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Pferd und Reiter/in

Geschichte eines Monuments

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<strong>Pferd</strong> <strong>und</strong> <strong>Reiter</strong>/<strong>in</strong><br />

Geschichte e<strong>in</strong>es Monuments<br />

Till Briegleb


Die Auswahl umfasst<br />

<strong>Reiter</strong>standbilder aus drei<br />

Kont<strong>in</strong>enten <strong>und</strong> ist <strong>in</strong><br />

sechs verschiedenen<br />

Gattungen alphabetisch<br />

nach Städten sortiert.<br />

Zur Geschichte der<br />

Skulptur seit der Antike<br />

liefert die E<strong>in</strong>leitung<br />

e<strong>in</strong>en kommentierenden<br />

Überblick.<br />

<strong>Reiter</strong>standbild klassisch<br />

15<br />

<strong>Reiter</strong>standbild Architektur<br />

289<br />

<strong>Pferd</strong>ebändiger/<strong>in</strong><br />

329<br />

Das „<strong>Pferd</strong> <strong>und</strong> <strong>Reiter</strong>/<strong>in</strong><br />

Wiki“ am Ende des Buches<br />

erläutert alle Monumente<br />

mit historischen oder<br />

mythologischen Figuren<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er kurzen Charakter i -<br />

sierung. Kunsthistorische<br />

E<strong>in</strong>ordnungen erfolgen,<br />

wo es s<strong>in</strong>nvoll erschien.<br />

<strong>Pferd</strong> ohne <strong>Reiter</strong>/<strong>in</strong><br />

369<br />

<strong>Pferd</strong> als Brunnenfigur<br />

405<br />

In Gebäuden<br />

431<br />

4 5


E<strong>in</strong>leitung<br />

Till Briegleb<br />

Eigentlich war das <strong>Reiter</strong>standbild<br />

längst verschw<strong>und</strong>en aus der öffentlichen<br />

Aufmerksamkeit. Die Prom<strong>in</strong>enz aus Militär<br />

<strong>und</strong> Adel, die <strong>in</strong> Parks, auf Verkehrs<strong>in</strong>seln<br />

<strong>und</strong> Plätzen im Sattel erstarrt über den<br />

Köpfen der Menschen thront, ist zwar<br />

physisch auf allen Kont<strong>in</strong>enten weiterh<strong>in</strong><br />

präsent. Aber ihre Aura ist eigentlich schon<br />

seit Jahrzehnten dah<strong>in</strong>. Die alten Helden<br />

<strong>und</strong> Held<strong>in</strong>nen auf vier Be<strong>in</strong>en <strong>und</strong> ihre<br />

Taten s<strong>in</strong>d der Google-Generation vollkommen<br />

unbekannt, ihre Sockel mit den goldenen<br />

Inschriften präsentieren den feudalen<br />

Stolz meist ungelesen. Jede Selbstdarstellung<br />

zu <strong>Pferd</strong>e wirkt im modernen Stadtverkehr<br />

e<strong>in</strong>fach so antiquiert wie e<strong>in</strong>e Kutsche<br />

bei der Formel 1.<br />

Doch seit dem 11. August 2017 erheben<br />

sie sich weltweit wieder aus der Asche der<br />

Ignoranz zu e<strong>in</strong>em Phoenix flammenden<br />

Interesses. Und Auslöser war e<strong>in</strong>e Faschistendemo.<br />

In Charlottesville im B<strong>und</strong>esstaat<br />

Virg<strong>in</strong>ia trafen sich die rechtesten Fans von<br />

Donald Trump mit Nazi- <strong>und</strong> Südstaatenflaggen<br />

zum Fackelzug <strong>in</strong> der Tradition des<br />

Ku-Klux-Klans, um gegen die Demontage<br />

von Robert E. Lee auf se<strong>in</strong>em Kriegsgaul zu<br />

demonstrieren. Der General der Südstaatenarmee<br />

im amerikanischen Sezessionskrieg,<br />

der zwischen 1861 <strong>und</strong> 1865 dafür gekämpft<br />

hatte, dass Schwarze e<strong>in</strong>e Ware der weißen<br />

Herrenmenschen bleiben, sollte als Symbol<br />

des Rassismus aus dem Zentrum der Stadt<br />

verschw<strong>in</strong>den.<br />

Doch der Abraham L<strong>in</strong>coln unterlegene<br />

Feldherr der Sklavenhalter hat leider noch<br />

immer massig Fußvolk unter weißen Verwirrten,<br />

die ihre „Rasse“ für etwas Besonderes<br />

halten. Und e<strong>in</strong>er dieser US-Faschisten<br />

fuhr dann <strong>in</strong> Charlottesville absichtlich mit<br />

dem Auto <strong>in</strong> die Gegendemonstranten <strong>und</strong><br />

tötete e<strong>in</strong>e Frau. Doch damit erreichte er<br />

genau das Gegenteil von dem, was se<strong>in</strong> Amok<br />

bezwecken sollte. Seit diesem rassistischen<br />

Anschlag diskutieren amerikanische Städte<br />

<strong>und</strong> Kommunen das erste Mal <strong>in</strong> ihrer Geschichte<br />

wirklich ernsthaft darüber, wie mit<br />

dem bronzenen Kulturerbe des Rassismus<br />

zu <strong>Pferd</strong>e umzugehen ist.<br />

Im Zuge der weiteren Eskalation der<br />

amerikanischen Spaltung, die immer mehr<br />

an die Polarisierung während des großen<br />

Bürgerkriegs er<strong>in</strong>nert, regierte das <strong>Reiter</strong>standbild<br />

dann plötzlich immer häufiger das<br />

öffentliche Interesse <strong>und</strong> die Politik. Und<br />

diese Dynamik schwappte auch auf den alten<br />

Kont<strong>in</strong>ent über, als 2020 im Zuge der Black<br />

Lives Matter-Bewegung zahlreiche Monumente<br />

von weißen Mördern vom Sockel<br />

gerissen oder zum<strong>in</strong>dest mit bunten Parolen<br />

besprüht wurden. Vor allem ehemalige<br />

Sklavenhalter <strong>und</strong> Könige, verantwortlich<br />

für grauenhafte Kolonialverbrechen, wie<br />

den belgischen König Leopold II. traf die<br />

Wut der Menschen, die deren Verherrlichung<br />

als widerwärtig <strong>und</strong> beschämend empfanden.<br />

Leopold II., Brüssel<br />

Gockelhafte Inszenierung<br />

auf e<strong>in</strong>em ausgestorbenen<br />

Verkehrsmittel<br />

Diese „Resozialisierung“ vergessener<br />

Monumente als politische Aussage, wie sie<br />

sonst nur <strong>in</strong> Revolutionen vorkommt, ist<br />

natürlich überfällig, wenn man sich die Karrieren<br />

der Gewürdigten vom Standpunkt<br />

der Menschlichkeit aus betrachtet (siehe<br />

dazu das Wiki ab Seite 448). Tatsächlich s<strong>in</strong>d<br />

die meisten „Führer“, die sich auf vier Hufen<br />

<strong>und</strong> e<strong>in</strong>en Sockel stellen ließen, aus verabscheuungswürdigen<br />

Motiven zu dieser Art<br />

der Würdigung gekommen: weil sie möglichst<br />

viele Menschen haben um br<strong>in</strong>gen lassen <strong>und</strong><br />

<strong>in</strong> andere Länder e<strong>in</strong>marschiert s<strong>in</strong>d, weil<br />

sie sehr unsympathische Alle<strong>in</strong>herrscher<br />

<strong>und</strong> Diktatoren gewesen s<strong>in</strong>d, die Menschen<br />

mit anderem Glauben <strong>und</strong> kritischer Weltanschauung<br />

verfolgen, e<strong>in</strong>sperren <strong>und</strong> auch<br />

foltern ließen, weil sie schlimme Nationalisten<br />

waren <strong>und</strong> von Demokratie <strong>und</strong> Freiheit<br />

re<strong>in</strong> gar nichts hielten.<br />

Es gibt Ausnahmen, aber der durchschnittliche<br />

Steckbrief e<strong>in</strong>es thronenden<br />

Mannes auf dem Metallpferd ist der e<strong>in</strong>es<br />

Verursachers von Krieg, Leid <strong>und</strong> großem<br />

Unrecht – selbst, wenn er an die gerechte<br />

Sache se<strong>in</strong>es Handelns glaubte <strong>und</strong> nicht nur<br />

aus purem Eigennutz zur Gewalt griff. Und<br />

auch von den Damen im Bronzesattel gibt<br />

es nicht so viele, die es als Friedensengel darauf<br />

geschafft haben. Johanna von Orleans,<br />

die mit Abstand meisterhobene Frau, erhält<br />

die Ehre als fanatische Militärführer<strong>in</strong>, die<br />

glaubte, im Namen Gottes Heiligen Krieg<br />

zu führen. Nicht zufällig wird sie fast durchwegs<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Körperpanzer mit erhobenem<br />

Schwert dargestellt.<br />

Dass ich seit vielen Jahren auf me<strong>in</strong>en<br />

Reisen <strong>Reiter</strong>standbilder fotografiere,<br />

geschieht also weder aus Verehrung für die<br />

Dargestellten noch aus Bew<strong>und</strong>erung für<br />

diese spezielle Form der Plastik im öffentlichen<br />

Raum. Was mich erstmals 2005 <strong>in</strong><br />

Moskau dazu gebracht hat, diese Heldenverehrung<br />

nobler Gewalttäter zu fotografieren,<br />

<strong>und</strong> das über all die Jahre <strong>in</strong> jeder<br />

Stadt, <strong>in</strong> der ich ankam, fortzuführen, ist die<br />

unfreiwillige Komik, die diese Eitelkeit im<br />

heutigen Stadtraum erzeugt. Der antiquierte<br />

Führerkult, diese gockelhafte Inszenierung<br />

von männlicher Herrlichkeit auf e<strong>in</strong>em aus-<br />

6 7


<strong>Reiter</strong>standbild<br />

klassisch<br />

14<br />

Stadt<br />

Name


Aachen<br />

Aalborg<br />

Aarhus<br />

Amsterdam<br />

Antwerpen<br />

Athen<br />

Bad Reichenhall<br />

Bangkok<br />

Barcelona<br />

Basel<br />

Bayreuth<br />

Berl<strong>in</strong><br />

Bern<br />

Bratislava<br />

Braunschweig<br />

Breda<br />

Bremen<br />

Brügge<br />

Brüssel<br />

Budapest<br />

Bukarest<br />

Cordoba<br />

Darmstadt<br />

Den Haag<br />

Dresden<br />

Düsseldorf<br />

Ed<strong>in</strong>burgh<br />

Essen<br />

Florenz<br />

Frankfurt<br />

Freiburg<br />

Gent<br />

Genua<br />

Glasgow<br />

Hamburg<br />

Hannover<br />

Heidelberg<br />

Hels<strong>in</strong>ki<br />

Innsbruck<br />

Karlsruhe<br />

Kassel<br />

Kiel<br />

Kleve<br />

Köln<br />

Kopenhagen<br />

Kruja<br />

Landshut<br />

Lissabon<br />

Livorno<br />

Ljubljana<br />

London<br />

Lübeck<br />

Lubl<strong>in</strong><br />

Lüneburg<br />

Luxemburg<br />

Lyon<br />

Madrid<br />

Magdeburg<br />

Mailand<br />

Ma<strong>in</strong>z<br />

Mannheim<br />

Moskau<br />

München<br />

Nancy<br />

Neumarkt <strong>in</strong> der<br />

Oberpfalz<br />

New York<br />

Nijmegen<br />

Odense<br />

Oostende<br />

Orleans<br />

Oslo<br />

Paris<br />

Regensburg<br />

Rom<br />

Rostock<br />

Rothenburg<br />

Rotterdam<br />

Schwer<strong>in</strong><br />

Sevilla<br />

Shanghai<br />

St. Petersburg<br />

Stett<strong>in</strong><br />

Stockholm<br />

Stuttgart<br />

Tel Aviv<br />

Tirana<br />

Tur<strong>in</strong><br />

Venedig<br />

Warschau<br />

Weimar<br />

Wien<br />

Wiesbaden<br />

W<strong>in</strong>dsor<br />

Zürich<br />

<strong>Reiter</strong>standbild<br />

klassisch<br />

17


Aachen<br />

Aalborg<br />

18 Friedrich III.<br />

Christian IX.<br />

19


Den Haag<br />

Willem I. van Oranje<br />

75


Düsseldorf<br />

Ed<strong>in</strong>burgh<br />

82 Ulanendenkmal<br />

Pr<strong>in</strong>ce Albert<br />

83


Köln<br />

Kopenhagen<br />

122 Friedrich Wilhelm IV.<br />

Christian IX.<br />

123


London<br />

Lübeck<br />

154 Well<strong>in</strong>gton Quadriga<br />

Wilhelm I.<br />

155


Wien<br />

Wien<br />

276 Joseph Wenzel Radetzky<br />

Joseph Wenzel Radetzky<br />

277


Venedig<br />

Venedig<br />

322 Orazio Baglioni<br />

Leonardo Prato<br />

323


386 Mailand<br />

Ma<strong>in</strong>z<br />

387


<strong>Pferd</strong> <strong>und</strong> <strong>Reiter</strong>/<strong>in</strong><br />

Wiki<br />

AOtto Ferd<strong>in</strong>and von<br />

Abensperg <strong>und</strong> Traun<br />

(1677-1748)<br />

Der meist nur Traun genannte<br />

Heerführer Maria Theresias gehört<br />

offiziell zu den „berühmtesten, zur<br />

immerwährenden Nacheiferung<br />

würdigen Kriegsfürsten <strong>und</strong> Feldherren<br />

Österreichs“ <strong>und</strong> hat über<br />

fünfzig Jahre se<strong>in</strong>es Lebens eigent -<br />

lich nur Krieg <strong>in</strong> zahlreichen europäischen<br />

Staaten geführt, darunter<br />

zwei Erbfolgekriege um die Nachfolge<br />

der Habsburger <strong>und</strong> e<strong>in</strong>en Feldzug<br />

zur Unterdrückung ungarischer<br />

Aufstände. Er gehört zu den vier<br />

<strong>Reiter</strong>n auf dem Sockel des Maria<br />

Theresien-Denkmals vor dem<br />

Kunsthistorischen Museum <strong>in</strong><br />

Wien von 1888.<br />

Wien<br />

Absalom<br />

(1128-1201)<br />

Der Erzbischof von L<strong>und</strong> war<br />

Kirchen- <strong>und</strong> Klostergründer, Heerführer<br />

<strong>und</strong> Berater sowie Fre<strong>und</strong><br />

des Dänenkönigs Waldemars des<br />

Großen. Geme<strong>in</strong>sam betrieben<br />

sie im Ost seeraum e<strong>in</strong>e aggressive<br />

Hegemonialpolitik, um Dänemark<br />

zur wesent lichen Großmacht<br />

Nord europas zu machen. Absalom<br />

von L<strong>und</strong> galt lange als Gründer von<br />

Kopenhagen, weil er an dieser Stelle<br />

am Öres<strong>und</strong> e<strong>in</strong> Kloster gebaut<br />

haben soll. Diese Stammvatertheorie<br />

für die Stadt, <strong>in</strong> der neben dem<br />

Schloss se<strong>in</strong> berühmtestes Stand -<br />

bild von 1902 als <strong>Reiter</strong> mit der Axt<br />

steht, gilt mittlerweile als widerlegt.<br />

Kopenhagen<br />

Albert I. Belgien<br />

(1875-1934)<br />

Dieser Vorzeigekönig der Moderne<br />

war ab 1909 Nachfolger se<strong>in</strong>es<br />

Onkels Leopold II., des Kongoschlächters.<br />

Von Beg<strong>in</strong>n se<strong>in</strong>er<br />

Regentschaft an bemühte er sich<br />

um soziale Reformen <strong>und</strong> präsentierte<br />

sich <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em öffentlichen<br />

Auftreten volksnah <strong>und</strong> bescheiden.<br />

Das belgische Kolonialreich im<br />

Kongo allerd<strong>in</strong>gs bestand weiter<br />

bis zu dessen Unabhängigkeit 1960,<br />

wenn auch nicht mehr ganz so<br />

mörderisch wie unter Leopold II.<br />

Im Ersten Weltkrieg verteidigte<br />

Albert als Oberbefehlshaber Belgien<br />

gegen den deutschen Überfall,<br />

konnte gegen die Besetzung aber<br />

letztlich nichts ausrichten. Nach dem<br />

Sieg der Entente machte er sich um<br />

die Demokratie verdient (natürlich<br />

nicht im Kongo). Er ist der beliebteste<br />

belgische König bis heute. Albert<br />

war e<strong>in</strong> begeisterter Bergsteiger<br />

<strong>und</strong> starb bei e<strong>in</strong>em Absturz <strong>in</strong> den<br />

Ardennen. Se<strong>in</strong> <strong>Reiter</strong>standbild von<br />

1951 <strong>in</strong> Brüssel vor der Königlichen<br />

Bibliothek ist von seltener Zurückhaltung<br />

<strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>lichkeit geprägt,<br />

das Kriegsmonument <strong>in</strong> Antwerpen<br />

zu se<strong>in</strong>en Ehren von 1930 e<strong>in</strong>e<br />

der dramatischten Inszenierungen<br />

dieser Art <strong>in</strong> der Welt.<br />

Antwerpen<br />

Brügge<br />

Brüssel<br />

Pr<strong>in</strong>ce Albert<br />

(1819-61)<br />

Gebürtig Se<strong>in</strong>e Durchlaucht Pr<strong>in</strong>z<br />

Franz Albrecht August Karl Emanuel<br />

von Sachsen-Coburg-Saalfeld, Her -<br />

zog zu Sachsen, wurde der deutsche<br />

Pr<strong>in</strong>z 1840 durch se<strong>in</strong>e Liebesheirat<br />

mit Queen Victoria zu e<strong>in</strong>er Figur des<br />

Weltgeschehens. Er nahm vor allem<br />

bed<strong>in</strong>gt durch die neun Schwangerschaften<br />

der König<strong>in</strong>, während derer<br />

er sie vertrat, starken E<strong>in</strong>fluss auf die<br />

Politik des britischen Königshauses,<br />

widmete sich aber auch zahlreichen<br />

gesellschaftlichen <strong>und</strong> künstlerischen<br />

Anliegen. Er saß der Gesellschaft<br />

zur Abschaffung der Sklaverei vor,<br />

entwickelte die ersten Arbeiterwohnungen<br />

<strong>in</strong> England, komponierte<br />

e<strong>in</strong>e Oper <strong>und</strong> widmete sich der<br />

Garten baukunst. Er starb 42-jährig<br />

an Typhus oder Magenkrebs <strong>und</strong><br />

h<strong>in</strong>terließ e<strong>in</strong>e verzweifelte Gatt<strong>in</strong>,<br />

die ihm ihr Leben lang nachtrauerte.<br />

In Glasgow auf dem George Square<br />

ist das Paar geme<strong>in</strong>sam zu <strong>Pferd</strong>e<br />

aufgestellt, <strong>in</strong> Ed<strong>in</strong>burgh <strong>und</strong> London<br />

reitet der König<strong>in</strong>nengemahl alle<strong>in</strong>e.<br />

Ed<strong>in</strong>burgh<br />

Glasgow<br />

London<br />

Albrecht von<br />

Österreich-Teschen<br />

(1817-95)<br />

Erzherzog Albrecht Friedrich Rudolf<br />

von Österreich-Teschen war K.u.K.-<br />

General, Gouverneur von Ungarn,<br />

späterer Großgr<strong>und</strong>besitzer mit<br />

Ländereien <strong>in</strong> vielen osteuropäischen<br />

Gebieten <strong>und</strong> Groß<strong>in</strong>dustrieller. Er<br />

gab <strong>in</strong> der demokratischen Revolution<br />

von 1848/49 den Befehl, auf das<br />

Volk zu schießen. Se<strong>in</strong> Palast <strong>in</strong><br />

Wien, die Albert<strong>in</strong>a, ist heute e<strong>in</strong><br />

berühmtes Museum. Se<strong>in</strong> Standbild<br />

steht auf der Hochterrasse davor<br />

mit Blick auf die Oper.<br />

Wien<br />

Alexander der Große<br />

(356-323 v.u.Z.)<br />

Der unermüdliche Eroberer aus<br />

Mazedonien ritt das berühmteste<br />

Schlachtross der Antike, den als<br />

unzähmbar verschrienen Bukephalos,<br />

Ochenskopf. Nur der<br />

unbesiegbare König selbst konnte<br />

das wilde Tier bändigen <strong>und</strong> ritt es<br />

<strong>in</strong> all se<strong>in</strong>en Angriffskriegen bis<br />

nach Indien, wo es drei Jahre vor<br />

se<strong>in</strong>em Herrn bei der Schlacht am<br />

Hydaspes ertrank – das <strong>Pferd</strong> an<br />

Wasser, der Feldherr später an<br />

Alkohol oder falscher Mediz<strong>in</strong> <strong>in</strong><br />

Babylon. Auf der Domfassade von<br />

Regensburg reitet Alexander allerd<strong>in</strong>gs<br />

auf e<strong>in</strong>em Panther, weil er hier<br />

allegorisch auftritt für die vier alten<br />

Weltreiche nach dem Propheten<br />

Daniel. Neben ihm f<strong>in</strong>den sich noch<br />

der babylonische König Nebukadnezar,<br />

der e<strong>in</strong>en Löwen reitet, Julius<br />

Cäsar auf e<strong>in</strong>em E<strong>in</strong>horn, <strong>und</strong> der<br />

persische König Cyrus auf e<strong>in</strong>em<br />

Bären. Die Fas saden figuren s<strong>in</strong>d<br />

Kopien von Orig<strong>in</strong>alen aus der Zeit<br />

zwischen 1350 <strong>und</strong> 1430, die im<br />

Lapidarium des Domkreuzgangs <strong>und</strong><br />

im Museum der Stadt Regensburg<br />

aufbewahrt s<strong>in</strong>d.<br />

Regensburg<br />

Alexander III.<br />

(1845-94)<br />

Alexander Alexandrowitsch aus dem<br />

Hause Romanow-Holste<strong>in</strong>-Gottorp<br />

hatte <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Amtsjahren ke<strong>in</strong>en<br />

echten Krieg zu führen, was ihm<br />

bereits den Be<strong>in</strong>amen „Friedensstifter“<br />

e<strong>in</strong>brachte. Doch nachdem er<br />

<strong>in</strong> Folge des erfolgreichen Bombenattentats<br />

auf se<strong>in</strong>en Vater durch<br />

die sozialrevolutionäre Geheimgesellschaft<br />

Narodnaja Wolja<br />

(„Volks wille“) 1881 an die Macht<br />

kam, betrieb er e<strong>in</strong>e antisemitische,<br />

antidemokratische <strong>und</strong> antiliberale<br />

Politik, gründete die Geheimpolizei,<br />

die erstmals massenweise Menschen<br />

<strong>in</strong> Lager nach Sibirien deportierte,<br />

<strong>und</strong> führte den Staatsterror gegen<br />

die Bevölkerung e<strong>in</strong>. Außerdem<br />

Stadt<br />

448 Name<br />

449


Jahrzehntelang befanden sich <strong>Reiter</strong>standbilder <strong>in</strong><br />

tiefem Bedeutungsschlaf. Die Denkmale für erfolg reiche<br />

Kriegsführung wirkten im modernen Stadtgetümmel<br />

so zeitgemäß wie e<strong>in</strong>e Kutsche <strong>in</strong> der Formel 1. Aber<br />

seit die Black Lives Matter-Proteste sich 2017 an e<strong>in</strong>em<br />

<strong>Reiter</strong>standbild des Südstaatengenerals Robert E. Lee<br />

entzündeten, ist dieses Monument zu neuer poli tischer<br />

Brisanz erwacht.<br />

Till Briegleb hat <strong>in</strong> den letzten Jahren H<strong>und</strong>erte der<br />

sechsbe<strong>in</strong>igen Gedenkskulpturen <strong>in</strong> ihrem urbanen<br />

Kontext porträtiert, als globale Fotoerzählung über<br />

e<strong>in</strong> skurriles Stadtmöbel. Ergänzt durch e<strong>in</strong>e Geschichte<br />

dieser Plastik seit der Antike <strong>und</strong> e<strong>in</strong> kommentierendes<br />

Lexikon der Dargestellten ist „<strong>Pferd</strong> <strong>und</strong> <strong>Reiter</strong>/<strong>in</strong>“<br />

die erste umfassende Monografie über diese aussterbende<br />

Ehrbezeugung.<br />

Büro Wilhelm. Verlag<br />

www.buero-wilhelm-verlag.de<br />

ISBN 978-3-948137-36-6<br />

Preis: 69,- €<br />

Stadt<br />

Name

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