Leseprobe_Nachklänge
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<strong>Nachklänge</strong><br />
Ein Sammelband mit Beiträgen aus an der Universität<br />
Mozarteum Salzburg eingereichten Dissertationen<br />
Herausgegeben von der Curricularkommission für das<br />
Wissenschaftliche Doktoratsstudium an der Universität<br />
Mozarteum Salzburg
<strong>Nachklänge</strong>
<strong>Nachklänge</strong><br />
Ein Sammelband mit Beiträgen aus an der Universität<br />
Mozarteum Salzburg eingereichten Dissertationen<br />
Herausgegeben von der Curricularkommission für das<br />
Wissenschaftliche Doktoratsstudium an der Universität<br />
Mozarteum Salzburg<br />
Thomas Hochradner (Vorsitz)<br />
Andreas Bernhofer (Stellvertretung)<br />
Peter M. Krakauer<br />
Michaela Schwarzbauer<br />
Sarah Haslinger<br />
Redigiert von Julia Lienbacher
Gedruckt aus Budgetmitteln des Rektorats der Universität Mozarteum Salzburg.<br />
Für den Inhalt der Beiträge sind die Autorinnen bzw. Autoren<br />
verantwortlich.<br />
Die Abbildungsrechte sind nach bestem Wissen und Gewissen geprüft<br />
worden. Im Falle noch offener, berechtigter Ansprüche wird um Mitteilung<br />
ersucht.<br />
Auf dem Umschlag:<br />
Karikatur des Gitarristen Trinidad Francisco Huerta y Caturla (1800–1874),<br />
Illustration von Gillor aus Le Journal pour rire, Nr. 258, 8. Dezember 1860,<br />
https://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k5501536v.texteImage<br />
Auf der Rückseite des Umschlags:<br />
© Florentina Maria Fritz<br />
Layout und Satz: Nikola Stevanović<br />
Korrektorat: Isolde Deleyto Rösner<br />
Hergestellt in der EU<br />
ISBN 978-3-99012-606-6 (print)<br />
ISBN 978-3-99012-607-3 (e-book)<br />
Alle Rechte vorbehalten<br />
© Hollitzer Wissenschaftsverlag, Wien 2019<br />
www.hollitzer.at
Inhalt<br />
Zum Geleit<br />
Prof. Elisabeth Gutjahr, Rektorin der Universität Mozarteum Salzburg 7<br />
Vorwort des Vorsitzenden der Curricularkommission<br />
für das Wissenschaftliche Doktoratsstudium<br />
ao. Univ.-Prof. Dr. Thomas Hochradner,<br />
Leiter des Departments für Musikwissenschaft 9<br />
Ulrike Baumann<br />
Ioannes Stomius. Prima ad Musicen Instructio.<br />
Zu Edition, Übersetzung und Kommentar 11<br />
Andreas Bernhofer<br />
„Ich habe nie falsch geklatscht …“ – Eine qualitative empirische<br />
Studie zu den Konzerterlebnissen von Jugendlichen 27<br />
Florentina Maria Fritz<br />
Eine Methode zur Klassifizierung von<br />
Regelvorgängen biologischer und musikalischer<br />
Prozesse mit Hilfe eines künstlichen neuronalen Netzes 47<br />
Leila Gudlin<br />
„in tausend schimmernden Farben, wie das glänzende Pfauenauge“:<br />
Klang und Klangfarbe in der Gitarrenspielpraxis des 19. Jahrhunderts 55<br />
Monika Kammerlander<br />
Musikpflege am Benediktinenstift Nonnberg<br />
des 17. und 18. Jahrhunderts. Historische Darstellung<br />
und Beschreibung des Nonnberger Liederkorpus 71<br />
Martin Limmer<br />
Der Wenzelschoral als fixe Idee: Die Vier Lieder von Pavel Haas 89<br />
Anita Mellmer<br />
Fingerpicking / Fingerstyle. Mehr als nur Lagerfeuercontinuo? 109
Małgorzata Mierczak<br />
Rübezahl als Opernheld. Interessante Rezeptionsaspekte<br />
zu den frühesten Vertonungen der schlesischen Legende 121<br />
Matthias Sakel<br />
Die Entwicklung des Musikschulwesens in der DDR am Beispiel der<br />
Leipziger Musikschule. Eine vergleichende Studie von Strukturen und<br />
inhaltlicher Orientierung in der Zeit von 1945 bis heute 137<br />
Patrick Schaudy<br />
Der Rückgewinn der Räumlichkeit. Zur Entwicklung des<br />
Raums in der Abbildung im Zeitalter der virtuellen Raumerzeugung 151<br />
Marianne Schweitzer<br />
Variantenvergleich österreichischer Volksballaden in Bezug auf Text und<br />
Melodie. „Tannhäuser“ und „Einsiedler und Teufel“ als Fallbeispiele 165<br />
Angela Siller<br />
Projektorientierter Unterricht: Pädagogische Reflexionen und<br />
praxiserprobte Modelle für einen fächerübergreifenden Musikunterricht<br />
(dargestellt und präsentiert an einem Beispiel aus der Unterrichtspraxis) 183<br />
Sabine Töfferl<br />
Friedrich Cerha: Erkundungen im musikalischen Untergrund 201<br />
Karina Zybina<br />
„das Waldhorn aber niemals in der Domkirche gehöret“:<br />
Über die nachträgliche Hornstimme in W. A. Mozarts Krönungsmesse 215<br />
Anhang: Sämtliche bis Sommersemester 2018 an der<br />
Universität Mozarteum Salzburg angenommenen Dissertationen 229
Zum Geleit<br />
7<br />
Die Universität Mozarteum Salzburg versteht sich als vitales Zentrum einer<br />
Forschungsgemeinschaft, die sich den relevanten Themen in Musikwissenschaft,<br />
Musikpädagogik sowie Kunst- / Werkpädagogik nachdrücklich widmet.<br />
Regelmäßig zeugen zahlreiche Publikationen von der hohen Produktivität<br />
des Hauses.<br />
Die Sammlung „<strong>Nachklänge</strong>“ bietet eine Auswahl von Texten aus 14 herausragenden<br />
Dissertationen, die in den letzten Jahren zur Begutachtung eingereicht<br />
wurden. Man möge diese gleichsam als Einladung zu einer Lesereise<br />
durch das weite Areal der Forschungswerkstätten verstehen. Viel Wissensund<br />
Bemerkenswertes lässt sich hier auflesen und regt zum Nachdenken an.<br />
Den Autorinnen und Autoren der „<strong>Nachklänge</strong>“, aber auch den Herausgeberinnen<br />
und Herausgebern gratuliere ich sehr herzlich zu dieser gelungenen<br />
Publikation. Ich bin mir sicher, dass sie eine interessierte und wohlwollende<br />
Leserschaft finden wird.<br />
Prof. Elisabeth Gutjahr<br />
Rektorin der Universität Mozarteum Salzburg<br />
Salzburg, im März 2019
8
Vorwort des Vorsitzenden der<br />
Curricularkommission für das<br />
Wissenschaftliche Doktoratsstudium<br />
9<br />
An der Universität Mozarteum Salzburg kann bei Vorliegen eines facheinschlägigen<br />
Diplom-/Masterabschlusses und Erfüllung der qualitativen Zulassungsbedingungen<br />
in den Fächern Musikwissenschaft, Musikpädagogik oder Kunst-/<br />
Werkpädagogik (die Nennung erfolgt hier nach der Zahl bisheriger Abschlüsse)<br />
das Wissenschaftliche Doktoratsstudium absolviert werden. Als Vorsitzender<br />
der zuständigen Curricularkommission schlug ich dem Gremium vor gut zwei<br />
Jahren vor, mit Beiträgen aus am Haus eingereichten Dissertationen einen Sammelband<br />
zu gestalten. Dies stieß sogleich auf große Resonanz. Konnten doch so<br />
die Vielfalt eines Studiums ebenso wie die darin erbrachten Leistungen dokumentiert<br />
werden, die eine beachtliche Bandbreite widerspiegeln.<br />
Im Rahmen des Wissenschaftlichen Doktoratsstudiums der Universität Mozarteum<br />
entstehen Dissertationen über mindestens sechs Semester hinweg,<br />
wobei begleitend für die ersten beiden Semester vornehmlich zwei einführende<br />
Lehrveranstaltungen („Seminar zur Erstellung des Dissertationskonzeptes“<br />
sowie – falls nicht aus Vorstudien vorliegend – „Einführung in das<br />
wissenschaftliche Arbeiten“) bzw. drei unterstützende Lehrveranstaltungen<br />
vorgesehen sind („Tutorium im Wissenschaftlichen Doktoratsstudium“,<br />
„Methodik im Dissertationsfach“, „Präsentationsstrategien in der Scientific<br />
Community“). Daneben oder danach sind im Wahlpflichtbereich drei fachlich<br />
den Hintergrund erschließende Lehrveranstaltungen (nämlich zwei Seminare<br />
sowie eine Vorlesung oder Übung aus dem Fach der Dissertation bzw.<br />
in Verbindung mit dem Thema der Dissertation) zu absolvieren.<br />
Nach frühestens zwei Semestern wird durch eine kommissionelle Prüfung,<br />
genannt „Rigorosum B“, die Eignung der bisherigen Vorbereitungen für<br />
die weitere Ausarbeitung des Dissertationsthemas festgestellt. Anschließend<br />
gehen die methodische Ausfeilung der Doktorarbeit sowie die Verschriftlichung<br />
der Thesen vor sich, betreut von einer/einem am Haus in wissenschaftlicher<br />
Lehre tätigen Professorin/Professor oder Dozentin/Dozenten,<br />
wobei – sofern aufgrund des Themas nahegelegt – auch die Möglichkeit eines<br />
Betreuendenteams besteht, dem jedoch mindestens ein betreuungsberechtigtes<br />
Mitglied aus dem Lehrkörper der Universität Mozarteum Salzburg an-
10 gehören muss. Die Dissertantin bzw. der Dissertant hat mindestens einmal<br />
im Rahmen eines „Forums für Dissertantinnen und Dissertanten“ über den<br />
Fortgang ihrer/seiner Studien Bericht zu erstatten.<br />
Über dreißig finale Rigorosen D sind im Wissenschaftlichen Doktoratsstudium<br />
seit dessen curricularer Gestaltung und Einrichtung im Studienjahr<br />
2005/06 erfolgreich bestanden worden. Damit stand eine große Zahl potentieller<br />
Autorinnen und Autoren bereit; nicht allen konnte in dieser Anthologie<br />
ein Forum geöffnet werden. Absolventinnen und Absolventen, die ihre<br />
Dissertation zwischen Wintersemester 2005 und Sommersemester 2017 eingereicht<br />
hatten, wurden zur Beteiligung an diesem Band eingeladen; im Weiteren<br />
waren längere, aktuell abgefasste Abstracts vorzulegen, die der Curricularkommission<br />
als Grundlage für die Entscheidung über die Aufnahme<br />
eines Beitrags in den Sammelband dienten. Vierzehn Texte wurden letztlich<br />
ausgewählt und von Mitgliedern der Curricularkommission für das Wissenschaftliche<br />
Doktoratsstudium – Andreas Bernhofer, Sarah Haslinger, Thomas<br />
Hochradner, Peter M. Krakauer und Michaela Schwarzbauer – für das<br />
Layout lektoriert. Für die Drucklegung sind diese Beiträge nach dem Nachnamen<br />
der Autorin / des Autors alphabetisch gereiht worden.<br />
Unser besonderer Dank gilt Julia Lienbacher, damals studentische Mitarbeiterin<br />
am Department für Musikwissenschaft der Universität Mozarteum, die den<br />
Band mit Einsatz, Umsicht und großer Sorgfalt redigiert und auch die Ergebnisse<br />
des Lektorats eingearbeitet hat. Bei gleich zwei Rektoraten der Universität<br />
Mozarteum dürfen wir uns hinsichtlich der Übernahme der Druckkosten bedanken:<br />
einmal dem Rektorat Mario Kostal / Sarah Wedl-Wilson für die Zusage<br />
der Finanzierung, und andermal dem Rektorat Elisabeth Gutjahr / Mario<br />
Kostal / Anastasia Weinberger / Hannfried Lucke für die Einlösung derselben.<br />
Im Namen der Curricularkommission für das Wissenschaftliche Doktoratsstudium<br />
wünsche ich unseren Autorinnen und Autoren Ihre geschätzte Aufmerksamkeit<br />
beim Lesen des folgenden bunten Reigens mit Beiträgen aus<br />
Musikwissenschaft (10), Musikpädagogik (3) und Kunst-/ Werkpädagogik (1)<br />
– und natürlich auch, dass das ein oder andere Mal Interesse für die Lektüre<br />
einer gesamten Dissertation geweckt wird.<br />
ao. Univ.-Prof. Dr. Thomas Hochradner<br />
Salzburg, im Januar 2019
Ulrike Baumann<br />
11<br />
Ioannes Stomius. Prima ad Musicen Instructio.<br />
Zu Edition, Übersetzung und Kommentar<br />
Einleitung<br />
Die Dissertation Ioannes Stomius: Prima ad Musicen Instructio. Edition, Übersetzung<br />
und Kommentar konzentriert sich auf das Leben und Werk des Salzburger<br />
Pädagogen, Musiktheoretikers und Komponisten Johannes Stomius. Im<br />
Zentrum steht dessen theoretische Schrift Prima ad Musicen Instructio, 1537<br />
bei Ulhart in Augsburg gedruckt, die so erstmals als vollständige Edition<br />
samt Übersetzung, Notentranskription und Kommentar vorgelegt wurde.<br />
Im Mittelpunkt stehen die Erforschung der hervorstechenden Merkmale des<br />
bisher wenig bekannten Traktats als auch die Einbettung des Textes in das<br />
Umfeld bekannter musiktheoretischer Schriften der Zeit.<br />
Die Dissertation wurde 2005 abgeschlossen und im selben Jahr mit dem Salzburger<br />
Wissenschaftsförderungspreis ausgezeichnet. In weiterer Folge wurde<br />
eine überarbeitete Version 2010 unter dem gleichnamigen Titel im Verlag<br />
Peter Lang / Bern als Band 2 der Reihe Interuniversitäre Schriften zur Musikpädagogik<br />
und Musikwissenschaft (herausgegeben von Peter Maria Krakauer und<br />
Christoph Khittl) publiziert.<br />
Als Besonderheit an der Instructio fällt gleich zu Beginn des Hauptteils die<br />
Definition „Cantus qualis, mollis ne an durus“ auf. Offensichtlich unterteilt<br />
der Autor den Gesang in „mollis“ und „durus“, und das in der ersten Hälfte<br />
des 16. Jahrhunderts! Aber da die Annahme, ein unbekannter Schulmeister<br />
habe das Tonsystem revolutioniert, zu kühn erschien, war vorrangiges Forschungsziel<br />
der Arbeit, die Bedeutung dieser Definition zu verstehen und den<br />
Traktat in den Kontext bekannter musiktheoretischer Schriften der Zeit zu<br />
stellen.<br />
Die langjährige Unterrichtstätigkeit des Stomius in der von ihm in der Stadt<br />
Salzburg gegründeten humanistischen Poetenschule war wohl Grund für<br />
das Verfassen der Instructio. Dies gab den Anstoß, überdies das Schulwesen<br />
in Salzburg zur Zeit des Renaissance–Humanismus mit besonderer Berück-
12 sichtigung des humanistischen Musikunterrichts zu beleuchten. Weiters wurde<br />
versucht, Leben und Werk des Stomius trotz der spärlichen Quellenlage<br />
möglichst umfassend darzustellen. Deshalb wurden auch die humanistischen<br />
Schriften des Autors angegeben und dessen insgesamt acht überlieferte Kompositionen<br />
in heutige Notation übertragen und im Anhang angeführt.<br />
Der vorliegende Aufsatz bringt eine Zusammenfassung der Dissertation mit<br />
besonderem Augenmerk auf die Person Stomius und dessen Wirken in Salzburg<br />
sowie eine Darlegung der wesentlichen Inhalte und Besonderheiten der<br />
Instructio.<br />
Johannes Stomius / Mulinus,<br />
ein Salzburger Musiktheoretiker und Pädagoge<br />
Quellenlage<br />
Über die Person des Johannes Stomius / Mulinus ist wenig bekannt, da die<br />
Quellenlage weder ergiebig noch eindeutig ist. Die vorwiegend ältere Sekundärliteratur<br />
liefert teilweise widersprüchliche Angaben. Über Leben und Werk<br />
des Stomius geben vor allem fünf voneinander unabhängige Quellen Auskunft.<br />
Die früheste und einzige unmittelbare biographische Quelle stammt bereits<br />
aus dem Jahr 1565. Eine kurze Biographie sowie ein Porträt des Stomius mit<br />
dem Titel: IOANNES MULINUS LUDIMODERATOR SALISBUR-/gensis<br />
ist in Heinrich Pantaleons Lebensbeschreibung berühmter Männer, der Prosopographia<br />
Virorum Illustrorum aufgezeichnet. 1 Diese Biographie, allerdings ohne<br />
Porträt, wurde in Io. Georgii Schelhornii de Religionis Evangelicae in Provincia<br />
Salisburgensi ortu progressu et fatis commentatio Historico ecclestiastica von 1732 2 ,<br />
sowie dessen deutscher Übersetzung von Friedrich Wilhelm Stübner in vol-<br />
1 Heinrich Pantaleon (1522–1595, geb. in Basel) ist in Jöchers Gelehrtenlexikon verzeichnet.<br />
Er war Theologe, Mediziner und Historiker, wurde von Kaiser Maximilian zum<br />
poeta laureatus ernannt und ist demnach zum Humanistenkreis zu zählen. Er veröffentlichte<br />
zahlreiche Schriften theologischen, medizinischen und historischen Inhalts. Die<br />
Prosopographia Heroum Atque Illustrium Virorum Totius Germaniae III., eine „Lebensbeschreibung<br />
hochberühmter Personen“ erschien 1566, ein Jahr nachdem angeblich Kontakt mit<br />
der Witwe des Stomius aufgenommen wurde. Vgl. Christian Gottlieb Jöcher, Allgemeines<br />
Gelehrtenlexikon. Darinnen die Gelehrten alle Stände sowohl männlichen als auch weiblichen<br />
Geschlechts, welche vom Anfange der Welt bis auf ietzige Zeit gelebt, und sich der gelehrten Welt<br />
bekannt gemacht, nach ihrer Geburt, Leben, merckwürdigen Geschichten, Absterben und Schrifften<br />
aus den glaubwürdigen Scribenten in alphabetischer Ordnung beschrieben werden, Leipzig: Gleditsch<br />
1751; Nachdruck Hildesheim: Olms 1961, Sp. 1227 sowie 5. erg. Band, Sp. 1499f.<br />
2 Johannes Georg Schelhorn, Io. Georgii Schelhornii de Religionis Evangelicae in Provincia Salisburgensi<br />
ortu progressu et fatis commentatio Historico ecclestiastica, Leipzig: Breitkopf 1732.
ler Länge übernommen. 3 Zweite Quelle ist die 1537 bei Ulhart in Augsburg<br />
gedruckte Musiklehre Prima ad Musicen Instructio, die am Titelblatt eindeutig<br />
den Namen Stomius aufweist. PRIMA AD/ MUSICEN INSTRUCTIO/ easque<br />
simplicissima, pro artis/ huius tirunculis conge-/ sta per Ioannem/ Stomium.<br />
13<br />
Zudem sind von Stomius / Mulinus neben den Übungsbeispielen in der Instructio<br />
dreistimmige Kompositionen in den Stimmbuchhandschriften B<br />
216–219 und B 220–222 überliefert, die sich heute in der Bischöflichen Zentralbibliothek<br />
Regensburg befinden. Die Handschriften stammen aus der<br />
fürsterzbischöflichen Hofbibliothek und gelangten im 19. Jahrhundert über<br />
ein Antiquariat nach Regensburg, wie Ernst Hintermaier nachweisen konnte.<br />
4 In Hs. B 216–219, Kat. Nr. 17–22 finden sich Stomius’ Tricinien: „Resonet<br />
in laudibus“; „Dies est laetitae“, „Gelobet seistu Jesus Christ“, „Puer<br />
natus in Betlehem“ und „Surrexit Christus hodie“; in Hs. B 220–222 weitere<br />
dreistimmige Kompositionen: Kat. Nr. 21: „Degeneres animos timor arguit“;<br />
Kat. Nr. 24: „Jesus Christus nostra salus“ und Kat. Nr. 32: „Nolite confidere<br />
in principibus“. In derselben Handschrift sind Werke von bekannten Komponisten<br />
wie Josquin und Isaac aber auch von Salzburger Kollegen wie Gregor<br />
Peschin oder Rupert Unterholtzer überliefert. 5<br />
Zwei weitere Quellen geben Aufschluss über Stomius’ Kontakte zu bekannten<br />
Humanisten, Gelehrten und Komponisten seiner Zeit. Stomius gab nach<br />
Hofhaimers Tod dessen vierstimmige Vertonungen nach Horazoden in der<br />
Sammlung Harmoniae Poeticae, 1539 bei Petreius in Nürnberg gedruckt, heraus.<br />
Gemeinsam mit den Odenvertonungen setzte Stomius nicht nur die übliche<br />
Vorrede dem Werk voran, sondern stellte eine umfangreiche Sammlung<br />
von Testimonien mit dem Titel Libellus plenus doctissimorum virorum de eodem D.<br />
3 Friedrich Wilhelm Stübner, Johann Georg Schelhorns Historische Nachricht vom Ursprunge,<br />
Fortgang und Schicksale der Evangelischen Religion in den Salzburgischen Landen. Darinnen die<br />
Kirchen – Geschichte seit der Reformation erläutert wird, aus dem Lateinischen übersetzt, Leipzig:<br />
Breitkopf 1732.<br />
4 Vgl. Ernst Hintermaier, Erzbischof Matthäus Lang – ein Mäzen der Musik im Dienste Kaiser<br />
Maximilians I. Musiker und Musikpflege am Salzburger Fürstenhof von 1519 bis 1540, in: Salzburg<br />
zur Zeit des Paracelsus. Musiker – Gelehrte – Kirchenfürsten (= Katalog zur 2. Sonderausstellung<br />
der Johann – Michael – Haydn – Gesellschaft in Zusammenarbeit mit der Erzabtei St. Peter.<br />
Musik in Salzburg zur Zeit des Paracelsus), hg. v. Ernst Hintermaier, Salzburg: Selke Verlag<br />
1993, S. 29–39. Vgl. dazu auch Gertraut Haberkamp, Bischöfliche Zentralbibliothek Regensburg.<br />
Thematischer Katalog der Musikhandschriften. Sammlung Proske: Manuskripte des 16. und<br />
17. Jahrhunderts aus den Signaturen A.R., B, C, AN., München: Henle 1989 (Kataloge bayerischer<br />
Musiksammlungen 14).<br />
5 Siehe Anhang B in: Ulrike Baumann, Ioannes Stomius: Prima Ad Musicen Instructio. Edition,<br />
Übersetzung und Kommentar, Bern: Peter Lang 2010 (Interuniversitäre Schriften zur Musikpädagogik<br />
und Musikwissenschaft 2), S. 231–251.
14<br />
Abb. 1: Titelblatt aus: Ioannes Stomius, Prima ad Musicen Instructio, Augsburg 1537; Universitätsbibliothek<br />
Salzburg, Sig. R 72.484, fol. [A1a]<br />
Paulo testimoniis zusammen. Die insgesamt einundzwanzig Schriften dreizehn<br />
verschiedener Autoren sind im Stimmbuch der media vox abgedruckt und umfassen<br />
beinahe vierzig Druckseiten, neben der eigentlichen Vorrede Briefe,<br />
Lobschriften, Wappensprüche, Lob- und Gratulationsgedichte, Haus- und<br />
Bildinschriften und Epitaphien. 6<br />
6 Vgl. Baumann, Ioannes Stomius (wie Anm. 5), S. 56–59.
Überdies tritt „Ioannes Mulinus Saltzburgensis“ als Verfasser eines Epistolarum<br />
Compendiolum auf. Dieses ist Bestandteil eines Sammeldruckes von Brieflehrbüchern,<br />
der unter dem Titel Epistolarum conscribendarum methodus erstmals<br />
1552, vermutlich auf Anregung des Johannes Sambucus bei Oporinus in Basel<br />
herausgegeben und bereits 1558 ein zweites Mal aufgelegt wurde. Weitere<br />
Autoren sind bedeutende humanistische Gelehrte wie Erasmus von Rotterdam,<br />
Conrad Celtis und Jean Luis Vives. 7<br />
15<br />
Über die tatsächliche Ausbildung des Stomius weiß man sehr wenig. In der<br />
ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts gab es nahe Perlesreut, dem Geburtsort<br />
Stomius’, in Passau eine Domschule und eine Klosterschule zu St. Nikola.<br />
Die Matrikel der Universität Wien und Ingolstadt sowie der übrigen Universitäten<br />
im deutschen Sprachraum weisen keine Eintragung auf. Ein kurzer<br />
Hinweis zu Stomius Wirken findet sich dagegen in einer Lebensbeschreibung<br />
des Leonhard Päminger, B. Caroli Christiani Hirschii de vita Pamingerorum commentarius<br />
von circa 1764–1767, herausgegeben von Philippus Albertus Christfelsius.<br />
Hier heißt es zu Pämingers Sohn Sophonias:<br />
Civem igitur, studiorum morumque socium habuit Ioh. Stomium, vulgo Mulinum,<br />
scholae Salisburgi a se erectae praeceptorem doctissimum et fidelissimum, Graece<br />
Latineque eruditissimum, Poetamque egregium, […]. 8<br />
Bemerkenswert ist, dass hier ebenfalls die besondere Gelehrtheit des Stomius<br />
hervorgehoben und die Poetenschule erwähnt wird, in der offensichtlich<br />
Griechisch und Latein gelehrt wurde.<br />
Woher Stomius seine musikalischen Kenntnisse hatte, ist nicht bekannt. Seine<br />
Tätigkeit als Komponist wird bei Pantaleon nicht erwähnt. Allerdings lässt<br />
die Verbindung mit Hofhaimer den Schluss zu, dass der „Komponist Stomius“<br />
von Hofhaimers Werk beeinflusst und geprägt wurde.<br />
7 Epistolarum Conscribendarum Methodus, unà cum Exemplis, incerti autoris, Graecè & Latinè, in utriusque<br />
linguae studiosorum gratiam nunc multo quàm antea & emendatior, & locupletior edita, Basel: Johannes<br />
Oporin 1552, in: Griechischer Geist aus Basler Pressen. Katalog der frühen Drucke aus Basel in Text<br />
und Bild, hg. und für das Internet aufbereitet von Christoph Schneider und Bernhard Vögeli,<br />
Öffentliche Bibliothek der Universität Basel 2003 [Onlinefassung], http://www.ub.unibas.ch./<br />
kadmos/gg/hi/higg0054.htm (31. 10. 2009).<br />
8 Zit. nach Karl Weinmann, Leonhard Paminger, in: Kirchenmusikalisches Jahrbuch 20 (1907),<br />
S. 122–132: 122f.
16 Die Poetenschule des Stomius 9<br />
Möglicherweise ist Stomius aufgrund der Freundschaft mit Hofhaimer nach<br />
Salzburg gekommen. Pantaleon führt keine genaue Datumsangabe für die<br />
Übersiedlung nach Salzburg an, lediglich den Hinweis, „als er in ein männliches<br />
Alter gekommen war“. 10 Der Terminus Poetenschule wird bei Pantaleon<br />
nicht verwendet, er beschreibt die Art der Schule mit „schola bonarum artium“<br />
11 , also Schule für die bonae artes, was dem humanistischen Bildungsbegriff<br />
entspricht.<br />
Der Lebensstandard des Schulmeisters muss relativ hoch gewesen sein, da<br />
Spies anführt, dass Stomius Barbara Ris ehelichte, die einer reichen und angesehenen<br />
Salzburger Kaufmannsfamilie entstammte. Der damalige Bürgermeister<br />
der Stadt Salzburg, Christoph Ris, war ebenfalls aus dieser Familie<br />
gebürtig. 12 An Stomius mussten die Schüler vermutlich, wie an anderen Privatschulen<br />
auch, Schulgeld zahlen. Die Aufforderung am Titelblatt der Instructio<br />
„Eme, lector“ gibt ebenfalls den Hinweis auf Einkünfte des Stomius.<br />
Wahrscheinlich mussten die Schüler dieses Lehrmittel käuflich erwerben.<br />
Die Schilderung bei Pantaleon gibt ferner Auskunft über das Zielpublikum<br />
der Schule: „[…] sind zu ihm von den benachbarten Orten viele Adelige zusammengeströmt,<br />
die er selbst vortrefflich erzog und auf ehrenvolle öffentliche<br />
Ämter vorbereitete.“ 13 Diese Formulierung ist ein weiterer Hinweis auf<br />
eine humanistische Ausbildung, die vor allem auf lebensnahen Unterricht<br />
Wert legte.<br />
Stomius gründete die Schule wahrscheinlich aus eigenem Antrieb heraus.<br />
Spies gibt an, dass sie „unter dem Mäzenate des Kardinals [Matthäus Lang,<br />
Anm. d. Verf.]“ 14 eingerichtet worden sei. Meiner Ansicht nach ist aber die<br />
Formulierung bei Pantaleon „sub Cardinale Mattheo“ lediglich ein Hinweis<br />
9 Neben den Dom- und Klosterschulen entstanden im 16. Jahrhundert deutsche Schulen<br />
und humanistisch geprägte Lateinschulen, genannt Poetenschulen. Vgl. Baumann, Ioannes<br />
Stomius (wie Anm. 5), S. 39–49 und 89–91.<br />
10 Schelhorn, De religionis evangelicae (wie Anm. 2), S. 35.<br />
11 Vgl. ebenda.<br />
12 Vgl. Hermann Spies, Beiträge zur Musikgeschichte Salzburgs im Spätmittelalter und zu Anfang<br />
der Renaissancezeit, in: Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde 81 (1941),<br />
S. 41–96: 87.<br />
13 „Itaque multi nobiles hinc inde ex locis finitimis ad eum confluxere, quos ipse optime educavit,<br />
et ad honesta officia praeparavit.“ Schelhorn, De religionis evangelicae (wie Anm. 2),<br />
S. 35.<br />
14 Hermann Spies, Geschichte der Domschule zu Salzburg, in: Mitteilungen der Gesellschaft für<br />
Salzburger Landeskunde 78 (1938), S. 1–88: 21.
darauf, dass die Schule in der Regierungszeit von Matthäus Lang (1519–1540)<br />
gegründet worden ist. Der Unterricht wurde bei der sogenannten „Trinkstube<br />
der Stadt“ am Waagplatz abgehalten, wo Stomius im 1. Stock „ain Stuben<br />
gegen der Gassen und zwo Kamer, ain Kuchl und ain klein Kamerl“ 15<br />
nutzte. Die Schüler des Stomius dürften weiters auch in Schuldramen mitgewirkt<br />
haben, da eine Stätte des Schulspiels die Trinkstube am Waagplatz<br />
war. 16 In den Salzburger Regesten von 1557 ist am 8. März verzeichnet, dass<br />
„den Schulmeistern anlässlich einer Komödienaufführung je einem vier Thaler,<br />
dem dritten drei Thaler verehrt wurden“. 17 Der Lehrstoff der Schule des<br />
Stomius dürfte dem Unterricht einer humanistisch geprägten Lateinschule<br />
entsprochen haben.<br />
17<br />
Die aufschlussreichste Auskunft über die Lehrinhalte der Schule des Stomius<br />
gibt die Prima ad Musicen Instructio, die dieser Schullehrer und Humanist 1536<br />
verfasste und die 1537 bei Philip Ulhart in Augsburg herausgegeben wurde.<br />
Neben dem musikalischen Lehrstoff gibt sie Aufschluss über Methodik und<br />
Didaktik des Unterrichts von Stomius. Die Widmung an den Schüler Paedoreus<br />
und dessen am Ende des Traktats angefügte Carmina betonen weiters die<br />
Bedeutung der Rede und des Verfassens von eigenen Versen nach antikem<br />
Vorbild.<br />
Über weitere Poetenschulen im süddeutschen Raum ist wenig überliefert. In<br />
Nürnberg wurde 1945 von einem Magister Heinrich Grieninger eine „Poeterei“<br />
gegründet, die vor allem die Söhne der wohlhabenden Patrizier und<br />
Kaufleute besuchten. In Regensburg, München und Landshut gab es ebenfalls<br />
Poetenschulen. 18 In Innsbruck gab es schon in der Regierungszeit von Kaiser<br />
Maximilian I. eine Poetenschule, deren Schüler sogar vom Kaiser selbst unterstützt<br />
wurden. 19 Fast siebzig Jahre später findet sich ein weiterer Hinweis<br />
auf eine humanistisch geprägte Privatschule in Innsbruck, die der Holländer<br />
Gerhard de Roo (1564–1588) leitete. De Roo war Bassist und Lehrer der Kapellknaben<br />
der Innsbrucker Hofmusikkapelle. 1572 erschien in Innsbruck die<br />
Sapientia Salomonis, carmine elegiaco reddita, ciu accesserunt Variorum Carminum<br />
15 Stadt-Urbar, S. 69, zit. nach: Spies, Geschichte der Domschule zu Salzburg (wie Anm. 14),<br />
S. 22.<br />
16 Vgl. ebenda, S. 75.<br />
17 Salzburger Regesten 1557, zit. nach Spies, Geschichte der Domschule zu Salzburg (wie Anm.<br />
14), S. 77.<br />
18 Vgl. Arno Seifert, Das höhere Schulwesen, Universitäten und Gymnasien, in: Handbuch der deutschen<br />
Bildungsgeschichte Bd. 1, hg. v. Notker Hammerstein, München: Beck 1996, S. 252f.<br />
19 Walter Senn, Musik und Theater am Hof zu Innsbruck. Geschichte der Hofkapelle vom 15. Jahrhundert<br />
bis zu deren Auflösung im Jahre 1748, Innsbruck: Österreichische Verlagsanstalt 1954,<br />
S. 46.
18 atque Epigrammatum libri duo. Sie enthält vor allem Gelegenheitsdichtungen,<br />
Oden und Epigramme auf seine Kollegen in der Hofmusikkapelle. 20<br />
Die Musiktheorie und Musikpädagogik des Johannes Stomius<br />
Die Musiktheorie und Musikpädagogik des Johannes Stomius findet ihren<br />
Niederschlag in dessen musikalischem Traktat Prima ad Musicen Instructio.<br />
Der Traktat ist im Allgemeinen den Musiklehreschriften der Musica practica<br />
zuzuordnen. Er beinhaltet sowohl das Gebiet der Choralmusik als auch der<br />
Mensuralmusik. Darüber hinaus gibt es eine ausführliche praktische Singanweisung,<br />
die offensichtlich für einen Schulchor zugeschnitten ist. Ebenso für<br />
die Unterrichtspraxis komponiert sind zahlreiche dreistimmige Übungsbeispiele,<br />
mit zwei hohen Oberstimmen für die Schüler und einer Bassstimme<br />
für den Lehrer. Überdies bedient sich Stomius Kompositionen angesehener<br />
Zeitgenossen wie Senfl und Isaac. 21<br />
Zur Textüberlieferung der Prima ad Musicen Instructio<br />
Die PRIMA AD/ MUSICEN INSTRUCTIO/ easque simpli-cissima, pro artis/<br />
huius tirunculis conge-/ sta per Ioannem/ Stomium wurde 1537 in Augsburg bei<br />
Philip Ulhart gedruckt. 22 Ein Exemplar befindet sich in der Universitätsbibliothek<br />
Salzburg (Sig. R 72.484 I). Laut Verzeichnis der im deutschen Sprachraum<br />
erschienenen Drucke des 16. Jahrhunderts (VD 16) 23 ist ein weiteres<br />
Exemplar in der Stiftsbibliothek Aschaffenburg (Sig. Asch SB W – 396) vorhanden,<br />
bei dem jedoch das Titelblatt fehlt. Im RISM Bd. B VI 2 ist ein Exemplar<br />
verzeichnet, das sich in der Staatsbibliothek Berlin befindet (Sig. Mus.<br />
ant.theor. S 215). 24<br />
Für die vorliegende Arbeit wurde das Salzburger Exemplar herangezogen,<br />
das sich in einem Sammelband mit insgesamt vier Schriften im Format 8’<br />
befindet. Die Schrift des Stomius steht darin an erster Stelle und umfasst<br />
20 Siehe ebenda, S. 109f. Bei Senn sind einige Beispiele abgedruckt.<br />
21 Ausführliche Erläuterungen im Kommentarteil bei Baumann, Ioannes Stomius (wie Anm. 5),<br />
S. 155–213.<br />
22 Auf dem letzten Blatt des Traktates findet sich die Angabe: AUGUSTAE IN OFEICINA/<br />
Philippi Ulhardi. Anno et c./ M.D. XXXVII. (recte: OFFICINA).<br />
23 Verzeichnis der im deutschen Sprachraum erschienenen Drucke des 16. Jahrhunderts (VD 16), 1.<br />
Abt.: Verfasser, Körperschaften, Anonyma, Bd. 19, hg. v. der Bayerischen Staatsbibliothek<br />
München in Verbindung mit der Herzog August-Bibliothek in Wolfenbüttel, Stuttgart:<br />
Hiersemann 1992, S 9280, S. 625.<br />
24 Répertoire International des Sources Musicales (RISM), Bd. B VI/2, München: Henle 1971,<br />
S. 811. Das RISM verzeichnet das Exemplar der Stiftsbibliothek Aschaffenburg jedoch<br />
nicht.
19 Folien. Auf dem Buchrücken des ledernen Einbandes mit Metallschließen<br />
befindet sich die Signatur S 30/ B. A. S. (Bibliotheca Aulica Salisburgensis).<br />
Das Buch kam demnach aus den Beständen der fürsterzbischöflichen Hofbibliothek<br />
über die Salzburger Studienbibliothek in die Universitätsbibliothek<br />
Salzburg. Am hinteren Buchdeckel ist, vermutlich als Besitzvermerk, das Jahr<br />
1573 handschriftlich angegeben. Der Name des Eigentümers ist nicht mehr<br />
zu entziffern, da ein Bibliotheksetikett darüber geklebt wurde.<br />
19<br />
Die weiteren drei Schriften sind ebenfalls musikalischer Natur. An die Instructio<br />
des Stomius reiht sich ein anonymes Liber canticorum 25 an. Anschließend<br />
folgt die Compendiosa introductio in choralem musicam ex variis authoribus<br />
haud negligenter collecto des Johannes Cretz. Diese Einführung in die Choralmusik<br />
wurde ebenfalls bei Ulhart in Augsburg gedruckt, es fehlt jedoch eine<br />
Jahresangabe. 26 Das letzte Traktat des Sammelbandes ist wiederum eine Einführung<br />
in die Anfangsgründe der musica plana mit dem Titel Musicae planae<br />
rudimenta von Johannes Stirpiani, abermals ohne Jahresangabe, ebenfalls bei<br />
Ulhart in Augsburg gedruckt. 27<br />
Anlage und Inhalt 28<br />
Die Prima ad Musicen Instructio des Johannes Stomius gleicht im Allgemeinen<br />
in Anlage, Kapiteleinteilung, Inhalt und Aufbau den Musiktraktaten der musica<br />
practica des 16. Jahrhunderts in Deutschland. Dennoch gibt es spezifische<br />
Eigenheiten. Stomius formuliert vorwiegend sehr knapp und führt neue<br />
Termini und Definitionen ohne weitere Erläuterungen ein. Er verwendet<br />
eine eigenwillige Form der beliebten „Dialog-Methode“, indem er die Frage<br />
25 LIBER/ CANTICORUM/ QUAE VVIGO RESPON/ -seria vocantur, secundum au/ hi ordinem,<br />
Dominicis 8/ Festis diebus hacte/ -nus fernatum. Vaenunt Noribergae, apud Ioannem Montanum,<br />
et Ulricum Neuberum.<br />
26 Das VD 16 verzeichnet das Jahr 1553 als mögliches Entstehungsdatum und führt ein weiteres<br />
Exemplar dieser Schrift an, das heute in der Musiksammlung der Bayerischen Staatsbibliothek<br />
München (Sig. Mus. th. 775) liegt. Vgl. VD 16, C 5797, S. 704. Im RISM B<br />
VI/1 ist der Traktat ebenfalls verzeichnet. Das Salzburger Exemplar ist allerdings nicht<br />
angegeben. Laut RISM befinden sich weitere Ausgaben in der Staatsbibliothek Berlin und<br />
in der Universitätsbibliothek Freiburg im Breisgau. Vgl. RISM B VI/1, S. 243.<br />
27 Das VD 16 verzeichnet ein weiteres erhaltenes Exemplar in der Bayerischen Staatsbibliothek<br />
München (Sig. Mus. th. 3328) und gibt als vermutliche Entstehungszeit 1553 an.<br />
Vgl. VD 16, S 9154, S. 604. Laut RISM B VI/2 befinden sich weitere Ausgaben in der<br />
Staatsbibliothek Berlin und in der Universitätsbibliothek Freiburg im Breisgau. Das Salzburger<br />
Exemplar ist nicht angeführt. Eine erste Durchsicht dieser Schrift ergab als interessantes<br />
Detail, dass Stirpiani ein Kapitel mit der Überschrift „De Canentium observationis“<br />
dem Gesang widmet, ähnlich dem Stomius-Kapitel „Quae cantoribus observanda“.<br />
Außerdem ist Stirpiani offensichtlich bemüht, seine Gelehrsamkeit unter Beweis zu stellen.<br />
Er zitiert antike Autoren und verwendet griechische Zitate.<br />
28 Ausführlicher Kommentar in Baumann, Ioannes Stomius (wie Anm. 5), S. 155–213.