit von Sex, Drugs &
Rock’n‘Roll definitiv vorbei?
Holland: (lacht) Sie spielen auf
unseren Song „We Never Have
Sex Anymore“ an? Jeder Mensch
hat Erfahrungen mit Beziehungen,
ob Jung oder Alt. Aber
noch niemand hat darüber in dieser
Art einen Song geschrieben.
„Wir haben keinen Sex mehr“
klingt erst einmal ziemlich deprimierend,
aber wenn man es augenzwinkernd
sagt, löst es auch
Lacher aus. Dieser Song drückt
nichtsdestotrotz Selbstachtung
aus: Der selbe Kerl, der nie
Glück mit seinen Freundinnen
hatte, lebt Jahre später in einer
Beziehung – aber ohne Sex.
Schule eine wichtige soziale
Funktion hat. Aber aus der Notwendigkeit
heraus lernen wir
auch zuhause. Buchstabieren,
Lesen oder Rechnen. Gestern
Fortsetzung des
Interviews auf
Seite 28
Kultur Joker
Tel.: 0761 / 72 0 72
www.kulturjoker.de
kulturjoker
Liebe Leser*innen,
die ersten warmen Sonnentage stehen vor der Tür:
Das heißt Joker schnappen und zum Lesen ab in
die Sonne! Denn auch im Monat Mai gibt es wieder
vieles zu entdecken.
Als „einzigartige Stimme der europäischen Literatur“
gewann Georgi Gospodinov den Usedomer-
Literaturpreis 2021. Viktoria Balon, die das Interview
aus dem Bulgarischen übersetzte, sprach für uns
mit dem Autoren Gospodinov über sein literarisches
Werk, seine Heimat Bulgarien und das Gefühl „Europa“.
„Linda McCartney – The Sixties and more“ heißt die
neue Ausstellung in der Kunsthalle Messmer, die die
Werke der „Rockfotografin“ Linda McCartney zeigt,
die Rocklegenden wie Jimi Hendrix, Janis Joplin und
die Rolling Stones ablichtete.
Das Live-Streaming-Portal #inFreiburgzuhause bietet
Künstler*innen seit letztem Jahr eine virtuelle
Bühne. Fabian Lutz sprach für uns mit Thomas Walz,
Ideengeber und Betreuer des Projekts.
Seit ein paar Wochen ist Christine Buchheit (Bündnis
90/DIE GRÜNEN) neue Dezernentin für Umwelt, Jugend,
Schule und Bildung in Freiburg. Im Gespräch
mit Danny Schmidt spricht sie über ein zukunftsfähiges
Klimaschutzkonzept, umfassende Digitalisierungsvorhaben
für Freiburger Schulen und ihre Lieblingsteesorte
„Green Energy“.
Eva Stegen wirft indes einen Blick unter den Klimaschutzdenkmantel
dreier Atommächte und entdeckt dort klare militärische
Interessen, die dem großen Publikum verschwiegen
werden.
Veranstaltungsankündigungen und Ausstellungen sind weiterhin
ohne Gewähr. Informieren Sie sich bitte direkt bei den
Veranstalter*innen oder Museen über mögliche Absagen
und Schließungen. Aktuelle Ankündigungen finden Sie täglich
auf www.kulturjoker.de.
Wir wünschen Ihnen einen sonnendurchfluteten Mai, bleiben
Sie gesund und solidarisch!
Kultur-Joker-Redaktion
In diesen schweren
Zeiten sind wir dankbar
für jedes Zeichen der
Solidarität; egal ob liebe
Worte oder eine finanzielle
Unterstützung, damit wir unsere Arbeit
fortsetzen können.
Empfänger: Art Media Verlag
IBAN: DE 26 680 5010 1000 2022 512
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THEATER KULTUR JOKER 3
Rebecca Mary Narum
Foto: Jürgen Gocke
Eine Assoziationsreise durch die Jahrhunderte
Rebecca Mary Narums erste abendfüllende Soloperformance „The Doll in her Pocket“ feierte im E-Werk in Freiburg Premiere
Stereo- und Archetypen,
Klischees und Rollenzuschreibungen
– Frausein war schon
immer Projektionsfläche für
komplexe, sich ständig wandelnde
Gesellschaftssysteme.
Aber was ist eigentlich weiblich
und wer definiert das? Wie
fühlt es sich an, eine starke Frau
zu sein? – Inmitten lebhafter
Gender-Debatten und befreiender
Geschlechtervielfalt hat
sich die in Freiburg lebende
US-amerikanische Choreografin
und Tänzerin Rebecca Mary
Narum (Tanztheaterkollektiv
Quizzical Körper) auf eine sehr
persönliche Spurensuche nach
der eigenen Geschlechtsidentität
gemacht. Parallel forschte sie
in Literatur und Film, transportierte
sie in ihrem Studio Körper-
und Bewegungsstudien in
Choreografien. Begleitet wurde
ihre monatelange Recherche
von Mitbewohnerin Antonia
Bischof. Jetzt feierte Rebecca
Mary Narums erste abendfüllende,
von Stadt und Land geförderte
Soloperformance. „The
Doll in her Pocket“ im Freiburger
Südufer Premiere und ist per
Livestream in der Mediathek
von infreiburgzuhause.de zu
sehen.
Nur zwei Live-Zuschauerinnen
sind an diesem Abend
zugelassen. Also sitzt man wie
beim Filmset neben konzentrierter
Technik-Geschäftigkeit
zwischen Kabeln, Kameras und
Mikros rund um Monitor und
Schaltpult. Letzte Checks, der
Countdown wird ein gezählt,
dann ist die minimalistische
Bühne live auf Sendung: Weißer
Tanzboden, weiße Rückwand,
weißer Tisch, von der
Decke schwebt ein imposantes
Ballkleid in Purpur. Wie eine
vierbeinige Königin thront Narum
auf dem Tisch, dessen Platte
unter ihrem ausladendem Rock
ganz verschwindet. Mit warmem
Lächeln und großzügigen, grazilen
Gesten hält sie Hof: Kopf,
Arme und Oberkörper deklinieren
minutenlang in großer Anmut
bedeutungsschwere Gesten.
Die werden zu Posen, dann zu
mechanischem Spielfiguren-
Ruckeln. Erst als Narums Blick
sich vom fiktiven Gegenüber
löst, schwingt sie sich mit einem
beherzten Schritt vom Podest.
Es ist diese betörende Arie
„Che si puó fare, Op. 8“ von Barbara
Strozzi, die bei goldenem
Bühnenlicht (Jenny Herman) in
ferne Zeiten entführt und damit
in eine 45-minütige Assoziationsreise
durch die Jahrhunderte.
Immer wieder wird sich
die 29-jährige Kulturanthropologin
und TIP-Absolventin
(2017) dabei neue Räume und
Bewegungssprachen erobern
und dabei ganz unterschiedliche
Gefühle und Energien erzählen.
Die ausgewählten Musikstücke
sind stark und wirken als
Soundtrack stellenweise zu illustrierend,
auch gibt es choreografische
Längen. Intensiv ist dieses
Solo aber unbedingt, ist Narums
Tanz doch fein ziseliert, wandelbar
und sehr ästhetisch, triggert
mühelos eigene Fantasien
und Bilder: Ob im wirbelnden
Kleid oder in schwarzer Hose,
ob als Zehenspitzen-Ballerina,
neckische Verführerin, aufgedrehte
Barbie-Parodie oder
Kriegerin – Narums geschmeidige
Bewegungslust ist spürbar,
ihre Choreografien erwecken
ausdrucksstark Klischees und
Geschlechterrollen zum Leben.
Dabei verschiebt sich der
Körperfokus im Laufe der Performance
entlang romantischer
Klaviermusik, indianischem
Trommeln, melodiösem Wolfsgeheul
und viel Spanischem:
Beweglichkeit und Ausdruck
wandern vom Oberkörper in
die Hüften und von dort in Becken
und Beine, bis nackte Füße
kraftvolle Rhythmen in den
Boden stampfen. Immer wieder
gibt es Brüche und damit Momente
von Selbstermächtigung
und Befreiung. – Inspirierend!
Da hätte es das nachfolgende
Künstlergespräch auf Englisch,
bei dem Narum über Konzeptund
Probenprozess erzählt, so
ausführlich nicht gebraucht,
zumal Zuschauerfragen zu kurz
kommen. Am lebendigen Publikumsgespräch
per Live-Chat
lässt sich auf dieser tollen Plattform
noch tüfteln.
„The Doll in her Pocket“, live
aus dem Südufer unter infreiburgzuhause.de
Marion Klötzer
10. BILDRAUSCH
FILMFEST BASEL
16. — 20.06.21
WWW.BILDRAUSCH-BASEL.CH
4 KULTUR JOKER THEATER Theater
Wenig Requisiten, dafür aber viel Gefühl
Junges Theater Freiburg zeigt furiose Premiere von
„Wie der Wahnsinn mir die Welt erklärte“ nach dem Debütroman Dita Zipfels
Clara Schulze-Wegener
Foto: Marc Doradzillo
Dita Zipfels 2020 mit dem
Deutschen Jugendliteraturpreis
ausgezeichneter Debütroman
„Wie der Wahnsinn mir die
Welt erklärte“ ist ein Fantasiestrotzendes,
grandios-durchgeknalltes
Abenteuer. Jetzt feierte
die Bühnenadaption von Benedikt
Grubel und Michael Kaiser
(Regie: Benedikt Grubel)
vom Jungen Theater Freiburg
im Werk-raum per Livestream
furiose Premiere.
Zoom auf eine rosafarbene,
wirbelnde Masse, die sich als
Smoothie im Mixer herausstellt,
dazu ein gekachelter
Küchen-Laborblock mit Utensilien
neben einer Gitterwand,
von der Obst und Gemüse
baumelt (Bühne und Kostüme:
Caroline Stauch). „Kochen für
Killer!“ wird Christoph Kopp
als grantig-verrückter Herr
Klinge später in dieser Kulisse
zu stampfenden Synthesizer-
Rhythmen (Musik: Jan Paul
Werge) grölen – aber noch gibt
er neben Clara Schulze-Wegener
als umwerfend lebendige
Lucie den Erzähler.
Ein Salatkopf – Lucies angespannte,
gefühlsverwirrte
Mama, eine Lauchstange – deren
neuer, schmierig-verspulter
Esoterik-Lover Michi. Der
jüngere, in einem Wut-Kokon
gefangene Bruder – ein modrig
müffelnder Fenchel. Im Spagat
zwischen Erzähl – und Objekttheater
werden die Protagonisten
dieser Geschichte vorgestellt,
Lucies anthropologische
Studien zu ihren Mitmenschen
zeigt ein Wandplakat. Auf die
Leinwand wird ihr Goldenes
Ticket in die Freiheit per Kamera
projiziert: „Gassigehen – 20
Euro die Stunde“, verspricht der
Supermarkt-Aushang. Nur wenige
Tage und die Zwölfjährige
kann ihrem nervigen Zuhause
mit einem Ticket nach Berlin
zu Mamas Ex-Freundin Bernie
entkommen!
Gruselmusik, grün-blaues
Dämonenlicht (Frederik Menzel)
und Lucie landet vor Herrn
Klinges Haustür: „Keine Mädchen!“
schnaubt es hinter der
Kachelwand, dann schießt ein
Metallgreifer aus einer Klappe
und schnappt Lucie den
Smoothie aus der Hand. Bizarr!
Mit riesiger Sonnenbrille
und Bademantel fegt Christoph
Kopp wie ein Rumpelstilzchen
über die Bühne – sein alter
Klinge hat ganz offensichtlich
einen Mega-Knall samt Verfolgungswahn.
Einen Hund gibt es
keinen, stattdessen wird Lucie
die Ghostwriterin für die „Enzyklopädie
der Wunderwesen“
dieses verrückten Hexenmeisters,
für den Tomaten Drachenherzen
und Auberginen
Hexenlebern sind.
Wie Lucie daraus dann Liebesketchup
mixt, wie sich die
Ereignisse zuhause, im Freibad,
Friedhof und Supermarkt
überschlagen, das spielen
Clara Schulze-Wegener und
Christoph Kopp großartig in
wechselnden Rollen, mit wenig
Requisiten, aber viel Gefühl,
Tempo und überbordender Energie.
Dabei gibt es wilde und
zarte Momente, viel Slapstick
und eine Botschaft: „Wenn man
bedenkt, dass wir alle verrückt
sind, ist das Leben erklärt…“
– Ein ebenso spannendes wie
vielschichtiges Stück, für das
es am Ende viele Chat-Smileys
statt Applaus gibt.
„Wie der Wahnsinn mir die
Welt erklärte“, Junges Theater
Freiburg unter: www.dringeblieben.de.
Ab 12 Jahren
Marion Klötzer
„Verzweifelt nicht!“
Die Immoralisten zeigen ihr Streaming-Projekt „1665 – Das Jahr der Pest“
Angst und Tod wegen einer
Krankheit, die sich sprunghaft
über Grenzen hinweg ausbreitet
und das gesamte öffentliche
Leben zum Erliegen bringt –
Corona ist nicht die erste Pandemie,
von der die Menschheit
gebeutelt wird. Spannend, da
einen Blick zurück zu werfen
und auf Zeitreise zu gehen.
Mit ihrem von Stadt und Land
geförderten Streaming-Projekt
„1665 – Das Jahr der Pest“ entführen
die Immoralisten jetzt in
das Leben von Samuel Pepys,
ein Londoner Angestellter des
Flottenministeriums und leidenschaftlicher
Tagebuchschreiber.
Seinen offenherzigen Aufzeichnungen
ist es zu verdanken, dass
KULTUR-JOKER-BUCHCLUB
Instagram: kulturjoker
Unser Buch im Mai:
Allegro Pastell!
Der viel gelobte und
kontrovers diskutierte
Roman von Leif Randt
ist so nah an seiner Zeit,
wie es Faserland in den
Neunzigern war. Eine
Lovestory direkt aus dem
Jetzt und eine präzise Bestandsaufnahme
unserer
Gegenwart. Soziologisch,
intelligent und on point
cool.
der Transfer ins Hier und Jetzt
funktioniert und sich ein guter
Geist aus der Geschichte an uns
Nachgeborene wendet. Die Parallelen
sind da so verblüffend
wie berührend.
Der halbstündige Theatermonolog
von Florian Wetter (Neu-
Übersetzung, Arrangement
und Schauspiel) und Manuel
Ab Freitag, 30. April,
diskutieren wir Kapitel
Eins: Frühling 2018 auf
unserem Instagramaccount
@kulturjoker.
Alle Leseabschnitte folgen
wöchentlich auf Instagram.
Wir freuen uns auf
den gemeinsamen Austausch!
Kreitmeier (Idee und Regie) beamt
die Zuschauer nach einem
schwarz-weiß-gestrichelten
Intro, das leergefegte, mittelalterliche
Straßen und strömende
Ratten zeigt, in ein behaglich
mit Kerzenlicht ausgeleuchtetes
Zimmer. Im Vordergrund ein
Schreibtisch, dahinter Vorhänge
und Möbel. Auch diese Szene
kennen wir. Nur liegt bei den
wenigsten von uns ein Schädel
herum, während wir abends vor
dem Monitor sitzen und mit der
Welt kommunizieren. Weiß auf
schwarzem Grund wird nun das
Datum des 1. Januars eingespielt,
dann sitzt uns Samuel Pepys
live gegenüber. Er trägt Perücke
und ist nur bis zur Brust zu sehen,
Bewegung und Schauspiel
sind da nur begrenzt möglich.
Doch Florian Wetter blickt und
spricht direkt in die Kamera,
seine Figur entwickelt dank
ausdrucksstarker Mimik und
Rede sofort Präsenz (Kamera
und Animation: Chris Meiser.
Schnitt: Marie Hopermann).
Der Spannungsbogen dieses
chronologisch, mit knappen
Tagebucheinträgen erzählten
Jahres 1665 ist gewaltig: Von
lustig geschlemmter Trüffelpastete
am Neujahrstag, dem
Tod des Kanarienvogels und
allerhand beruflichen, kulturellen
und amourösen Erlebnissen
plätschert das erst amüsant
und interessant dahin. Dann
der 10. Juni: „Die Pest ist in
die Stadt gekommen“. Pepys
selbst und seine Familie bleiben
verschont, er wird zum
erst ängstlichen, dann zunehmend
beherzten Beobachter.
So berichtet er von überfüllten
Friedhöfen, verriegelten Häusern
und abgesperrten Parks,
liefert wachsende Todeszahlen
und findet aus Verzweiflung
und Angst zur Demut vor der
eigenen Vergänglichkeit. Irgendwann
siegt die Hoffnung:
Der strenge Winterfrost lässt
das Wüten der Pest abnehmen,
das Leben kehrt zurück. – Die
Botschaft von einem, der privilegiert,
aber wach und empathisch
nicht nur eine Pandemie,
sondern auch deren Ende bezeugt:
Genießt das Leben, seid
dankbar, verzweifelt nicht!
Stream unter: www.immoralisten.de
Marion Klötzer
THEATER KULTUR JOKER 5
„Europa – Ein Versprechen“
25. Europäische Kulturtage 2021
Die Festivalleitung der Europäischen Kulturtage: Dr. Susanne Asche, Leiterin Kulturamt Stadt
Karlsruhe und Peter Spuhler, Generalintendant Staatstheater Karslruhe Foto: Felix Grünschloß
Ist Europa noch ein Versprechen?
Von außen betrachtet
wirkt die Euopäische Union
wie eine Verheißung von
Wohlstand, Frieden, Rechtssicherheit.
Im Inneren jedoch
kriselt es, um alle großen Themen
gibt es Streit. Wie lässt
sich die Begeisterung für Europa
neu entfachen? Die Europäischen
Kulturtage, kurz EKT,
wollen vom 2. bis 16. Mai über
die Kunst neue Impulse setzen
für ein Europa, in dem Solidarität
und Zusammenarbeit
mehr sind als Versprechungen.
Künstler*innen aus Europa
und anderen Regionen
der Welt haben sich mit dem
„Versprechen Europa“ auseinandergesetzt,
was in über 70
Veranstaltungen und 9 Ausstellungen
zu sehen und zu
hören ist. Rund 30 Karlsruher
Kulturinstitutionen machen
mit, coronabedingt meist digital.
Für das Eröffnungsprogramm
am 2. Mai konnte als
Redner ein Mann gewonnen
werden, der das Versprechen
Europa verkörpert: Leoluca
Orlando. Der langjährige
Bürgermeister von Palermo ist
berühmt für seinen mutigen
Kampf gegen die Mafia. Sein
Eröffnungsvortrag wird, wie
viele andere Veranstaltungen,
im eigens eingerichteten TV
der Europäischen Kulturtage
ausgestrahlt: www.karlsruhe.
de/ekt-tv
Die Karlsruher Museen und
Galerien bieten ein reichhaltiges
Ausstellungsspektrum
an. „Verborgene Spuren“ verheißt
die Städtische Galerie.
Sie beleuchtet vom 6. Mai bis
8. August die Bedeutung jüdischer
Künstler*innen und
Architekt*innen für Karlsruhe.
Bis 1933 bildeten sie oft die
kulturelle Avantgarde, was die
ausgewählten Gemälde, Zeichnungen,
Fotografien, Skulpturen
und Architekturpläne
aus der Zeit zwischen 1890
und 1950 deutlich machen.
Das ZKM widmet sich während
des Festivalzeitraums
unter dem Titel „Europa, so
fern und doch so nah“ in Zusammenarbeit
mit der JCR, der
gemeinsamen Forschungsstelle
Europas, der aktuellen Klimaund
Umweltkrise. Eigens dafür
schuf die Karlsruher Komponistin
und Medienkünstlerin
Sabine Schäfer eine interaktive
audiovisuelle Installation,
die der Schau ihren Titel gab.
Die hinterleuchteten Glasplatten
der Installation zeigen Satellitenaufnahmen
von Hauptstädten
der Europäischen Union
bei Nacht, daneben ein Audio
QR-Code Ensemble. Mit
einer kostenlosen Bildscan-
App können animierte Videos
und Klang-Kompositionen per
QR-Code abgerufen werden.
Der Badische Kunstverein
Das Gelbe vom Gau
Das österreichische Festival „Supergau“ denkt die Landschaft als Kulturraum neu
Kann eine ländliche Region
Raum für außergewöhnliche
Kunst bieten? Oft besteht das
Bild einer strukturschwachen
Gegend, die erst erschlossen
werden muss, ehe dort spannende
Kunst entstehen kann.
Das österreichische Festival
„Supergau für zeitgenössische
Kunst“ geht den umgekehrten
Weg. Hier werden im Mai
tausend Quadratkilometer des
Salzburger Flachgau zur Bühne
von Installationen, Performances,
Wanderungen, Konzerten,
Diskussionen, Seebädern,
Fahrradwerkstätten und
Filmen. Und auch das Land
verwandelt sich. Es wird zur
imaginären Ur-Landschaft „Supergau“.
Was den Gegnern „strukturschwacher
Regionen“ als Nachteil
dünkt, wird für die Initiative
des Landes Salzburg zur Stärke.
„Der Supergau ist befreit von
der Schwere der Stadt mit ihren
programmierten Kulturräumen,
befreit von Museen, Theatern,
Kleinkunstbühnen und Salons,
die gefüllt werden müssen mit
Zielpublikum. Befreit vom Begriff
des öffentlichen Raums.“
18 Projekte sollen es werden
und die finden einen abwechslungsreichen
Raum vor.
Wald- und Wiesenlandschaften,
Seenlandschaften, Häuserlandschaften,
Asphalt- und
Betonlandschaften. All das soll
einbezogen werden, unter Fragestellungen,
die ganz große
Themen streifen. Etwa Mobilität,
Landschaftsromantik oder
Digitalisierung. Ungewöhnliche
Perspektiven sollen möglich
werden. Vor dem Horizont
einer ländlichen Gegend, die
nicht mehr länger nachrangig
behandelt werden soll, wenn es
um Kulturfragen geht. Projektnamen
wie „Belvedere Flachgau“,
„Almwiesensymphonie“,
„Das Gelbe vom Gau“ oder
„Bustopia“ versprechen einen
nachdenklichen wie gewitzten
Blick auf nur scheinbar altvertraute
Landschaften. Das
„Supergau für zeitgenössische
Kunst“ fragt nach Gegebenheiten,
die nicht nur Österreich
kennt. Wenn irgendwann also
auch der Schwarzwald ruft,
sollten die Künstler*innen nicht
zögern, sondern folgen.
Das Festival „Supergau für
zeitgenössische Kunst“ findet
vom 14–23. Mai statt.
Weitere Informationen: www.
supergau.org
Moritz Matschke und Anna Pech: „Das Gelbe vom Gau. Temporäre
Skulptur“
Foto: Matschke, Pech
stellt ab 6. Mai „Dinge, die wir
voneinander ahnen“ vor. 21
internationale Künstler*innen
haben sich kritisch mit den gegenwärtigen
Tendenzen und
Problemen Europas auseinandergesetzt.
Das Karlsruher
Stadtmuseum im historischen
Prinz Max-Palais zeigt ab dem
16. Mai „Mari Parmissi – Unsere
Geschichte“. Die Wanderausstellung
des Landesverbands
deutscher Sinti und
Roma Baden-Württembergs
zeichnet ihre wechselvolle, oft
von Ausgrenzung und Verfolgung
begleitete Geschichte
nach, von der ersten schriftlichen
Erwähnung im Jahr
475 vor Christus bis zur Einrichtung
der Forschungsstelle
„Antiziganismus“ an der Universität
Heidelberg.
Geplant ist eine ganze Reihe
von Führungen an der frischen
Luft, in der man zum Beispiel
die Gartenstadt Rüppurr kennenlernen
kann oder trifft sich
am Schlossplatz, um sich unter
der Überschrift „Der Krieg
ist aus – 75 Jahre Kriegsende
in Karlsruhe“ an die letzten
Kriegs- und ersten Besatzungstage
im weitgehend zerstörten
Karlsruhe zu erinnern.
Die Konzerte werden ins
Digitale verlegt. Am 8. Mai
um 18.30 Uhr kann man eine
internationale Berühmtheit
des 19. Jahrhunderts kennen
lernen, die Sängerin und
Komponistin Pauline Viardot-
Garcia. Musik kannte noch nie
Grenzen, und ihrer brückenbildenden
Funktion folgt man
in zwei Konzerten. Am 5. Mai
erklingen „Catchy tunes of
Europe“. Das Gambenconsort
Les Escapades spielt beliebte
Stücke der Renaissance aus
England, Frankreich, Spanien
und Deutschland. Am 16. Mai
erklingt zeitgenössische Kammermusik.
Weitere Informationen zu
den Lesungen, Führungen,
den Theateraufführungen
und Konzerten, dem Kinoprogramm,
den Ausstellungen und
Performances, Aktionen und
Diskussionen finden sich unter
www.europaeische-kulturtage.
de.
Nike Luber
6 KULTUR JOKER biennale für freiburg
Stadtraum, Kunstraum
Die erste Biennale für Freiburg öffnet die Kunst und eröffnet der Kunst neue Räume
Leon Hösl und Catherin Schöberl organisieren die Biennale für Freiburg Fotos: Marc Doradzillo
von der Künstlerin selbst übernommen.
Sitzgelegenheiten und
Bühnenelemente an den ungewöhnlichsten
öffentlichen Orten
machen die Ästhetik eines
Ausnahmezustands greifbar.
Die erste Biennale für Freiburg
wird ein Fest in Bewegung sein.
Ein umfangreiches Programm
lädt dazu ein, dem zu folgen.
Weitere Informationen auf der
Website der Biennale Freiburg
und in den kommenden Ausgaben
des Kultur Joker. www.
biennalefuerfreiburg.de
Fabian Lutz
Biennale – ein Begriff der
für große Kunstausstellungen
steht, in Städten wie Venedig,
Paris oder São Paulo. 2021
erhält auch Freiburg im Breisgau
seine erste Biennale. Im
Mittelpunkt der Biennale für
Freiburg, die unter der Leitung
von Leon Hösl stattfindet, steht
das Thema der künstlerischen
Produktionsweisen innerhalb
und außerhalb des Studios. In
zwei Phasen eingeteilt, führt
die Freiburger Biennale ihre
Zuschauer*innen von einem
ungewöhnlichen Studioprogramm
in einen Ausstellungsparcours.
Geboten wird vieles,
Grenzen gibt es wenige. Das
Studio als Produktionsort von
Kunst öffnet sich und greift
in den öffentlichen Raum. Die
Stadt Freiburg selbst wird zum
Ort ästhetischer Experimente
und des Austauschs über Kunst.
Zu Beginn der Biennale von
Mai bis Ende August steht das
Studioprogramm. Ein breites
Kunstangebot streut über die
ganze Stadt und nimmt viele
Außenräume ein. Experimentierfeld
und Diskussionsgegenstand
werden die Stadt
Freiburg selbst und auch ihre
Bewohner*innen. Zwischen
Momenten fast intimer Kunstproduktion
und Momenten öffentlicher
Präsentation zeigen
sich die Künstler*innen der
Biennale nicht nur ungewohnt
offen, sondern laden auch die
Betrachter*innen dazu ein,
an den Gestaltungsprozessen
mitzuwirken. Das Ergebnis
präsentiert ein Ausstellungsparcours
vom 10. September bis
3. Oktober. Als Videoarbeiten,
Installationen, Malerei oder
Fotografie, Performances und
Veranstaltungen zeigen sich
die entstandenen Werke – oder
werden durch neue Elemente
ergänzt. Deutlich wird: Ein fertiges
Ding soll die Kunst nicht
sein – anregen aber soll sie.
Was eignet sich dafür besser
als die Auseinandersetzung
mit dem, was wir alle zu haben
glauben: Wissen. In ihrer „Library
of Requests #6“ fragt die
Künstlerin und Autorin Belinda
Kazeem-Kamiński nach dem
Standort von Wissen. Für die
Biennale Freiburg ist eine Kooperation
mit dem Freiburger
Festival „Dear White People“
und der Stadtbibliothek zum
Thema koloniale Gewalt und
deren Gegenwärtigkeit geplant,
die letztlich in einer neuen Zusammenstellung
der „Library of
Requests“ münden wird. Texte
aller Art in verschiedener Präsentation
informieren über ein
Thema, dessen sich die Mehrheitsgesellschaft
noch selten
bewusst ist. Jenseits der klassischen
„Lesehöllen“ wie Bibliotheken
sucht die Library of Requests
über das kollektive Zusammenstellen
einer Publikationsliste
für die Stadtbibliothek
sowie gemeinsamen Lesungen
und Aktionen an Orten, die in
Zusammenhang mit kolonialer
Geschichte stehen, nach unmittelbarem
Anschluss an die Freiburger
Öffentlichkeit – und die
soll ab Juni gerne auf die Bücher
zugreifen, mitdiskutieren,
handeln, politisch werden.
Aktiv ist der Freiburger
Künstler Andreas von Ow
längst. Er sammelt das, was
andere gerne achtlos am Boden
lassen: grüne Glassplitter.
„Was sonst lästige Rückbleibsel
unbeherrschten Verhaltens auf
der Straße sind, sind mir reiche
Quellen.“ Aus diesen Quellen
schöpft Andreas von Ow Farbe,
die er für eine besondere Form
der Farbmalerei nutzt. Zunächst
lädt der Künstler im Juni zum
gemeinsamen Grünsammeln
ein. Jeweils zwei Leute gehen
mit Pinzette und ihren Fragen
auf Grünspurensuche in der
Stadt. Sowohl die Eindrücke
der Spazierenden als auch deren
feines, gläsernes Material
finden in einem „Fest zur Feier
des gesammelten Materials“
zusammen. Aus dem Material
einer Stadt wird Material einer
Kunst zur Stadt. Vom Grün der
Flaschenreste zum Stadtbild-
Grün.
Einen ganz anderen Dialog
beginnt der Performance-
Künstler Thomas Geiger mit
seinem „Bust Talk“ im Juli.
Thomas Geiger sieht Büsten,
wie sie überall in jeder Stadt
zu finden sind, als ideale Gesprächspartner
für Fragen zu
Vergangenheit, Gegenwart und
Zukunft. Dies gilt auch für die
Statue „Illumina“ im Stadtgarten
Freiburg. Vom Bildhauer
Till-Peter Otto als Sonnenuhr
konzipiert, wurde der Statue
2014 von Unbekannten der
Kopf gestohlen. Sieht manch
einer hierin nur mehr Sprachlosigkeit,
weiß Thomas Geiger
die Leere mit neuen Perspektiven
zu füllen. Weil die Statue
das Porträt einer anonymen
Freiburgerin mit äthiopischer
Herkunft darstellte, stellen
sich Fragen zu Repräsentation
und Politik im öffentlichen
Raum. Thomas Geiger wird für
den Dialog mit einer Gruppe
aus vier Freiburger*innen zusammenarbeiten,
die aus unterschiedlichen
Bereichen der
Gesellschaft kommen, darunter
die Straßenzeitung FREIeBÜR-
GER und die Initiative Here &
Black. In einer Performance
Ende Juli stellen sich die eingeladenen
Freiburger*innen und
die Statue Fragen zu Identität,
Körperlichkeit wie auch dem
Leiden und Potential von Kopflosigkeit.
Durchgehend und in stetem
Wandel begreift sich die Szenografie
der Künstlerin Diane
Hillebrand. Sie beschäftigt sich
mit einer gesellschaftlichen
Problematik, die allgegenwärtig
ist: Die Covid19-Pandemie.
Für viele Künstler*innen ein
Totalaus, nutzt Hillebrand die
außergewöhnlichen Umstände,
um eine Diskussion über Veranstaltungen
in Corona-Zeiten
zu beginnen. Sowohl die von
den Künstler*innen durchgeführten
Workshops als auch das
geplante Symposium „A Commonplace
is Not a Cliché” sollen
nach Möglichkeit unter freiem
Himmel, an öffentlichen Orten
stattfinden. Die Gestaltung
der Veranstaltungsräume wird
dabei nicht delegiert, sondern
Künstlerin Belinda Kazeem-Kamiński: "LoR #1 + #2" Foto: Joanna Pianka
Thomas Geiger: "Bust Talk: Ernst Späth", Bust Talks
© Thomas Geiger
Andreas von Ow: "Zwischen dem Pflaster liegt der Strand, a slow
walk for a green (Freiburg)", Arbeitsprozess, 2021
Foto: Andreas von Ow
Kunst KULTUR JOKER 7
Ungeahnte Wahrnehmungserlebnisse
„Mit allen Sinnen. Französischer Impressionismus“ –
Ausstellung in der Staatsgalerie Stuttgart
Eine Ausstellung mit rund
sechzig Gemälden französischer
Impressionisten in der Staatsgalerie
Stuttgart legt den Besuchenden
nahe, deren sinnliche
Wirkung zu erspüren. Unter den
Exponaten befinden sich Werke
von Berthe Morisot und Mary
Cassatt, zudem Klassiker von
Manet, Renoir, Degas, Monet,
Signac, Pissarro, Sisley, Caillebotte,
Jean-Louis Forain und
Paul Gauguin. All diese Künstler
haben seit den 1860er Jahren
die Malerei erneuert und dem
Betrachter ungeahnte Wahrnehmungserlebnisse
eröffnet,
indem Landschaften und alltägliche
Szenen atmosphärisch und
als lebendige Gegenwart erfasst
werden. Nicht etwa zeitenthoben
wurde gemalt, sondern meist direkt
vor dem Motiv und bevorzugt
im Freien. Eine Schlüsselrolle
kommt dabei dem Einsatz
von Farbe zu, die ihre Geltung
durch Opposition oder Nachbarschaft
zu anderen Farben erhält
und der gewohnten Zuordnung
widersprechen darf. Bewusst
werden auf der Bildfläche Licht
und Luft, Raum, Form und
Kontur in Striche und Tupfer
übersetzt und ins Skizzenhafte
aufgelöst, was den momentanen
visuellen Eindruck verstärkt;
zudem bleibt der Pinselduktus
sichtbar, die vibrierende Spur
des Handwerks. Damit wird dem
Auge des Betrachters Spielraum
gelassen, das Angedeutete zu
vollenden.
Angesichts dieser Gemälde
lässt sich der Geruch luftiger
Gärten imaginieren und Manets
Flieder riechen; das Gefühl einer
feucht-nassen Atmos-phäre stellt
sich beim Anblick von Pissaros
„Rouen, Platz der Republik bei
Regen“ ein und Alfred Sisleys
„Winter in Luveciennes“ lässt
einen nicht kalt. Erwärmend
wirkt hingegen die kräftige Sonne
über Paul Gauguins „Bretonischen
Heuerinnen“. Der Geschmack
und das Geräusch von
Meerwasser entströmt Eugène
Boudins „Strand von Trouville“.
Aus Claude Monets „Felder im
Frühling“ vermag sich eine flirrende
Stille zu übertragen und
Mary Cassatts Gemälde „Die
Lesende“ entströmt eine gespannte
Ruhe. Die Sinne sind
schließlich nicht von der physischen
Berührung abhängig, im
Pierre-Auguste Renoir „Das Gewächshaus“ um 1876, Leihgabe aus Privatbesitz
Foto: Staatsgalerie Stuttgart
Auge sitzen Tastempfindungen,
die ohne Hautkontakt affizieren
und die Gegenstandswelt synästhetisch
erfassen können. Das
ursprüngliche Ausstellungskonzept
hatte vorgesehen, dem
Publikum zusätzlich Reize zu
bieten, konkrete Anlässe zum
Riechen, Hören, Schmecken
und Fühlen, was die derzeit angeratene
C-Distanz jedoch vereitelt.
Doch Wirkung kann auch
die Lektüre des kleinen Buches
erzeugen, das die Schau begleitet,
es geht den vielen Aspekten
unserer multisensorischen
Welterfahrung und ästhetischen
Kompetenz nach. Ein immerwährendes
und unverwüstliches
Thema.
Mit allen Sinnen. Französischer
Impressionismus. Staatsgalerie
Stuttgart. Di-So 10-17,
Do 10-20 Uhr. Derzeit müssen
Zeitfenster gebucht werden:
www.staatsgalerie.de. Bis 4. Juli
2021 Cornelia Frenkel
27. März — 15. August 2021
AUFBRUCH ZUR AVANTGARDE
Impressionismus
in Russland
Karin Kneffel, Ohne Titel (Detail), 1996. Öl auf Leinwand, 710 × 240 cm. KfW Stiftung, Frankfurt am Main © VG Bild-Kunst, Bonn 2019
Alexej von Jawlensky, Andrei und Katja, 1905. Sammlung Iveta und Tamaz Manasherov, Moskau
8 KULTUR JOKER kunst
Symbolische Kunst aus Holz
Die Galerie Cecile Fakhoury zeigt Arbeiten des Bildhauers Jems Koko Bi
Mit der Kettensäge erschafft
der ivorische Bildhauer Jems
Koko Bi Meisterwerke aus
Holz, ähnlich wie der Malende
ein Kunstwerk mit einem Pinselstrich
entwirft.
Jems Koko Bis monumentale
Holzfiguren und symbolische
Holzschnitte auf Papier erzählen
eine eindrucksvolle Kulturgeschichte.
In seinen Arbeiten
steckt eine originelle Idee, ein
Stück Persönlichkeit und sie
basieren auf eigenen Erfahrungen.
Seine Kunst ist der
Ausdruck einer Wahrnehmung
der Natur als wertzuschätzende
Materie. Dabei kreieren
die Holzmaterialien ein Spiel
mit originellen Formen und
bilden eine Konfrontation zwischen
Volumen und Leerraum.
Dem Künstler ist es hierbei
besonders wichtig, sich der
Nähe zum Ursprung bewusst
zu werden. Dabei bearbeitet er
das Holz zuerst mit der Kettensäge
und nutzt das Messer um
Feinheiten herauszuarbeiten.
Um eine längere Haltbarkeit
der Unikate zu generieren, erhitzt
der afrikanische Künstler
einzelne Holzteile. Die Vielfalt
der Vorgehensweise zeigt uns
ganz deutlich: Jede Kreation
ist ein neues Erlebnis für den
Künstler, mit dem er uns einen
Einblick in afrikanische
Naturvorstellungen gewährt.
Die Kunst des afrikanischen
Künstlers propagiert ein umfassendes
Weltverständnis:
Die Welt trennt die Menschen
nicht von anderen Lebewesen,
sondern sie unterliegen
einer wahrhaften Gleichwertigkeit.
Ein Vogelfuß geht in
ein pflanzliches Gebilde über,
daneben befindet sich ein Menschenkopf.
Beide Gebilde sind
miteinander verwachsen, haben
also einen gemeinsamen
Ursprung. Die Verwurzelung
im Denken an die afrikanische
Heimat des Künstlers im zeitgenössischen
Kunstkontext ist
deutlich zu spüren. Jems Koko
Bi möchte die Welt nicht verändern.
Alles was ihn täglich begleitet,
in seiner Heimat, in der
Welt, all das was seine Ideen
und Persönlichkeit betrifft,
ist die Quelle jeden Impulses.
Was er jedoch erreichen möchte,
ist, sich selbst täglich zu erneuern,
um der Welt zu zeigen,
wie sich alles „im Fluss“ befindet.
Nach dem Studium an der
Kunstakademie in Düsseldorf,
lehrt er heute als Gastdozent
an der Kunsthochschule in
Abidjan. Seine zweite Heimat
ist die Stadt Essen. Jems Koko
Bi gilt als ein bedeutsamer
Vertreter der zeitgenössischen
Kunst der Elfenbeinküste und
ist interna-tional anerkannt.
Seine Werke wurden unter
anderem im Centre Pompidou
in Paris, auf der documenta 13
und mehrfach auf der Biennale
di Venezia ausgestellt. 2019
gründete er die Waldbiennale
Abidjan Green Arts. Mit seiner
Kunst schafft es Jems Koko Bi,
uns das Universelle der Welt
ein wenig näher zu bringen.
Jems Koko Bi: „Père et enfant“, 2020 Foto: Communic‘Art
„Patrimoine“, Jems Koko
Bi, Galerie Cecile Fakhoury,
06 BP 6499 Abidjan 06, Côte
d‘Ivoire. Bis 05. Juni 2021.
Miriam Paustian
„Nach der Shoah“
Das Blaue Haus in Breisach zeigt in seiner
neuen Dauerausstellung die Lebenswege der
Kantorenfamilie Eisemann
Im September 2019 wurde
im Beisein von Nachkommen
der jüdischen Familien Breisachs
die Dauerausstellung
„Jüdisches Leben in Breisach
1931“ eröffnet. In einem weiteren
Raum im Obergeschoss
des Blauen Hauses werden
jetzt die Lebenswege der Mitglieder
der Kantorenfamilie
Eisemann thematisiert, die
bis zum November 1938 im
Obergeschoss des ehemaligen
jüdischen Gemeindehauses gelebt
hatte. Wer konnte wie die
Verfolgung überleben, wer hat
geholfen und wer wurde ein
Opfer der Shoah? Wo leben
die Nachkommen heute? Mit
Fotos, Texten und Hörspielen
nach wahren Begebenheiten
wird versucht, Antworten zu
geben.
Ein Schaudepot präsentiert
Objekte, die Holocaustüberlebende
und ihre Nachkommen
dem Blauen Haus seit der ersten
Begegnungswoche 2000
anvertraut haben. Hinzu kamen
einige Fundstücke aus
heutigen Breisacher Familien.
Die Objekte helfen dabei, die
Alltags- und Festkultur kennenzulernen
und zu erfahren,
was den Mitgliedern der jüdischen
Gemeinde Breisachs
widerfahren ist. Eine interaktive
Erkundung wird mit einer
Forschungsstation angeregt.
So bieten sich für die pädagogische
Arbeit neue und vielfältige
Möglichkeiten.
Am 9. Mai, 16 Uhr soll die
Eröffnung der Dauerausstellung
„Nach der Shoah“ stattfinden.
Die Ausstellung wurde
realisiert mit der Unterstützung
der Landeszentrale für
politische Bildung Baden-
Württemberg.
Serviettenring, hergestellt
1940 von Else Dreifuß im Internierunglager
Gurs, Südfrankreich,
Sammlung Blaues Haus
Breisach
Foto: Blaues Haus Breisach
Kultur- und Literaturtheoretiker
Dr. Klaus Theweleit erhält den Adorno-Preis der Stadt Frankfurt
Klaus Theweleit
Klaus Theweleit, ehemaliger
Professor für Kunst und Theorie
an der Staatlichen Akademie
der Bildenden Künste
Karlsruhe, erhält den Theodor-
W.-Adorno-Preis der Stadt
Frankfurt. Diese hoch angesehene
Auszeichnung gilt der
Anerkennung hervorragender
Leistungen in den Bereichen
Philosophie, Musik, Theater
und Film. Sie ist mit 50.000
Euro dotiert und wird alle drei
Jahre von der Stadt Frankfurt
vergeben, in Erinnerung an
den Philosophen und Soziologen
Adorno (1903-1969), der in
der Stadt geboren wurde und
zu den Hauptvertretern der als
Kritische Theorie bezeichneten
Denkrichtung der sogenannten
„Frankfurter Schule“ gehörte.
Von 1998 bis 2008 lehrte Theweleit
an der Kunstakademie
Karlsruhe. „Er war die ideale
Foto: KT
Brücke zwischen den Feldern
der Kunst und der Theorie in
unserem Haus, fasziniert und
vorurteilsfrei dem Gegenstand
seiner Betrachtung zugewandt,
eine Theorie ohne jede Hoheitsansprüche“,
äußert sich
der Rektor, Harald Klingelhöller,
zu der Ehrung für seinen
ehemaligen Professorenkollegen.
„Ich erinnere mich
an einen aufregenden Vortrag
über Jimmy Hendrix, der mich
vom Fan zu einem wirklichen
Beobachter dieses großartigen
Künstlers gemacht hat. Klaus
Theweleits Arbeit wird für uns
Maßstab bleiben.“
Die Stadt Frankfurt, die durch
ein Kuratorium den Preisträger
bestimmen lässt, begründete
ihre Entscheidung für Klaus
Theweleit in ihrer Presseerklärung
mit dessen Position als
einer der einflussreichsten und
zugleich originellsten Kulturund
Literaturtheoretiker. Sein
zweiteiliges Werk „Männerphantasien“,
das 1977 erschien
und die Körperpolitik des Faschismus
erstmals beschrieb,
gilt seitdem als Standardwerk
kritischer Gesellschaftstheorie.
Es folgten weitere viel beachtete
Werke wie das dreibändige
„Buch der Könige“ (1988 bis
1994) und „Buch der Königstöchter“
(2013). Neben der Literatur
gehören Psychoanalyse,
Film und Popkultur zu Theweleits
produktivem Bezugssystem.
Sein unorthodoxer assoziativer
Stil erscheint heute aktueller
und lebendiger denn je.
Bezüge zu Adorno werden in
der Mitteilung zur Preisvergabe
ebenfalls hergestellt. Wie
dieser überschreite Theweleit,
so spielerisch wie ernst, die
Grenzen der Wissenschaft.
„Sein wucherndes Narrativ,
das von den dunkelsten Seiten
der Menschheit handelt,
zielt letztlich auf einen Akt der
Befreiung, die das Bekenntnis
zu Kunst und Sinnlichkeit einschließt.“
Vorherige Preisträger waren
unter anderen Judith Butler
(2012), Georges Didi-Huberman
(2015) und Margarete von
Trotta (2018). Der erste Preisträger
war im Jahr 1977 der
Soziologe Norbert Elias.
Die Preisvergabe an Klaus
Theweleit findet am 11. September
in der Frankfurter
Paulskirche statt.
KUNST KULTUR JOKER 9
Markgräfler Traumwelten
Das Markgräfler Museum Müllheim erinnert mit einer Ausstellung an den Menschen und die Malerin Else Blankenhorn
Wer in Müllheim nach den
Blankenhorns fragt, erhält
schnell Antwort. Die Blankenhorns
sind als wohlhabende
Weingutsbesitzer und
Weinhändler im Markgräflerland
gut bekannt. Noch heute
zeugen Orte wie die Adolph-
Blankenhorn-Schule oder
das Blankenhorn-Palais vom
gewichtigen Erbe der Familie
in Müllheim. In eben jenem
Blankenhorn-Palais, dem
Hauptgebäude des Markgräfler
Museums Müllheim, wird nun
Gestalten vor weicher Kulisse
auch an die Traumwelten Marc
Chagalls. Schwer zu sagen, wer
die Bilder Else Blankenhorns,
die vom Heidelberger Kunstsammler
und Psychiater Hans
Prinzhorn an die interessierte
Öffentlichkeit gebracht wurden,
noch alles sah.
Der Einfluss jener „Malerei
der Geisteskranken“, so der
Titel einer berühmten Studie
Hans Prinzhorns, reicht vom
farbverrückten Expressionismus
über die wahnhaften
einsetzende plötzliche Erschöpfungszustand
erhielt einen
zusätzlichen Schub, als 1905–
1906 Großmutter und Vater
verstarben. Bereits zuvor Gast
in Heilanstalten, zieht sich die
unter Angst- und Wahnzuständen
leidende Else Blankenhorn
in das Sanatorium Bellevue in
Kreuzlingen am Bodensee zurück.
In Abgeschiedenheit und
in einem großräumigen Apartment
verbrachte sie 16 Jahre
ihres Lebens, malte, zeichnete,
komponierte gar. Ein Großteil
Die junge Else Blankenhorn Foto: Markgräfler Museum
Foto: Sammlung Prinzhorn Heidelberg
einer bisher unbeachteten, dafür
umso ungewöhnlicheren
Familienangehörigen Raum
gegeben. Unter dem Titel „Eigensinnige
Welten“ eröffnet
Müllheim in Kooperation mit
der Heidelberger Sammlung
Prinzhorn die erste Einzelausstellung
zur Malerin Else Blankenhorn
(1873–1920). Eine junge
Malerin, psychisch erkrankt,
in jahrelanger Isolation. Dazu
ein rätselhaftes wie intensives
Werk, das nie so recht ins Portfolio
einer Großbürgersfamilie
passen wollte.
Jan Merk, Leiter des Markgräfler
Museums und Kurator
der Ausstellung kann es nur betonen:
„Es ist erstaunlich, dass
in dieser Region fast niemand
die Tochter der berühmten Familie
Blankenhorn kennt. Dabei
gilt Else Blankenhorn in der
Kunstgeschichte als eine wichtige
Vorreiterin des Expressionismus.“
Kein Geringerer als
Ernst Ludwig Kirchner staunte
über die „traumhaft visionären
Dinge“, die jene ungewöhnliche
Malerin mit „fast unglaublicher
Feinfühligkeit“ auf die Landwand
setzte. Ein wenig erinnern
die Begegnungen bunter
Traumgebilde der Surrealisten
bis zur antiakademischen Art
Brut. Die oft rohen Gesten einer
Avantgarde findet man in Else
Blankenhorns Werk allerdings
kaum. Ihr Bildkosmos spielt
vor allem in natürlichen Räumen
voller Pflanzen, in denen
sich Liebespaare verirren oder
sich seltsame Erlösergestalten
tummeln. Durch ihre musische
Bildung und den Kontakt mit
den prachtvollen Parkanlagen
und Anwesen ihrer reichen
Familie war Else Blankenhorn
mit allen Elementen einer
sanftmütigen, zarten Ästhetik
vertraut.
Über Else Blankenhorns biografischen
Hintergrund erfährt
man in der Müllheimer Ausstellung
einiges. Familienhintergrund
und Jugend werden in
zwei Räumen zur präzisen Betrachtung
gestellt. Das Markgräfler
Museum präsentiert hier
auch eigens verwahrte Fotografien,
Bildnisse und Dokumente
der Familie Blankenhorn. Sie
alle präsentieren eine großbürgerliche
Idylle, die erst 1899
zu brechen drohte. Die junge
Musikliebhaberin Else verlor
ihre Singstimme. Der darauf
der rund 450 Werke Else Blankenhorns
in der Heidelberger
Sammlung Prinzhorn stammen
aus dieser schwierigen wie inspirierten
Zeit.
Ein Schwerpunkt der Motivwelt
Else Blankenhorns
bilden Naturelemente, religiöse
Symbole und ein stets
variiertes Paarkonzept. Nicht
nur zeigt die Ausstellung in
Müllheim mit einer kleinen,
aber repräsentativen Auswahl
an Bildern, welche Vielfalt das
Schaffen der begabten Laienmalerin
kennzeichnet, sondern
auch wie viele der Motive aus
der Erfahrungswelt einer heranwachsenden
Großbürgerstochter
stammen. Auf einem
Portrait sehen wir den Blauen,
den Hausberg Müllheims. Vor
ihm sitzt eine junge Else Blankenhorn.
Der Blick unstet, wie
verschleichert, ruht in selbstbewusster
Pose. Man kann nur
mutmaßen, wie die Malerin die
Kunstgeschichte und vielleicht
auch ihre Heimatregion noch
geprägt hätte. Else Blankenhorn
starb mit 47 Jahren an
Krebs. Im prachtvollen Müllheimer
Familiengrab liegt sie
bestattet.
Die Ausstellung „Eigensinnige
Welten. Die Malerin Else
Blankenhorn“ im Markgräfler
Museum Müllheim ist noch
bis zum 27. Juni geöffnet. Öffnungszeiten:
Fr.–So., 14–18
Uhr. Besuch nach Voranmeldung.
Weitere Informationen: www.
markgraefler-museum.de
Fabian Lutz
10 KULTUR JOKER KUNST
Fotografin unter Musikern
„Linda McCartney – The Sixties and more“–
Ausstellung in der Kunsthalle Messmer in Riegel
Paul McCartney
Foto: Paul McCartney,
Linda McCartney
Nur wenige Jahre dauerte
ihre Karriere als „Rockfotografin“.
Dennoch hat Linda
McCartney mit ihren Porträts
der Rollings Stones, der Beatles,
von Jimi Hendrix und Janis
Joplin Fotogeschichte geschrieben.
In der aufregenden
Zeit von Mitte der sechziger
Jahre bis zu ihrer Heirat 1969
mit Paul McCartney sind ihre
heute berühmten Aufnahmen
der Swinging Sixties entstanden.
Immer mit natürlichem
Licht und in möglichst entspannten
Situationen hat sie
die später so berühmten Stars
in ihren Anfängen eingefangen.
Der junge Jim Morrison
blickt mit rundlich weichem
Gesicht aus dem Foto und
auch Aretha Franklins Stern
war gerade erst am Soulhimmel
aufgegangen. Janis Joplin
mit ihrer Band – als Farbfoto
– spiegeln mit Peace-Zeichen
und Hippie-Kleidung das
Zeitalter der Blumenkinder
wider. Mit einem Porträt von
Eric Clapton gelang es Linda
McCartney auf das Cover des
Rolling-Stone-Magazins zu
kommen. Zu diesem Zeitpunkt
war sie die erste Frau hinter
der Kamera, der das gelang. Es
gab keine Berührungsängste,
man war jung und interessierte
sich für die gleichen Themen
und Linda gehörte dazu. In
entspannter Stimmung konnte
sie fotografieren, keine Inszenierungen,
wenig Posen, kein
Blitzlicht.
Als Fotografin war Linda
McCartney Autodidaktin. Ihr
Interesse wurde schon früh
geweckt, doch außer einem
Kurs bei der Fotografin Hazel
Archer aus Tucson/Arizona,
brachte sie sich alles, was sie
benötigte, selber bei. Den Sinn
für den richtigen Augenblick,
das Auge dafür hatte sie. Das
ist es was an ihren Fotos immer
positiv hervorgehoben
wird: die Momenthaftigkeit
und das Intime.
Nach ihrer Heirat mit Paul
McCartney war ihre Laufbahn
als Chronistin der Bands zu
Ende. Danach fotografierte sie
ihre Familie, das Haus, Schafe
und die Kinder. Sie wurde Mitglied
bei den „Wings“, Pauls
Band nach den Beatles, spielte
Keyboard und sang. Als überzeugte
Vegetarierin und Tierschützerin
schrieb sie mehrere
Kochbücher und propagierte
die fleischlose Küche. Heute
ist das selbstverständlich, Linda
war eine Vorreiterin.
Die Berühmtheit der Familie
ermöglichte ihr kein normales
Leben mehr in der Öffentlichkeit.
Sie begann aus dem
Auto heraus zu fotografieren.
Die „Roadworks“ sind atmosphärisch
dichte Schnappschüsse
durchs Wagenfenster.
Polaroid-Serien entstanden
und die experimentellen „Sun
Prints“. Einige Abzüge aus
dieser interessanten Serie, die
auf einer alten, im frühen 19.
Jahrhundert entwickelten fotografischen
Technik basiert,
sind auch in der Kunsthalle
Messmer in Riegel zu sehen.
Sonnenlicht spielt bei der Belichtung
die Hauptrolle, eine
Dunkelkammer kommt gar
nicht zum Einsatz.
In der Ausstellung werden
auf elf Räume verteilt 125 Fotografien
gezeigt. Es ist eine
Auswahl aus der Sammlung
von Ina Brockmann und Peter
Reichelt. Vor Linda McCarthys
Tod (1998) konnten sie ihre
Kollektion noch in Absprache
mit der Fotografin zusammenstellen.
Seit einigen Jahren
tourt die Sammlung durch
verschiedene Kunsthallen und
Museen. Letztes Jahr war die
Ausstellung in Oberhausen zu
sehen. Nun haben wir im Südwesten
die Gelegenheit, wenn
die Pandemie es erlaubt, den
ikonischen Bildern der Linda
McCartney und mit ihnen einer
ganzen Ära zu begegnen.
Ein Blick auf die Homepage
der Kunsthalle empfiehlt sich.
Linda McCartney – The Sixties
and more.
Kunsthalle Messmer, Riegel.
Bis zum 04. Juli 2021
Christiane Grathwohl
Janis Joplin in Fillmore
East mit „Ball and
Chain“, NY 1967
Foto: Paul McCartney, Linda
McCartney
Jimi Hendrix, Rheingold
Festival NY 1967
Foto: Paul McCartney, Linda
McCartney
Kunstvoll lachen
Eine Ausstellung in Endingen bringt Besucher*innen mit Kunst zum Lachen
Kein Geheimnis: Die aktuelle
Corona-Lage gibt kaum jemandem
etwas zu lachen. Dabei
gäbe es so viel, das Anlass zur
Lebensfreude und Heiterkeit
bietet. Etwa Kunst. Das dachte
auch Michaela Lucie (MILU)
Dassow, Kunstmalerin und Veranstalterin,
und schrieb prompt
die Ausstellung „Einfach nur
gute Laune!“ aus. Die Resonanz
war mehr als zufriedenstellend:
17 Künstler*innen meldeten
sich zurück – aus dem Bundesgebiet
und Frankreich. Ihr
gemeinsames Ziel: Den Leuten
ein wenig die Zeit zu versüßen.
Zur Verfügung steht MILU
Dassow und ihrem Projekt
dafür der neue Ausstellungsraum
KunstKÖ21 in der alten
Stumpenfabrik in Endingen.
Hier treffen Besucher*innen
auf skurrile, muntere, ausgefallene
Bilder und Skulpturen. Da
zwinkert das Schwarzwaldmädel
verschmitzt, da freut sich der
Fisch, ausgenommen zu werden,
da schreit das Pferd bunt
und wild „Happy“. Und manch
einem stellt es die Haare zu Berge.
Im Bildtitel heißt das dann
„Sturmfrisuren“. Keine schlechte
Ansammlung, die noch dazu
neugierig auf die Werke der unterschiedlichen
Künstler*innen
macht. Entdeckerfreude macht
schließlich auch glücklich...!
Die Ausstellung „Einfach nur
gute Laune!“ hat noch bis zum
24.05.2021 geöffnet. Öffnungszeiten:
Fr., 16–18.30 Uhr; Sa.,
10–14 Uhr; So. 15–17.30 Uhr.
Die Öffnungszeiten werden
nach den geltenden Vorschriften
angepasst.
Weitere Informationen: www.
kö21.de
Christoph Kossmann: „Didi“ Foto: Christoph Kossmann
KUNST KULTUR JOKER 11
Das Modell einer künstlichen Landschaft
Olafur Eliasson gibt in der Fondation Beyeler mit der Installation „Life“ ein Bild fürs Leben
Noch ist kein Wasserläufer
zu sehen. Sind die eigentlich
sensibel gegenüber Farben und
stören sich womöglich an dem
giftig wirkenden Grün? Olafur
Eliasson sollte es wissen,
schließlich liegt ihm schon seit
Jahren an einer Wahrnehmung
von Natur und Kunst, die den
menschlichen Blick zugunsten
eines „biozentrischen“ aufgibt.
Aber vielleicht ist es einfach zu
kalt in diesem Frühjahr. Ein frostiger
Wind liegt in der Fondation
Beyeler über Schwimmfarn,
Entengrütze, Froschbeiß und
Wassernuss. Manche der Wasserpflanzen
sehen ein bisschen
so aus wie vertrocknete Hortensienblütenblätter,
andere wie die
Muschelblume ragen ein gutes
Stück aus dem Wasser. Mitunter
werden sie vom braunen
Steg abgeschnitten, der über die
Wasserwelt führt, so dass sie
aus diesem hervorzuwachsen
scheinen.
Für menschliche Augen nicht
ganz unwesentlich: der dänischisländische
Künstler hat für seine
neue Installation „Life“ die
Glasfassade des Renzo Piano-
Baus entfernt. Was beim Architekten
ein Spiel mit Transparenz,
Museum und Teich
war, nimmt Eliasson nun ernst
und flutet die vorderen Ausstellungsräume.
Claude Monets
Seerosen-Triptychon wird für
Pianos Architektur als auch für
dessen Aufhebung durch Eliasson
Inspiration gewesen sein.
Und so kommt es, dass auf der
leuchtend grün gefärbten Wasserfläche
die unterschiedlichsten
Pflanzen treiben oder aus
Töpfen an die Wasseroberfläche
wachsen. An die Stelle der
Malerei oder die Erinnerung an
Monets Garten in der Normandie
ist nun eine Teichlandschaft
getreten, die bis Mitte Juli –
die Installation hat kein festes
Ende, sondern orientiert sich
am pflanzlichen Wachstum –
noch einige Veränderungen erleben
wird. Nachts geht von ihr
blaues Licht aus und sie wird
dann noch ganz andere Tiere als
Wasserläufer anziehen. Wie
schon öfters hat Olafur Eliasson
mit dem Schweizer Landschaftsarchitekten
Günter Vogt
zusammengearbeitet, gemeinsam
haben sie 2001 etwa einen
Entengrützeteich im Kunsthaus
Bregenz angelegt, auch er war
über einen Steg begehbar.
Olafur Eliasson, der auf Island
aufgewachsen ist und in Berlin
ein Studio mit Fachleuten der
unterschiedlichsten Disziplinen
aufgebaut hat, ist seit den 1990er
Jahren bekannt für aufwändige
Installationsansicht, Fondation Beyeler, Riehen/Basel, 2021
Courtesy of the artist; neugerriemschneider, Berlin; Tanya Bonakdar
Gallery, New York / Los Angeles
© 2021 Olafur Eliasson, Foto: Pati Grabowicz
Installationsansicht, Fondation Beyeler, Riehen/Basel, 2021, Courtesy of the artist;
neugerriemschneider, Berlin; Tanya Bonakdar Gallery, New York / Los Angeles
© 2021 Olafur Eliasson Foto: Pati Grabowicz
temporäre Installationen, die
mit den Mitteln von Technik
und Kultur natürliche Phänomene
und Landschaften nachahmen.
Nicht selten, um auf die
Zerstörung von Lebensräumen
aufmerksam zu machen. Doch
um Menetekel zu sein, sind die
künstlichen Sonnenaufgänge
oder Wasserfälle doch zu ästhetisch
und zu gewaltig. Sie
vereinen eher Menschen in der
Betrachtung von Phänomenen.
Eine solche erhabene Gruppenerfahrung
wird – Corona
geschuldet – „Life“ nicht werden
und als Flanierparcours ist
die Wegstrecke dann doch zu
kurz, auch wenn sie Blicke in
den gegenüberliegenden Park
inszeniert. Wer das Werk dieses
globalisierten Künstlers kennt,
dem dürfte auch die Farbe bekannt
vorkommen. Sie stammt
von Uranin, einer Chemikalie,
die unter anderem dafür
verwendet wird, unterirdische
Wasserverläufe verfolgen zu
können. Sie sieht ziemlich giftig
aus, ist aber harmlos und hat
so auch die Ansprüche der Zürcher
Aktivisten von Extinction
Rebellion erfüllt, als diese vor
drei Jahren die Limmat färbten,
um auf den Klimawandel hinzuweisen.
Und so passt sie auch
in das Oeuvre von Olafur Eliasson,
bewirkt sie doch einerseits
alarmierende Bilder, die für
den schlechten Zustand unseres
Planeten stehen können, andererseits
schafft sie auch faszinierende
Ansichten.
Diese Ambivalenz überlagert
überhaupt das Werk von Olafur
Eliasson, mit dem er weltweit
Erfolge feiert. In seiner Ausstellung
„Symbiotic Seeing“ letztes
Jahr im Kunsthaus Zürich liefen
die Besucherinnen und Besucher
an einer Wand mit unzähligen
Zeitungsausschnitten und
Statements vorbei, die über die
drohende Zerstörung der Samenbank
auf Spitzbergen oder
Solarenergie berichteten. Zuvor
konnten sie durch eine in die
Wand eingelassene Linse, die
den Querschnitt einer Kugelalge
simulierte, auf den Platz vor
dem Kunsthaus schauen, auf
dem die Passanten Kopf standen.
Doch bevor der Mensch
das Bewusstsein der Kugelalge
adaptiert, müssten wohl noch
ganz andere Bewusstseinsveränderungen
vorgehen.
Olafur Eliasson, Life.
Fondation Beyeler, Baselstr.
101, Basel-Riehen. Mo-So 10-
18 Uhr, Mi 10-20 Uhr. Bis Juli.
www.visit.life.fondationbeyler.
ch (mit Live-Kamera)
Annette Hoffmann
12 KULTUR JOKER KUNST
Dehnungsübungen
In der Gruppenschau „Kontamination“ werden Häute durchlässig
Die phönizische Prinzessin
Dido soll mit einer ganz ähnlichen
Haut Karthago gegründet
haben. Anstatt sich eine Fläche
von der Größe einer Kuhhaut
auszubedingen, zerschnitt sie
diese und machte den Streifen
zur Grenze der zukünftigen
Stadt. Im Kunstverein Freiburg
hängt nun in der Ausstellung
„Kontamination“ grob bearbeitetes
Leder über zwei Schnüren,
die an der Galerie befestigt sind.
Es hat wenig mit dem geschmeidigen
Material zu tun, das für
Handtaschen oder andere Accessoires
verwendet wird. Es
ist weniger aufgearbeitet, man
sieht die Spuren und Narben
von Temperaturschwankungen,
Regen, Sonne und Schnee, denen
es draußen ausgesetzt war.
Umrundet man das Leder, steht
man einem Gebilde gegenüber,
das ein bisschen wie ein Tierschädel
mit imposanten Hörnern
wirkt. Für Rindon Johnson
ist die Kuh, insbesondere ihre
Haut, ein aufgeladenes Zeichen.
Denn die Haut ist nicht allein
Membran zur Außenwelt, mit
der wir mit ihr kommunizieren
und uns von ihr abgrenzen.
Der in Berlin lebende Künstler
ist Afroamerikaner. Er kennt
also die verschiedenen Zuschreibungen,
die an der Haut
haften. Und es ist wohl auch
kein Zufall, dass ausgerechnet
die Kuh ein weit gespanntes
Spektrum an Bedeutungen
weckt. Sie war einfach immer
da und ist Gründungsmythos
und Begleiterin unserer Zivilisation.
So ist der Konflikt
zwischen den Reisbauern und
den Fulani-Hirten um Land in
Westafrika letztlich eine Wiederholung
der alten Geschichte
von Kain und Abel, verschärft
durch die Bedingungen des Klimawandels.
Das Leder, so sagt
Johnson, sei ein Nebenprodukt
der Produktion von Fleisch so
wie er selbst ein Nebenprodukt
des Sklavenhandels sei. Allein
diese Analogien zeigen, es geht
um tief sitzende Probleme.
Johnson versucht der industriellen
Tierhaltung – in Eoghan
Ryans Videoinstallation „Truly
Rural“ wird es um den BSE-
Schock gehen – Alternativen
entgegenzusetzen. In seiner
VR-Arbeit „Meat Growers: A
Love Story“ entspinnt sich um
die Erschaffung einer fleischproduzierenden
Pflanze, die
klimaneutral von zwei Avataren
geerntet wird, die Vorstellung
eines weniger ausbeuterischen
Verhältnisses zur Natur. Aber
wissen wir nicht spätestens seit
Donna Haraways Schriften,
dass auch Pflanzen Gefühle
haben?
Obgleich der Titel der Gruppenschau
„Kontamination“ es
nahelegt, betritt man im Kunstverein
Freiburg eine coronafreie
Zone. Doch natürlich spielen die
Erfahrungen des letzten Jahres
mit hinein, wenn die Haut immer
wieder thematisiert wird. In
Hannah Blacks korrespondierenden
Videos „Aeter (Jack)“
und „Aeter (Sam)“ geht es um
veränderte Körpergrenzen.
In überdrehten Farben, die an
eine Infrarot-Kamera erinnern,
erzählt Jack vom Nägelkauen
als einer kindlichen Regression,
derweil Sam von einem
Sportunfall berichtet, der eine
Knochenimplantation notwendig
machte. Black lässt von den
Protagonisten Ausschnitte aus
dem „Manifesto Antropófago“
von Oswald de Andrade einlesen,
das er in den 1920er Jahren
geschrieben hatte. Während der
eine Nägel und Nagelhaut abnagt,
beziehungsweise isst, ist
im Körper des anderen fremdes
Knochenmaterial zur Heilung
eingesetzt worden. So nahe
kommen wir einem anderen
und dem eigenen Körper ansonsten
allenfalls in der Liebe und
beim Sex. Und es überrascht etwas,
dass beides eine Leerstelle
bleibt in einer Gruppenschau,
in der es auch um die Souveränität
von Körpern geht. Wenn
in „Kontamination“ einverleibt
wird, sind es eigene Hautfetzen
oder körperfremdes Material.
Kannibalismus als Avantgarde.
In Mire Lees Skulptur, die von
der Decke hängend den Boden
berührt, wirken die medizinnahen
Tentakel der Schläuche
und Kabel wie eine Erweiterung
des Körpers, hier jedoch
als Ausweitung der Körperzone.
Die Arbeit stößt durch Reibung
mehr und mehr Substanz
ab, gleichzeitig ermöglichen
Flüssigkeiten, die ein wenig an
Vaseline erinnern, dass sie auf
dem Boden ihren Aktionsradius
erweitert. Die Skulptur bewegt
sich in Richtung einer Zukunft,
die von derartigen Hybriden geprägt
sein wird.
Kontamination. Kunstverein
Freiburg, Dreisamstr. 21, Freiburg.
Di-So 12-18 Uhr, Do 12-
20 Uhr. Bis 16. Mai 2021
Annette Hoffmann
Rindon Johnson, View out the slender window: There’s always a hair in the soup somewhere and
some people are looking with a magnifying glass, 2019–fortlaufend, Ausstellungsansicht, Kontamination,
Kunstverein Freiburg, 2021
Foto: Marc Doradzillo
MUSEEN & AUSSTELLUNGEN
FREIBURG
Archäologisches Museum Colombischlössle
- „freiburg.archäologie - Leben vor der
Stadt“-09.01.22
Atelier 4e Galerie
- „Kleine Formate, feine Kunst“-29.05.
Augustinermuseum
- „Der Schatz der Mönche - Leben
und Forschen im Kloster St. Blasien“
-19.09.
Haus der Graphischen Sammlung
- „Spuk! Die Fotografien von Leif
Geiges“-26.09.
Carl-Schurz-Haus
- „Hope, Never Fear“-08.05.
depot.K
- „FrauenGestalten 3 - Gedok Freiburg“-30.05.
E-Werk / Galerie für Gegenwartskunst
- „Regionale21: Songs from the end of
the world“ -25.05.
Faulerbad
- „Kunst auf der Liegewiese“ -12.06.
Galerie G
- „Andrea Hess: Nach Strich und
Faden - Textile Arbeiten“-07.05.
Galerie Marek Kralewski
- „Jochen Damian Fischer: Raum
ohne Fenster“-30.05.
JVA Freiburg
- „Strafraum - Absitzen in Freiburg“
-17.07.
Katholische Akademie
- „Harald Herrmann: Legenden der
Übertreibung - Heilige“-30.07.
Kulturaggregat
- „100 Gute Gründe gegen Atomkraft:
virtueller Raum“ -10.05.
Kunsthaus L6
- „Romina Abate, Nina Laaf: Den
Himmel mit den Ohren riechen“-02.05.
Kunstverein Freiburg
- „Kontamination“-16.05.
Museum Für Neue Kunst
- „Friedemann Hahn: Foresta Nera“
-29.08.
Museum für Stadtgeschichte
- „buochmeisterinne – Handschriften
und Frühdrucke aus dem Freiburger
Dominikanerinnenkloster Adelhausen“
-13.06.
PEAC Museum
- „Nearby - Wie Bilder zeigen“
-22.08.
T66 Kulturwerk
- „regionale21: Emmanuel Henninger,
Jochen Kitzbihler, Ingrid Rodewald“
-29.05.
VHS
- „FrauenGestalten“ 2 - Gedok Freiburg-28.05.
BASEL
Antikenmuseum
- „Von Harmonie und Ekstase. Musik
in den frühen Kulturen“ -19.09.
Fondation Beyeler
- „Rodin / Arp“-16.05.
- „Life von Olafur Eliasson“ -Juli
Haus der elektronischen Künste
- „Shaping the Invisible World: Digitale
Kartografie als Werkzeug des
Wissens“-23.05.
Historisches Museum Basel
- „Grenzfälle - Basel 1933-1945“
.-30.05.
Kunsthalle Basel
- „Lydia Ourahmane: Barzakh“ -16.05.
- „Joachim Bandau: Die Nichtschönen,
Werke / Works 1967-1974“-06.06.
- „Judith Kakon“ -15.08.
Kunsthaus Baselland
- „Nachleuchten. Nachglühen Videoinstallationen
und ihre Wegbereiter“
-24.05.
Kunstmuseum Basel
- „Sophie Taeuber-Arp“ -20.06.
- „Dorian Sari“ -24.05.
- „Continuously Contemporary“-09.05.
Museum Tinguely
- „Impasse Ronsin. Mord, Liebe und
Kunst im Herzen von Paris“ -29.08.
- „Leu Art Family. Caresser la peau du
ciel“-31.10.
- „Bruce Conner. Light out of Darkness“05.05.-28.11.
S AM
- „Access for All. São Paulos soziale
Infrastruktur“-15.08.
ANDERE ORTE
ABU DHABI (AE)
Louvre Abu Dhabi
- „Abstraction and Calligraphy - Towards
a Universal Language“-12.06.
Amsterdam (NL)
Foam Fotografiemuseum
- „Les Adu - I Am“-27.06.
- „Laia Abril: A History of Misogyny,
Chapter Two: On Rape“ -27.06.
Van Gogh Museum
- „Here to stay: A decade of remarkable
acquisitions and their stories“
-29.08.
Augsburg
Galerie Noah
- „Alex Katz“-13.06.
Baden-Baden
Kunstmuseum Gehrke Remund
- „Frida Kahlo: Leid und Leidenschaft“-Dauer
Museum LA8
- „Schön und gefährlich. Die hohe See
im 19. Jahrhundert“-05.09.
Museum Frieder Burda
- „Impressionismus in Russland“
-15.08.
- „James Turrell: Accretion Disc“b.a.w.
Staatliche Kunsthalle
- „Yael Bartana: Resurrection I-II“
-28.06.
- „Jan St. Werner: Encourage The
Stream“12.05.-17.10.
BARCELONA (E)
Museu d’Art Contemporani
- „Felix Gonzalez-Torres: The Politics
of Relation“ -12.09.
BERLIN
Galerie Crone
- „Emmanuel Bornstein“ -05.06.
- „Ashley Hans Scheirl“ -18.06.
Gropius Bau
- „Yayoi Kusama: Eine Retrospektive“
-15.08.
Hamburger Bahnhof
- „Xinyi Cheng“-30.05.
Schwules Museum
- „Intimacy: New Queer Art From
Berlin And Beyond“ -30.08.
BERN (CH)
Alpines Museum der Schweiz
- „Let‘s Talk about Mountains: Eine
filmische Annäherung an Nordkorea“
-03.07.22
Kunstmuseum Bern
- „Werke aus der Sammlung“-30.05.
Zentrum Paul Klee
- „Aufbruch ohne Ziel. Annemarie
Schwarzenbach als Fotografin“
-09.05.
- „Paul Klee. Ich will nichts wissen“
08.05.-29.08.
BIETIGHEIM-BISSINGEN
Städtische Galerie
- „Keine Schwellenangst! Die Tür
als Motiv in der Gegenwartskunst“
-06.06.
bilbao (e)
guggenheim Museum
- „The Roaring Twenties“07.05.-19.09.
Bonn
Bundeskunsthalle
- „Hannah Arendt und das 20. Jahrhundert“-16.05.
- „Aby Warburg: Bilderatlas Mnemosyne
- Das Original“-25.07.
Galerie Burg Lede
- „Benjamin Bronni: Field Works“
-10.05.
BREGENZ (A)
Kunsthaus Bregenz
- „Pamela Rosenkranz: House of
Meme“-04.07.
- „Lois Weinberger“ -04.07.
Vorarlberg Museum
- „2000 m über dem Meer“-27.06.
BREMEN
Kunsthalle
- „The Picasso Connection. The Artist
and his German Gallerist“
-18.07.
- „Herzstücke: Von Kollwitz bis Miró“
-11.07.
BREISACH
Museum für Stadtgeschichte
- „Ausstellung zur Geschichte der
Stadt Breisach am Rhein” (ständig)
BRUCHSAL
Schloss Bruchsal
- „Busy Girl - Barbie macht Karriere“
-13.06.
BRÜSSEL (BEL)
Galerie Templon
KUNST KULTUR JOKER 13
- „Anju Dodiya - Tower of Slowness“
-22.05.
COLMAR (F)
Musée Unterlinden
- „Yan Pei-Ming - Au nom du père“
-06.09.
DAKAR (SEN)
Galerie Cécile Fakhoury‘s space
- „Roméo Mivekannin“-05.06.
DARMSTADT
Kunstforum der TU
- „Hilde Roth: Eine Zeitreise durch
Darmstadt 1950-1990“29.05.-03.10.
DRESDEN
Deutsches Hygienemuseum
- „Im Gefängnis. Vom Entzug der
Freiheit“-31.05.
- „Future Food. Essen für die Welt von
morgen“-26.09.
DÜREN
Leopold-Hoesch-Museum
- „Alice Creischer: Komm, wir gehen
in die Wälder“02.05.-08.08.
DÜSSELDORF
Kunstpalast
- „Caspar David Friedrich und die
Düsseldorfer Romantik“ -24.05.
- „Heinz Mack“ -30.05.
FRANKFURT am main
Museum für Moderne Kunst
- „Sammlung“-30.05.
GRAZ (A)
Neue Galerie Graz
- „Kunst-Kontroversen“-17.10.
- „Ladies First!“ -02.05.
Hamburg
Deichtorhallen
- „Katharina Sieverding“-25.07.
- „William Kentridge“ -01.08.
HANNOVER
Sprengel Museum
- „Lienhard von Monkiewitsch“-30.05.
HEIDELBERG
Sammlung Prinzhorn
- „Grenzgänger zwischen Kunst und
Psychiatrie / Werke der Sammlung
Kraft“-11.07.
Karlsruhe
Badischer Kunstverein
- „Dinge, die wir voneinander ahnen:
21 Künstler*innen“07.05.-04.07.
Badisches Landesmuseum/
Schloss
- „HumAnimal - Das Tier und Wir“
-06.06.
- „Räuber Hotzenplotz Mitmachausstellung
für Familien“ -06.06.
Naturkundemuseum
- „Kosmos Kaffee“-06.06.
Städtische Galerie
- „Verborgene Spuren. Jüdische
Künstler*innen, Architekt*innen und
Fotograf*innen in Karlsruhe“-08.08.
- „Daniel Roth: Stac Lee“-12.09.
- „Peco Kawashima“ -08.08.
- „Wilhelm Loth. Figuration 1949-
1989“-12.09.
ZKM
-“Chiharu Shiota. Connected to Life“
-11.07.
- „BarabásiLab. Hidden Patterns.
Netzwerkdenken“-16.01.22
KIEL
Kunsthalle zu Kiel
- „Zauber der Wirklichkeit. Der Maler
Albert Aereboe“-05.09.
KIRCHZARTEN
Kunstverein Kirchzarten
- „Walter Diedrichs: Retrospektive
zum 90.“-16.05.
KOCHEL AM SEE
Franz Marc Museum
- „Anselm Kiefer: Opus Magnum“
-06.06.
KÖLN
Galerie Drei
- „The Future Never Sat Still“-29.05.
- „Phung-Tien Phan: Daata Fair“
-09.05.
in focus Galerie
- „Anna Halm Schudel: Blossom“
-01.07.
Museum Ludwig
- „Andy Warhol Now“-13.06.
- „Sisi privat. Die Fotoalben der Kaiserin“-04.07.
Parrotta Contemporary Art Gallery
- „Les Fleures du Mal: Wo alles
Ungeheure so wie eine Blume sprießt“
22.05.-01.08.
LEIPZIG
Kunsthalle Leipzig
- „Informal City Park“-28.05.
Museum für Druckkunst
- „Zeit zu drucken“-13.06.
LICHTENSTEIN (LIE)
Kunstmuseum Lichtenstein
- „Werke aus der Hilti Art Foundation“
-10.10.
LÖRRACH
Dreiländermuseum
- „Kunst und Nationalsozialismus“
-11.07.
- „Gefeiert und gefürchtet“ -11.07.
MADRID (E)
Museo Reina Sofía
- „Trilogía marroquí“-27.09.
Mannheim
Kunsthalle Mannheim
- „Grenzenlos – Michael Buthes
Künstlerbücher“-13.06.
- „Anselm Kiefer“-22.08.
Reiss-Engelhorn-Museen
- „In 80 Bildern um die Welt“-04.07.
- „Jörg Brüggemann: Wie lange noch“
-24.05.
MARCH
Kunstverein March
- „Skulptour - Der Kunstweg. Optische
Mitte. 8 KünstlerInnen“ -01.08.
MERZHAUSEN
Kulturverein artisse e.V.
- „Christel A. Steier: Autonome Räume
- Innere Landschaften“-07.06.
METZ (F)
Centre Pompidou
- „Chagall. Überbringer des Lichts“
-30.08.
- „Aerodream. Architektur, Design und
Aufblasbare Strukturen 1950-2020“
-23.08.
MOSKAU (R)
Staatliche Tretjakow-Galerie
- „Träume von Freiheit. Romantik in
Russland und Deutschland“-08.08.
MÜLLHEIM
„Eigensinnige Welten. Die Malerin
Else Blankenhorn“ im Markgräfler Museum
-27.06.
MÜNCHEN
Lenbachhaus
- „Michaela Eichwald“-16.05.
- „Unter freiem Himmel. Unterwegs
mit Wassily Kandinsky und Gabriele
Münter“-30.01.22
Pinakothek
- „Nicholas Nixon. The Brown Sister,
1975-2020“-11.07.
- „Francis Alÿs: Re-Enactments“
-05.09.
Villa Stuck
- „Bis ans Ende der Welt und über
den Rand – mit Adolf Wölfli“ -25.07.
- „Lee Mingwei: Li, Geschenke, Rituale“13.05.-12.09.
PARIS (F)
Galerie Templon
- „Gérard Garouste“ -19.06.
- „Iván Navarro“ -15.05.
OFFENBURG
Städtische Galerie Offenburg
- „Peter Bosshart“ -20.06.
RIEGEL
Galerie Messmer
- „Richard Dubure: Today or not
„Spielen strengstens erlaubt“
Mitmachausstellung „Räuber Hotzenplotz“ im Badischen Landesmuseum
Karlsruhe
today“-04.07.
Kunsthalle Messmer
- „Linda McCartney: The Sixties and
more“-04.07.
ROTTWEIL
Erich Hauser Kunststiftung
- „Sammlung“-ständig
SALZBURG (A)
Fotohof archiv
- „Bilder aus dem Archiv“-03.06.
SINDELFINGEN
Schauwerk
- „There is another way of looking at
things“-24.05.
SPEYER
Historisches Museum der Pfalz
- „Medicus: Die Macht des Wissens“
-13.06.
- „Der Grüffelo“-27.06.
STAUFEN
Galerie K
- „Restart 2.1“b.a.w.
Keramikmuseum
- „Jochen Rüth - KraftSpuren“-16.05.
- „Andreas Steinemann: Der perfekte
Schnitt“21.05.-04.07.
STRASBOURG (F)
Archäologisches Museum
- „Archäologische Sammlung“-28.06.
Museum für bildende Kunst
- „Wofür wurden Bilder gemalt, als es
noch keine Museen gab?“-02.08.
ST. Gallen (CH)
Kunstmuseum
- „Erker“ -21.11.
- „Welt am Draht“ -29.08.
Museum im Lagerhaus
- „Durch die Linse: Fotografien aus
dem Psychatriealltag“-11.07.
ST. Märgen
Kloster Museum
- „Holzräderuhren“-2021
STUTTGART
Kunstmuseum
- „Wände | Walls“-30.05.
- „Frischzelle_27: Claudia Magdalena
Merk“-19.09.21
- „Kamm, Pastell und Buttermilch“
-26.09.
Landesmuseum
- „Fashion?! Was Mode zu Mode
macht“-24.04.22
Schacher - Raum für Kunst
- „Jan Jansen, Marc Dittrich – Stadtwerk“-08.05.
Staatsgalerie
- „Mit allen Sinnen! Französischer
Impressionismus“-04.07.
- „Joseph Beuys. Der Raumkurator“
-18.07.
- „Trotz allem. Fred Uhlman. Ein
jüdisches Schicksal“ 21.05.-12.09.
TÜBINGEN
Art 28 Gallery
- „90 Jahre Janosch“-28.08.
Kunsthalle
- „Karin Sander“-04.07.
ULM
Kunsthalle Weishaupt
- “Intermezzo - Die Sammlung als
Zwischenspiel“b.a.w.
VADUZ (LIE)
Landesmuseum Lichtenstein
- „Hexenjagd in Papua-Neuguinea“
-09.05.
WALDENBUCH
Museum Ritter
- „Heinz Mack. Werke im Licht (1956-
2017)08.05.-19.09.
WEIL AM RHEIN
Vitra Design Museum
- „Deutsches Design 1949–1989:
Zwei Länder, eine Geschichte“-05.09.
- „Memphis. 40 Jahre Kitsch und
Eleganz“-23.01.22
Wien (A)
Belvedere
- „Johann Jakob Hartmann“-29.08.
- „Christine und Irene Hohenbüchler“
-12.09.
Kunstforum
- „Gerhard Richter: Landschaften“
-07.03.
- „Daniel Spoerri“-27.06.
MUMOK
- „Andy Warhol Exhibits“-30.05.
- „Hugo Canoilas. On the extremes of
good and evil“ -20.06.
„Defrosting the Icebox“ -30.05.
WINTERTHUR (CH)
Fotomuseum
- „Eva & Franco Mattes: Dear Imaginary
Audience“-24.05.
WOLFSBURG
Kunstmuseum Wolfsburg
- „In aller Munde. Von Pieter Bruegel
bis Cindy Sherman“-06.06.
- „Macht! Licht!“-10.07.
- „Mischa Kuball. ReferenzRäume“
08.05.-19.09.
ZÜRICH (CH)
Kunsthaus
- „Gerhard Richter. Landschaft“-25.07.
- „Preview: Chipperfield-Bau“ -24.05.
- „Hodler, Klimt und die Wiener Werkstätte“21.05.-29.08.
Migros Museum für Gegenwartskunst
- „Potential Worlds 2: Eco-Fictions“
-09.05.
Museum Haus Konstruktiv
- „Reset - Museum. Sammlung.
Zukunft.“-16.05.
Photobastei
- „Zürich - Schwarz auf Weiss“
-06.12.
„Spielen strengstens erlaubt“
verkündet ein Schild in der
Ausstellung. Weder Groß noch
Klein werden sich das zwei
Mal sagen lassen, sobald sie
den Vorhang durchquert haben.
Dahinter hat das Badische
Landesmuseum im Karlsruher
Schloss die Welt eines der bekanntesten
Helden deutscher
Kinderbücher entfaltet: willkommen
bei „Räuber Hotzenplotz“.
Bäume, handgesägt
und handbemalt, locken zum
Erkunden der Mitmachausstellung.
Zwischen den Bäumen
liegen Räume, so liebevoll
detailliert gestaltet, dass
man meint, einfach durch die
Illustration hindurch direkt ins
Buch gehen zu können. Denn
die Zeichnungen von F. J. Tripp
sind ebenso ikonisch wie die
Charaktere von Otfried Preußlers
Kinderbuchklassiker, und
die Ausstellung baut direkt auf
Tripps Bilderwelt auf.
Also, nichts wie hinein in
Großmutters gute Stube, einladend
für’s Kaffeekränzchen
gedeckt. Aber, oh Schreck,
Hotzenplotz, der Räuber mit
den sieben Messern, war da
und hat ihre Kaffeemühle gestohlen.
Dringend muss er
verfolgt werden! Für Kinder
wird es ein Heidenspaß, der
ausgelegten Spur zu folgen
und dabei eine Reihe von Aufgaben
zu lösen. Der Einsatz
von falschem Gold ist da noch
das Mindeste… Hinter jeder
Biegung öffnen sich neue Räume
in neue Welten, jede davon
ist aufregend für die Kleinen
und einfach hinreißend für die
Großen. Eine Theatermalerin
hat, extra für das Badische
Landesmuseum, den Kulissen
den letzten Schliff gegeben.
Jedes Detail stimmt, wie zum
Beispiel die alten Telefone und
die Grammophone, die man
ankurbeln muss.
Raffiniert wird die Spannung
aufgebaut und gesteigert.
Schon das Reich der Fee liegt
in geheimnisvollem Halbdunkel.
Und dann erst das Zauberschloss
des unheimlichen
Magiers Petrosilius Zwackelmann!
Überall schauen Augen
auf die ungebetenen Gäste, die
sich hinein schleichen wollen.
In Zwackelmanns Studierzimmer
möchte man sich am
liebsten ein Buch aus dem Regal
holen, sich auf den thronartigen
Stuhl des Zauberers
setzen und lesen – aber vorher
muss unbedingt noch eine Befreiungsaktion
gestartet werden.
Doch flog da nicht eben
eine Gestalt durch das Blickfeld?
Die Mitmachausstellung „Räuber Hotzenplotz“ bietet großen
und kleinen Besucher*innen einen besonderen Museumsbesuch
Fotos: Badisches Landesmuseum
Es ist schwer zu sagen, wer
mehr Spaß an dieser zauberhaften
Ausstellung hat, die
Kinder oder die Erwachsenen.
Das Badische Landesmuseum
hat „Räuber Hotzenplotz“
vom Landesmuseum Stuttgart
übernommen, aber komplett
neu aufgebaut und der eigenen
Ausstellungsfläche von über
500 Quadratmetern angepasst.
Außerdem sind im Eingangsbereich
Informationen über
Otfried Preußler sowie Zitate
aus Briefen seiner jungen
Leser*innen an ihn zu sehen
und Zitate aus den Antwortbriefen
des Autos. So gewinnt
man eine Vorstellung davon,
wie Preußler gearbeitet hat.
„Räuber Hotzenplotz“, Badisches
Landesmuseum Karlsruhe.
Bis 06. Juni 2021
Nike Luber
14 KULTUR JOKER VISION 2025
Herrmann in der Kirche
Neue sakrale Arbeiten des Freiburger Künstlers HH
Wo treffen Menschen auf
Kunst? Zunächst natürlich in Museen
und Ausstellungshäusern, in
Galerien, die besonders Interessierten
dann in privaten Sammlungen,
auf dem Kunstmarkt, bei
Messen und Auktionen. Öffentlich
präsent sind seit jeher der
urbane Raum, die Agora, große
Plätze, Garten- und Parkanlagen,
Gebäudefassaden. Zumindest
halböffentlich bleiben, je nach
Zugänglichkeit, Kunstwerke in
Verwaltungsgebäuden, Palästen
und Residenzen. Und schließlich
kommen die sakralen Orte hinzu:
Nekropolen seit der Antike, Friedhöfe
heute – und eben Tempel und
Heiligtümer, also in der Moderne:
Kirchen. Hier spielt sich ein Gutteil
der Hochkunst ab. Von der
Sixtinischen Kapelle Michelangelos
über Baldung Griens Altar
im Freiburger Münster reicht das
bis in die Gegenwart zu Gerhard
Richters Kirchenfenstern.
Und da kommt Harald Herrmann
ins Spiel. Der gebürtige
Schwarzwälder (Wolfach, 1954)
verschreibt sich schon längst vorrangig,
auch bei Kunst-am-Bau-
Projekten, den theologischen
Themen. Zuletzt, bei der Evangelischen
Christuskirche in der
Wiehre, die 2015/16 umfassend
restauriert wurde: Sehr kalt und
hell, wenig wärmelnd empfängt
der historistische Bau von 1891
die Besucher seitdem. Man mag
das kritisieren, manche tun es
auch, aber Herrmanns Arbeit,
eine kühle hellblaue Hinterfangung
des Altarraums unterstreicht
das Ensemble nurmehr. Hier zeigt
sich folglich sein Credo: die gegebene
Architektur zu verstehen,
aufzugreifen und zu „bespielen“,
wie er selbst sagt, – nicht brutalistisch
Kontrapunkte zu setzen.
Derzeit bietet der Künstler, beinahe
synchron, in drei Kirchen
und zwei kirchennahen Instituten
eine ganze Ausstellungsserie. Der
Start fand vorösterlich statt und ist
inzwischen abgebaut: in der Günterstäler
Liebfrauenkirche gab es
die Acrylbilder-Serie „Passio“,
erneut zentral hinter dem Altar.
Im Kreuzgang von St. Martin am
Rathausplatz hängen drei Bilder,
nicht aus der Distanz schaubar,
sondern im Vorbeischlendern,
wie es der Architektur entspricht,
zum Thema „Effata“: angespielt
ist auf Jesu Taufe eines Taubstummen,
berichtet im Markusevangelium.
‚Öffne Deine Sinne‘ lautet
der Appell hier.
Ebenfalls liturgisch definiert ist
die Intervention „Maria voll der
Gnade“ in der ökumenischen Kirche
im Rieselfeld und „Maria von
Magdala“. Beide Mariengestalten
inspirieren. Diejenige der sog.
Jungfräulichen Geburt erscheint
in fünf großformatigen Arbeiten
als Unterleib. Die Kontrahentin
Maria Magdalena, die Zeugin
der Auferstehung, schon früh als
„Apostelgleiche“ verehrt, gehörte
für Herrmann zwingend zum
Konzept dazu – und hätte ja auch
so gut in dies Gotteshaus gehört.
Doch die Gemeinde lehnte diesen
komplementären Part (ärgerlicherweise)
ab. Umso wichtiger,
dass wir eine der Arbeiten des
zweiteiligen Zyklus hier abbilden
können: Brust und Vulva, teils
klar, teils umspielt, bestimmen
das Bild; rechts die kräftige blutrote
Pinselspur als Zeichen von
Erotik, Kraft und Verletzlichkeit,
links die Dreiviertel-Silhouette
einer Löwin, größte Räuberin und
Beschützerin der jungen Mädchen
zugleich, wie schon die Göttin
Artemis in der griechischen Antike.
Parallel begleitende Ausstellungen
im Karl-Rahner-Haus und
in der Katholischen Akademie
liefern gleichsam die Erläuterung
im breiteren Schaffenskontext
Herrmanns. Wobei nicht im
Atelierlager gestöbert wurde, um
Verwaltungsgebäude zu bestücken.
Herrmann betont, dass er
Harald Herrmann: „Maria von Magdala“ 2021
konkret für die Raumsituatio-nen
produziert hat, insgesamt eineinhalb
Jahre lang. Die alttestamentarische
Hiob-Figur, auch Maria
Magdalena und Judas begegnen
uns da, allesamt Exempel des
Generalthemas. „Legenden der
Übertreibung – Heilige“ heißt
das Projekt. Mit den christlichen
Legenden verhält es sich kaum
anders als mit den Mythen der
alten Griechen: je nach Bedarfslage
und punktueller (meist politischer)
Intention der Autoren
wurden sie variiert und geradezu
beliebig ausgeschmückt. Das hat
der Künstler wahrgenommen; insofern
steckt in dem von ihm gewählten
Begriff „Übertreibung“
Foto: Roland Krieg
auch eine kritische Haltung, die
er an die Kirche zurückwendet.
Tradierte Narrative gilt es stets
neu zu überprüfen. Gerade heute.
Harald Herrmann signiert nicht
als Monogrammist. Doch er
könnte es sich leisten, sein Name
hat sich als Signet längst in die
Kunstlandschaft eingedrückt.
Infos: St. Martin, Kreuzgang.
Karl-Rahner-Haus, bis 20. Juli
2021.
Katholische Akademie, bis 30.
Juli 2021.
St. Maria Magdalena, ab 15.
Mai 2021.
Martin Flashar
70 Jahre Kunst am Bau – Bundesbauministerium legt Zeugnis ab
Der politische Prozess begann
im Juni 1928, als ein
Ministererlass der Weimarer
Regierung bei staatlichen Bauten
das Engagement forderte,
um Bildenden Künstlern aus
finanziellem Engpass zu verhelfen
und ihnen Aufträge zu
verschaffen. Der etwas sperrige
Titel hat sich bis heute
gehalten, wobei „am“ ebenso
„neben“, „bei“ und „im“ meint.
Die Kunstpolitik der NS-Zeit
desavouierte das Programm, so
dass erst ein zögerlicher Neuanfang
in Zeiten des Wiederaufbaus
kam. Doch schon 1950
beschlossen beide deutsche
Staaten, ein Jahr nach ihrer
Gründung, mit der Auflage entsprechender
Kunstförderung.
Das gab Anlass für das verantwortliche
Bundesbauministerium,
eine Ausstellung zum
Jubiläums-Thema sowie einen
begleitenden, opulenten Katalog
auf den Weg zu bringen.
Darin sind die großen Etappen
der Kunst am Bau bestens
dargestellt. Stets geht es um die
Balance zwischen ästhetischem
Dialog mit der geplanten Architektur,
möglichem Rekurs auf
Inhalte und Zweckbestimmung
der betreffenden Gebäude sowie
die Einbettung in den urbanistischen
Kontext. Inzwischen
gilt unstrittig: „Kunst am Bau
ist ein wesentliches Element
der demokratischen Kultur (…)
Sie bezieht zu den Themen unserer
Zeit Stellung und ist eine
besonders nachhaltige Möglichkeit,
die Umwelt zu humanisieren
und im Sinne heutiger
Baukultur aufzuwerten“ (Katalog).
Hotspot der Politik war nach
der Wiedervereinigung natürlich
Berlin. Das Kanzleramt
birgt seitdem mannigfaltige
Kunst. Vor dem Axel Schultes-
Bau posiert, tagtäglich in den
Nachrichten, die große Cortenstahl-Plastik
von Eduardo
Chillida: „Berlin“, als Symbol
der Annäherung zweier vormals
getrennter Einheiten. Im
Innern, am Treppenaufgang
steht Lüpertz‘ „Philosophin“,
vorahnend als Sinnfigur weiblicher
Führungskraft im Staat,
mit klassischem Nachdenklichkeitsgestus
der an das Kinn
geführten Linken. In dem Katalogbuch
sind weitere Etappen
des Programms dokumentiert
und historisch aufgearbeitet.
Die wesentliche Zäsur gibt eine
Richtlinie des Bundes aus dem
Jahr 2005 (2012 aktualisiert),
wonach, je nach Höhe der Bauwerkskosten,
zwischen 0,5 und
1,5 Prozent aus dem Bautitel
für Kunst eingesetzt werden
sollen. Dies gilt zugleich als
Memento an Länder und Kommunen.
Die Vorgabe des Bundes ist
ein deutliches Signal auch an
die Stadt Freiburg, die in den
letzten Jahrzehnten nur sehr
zögerlich – meist mit Verweis
auf knappe Finanzen – Kunstam-Bau-Maßnahmen
umsetzte.
Die Ausstellung wandert.
Infos: Ute Chibidziura –
Constanze von Marlin, 70 Jahre
Kunst am Bau, Katalog, 316
Seiten, Deutscher Kunstverlag
2020, 45 Euro.
Martin Flashar
Markus Lüpertz: „Die Philosophin“,
Bronze 1998/2001,
Bundeskanzleramt Berlin
Foto: privat
KUnst KULTUR JOKER 15
Ein Zeremonienmeister der Sprache
Marcel Beyer erhält für seinen „Dämonenräumdienst“ den Peter-Huchel-Preis
Alles ist anders, als es einmal
war. So wird auch die diesjährige
Preisverleihung nicht
wie seit jeher am 3. April, dem
Geburtstag des Lyrikers Peter
Huchel (1903-1981), stattfinden,
sondern voraussichtlich
am 21. Mai in Staufen öffentlich
nachgeholt werden. Zusammen
mit Marcel Beyer soll
bei dieser Gelegenheit auch der
letztjährige Preisträger Henning
Ziebritzki nachträglich
noch für seinen Gedichtsband
„Vogelwerk“ geehrt werden.
Die Veranstaltung war 2020,
wie so vieles, durch Corona
verhindert worden.
Der Peter-Huchel-Preis für
deutschsprachige Lyrik wird
jeweils für einen im voran
gegangenen Jahr erschienen
Gedichtband vergeben, den
eine Jury als herausragend erachtet.
Während es mit dem
Tübinger Henning Ziebritzki
zuvor einen kaum bekannten
Autor traf, ist es diesmal der
schon vielfach ausgezeichnete
Marcel Beyer, der 1965 in
Tailfingen geboren wurde und
lange schon in Dresden lebt.
„Dämonenräumdienst“ ist ein
weiteres Kabinettstück seiner
Lyrik, im Jahr des Erscheinens
2020 von der Kritik allseits
hoch gelobt. Ein Höhepunkt
seiner Karriere war schon
der Georg-Büchner-Preis, der
ihm 2016 für ein Werk verliehen
wurde, welches Romane,
Gedichte und Essays enthält
und in nunmehr über drei
Jahrzehnten entstanden ist.
Ein ungewöhnliches, äußerst
eigenwilliges Werk ist es, in
dem die Welt auf wundersame
Weise bekannt erscheint und
durch eine kunstvolle, irisierende
Sprache surreal verwandelt
wird und neu betrachtet
werden will. Von Anfang an
setzte sich der Schriftsteller
und Dichter mit der deutschen
Geschichte, insbesondere mit
der NS-Zeit auseinander, mit
der Erinnerung an die eigene
Kindheit, an Mythen und
Märchen, die Stationen seiner
Sozialisation. Es ist immer ein
poetisches Nachspüren, durch
das auch der Irrsinn und Irrwitz
unserer Epoche zum Vorschein
kommt.
Mit seinem „Dämonenräumdienst“
bewegt sich Marcel
Beyer einmal mehr durch ein
anscheinend vertrautes, doch
letztlich vermintes Gelände.
Man gerät unversehens in
ein Zwielicht, wo Untote und
Wiedergänger herumirren,
Gespenster der Geschichte,
Gestalten der Popkultur und
manch traurig-komischer Held
(„Der Mann mit dem schiefen
Maul“). Es entstehen unheimliche
Szenerien, hervorgerufen
Peter-Huchel-Preisträger Marcel Beyer
durch das, was dem Dichter so
alles durch den Kopf geht und
geistert, womit er spielt und
frei assoziiert - was eben die
Suchmaschine in seinem Kopf
so alles hergibt („Mir glüht der
Schädel in allen Fasern...“).
Doch mit diesen Turbulenzen
geht Marcel Beyer sicher um
wie ein Zeremonienmeister,
der auf seine sprachliche Virtuosität
bauen kann. Was ebenfalls
ein Überborden verhindert,
ist eine gleichmäßig festgelegte
Form, in der die Poesie
wild wuchern kann. Alle Gedichte
sind vierzig Verszeilen
lang und in jeweils zehn vierzeilige
Strophen unterteilt. Das
schafft beim Durchblättern des
umfangreichen Buches einen
einheitlichen optisch-graphischen
Eindruck, ein Bild, das
aber Ordentlichkeit nur vortäuscht.
Denn: „Geister sind
das hier in deiner / Bude, deren
letzten Winkel / die Tchibo-
Taschenlampe nicht erfasst...“
Manchmal fühlt man sich
etwas hinters Licht geführt.
Ein Schabernack um uns zu
überlisten, die Dinge mit andern
Augen sehen zu sollen?
Doch viele der Gedichte bleiben
durch ihre Schrägheit, die
sprachlichen Verschränkungen
zunächst ziemlich unzugänglich.
Den wilden, grotesken
Vorgängen ist oftmals erst
durch wiederholtes Lesen beizukommen.
Die Wirklichkeit
Foto: SWR
wird hier nicht abgebildet,
sondern lustvoll und spielerisch
durcheinander gewirbelt
zu einer womöglich größeren
Kenntlichkeit oder Erkenntnis.
Stringenz muss hier nicht
unbedingt ein Kriterium, und
Poesie sowieso nicht vernünftig
oder politisch korrekt sein,
und das ist gut so. Mit seinen
kunstvollen, kühnen Spracheskapaden,
dem Jonglieren mit
sprachlichen Versatzstücken
und Verweisen auf Alltagsgegenstände
(„Ratansofa“) erschafft
Marcel Beyer eine ganz
eigene Welt, die bei aller Verquertheit
oder vielleicht gerade
dadurch, viel mit der unseren
zu tun hat. Sein „Dämonenräumdienst“
erweist sich als
ein Geschäft ohne Ende, denn
da geht es um die Entsorgung
von allerlei Sprach- und Zivilisationsmüll.
So heißt es in
dem Gedicht „Kosmos“: „...
ein Jahrzehnt nach dem andern
will / uns mit seinem Abfall unter
/ sich begraben, Großeltern,
Eltern / und Kind. Im Kopf der
ganze / Weltraumschrott aus
fernen vierzig / Jahren. Und
keiner räumt / etwas weg. Was
bleibt uns für eine / Wahl, wir
müssen ins All ...“
Doch bleiben wir auf dem
Boden, lassen wir uns ein aufs
irdische Treiben. Dort begegnen
wir dem Modedesigner
Rudolph Moshammer mit den
bekannten Stirnlocken, wie er
seinen Yorkshire Terrier Daisy
durch einen Münchner Abend
trägt, bis zu seinem bitteren
Ende. Oder Hildegard Knef,
die nach allerlei Verrichtungen
endlich im Regenmantel und
mit Sonnenbrille das Haus verlässt
und ins Auto steigt, um
nach Berchtesgaden zu ihrer
Wunderheilerin zu düsen. Und
noch viele andere Figuren aus
Vergangenheit und Gegenwart,
Populär- und Hochkultur geben
sich wie in einem Panoptikum
ein Stelldichein. Manchmal
tritt auch ein „lyrisches
Ich“ deutlich hervor, doch
gleich versteckt es sich wieder
hinter Masken und spricht, auf
Dämonenart, mit vielen Zungen.
Selbst Vertreter aus der
Tierwelt melden sich zu Wort,
ein Hund, ein Affe, sogar eine
Gemeine Küchenschabe. „Der
Dichter arbeitet als Reh / im
Innendienst...“, wird in dem
Gedicht „Bambi“ vermeldet.
Die Titel der Gedichte bezeichnen
zumeist nur die Namen
der Dinge, Themen, Tiere
und Pflanzen, um die es, mehr
oder weniger, geht. Immer
zuverlässig sind es außergewöhnliche
Betrachtungen, die
in unerhörte Zusammenhänge
gebracht werden. Selbstironisch
hofft der Dichter: „... ich
schreibe diese Gedichte / wie
ein Kind, das heimlich / tut
und einfach froh ist, wenn /
niemand mit ihm schimpft.
Unter den Texten, die dann
doch durch ihre Geschlossenheit
und Eindrücklichkeit
hervorzuheben sind, findet
sich neben dem „Moshammer“-
und dem Knef-Gedicht
(„Benzin“) eines mit dem Titel
„Schwermut“, das einen Sommer
im Leben des Heranwachsenden
beschreibt: „Ich lernte,
es ist nie zu spät für einen /
Neuanfang in Flandern. Ein
Bild aus / der Zuchtstation,
das man nicht vergisst: / Der
Blick des Fohlens Frantic,
hinter / Glas. Ich las in jenem
Sommer / Pferdekrimis, einen
nach dem andern.“ Auch
„Depot“ ist ein weiteres unter
jenen Gedichten, die sich besonders
einprägen. Da werden
wir mit hinunter genommen in
die Abstellkammer eines imaginären
Museums, wo Werke
lagern, „die kein Lebender /
je zu Gesicht bekommen hat,
für immer / ins Dunkel geschobene
Tafelbilder, ohne /
Blick verräumte Skizzen und
Studien...“ Darunter „Schongauers
erfrorene Hände, Goyas
ausgeschütteter Wein... „ Und
nicht zu vergessen: „Dieser
fein gezeichnete / Tausendfüßler,
vom siebenjährigen Goethe
/ mit dem Fingernagel in ein
Stück Schiefer / gekratzt: Nur
die Sprache noch kann sich / an
ihn klammern...“
Der Gedichtband ist in fünf
Kapitel unterteilt, besonders
im letzten ist Marcel Beyer
ganz in seinem Element. Es
ist ein Zyklus unter dem Titel
„Die Bunkerkönigin“, in dem
stufenweise abgetaucht wird in
die Untiefen deutscher Kriegsund
Nachkriegsgeschichte.
„Bei Nacht bin ich in den leeren
/ Bunker gestiegen. Ich
räume / auf vor dem inneren
Auge / und lasse die Moorbrühe
/ aus dem Betonboten sprudeln,
/ vergrabe die Finger im /
Moos, das die Wände rundum
/ überzieht. Ich phantasiere...“
Es ist ein gewissermaßen archäologisches
Graben, durch
das Zeitgeschichte, bei aller
Glitschigkeit, dinglich und
habhaft gemacht wird. Was
Marcel Beyer in diesen Phantasmagorien
zur Sprache
bringt, gehört zum Stärksten
dieses insgesamt außergewöhnlichen,
auf seine Art
unerschöpflichen Werks. Am
Ende stellt sich zum „Dämonenräumdienst“,
nimmt man
den Titel wortwörtlich, nur
noch die Frage: Treibt hier einer
seine Dämonen aus, oder
beschwört er sie erst herauf?
Ganz wie Goethes „Zauberlehrling“,
der die Geister rief
und sie nicht mehr los wurde?
Marcel Beyer: Dämonenräumdienst.
Gedichte. Suhrkamp
Verlag, Berlin 2020. 173
Seiten, 23 Euro.
Peter Frömmig
Wolfgang Benz
Vom Vorurteil
zur Gewalt
ONLINE-Vortrag: Feindbilder
in Geschichte und Gegenwart
Mi. 5. Mai 20 Uhr
www.erwachsenenbildungfreiburg.de
Tel. 0761-70863-42
16 KULTUR JOKER Kultour/Literatur
Ein Leben mit einem Zukunftsdefizit
Im Gespräch mit Georgi Gospodinov
Der bulgarische Schriftsteller
Georgi Gospodinov hat
als “eine einzigartige Stimme
der europäischen Literatur“
den Usedomer Literaturpreis
2021 gewonnen. „Sein Werk
– fragmentarisch, voller
Melancholie und Eindringlichkeit
– schöpft aus den
besten Traditionen mitteleuropäischer
Prosa mit ihrem
unbändigen Bedürfnis, aufeinanderfolgende
Schichten
menschlicher Erfahrung aufzudecken“,
rühmt die Jury
den Autor. Der mit 5.000
Euro dotierte Literaturpreis
beinhaltet auch einen vierwöchigen
Aufenthalt in der
wunderschönen Gegend der
Ostseeinsel Usedom, die mit
Maxim Gorki, Theodor Fontane
und Thomas Mann ihre
literarische Geschichte hat.
Georgi Gospodinov ist
der Autor von „Natürlicher
Roman“ und „Physik der
Schwermut“, 15 Gedichtbänden
und Theaterstücken,
Gewinner mehrerer europäischer
Preise und des PEN
American Translation Prize.
Seine Bücher wurden in
mehr als 25 Sprachen übersetzt.
Viktoria Balon hat Georgi
Gospodinov per Zoom
interviewt.
Kultur Joker: Was bedeutet
für Sie der Usedomer Literaturpreis?
Georgi Gospodinov: Es ist
ein sehr spezifischer Preis für
mich. Er wurde von einer Jury
vergeben, in der meine Lieblingsautorin
Literaturnobelpreisträgerin
Olga Tokarczuk
den Vorsitz hat. 2012 war sie
selbst eine der ersten Preisträgerin
in Usedom. Der zweite
Grund ist, dass all diese Autorinnen
und Autoren, die vor mir
diesen Preis erhalten haben,
wirklich gute Schriftsteller
sind und ich glaube wir teilen
in mancher Hinsicht dieselben
Gefühle und Anschauungen,
und sogar die Art des Schreibens.
Außerdem war es auch
das erste Mal, dass ich einen
Preis von einer Insel bekommen
habe.
Kultur Joker: Ihr neuer Roman
heißt „Времеубежище“- so
was etwa wie „Zeitschutzbunker“.
Schon wegen diesem
witzigen Namen würde ich ihn
lesen. Er ist leider noch nicht
ins Deutsche übersetzt. Können
Sie ein paar Worte über den
Plot sagen?
Gospodinov: Der Roman wurde
im April letzten Jahres
mitten im Lockdown veröffentlicht,
und es war eine sehr
spezielle Zeit, um so einen Roman
zu publizieren. Er handelt
von einem Charakter Namens
Gaustin, der auch in den anderen
Büchern von mir erscheint.
Und dieser hat nun die geniale
Idee, eine Klinik für die Vergangenheit
zu gründen und
dort die Räume für die 60er
oder für die 70er, 80er (usw.)
Jahre zu gestalten. Dies soll
Menschen mit Alzheimer heilen,
denn das Interior der Räume,
all die alte Musik, die Gerüche
usw. könnten die verloren
gegangenen Erinnerungen der
Alzheimer Patienten wieder
aufleben lassen. Eigentlich ist
es eine Art neue Therapie, aber
dann möchte Gaustin etwas
Größeres... Er gründet eine
ganze „Alzheimer-Stadt“ und
nicht nur für die Alzheimer
Patienten, sondern für alle
Leute, die in einem vergangenen
Zeitalter leben möchten.
Zum Beispiel in den 60er oder
70er, als das Leben glücklich
war. Es entstehen Städte
der Vergangenheit, und dann
kommt ein Moment, an dem die
europäischen Politiker ein Referendum
machen wollen, das
das glücklichste Zeitalter bestimmen
soll. Also sollten die
Leute aus den verschiedenen
Ländern, Deutschland, Frankreich,
Bulgarien, Schweden
usw. für das glücklichste Zeitalter
ihres Landes abstimmen.
Und das ist der Punkt an dem
sich der Roman als eine Art
Dystopie herausstellt, der ein
Leben mit einem Zukunftsdefizit
beschreibt. Schon jetzt ist
die Zukunft nicht mehr greifbar,
vermisst oder abgesagt.
Wir sind wie die Leute, die in
einem großen Flughafen stehen
und sehen: bei London, Berlin,
Sofia – überall nur „abgesagt“,
„abgesagt“ oder „verspätet“.
Das ist mein Gefühl für Europa
und die Welt in den letzten
Jahren: Es war eine Art Angst
in der Luft.
Kultur Joker: Was hat Sie zum
Schreiben Ihres neuen Buches
veranlasst?
Gospodinov: Ich begann mit
dem Schreiben meines Buches
vor etwa 5 Jahren und ich
wollte über dieses Zeitalter der
Angst berichten. Im Roman
gibt es einen Satz über das
Virus der Vergangenheit. „Das
Virus der Vergangenheit wird
kommen und es wird passieren
wie mit der Spanischen Grippe
1918.“ Ich denke die Situation,
in der wir jetzt leben, ist die
Grippe der Vergangenheit. Als
ich jung war, wurde uns eine
strahlende Zukunft versprochen.
Der Kommunismus war
mit einer strahlenden Zukunft
verbunden. Und die heutigen
populistischen Ideologien in
der Welt von Donald Trump
bis hin zu europäischen Populisten,
sind mit der Vergangenheit
verbunden. Sie versprechen
uns eine strahlende,
bessere Vergangenheit, um so
ruhmreich zu sein, wie wir
mal waren. Wir haben keine
Zukunft und wissen nicht, was
wir mit unserer Gegenwart voller
Angst anstellen sollen. Der
einzige Weg, den die Populisten
wissen, um ruhig zu leben, ist
zurück in die Vergangenheit.
Und das kann gefährlich sein!
Kultur Joker: Ich habe Sie vor
fast 15 Jahren interviewt, und
wir haben über die strahlende
Zukunft von Bulgarien in der
EU gesprochen, es gab viele
Zukunftsversprechungen...
Gospodinov: Ich bin sicher, es
war die richtige Entscheidung.
Es war gesund für Bulgarien,
ein Teil der EU zu sein. Aber
was ist nun in vielen europäischen
Ländern passiert? Es
gibt diese Art der Enttäuschung,
auch in Bulgarien,
aber ich denke Bulgarien ist
nicht das „worst-case scenario“
in seinem Gefühl für Europa.
Vor den Wahlen versuchen
die nationalistischen und populistischen
Parteien diese
Enttäuschung über Europa
auszunutzen, wie auch jetzt
bei den Wahlen in April. Trotz
allem denke ich, dass wir in
Bulgarien wissen, dass die EU
die beste Option ist.
Kultur Joker: Ist seit dem EU-
Beitritt Bulgariens das Interesse
an bulgarischer Literatur
gestiegen?
Gospodinov: Bezüglich der
Literatur und Kultur änderte
sich nach dem Beitritt in die
„Common Ground“
Geimeinsames literarisches Programm aus dem ehemaligen Jugoslawien zum Lesefest Leipzig liest extra der
Leipziger Buchmesse
Unter dem Titel „Common
Ground“ präsentiert sich in
den Jahren 2020 bis 2022 auf
der Leipziger Buchmesse die
Literatur aus Südosteuropa.
Die Buchmesse wurde zwei
Mal pandemiebedingt abgesagt,
jedoch soll ein virtuelles
Programm Literatur und Kultur
der Schwerpunktregion
vorstellen.
Das Lesefest Leipzig liest
extra findet vom 27. - 30. Mai
statt.
Beim „Literarischen Frühstück“
bringen ausgewählte
Autor*innen und Expert*innen
eine ganze Menge Lesestoff
aus Südosteuropa in die heimischen
Wohnzimmer. Jeden
Donnerstag wird ein neuer
Beitrag gesendet. Alle Beiträge
des Literarischen Frühstücks
finden Sie auch direkt
auf YouTube. Die Gespräche
sind auf Deutsch oder Englisch.
Der Videotitel verweist
darauf, in welcher Sprache
„gefrühstückt“ wird. https://
traduki.eu/literarisches-fruehstueck/
„Literarischer Nerd „erliest“
Südosteuropa“. Jeden
ersten Montag des Monats
treffen sich Florian Valerius,
bekannt als Literarischer Nerd,
und Hana Stojić zum lockeren
Austausch über ausgewählte
Bücher. https://traduki.eu/
common-ground/literarischernerd-erliest-suedosteuropa/
Archipel Jugoslawien
Der Zerfall Jugoslawiens,
der vor 30 Jahren begann,
haben 15 Autoren und Autorinnen
aus Südosteuropa in
bewegenden persönlichen
Essays verarbeitet. Sie geben
auch ihre Prognosen, wie eine
Zukunft Südosteuropas aussehen
könnte. Sechs dieser Texte
sind auf Frankfurter Allgemeine
online präsentiert.https://
www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/archipel-jugoslawien/
Weitere Essays werden
wöchentlich bis Ende Mai auf
der „Common Ground“-Website
eingestellt. https://traduki.
eu/common-ground/
Buchtipps:
Angel Igov: „Die Sanftmütigen“
aus dem Bulgarischen:
Andreas Tretner. eta Verlag;
Preis der Leipziger Buchmesse
2020 in der Kategorie Übersetzung.
„Die Sanftmütigen“ greift
ein historisches Tabu auf: Die
sogenannten „Volksgerichte“
von 1944/45, die die früheren
Machthaber in Schauprozessen
nach Moskauer Vorbild aburteilten.
Mit viel Witz erzählt
Angel Igov, wie der proletarische
Jungpoet aus der Provinz
erst zum Mitläufer, dann
zum Kader und Ankläger am
bulgarischen Volksgericht im
Dienste des neuen Terrorregimes
wird.
Kapka Kassabova: „Am
See“ aus dem Englischen:
Brigitte Hilzensauer. Zsolnay
Verlag.
Die bulgarisch-neuseeländische
Schriftstellerin Kapka
Kassabova folgt am Ohridsee
den Spuren ihrer Familie
und macht die Konflikte von
Nationalstaaten in diesem
Winkel Europas, der zwischen
Nordmazedonien, Albanien
und Griechenland aufgeteilt
ist, sichtbar.
Kultour/Literatur KULTUR JOKER 17
Georgi Gospordinov, Usedomer Literaturpreisträger 2021
© Usedomer Literaturtage, Foto: Dafinka Stoilova
EU nicht sonderlich viel. Wir
sind ein Teil des europäischen
Übersetzungsprogramms, was
sehr wichtig ist. Ich muss sagen,
dass ich die meisten osteuropäischen
oder auch Balkan
Schriftsteller in Leipzig oder
Berlin getroffen habe. Und
das ist sehr seltsam, denn ich
glaube wir haben immer noch
dieses Problem mit dem Kulturaustausch
zwischen unseren
Nachbarländern. Und wir sind
für die EU mit unserer Literatur
immer noch nicht sichtbar
genug, obwohl das Interesse
an der bulgarischen Literatur
gestiegen ist. Desto wichtiger
ist es, an solchen internationalen
Bücherveranstaltungen wie
den Usedomer Literaturtagen
oder der Leipziger Buchmesse
teilzunehmen, um einen
festeren Fuß im internationalen
Raum fassen zu können.
Außerdem gibt es viele junge
Schriftsteller, die sich von der
europäischen Literatur inspirieren
lassen.
Kultur Joker: Wie wichtig ist
die bulgarische Identität für Ihr
literarisches Schaffen?
Gospodinov: Diese Frage wird
in meinem letzten Roman sehr
gut beantwortet. Denn es geht
um die europäische Identitätskrise.
Was jetzt traumatisch ist:
Wie fühlst du dich als Bulgare,
Pole etc., und wie kann man
ein guter Europäer sein ohne
ein guter Bulgare, Pole, etc., zu
sein? Das ist eine sehr dünne
Linie zwischen Nationalismus
und Identität. Und das ist auch
das Thema meines Romans.
Aber es handelt auch von dem
konkreten Land Bulgarien. Alle
Geschichten, die ich erzähle,
sind Geschichten meiner Kindheit,
einer bulgarischen Kindheit.
Wir alle sind Immigranten
der Länder unserer Kindheit.
Die kommunistische Partei,
nationalistische Parteien oder
die bulgarischen großen Helden
aus dem 13. Jahrhundert – all
das ist kein Teil meiner Identität.
Ein Teil meiner Identität ist,
dass ich diese Sprache spreche,
in dieser Sprache schreibe. Ich
habe Erinnerungen an meine
Großeltern und Eltern und
Städtchen, wo ich aufwuchs.
Und das ist sehr wichtig für
mein Schreiben.
Kultur Joker: Herr Gospodinov,
wie danken Ihnen für
dieses Gespräch.
EUROPÄISCHE KULTURTAGE KARLSRUHE
18 KULTUR JOKER nachhaltig
„Sauber“, „sicher“, „bezahlbar“ – klare
militärische Interessen verschwiegen
Atomare Fiktion fürs breite Publikum – drei Blicke unter den
Klimaschutzdeckmantel dreier Atommächte
Klimafreundliche Kriegsführung? Warmingstripes
beim Stapellauf eines Atom-U-Bootes? Wohl kaum.
Noch nie ging es Militärstrategen um Klimaschutz bei
Antriebs-Reaktoren für Kriegsschiffe. Atomkraft dient
hier der Reichweite, der Unauffindbarkeit, der Zweitschlagfähigkeit.
Fotomontage: Eva Stegen
Als vor 35 Jahren die Tschernobyl-Katastrophe
begann,
wurde das Vertrauen in die
Atomkraft so massiv erschüttert,
dass die Branche mit einer
neuen Reaktor-Generation reagierte.
Fürs Publikum wurde
schon damals mit Klima und
Kosten argumentiert – Argumente
die man nie hört, wenn
es um militärische Reaktoren
geht. Das Klima-Kosten-Verlässlichkeits-Stück
wird nur fürs
breite Publikum aufgeführt.
Wenn die Akteure sich unbeobachtet
fühlen, geht es um ganz
andere Dinge. Drei Blicke unter
den Klimaschutz-Deckmantel
dreier Atommächte.
„Das Vereinigte Königreich
ist derzeit nicht in der Lage, es
hat weder die finanziellen noch
die personellen Ressourcen,
um beide Programme isoliert
zu entwickeln.“ Ein brisantes
Zitat, wenn man weiß, dass es
um die Ausbildung von Nuklearfachkräften
für die Atom-
Stromproduktion einerseits geht
und andererseits um die atomare
Abschreckung. Es stammt aus
einer Parlamentarischen Anhörung
im britischen Unterhaus
aus dem Jahr 2008. Dort wurden
Vertreter von Reaktorbauern,
Ingenieursvertretungen,
Rüstungskonzernen und Ausbildungsinstituten
aufgemuntert:
„Sprechen sie ruhig ganz offen,
es hört uns niemand zu“. Ihre
Expertise wurde gebraucht, um
die Erneuerung des AKW-Parks
zu organisieren – als Infrastrukturgarant
und Kostendämpfer
für die nukleare Abschreckung
der Atommacht. Das offenherzige
Statement zeigt die Nöte
einer großen Forschungs- und
Ausbildungsstätte in der Atomenergie
auf, dem Dalton Nuclear
Institute, dessen Vertreter zuvor
erklärt hatte: “In der Vergangenheit
wurde das militärische Programm
weitgehend isoliert vom
zivilen Programm entwickelt.
Aus Rücksicht auf Geheim-Informationen.“
Er beschrieb das
duale Ausbildungsprinzip wie
ein System kommunizierender
Röhren, in dem die jeweiligen
Fachkräfte zwischen dem zivilen
und dem militärischen
Bereich hin und her wechseln
können und betonte: “Diese
Verbindung muss allerdings
mit Vorsicht behandelt werden,
um die Wahrnehmung zu vermeiden,
dass das zivile und das
militärische Atomprogramm ein
und dasselbe sind.“
Inzwischen ist hinlänglich
bekannt, dass die britische Regierung
bar jeder energiewirtschaftlichen
Vernunft den Bau
des teuersten Kraftwerks der
Welt angezettelt hat. Wer weiß,
dass das Militär ansonsten nicht
in der Lage wäre, die Atomreaktoren
zu erneuern, die ihre
U-Boote und Flugzeugträger
antreiben, dem erschließt sich
die Logik: Die Fridays-for-
Future-Generation wird noch
bis zum Rentenalter mit ihrem
Stromgeld das Atom-U-Boot-
Programm quersubventionieren
- nur aus Sicht der Militärs ein
guter Deal.
Um die Rolle der Ausbildungsinfrastruktur
besser zu verstehen,
hilft eine Stellungnahme
der Berufsgruppen-Verbände
der Atomkraft: “Die Frage der
Überschneidung zwischen Zivilem
und Militärischem kann
in zwei Bereiche unterteilt werden:
Waffen und Atom-U-Boot-
Antrieb.“ Ein wichtiger Punkt,
denn die Glaubwürdigkeit der
nuklearen Abschreckung, auf
die die Briten allergrößten Wert
legen, steht und fällt mit dem
Atomantrieb der U-Boote. „Es
gibt ein größeres Maß an Gemeinsamkeit
zwischen Ingenieuren,
die in der zivilen Atomkraft
arbeiten und denen, die an
Antriebssystemen für U-Boote
beteiligt sind.“ Im Unterschied
dazu haben diejenigen, die an
Atomwaffen arbeiten, „mehr
mit Atomphysik zu tun als mit
Energietechnik.“
Praktische Beispiele für die
Durchlässigkeit in der zivilmilitärischen
Ausbildungsinfrastruktur
gibt es reichlich bei
Atommächten. So hatte beispielsweise
der damalige Chef
des Reaktorbauers Areva UK,
Robert Davis, als er in einem
Guardian-Gastbeitrag die Leserschaft
mit Falschinformationen
zu den Kosten seines
AKW-Neubauprojektes, den
EPR Hinkley Point, fütterte, bereits
eine 25-jährige Navy-Karriere
als Kriegsschiff-Kommandant
hinter sich. Danach war er
im Verteidigungs-Ministerium
für die Budgetplanung zuständig.
Einer der so genau weiß, wo
der Schuh drückt, erklärte den
Guardian-Leser*innen frech,
es ginge um Energieversorgung
und es würden keine staatlichen
Subventionen benötigt.
Nun ist die Idee des Europäischen
Druckwasser-Reaktors,
EPR, die Kosten pro kWh durch
die zunehmende Größe des Reaktors
zu senken, schon andernorts
krachend gescheitert, auch
in Frankreich, dem Mutterland
des EPR. Dennoch will die
„freundliche“ Atommacht von
nebenan 6 neue EPR ab 2025
bauen, weil dies „ein Anliegen
für zivile Tätigkeiten, aber auch
für die Verteidigung – mit dem
Atomantrieb von U-Booten und
Flugzeugträgern“ sei, wie ein
militärisches Geheimdokument
belegte, das 2018 an die Zeitung
‚Les Echos‘ durchgestochen
wurde. Die beiden Verfasser
des Dokuments haben jeweils
beeindruckende zivil-militärische
Drehtür-Karrieren hinter
sich, mit Stationen beim staatlichen
Stromversorger EdF, im
Rüstungsbeschaff-ungsbüro des
Verteidigungsministeriums,
beim Hersteller von nuklearen
U-Boot-Antrieben TechnicAtome
und weiteren. Beim zivilen
Reaktorbauer hat man das
Kostenfiasko offenbar auch erkannt.
Es gibt Pläne, statt auf die
gescheiterten „Größenvorteile“
nun doch auf vermeintliche Replikationsvorteile
zu setzen. Mit
dem EPR New Model-Konzept,
also vielen kleinen EPR NM.
Frankreich hat 2019 sogar stolz
verkündet, man wolle jetzt auch
mitmischen beim Small Modular
Reactor (SMR) Business,
die Grande Nation entwickelt
einen eigenen Atomzwerg.
Bei der Bekanntgabe der Konsortialpartner
unterschlug das
Umweltministerium, dass der
Atomantriebs-Bauer TechnicAtome
sowie die Naval Group,
die auf ihren Werften Atom-U-
Boote baut, beteiligt sind.
Die kleinen modularen Reaktoren,
deren Heilsbringer-Geschichten
derzeit wie Pilze im
Medien-Boden sprießen, liefern
ebenfalls Anlass, einmal auf
zivil-militärische Ambivalenz
zu schauen.
Atommächte – ganz schön
ähnlich
Wie bei den beiden Europäischen
Atommächten Frankreich
und Großbritannien
werden auch beim SMR-Hype
in den USA fürs Publikum
Geschichten vom Klimaschutz
erzählt, obwohl hinter der
nächsten Ecke gleich eine Militärverbindung
zu finden ist.
Sowohl bei NuScale als auch
bei Terrapower findet man in
den oberen Konzern-Etagen
Personal mit Nuklear-Marine-
Expertise. Das mediale Gesicht
von Terrapower ist jedoch Gründer
und Investor Bill Gates,
den es auf die Bühnen drängt,
wo er den postfaktischen Dreiklang
der „neuen Atomkraft“
zu Kosten, Klimagasen und
Verlässlichkeit besingt – ohne
auf das Finanzierungs- und
Lobby-Netzwerk einzugehen,
das seine Flüssigsalz- und
Laufwellen-Reaktor-Konzepte
dereinst materialisieren soll.
TerraPower wird teilweise vom
US-Energieministerium DOE
und dem Los Alamos National
Laboratory, finanziert, der ältesten
US-Forschungsstätte für
Atomwaffen. Das DOE ist u.a.
zuständig für den Bau von atomaren
Kriegsschiffs-Antriebsreaktoren,
Energieforschung
und ‚Entsorgung‘ radioaktiver
Abfälle. Dazu kommt Unterstützung
durch die ‚Break-through
Energy Coalition‘, eine von
Gates gegründete Milliardärs-
Clique, deren Klimakiller-Lifestyle
Zweifel aufkommen lässt
am ausgegebenen Ziel, „saubere“
Energie voranzubringen.
Als einer der Hauptinvestoren
von ‚Terrapower‘ organisiert er
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nachhaltig KULTUR JOKER 19
mit der familieneigenen Stiftung
Geldflüsse in Richtung
reichweitenstarker Unterstützer:
Über den Geldsegen freuen
sich große Medienhäuser, eine
Animations-Agentur, die bunte
Filmchen macht und Bill‘s geschätzter
Statistik-Freak, Max
Roser, dessen Plattform ‚Our
World in Data‘ anhand von ausgewählten
Daten die Harmlosigkeit
der Atomkraft belegen will.
Militär-Veteranen im Energiesektor
Ein Blick unters Klima-
Deckmäntelchen zeigt, dass der
Weg vom ‚Weltklimaretter‘ zur
Nuklear-Marine bemerkenswert
kurz ist. Auf seiner Website veröffentlicht
Terrapower ein „Happy
Veteran‘s Day“-Grußwort
von CEO Chris Levesque: “Ich
bin stolz darauf, dass mein Unternehmen
talentierte Veteranen
beschäftigt“ erklärt er und verweist
auf eine Initiative namens
„Veterans in Energy“. In den
Streitkräften werde seit langem
Atomenergie zum Antrieb von
Schiffen und U-Booten eingesetzt.
Dies habe „eine gut ausgebildete
militärische Belegschaft
parallel zur zivilen Industrie“
und einen zivilmilitärischen
Austausch geschaffen.
Levesque begann seine
30-jährige Nuklear-Karriere als
Offizier auf verschiedenen U-
Booten. Auf einem atomgetriebenen
Jagd-U-Boot mit nichtatomaren
Waffen, überwachte er
als Chefingenieur dessen erste
Kritikalitäts- und Reaktor-Start-
Tests. Von der Navy wechselte
er zum zivilen Reaktorbauer
Westinghouse. Schiffsbau, Rüstung,
Nuklear-Großkomponenten-Bau
und mehrere Managementpositio-nen
an zwei
nuklearfähigen Werften waren
weitere Karrierestationen. Levesque
ist Vorstandsmitglied
der US-Atom-Lobbyorganisation
Nuclear Energy Institute
NEI, die im Weißen Haus und
im Kongress mächtig Einfluss
nimmt.
Klima, Klima, Klima – natio-nale
Sicherheit
Während Gates Geld und
Reichweite nutzt, um das Hohelied
des nuklearen Klimaschutzes
zu singen, offenbart
eine Terrapower-Stellungnahme
zur globalen nuklearen Führerschaft
der USA völlig andere
Motive: „Amerikas Verzicht
auf kerntechnische Chancen im
Ausland gefährdet auch seine
nationale Sicherheit, indem es
den Schwund der nuklearen
Expertise und Qualifikation
ermöglicht. Diese ist für den
Erhalt von zweierlei erforderlich:
seiner bestehenden AKW
sowie seiner reaktorgetriebenen
Marine.“ Gates‘ Atom-Startup
verweist auf den Atlantic Council-Bericht
„Der Wert des US-
Atomkraftkomplexes für die
nationale Sicherheit der USA“.
Dieser beziffert den Beitrag der
zivilen US Atomstrom-Industrie
zur Kosten-Entlastung des militär-ischen
Nuklearkomplexes
mit jährlich 42,4 Milliarden
US-Dollar.
Terrapower findet, der Kongress
soll u.a. Mittel für Forschung
und Entwicklung bereitstellen.
Das könne über das Gesetz
zur nuklearen Führerschaft,
NELA geschehen, oder das
Genehmigungsgesetz zur nationalen
Verteidigung, NDAA,
welches den US Militärhaushalt
festlegt. Zur Begründung, nämlich
„wegen des zivilen, militärischen
und geopolitischen Wertes
der US-Führerschaft in der
Atom-Technologie“, hat ‚Terrapower‘
ein Dokument verlinkt,
das es in sich hat. Hier fand sich
das Who is Who von über 40
Interessenvertretern aus dem
gesamten zivil-militärischen
Atomspektrum zusammen, um
dem Verteidigungsausschuss
beizubiegen, dass die „neuen
Atomenergie-Produkte“ wichtige
Bestandteile für den Verteidigungs-Bedarf
bieten und auch
„für ein modernes, sauberes, resilientes
Energie-System“
Was atomare Klimakrisen-
Trittbrettfahrer sonst vehement
bestreiten, wird hier von allen
unterzeichnet: „In der Geschichte
unseres Landes haben
sich militärische und zivile Anwendungen
synergistisch entwickelt.
Durchbrüche bei der
zivilen Atomkraft kommen dem
Militär zugute und militärische
Durchbrüche kommen der zivilen
Energie-Erzeugung zugute.“
Auch im folgenden Satz geht’s
nicht ums Klima: „Da China
und Russland ‚fortschrittliche
Reaktoren‘ entwickeln und in
strategisch wichtige Länder in
der ganzen Welt exportieren, ist
es entscheidend, dass die USA
ihre Führungsrolle in diesem
geopolitisch wichtigen Bereich
wieder behauptet.“ Sehenswert
ist die Liste der Unterzeichner,
vom ‚Advanced Nuclear Weapons
Alliance Deterrence Center,
über Atomkraft-Startups
und alte Reaktorbauer, hippe
‚Nuclear-Pride-Coaliton‘-Mitglieder
wie ‚Energy for Humanity‘
oder ‚Generation Atomic‘,
bis zu Brennstoff-Lieferanten,
die entweder im HALEU-Uran
oder Thorium die Zukunft sehen.
Klare militärische Interessen
beim EU-Lobbying verschwiegen
Die klaren militärischen Interessen
der ‚Terrapower‘-Konzepte
werden mit dem Mantel
des Schweigens bedeckt, wenn
Gates auf seinem Klimakrisen-
Trittbrett offene Türen aufstößt,
egal ob er mit Peter Altmaier
über die internationale Energiewende
diskutiert und sein
Wirtschaftsministerium „in
enger Abstimmung mit den
EU-Partnern eine Zusammenarbeit
mit der ‚Breakthrough
Energy Coalition‘“ plant. Oder
die Breakthrough-Kumpel mit
EU-Forschungs-Kommissar
Carlos Moedas in illustrer Runde
arbeitsfrühstücken – kurz
nachdem jener mit einem Papier,
das ambitionierte Ziele
für Mini-AKW nannte, 2016
für Schlagzeilen sorgte. Und
natürlich ging es weder ums
Militär noch um Geostrategie,
als EU-Forschungskommissar
Moedas und EU-Kommissions-Vize
Šefčovič im Mai
2019 gemeinsam mit Gates die
Gründung des 100 Mio €-Risikofonds
„Breakthrough Energy
Ventures Europe“ mit ihrer Unterschrift
besiegelten. Mit Breakthrough-Milliardärs-Kapital
und EU-Steuergeld wolle man
„Europäischen Firmen helfen
‚saubere Energie-Technologien‘,
zu entwickeln“. Sauber,
das Kryptonym für ‚Atomkraft
mitgemeint‘.
Eva Stegen
Ab auf‘s Rad, raus auf‘s Land!
Nachhaltig einkaufen in Hofläden
Wer nachhaltig einkaufen
und lokale Landwirte unterstützen
möchte, geht am besten
direkt in einen Hofladen
oder auf einen Wochenmarkt.
Dort gibt es frisches und regionales
Gemüse, wechselnd
mit der Saison. Daneben sind
meist auch tierische Produkte
wie Fleisch, Milch und Eier
Sielke Kiechle für nachhaltige
Landwirtschaft ein. Ihr Hof
ist Demeter zertifiziert, was
unter anderem bedeutet, dass
beim Anbau auf chemische
Dünge- und Pflanzenschutzmittel
verzichtet wird. Wer
nicht raus fahren will, findet
die Produkte der Kiechles auch
auf dem Freiburger Münstermarkt.
Ein weiteres Beispiel
ist der Baldenwegerhof unter
der Leitung von Bernd Hug,
welcher seine hauseigenen
Produkte ausschließlich im eigenen
Hofladen verkauft. Der
Hof betreibt zudem eine hauseigene
Bäckerei, deren Leckereien
sich ebenfalls im Hofladen
finden lassen. Ein Ausflug
nach Stegen lohnt sich nicht
nur des Einkaufs wegen, der
Hof von Familie Hug lädt auch
zum Verweilen ein. Besonders
beliebt bei Familien mit
Kindern: Schweinebürsten.
Wer wert auf gesunde Ernährung
und auf die Herkunft von
Lebensmitteln legt, ist in Hofläden
wie diesen gut aufgehoben.
Bei einem Besuch im Hofladen
findet man nicht nur eine
große Auswahl an Produkten,
sondern man kann auch mehr
über die Produktion, die Höfe
und die Menschen dahinter erfahren.
Auf dem Baldenweger Hof wird viel Wert auf das
Tierwohl gelegt: Bernd Hug mit seinen zufriedenen Ferkeln
Foto: Baldenweger Hof
Präsentkorb mit Produkten
vom Hof Foto: Baldenweger Hof
im Angebot. Im Freiburger
Umland finden sich jede Menge
Höfe mit eigenem Laden,
bei denen es sich lohnt für einen
Einkauf vorbeizuschauen.
Ab auf‘s Rad und raus auf‘s
Land. In 30 Minuten ist man
z.B. beim Obsthof Kiechle.
Seit mehr als 25 Jahren setzen
sich die Betreiber Bernd und
20 KULTUR JOKER Nachhaltig
Wechselhafte Stadtgeschichte
Ein Stadtjubiläumsprojekt erzählt aus 150 Jahren Freiburger Quartiersgeschichte
Wer dem Begriff „Grundriss“
etwas genauer nachspürt, entdeckt
hinter dem planerischen
Aspekt auch den „Riss“, die
Unstimmigkeit und den Widerspruch.
Genau diesen Besonderheiten
widmet sich das
Stadtjubiläumsprojekt
„GrundRisse – Ein Quartier im
Umbruch“. Gegenstand ist die
wechselvolle Geschichte des
Freiburger Sedanquartiers / Im
Grün. Wo sich heute ein alternatives,
teils selbstverwaltetes
Viertel befindet, waren früher
ganz andere Akteur*innen
ansässig. Genau die will das
Projekt sichtbar machen, anhand
verschiedener Stationen,
die über das ganze Quartier
verstreut sind und von nun an
zur Entdeckung einladen. Coronagerecht
findet die Begegnung
mit der Geschichte so an
frischer Luft statt.
Und es geht tief in die Geschichte.
Bis zu 150 Jahre zurück
in die Gründerzeit reichen
die Spuren, die über das Projekt
wieder sichtbar gemacht
werden sollen. Ausgehend
von 15 ausgewählten Gebäuden
und Arealen macht es die
Entstehung und den urbanen
Wandel des Quartiers erkennbar.
Aktuelle und vergangene
Nutzungen geben Einblicke
in Gründerzeit, Werkstätten,
Industriebetriebe, Zwischennutzungen,
Auseinandersetzungen
um selbstbestimmte
Freiräume, Verdrängungen
und den postindustriellen
Wandel zur Dienstleistungsgesellschaft.
Im Kleinen werden
so große Prozesse westeuropäischer
Gesellschaften
erkennbar.
Nicht nur über die, teils dunklen,
Kapitel der Geschichte
gelangt man so zu äußerst politischen
Fragestellungen. Die
Veranstalter*innen stellen bewusst
immer wieder die hochaktuelle
Frage in den Raum,
in welcher Stadt wir leben
wollen und bieten so die Möglichkeit,
aus der Geschichte zu
lernen. Vor den Gebäuden und
Arealen ist auf Texttafeln von
(Um-)Nutzungen, Abrissen,
Neubauten und den Auseinandersetzungen
um die Gestaltung
des Quartiers die Rede.
Eine Auseinandersetzung, die
bis heute anhält, gerade angesichts
steigender Mieten und
Gentrifizierung.
Das Projekt geht bis auf das
Jahr 2019 zurück. Studierende
des Freiburger Instituts für
Kulturanthropologie und Europäische
Ethnologie recherchierten
die historischen Hintergründe
des Quartiers. Mit
den Rechercheergebnissen aus
Freiburg arbeiteten Bachelor-
Studierende des Fachbereichs
Gestaltung der Hochschule
Offenburg im Sommersemester
2020 weiter. Sie erarbeiteten
ein Gestaltungskonzept
für eine Ausstellung im öffentlichen
Stadtraum. Und so
öffentlich die Ausstellung ist,
so direkt spricht sie zu allen
Stadtbewohner*innen, fordert
sie auf, sich selbst auf Spurensuche
zu begeben. Wer es nicht
auf die Straße schafft, kann die
Begehung aber auch online
vom Sofa aus wagen.
„GrundRisse – Ein Quartier
im Umbruch“, Sedanquartier
/ Im Grün, Freiburg. Bis
24.05.21.
Weitere Infos und Online-
Begehung: www.alltagskultur.
info/projekte/grundrisse
Zwischen Meeting-Space und
Proberaum
Das Haus des Engagements (HdE) in Freiburg hat Geburtstag
Das Haus des Engagements,
ein Treffpunkt für engagierte
Gruppen und Vereine, feiert sein
zweijähriges Bestehen. Entstanden
ist die Idee bereits 2015 aus
dem Wunsch heraus eine Anlaufstelle
für soziale, politische oder
kulturelle Projekte aufzubauen.
Dabei ist das übergeordnete Ziel
die Förderung der Nachhaltigkeit
„im ökologischen, sozialen und
ökonomischen Sinn, um eine zukunftsfähige
globale Gesellschaft
mitzugestalten“. Austausch und
Innovation stehen dabei im Mittelpunkt.
Vereine wie der Afrikarat
BW e.V., Greenpeace Freiburg
oder Omas gegen Rechts sind nur
ein paar derer, die regelmäßig vor
Ort zusammenkommen.
Zu finden ist das Haus des Engagements
in der Rehlingstraße
9 in Freiburg. Dort gibt es ein
breites Angebot, welches Fortbildungen,
Veranstaltungen und
Meetings- bzw. Coworkingspaces
umfasst. Im Keller des Hauses
befindet sich ein Proberaum,
der jungen Bands aus Freiburg
zur Verfügung steht und in dem
regelmäßig musiziert wird. Auf
Nachfrage verschiedener Initiativen
entstand die Idee eines
Materialverleihs, wie es ihn in
anderen Städten bereits gibt. Die
benötigten Utensilien wurden
anhand einer Umfrage der ansässigen
Gruppen und Vereine
ermittelt. Mehr als 30 Gegenstände
können seit Juli 2020 über
eine Onlineplattform reserviert
werden. Dabei fallen Kosten von
ungefähr einem Euro pro Teil am
Tag an. „Besonders beliebt sind
Pavillons, Moderationswände
und Beamer“ erzählt Magdalena
Junge Bands sind Teil des Hauses
Langer, die Koordinatorin des
Hauses. „Der Leitgedanke hinter
der Ausleihe ist eine Materialeinsparung
durch das Teilen der
Utensilien und auf den Bedarf
verschiedener Vereine zu reagieren“,
so Langer. Die vorhandenen
Objekte wurden teilweise an den
Verleih gespendet oder durch das
Umweltschutzamt Freiburg im
Rahmen der Klimaschutzmaßnahmen
finanziert.
Auch während der Pandemie
war das Motto: Bedarf decken!
Durch Corona sind Nachfrage
und Angebot in den digitalen
Raum gewechselt. Das Haus des
Engagements hat sogleich reagiert
und bietet inzwischen eine
Beratungsmöglichkeit für digitale
Tools an, um die Projekte
beim Aufbau von Webseiten,
digitalen Veranstaltungen und
mehr zu unterstützen. Um der
steigenden Nachfrage gerecht
zu werden, soll die digitale Infrastruktur
vor Ort entsprechend
ausgebaut werden. Da das Haus
des Engagements als Vernetzungsort
sehr beliebt ist, aber nur
ein befristeter Mietvertrag besteht,
suchen die Initiator*innen
nach einem neuen Standort. „Wir
würden gerne mehr Meeting- und
Veranstaltungsräume anbieten.
Wir können uns vorstellen, auch
ein Café oder eine Werkstatt bei
uns aufzunehmen. Eine Fläche
von 1000m² wäre perfekt. Tipps
sind immer willkommen“, äußert
sich Magdalena Langer. Auch das
zwölfköpfige Team ist offen für
Zuwachs.
Insgesamt kann das Haus des
Engagements auf zwei erfolgreiche
Jahre zurückblicken und
geht motiviert in die Zukunft. Da
bleibt nur noch zu sagen: Herzlichen
Glückwunsch und alles
Gute!
Weitere Infos: www.haus-desengagements.de
Foto: Seyeon Jeong
Der Materialverleih versorgt Initiativen mit der benötigten Ausrüstung
Foto: Haus des Engagements
Herausgeber:
Art Media Verlagsgesellschaft mbH
Auerstr. 2 • 79108 Freiburg
Redaktionsleitung (V.i.S.d.P.):
Christel Jockers
Redaktion:
Cornelia Frenkel
Peter Frömmig
Annette Hoffmann
Marion Klötzer
Erich Krieger
Nike Luber
Fabian Lutz
Georg Rudiger
Claus Weissbarth
Friederike Zimmermann
u.a.
Terminredaktion:
Elisabeth Jockers
Layout/Satz:
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Telefon: 0761 / 72072
E-mail: grafik@kulturjoker.de
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GmbH & Co. KG, Ludwigshafen
Das Copyright für vom Verlag gestaltete
Anzeigen und Artikel liegt beim Verlag.
Nachdruck, auch nur auszugsweise, nur mit
schriftlicher Genehmigung des Verlages.
Für unverlangt eingesandte Manuskripte,
Fotos, Vorlagen und für Programmhinweise
kann keine Garantie übernommen werden,
sie sind aber herzlich willkommen.
Nachhaltig KULTUR JOKER 21
„Global denken, lokal handeln“
Im Gespräch: Christine Buchheit, Dezernentin für Umwelt, Jugend,
Schule und Bildung
Der Eid zum Amtsantritt
Am 7. April hat Christine
Buchheit (Bündnis 90/DIE
GRÜNEN) ihr Amt als neue
Dezernentin für Umwelt,
Jugend, Schule und Bildung
der Stadt Freiburg angetreten
und damit ihre Vorgängerin
Gerda Stuchlik nach
24 Jahren Amtszeit abgelöst.
Die 53-Jährige Buchheit,
Anfang Februar mit großer
Mehrheit vom Gemeinderat
gewählt, bringt vielfältige
Erfahrung aus ihrer bisherigen
politischen Karriere
mit, die sie u.a. über Stationen
im Auswärtigen Amt
und der Bundeszentrale für
politische Bildung führte. Zu
ihrem Amtsantritt sprach
Danny Schmidt mit Christine
Buchheit.
Kultur Joker: Guten Tag
Frau Buchheit, zu allererst
noch einen verspäten Glückwunsch
zur Wahl als neue
Bildungs- und Umweltbürgermeisterin
unserer Stadt! Sie
treten Ihr Amt in einer Zeit
an, die uns alle vor vielfältige
neue Herausforderungen stellt
– viele davon, wie zum Beispiel
die Digitalisierung der Schulen
oder die Verkehrswende,
betreffen konkret Ihre neuen
Arbeitsgebiete als Dezernentin
für Umwelt, Jugend, Schule
und Bildung. Was hat Sie zur
Kandidatur für das Amt inspiriert?
Christine Buchheit: “Global
denken, lokal handeln”
– der Satz ist nicht ganz neu,
aber letztlich hat er mich zur
Kandidatur für das Amt der
Foto: P. Seeger, Stadt Freiburg
Bürgermeisterin inspiriert.
Denn es entscheidet sich in
den Kommunen, wie wir als
Gesellschaft in Zukunft leben
werden. Hier vor Ort müssen
die drängenden Fragen in konkrete
Handlungen umgesetzt
werden – beim Klimaschutz,
Fragen der sozialen Gerechtigkeit,
bei Bildung und Chancengleichheit,
beim gesellschaftlichen
Zusammenhalt.
Kultur Joker: Als Umweltbürgermeisterin
sind Sie
mitverantwortlich für die
Umsetzung des Freiburger
Klimaschutzkonzepts, dass
unter Ihrer Vorgängerin Gerda
Stuchlik im 2019 verabschiedet
wurde. Einen wesentlichen
Punkt des Konzepts bildet die
angestrebte Klimaneutralität
der Stadt bis zum Jahr 2050,
bis dahin gibt es aber noch viel
zu tun – womit fangen Sie an?
Buchheit: Klimaschutz ist
die vordringliche Aufgabe des
nächsten Jahrzehnts. Auf allen
Ebenen – national, im Land, in
der Kommune. Meine Aufgabe
ist jetzt eine doppelte: Ich muss
die rasche und gute Umsetzung
der Maßnahmen begleiten,
zu denen sich die Stadt
im Klimaschutzkonzept und
im Klima- und Artenschutzmanifest
verpflichtet hat. Und
ich muss ihre Wirkung auf die
CO2-Reduktionsziele überprüfen.
Außerdem muss ich
als erste Lobbyistin für den
Klimaschutz in- und außerhalb
des Rathauses für die Relevanz
von Klimaschutz-maßnahmen
streiten und will weitere Mittel
und Maßnahmen dafür ermöglichen.
Dabei werde ich eng
mit meinen Bürgermeisterkollegen
und dem Oberbürgermeister
zusammenarbeiten,
schließlich ist Klimaschutz
eine Querschnittsaufgabe.
Auf mich kommt daher mit
Tag eins im Rathaus eine wichtige
Kommunikationsaufgabe
zu, denn viele Maßnahmen
haken immer noch an Akzeptanz-
und Vermittlungsproblemen.
Zu viele betrachten Klimaschutz
immer noch als grüne
Spielwiese und nicht als die
Menschheitsaufgabe, die wir
alle zusammen lösen müssen.
Sie betrifft uns schließlich alle.
Kultur Joker: Die Bereiche
Schule und Bildung gehören
ebenfalls zu Ihrem Ressort.
Vor allem hier mussten im
Zuge der Covid-19-Pandemie
viele grundlegende Konzepte
neu gedacht werden, allen voran
die Umstellung von Präsenz-
auf digitalen Unterricht.
Welche konkreten Ansätze hat
die Stadt, um die Schulen in
puncto digitaler Infrastruktur
zu unterstützen?
Buchheit: Die Stadt Freiburg
hat ein umfassendes Digitalisierungskonzept
erarbeitet, mit
dem wir die Schulen digital
ertüchtigen wollen. Die Aufgabe
ist groß und wird uns in
den nächsten Jahren beschäftigen.
Wir hoffen dabei auch auf
weitere Unterstützung durch
Bundes- und Landesmittel –
denn mit der Erstausstattung
ist es natürlich nicht getan.
Es braucht eine verlässliche
Wartung und Betreuung und
dafür eine dauerhafte Unterstützung
z.B. in Form von
Digitalisierungsmanager*
innen die die Schulen auch im
Tagesbetrieb am Laufen halten.
Kultur Joker: Stichwort
Mobilitätswende in Freiburg
– die Initiative Fuß- und Radentscheid
Freiburg hat mit
zwei erfolgreichen Bürgerbegehren
und einer Bürgerbeteiligung
zum Freiburger
Doppelhaushalt 2021/22 das
Thema Nachhaltige Mobilität
vom öffentlichen Diskurs auf
direktem Weg in den Gemeinderat
hinein getragen. Gelingt
mit der Verkehrswende auch
die Klimawende?
Buchheit: Die Verkehrswende
ist nur ein Teil der Klimawende,
daneben geht es um
den Ausbau der Erneuerbaren
Energien, den Gebäudebereich
und um den industriellen Sektor.
Jeder Bereich muss seinen
Beitrag zum Klimaschutz leisten.
Das kann übrigens auch
Die neue Bildungs- und Umweltbürgermeisterin Christine
Buchheit
Foto: P. Seeger, Stadt Freiburg
jede Bürgerin und jeder Bürger
– durch das Mobilitätsverhalten
im Alltag und in der Freizeit,
aber zum Beispiel auch
durch die Art der Ernährung
und das allgemeine Konsumverhalten.
Kultur Joker: Und wie ist
der Kaffee – oder Tee – im
Rathaus?
Buchheit: Ich trinke tagsüber
Tee und bringe mir meine
Lieblingssorte “Green Energy”
von zu Hause mit. Leider habe
ich so viele Termine, dass ich
es noch nicht einmal bis zur
Kantine geschafft habe, um
mir das dortige Angebot wenigstens
anzuschauen. Zur Zeit
ist es sowieso nur zum Mitnehmen,
aber irgendwann werde
ich hoffentlich meine neuen
Kolleginnen und Kollegen im
Rathaus auch beim Mittagessen
treffen.
Kultur Joker: Frau Buchheit,
wir bedanken uns für das
Gespräch und wünschen alles
Gute!
22 KULTUR JOKER Nachhaltig
Nachhaltige Mode,
Second Hand oder
Kleider leihen?
Es gibt viele Möglichkeiten den ökologischen
Fußabdruck zu verringern und zu einer gerechten
Modeindustrie beizutragen
Was macht ihr, um euren
ökologischen Fußabdruck zu
verringern und zu einer gerechteren
Modeindustrie beizutragen?
Bei dem Einsturz des Fabrikgebäudes
Rana Plaza in der
Nähe von Dhaka, Bangladesch
im Jahr 2013 verloren mehr
als 1.000 Textilarbeiter*innen
ihr Leben. Mehr als 2.000
Menschen wurden verletzt.
Manche davon so schwer, dass
20 % Rabatt-Gutschein
gültig bis Ende Mai
fair & gut
sie bis heute nicht mehr arbeiten
können. Der Einsturz des
Gebäudes, gilt als der bisher
größte Unfall der internationalen
Textilindustrie und lenkte
den Blick einmal mehr auf die
katastrophalen Missstände im
Bereich der Modeproduktion.
Dies führte zur Gründung von
Fashion Revolution- der weltweit
größten Mode-Aktivismus-
Bewegung.
Fashion Revolution erinnert
jährlich an die Opfer
von Rana Plaza und macht in
der Woche um den 24. April
verstärkt auf die Missstände
und auf notwendige Veränderungen
aufmerksam. Weltweit
gehen mittlerweile tausende
Menschen auf die Straße oder
demonstrieren im Netz und
fordern von Unternehmen ihre
Lieferketten offenzulegen, ihre
Arbeiter*innen fair zu entlohnen
und umweltfreundlich zu
produzieren. Ziel ist es, die
Modeindustrie weltweit nachhaltig
zu verändern. Hin zu
einer Modeindustrie, welche
die Umwelt schont, sich für die
Regeneration dieser einsetzt
und Menschen über Wachstum
und Profit stellt. Nach wie
vor erhalten die meisten Menschen
entlang der Lieferketten
unterdurchschnittliche Löhne,
die nicht zum Leben reichen.
Durch die weltweite Pandemie
hat sich die Lage für die
Arbeitnehmer*innen der un-
Nachhaltig KULTUR JOKER 2323
Fotos: Fashion Revolution
terschiedlichsten Bekleidungsfabriken
vor allem in Ländern
wie Bangladesch, Myanmar,
Indien und Kambodscha weiter
verschlechtert. Aufgrund
des weltweiten Lockdowns
haben viele große Modemarken
ihre Aufträge bei Textilfabriken
storniert und viele
Menschen haben dadurch ihre
Arbeit verloren.
Neben den verheerenden Arbeitsbedingungen
in der Modeindustrie
werden oft auch
die Auswirkungen auf die
Umwelt vergessen. Die Modeindustrie
zählt zu den drei
größten Umweltverschmutzern
der Welt und wir tragen
einen großen Teil dazu bei. Die
Deutschen kaufen im Schnitt
60 neue Kleidungsstücke pro
Jahr, davon werden wiederum
40 Prozent nie oder nur selten
getragen. Doch nicht nur
der maßlose Konsum und die
Überproduktion sind verantwortlich
für die hohe Umweltbelastung,
denn bereits bei der
Gewinnung der Materialien
wird das Klima stark belastet.
So braucht es beispielsweise
11.000 Liter Wasser für die Gewinnung
von einem Kilo konventioneller
Baumwolle.
Auch in Freiburg setzen sich
Menschen und Läden für eine
faire Modeindustrie ein. Ob
Fair Fashion, Second Hand
oder Kleider leihen, mittlerweile
gibt es in Freiburg ein breites
Angebot für jeden Geldbeutel.
Eco-faire Fashion für Männer
und Frauen findet ihr im Zündstoff
in der Moltkestraße. Von
Kleidung über Schuhe bis hin
zu Accessoires, die Auswahl
lässt jedes nachhaltige Herz höher
schlagen. Auch das Suslet
Outlet in der Fischerau hat eine
große Auswahl an nachhaltiger
und fair produzierter Mode für
Frauen, Männer und Kinder.
Das besondere, da es sich um
Bestände älterer Kollektionen
handelt, ist das gesamte Sortiment
bis zu 70 Prozent günstiger.
Ihr schont somit nicht
nur euren Geldbeutel, sondern
tragt auch dazu bei, dass weniger
Kleidung in den Tiefen der
Lagerräume verschwindet.
Fair und Feminin geht es im
Blickfang am Augustinerplatz
zu, wo euch das gut gelaunte
Team um Ulrike Steinfels
empfängt und berät. Zu nicht-
Corona Zeiten lädt der schöne
Hinterhof außerdem zum Verweilen
und Café trinken ein.
„Eine faire Jeans für jeden“
gibt es bei FairJeans im Vauban.
Miriam Henninger und
Walther Blauth setzen auf einen
minimalistischen Ansatz.
In Ihrem Laden und online bieten
sie je drei Jeans Modelle für
Frauen und Männer an und eine
davon passt eigentlich immer.
Einen der ersten Läden für
fair gehandelte Naturtextilien
in Freiburg eröffnete Anette
Schlieper bereits 1995. Im
Hanfhaus in der Günterstalstraße
verkaufte sie Textilien,
Kosmetik und Nahrungsmittel
aus dem Rohstoff Hanf. Unter
dem Motto „Einfach natürlich
wohlfühlen“ findet ihr heute
in ihrer Boutique Anna Madée
(Merianstraße 5) eine große
Auswahl an fair hergestellter
Mode für die Frau, von lässiger
Alltagskleidung bis hin zu elegantem
Chic.
Produkte aus fairem Handel
gibt es auch in den Weltläden
in der Gerberau und in
Herdern. Ziel ist dabei nicht
Gewinn zu erwirtschaften
sondern durch den Absatz fair
gehandelter Produkte den sogenannten
„globalen Süden“
zu unterstützen. Eventuelle
Gewinne fließen in Projekte
und Bildungsarbeit. Auch wer
auf neukaufen verzichten will,
findet in Freiburg mittlerweile
eine großes und gutsortiertes
Angebot. Die UMKLEIDE in
der Merianstraße bietet seit
Ende 2019 ein großes Angebot
von Secondhand und Vintage
Mode an. Auf zwei Etagen
findet ihr Vintageschätze und
Mode aus zweiter Hand. Seit
Mitte 2019 könnt ihr außerdem
in der Kleiderei im Stühlinger
mit einer monatlichen
Mitgliedschaft euren Kleiderschrank
unendlich erweitern.
Als Gegenentwurf zur Fast
Fashion wird eco-faire und
gebrauchte Kleidung (weiter)
verwendet und geteilt. Neben
dem Leihen, kann fast alles
auch gekauft werden.
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24 KULTUR JOKER nachhaltig
Die wahre Geschichte von Jesus, Maria Magdalena und Judas
Das neue Buch „Die außergewöhnlichste Liebe aller Zeiten“ von Franz Alt
Franz Alt war schon immer
ein streitbarer Geselle. Der 1938
in Untergrombach Geborene
hat später Politikwissenschaften,
Geschichte, Philosophie
und Theologie studiert. Er hat
sich als politischer Journalist,
langjähriger Fernsehmoderator,
Buchautor, Vortragsredner, Umwelt-
und Friedensaktivist (Anti-
Atom-Bewegung, Rüstungsgegner,
Solarpionier, Stuttgart-21…)
stets prononciert als Anwalt der
sozial Schwachen und Benachteiligten
geäußert und sich für
eine „bessere Welt“ im Sinne
der Bewahrung und Pflege der
Schöpfung eingesetzt. Richtschnur
dabei war sein tiefer
christlicher Glaube, oder besser,
sein eigenes emanzipatorisches
Verständnis davon. Sein gegenüber
der herrschenden Dogmatik
der Amtskirche revolutionäres
Jesusbild führte ihn wiederholt
in theologische Konflikte mit
der Kirchenhierarchie und 1988
zum Austritt aus der CDU, als
diese eine weitere Nutzung der
Atomenergie propagierte. Sein
jüngstes Buch „Die außergewöhnlichste
Liebe aller Zeiten“
ist nichts weniger als ein Frontalangriff
auf wesentliche Inhalte
der biblischen Glaubenslehre,
insbesondere die Ostergeschichte
betreffend.
Die Evangelien der Bibel –
unvollständig und falsch übersetzt?
Ist Jesus von Nazareth wirklich
am Kreuz gestorben und
als Sohn Gottes auferstanden,
war Maria Magdalena die sündige
„Hure“, als die sie von den
Kirchenvätern dargestellt wurde
und war Judas der „gemeine Verräter“,
der seinen Meister gegen
Silberlinge ausgeliefert hat? Diesen
Fragen spürt Franz Alt nach,
verneint sie kategorisch und setzt
dagegen: Der besondere Mensch
Jesus habe in Abgrenzung zum
zu seinen Lebzeiten herrschenden
Tempelkult in Jerusalem ein
neues Gottes- und Menschenbild
entwickelt. Gott ist für ihn sein
„Abba“, das meint aramäisch
mütterlicher oder gütiger Vater.
Dessen Lehre verkündete
er nach seiner Taufe durch Johannes
in seiner Muttersprache
aramäisch als „Heiler“, indem
er durch Galiläa zog und sich
mit den “Schwachen, den Hungernden,
den Kranken, den Gefangenen,
den Kindern und den
Frauen“ solidarisierte. Eine Lehre
von der friedvollen Liebe aller
Menschen zueinander. In diesem
Geiste scharte er Anhänger um
sich, darunter auch Maria Magdalena
und Judas. Beide wurden,
so Alt, die engsten und geliebten
Vertrauten und Ratgeber von
Jesus. Im Falle von Maria Magdalena
war dies, gemessen am
damals herrschenden Frauenbild,
ein eklatanter Tabubruch. Judas
habe, entgegen der biblischen
Behauptung, Jesus nicht verraten,
sondern ihn in Jesu Auftrag
und auf dessen Geheiß der Obrigkeit
übergeben. Jesus wollte
selbst – im Einklang mit seinem
„Abba“ – ans Kreuz, um für seine
Botschaft bis zum Äußersten
zu gehen.
Diese Thesen bedurften freilich
der Untermauerung. Franz
Alt sieht sie in der Korrektur
von entscheidenden Übersetzungsfehlern
in den auf dem
Konzil von Nicäa im Jahr 325
als verbindliche Glaubenslehre
festgesetzten Evangelien, die
nur in der damaligen griechischen
Amtssprache überliefert
sind. Die aramäischen Urschriften
dagegen sind nicht erhalten.
Daher könne nur eine Rückübersetzung
vom Griechischen ins
Aramäische mehr Klarheit schaffen
und Alt beruft sich auf eine
solche durch den evangelischen
Theologen und Altphilologen
Günther Schwarz (gest. 2009).
Ein Beispiel: Jesus kündigt im
(griechischen) Matthäusevangelium,
als er seine Apostel auf
Golgatha schlafend antraf, seine
Kreuzigung und den Verrat seiner
Person durch einen der Ihren
an. In der Rückübersetzung ins
Aramäische klingt die Stelle
aber so: „Ihr schlummert und
ruht? Das Ende ist gekommen.
Der rechte Augenblick ist da. Ich
bin gewillt, übergeben zu werden
in die Gewalt der Toren. Steht
auf! – Ich muss gehen! Seht! Er,
der mich übergeben muss – Er
ist da.“ Der angebliche schnöde
Verrat aus Gewinnsucht wird
hier zum abgesprochenen Auftrag
an Judas, der sich als Vertrauter
Jesu und als einzig gebürtiger
Jerusalemer am besten
dafür eignete. Alt liefert im Buch
noch zahlreiche weitere und ähnliche
Beispiele für Falschinterpretationen,
insbesondere zum
nicht eindeutig bewiesenen Tod
und der in der Bibel behaupteten
Auferstehung Jesu. Zudem verweist
er auf erst vor einigen Jahren
entdeckte aramäische Evangelientexte
von Maria Magdalena
und Judas, die bisher von den
Amtskirchen nicht als relevant
anerkannt worden sind. Letztere
enthielten wertvolle Hinweise
auf das Verhältnis von Jesus zu
Maria Magdalena und Judas,
welches Alt als die „außergewöhnlichste
Liebesgeschichte
aller Zeiten“ bezeichnet.
Der Autor behauptet, dass der
offizielle Bibeltext an entscheidenden
Stellen von ordnungstheologischem
„Wunschdenken“
geprägt ist und dem befreienden
„jesuanischen“ Weg der allseitigen
Liebe in wesentlichen
Aspekten widerspricht. Er setzt
die Forderung dagegen, dem „jesuanischen“
Weg der allseitigen
Liebe und Fürsorge zu folgen
und resümiert: „Kirchen können
vergehen, Jesus wird bleiben…
der soziale Jesus der Bergpredigt
zur Überwindung der weltweiten
sozialen Ungerechtigkeiten,
der ökologische Jesus für die
Bewahrung der Schöpfung, der
pazifistische Jesus für eine effizientere
Friedens- und Abrüstungspolitik
im Atomzeitalter
und der feministische Jesus, der
mit seiner Gefährtin Maria Magdalena
vorgelebt hat, was echte
Gleichberechtigung von Mann
und Frau bewirken kann“.
Das Buch enthält noch eine
ganze Reihe weiterer Aspekte,
die gläubige Christen dazu
veranlassen können, weniger
auf eine künftige jenseitige Seligkeit
oder die „unfehlbare“
Autorität der Amtskirchen zu
bauen, sondern in der Nachfolge
des „wahren Jesu“ aktiv an der
Schaffung eines menschen- und
naturfreundlichen friedvollen
Diesseits mitzuarbeiten. Es ist
spannend geschrieben und lädt
zur geistigen Auseinandersetzung
ein. Sicherlich eine Stärke
des Textes, der seine aufklärerische
Wirkung in christlichen
Kreisen haben wird. Deshalb,
auch und gerade mit Blick auf
die rapide wachsende Legitimationskrise
der Kirchen, ist Alts
Buch sehr zu empfehlen.
Dies kann jedoch nicht darüber
hinwegtäuschen, dass der Autor
sich, zumindest was die theologischen
Implikationen betrifft,
auf einem ähnlich dünnen wissenschaftlichen
Quellen-Eis wie
die herkömmliche Theologie
bewegt. Und jeder Mensch kann
auch ohne jeglichen religiösen
Überbau und auch ohne Jesus die
Notwendigkeit der dringenden
Transformation der überwiegend
destruktiven Entwicklungen unserer
Lebenswelt erkennen und
sich dagegen engagieren.
Das Buch ist im Freiburger
Herder-Verlag erschienen und
zum Preis von 24 Euro im Buchhandel
erhältlich. Mehr Informationen
zum Autor auf seiner
Homepage: www.sonnenseite.
com
Erich Krieger
Michael Paul: „Scharfmacher“
Michael Paul:
„Radioaktive
Kochtöpfe“
Foto: Elektrizitätswerke
Schönau
(EWS)
Foto: Elektrizitätswerke Schönau (EWS)
Gefahren nuklearer Energieerzeugung
Virtuelle Ausstellung „100 gute Gründe gegen Atomkraft“
Zum 35. Jahrestag der
Tschernobyl-Katastrophe eröffneten
die EWS gemeinsam
mit dem Freiburger Kulturaggregat
e.V. und „.ausgestrahlt“
am 26. April die virtuelle Ausstellung
„100 gute Gründe gegen
Atomkraft“.
Vor 35 Jahren, am 26. April
1986, explodierte der Atomreaktor
in Tschernobyl. Fast
genau ein Vierteljahrhundert
später, am 11. März 2011, kam
es zur zweiten großen Katastrophe
der zivilen Kernkraftnutzung,
dem Super-GAU in
Fukushima. Beide Ereignisse
kosteten vielen Menschen das
Leben und verseuchten die
betroffenen Gebiete für Jahrhunderte.
In Deutschland, bis
dahin Treiber der nuklearen
Forschung und Energiegewinnung,
befeuerten die Katastrophen
einen langen Disput um
die Kernenergie, der letztlich
im Ausstieg aus der Atomkraftnutzung
mündete.
Zu diesem Anlass präsentieren
die EWS Elektrizitätswerke
Schönau, der Freiburger
Kulturverein Kulturaggregat
e.V. und die Anti-Atom-
Organisation „.ausgestrahlt“
die virtuelle Sonderausstellung
„100 gute Gründe gegen
Atomkraft“ mit Illustrationen
des Künstlers Michael Paul.
Pandemiebedingt muss die
Ausstellung ins Internet verlegt
werden. Dafür hat das
Kulturaggregat einen Raum
in seiner Online-Präsenz geschaffen.
Die „HILDAv5.0“
bildet nicht nur die Räumlichkeiten
des Vereins nach, sie
wurde von vorneherein als Ort
der Begegnung und sozialen
Interaktion geschaffen.
In der Online-Ausstellung
steuern die Besucher*innen
ihren Avatar wie im Computerspiel
durch die Räumlichkeiten.
Begegnen sich die
Teilnehmer*innen, können sie
per Video-Chat miteinander in
Kontakt treten.
Virtuelle Ausstellung: „100
gute Gründe gegen Atomkraft“.
Bis 10.05.2021.
Gesundheit KULTUR JOKER 25
„Dem Kindeswohl verpflichtet“
Sigma-Zentrum mit Gutachter-Expertise
Prof. Dr. Christoph Bielitz
© Sigma-Zentrum
Die letzte Eskalationsstufe,
die es bei Konflikten um das
erheblich in Familienstrukturen
eingreifende Sorgerecht gibt, ist
der Streit vor Gericht. Gerichtsverfahren
vor dem Familiengericht
stellen die Weichen für das
zukünftige Leben junger Menschen.
Von Gerichten in Auftrag
gegebene Gutachten sollen das
Gericht dabei unterstützen, zu
einer Entscheidung im Einzelfall
zu kommen und die richtige
Balance zwischen den Grundrechten
junger Menschen und
deren Eltern oder Sorgeberechtigten
zu finden. Zu einem auch
bundesweit vielbeachteten und
umstrittenen Sorgerechtsurteil
um ein 12-jähriges Mädchen
wurde die Expertise des Freiburger
Sigma-Instituts im Ärztehaus
beim Ev. Diakoniekrankenhaus
in Anspruch genommen.
Die Sozialpädagogin und zertifizierte
Verfahrensbeiständin
Carola Wilcke aus Görlitz unterstützt
mit ihrer Selbsthilfegruppe
„Löwenmamas“ Mütter
und Großmütter, die von Entscheidungen
und Verfahrensgestaltungen
am Familiengericht
betroffen sind, die sich nicht am
Kindeswohl orientieren, sondern
einer Bestrafungsintension
folgen. Die über die Mütterinitiative
MIA (www.die-mias.de)
erreichbare, geschlossene Facebook-Gruppe
ist der Individualität
und daraus resultierenden
abweichenden Bedürfnissen der
Kinder verpflichtet.
In der Begleitung eines aktuellen
Falles machte Carola
Wilcke zum wiederholten
Mal Erfahrung mit kinderpsychologisch
nicht geschulten
Jugendamtsmitarbeiter*innen,
Familienrichter*innen und
Gutachtern*innen. Die auch als
Sachverständige für die Kinderkommission
des Bundestages
tätige Sozialpädagogin hat sich
daraufhin an das Sigma-Zentrum
Bad Säckingen gewandt.
Kultur gegen den Corona-Blues
Kunstausstellung im Impfzentrum Offenburg
Ärztehaus beim Diakonierkrankenhaus Freiburg © Nicolai Schmidt
„Gründliches Aktenstudium,
geduldige Untersuchung und
exakte Darlegung führen zu Prägnanz,
Nachvollziehbarkeit und
Gerichtsfestigkeit“, definiert der
Geschäftsführende Ärztliche Direktor,
Professor Dr. Christoph
Bielitz, als Erfolgsfaktoren seiner
„dem Kindeswohl verpflichteten“
Tätigkeit als Gutachter. Die Ergebnisse
aus diesen Gutachten
haben daher einen erheblichen
Einfluss auf die Gerichtsentscheidung.
Auf der Grundlage
so genannter „Erziehungsfähigkeitsgutachten“
werden beispielsweise
Beschlüsse zum Entzug
oder zur Übertragung des
Personensorgerechtes getroffen.
Damit verbunden sind häufig
auch weitreichende Eingriffe in
die Lebenswelt der Kinder und
Jugendlichen. Der ARD-Beitrag
über das für das Kind vorerst positiv
ausgegangene aktuelle Gerichtsverfahren
ist über die Website
des Sigma-Zentrums (www.
sigma-zentrum.de) abrufbar (der
Gutachter Prof. Bielitz ist ab Minute
9:00 zu sehen).
AL-KOPURE
HIGH-TECH ZUR LUFTREINIGUNG
Der Kunststammtisch Emmendingen,
Kunst in EM, will
auch in Corona-Zeiten die Kultur
an die Menschen bringen.
So entstand die Idee, Kunst in
den Schaufenstern der Innenstädte
auszustellen. Dort kann
sie von Spazierenden betrachtet
werden, ist Corona-konform
und bietet Künstler*innen eine
Annette Kögel: „Die weißen Masken sind müde“, 2020, Mischtechnik,
90x120cm
Möglichkeit aktiv zu werden
und nicht weiter abwarten zu
müssen. Außerdem werden so
die Innenstädte wieder belebter
und Leerstände können für den
guten Zweck genutzt werden.
Unter dem Titel „Aktionsbündnis
Innenstadt“ werden in der
Gemeinde Sexau bereits Arbeiten
in Schaufenstern ausgestellt.
In Emmendingen sollen
weitere Schaufenster bespielt
werden und auch andere Städte
können dazukommen.
Die Idee, eine Kunstausstellung
in ein Impfzentrum
zu legen, kam Fritz Kendel,
Mitglied des Kunststammtischs,
als er seine Impftermine
wahrnahm. Er langweilte
sich während der Wartezeit in
der Messehalle Offenburg und
dachte, dass die kahlen Wände
doch einem guten Zweck
dienen könnten: Kunst musste
her! Gesagt getan. Seit dem 17.
April ist nun die Ausstellung
„Kunst in Impfzentren“ eröffnet.
Zu sehen sind verschiedene
Werke der Künstlerin Annette
Kögel. Sie führte während des
ersten Lockdowns ein Kunst-
Tagebuch. Damit fing sie
Nachrichten, Alltäglichkeiten
und Gefühle malerisch ein. Ein
Teil dieser Bilder hat Kögel auf
120×90 Zentimeter große PVC-
Planen drucken lassen. Unter
dem Titel „Ruhe. Jetzt ist Pandemie.“
waren die Kunstwerke
zuletzt in Neuenrade zu sehen
und werden ab Samstag das
Impfzentrum schmücken.
Momentan wird daran gearbeitet,
die Ausstellung durch
verschiedene Impfzentren
wandern zu lassen. Außerdem
sollen weitere Künstler*innen
hinzugeholt werden, um diese
Chance für die Kunstschaf-
fenden zu nutzen und weiter
auszubauen. Interessierte
Künstler*innen können sich bei
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26 KULTUR JOKER handwerkskultur
Verbindung von Kreativität und Handwerk
Schreiner-Innung Freiburg bietet sichere Zukunftsperspektiven und höchste Qualität
Das Handwerk des Schreinerns
blickt auf eine lange
Geschichte mit ebenso großer
Tradition zurück. Das Holz
gehört wohl zu den ersten
Bau- und Werkstoffen, die der
Mensch zur Errichtung von
Häusern und Fertigung von
Möbelstücken nutzte. Bereits
im 12. Jahrhundert tauchte
im süddeutschen Raum der
Begriff des „Schreyner“ auf
und ab dem 13. Jahrhundert
bildeten sich die ersten Schreinerzünfte
im deutschen Raum.
Auch die Schreiner-Innung
Freiburg blickt auf eine lange
Geschichte zurück. Seit 1826
bietet die Innung einen Ort
für Schreiner*innen, an dem
Weiterbildung, fachlicher Erfahrungsaustausch
und gegenseitige
Unterstützung stattfindet.
Die Mitgliedschaft in der
Schreiner-Innung Freiburg
kommt aus diesen Gründen
einem Gütesiegel höchster
Qualität gleich. Nicht zuletzt
durch aktuelles Fachwissen,
Designkompetenz und der Verarbeitung
hochwertiger Materialien
setzen Kund*innen im
gesamten Landkreis auf das
Qualitätsversprechen der Innungsbetriebe.
Doch nicht nur Kund*innen
sind zufrieden. Der Beruf des
Schreiners gewinnt auch bei
jungen Menschen an immer
Foto: Schreiner-Innung Freiburg
größerer Beliebtheit. Holz gilt
heute als essenzielles Baumaterial
der Zukunft, das nachhaltiges
und regionales Bauwesen
unterstützt und so für
Auszubildende eine sichere
Zukunftsperspektive ermöglicht.
Einen Aufschwung zeigen
auch die Zahlen der Auszubildenden,
die die Schreiner-
Innung Freiburg aufweist.
Waren es 2020 noch 29 Prüflinge,
erwartet Bernd Schwär,
Obermeister der Innung, voraussichtlich
36 Gesellenprüfungen
im kommenden Sommer.
Die steigenden Zahlen der
Gesellen in diesem Jahr sind
nicht zuletzt den erfolgreichen
Lösungswegen zu verdanken,
die die Betriebe der Schreiner-
Innung Freiburg für die großen
Herausforderungen der Covid-
19-Pandemie gefunden haben.
Telefonische Beratungs- und
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Eine Küche nach Maß
Foto: Schreinerei Brender, Schreiner-Innung Freiburg
handwerkskultur KULTUR JOKER 27
Maßgefertigtes Schlafzimmer
Foto: LaModula
Planungsgespräche und strenge
Hygienevorschriften vor
Ort konnten die Qualität der
Ausbildung sichern.
Es sind aber nicht nur die
vielversprechenden Zukunftsperspektiven,
die die Berufswahl
so attraktiv macht. Der
Beruf des Schreiners verbindet
auf fast einzigartige Weise
kreative Verwirklichung und
handwerkliches Können. Gemeinsam
mit den Kund*innen
werden Zeichnungen erstellt,
Hölzer ausgewählt, gesägt, gebeizt
und poliert, bis am Ende
ein einzigartiges Möbelstück
entsteht. Tische, Kommoden,
Stühle und auch Küchen bieten
Raum zur freien Entfaltung
des Schreiners und kreieren
zugleich Herzensstücke und
Begegnungsorte für Familien,
die über Generationen weitergegeben
werden können.
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28 KULTUR JOKER Interview
Abend zum Beispiel ging es um
zwei plus zwei.
Kultur Joker: Bringen Sie den
Kids auch Musik bei?
Holland: Bei uns zuhause läuft
immer Musik aus verschiedensten
Quellen. iPads und
Smartphones liegen überall
herum und spielen irgendeine
Kindermusik ab. Bei uns findet
definitiv musikalische Erziehung
statt.
Kultur Joker: Sie sind nicht nur
ein erfolgreicher Musiker, sondern
auch Wissenschaftler. Sie
haben über Viren geforscht.
Holland: 2017 habe ich einen
Doktortitel in Molekularbiologie
an der University of Southern
California bekommen.
Mein Schwerpunktthema war
die HIV-Forschung. Ich habe
mich schon immer für Viren interessiert.
Aber ich konnte natürlich
nicht ahnen, dass sich eines
Tages die ganze Welt für Viren
interessieren würde. HIV macht
mittlerweile keine Schlagzeilen
mehr, aber Aids ist nach wie
vor eine sehr reale und schwere
Krankheit.
Kultur Joker: Werden wir Aids
bald besiegt haben?
Holland: Es dürfte schwer sein,
HIV mit der Wurzel auszureißen,
weil es einige komplizierte Besonderheiten
aufweist. Ich hoffe
eher, dass wir das Coronavirus
auslöschen können – beziehungsweise
bald besser mit ihm
umgehen können. .
Kultur Joker: Lesen Sie viel
über das Coronavirus?
Holland: Na klar, ich möchte
auf dem Laufenden bleiben.
Ich würde mich zwar nicht als
Covid-19-Experten bezeichnen,
aber ich begreife schon, was Viren
auszeichnet.
Kultur Joker: Wann wird es
wieder möglich sein, gefahrlos
große Konzerte zu veranstalten?
Holland: Das lässt sich zum
gegenwärtigen Zeitpunkt nicht
vorhersagen, weil es hinsichtlich
Covid-19 noch zu viele
unbekannte Aspekte gibt. Man
kann zum Beispiel nicht jeden
Einzelnen testen, weshalb man
nie wissen wird, wo das Virus
überall umgeht, wie stark es die
Bevölkerung bereits durchdrungen
hat und wie schnell es sich
verbreitet. Das alles kann man
eigentlich nur schätzen aufgrund
von Testungen. Ich vermute, dass
zwischen Sommer und Jahresende
2021 Konzerte möglich sein
werden. Das hängt aber auch von
den Impfungen ab.
Kultur Joker: Der deutsche Ticketverkäufer
CTS Eventim will
die Corona-Impfung an der Konzertkasse
prüfen. Wie denken Sie
über eine Impfpflicht für Konzertbesucher?
Holland: Das wäre ein möglicher
Weg. Mit einer Impfung
fühlt man sich natürlich viel sicherer.
Gesichtsmasken wären
auch eine gute Idee. Und natürlich
Konzerte an der frischen
Luft.
Kultur Joker: Sind Sie bereits
geimpft worden?
Holland: Ich warte immer noch
geduldig auf einen Termin. Einige
Länder sind beim Impfen
schneller als andere. Großbritannien
gehört zu den schnelleren,
die USA sind eher langsam. Aber
der Impfstoff des Herstellers
Johnson & Johnson ist bei uns
jetzt auch zugelassen worden.
Können wir bitte auch noch ein
wenig über Musik reden?
Kultur Joker: Natürlich. Der
Song “The Opioid Diaries” handelt
von der Drogenkrise in den
USA. Überschattet die Coronakrise
das Drogenproblem?
Holland: In den Medien auf jeden
Fall, denn da dreht sich alles
um Corona. Auf dieser Platte
wollten wir aber verschiedene
gesellschaftliche und politische
Themen in Angriff nehmen,
über die geredet werden muss.
Sie war fertig, als die Pandemie
begann. Es macht für mich auch
keinen Sinn, eine ganze Platte
über Corona zu schreiben. Die
Opioidkrise in den USA interessiert
mich persönlich, weil
sie anders ist als bisherige Drogenkrisen.
Klassische Süchtige
hat es schon immer gegeben,
aber die Leute, die sich Opioid-
Schmerzmedikamente verschreiben
lassen, suchen nicht nach
einem Hochgefühl à la Heroin.
Sie werden eher unbeabsichtigt
zu Süchtigen, weil diese Substanzen
in kürzester Zeit extrem
abhängig machen. Und dann
wollen sie immer mehr davon
haben. Irgendwann bekommen
sie aber keine ärztlichen Rezepte
mehr, weshalb sie sich auf der
Straße Heroin besorgen. In den
USA werden Football-Spieler zu
Junkies! Das ist eine einzigartige
Situation.
Kultur Joker: Wer ist dafür verantwortlich?
Holland: Unter anderem die
Pharmaindustrie. Hauptsächlich
trifft es jüngere Menschen. Seit
einigen Jahren nimmt der Missbrauch
von Fentanyl in den USA
zu. Seine extrem hohe Wirksamkeit
führt zu extrem hohen Todesraten.
Manche Leute sterben
bereits bei einmaliger Einnahme.
Es ist rau da draußen.
Kultur Joker: Kennen Sie persönlich
viele Opioid-Abhängige?
Holland: Natürlich kenne ich
welche. Darunter sind auch
Freunde von mir.
Kultur Joker: Trauen Sie Joe Biden
zu, die größten Probleme der
USA zu lösen?
Holland: Normalerweise äußere
ich mich nicht zum Thema Politik.
Aber Amerika hat auf diesen
Wechsel lange gewartet. Es ist
Zeit, dass sich etwas ändert. Biden
hat einen ganz anderen Ansatz
als sein Vorgänger. Ich hoffe,
er hat damit Erfolg. Amerika ist
bereit, neue Wege zu gehen.
Kultur Joker: Warum machen
Sie Musik? Als Wissenschaftler
könnten Sie Ihrem Land ja auch
anders dienen.
Holland: Einerseits liebe ich
Musik. Andererseits habe ich
einen Standpunkt zu den verschiedensten
Themen. Als ich
The Offspring: Pete Parada, Todd Morse, Dexter Holland und
Kevin Wasserman (v.l.n.r.)
Foto: Daveed Benito
jünger war, stand ich total auf
Punkbands. Deren Einstellung
hat mich geprägt. Mainstreamund
Popbands hingegen ließen
mich eher kalt. Punkbands
haben keine Angst, Tabus wie
Depression, Geisteskrankheit
oder das Schlechte im Leben
anzusprechen. Die unterschiedlichsten
Erfahrungen, die junge
Menschen machen, haben mich
dazu ermuntert, tröstliche Songs
zu hören und später auch selber
zu schreiben.
Kultur Joker: Was hat Sie zu
dem Song „Breaking These Bones“
inspiriert?
Holland: Das ist ein Song über
Trauer. Trauer ist assoziiert mit
dem Tod oder mit dem Ende einer
Beziehung. In meinem Song
geht es jedoch darum, sich aus
der Welt zurückzuziehen und
Türen und Fenster hinter sich zu
schließen. Depression kann sich
anfühlen wie ein Amboss auf
deiner Brust, der die Kraft hat,
dir die Knochen zu brechen. Ich
wollte einmal das körperliche
Gefühl dieser Krankheit ausdrücken
und keinen Ratgebersong
machen. Das klingt jetzt
vielleicht seltsam, aber ich sehe
sonst keine Songs, die aus dieser
Perspektive geschrieben wurden.
Kultur Joker: Hat Musik für Sie
einen therapeutischen Aspekt?
Holland: Absolut. Wie nennt
man das gleich? Katharsis! Viele
unserer Fans schreiben uns über
die Sozialen Medien, wie sehr
wir ihnen dabei geholfen haben,
dunkle Zeiten zu überwinden.
Des öfteren habe ich den Satz
gehört, „Musik hat mein Leben
gerettet“. Ich weiß nicht, ob ich
das alles so glauben kann, aber
Musik hat definitiv die Macht,
Menschen zu helfen oder vielleicht
sogar zu heilen.
Kultur Joker: Können Sie sich
an einen lebensrettenden Moment
mit Musik erinnern?
Holland: Nun, unsere musikalische
Reise ist eine Entwicklung.
Alter Schwede! Am Anfang
war es die Popmusik, die
meine Mutter gehört hat. Später
die Platten, die mein großer
Bruder mit nach Hause gebracht
hat, von Elton John, Kiss und
anderen Hardrockbands. Als prägendes
Erlebnis erinnere ich aber
Punk: die Sex Pistols, die Ramones
oder gewisse kalifornische
Bands wie The Vandals. Diese
krachige und aggressive Musik
mit ihren Botschaften veränderte
für mich alles. Schlagartig.
Kultur Joker: Möchten Sie Musik
machen, die tiefer geht als
der übliche Punkrock?
Holland: Mit Sicherheit. Sind
wir überhaupt eine Punkband?
Ich denke, im Kern schon. Wir
versuchen, das Genre mit jeder
Platte ein bisschen mehr zu
erweitern. Weshalb wir keine
typische Punkband sind. Mit
„Gone Away Requiem“ ist auf
der neuen Platte sogar ein Pianosong.
Dergleichen würde man
von einer Punkband eigentlich
nicht erwarten. Ich will aber sehr
persönliche Songs machen. Und
das hat wunderbar funktioniert,
indem ich einfach nur zum Piano
gesungen habe.
Kultur Joker: Besteht die Hoffnung,
dass wir diesen und weitere
neue Songs dieses Jahr in
Deutschland live erleben?
Holland: (lacht) Wir können es
kaum erwarten, wieder auf Tour
zu gehen. Je eher, desto besser.
Sobald das Touren wieder sicher
ist, werden wir da sein.
Kultur Joker: Dexter Holland,
vielen Dank für das Gespräch!
The Offspring - Let The
Bad Times Roll (Concord
Records/Universal
Music) - VÖ: 16.04.2021
VERANSTALTUNGEN KULTUR JOKER 29
Kultur streamen, Kultur unterstützen
Im Gespräch mit Thomas Walz, Ideengeber und Betreuer von #infreiburgzuhause
Im Livestream: Die Musikerin Cécile Verny beim BENEFIZIVAL
im E-Werk
Foto: Raphael Pietsch
Zuschauer*innen das Live-
Erlebnis nach Hause bringen
und den Kulturschaffenden
dahinter während der Corona-Krise
helfen. Das sind die
Ziele des Live-Streaming-
Portals #infreiburgzuhause.
Initiatorin des Konzepts, das
seit letzten Jahres in Umsetzung
ist, ist die Sparkasse
Freiburg, Mitiniatiatorin die
Freiburg Wirtschaft Touristik
und Messe (FWTM). Der
Verein Kulturaggregat ist
Konzeptpartner. Ideengeber
des Projekts und Betreuer ist
Thomas Walz. Im Gespräch
mit Fabian Lutz spricht der
Sparkassen-Mitarbeiter und
Musiker über das neue Format.
Kultur Joker: Was war der
Auslöser, der Sie zur Idee dieses
Projekts brachte?
Thomas Walz: Auslöser war
der im März 2020 ausgerufene
Lockdown. Ich musste selbst
alle Veranstaltungen der Sparkasse
absagen und war im Anschluss
meiner täglichen Arbeit
beraubt. Außerdem bekam ich
durch meine Vorstandstätigkeit
bei der Vereinigung Freiburger
Jazzhaus schnell mit, wie die
Krise Kulturschaffende treffen
wird.
Kultur Joker: Wie haben Sie auf
die Lage reagiert?
Thomas Walz: Ich überlegte
mir, wie ich mich selbst sinnvoll
beschäftigen, wie man Kulturschaffenden,
Künstler*innen,
Techniker*innen und anderen
helfen und wie ich meinen Auftrag
im gesellschaftlichen Engagement
der Sparkasse auch in
Corona-Zeiten fortsetzen kann.
Kultur Joker: Hatten Sie Vorbilder?
Thomas Walz: Vorbilder gab es
keine. Bei der technischen Gestaltung
der Website haben wir
uns allerdings an bestehenden
Beispielen orientiert.
Kultur Joker: Wie ist das Projekt
angelaufen? Gab es von Beginn
an ermutigendes Feedback
oder musste sich die Plattform
erst langsam etablieren?
Thomas Walz: Das Konzept
wurde speziell für den Lockdown
erdacht und erarbeitet.
Die achtwöchige Aufbauphase
der Website, die Klärung ablauftechnischer,
juristischer
und steuerlicher Fragen, machte
einen Start des Projekts jedoch
erst möglich, als es im Frühsommer
2020 allmählich wieder
Lockerungen gab. Trotzdem
war der Auftakt mit dem Singalong
von Cécile Verny, dem
Freiburger Barockorchester und
mit El Flecha Negra sowie weitere
folgende Live-Streamings
erfolgreich. Wir waren zufrieden
– hatten bis dahin aber auch
keine Vergleiche.
Kultur Joker: Mit den breiten
Lockerungen im Sommer
2020 bekam ihr Projekt aber
wahrscheinlich unerwartet
Konkurrenz.
Thomas Walz: Je mehr es in
den Sommer 2020 ging und
weitere Öffnungen stattfanden,
gingen die Nutzerzahlen und die
Zahlungsbereitschaft des Publikums
nach unten. Doch nach der
Sommerpause, spätestens kurz
vor dem zweiten Lockdown
nahm das Projekt wieder Fahrt
auf und seit Januar sind die
Streaming-Zahlen und endlich
auch die Zahlungsbereitschaft
der Zuschauer stetig nach oben
gegangen.
Kultur Joker: Zugespitzt könnte
man sagen: Umso mehr Lockdown
umso erfolgreicher Ihr
Projekt?
Thomas Walz: Die Statistik-
Kurve erinnert tatsächlich ein
wenig an die der Inzidenzzahlen
und orientiert sich am Lockdowngeschehen.
Das hatten
wir aber nicht anders erwartet,
denn es hat sich ja von Anfang
an lediglich um einen Kompromiss
für alle gehandelt, mit
dem wir in Lockdownzeiten für
Perspektiven in der Kulturszene
sorgen wollten.
Kultur Joker: Wie sieht es mit
diesen Perspektiven aus? Haben
Sie langfristig Erfolge erzielen
können?
Thomas Walz: Bis jetzt haben
wir fast 90 Veranstaltungen gestreamt,
wir haben über 95.000
Ansichten gemessen, davon
waren über 45.000 Nutzer live
dabei. Bei den Publikumserlösen
knacken wir demnächst
die 100.000 Euro-Marke. Mit
den Sponsoringgeldern der
Sparkasse, FWTM, Dr. Falk
Pharma, SC Freiburg, Lexware,
Rotary Club Freiburg zusammen
haben wir so bis jetzt über
250.000 Euro an die Freiburger
Kulturwirtschaft ausgeschüttet.
Mit den noch nicht investierten
über 80.000 Euro können wir
noch rund 35 Veranstaltungen
realisieren. Unsere Ziele, die
Kulturwirtschaft zu unterstützen,
Perspektiven zu schaffen
und Freiburgs Kulturszene in
einer ihrer größten Krisen wertzuschätzen,
haben wir so bereits
jetzt schon erreicht.
Kultur Joker: Was sind Ihre
Veranstaltungsfavoriten in
nächster Zeit?
Thomas Walz: Ich will mich
ungern auf den einen Veranstaltungsfavoriten
festlegen.
Ich freue mich über die große
Vielfalt, die Freiburg auf in-
Freiburgzuhause.de weiterhin
zu bieten hat. Vieles habe ich
bisher vorher nicht gekannt oder
auch nicht in Freiburg verortet.
Deshalb bin ich neugierig auf
nahezu jeden Stream, der noch
stattfinden wird.
Kultur Joker: Sehen Sie auch
über die Corona-Krise hinaus
Potential für eine solche lokale
Streaming-Plattform?
Thomas Walz: Ob und wie Kultur-Live-Streamings
nach der
Corona-Krise noch erfolgreich
sein werden, wird der Markt
entscheiden. Wichtig wäre ein
Streaming-Stammpublikum,
das die neuen Vorzüge auch
verlässlich zu schätzen weiß und
vor allem auch dafür bezahlt.
Denn die Zusatzkosten müssen
sich für Kulturschaffende oder
Veranstalter auch lohnen. Wahrscheinlich
sind die Chancen
im Live-Streaming vor allem
hybrid zu suchen, also in Kombination
mit Präsenzpublikum,
denn wer sehnt sich nach den
langen Lockdownmonaten nicht
nach Live-Kultur vor Ort?
Kultur Joker: Wo könnte eine
Thomas Walz
Foto:
Thomas Zeller
solche „hybride“
Lösung zum Beispiel greifen?
Thomas Walz: Kommunale
oder institutionelle Eventveranstalter
könnten auf eine Zukunft
mit Live-Streaming- oder
Hybridveranstaltungen setzen.
Diese suchen ja große Reichweiten,
welche sie wegen der
beschränkten Raumkapazitäten
bislang nicht genutzt haben.
Und die Kosten für Streamingtechnik
wären hier auch gut
zu legitimieren. Die ersten
Gehversuche, siehe der Neujahrsempfang
der Stadt oder die Galanacht
des Sports, waren ja sehr
erfolgreich. Technisch dürfte
die Website infreiburgzuhause.
de jedenfalls auch nach der
Pandemie funktionstüchtig sein.
Kultur Joker: Herr Walz, wir
danken Ihnen für dieses Gespräch!
Weitere Infos: www.infreiburgzuhause.de
30 KULTUR JOKER veranstaltungen
Minimal Music Freiburg
Steve Reich ist ein wichtiger
Pionier der sogenannten Minimal
Music. Zu seinem 85.
Geburtstag kommen das Holst-
Sinfonietta-Ensemble und die
Black Forest Percussion Group
zusammen und spielen einige
seiner bedeutendsten Werke wie
das Sextet, City Life und, als
Freiburger Erstaufführung, Tehilim,
die legendäre Psalmvertonung
für Frauenstimmen und
Ensemble in hebräischer Sprache.
Das Konzert „Steve Reich‘s
Masterworks“ findet in Freiburg
am 28./29. Mai, jew. um 20 Uhr
im E-Werk statt. Je nach Corona-Lage
wird eventuell auch
nur das zweite Konzert am 29.
Mai auf der Plattform „www.infreiburgzuhause.de“
gestreamt.
Sicher stattfinden wird die Aufführung
am 8. Juni, 20 Uhr im
Museum Tinguely in Basel.
Steve
Reich
Foto:
Jeffrey
Herman
Kalviertalent Miku Arizono Freiburg
Ein facettenreiches Programm,
gespielt von einer prämierten
Pianistin präsentiert der Verein
Haus der Kultur Freiburg am
23. Mai, 17 Uhr im Historischen
Kaufhaus Freiburg. Die junge, in
Freiburg lebende Japanerin Miku
Arizono, Gewinnerin des internationalen
Klavierwettbewerbs
Livorno 2020, spielt ein progressiv
angelegtes Klavierrezital.
Im Programm stehen Werke
unterschiedlicher Komponisten
wie Haydn, Debussy, Janáček,
Wagner und Liszt. Dazu kommen
zwei Eigenkompositionen
der Pianistin. Kein schlechter
Anlass, ein vielseitiges Talent zu
erleben und zu feiern.
Foto: 2R Studio Produzioni Multimediali
Geister in Freiburg Freiburg
Die Freiburger*innen interessieren
sich nicht nur für ihre
Geschichte, sondern auch für
das Sonderbare, Okkulte ihrer
Stadt. Anlässlich des Freiburger
Stadtjubiläums erschien
2020 das von Uwe Schellinger
und Michael Nahm herausgegebene
Sachbuch „Freiburgs
Gespenster: Spuk und Geister
in der Stadt von 1800 bis heute.
Ein Quellen- und Textbuch“.
Auch herausgegeben vom Institut
für Grenzgebiete der Psychologie
und Psychohygiene,
war das Buch innerhalb kurzer
Zeit verkauft und vergriffen.
Nun ist die zweite Auflage erschienen
und im Buchhandel
erhältlich. Frohen Spuk!
Neue Projekte für Freiburg Freiburg
Die Freiburger Bürgerstiftung
steht seit 2006 unermüdlich und
ehrenamtlich hinter Projekten
aller Art, immer wieder mit
dem Anspruch, das Stadtleben
Freiburgs zu bereichern, aber
auch mit kritischen Fragen zu
begleiten. Besonders wichtig
sind ihr dabei die Themen
Soziales, Bildung, Kultur und
Ökologie. Nach 15 Jahren ist
nun Zeit für eine Bilanz. Am
19. Mai, 18.30 Uhr lädt die Stiftung
zu einem digitalen Forum
ein. Die Stiftung beantwortet
hier nicht nur Fragen interessierter
Bürger*innen, sondern
nimmt auch Vorschläge für Projekte
entgegen. Wer dabei sein
möchte, meldet sich bis zum
16. Mai unter info@freiburgerbuergerstiftung.de
Vintage in der Fischerau
Das ETCETERA feiert seinen 40. Geburtstag und hält kein Ende in Sicht
Maureen Winterhager vor
ihrem Geschäft Foto: privat
Ein bisschen muss Maureen
Winterhager selbst staunen: 40
Jahre! Und fügt hinzu: „Nicht
schlecht, oder? Für einen kleinen
Individualladen ohne jegliche
Hilfe.“ Angefangen hat
Maureen Winterhager Anfang
der 80er-Jahre. Als alleinstehende
Frau mit Kind, Lehrerin
von Beruf und mit einer neuen
Vision: Einen eigenen Antiquitätenladen!
Zusammen
mit einer Freundin brachte die
gebürtige Australierin ihre gesammelten
Schätze nach Freiburg
und bot sie in der Wiehre
zum Verkauf. Das Geschäft
trug den Namen ETCETERA.
Und so ist es auch heute.
Seitdem hat sich aber auch
viel verändert. Nicht nur ist
das Sortiment vielfältiger geworden
und die Kundschaft
größer. Auch liegt schon der
sechste Umzug hinter Maureen
Winterhager, die längst
alleinige Inhaberin des Ge-
schäfts ist. Nun befindet sich
das ETCETERA idyllisch gelegen
in der Fischerau.
Die Besonderheit des Geschäfts
liegt für Maureen Winterhager
in der Vielfalt. Vintage-Schmuck
steht neben Designerware,
große Namen neben
fast vergessenen Stücken.
Herzstück des Sortiments sind
sicher die Hüte, die bereits im
Schaufenster ansichtig sind.
Hier finden neugierige, stilbewusste
Menschen vieles, sicherlich
aber keine faden Designs.
Alles leuchtet, strahlt,
ist bunt, auch verwegen. Kam
Winterhager ursprünglich vor
allem mit Möbeln und Lampen
nach Freiburg, bietet ihr Laden
nun vor allem funkelnden
Schmuck, farbsatte Taschen in
eigenen Designs und ausgefallene,
stilvolle Hüte.
Geschätzt wird das ETCE-
TERA nicht nur für seine
bunte Kollektion, sondern
auch für den Verkauf seltener
Designerstücke. Dabei gibt es
auch Mode für kleinere Geldbeutel,
weshalb auch hier am
Ende vor allem die Vielfalt
steht. Zu ihrem 74. Geburtstag
wünscht sich Maureen Winterhager
aber keine Bremse, sondern
eine Fortführung ihrer
Leidenschaft. „Ich bin voller
Tatendrang!“ Soeben hat sie
ihren Mietvertrag in der Fischerau
verlängert und trotzt
damit allem Pessismus in dieser
schwierigen Zeit. Hut ab!
Weitere Infos: www.etceterantik.com
Hut mit Schmuck von Elsa
Schiaparelli
Foto: promo
„Vom Vorurteil zur Gewalt“
Online-Talk mit Diskussionen
Foto: promo
Die Evangelische Erwachsenenbildung
in Freiburg (EEB)
kündigt einen Vortrag samt
Diskussion an, den es mitzuteilen
lohnt: „Feindbilder in
Geschichte und Gegenwart“.
Prominenter Referent ist der
international anerkannte Historiker
Prof. Wolfgang Benz,
der von 1990 bis 2011 das
‚Zentrum für Antisemitismusforschung‘
an der TU Berlin
leitete. Seitdem im Ruhestand,
publiziert Benz, Jahrgang
1941, regelmäßig zu Themen
wie: Antisemitismus und Islamkritik,
Widerstand im Dritten
Reich – und zuletzt in einer
im Herder-Verlag 2020 erschienenen
Monographie über
„Vom Vorurteil zur Gewalt“.
Leider sind dies wiederkehrende
und heute umso aktuellere
Probleme. Die Veranstaltung
findet statt in Kooperation mit
dem Friedensinstitut Freiburg,
der Gesellschaft für Christlich-
Jüdische Zusammenarbeit, der
Christlich-Islamischen Gesellschaft
e.V. und dreisam3.
Die Teilnahme sei allen Interessierten
dringend ans Herz
gelegt – man/frau kann da nur
dazulernen, gerade auch für
den gegenwärtig manchmal so
schwierigen Diskurs in unserer
Gesellschaft.
Termin: Mittwoch, 05. Mai
2021, 20 bis 21.30 Uhr.
Die Durchführung erfolgt
als online-Talk mit Zwischenbreaks
und Diskussionen;
Anmeldung hier: www.
erwachsenenbildung-freiburg.de/site/suche.php?we_
objectID=7689?catid=3
Info: 0761-7086342.
Um eine freiwillige Spende
wird gebeten.
VERANSTALTUNGEN KULTUR JOKER 31
Wir tanzen im Viereck
Das 2. International Screen Dance Festival in Freiburg
Screendance, auch Videodance
oder Cinedance genannt,
ist mittlerweile eine weltweit anerkannte
und boomende Kunstform,
die jedoch in Deutschland
immer noch weitestgehend unbekannt
ist. Ein zentrales Prinzip
des Screendance bildet – neben
der Konservierung von Tanz als
ephemerem Spektakel – Interdisziplinarität.
Daher agiert Screendance
stets an der Schnittstelle
von Tanz, Choreografie, Performance,
Film und Bildender
Kunst und geht damit der grundsätzlichen
Frage nach der Fruchtbarmachung
und Bereicherung
der Techniken einer bestimmten
Kunstform für die jeweils andere
nach. Besonders durch die
fortschreitende Digitalisierung
und zusätzlich bedingt durch
die anhaltende Pandemielage ist
Screendance in Bezug auf seine
Verbreitung, sein Publikum, aber
auch auf seine Macher*innen besonders
niederschwellig – jede*r
Handykamerabesitzer*in erfüllt
die technologischen Bedingungen
einen eigenen Screendance-Film
zu entwickeln.
Das 2. International Screendance
Festival Freiburg wird von
27. bis 30. Mai 2021 in einer reinen
Online-Form stattfinden. Es
ist eine Kooperation zwischen
der Tanzsparte des Theater Freiburg
unter der Künstlerischen
Leitung von Adriana Almeida
Pees als Initiatorin und den beiden
Screendance-Expert*innen
und Gründer*innen des Festival
International de Vidéo Danse
de Bourgogne Marisa C. Hayes
und Franck Boulègue. Die zweite
Version des Festivals besteht aus
einer nationalen sowie einer südamerikanischen
Kategorie und
schließt auch die Ergebnisse der
zahlreichen Screendance-Workshops
ein, die das Theater Freiburg
seit einigen Jahren anbietet.
Für das Screening der nationalen
Screendance-Filme konnten
sich Künstler*innen aus ganz
Deutschland über einen Open
Screendance in Aktion
Foto: Patricio Soto-Aguilar/Festival Bestias Danzantes
Call bewerben,
die Filme aus
S ü d a m e r i k a
wurden von den
künstlerischen
Leiter*innen
der dor tigen
drei namhaftesten
Screendance-Festivals
ausgewählt.
Eröffnet wird
das Festival am
Freitagabend
mit einer Video-
Begrüßung des
Kurator*innen-
Teams, gefolgt
vom ersten Screening der Kategorie
Südamerika/Brasilien,
kuratiert von Leonel Blum. Bereits
davor, am Donnerstag- und
Freitagnachmittag, findet für alle
Screendance-Interessierten ein
zweiteiliger Intermediate-Workshop
statt. Am Festivalsamstag
werden die Gewinner*innen des
Open Call in der nationalen Kategorie
präsentiert, im Anschluss
findet ein Künstler*innen- und
Publikumsgespräch via Zoom
statt. Am letzten Festivaltag
steht das Screening der zweiten
Kategorie Südamerika an, mit
jeweils einer eigenen Vorführung
der Filme aus Kolumbien
(kuratiert von Soraya Vargas)
und Chile (kuratiert von Marjorie
Rodriguez). Den Abschluss
bildet noch einmal ein Zoomtalk
mit dem Kurator*innenteam
und den Festivalleiter*innen aus
Südamerika, das Gespräch wird
Spanisch-Deutsch übersetzt.
Weitere Informationen: www.
theater.freiburg.de.
Leise Töne und nah am Menschen
Festival of Transcultural Cinema findet vom 6. bis 16. Mai online statt
Die Pandemie schickt auch
das Freiburger Filmforum in
die Sphären des Internets. Per
Livestream und Zoomgespräch
wird die Bühne für alle weltweit
geöffnet: Mit #Junction Nairobi
und #Junction Karachi gibt es
eine Direktverbindung zu Filmschaffenden
in diesen beiden
Städten.
Seit 1985 ist das Festival ein Forum
für Filme und Begegnungen,
für Dialog und Diskussion, für
den gegenseitigen Austausch
der Kulturen der Welt. Gäste
aus allen Kontinenten prägen zu
normalen Zeiten die Festivaltage
im Alten Wiehrebahnhof. Die
Umsetzung der Veranstaltung in
den digitalen Raum ist auch als
Chance zu sehen, das Forum um
ein internationales Publikum zu
erweitern. Alle Veranstaltungen
werden als Livestream mit anschließendem
Filmgespräch angeboten,
wobei Zuschauende die
Möglichkeit erhalten, persönlich
am Gespräch mit den Filmschaffenden
(per zoom) teilzunehmen.
Sofern dies die Situation erlaubt,
werden an den Wochenenden die
Abendprogramme für das Freiburger
Publikum auch OpenAir
angeboten.
Programmatisch haben sich die
Veranstaltenden für Filme entschieden,
die eher leise Töne anschlagen,
auf Strukturen schauen
und nah am Menschen bleiben.
Arbeitsbedingungen und Migration
als Folge der Globalisierung
sind wiederkehrende Themen wie
auch die Folgen der Wachstumsökonomie
und Fragen diverser
kultureller Identitäten.
So beginnt das Festival auf
Baustellen, an Verkehrswegen
und Grenzübergängen. Oft konstituiert
sich das Narrativ der
Filme aus der Spannung zwischen
der Statik eines Ortes
und den fließenden Prozessen,
die dort stattfinden – seien dies
Verkehrsströme, der Umsatz von
Waren oder das Vergehen von
Zeit bei persönlichen Entscheidungen
und Veränderungen.
Der Langfilm am Eröffnungsabend
„143 rue du désert“ von
Hassen Ferhani entführt in ein
winziges Café mitten in der Wüste
an der Transsahara-Nationalstraße.
Dort wird Pause gemacht
von Fernreise und Schwerverkehr.
Ein historisches Thema berührt
der Kompilationsfilm „They Call
Me Babu“ von Sandra Beerends,
der das Schicksal von indonesischen
Kindermädchen in der
Kolonialzeit anhand von Tagebüchern,
Home Movies und
Archivmaterial schildert. Dazu
wird als europäische Premiere
der Film „Help Is On The Way“
von Ismail F. Lubis gezeigt, der
die Vermittlung und Arbeit heutiger
Hausangestellten aus dem
gleichen Land zeigt.
Es gibt auch wieder die students‘
platform mit Hochschul-
und Debütfilmen. Junge
Filmemacher*innen befassen
sich viel mit Fragen von Identität
in der Gesellschaft und zwischen
den Kulturen sowie Folgen von
Migration und befragen die eigene
Position hinter der Kamera.
Alle Filme sind englisch untertitelt
und die Gespräche finden
auf Englisch statt. Eine Ausnahme
ist die Sonntagsmatinee „Die
Bidonvilles“ von Paris – Ein Hörspiel
von Hubert Fichte aus dem
Jahr 1967. Zu Gast ist der Kulturanthropologe
und Schriftsteller
Hans-Jürgen Heinrichs.
Weitere Infos: www.freiburgerfilmforum.de
Filmstill aus „They Call Me Babu“ von Sandra Beerends
Foto: promo
Kampf der Impronauten Basel
Wer denkt, Improtheater sei
ein harmloses Geplänkel, der
hat echten Theatersport wohl
noch nicht erlebt. Das Schweizer
Improvisationskollektiv
Die Impronauten lädt am 11.
Mai, 20 Uhr im Tabourettli
Basel zum „Theatersport!“ ein.
Zwei Improteams treten hier
gegeneinander an, im Kampf
Prämierte Lyrik hören Freiburg
Gedichtbände, die vielerorts
für Begeisterung sorgten, sind
jetzt auch über die Website
des Literaturhauses Freiburg
zu erfahren. Die Peter-Huchel-Preisträger
Marcel Beyer
(„Dämonenräumdienst“) und
Henning Ziebritzki („Vogelwerk“)
gestalten einen Abend
voller Gedichte. Der Peter-Huchel-Preis
wird alljährlich vom
um die Gunst des Publikums.
Das gibt die Vorgaben und
verkündet schließlich den Sieger.
Sichere Pläne gibt‘s keine,
dafür wilde, romantische,
musikalische, ungewöhnliche
Momente. So ungewohnt wie
die Situation, in der wir uns
alle aktuell befinden.
Südwestrundfunk und dem
Land Baden-Württemberg
für eine herausragende Neuerscheinung
in der deutschsprachigen
Lyrik vergeben.
Durch den Abend führen Kristina
Maidt-Zinke und Norbert
Hummelt. Die Veranstaltung
findet im Livestream am 21.
Mai, 19.30 Uhr statt.
Foto: promo
MAKE UP YOUR OWN LIBRARY
IN BEDS FROM
PREMIUM BEDS SINCE 1926
DUXIANA FREIBURG
Friedrichring 32, 79098 Freiburg
Tel. 0761 28520660
freiburg@duxiana.de DUXIANA.DE