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Dissertation

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Göttingen und wurde am 1. November 1936 Ordinarius an der TH Braunschweig –, doch<br />

wäre es dann kein Problem, einen neuen jungen Forscher des Sondergebietes Optik zu finden.<br />

Joos’ wissenschaftliche Leistungen wurden vom Kurator hoch gelobt. Sie stammten<br />

außerdem aus einem Gebiet, das jenem Carios und der Göttinger Doktoranden sehr ähnlich<br />

sei, was als ein negatives Faktum gelten sollte. Genauso abwertend könnte der Hinweis<br />

gemeint sein, dass Joos die „einwandfreieste experimentelle Verteidigung […] für die<br />

Relativitätstheorie“ gelungen sei. 124 Dies hätte wohl in den Ohren von Lenard und Stark<br />

schlecht geklungen. Ob es im Ministerium aber ebenfalls als Kritik gelesen wurde, ist nicht so<br />

sicher. Genauso könnte auch die von nationalsozialistischer Seite erwünschte Verbindung von<br />

theoretischer und experimenteller Physik in Joos Arbeiten erkannt worden sein. Sicherlich<br />

war Joos kein Vertreter einer ’abstrakten‘, ’unanschaulichen‘ theoretischen Physik.<br />

Möglicherweise lieferte der Kurator mit seiner vermeintlichen Kritik hier ungewollt<br />

Argumente für eine Berufung von Georg Joos. In der Ablehnung von Kossel ging der Kurator<br />

geschickter vor. Kossel sei zwar „ein sehr vielseitig gebildeter, kultivierter und im Umgang<br />

ungewöhnlich gewandter Mann“, 125 doch hätte er in der experimentellen Physik nicht Fuß<br />

fassen können, kein eigenes Arbeitsgebiet entwickelt und keinen großen Schülerkreis um sich<br />

gesammelt. Seine großen Leistungen lägen lange zurück, und er besäße nicht das<br />

mathematische Rüstzeug, um in der theoretischen Physik erfolgreich zu sein. Gerüchteweise<br />

würde ihn die TH Danzig gerne freigeben. Das sollte als vernichtende Kritik wohl ausgereicht<br />

haben. Um nun andere Forscher durchzusetzen, argumentierte er mit der Bedeutung des<br />

Standortes Göttingen. Dieser Lehrstuhl dürfe nur einer „wirklich überragenden<br />

Persönlichkeit“ anvertraut werden, die ihrerseits aber auch „hierher passen“ müsse. In dieser<br />

Hinsicht seien nur Bothe und Geiger zu nennen, und da Bothe schon abgesagt hatte, bliebe<br />

nur Geiger übrig. Mit seinen Forschungen zur Strahlenphysik würde er die gewünschte<br />

Ergänzung zu den vorhandenen Arbeitsgebieten bringen. Da das angelsächsische und<br />

skandinavische Ausland die Wiederbesetzung des Franck’schen Lehrstuhls „sehr ernst<br />

beachten“ werde, die Besetzung also „außenpolitische Bedeutung“ gewinne, sei es wichtig,<br />

dass der zu Berufende im Ausland hoch angesehen sei, was bei Geiger der Fall wäre. 126<br />

124 Gemeint ist hier Joos’ mit größter Präzision durchgeführte Wiederholung des Michelson‘schen Versuchs. In<br />

den Naturwissenschaften gibt Joos einen geschichtlichen Überblick über die zahlreichen Wiederholungen dieses<br />

anfänglich umstrittenen Versuchs pro oder contra die Relativitätstheorie; siehe Joos [1931]. Eine ausführliche<br />

Darstellung seines eigenen Versuchs gab er 1930 in den Annalen der Physik.<br />

125 Kossel stammte aus einer alten Gelehrtenfamilie, sein Vater war Professor der Physiologie und erhielt 1910<br />

den Nobelpreis. In der Erwähnung des kultivierten und gebildeten Auftretens ehrte der Kurator die besondere<br />

Herkunft Kossels.<br />

126 Stellungnahme des Kurators, die dem Minister in Berlin überreicht wurde, 8. Februar 1935. UAG, Rek.<br />

3206b.<br />

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