BIBER 06_21 lr
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Österreichische Post AG; PZ 18Z041372 P; Biber Verlagsgesellschaft mbH, Museumsplatz 1, E 1.4, 1070 Wien
www.dasbiber.at
MIT SCHARF
NEWCOMER
SCHOOL
EDITION
JUNI 2021
+
„ICH BIN NICHT
SO EINE“
+
AFGHANEN GEGEN
TSCHETSCHENEN
+
GRÜNES SHAMING
+
„ER SCHLÄGT DICH. DAS
BEDEUTET, ER LIEBT DICH“
Gewalt an Frauen in Österreich: Verharmlost bis zum Tod.
Da bi
zaključavanje
bilo
#svršeno.
3
minuten
mit
Habibi you
know
Da bi pandemija bila gotova.
Vakcinišite se i Vi.
www.Österreich-impft.at
© Simon Herret
Die Gründer des Mode-Labels
„Habibi you know“ haben eine
Mission: Arabische Schrift
in die europäische Popkultur
integrieren. Im Interview
erzählen Jessica und Imad von
IS-Verwechslungen, Drake als
Inspiration und dem Image der
arabischen Schrift.
Interview: Miriam Mayrhofer
BIBER: Wie kam es zur Idee und Gründung
von ‚Habibi you know‘?
IMAD EL RAYESS: Ich wollte für
meinen besten Kumpel einen Sweater
machen. Weil er sowas wie ein Habibi
für mich ist, habe ich das auf einen
Pulli gestickt. Das war 2016. Nach zwei
Wochen kam der dann auf mich zurück
und sagte: „Hey Imad, ich habe‘ viele
Blicke bekommen. Manche fanden es
cool, manche haben gefragt, ob ich
jetzt dem IS beigetreten bin.“ Habibi,
das ist ja was Schönes, was Liebevolles.
Da habe ich gecheckt: Alles klar,
da braucht‘s noch ein bisschen Aufklärungsarbeit.
Ich habe den Instagram-
Channel ‚Habibi you know‘ gestartet,
weil der Name Habibi schon vergeben
war. Es gab zu der Zeit auch ein Album
von Drake, und da gibt’s eine Line mit
„it’s a habibi thing, u know?“.
Welche Hürden musstet ihr überwinden?
IMAD EL RAYESS: Es ist immer eine
Hürde, wenn man einen neuen Launch
hat. Fragen wie: Wie gehe ich damit
um, dass der neue Produzent, eine
Familie in Tunesien mit der wir seit der
neuesten Kollektion zusammenarbeiten,
unsere Preise erhöht hat? Das hat so
Bauchschmerzen gemacht. Wir sind
nicht so preis- und profitorientiert. Wir
wollen einfach coolen Stuff machen,
mit einer geilen Message und was
Gutes beitragen, that’s it.
Wer ist eure Community?
JESSICA REES: Leute, die sich mit
dem Thema identifizieren können oder
es verstehen und unterstützen. Es
sind nicht Leute, die den Schriftzug
sehen und fragen: „Steht da ISIS?“ Wir
kennen viele aus unserer Community,
die solche Geschichten haben. Aber
dann auch süße Storys wie: „Ich habe
sieben Jahre nicht mit meinem Nachbarn
geredet, es kam nicht dazu und
dann hat er mich mit Habibi gesehen
und seitdem sind wir gut befreundet.“
Solche Geschichten zeigen: Hey, die
Message ist da, ist wichtig, verbindet.
Welche Ziele habt ihr für die Zukunft?
IMAD EL RAYESS: Unser Ziel ist es
natürlich, dass alle Habibi tragen.
JESSICA REES: Und vor allem auch die
arabische Schrift zu entstigmatisieren,
indem wir sie in die Popkultur integrieren.
/ 3 MINUTEN / 3
Liebe Leserinnen und Leser,
IMPRESSUM
MEDIENINHABER:
Biber Verlagsgesellschaft mbH, Quartier 21, Musuemsplatz 1, E-1.4,
1070 Wien
REDAKTIONSHUND:
Casper
BUSINESS DEVELOPMENT:
Andreas Wiesmüller
HERAUSGEBER
Simon Kravagna
GESCHÄFTSFÜHRUNG:
Wilfried Wiesinger
„
Montagmorgen, biber-Redaktionssitzung:
Jede Redakteurin
weiß ein anderes Beispiel zu
erzählen, kennt einen anderen
Spruch: „Sie hat ihn provoziert.“
„Ja mei, da is ihm die
Hand ausgerutscht“ „Musst
du darüber reden?“ Die jungen
„Ihr seid ja alle so arm!“ – „Bist du so faul?!“ – „Deine Matura ist nicht viel wert!“
– In ihren Newcomer-Blogs berichten 14-19 jährige Schüler:innen von Müttern,
die das Homeschooling dazu nutzen, die Tochter für Geschwister-Babysitting
und Geschirrspülen einzuteilen. Sie schreiben von Lehrer:innen, die sich über
psychischen Druck bei Jugendlichen lustig machen und davon, wie der Stempel
„Corona-Matura“ gefühlt eine ganze Schullaufbahn zunichte macht. Hello and
Welcome zur biber-Newcomer Edition 2021 – straight aus dem Klassen- bzw.
Kinderzimmern von Österreichs Schüler:innen, die bitteschön alle einen Einser mit
Sternchen im Hauptfach „Pandemie“ verdient haben. Lest ihre Beiträge auf den
Seiten 15, 30, 48 und 61.
Passend zum Schulalltag empfehlen wir das Interview mit Zwetelina Ortega auf
Seite 50, die unseren mehrsprachigen Biber-Redakteur:innen erklärt, warum so
viele Lehrer:innen in Österreich immer noch Türkisch am Gang unterbinden wollen
und wie Sprach-Rassismus in unserer Gesellschaft kultiviert wird.
Aber nicht nur mit Rassismus hat unsere Gesellschaft ein Strukturproblem,
leider auch mit Gewalt an Frauen. Österreich ist trauriger EU-Spitzenreiter, wenn
es um die Zahl der Femizide allein 2021 geht. Verwunderlich? Nun, vier biber-
Redakteurinnen geben Einblick in die tiefe Verwurzelung und „Normalität“ von
Gewalt gegen Frauen in Österreich – wurscht ob sie in einem Haus im Waldviertel
oder einem kurdischen Haushalt aufwuchsen. Mit Aussagen wie „Er schlägt dich,
das bedeutet er liebt dich“ kennt „frau“ sich seit ihrer Kindheit aus. Dass dieses
Phänomen keine Herkunft, aber ein Geschlecht kennt, beweist die starke Story auf
Seite 16.
Von der Gewalt daheim zum Straßenkampf: Chefreporterin Aleksandra Tulej
hat sich mit den Erzrivalen im „Bandenkrieg“ Wiens getroffen: Denn der Konflikt
zwischen jugendlichen Afghanen und Tschetschenen droht erneut zu eskalieren,
wie die beiden geläuterten Aussteiger ihr exklusiv erzählen. Dass es bei dem
ewigen Kampf um mehr als Religion, Drogen oder Mädchen geht, lest ihr ab Seite
24.
Entgeltliche Einschaltung
CHEFREDAKTEURIN:
Delna Antia-Tatić
STV. CHEFREDAKTEUR:
Amar Rajković
CHEFiN VOM DIENST:
Aleksandra Tulej
CHEFREPORTERIN:
Aleksandra Tulej
LEITUNG NEWCOMER:
Amar Rajković & Aleksandra Tulej
KOLUMNIST/IN:
Ivana Cucujkić-Panić, Todor Ovtcharov, Jad Turjman
LEKTORAT: Florian Haderer
REDAKTION & FOTOGRAFIE:
Adam Bezeczky, Nada El-Azar, Miriam Mayrhofer, Esra Gönülcan,
Victoria Dyadya, Anna Jandrisevits, Naz Kücüktekin, Zoe
Opratko, Simon Herret, Calimaat, Helena Wimmer, Susanne
Einzenberger, Stephan Wyckoff, Marko Mestrović
CONTENT CREATION, CAMPAIGN MANAGEMENT:
Aida Durić
SOCIAL MEDIA:
Weronika Korban
FOTOCHEFIN:
Zoe Opratko
ART DIRECTOR:
Dieter Auracher
KONTAKT: biber Verlagsgesellschaft mbH Quartier 21, Museumsplatz 1, E-1.4, 1070
Wien
Tel: +43/1/ 9577528 redaktion@dasbiber.at marketing@dasbiber.at abo@
dasbiber.at
WEBSITE: www.dasbiber.at
ÖAK GEPRÜFT laut Bericht über die Jahresprüfung im Jahresschnitt 2020:
Druckauflage: 78.856
verbreitete Auflage: 73.741k
Die Offenlegung gemäß §25 MedG ist unter www.dasbiber.at/impressum abrufbar
DRUCK: Druckerei Berger
Erklärung zu gendergerechter Sprache:
In welcher Form bei den Texten gegendert wird, entscheiden die jeweiligen Autoren
und Autorinnen selbst: Somit bleibt die Authentizität der Texte erhalten - wie immer
„mit scharf“.
Frauen haben ganz unterschiedliche
Herkünfte, aber ihre
Erfahrung ist gleich: Gewalt
gegen Frauen wird nicht nur
verharmlost, sie ist total normal.
In Österreich! S.16
Delna Antia-Tatić “
Chefredakteurin
Um Mädchen geht es dafür in dieser Geschichte: „Ich bin nicht so eine“ –
beteuern junge Migrantinnen immer wieder und verleugnen dabei nicht nur ihre
sexuelle Vergangenheit, sondern auch die sexuelle Freiheit von Frauen. Über
den Druck „rein“ zu sein, und sich ein „Clean Image“ zu erschaffen, damit sie als
„Heiratsmaterial“ durchgehen. Das Dilara-Dilemma ab Seite 32.
Auch stetig um ein „clean“ bzw. „green“ Image bemüht, sind die Hochgepriesenen
der Umweltbewegung: So erzählt etwa die Sinnfluencerin Dariadaria vom
„Shaming und Blaming“ im Land der Gutmenschen. Nur eine Süßkartoffel im
Ofen? Du bist mit dem Flugzeug geflogen? Dein Snack war vegetarisch und nicht
vegan? Der Shitstorm lässt nicht lange auf sich warten. Über den unmenschlichen
Druck „gut und grün“ zu sein: Seite 36
Wie ihr seht, in dieser Ausgabe gilt: Einmal alles und mit scharf!
Wir wünschen euch viel Spaß beim Lesen, die Redaktion
© Zoe Opratko
Jeder zweite Arbeitsplatz in Österreich hängt direkt oder indirekt
vom Export ab. Ob Klein- und Mittelbetrieb oder Großunternehmen –
Österreichs Betriebe schaffen Beschäftigung in unserem Land.
4 / MIT SCHARF /
WWW.LEBENVOMEXPORT.AT
3 3 MINUTEN MIT
„HABIBI, YOU KNOW“
8 WAS UNS BEWEGT
Was gerade in der Society-Welt Wellen schlägt,
präsentieren wir euch kurz und knackig.
12 BIBER SUMMERSCHOOL
Langeweile in den Ferien? Bewirb dich jetzt für
unsere biber Summerschool!
14 IVANAS WELT
Wo waren die Vesnas und Yusufs in der
Corona-Kampagne?
POLITIKA
15 SCHÜLERBLOGS
Mehr Hausarbeit für Mädchen durch Corona und
warum Schule neu gedacht werden muss.
16 ER SCHLÄGT DICH. DAS
BEDEUTET, ER LIEBT DICH.
Vier starke Stimmen aus verschiedenen
Communitys schreiben gegen Gewalt an Frauen.
22 „FRAU GEWESSLER, WIE OFT
WURDEN SIE VON EINEM
MANN BEDROHT?“
Biber fragt in Worten, Klimaministerin Leonore
Gewessler antwortet in Zahlen.
24 TSCHETSCHENEN VS.
AFGHANEN
Droht der Konflikt zwischen den Gangs zu
eskalieren? Eine Reportage von Aleksandra Tulej.
RAMBAZAMBA
30 DIE SUGARBABYS
VON TIKTOK
Wie auf der Plattform Sexarbeit glorifiziert wird
und welcher Nagellack wirklich hält.
31 SCHÜLERBLOGS
Aufwachsen zwischen den Kulturen und
Pornobrutalität.
32 „ICH BIN NICHT SO EINE“
Aleksandra Tulej über den dunklen Doppelboden
hinter den Dilara-Memes.
36 GRÜNER DRUCK
Delna Antia-Tatić sprach mit Grünmenschen über
den Druck, zu Heiligen zu werden.
42 ZUM HEMDSCHÄMEN?
Unser großes Nachhaltigkeitsspecial – inklusive
Secondhand-Guide und Klimaschutz-Tipps!
22
„FRAU GEWESSLER, WIE OFT WURDEN
SIE VON EINEM MANN GESCHLAGEN?“
Klimaschutzministerin Leonore Gewessler im
aktuellen Interview in Zahlen.
16
GEGEN GEWALT
AN FRAUEN
Vier Stimmen aus
den Communitys
zeigen: Gewalt
gegen Frauen hat
keine Nationalität,
aber ein Geschlecht.
24
IN HALT JUNI
2021
„WIR REGELN
DAS UNTER UNS.“
Der Konflikt zwischen
Tschetschenen und
Afghanen in Wien
droht erneut zu
eskalieren.
32
„ICH BIN
NICHT SO
EINE“
Was steckt hinter
den Dilara-Memes
auf Social Media?
© Zoe Opratko, © Calimaat, Cover: © Zoe Opratko
TECHNIK
46 KRYPTO HIN, KRYPTO HER
Kolumnist Adam Bezeczky über den Krypto-
Geldmarkt und Chinas Weltraumstation.
47 XBOX ALS HIGHLIGHT IM
WOHNZIMMER
Florian Liwer im Interview über die Auswirkungen
der Pandemie auf’s Gaming und mehr.
KARRIERE
48 EIN LIEBESBRIEF AN DIE
GENERATION Z
Anna Jandrisevits ist stolz, zur „Generation
Thunberg“ zu gehören.
50 „DARF ICH MIT MEINEM
SOHN BOSNISCH
SPRECHEN?“
Mehrsprachigkeitsexpertin Zwetelina Ortega
im Interview.
54 DANKE
Biber dankt den Newcomer-Partnern. Ohne euch
würde es dieses Heft nicht geben!
56 „WIR HABEN JEDE
SCHULSTUNDE GESTREAMT“
Matthias Roland über fehlende Fantasie in
der Bildungspolitik und Streaming aus dem
Klassenzimmer.
58 SCHÜLERBLOGS
Machen LehrerInnen wirklich Mut in dieser Zeit?
Und ist die „Corona-Matura“ etwas wert?
59 SCHÜLERBLOGS
Über das Bundesheer und den ständigen Druck,
für Schönheit leiden zu müssen.
KULTUR
60 VIEL GUCKEN, NICHTS
ZAHLEN!
Aktuelle Kultur-Tipps, präsentiert von
Nada El-Azar.
62 HOMESTORY MIT
KURDWIN AYUB
Die Regisseurin spricht ganz privat über ihre
Karriere und ihren neuen Film „Sonne“.
65 TRAUMA UND RASSISMUS
Kolumnist Jad Turjman über die Krux mit der
sogenannten „confirmation bias“.
66 TODOR
Kolumnist Todor zweifelt am „World Happiness
Report” der UNO.
6 / MIT SCHARF /
/ MIT SCHARF / 7
AS UNS BEWEGT
Von Miriam Mayrhofer, Esra Gönülcan und Victoria Dyadya
10
TIKTOK-ACCOUNTS,
DENEN IHR
UNBEDINGT FOLGEN
SOLLTET
1.
@dein_sprachcoach
2.
@herranwalt
3.
@hatcetenekenemene
4.
@lisasfahrschule
5.
@emulution
6.
@psychologin_linda
7.
@frau_slobo
8.
@classninjas
9.
@daniel.jung
10.
@pamela_rf
SHIRIN DAVID
DARF DAS!
„Ob ich darf? Ja, ich darf das, Pech! Ob ich‘s
mach‘? Ja, ich mach‘ das echt. Ob ich‘s hab‘?
Ja, ich hab‘ das Recht, immer zu tun und zu
lassen, was ich will.“ Rapperin, Influencerin,
Self-Made Ikone, Empowerment-Aktivistin:
Shirin David darf das alles und mehr. Nachdem
sich ihr Debütalbum „Supersize“ über zehn
Wochen lang in den deutschen Charts gehalten
hat, meldet sich Shirin David mit neuer Video-
Single namens „Ich darf das“ zurück – und wie:
direkt auf Nummer 1! Der Titel steht für Stärke,
Selbstbestimmung, Emanzipation und Empowerment.
Das Musikvideo zeigt die Rapperin
gemeinsam mit anderen Frauen, wie sie tanzen,
ihr Können und ihr Aussehen feiern und sich
gegenseitig mit Farbe beschmieren.
Ja, du darfst das, Shirin.
8 / MIT SCHARF /
ROTE
KARTE
FÜR WEISSE
Oha, sie traut sich was!
Chicagos Bürgermeisterin
Lori Lightfoot gibt an
ihrem zweiten Jahrestag
im Amt nur „Nicht-weißen“
Journalist*innen Interviews.
Lightfoot ist Afroamerikanerin
und möchte mit
dieser Aktion auf die nicht
gegebene Vielfalt unter
Journalist*innen in Chicago
aufmerksam machen.
Besonders schockiert ist
sie über die Situation im
„eigenen Haus“, dem Rathaus.
Hier sind nur wenige
Journalist*innen „of
color“, also afroamerikanisch,
latino-stämmig, mit
asiatischen Wurzeln oder
Nachfahren von Ureinwohnern,
tätig. Im gesamten
Presseteam ist außerdem
nicht eine einzige nichtweiße
Person tätig. „Keine
einzige. Ich finde das inakzeptabel,
und ich hoffe, Sie
sehen das auch so.“
© instagram.com/shirindavid, Charles Rex Arbogast / AP / picturedesk.com, wikimedia commons/ Niels Freidel
MA48
MERO STÜRMT „THE VOICE“
„Es wird Zeit, baller' lo-lo-lo-lo-los“. Um
diese Zeile und ihn kommt man einfach
nicht herum: Enes Meral, aka Mero. Mit
seinem Song „Baller los“ knackte er
schon nach einem Tag Millionen Aufrufe.
Der 20-jährige Deutsche mit türkischen
Wurzeln ist nicht nur dank seiner Rap-
Lieder und Rekorde Gesprächsthema,
sondern auch, weil er sich einen von vier
Jury-Sesseln bei der türkischen Version
von „The Voice“ (auf Türkisch „O Ses
Türkiye“) gesichert hat. Die Feeds auf
Social-Media-Kanälen sind voll mit Show-
Ausschnitten und Zitaten von Mero.
Neben Mero sitzen Pop-Sängerin Hadise,
der türkische Rap-Star Eypio und der
niederländisch-türkische Rapper Murda
in der Jury.
KATE WINSLET SAGT
STOPP ZU PHOTOSHOP!
Mit dieser Aktion verdient sich die Schauspielerin
Kate Winslet Ehrenschwester-
Status: Die Hauptdarstellerin von „Titanic“
(für mehr Info, fragt eure Eltern) lässt sich
von jedem Fotografen schriftlich versichern,
dass ihre Fotos so bleiben, wie sie
sind: Echt, schön, mit Falten, Flecken oder
Dellen, aber Hauptsache ohne jegliche
Retusche oder irgendeinen Bildfilter! Winslet
setzt sich schon seit Jahren dafür ein,
Frauen realistisch abzubilden. Damit will
sie nicht nur ihrer Tochter ein Vorbild sein,
sondern auch jüngere Kolleg*innen dazu
ermutigen, sich dem Perfektionsdruck nicht
zu beugen. „Denn so perfekt sieht niemand
aus - auch kein Hollywood-Star.“
Schnäppchen wie einzigartige Vintage-Möbel, Geschirr,
Kleider, Bücher, Deko-Gegenstände, Sportgeräte und
vieles mehr. Jedes Teil, das verkauft wird, unterläuft
vorab einer Qualitätskontrolle. Erwerben kann man die
coolen Stücke dann oft zu echten Schnäppchenpreisen.
Das Sortiment wechselt ständig. Es
lohnt sich also, öfter vorbeizuschauen. Wo sonst
bekommt man einen Vintage-Polstersessel, den
sonst niemand hat, billig, umweltschonend und
auch noch abfallvermeidend? Oder ein altes
Puch-Fahrrad, das man sich sonst nie leisten
könnte? Oder einen wunderschönen goldenen
Kerzenständer, der eine Vorgeschichte hat? Alle
Erlöse aus dem Verkauf kommen übrigens Wiener
Sozial- und Hilfsprojekten zugute. Also, auf
gehts zur umweltschonenden Shoppingtour,
mit der man auch noch Gutes tut!
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5., Siebenbrunnenfeldgasse 3
Mi - Sa, 10 - 18 Uhr (außer feiertags)
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DER ALTWARENMARKT MACHT ES MÖGLICH
So etwas kann es nur in Wien geben. Ein Laden, in dem
besondere Altwaren, die auf Mistplätzen abgegeben
wurden, verkauft werden: Die Rede ist vom 48er-Tandler
in der Siebenbrunnenfeldgasse 3. Ihr findet dort coole
KOMM
VORBEI
!
/ POLITIKA / 9
AS UNS BEWEGT
Wer hilft mir
„Atlas oder Nada“
ŠVABA ORTAK
Neuer Stoff von Švaba Ortak. Der Landstraßen-Jugo,
der mit bürgerlichem Namen
Pavle Kometina heißt, haut am 2. Juli sein
neues Album „Atlas oder Nada“ raus! Darauf
sind 16 Tracks im Wiener Dialekt, in Frankfurter
Hochdeutsch und auf Montenegrinisch
zu hören. Zwei Singles samt Video aus
dem neuen Studioalbum sind bereits veröffentlicht.
Dieses stieg vor zwei Jahren auf
Platz #4 der österreichischen Albumcharts
und war auch im restlichen deutschsprachigen
Raum sehr beliebt!
rund um meine
Ausbildung?
NBA GOES FORTNITE
Fortnite geht mit dem nächsten großen Crossover-
Event an den Start. Diesmal gibt es eine Zusammenarbeit
mit der US-amerikanischen Basketballliga NBA.
Kurz vor den Ende Mai gestarteten Play-offs bekommt
jedes Basketball-Team seinen eigenen Fortnite-Skin.
Der Crossover ist im Item-Shop, Fortnite-Kreativmodus
und in Form von Teamkämpfen, einem neuen Spielmodus,
bei dem alle 30 NBA-Teams vorkommen, vertreten.
Es gab schon ähnliche Events mit der NFL (National
Football League) und auch mit diversen europäischen
Fußballvereinen. Hinter solchen Kollaborationen steckt
vor allem viel Geld, wie könnte es anders sein. Beim
NFL-Crossover machte Fortnite nach Angaben von
forbes.com innerhalb von zwei Monaten einen Umsatz
von über 50 Millionen US-Dollar.
LEAGUE OF LEGENDS: ABRÄUMER
In Reykjavik gewinnt “Royal Never Give Up” das internationale
League-of-Legends-Turnier “Mid-Season Invitational (MSI)”. Im
Finale besiegt das chinesische Team Weltmeister Damwon und
räumt das Preisgeld in Höhe von $75,000 ab. „Endlich konnten wir
die Trophäe und das Turnier gewinnen. Das ist das Ergebnis von
harter Arbeit und Sorgfalt“, sagt RNG-Midlaner Yuan „Cryin“ Cheng-
Wei im Interview nach dem Spiel. Es war eine hart umkämpfte
Serie im Spielmodus „best of five“. Im letzten Spiel kommt es zur
Entscheidung, RNG dominiert deutlich. Nach knapp 27 Minuten
steht das chinesische Team zum zweiten Mal nach 2018 als Gewinner
des MSI fest. Warum dieses Turnier auch für die kommende
Weltmeisterschaft im Herbst relevant ist? Da China und Korea hier
so erfolgreich waren, konnten sie sich für ihre Liga den vierten
Startplatz sichern. Leidtragende sind die Europäer, die einen Startplatz
einbüßten.
© Sony/Epic D, Christoph Soeder / dpa / picturedesk.com, 2021 NBA Properties, Inc.
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Die biber SUMMER SCHOOL –
Journalismus-Skills mit Aussicht
„Corona“ hat uns gelehrt: Keine Schule ist auch nicht
cool. Und ein Sommer ohne Plan macht das Leben nicht
besser. Acht Wochen können lang sein. We feel you.
Kontaktiere uns
auf Instagram.
DAS PROGRAMM DER BIBER
SUMMER-SCHOOL
Biber schafft Abhilfe: In der multimedialen biber
Summer-School lernst du Journalismus-Skills von
der schärfsten Redaktion des Landes.
In kleinen Klassen erfährst du, wie du deine Storyidee
in einer Redaktionssitzung pitchst, welche
Headline wie viele Klicks bringt und was guten Content
für Social-Media ausmacht. Du wirst recherchieren,
schreiben, bloggen und Videos machen.
In Workshops lernst du das „Mobile-Reporting“ kennen
und erfährst von Profis, wie der österreichische
Tagesjournalismus tickt. Das und vieles mehr.
LEITUNG DER BIBER SUMMER-SCHOOL
Aleksandra Tulej, Nada El-Azar (biber)
Melisa Erkurt (die_Chefredaktion)
Alexandra Stanić (freie Journalistin)
DIE TERMINE DER BIBER SUMMER-
SCHOOL
Die biber Summer-School findet in Blöcken im Juli
2021 statt. Jede Woche startet und endet eine
Klasse. Du hast also drei Terminblöcke zur Auswahl,
wann es eben für dich passt!
TERMINBLÖCKE
ZUR AUSWAHL:
12.–16. Juli 2021
19.–23. Juli 2021
26.-30. Juli 2021
Die Unterrichtszeit
ist von Montag
bis Freitag
jeweils vormittags,
von 10 bis
13 Uhr.
DIE KOSTEN UND VORAUSSETZUNGEN
DER BIBER SUMMER-SCHOOL
Die Summer-School kostet nix! Das Angebot gilt für
SchülerInnen ab einem Alter von 16 bis 19 Jahren.
Du brauchst ansonsten keine Voraussetzungen zu
erfüllen. Hauptsache, du bist engagiert dabei.
DEIN ZERTIFIKAT VON DER BIBER
SUMMER-SCHOOL
Uns ist natürlich klar: Nur zum Spaß stehst du in
den Ferien nicht vor Mittag auf. Daher erhältst du in
der Summer-School nicht nur Journalismus-Skills,
sondern wirst am Ende etwas für deine Bewerbungsmappe
zum Vorzeigen haben: Ob Blog, Video
oder Instagram-Content. Last but not least: Für eine
erfolgreiche Teilnahme gibt es ein Zertifikat.
DIE HYGIENE BEI DER BIBER
SUMMER-SCHOOL
Natürlich achten wir darauf, die TeilnehmerInnenzahl
klein zu halten, damit stets genügend Babyelefanten
zwischen euch Platz haben. Wer keinen
Laptop mitbringen kann, dem stellen wir gerne
einen Computer zur Verfügung.
PARTNER DER BIBER SUMMER-SCHOOL
forum journalismus & medien (fjum)
MEGA Bildungsstiftung
ANMELDUNG FÜR DIE BIBER SUMMER-
SCHOOL
Lust bekommen? Dann JETZT mit Wunschtermin
bei Programmkoordinatorin Hannah Jutz anmelden:
jutz@dasbiber.at
WIR FREUEN UNS AUF DICH!
Einfach QR-Code
mit deiner Smartphone-Kamera
abfotografieren!
© Zoe Opratko
In Ivanas WELT berichtet die biber-Redakteurin
Ivana Cucujkić über ihr daily life.
IVANAS WELT
Foto: Igor Minić
MEINUNG
WIR KINDER VOM „SIDBAHNHOF“
Sie sind unsere Helden der Pandemie. Denkmäler bekommen andere.
Sie war neunzehn, hochschwanger und wollte nicht
mehr alleine mit den Schwiegereltern abhängen, als
sie im Spätsommer `83 den Bus in der vlahischen
Provinz Serbiens bestieg. Fünfzehn Stunden später
stieg meine Mutter mit einem Koffer voller Hoffnung
am Wiener Südbahnhof aus. So begann unser Leben
in Österreich. So begannen unzählige Biografien von
GastarbeiterInnen, die in den letzten fünfzig Jahren
hierher kamen, um maßgeblich an der Gestaltung des
Landes mitzuwirken. Die Helden vom „Sidbahnhof“.
Dafür sollten sie heuer mit einem Denkmal auf dem
heutigen Hauptbahnhof geehrt werden. Die Pandemie
verschob den Termin auf irgendwann, brachte aber
neue HeldInnen hervor. Die Kinder dieser GastarbeiterInnen
haben in der Corona-Krise Österreich die Stange
gehalten mit ihren Berufen als BusfahrerIn, Reinigungskraft
oder SupermarktkassiererIn.
DAS A IM WORT „REGIERUNG“ STEHT FÜR
ANSTAND
Das offizielle Österreich bekommt aber einen chronischen
Krampf im Rückgrat, wenn es positiv über
Migration und zugewanderte Menschen reflektieren
oder ihnen applaudieren soll. Also – geklatscht wurde
schon. Letztes Jahr. Jeden Tag um 18 Uhr. Bravo
an unsere SystemerhalterInnen, die uns in die Arbeit
fahren, das Büro reinigen, das Gurkerl in die Wurstsemmel
schieben, uns die Amazon-Pakete bringen,
den Schnee vor unserer Haustüre wegpflügen. Österreichs
Heldinnen und Helden: Bravo, Boris, Danijela,
Vesna, Dusan, Ayla, Yusuf, Emir. Fleißige Tschuschen,
gute Tschuschen. Warad halt nice gewesen, diesen
Heroes, die das Land auf den Beinen hielten, während
cucujkic@dasbiber.at
die anderen Bananenbrot auf Instagram backten, auch
Gesicht und Namen zu geben.
„LIEBE ÖSTERREICHERINNEN, LIEBE
ÖSTERREICHER!“
In der von der Bundesregierung gestützten Infokampagne
„Schau auf mich, schau auf Dich“ zum Beispiel.
Wo waren sie da, die Vesnas und die Yusufs? Achjaaa,
die sind ja runtergefahren in die Heimatländer und haben
nebst Omas, Gartengemüse und Selbstgebranntem
das Virus wieder nach Österreich geschleppt.
Pfui, Vesna! Pfui Dusan! Pfui, ihr „alle Menschen, die
hier leben“, wie es oft in den Pressekonferenzen der
Bundesregierung im Appell zum Zusammenhalt hieß:
„Liebe Österreicherinnen und Österreicher und alle
Menschen, die hier leben…“. Viele schrien „Och, wie
toll!“ Dass da auch alle anderen angesprochen und ins
Solidaritätsboot genommen werden. Ganz super. Ach,
echt? Das ganze Land soll brüderlich zusammenhalten,
no matter what, weil schlimmste Krise ever, und
dann divergiert man die Bootsinsassen entlang des
Reisepasses nach StaatsbürgerInnen und eben all den
anderen, obwohl schlimmste Krise ever?!
IRGENDWANN ZERBRICHT DIE LIEBE
Sitzt der Krampf echt so tief? Würde es wirklich so
viele WählerInnenstimmen bei der einschlägigen Klientel
kosten, wenn ein kleiner Adnan den Babyelefanten
erklärt hätte? Sein Opa wäre bestimmt stolz
gewesen. Aber der wird ja auch um seine Anerkennung
gebracht.
Nein, die bauen uns kein Denkmal. Und jeder Vollidiot
weiß, dass das die Liebe versaut. ●
© Zoe Opratko
WARUM MÜSSEN MÄDCHEN
WÄHREND DER PANDEMIE
MEHR LEISTEN?
Durch Corona hat sich die Hausarbeit von Frauen und
ebenso Mädchen verstärkt. Ich bin eines dieser Mädchen,
die mehr im Haushalt helfen müssen als ihre Brüder. Ich
gehe in die 3.Klasse NMS. Durch die Pandemie sind wir
öfters nur zuhause, mit der ganzen Familie. Dadurch wird
mehr Geschirr und Schmutz verursacht. Die meisten
Frauen/Mädchen sind dafür verantwortlich, das Haus wieder
sauber zu bekommen – und das nicht nur am Balkan.
Das einzige Mädchen in der Familie zu sein bedeutet für
mich mehr Last. Ich kann die Zeit für das Homeschooling
nicht einhalten, weil ich währenddessen die ganze Zeit
für meine Familie erreichbar bin. In der Schule wäre das
anders. Meine Mutter stürmt in das Zimmer, in dem ich
gerade lerne, während mein älterer Bruder schläft. „Komm
und pass auf deinen kleinen Bruder auf oder räume auf.“,
befiehlt sie mir. Und das obwohl ich noch HÜs habe und
mein älterer Bruder neben mir laut schnarcht!
Meine Mutter ist wütend, weil ich anwesend bin und ihr
trotzdem nicht bei der Hausarbeit helfen kann. Während
des letzten Lockdowns musste ich auf meinen einjährigen
Bruder aufpassen, da meine Mutter zu einem wichtigen
Termin gehen musste. Der Kleine ist dann auf meiner
Schulter eingeschlafen. Bestimmt war er auch so gelangweilt
wie ich. Wäre ich da in der Schule gewesen, hätte
sie ihn nicht zu mir bringen können und ihren Termin
verschieben müssen. Ich habe noch einen Bruder, er ist
17 Jahre alt. Ja, das ist die Schnarchnase von weiter oben
im Text. Obwohl er älter ist als ich, verlangt keiner aus
meiner Familie, dass er beim Haushalt mithilft. Ich habe
meine Mutter gefragt warum das so sei. Sie meinte, dass
Frauen den Haushalt führen müssen und dass es nichts für
Männer sei. Ein anderes Mal hat sie mich gefragt, ob ich zu
faul bin, das alleine zu machen.
Pfff … wie kommt sie darauf, dass ich faul bin, obwohl ich
gerade Geschirr abwasche und mein Bruder auf seiner PS
zockt. So eine Frechheit.
Ionela Manole ist 14 Jahre alt und geht in die NMS Pfeilgasse.
WIESO WIR SCHULE NEU
DENKEN MÜSSEN
Ich habe die letzten zwölf Jahre meines Lebens in der
Schule verbracht und habe gerade meine Matura gemacht.
In dieser ganzen Zeit war ich wie viele andere Schüler*innen
Beobachter. Ich habe beobachtet, wie unser Schul- und Bildungssystem
funktioniert und in meinem Alltag mitbekommen,
wo seine Schwächen liegen. Nach zwölf Jahren kann
ich leider sagen, dass es ziemlich viele sind.
Nur in Ausnahmefällen sind diese jedoch auf die einzelnen
Lehrer*innen zurückzuführen.
Viel mehr liegt es am System und daran, was wir lernen,
aber auch daran, wie wir lernen. Nicht selten sind wir mit
Fragezeichen in der Klasse gesessen, ohne zu wissen, wieso
der vorgetragene Stoff jetzt nochmal genau wichtig für uns
sein soll. Auf der anderen Seite haben wir uns oft gewundert,
wieso unsere Schulbücher die Themen, die uns selbst
am meisten beschäftigt haben, auslassen. Diskussionen zu
Sexismus, Rassismus oder der neusten Innenpolitik fanden
deswegen in den Pausen statt. Wenn es dann doch anders
war, lag es am Engagement einzelner Lehrer*innen, die
aktuelle Themen aufgearbeitet haben um sie mit uns im
Unterricht zu besprechen. Leider lässt der sehr enge Lehrplan
dafür aber oft keinen Platz.
Noch weniger Platz wird jedoch für die individuellen
Bedürfnisse einzelner Schüler*innen gelassen. Und auch
hier liegt es wieder nicht an der fehlenden Bereitschaft der
Lehrer*innen, sondern an der Art und Weise, wie Schule
konzipiert ist. Alle sollen einen gewissen Standard in jedem
Fach erreichen und das am besten noch ohne dabei mehr
Unterstützung, die über den bloßen Unterricht hinausgeht,
zu verlangen. Das führt dazu, dass ein großer Teil meiner
Mitschüler*innen privat Nachhilfe in Anspruch genommen
hat oder Unterstützung von zu Hause benötigte.
Es ist deshalb notwendig, das Konzept Schule neu zu
denken. In dieser Debatte braucht es vor allem viele verschiedene
Schüler*innen am Tisch, die über ihre Wünsche
und Ideen, aber auch Probleme und Hürden, die ihnen im
Schulalltag begegnen, reden.
Lorenz Füsselberger ist 18 alt und besucht die GRG15 auf der Schmelz
14 / MIT SCHARF /
/ MIT SCHARF / 15
„ER SCHLÄGT DICH.
DAS BEDEUTET,
ER LIEBT DICH.“
„Du hast ihn provoziert.“ - “Er wird
seine Gründe gehabt haben.“ - „Bleib
bei ihm, den Kindern zuliebe.“
Schluss damit! Gewalt an Frauen ist
nie gerechtfertigt. Es gibt keine Ausreden,
egal ob du aus Yozgat, Kiew
oder dem Waldviertel kommst.
Von Nada El-Azar, Esra Gönülcan, Miriam Mayrhofer und Victoria Dyadya
Fotos: Zoe Opratko und Susanne Einzenberger
© Zoe Opratko
Das Foto wurde für die Story nachgestellt
16 / MIT / POLITIKA SCHARF / /
/ POLITIKA / 17
Land der Berge, Land der Femizide?
Der Ex-Partner einer
Wiener Trafikantin übergießt
sie mit Benzin und zündet sie
an. Sie stirbt. Der Mann einer Salzburgerin
schießt auf sie, weil sie sich von ihm
trennen will. Sie stirbt. Der sogenannte
„Bierwirt“ schießt auf seine Ex-Partnerin.
Sie stirbt. Die Femizide in unserem Land
scheinen nicht zu enden. Wir stehen
2021 bei elf Frauenmorden (Stand: Ende
Mai), das macht uns übrigens zu traurigen
Spitzenreitern im EU-Vergleich.
Bitte einmal wirken lassen: In keinem
anderen Land der Europäischen Union
werden so viele Frauen von Männern
ermordet.
Während die Politik lange genug weggeschaut
hat, legen wir den Finger in die
Wunde. Traditionell geleugnete Gewalt
im ländlichen Raum, Ehrenvorstellungen
in der arabischen Community oder die
Täter-Opfer-Umkehr unter ukrainischen
Männern sind einige der Aspekte, die
von unseren vier RedakteurInnen auf
den Tisch gelegt werden. Das zeigt:
Gewalt an Frauen ist Allgegenwärtig. Sie
hat keine Herkunft, aber ein Geschlecht.
DU BIST VON PSYCHISCHER ODER
PHYSISCHER GEWALT BETROFFEN?
HIER FINDEST DU HILFE:
Frauenhelpline gegen Gewalt: 0800/222 555
24-Stunden Frauennotruf: 01/71 71 9
Netzwerk Frauenberatung: 01/5953760
Opfer-Notruf: 0800 112 112
Die G‘sunde Watschn
Von Miriam Mayrhofer
Früher haben’s sich da nicht so angestellt, heute sind’s
alle so zimperlich.“ „Ohne ihn lebst auf der Straße.“
„Jetzt sei ned so undankbar, was leistest du schon?“
„Was die Leute von dir denken werden.“
Willkommen im Landleben, wo jede*r jede*n kennt und
Freund oder Familie nennt. Das ist schön, wenn man Zusammenhalt
und Gemeinschaft erlebt. Viel weniger schön ist es,
wenn man Probleme hat, finanzielle Schwierigkeiten, ein Alkoholproblem
oder eben einen rabiaten Mann.
Rabiat ist die Verharmlosung für wild, aggressiv, gewalttätig.
Dann steht Frau am Land nämlich plötzlich allein da und
obwohl es viele wissen und zum Dorfklatsch machen, hilft man
ihr nicht. Warum nicht? Na, weil man sich doch nicht in die
privaten Angelegenheiten anderer Leute einmischt. Das gehört
© Susanne Einzenberger
© Susanne Einzenberger
sich nicht. Aber gehört es sich, dass ein Mann seiner Frau eine
g’sunde Watschn gibt? Gehört es sich, dass man sie unter
Druck setzt bei ihm zu bleiben, obwohl er sie schlecht behandelt,
niedermacht, „wertlos“ macht? Die Rolle der Frau am Land
ist konservativ geprägt und verlangt neben Ehefrauen- und
Mamadasein oft auch, dass sie sich nicht zu viel beschwert und
traditionsbewusst ist.
Gewalt an Frauen ist auch am Land ein strukturelles
Problem und eine traurige Tradition. Frau schämt sich, Hilfe
bei öffentlichen Stellen zu suchen, wo sie doch jede*n kennt
und jede*r sie. Es wird verharmlost, dass viele Männer gern
einen „über den Durst trinken“, sich betrinken, und dann halt
„Er liebt mich.
Er wird sich ändern.“
Von Esra Gönulcan
Er liebt mich. Er wird sich ändern.“ Mit diesem Satz
kehrte sogar meine 20 Jahre junge Freundin Gewalt
unter den Teppich.
Das ist in meiner kurdisch-türkischen Community keine
Seltenheit. Diese leeren Argumente werden tatsächlich
gebracht, um Gewalt gegenüber Frauen zu normalisieren. Dir
wird vorgeschrieben, dass du einfach den Mund halten musst,
wenn es um Gewalt in der Familie geht. Manche definieren das
als Respekt und Anstand, wenn du gegenüber Frauengewalt
nicht aufschreist.
Stempelt mich als respektlos und anstandslos ab, aber ich
halte bei diesem Thema ganz bestimmt nicht meinen Mund.
Denn ich sehe den Ursprung von diesem Problem genau in
diesen kulturellen Gewohnheiten. Ich habe einen gesunden
Menschenverstand und Gerechtigkeitssinn. Gewalt darf nicht
heruntergespielt werden. Wir dürfen Frauen nicht den Mund
zubinden und Frauenschlägern den Rücken stärken. Kein
Mensch darf einem anderen Mensch Schaden oder Leid zufügen.
Diese Grundwerte müssen endlich alle begreifen.
Liebe Männer! Wenn ihr dieses menschliche Grundwissen
in eurer familiären Erziehung nicht erworben habt, dann erzieht
euch doch selber. Stellt in Frage, warum manche unter euch
den Drang haben, ihre Männlichkeit und Stärke mit Gewalt
zu beweisen. Seit wann gilt man als unmännlich, wenn man
Frauen respektvoll gegenübersteht?
Esra Gönülcan ist 20 Jahre alt, Wienerin und
hat kurdisch-türkischen Background. Sie hat die
Rechtfertigungen à la „Schweige, wenn er dich schlägt.
Das zeug von Anstand“ innerhalb ihrer Community
satt.
ein „bisserl rabiat“ mit ihrer Frau umgehen. Klar sieht man das
beim Dorffest, hört man es, wenn beim Nachbarn herumgeschrien
wird. Aber man ist froh, dass man es selbst nicht fühlt,
nicht fühlen muss. Keinen Schlag und kein verletzendes Wort,
weil auch das Gewalt ist. Was die Leute am Land zu Gewalt an
Frauen denken? „Jo, mei, was soll ma duan?“
Miram Mayrhofer ist 24 Jahre alt und ist in einem
kleinen Dorf in Oberösterreich aufgewachsen. Dort
wird Gewalt an Frauen schon seit Generationen mit
einem „Stell dich doch nicht so an“ abgewunken und
verharmlost.
18 / POLITIKA /
/ POLITIKA / 19
Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung
ihren Schultern lastet. Jedoch sind Selbstbestimmung über
den eigenen Körper, wie der Zugang zu Verhütungsmitteln
und die freie Entscheidung über ihre Karriere und ihre Partner
wichtig, das Selbstbewusstsein von Mädchen zu stärken
– auch in ihren späteren Beziehungen. Gewalt wird über den
Schutz der „Familienehre“ gerechtfertigt und wird leider erst
dann verurteilt, wenn sie in ihrer extremsten Form enden: dem
Ehrenmord. Diese Vorstellungen schaden nicht nur den Frauen,
sondern auch den Männern, denen eingetrichtert wird, dass sie
gefälligst ihren Schwestern und Frauen „ihre Grenzen zeigen“
sollen. Es ist Zeit, diese Vorstellungen zu durchbrechen und
laut zu sein!
Nada El-Azar ist 25 Jahre alt und hat arabische
Wurzeln. Sie hat es satt, dass es erst dann einen
Aufschrei gibt, wenn es zu einem „Ehrenmord“ kommt.
Die Vorstellung von einer „Familienehre“ muss endlich
ein Ende haben.
„Er schlägt dich. Das
bedeutet, er liebt dich“
Von Victoria Dyadya
In meiner Heimat, der Ukraine, bekommen Frauen oft den
Spruch „Er schlägt dich – das bedeutet, er liebt dich. Das
heißt, dass du ihm nicht egal bist.“ zu hören. In postsowjetischen
Ländern ist diese Mentalität noch tief verankert.
Dort gilt das Credo, dass familiäre Streitigkeiten nicht nach
außen gelangen sollten. Ganz nach dem Motto: „Man wäscht
Schmutzwäsche nicht in der Öffentlichkeit.“ Zur Polizei zu
gehen, wenn dein Mann dich geschlagen hat, ist verpönt.
Deshalb schweigen die Frauen. In den post-sowjetischen
Ländern sind die Rollen von Mann und Frau immer noch stark
vorgegeben. Während der Mann arbeitet und das Geld nach
Hause bringt, kümmert sich die Frau um die Kinder. Wenn sie
mit dem Verhalten des Mannes nicht zufrieden ist oder wenn
eine lebensbedrohende Situation entsteht, hat sie oft keinen
Ausweg. Sie würde auf der Straße landen und den Kontakt zu
ihrer Familie verlieren, ganz nach dem Spruch „Was würden
die anderen sagen?“ Es ist schwierig für die Opfer, ihre
Ehemänner anzuzeigen, weil sie die Ernährer der Familie nicht
verlieren wollen. Manchmal nimmt die Polizei keine Anzeige
an. Das bedeutet: Der Streit ist irgendwann vorbei, die Familie
wird aber „umsonst“ zerstört. Die Polizei unternimmt nur dann
etwas, wenn es bereits Tote gibt. Mittlerweile ist die emotionale
und physische Gewalt gegenüber Frauen in der Ukraine zu
einer sozialen Norm geworden. Ich habe auch schon mitbekommen,
dass Männer darüber scherzen, dass sie selbst die
Opfer seien, wenn die Frauen sie mit „ihren kurzen Röcken
provozieren würden“. Die Männer haben Angst vor starken
Frauen, die ihnen die Position des Hauptverdieners der Familie
streitig machen würden. Dabei vergessen diese Männer, die
sich oft als „echter Mann“ bezeichnen, was es wirklich bedeutet,
ein „echter Mann“ zu sein: Einfach respektvoll mit Frauen
umzugehen.
Victoria Dyadya ist 27 Jahre alt und ist in der Ukraine
aufgewachsen. In post-sowjetischen Staaten gibt es
oft noch ein veraltetes Verständnis von Rollenbildern,
die oftmals zu Gewalt innerhalb der Familie führen. Zu
Lasten der Frau, natürlich.
bmbwf.gv.at
Nicht im Namen der
Familienehre!
Von Nada El-Azar
Er hat sie ja nicht umsonst geschlagen.“ „Sicherlich hat sie
ihn provoziert.“ „Er bringt ihr halt ein bisschen Ehre bei.“
Solche Aussagen gehören leider zur Realität vieler junger
Frauen, die aus konservativen Familien kommen. Jedoch beginnt
Gewalt nicht erst dann, wenn „die Hand ausrutscht“. Finanzielle
Abhängigkeit vom (zukünftigen) Ehemann, Kleidervorschriften,
ständige Kontrolle darüber, wie man sich als Frau in der Öffentlichkeit
zu bewegen hat und Überwachung der Sexualität – das
sind alles Formen von versteckter Gewalt, die nicht zu unterschätzen
sind. Diese Fremdbestimmung wird auch durch wichtige
weibliche Bezugspersonen wie ihre Mütter ausgeübt, die es leider
häufig selbst nicht anders kennen. Viele Mädchen hinterfragen
gar nicht, warum sie anders erzogen werden als ihre Brüder und
finden sich mit der Vorstellung der „Familienehre“ ab, die auf
© Susanne Einzenberger
Mit dem Corona-
Testpass zum
Freizeitvergnügen!
Der Corona-Testpass gilt für alle Schülerinnen und Schüler als Nachweis ihres negativen Testergebnisses
im Rahmen der Antigen-Selbsttestungen in der Schule. Er dient zur Vorlage im Restaurant,
Schwimmbad oder beim Frisör beziehungsweise an allen Orten, an denen von Personen
ab einem Alter von 10 Jahren die Vorlage eines negativen Testergebnisses verlangt wird.
www.bmbwf.gv.at/coronatestpass
ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG
Zur Glaubhaftmachung gemäß § 20 der COVID-19-Öffnungsverordnung, BGBl Nr. II/214, ist das Mitführen eines Schülerausweises,
eines Freifahrtscheins, eines Personalausweises o.ä. sinnvoll.
20 / POLITIKA /
Frau Gewessler,
wie oft wurden Sie
von einem Mann
geschlagen?
Wie viele
Tassen
schwarzen Tee
trinken Sie
täglich?
Wie oft am Tag
checken Sie
ihren Twitteraccount?
Wie viele aktuelle
Regierungsmitglieder
sollten
nach jetzigem
Stand Ihrer
Meinung nach
zurücktreten?
Wie viele
Male haben
Sie darüber
nachgedacht,
ob diese
Koalition noch
Sinn macht?
Auf einer Skala
von 0–100,
wie viele Meter
rechts von der
Mitte steht
Sebastian
Kurz?
Auf einer Skala
von 0–100,
wie viele Meter
links von der
Mitte steht
Werner Kogler?
Wie viele Menschen
in Ihrem
direkten Umfeld
sind seit ihrer
Amtszeit zu
Grünen-Wählern
geworden?
Wie oft haben
Sie kaufhaus.at
besucht?
Interview in Zahlen:
In der Politik wird genug geredet.
Biber fragt in Worten, Umwelt- und
Klimaschutzministerin Leonore
Gewessler antwortet mit einer Zahl.
10
15
0
3
35
35
15
0
Von Miriam Mayrhofer, Amar Rajković
Fotos: Zoe Opratko
2 Mal in ihrem Leben wurde die gebürtige Grazerin von
Männern körperlich bedroht.
4 Mal marschierte die Umwelt- und Klimaschutzministerin mit
den AktivistInnen von „Fridays For Future“.
0 Mal besuchte Gewessler das missglückte Projekt des
türkisen Koalitionspartners kaufhaus.at.
3 Mal hat die gelernte Politikwissenschaftlerin den Sinn der
Koalition hinterfragt.
Wie viele
Hasskommentare
haben
Sie gestern
erhalten?
In welchem
Jahr wird es
spätestens
eine Grüne
Kanzlerin in
Österreich
geben?
Was ist die
Kilometergrenze,
unter
der es keinen
Flugverkehr
geben sollte?
Wie viele
Monate dauert
es noch bis zur
Einführung des
1,2,3-Tickets?
Bis zu welchem
Jahr wird in
Österreich
das letzte
Benzinauto
von der Straße
verschwinden?
Bei wie vielen
Fridays-For-
Future Demos
waren sie
anwesend?
Wie viele
Müllsäcke
werden bei
Ihnen in einer
Woche voll?
Wie oft
wurden Sie in
ihrem Leben
schon von
einem Mann
geschlagen?
Wie oft wurden
Sie in Ihrem
Leben schon
von einem
Mann bedroht?
Wie viele
Frauen kennen
Sie, die Opfer
männlicher
Gewalt
geworden sind?
20
2028
400
5
2040
4
1
0
2
1
22 / POLITIKA /
/ POLITIKA / 23
WIR
REGELN DAS
UNTER UNS“
Der Konflikt zwischen Afghanen und Tschetschenen in Wien
droht erneut zu eskalieren. Magomed und Navid sind ehemalige
Rivalen, die einst eng in den ewigen „Straßenkampf“ verwickelt
waren. Heute zeigen sie sich geläutert aber warnen:
In beiden Communities brodelt es wieder.
Von Aleksandra Tulej, Illustrationen: Calimaat
Auf einmal kam eine Horde Afghanen mit Messern
und Eisenstangen auf uns zu gerannt. Fünf von
uns wurden niedergestochen, zwei sind auf der
Intensivstation gelandet. Wir waren zehn Leute
und hatten nicht einmal einen Nagelzwicker dabei“, erzählt der
22-jährige Tschetschene Magomed* emotionslos.
„Ja weil ihr vorher mehr wart, darum haben unsere Leute
Verstärkung geholt“, entgegnet der 24-jährige Afghane
Navid*. „Außerdem, ihr beginnt mit fünf Jahren, Kampfsport zu
machen. Deshalb ist es klar, dass ihr uns oft körperlich überlegen
seid“, zuckt er mit den Schultern. „Wir mussten uns halt
anders helfen, deshalb haben wir damals zu Waffen gegriffen.
Kampf ist Kampf. Wenn ich eine Faust in die Fresse bekomme,
verliere ich ja auch meine Zähne. Dann ist auch schon egal, ob
man mit einem Messer zurücksticht.“
„STRASSENKAMPF DER
JUGENDBANDEN“
Österreichische Boulevardmedien titeln seit Jahren Schlagzeilen
wie „Bandenkrieg“, „bewaffnete Schlägerei am Praterstern“,
„Straßenkampf der Jugendbanden“ – darin in den
meisten Fällen verwickelt: Afghanen und Tschetschenen. Der
Konflikt zwischen den beiden Volksgruppen ist gefundenes
Fressen für Rechtsgesinnte und Boulevard, auch innerhalb
der Communities wächst der Zorn. Die beiden Volksgruppen
stehen unter Generalverdacht. In Österreich leben derzeit
immerhin 43.000 Menschen mit afghanischer Staatsbürgerschaft
und rund 40.000 Menschen tschetschenischer Herkunft.
Die Kriminellen wie so oft die lautesten. In den Konflikt sind
genauso Jugendliche albanischer, somalischer, österreichischer,
rumänischer oder polnischer Herkunft involviert – den
Ton geben aber die Afghanen und Tschetschenen an.
Mediale Aufmerksamkeit erlangte 2015 die tschetschenische
Goldenberg-Bande, deren Kern damals zerschlagen
wurde, und die Massenschlägerei im März 2016 am Handelskai,
bei der es mehrere Schwerverletzte gab. Die Vorfälle liegen
also einige Jahre zurück. Wie auch die ORF-Reportage „Kampf
im Park“, die den Konflikt beleuchtet und 2016 gesendet
wurde. Einfache Antworten, die die österreichische Justiz
und vor allem der Boulevard gerne hätten, gibt es hier nicht.
Der jüngste Vorfall Mitte März in Wien Floridsdorf, bei dem
eine Schlägerei zwischen Afghanen und Tschetschenen einen
WEGA-Großeinsatz forderte, zeigt: Auf Wiens Straßen lebt der
Konflikt weiter.
Das bestätigt auch Sozialarbeiter Fabian Reicher von
der Beratungsstelle Extremismus: „Coronabedingt steigt die
Perspektivlosigkeit unter den jungen Menschen. Besonders
diejenigen, die zuhause in kleinen Wohnungen sitzen brauchen
den öffentlichen Raum – und werden dort von der Polizei
vertrieben. Viele sind wütend und frustriert, anderen ist einfach
richtig fad und da sind Anlässe, bei denen es Action gibt,
natürlich spannend. Mich wundert es ehrlich gesagt, dass es
nicht zu mehr Vorfällen wie jenem zu Silvester in Favoriten
gekommen ist.“
„VIELE GLAUBEN, DASS
DIESER KONFLIKT ETWAS
MIT RELIGION, DROGEN,
ODER MÄDCHEN ZU TUN HAT
– DAS STIMMT ALLES NICHT“
Magomed und Navid kennen sich „von früher.“ Vor genau fünf
Jahren waren die beiden in der bisher größten Messerstecherei
am Wiener Handelskai, bei der rund 40 Jugendliche aufeinander
losgegangen sind, beteiligt. Sie waren damals eng in
den tschetschenisch-afghanischen Konflikt auf Wiens Straßen
verwickelt.
Heute sitzen sich die einstigen Feinde gegenüber und
beteuern: „Uns unterscheidet heute nichts mehr. Wir sind
beide Muslime. Wir haben dieselbe Vergangenheit und wissen
jetzt, dass das alles einfach nur kompletter Blödsinn gewesen
ist.“
Aufgrund ihrer Vorgeschichte sind die beiden vorsichtig.
Beide sind keine unbeschriebenen Blätter. Sie wollen nicht
erkannt werden deshalb muss ihre Identität für die Geschichte
unkenntlich gemacht werden.
Magomed ist der Selbstbewusste der beiden: Er spricht
offen und klar, achtet aber auf jedes Wort, das aus seinem
Mund kommt. Navid ist vorerst zögerlich, blickt mir nicht in die
Augen. Er möchte nicht, dass ich ihn beim Interview aufnehme
– er könne ja nicht wissen, ob ich ihn nicht bei der Polizei
„verrate.“ Aufgrund seiner Vergangenheit fällt es ihm schwer,
Fremden zu vertrauen. Trotzdem sagen sie nach einigen klärenden
Gesprächen mit ihrem Sozialarbeiter unserem Treffen
zu.
24 / POLITIKA /
/ POLITIKA / 25
Dass sich die beiden locker miteinander unterhalten, sich
gegenseitig „Bruder“ nennen, und über ihre – paradoxerweise
gemeinsame - Vergangenheit sprechen, wäre vor einigen
Jahren noch undenkbar gewesen. Damals waren sie Rivalen
– nicht, weil sie persönlich was gegeneinander hatten, sondern
weil sie den verfeindeten Gruppen angehörten. Ob die Afghanen
oder die Tschetschenen „begonnen haben“? Das wissen
die beiden nicht, und es hat auch nie eine Rolle gespielt. Klar
ist, dass die Landesgeschichte beider Volksgruppen durch
Kriege geprägt ist. Kriege, vor denen sie nach Österreich
geflohen sind und nun meinen, ihren eigenen vermeintlichen
„Krieg“, wie er oft betitelt wird, auf Wiens Straßen austragen
zu müssen. „Das ist ja immer dasselbe Kräftemessen zwischen
den Afghanen und den Tschetschenen: Wer hat mehr Krieg
gesehen, wer ist stärker, wer ist ein Feigling? Und wir haben
uns als Jugendliche einfach verarschen lassen und sind da
reingeraten“, resümiert Magomed. „Man will sich behaupten
und sich nicht unterkriegen lassen. Da geht es nur um eines:
Wer ist stärker“, pflichtet ihm Navid bei.
„KLOPF NICHT AN
DIE GEFÄNGNISTÜR –
IRGENDWANN MACHEN
SIE DIR AUF.“
„Es handelt sich hier oft um junge Männer, die hier in Österreich
sozial marginalisiert und entwurzelt sind. Ihre Familiengeschichte
ist geprägt durch Krieg und Zerstörung. Und
Jugendliche gehen viel exzessiver damit um. Wenn die Gesellschaft
sie nicht annimmt, holen sie sich ihr Selbstwertgefühl
eben woanders“, so Soziologe Kenan Güngör. Jene, die dafür
empfänglich sind, würden sich laut Güngör bei jedem noch so
kleinen Knistern in ihrem Stolz verletzt fühlen und dann ginge
es darum, ihre Männlichkeit und Kampfbereitschaft zu beweisen.
„Dazu kommt noch der räumliche Konflikt: Diese Jugendlichen
hängen oft an denselben Orten ab, in Jugendzentren
oder in Parks. Es handelt sich auch um Revierstreitigkeiten,
darum, das eigene Revier zu markieren.“ Güngör merkt an,
dass die Gewaltkurve bei jungen Männern im Alter von 14-23
am höchsten sei, danach flache sie aber wieder ab. „Insgesamt
geht die Gewalt in Österreich zurück. Es fällt uns hier nur
so stark auf, da in unserer Gesellschaft Gewalt stark geächtet
wird.“ Dazu kommt laut Güngör noch die Tatsache, dass viele
Afghanen hier ohne ihre Familien nach Österreich kommen –
und hier durch ihre Peer-Gruppe in diese Konflikte gezogen
werden. Bei tschetschenischen Jugendlichen seien die Eltern
oft besorgt, aber auch machtlos.
„Die Tschetschenen waren zuerst da. Die sind aber mit
ihren Familien hier. Die können noch jemanden enttäuschen.
Wir Afghanen kommen oft alleine, ohne Eltern. Ich musste
schauen, wie ich zu Geld komme.“ Navid selbst ist mit als Kind
alleine aus Afghanistan zu Fuß nach Österreich gekommen
und ist hier schnell in falsche Kreise geraten. „Ich war aber
auch kein unbeschriebenes Blatt, bevor ich in diese Afghanen-
Tschetschenen-Sache reingeraten bin“, gibt Magomed zu, der
schon Jahre zuvor mit seiner Familie aus dem Tschetschenienkrieg
nach Österreich gekommen war. „Mein Vater hat mir
damals gesagt: Klopf nicht an die Gefängnistür – irgendwann
machen sie dir auf.“ Und genau das ist passiert – Magomed
landete für mehrere Monate im Jugendarrest. Schlägereien
und Anzeigen wegen Körperverletzung standen in seiner
Jugendzeit an der Tagesordnung.
„UNS WAR KLAR, DASS ES EIN
NACHSPIEL GEBEN WIRD.“
So auch beim Eklat 2016. Auslöser der Massenschlägerei
war ein Streit zwischen einem Araber und einem Afghanen.
Es kam zu einem verbalen Austausch, in dem sie gegenseitig
ihre Mütter beschimpft hatten. Daraufhin wollten die beiden
Jugendlichen Kräfte messen und haben sich zu einem Einsgegen-eins
in einem Park in Brigittenau verabredet. Zu dem
Zeitpunkt waren die Tschetschenen in der Überzahl, insgesamt
waren ungefähr 30 tschetschenische und zehn afghanische
Jugendliche vor Ort, die anfangs zugeschaut hatten. Der
Afghane gewann den Kampf. Das wiederum hat einem tschetschenischen
Freund des Unterlegenen nicht gefallen und ging
daraufhin auf einen anderen Afghanen los, brach ihm die Nase
und dann begann das Chaos. Über Whatsapp und Mundpropaganda
verbreitete sich schnell die Nachricht von der Massenschlägerei.
Immer mehr Jugendliche kamen hinzu. Der Kampf
ging in die zweite Runde.
Navid war gerade in der Millennium City, als er erfuhr, was
gerade los war. „Da gab es viel hin und her, irgendwann standen
dann ur viele Leute da.“
Und dann eskalierte der Konflikt komplett: Es flogen Fäuste,
Messer, Eisenstangen. „Einer von uns hat einen Messerstich
in die Lunge bekommen, und bei dem anderen wurde das
Herz knapp verfehlt. Die Afghanen sind abgehauen, bevor die
Polizei gekommen ist.“ Magomed und seine Freunde haben die
Schwerverletzten in ein nahegelegenes Jugendzentrum getragen.
Es gab keinen Gewinner und keinen Verlierer, die Anzahl
der Beteiligten auf beiden Seiten änderte sich laufend. Es
wurde schwer, die Übersicht zu bewahren. Auch für die Polizei.
„Uns war aber klar, dass es ein Nachspiel geben wird“, erklärt
Magomed. „Wir wollten das aber unter uns regeln.“
EIN „UNBETEILIGT“ GAB
ES AB DA NICHT MEHR
Vor allem deshalb, weil die Täter nur milde Bewährungsstrafen
erhalten hatten, und das, obwohl fast Menschen gestorben
sind, die an dem ursprünglichen Konflikt gar nicht beteiligt
waren.
Ein „unbeteiligt“ gab es ab dem Vorfall am Handelskai dann
aber nicht mehr: Du stehst entweder auf der einen oder auf
der anderen Seite. Die Gruppen stachelten sich immer weiter
an: „Meine Freunde und ich haben unsere Probleme früher
mit Fäusten geregelt. Das war unser Ehrenkodex damals.
Irgendwann habe ich mich in Wien durch diese ganze Szene,
in der ich war, aber nicht mehr sicher gefühlt und habe
mir eine Pistole besorgt, die ich immer dabei hatte, wenn ich
rausgegangen bin“, gibt Magomed zu. „Das war aus heutiger
Sicht komplett behindert, ich wäre für mein halbes Leben ins
Gefängnis gewandert, wenn man mich damit erwischt hätte“,
schüttelt er den Kopf. Eingesetzt hat er die Waffe nie. Er hat die
Kurve gekratzt, genau wie Navid.
Der Konflikt eskalierte komplett:
Es flogen Fäuste, Messer, Eisenstangen.
Bei beiden war ihre Religion, der Islam, ein Faktor, der sie
von ihren Fehlern weggebracht hat. „Gewiss, das Gebet hält
davon ab, das Schändliche und das Verwerfliche zu tun. Diese
Sure (29 Vers 45) aus dem Koran hat Navid damals zum Nachdenken
gebracht und ihn wieder auf die richtige Bahn geleitet.
So war es auch bei Magomed, der einen Hadith (anm. d. Red:
Hadithe sind Überlieferungen über die Lebensweise des Propheten
Mohammed) zitiert, auf den er sich bis heute bezieht:
„Der wahre Starke ist nicht derjenige, der im Zweikampf siegt,
sondern der, der die Kontrolle über sich selbst bewahrt.“
Aber in der Szene dreht sich das Rad immer weiter: Ehre,
Stolz und Kräftemessen stehen über jeglicher Vernunft. Zumindest
bei den Jugendlichen. Der afghanische Kulturverein hat
nach dem Eklat 2016 mit dem tschetschenischen Kulturverein
Kontakt aufgenommen. Es wurde versucht, zu deeskalieren,
den Jugendlichen klarzumachen, dass sie ein schlechtes Licht
auf ihre Volksgruppen werfen. Eltern haben mit anderen Eltern
versucht zu vermitteln. „Das war für uns aber nur Gelaber. Wir
wollten damals nicht auf die Älteren hören“, so Magomed.
Tatsächlich gibt es innerhalb der beiden Communities sogenannte
Streitschlichter, die gerufen werden, wenn es Konflikte
gibt, die unlösbar scheinen. Da geht es viel um die Perspektive
der Opfer und Wiedergutmachung durch Entschuldigungen,
aber auch Entschädigungszahlungen, wenn es beispielsweise
Arztkosten gibt. „Die Vorgehensweise ist eigentlich sehr nahe
an dem, was wir in Österreich als außergerichtlichen Tatausgleich
kennen“, so der Sozialarbeiter Reicher. „Um diesen
Konflikt zu lösen, müssen wir aktiv mit den Communities
zusammenarbeiten.“
Und das wünschen sich die Älteren in den Communities
auch: „Dieser Konflikt hat uns früher viele Sorgen bereitet, deshalb
haben wir versucht, dass sich die Jugendlichen auf eine
positive Art näher kommen“, erzählt Ghoussudin Mir, Vorstand
des afghanischen Kulturvereins AKIS. Gemeinsam mit dem
tschetschenischen Kulturverein Ichkeria wurden Sportveranstaltungen,
gemeinsame Essen und Gespräche mit Gelehrten
angeboten, bei denen sich die Jugendlichen von beiden
„Seiten“ begegnet sind. Aber Hussein Iskhanov von Ichkeria
weiß, dass das allein nicht ausreicht: „Wir dürfen aber keine
Zeit verlieren. Es wächst mittlerweile eine neue Generation
heran, die gute Vorbilder braucht und keine solchen, die ihnen
mit Beispielen wie Drogendealen und Schlägereien im Park
vorangehen“, so Iskhanov.
„DIESER KINDERGARTEN,
DEN WIR DA AUFGEFÜHRT
HABEN, BEREITET UNS BIS
HEUTE PROBLEME.“
Magomed aber ist sich sicher, dass die Jugendlichen, die
heutzutage in den Konflikt verstrickt sind, genauso wenig auf
die Erwachsenen aus ihren Communitys hören wollen: „Wenn
sie auf jemanden, der ihre Kultur oder das, was sie da glauben
zu repräsentieren, hören werden, dann auf uns. Und ich kann
nur sagen: Diese Scheiße wirkt sich negativ auf das restliche
26 / POLITIKA /
/ POLITIKA / 27
Bezahlte Anzeige
Leben aus: Studium, Lehre, Arbeit – wer soll dich mit so einer
Vergangenheit nehmen?“ Er selbst hatte Schwierigkeiten,
aufgrund seines Leumundszeugnisses und seiner Vorstrafen,
einen Job zu finden.
„Du musst wie der ärgste Bettler herumlaufen, bis dich
jemand nimmt.“ Navid sieht das genauso: „Dieser Kindergarten,
den wir da aufgeführt haben, bereitet uns bis heute
Probleme. Es zahlt sich einfach nicht aus. Dazu kommt noch,
dass die meisten Afghanen hier nur subsidiär schutzberechtigt
sind – es ist ja jedem klar, was das heißt.“ Ein Fehltritt führt
zurück in die Heimat. Die rivalisierenden Jugendlichen sind
sich ähnlicher, als sie glauben: Beiden Gruppen droht in so
einem Fall die Abschiebung. Dort erwartet sie Krieg, Terror,
Elend und Aussichtslosigkeit – Kabul und Grozny sind nicht
vergleichbar mit dem, was hier in Wien als „Krieg“ betitelt wird.
Abschiebungen nach Tschetschenien und Afghanistan stehen
in Österreich an der Tagesordnung. Sitzblockaden und Solidaritätsdemos
nützen dann auch herzlich wenig. Dazu kommt,
dass die rivalisierenden Gruppen beiden Communities in Wien
das Leben schwer machen, indem sie Vorurteile bestätigen
und nicht mit sich reden lassen. Das führt wiederum dazu, dass
immer neue Jugendliche in diesen Konflikt hineingezogen werden.
Auseinandersetzungen werden sich häufen und mit ihnen
negative Schlagzeilen, Asylanträge werden abgelehnt werden,
die Wut der Jugendlichen und der Unmut in den Communities
wird steigen.
„DIE SOLLEN MIT UNS REDEN,
ANSTATT IMMER NUR ÜBER UNS“
Deshalb wollen Magomed und Navid in den eigenen Reihen für
Ordnung sorgen. Wenn Jugendliche nicht auf die Erwachsenen
hören oder sich nicht an Gesetze halten wollen, kommen
sie als „große Brüder“ ins Spiel. „Die beiden versuchen heute
gemeinsam mit Sozialarbeitern Jüngere aufzuklären, damit
diese nicht dieselben Fehler machen, wie sie. „Ich frage mich
dann, was so einem Jugendlichen fehlt. Fehlt es ihm an Adrenalin?
Dann sage ich ihm: „Passt, dann geh ins Gym und zeig,
was du drauf hast. Fehlt es dir an Geld? Dann frag ältere Leute,
ob du ihnen im Garten aushelfen darfst. Es gibt immer einen
Weg“, sagt Magomed selbstbewusst.
Damit es aber funktioniert, braucht es doch noch die Hilfe
von Außen.
Magomed hat deshalb einen klaren Appell an die österreichische
Politik. Denn das Verhalten der Jugendlichen ist seiner
Ansicht nach eine Reaktion auf die Aktionen von oben. „Anstatt
gegen bestimmte Ethnien zu arbeiten, würde es viel mehr
bringen, mit ihnen zusammen zu arbeiten.“ Nach Magomed
bräuchte es Experten aus den Communities, die mit der Politik
und der Polizei kooperieren und „denen mal erklären, wie
manche Dinge in den Communities wahrgenommen werden.
Anstatt dass die noch mehr in Abschiebeflugzeuge investieren“,
wie er resümiert.
„Die sollen einfach mit uns reden, anstatt immer nur über
uns“, fügt Navid leise und zustimmend hinzu. Solange es aber
zu keinem Austausch kommt, versuchen sie das Versagen der
Politik auf eigene Faust wieder wettzumachen. Wenn keiner
genau hinschaut, dann eben alleine. „Wir regeln das unter
uns“, meint Magomed, blickt kurz rüber zu Navid, der ihm
zustimmend zunickt. Aber diesmal bedeutet dieser Satz nicht,
gegeneinander zu kämpfen, sondern als geschlossene Front
zusammenzuwirken und zu appellieren, dass diese sinnlosen
Machtkämpfe aufhören müssen. Denn schlussendlich gehen
beide Seiten als Verlierer aus diesem ewigen, nutzlosen Straßenkampf
hervor. ●
* Namen von der Redaktion geändert
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„Uns unterscheidet heute nichts mehr. Wir sind beide Muslime.
Wir haben dieselbe Vergangenheit und wissen jetzt, dass das
alles einfach nur kompletter Blödsinn gewesen ist.“
#ArbeitenfürWien
28 / POLITIKA /
jobs.wien.gv.at
LIFE & STYLE
Mache mir die Welt,
wie sie mir gefällt
MEINUNG
Aleksandra Tulej
MEINUNG
Die Sugar-Daddies von Tik-
Tok: Bitte nicht
„How to get a Sugar Daddy,“ „This is
how much I make as a stripper“, “I quit
my job and made an Onlyfans” – solche
Videos häufen sich auf meiner FY-Page.
Ich bin auf der dunklen Seite von TikTok
gelandet. Tausende Frauen stellen
den Lifestyle, den sie durch Sexarbeit
oder das, was in die Richtung geht,
erreicht haben, prachtvoll zur Schau:
Geldscheine, Markentaschen, Yachten,
Champagner – die Liste ist lang. Über die
Schattenseiten klären aber die wenigsten
auf. Gut, es ist alles im Bereich des Legalen,
und wenn du dich als volljährige Person
dafür entschieden hast, dann spricht
ja nichts dagegen? Eigentlich nicht. Aber
was mir Sorge bereitet: Die vielen, vielen
Kommentare von jungen Mädchen, die
es kaum erwarten können, endlich 18 zu
sein, bis sie auch in dieses „Business“
einsteigen können. Wir dürfen nicht vergessen,
dass die Plattform mehrheitlich
ein sehr junges Publikum hat. Dass Tik-
Tok Videos sperrt, in denen Wörter wie
„Sex“ vorkommen, bringt das genaue
Gegenteil. Mit der Schreibweise $€X hat
der Algorithmus nämlich kein Problem
mehr. Nennt mich die Heilige Maria von
TikTok, aber die dortige Glorifizierung
von Sexarbeit ist gefährlich. Denn das,
was hinter den Kulissen passiert, würde
TikTok auf alle Fälle sperren.
tulej@dasbiber.at
Nagellack-Tipp
DER EINE
ODER KEINER
Ich liebe Nagellack. Ich hasse Nägel
lackieren. Ich bin zu ungeduldig, tollpatschig
und mehrere Schichten
aufzutragen, dauert mir einfach
viel zu lange. Endlich habe ich
ihn gefunden, den einen, der
mich nie im Stich lässt. Der „All
in 1 Step“- Nagellack von LOOK
by BIPA. Er splittert nicht ab,
eine Schicht reicht und er
trocknet wirklich schnell. Meine
Lieblingsfarbe: Royal Blue.
2,25 € bei BIPA.
Lecker Tipp
FLEISCH OHNE FLEISCH
Ich esse ohnehin nicht viel Fleisch, deshalb bin
ich immer auf der Suche nach vegetarischen oder
veganen Alternativen. Das Problem: Die schmecken
oft einfach nach nix oder ich kann sie nicht richtig
zubereiten. Ich durfte letztens die Produkte von
„Beyond Meat“ kosten. Soll nach Fleisch schmecken,
ohne Fleisch zu beinhalten, steht auf der Verpackung.
Ich war skeptisch. Aber schon nach dem ersten
Bissen wurde ich eines Besseren belehrt: Die veganen
Patties und Würstchen schmecken halt wirklich
genau wie herkömmliche Burger und Fleischprodukte.
Dabei sind sie zu 100 % pflanzlich, beinhalten kein
Soja, kein Gluten und sind zudem noch koscher- und
halalzertifiziert. Sie bestehen aus Erbsen, Roter Bete
und Kartoffelstärke. Außerdem habe ich es geschafft,
sie ohne großes Tam-Tam oder ohne einen
Brand auszulösen, anzubraten, was bei mir an
ein Wunder grenzt. Ich weiß nicht genau, was
für eine Magie dahintersteckt, aber probiert es
einfach selbst. Ich kann euch bezeugen: Der
Beyond-Burger wird sogar den ärgsten Fleischliebhaber
vom Hocker hauen. Ich persönlich
wäre ja dafür, dass Beyond Meat als nächstes
veganes Dönerfleisch anbietet – dann brauche
ich wirklich nie wieder Fleisch zu essen. Die
Produkte bekommt ihr bei BILLA und bei BILLA
Plus.
2000er Throwback
des Monats:
WHO THE FUCK
SIND GINA,
GEORGE & LUCY?
Wir schreiben das Jahr 2007.
Du bist zu cool für Schultaschen
geworden. Jedes jugendliche Mädchen,
das in Wien etwas auf sich
hält, zu arm für Louis Vuitton, aber
zu edgy für Longchamps ist, trägt
sie gerade: die hässliche Tasche
mit dem komischen Karabiner-Verschluss
und der riesigen Aufschrift
„Gina, George & Lucy“. Wer die
drei sind, wirst du nie erfahren. Du
musst das IT-Piece aber einfach
haben. Du überzeugst deine Mutter
mit dem Argument, dass die Tasche
funktional ist und ihr sie ja abwechselnd
tragen könnt. Nach einigen
Wochen stolzen Herumtragens
schüttest du dann flüssigen Tippex
darin aus. Tränen, Wut. Nach über
zehn Jahren findet sich die lang
verloren geglaubte Tasche in deiner
Wohnung in Polen wieder. Gemeinsam
mit allen anderen Stücken, die
zu abgenutzt für die Großstadt sind.
Deine Mutter verwendet sie mittlerweile
zum Einkaufen im Dorf. Euer
Dorf ist immerhin in den Bergen,
also könnte man den Karabiner ja
notfalls bei einem Sturz von einer
Klippe irgendwie verwerten. Siehst
du Mama, es hat sich ausgezahlt.
© Zoe Opratko, REWE/BIPA, BEYOND MEAT, George Gina & Lucy
© Zoe Opratko
WIE ES SICH ANFÜHLT, ZU
KEINER KULTUR ZU GEHÖREN
Ich, Maryam Shehadeh, bin Palästinenserin und
Deutsche. Ich bin allerdings in Österreich geboren
und aufgewachsen. Mich begleitet eine Frage schon
seit meiner Kindheit: Zu welcher Kultur gehöre ich?
Welches Land nenne ich meine Heimat?
In Österreich werde ich als die Ausländerin, die Araberin,
die mit einer anderen Herkunft und Kultur angesehen
und somit ausgegrenzt. In Deutschland habe ich
dasselbe Problem. Dort kommt aber noch dazu, dass
ich seit zehn Jahren nicht mehr in dem Land war - das
letzte Mal, da war ich vier Jahre alt. Nun bleibt mir
ja nichts anderes mehr übrig als Palästina als mein
Heimatland zu bezeichnen. In Österreich bin ich ,,zu
arabisch“, in Palästina oder generell in einem arabischen
Land bin ich jedoch ,,zu europäisch“. Palästina
kommt also ebenfalls nicht in Frage. Keines der drei
Länder nimmt mich mit offenen Armen auf. Ich würde
mich persönlich als eine kulturelle Mischung aus den
Ländern nennen. Das stellt für mich aber ein weiteres
Problem dar: Wo finde ich Freunde, mit denen ich
mich identifiziere? Gerade in der Schule spielt dieses
Problem eine große Rolle. Nicht nur meine Herkunft
trägt dazu bei, auch meine Religion. Es ist schwierig,
in einem mehrheitlich christlichen Land, als Muslimin
zu leben. Vor allem, da es viele Vorurteile gegenüber
Musliminnen und Muslime gibt, da der Kontakt zu solchen
fehlt und zu wenig über den Islam gelehrt wird.
Ich musste aufgrund dessen schon mit jungen Jahren
viele Erfahrungen mit Vorurteilen machen.
Ich bin sicherlich nicht die Einzige, die dieses Problem
begleitet. Wir können allerdings alle gemeinsam
helfen, dieses Problem zu lösen, indem wir versuchen,
betroffenen Personen das Gefühl zu geben, willkommen
zu sein. Wir sollten mehr über verschiedene
Kulturen und Religionen reden. Wir sollten offener sein,
diese kennenzulernen. So wird sich Österreich für uns
alle mehr nach Heimat und Zuhause anfühlen.
Maryam Shehadeh ist 14 Jahre alt und besucht die
4. Klasse der AHS Heustadelgasse in Wien.
BRUTAL, BRUTALER, PORNO
Der letzte Schultag ist geschafft und die Ferien stehen vor
der Tür. Um den gelungenen Tag zu zelebrieren, treffe ich
mich mit meiner Clique in einem Café unseres Vertrauens.
Ein Freund umklammert seinen Stuhl und rückt näher heran.
„Wusstet ihr, dass er sich Pornos ansieht, in denen Frauen
vergewaltigt werden?“ Damit ist ein Freund gemeint, der uns
heute ausnahmsweise keine Gesellschaft leistet. Ich stehe
den ganzen Abend lang unter Schock und versuche, den
Abscheu, den ich verspüre, auch nicht zu verbergen. Im Laufe
des Abends nennt er, in der Hoffnung mich zu besänftigen,
weitere Freunde, die ebenfalls Fans dieser „Kategorie“ sind,
also Lust empfinden, wenn Frauen wie Dreck behandelt werden.
Ich erfahre außerdem, dass sie zierliche, kleine Frauen
bevorzugen, da diese kaum in der Lage wären, die Schmerzen
auszuhalten. Kurz gesagt, Frauen die aussehen wie ich. Innerlich
verfluche ich ihn dafür, dass er mich mit dieser dunklen
Seite bekannt gemacht hat, weil sie mich bloß darin bestärkt,
Männern noch weniger zu trauen und mich zudem an unserer
Freundschaft zweifeln lässt. Ich kann förmlich spüren, wie
mein Herz und mein Kopf einen wirren Kampf ausfechten. Da
ist einerseits mein Herz, das mir unsere schönsten gemeinsamen
Freundschaftsmomente filmisch vorführt - als einziges
Mädchen unter Jungen habe ich Sicherheit und Geborgenheit
genossen. Die Angst, sexualisiert zu werden, war nie ein
Bestandteil meiner Gedanken – bis jetzt. Mein Kopf hingegen
erinnert mich an die Warnungen meiner konservativen Großeltern
und gibt mir die Schuld für meine „Naivität“. Werde ich
jemals wieder in der Lage sein, die Nähe meiner männlichen
Freunde wertzuschätzen, oder werde ich sie stets hinterfragen,
weil sie mir zuwider sind? „Aber wenn man dich sieht,
denkt man sich halt wirklich, dass du leichte Beute wärst. Du
wiegst fast nichts und bist winzig klein“, erwidert er schulterzuckend.
Fast schon, als wäre es meine eigene Schuld. Aber
Hand aufs Herz: Hat man als weibliches Individuum überhaupt
eine Chance, der Objektifizierung zu entfliehen? Ich verbringe
den restlichen Abend damit, darüber nachzudenken, ob ich
ignorieren kann, dass ich mich mit Menschen abgebe, die
Vergewaltigung aktiv unterstützen und meine Seele damit
verkaufe, oder aber für meine Prinzipien einzustehen und
dafür wieder alleine zu sein… Porno macht einsam.
Jelena Obradović ist 19 Jahre alt und besucht die HLW 10.
30 / LIFESTYLE /
/ MIT SCHARF / 31
„ICH BIN
NICHT
SO EINE“
Kaum ein Satz löst unter jungen Menschen mehr Unbehagen
aus als: „Ich schwöre, ich bin nicht so eine.“ Doch zwischen
Dilara-Memes und lustigen TikTok-Videos verbirgt
sich der traurige Ursprung: Sexismus und eine Doppelmoral,
von der niemand profitiert.
Von Aleksandra Tulej, Fotos: Zoe Opratko
32 / RAMBAZAMBA /
Frauen, die mit ‚Ich bin nicht so eine!‘ ankommen,
sind dann im Endeffekt genau so eine“, erzählt
der 25-Jährige Aziz * augenrollend. „Sie macht
einen auf heilig und dann lutscht sie eh“, lacht er.
Er ist genervt davon, dass Frauen, die er datet, nicht einfach
ehrlich sein können, was ihre sexuelle Vergangenheit angeht.
Aber er zeigt sich auch schnell einsichtig: „Im Ernst jetzt: Ich
weiß ja, dass viele Frauen diesen Satz sagen, um sich selber
ein reines Gewissen zu machen. Sex wird gesellschaftlich als
etwas Schmutziges bei der Frau angesehen – anders als bei
Männern. Und wegen dieses Duktus der Gesellschaft wollen
sich Frauen dann eben davon distanzieren.“
WAS IST DENN
„SO EINE“?
„Bitch, ist klar. Du bist ein Engel und ich nur ein Wichser.
Sag, was du willst, aber red keine Scheiße ‚ey, ich schwör:
Ich bin nicht so eine!‘“, singt der Deutschrapper Fard in seiner
Single mit dem klingenden Titel „ich bin nicht so eine.“
Rapperin Shirin David hingegen reimt in ihrem Song „90-60-
111““ die Zeilen: "Ich bin nicht so eine - doch, genau so eine
bin ich.“
Dieser Konflikt ist alt wie die Menschheit. Oder zumindest
so alt, wie Frauen offen über ihre Sexualität sprechen. Was
damit einhergeht: Slut-Shaming ist überall präsent. Erwachsene
Frauen kennen es ebenso wie jugendliche Mädchen.
Frauen werden auch im Jahr 2021
noch in die „Heilige oder Hure“-Schubladen
gesteckt. Doch vor allem unter
jungen Menschen in migrantischen
Communities wird diese Schiene noch
einmal stärker bedient.
Seit Monaten erobern Dilara-
Memes deutschsprachige Instagramund
TikTok-Kanäle. Zur Erklärung: Der
Name Dilara wurde durch das Internet
zum überspitzten und humoristischen
Prototyp einer migrantischen Frau, die
stark geschminkt in der Shisha-Bar
abhängt, auf Typen mit Mercedes-AMG
abfährt und vor allem lautstark skandiert,
dass sie „nicht so eine“ sei.
„
Man setzt mit
diesem Satz
voraus, dass
andere Frauen
‚billig‘ und somit
‚schlecht‘ sind.
“
„So eine“ ist eine Frau, die bereits mit mehreren Männern
Sex hatte. Eine Frau, die One-Night-Stands hat, und die
laut Männern „leicht zu haben“ ist. Indem Frauen diesen Satz
sagen, wollen sie sich rechtfertigen, dass sie eben nicht „so
eine“ sind.
Männer sind von dieser Aussage genervt, Frauen genauso.
Was beide Geschlechter aber oft nicht erkennen, ist,
dass sie unter einem Konstrukt leiden, an das sie von klein
auf gewöhnt wurden. Denn hinter dem Augenrollen und der
humoristischen Verarbeitung steckt etwas viel Tieferes.
„Das ist ja nichts anderes als internalisierte Misogynie“,
erklärt Sexualpädagogin Magdalena Heinzl. „Man setzt mit
diesem Satz voraus, dass andere Frauen ‚billig‘ und somit
‚schlecht‘ sind, und man sich deshalb von ihnen abgrenzen
müsse – und sich damit als eine Art Superfrau darstellen
kann.“ Im selben Atemzug werden Frauen, die Sex vor
der Ehe hatten, aber dann auch in manchen Kreisen nicht
mehr als „Heiratsmaterial“ angesehen werden. Daran sind
laut Heinzl Geschlechterrollen schuld, die in konservativen
Gesellschaften verinnerlicht sind – und das durchaus auch in
autochthonen Kreisen. „Glaubenssätze wie: ‚Ein Mann muss
eine Frau erobern – oder: Was macht Männlichkeit und Weiblichkeit
aus?‘ sind da einfach sehr tief verankert“, erklärt
Heinzl. Es braucht laut der Sexualpädagogin Diskursräume, in
denen man diese Glaubenssätze dekonstruieren kann, gute
Vorbilder und generelle Akzeptanz von Lebensentwürfen, die
nicht die eigenen sind.
DER DRUCK, „REIN“
ZU SEIN
In der Praxis sieht es vor allem unter
jungen Menschen aber anders aus.
Der Satz „ich bin nicht so eine“ wird
als eine Art Schutzschild aufgebaut.
„Dieser Satz wurde schon so ins
Lächerliche gezogen“, erzählt die 22 *
Jährige Shirin. „In Wahrheit ist das aber
einfach der Druck, dass man „rein“
bleiben muss. Das hat irgendwann dazu
geführt, dass vor allem junge Migrantinnen
ihre Reinheit beweisen müssen.“
Shirin ist Maghrebi – nähere Angaben
/ RAMBAZAMBA / 33
zu ihrer Herkunft möchte sie nicht
machen, die Community ist zu stark
vernetzt. Und zeigt sich ein weiterer
verhängnisvoller Konflikt. Shirin war
seit ihrer frühen Jugend bewusst, dass
sie so wenig wie möglich von ihrem
Leben preisgeben darf. „Deshalb habe
ich dann begonnen, ein Doppelleben
zu führen.“ Shirin hat seit drei Jahren
einen österreichischen Freund, ihre
Eltern wissen nichts von ihm. „Ich
denke aber, dass wenn sie es herausfinden
würden, das größte Problem für
meine Eltern wäre, dass in unserer Community viel geredet
wird.“ Shirin * ist genervt von der stetigen Doppelmoral:
Männer verurteilen Frauen, wenn diese mehrere Sexpartner
hatten, Alkohol trinken oder eben Dinge tun, die innerhalb
der Community verpönt sind. Sie hinterfragen aber nicht ihr
eigenes Verhalten.
„
Es ist einfach der
Druck, dass man
„rein“ bleiben
muss.
“
mit ihrem Freund geschlafen haben,
und diesen dann damit erpressen
wollten, damit er sie heiratet. Und
somit schließt sich der Kreis.
Der 27-jährige Cem * zeigt sich verständnisvoll,
obwohl auch er den Satz
schon mehr als einmal zu oft gehört
hat, wie er sagt. „Ich kenne viele von
solchen Dilaras. Die wollen dir den
Engel vorspielen, aber dann können die
im Bett Sachen, wo du dich echt fragst:
Woher hast du das?“, lacht er und kritisiert
weiter: „Wir wissen ja alle, wie das
ist: Wenn du als Frau mit vielen Männern was hattest, dann
wirst du als Hure abgestempelt. Das ist traurig und sollte
nicht so sein.“ Cem zeigt sich einsichtig: „Wenn ich mich in
so eine ‚ich bin nicht so eine‘-Frau hineinversetze, kann ich
das durchaus nachvollziehen. Sie wollen sich ja nur selbst
schützen.“
„Hast du gehört? Sie ist keine Jungfrau mehr!“
Slut-Shaming ist auch unter Frauen weit verbreitet.
NIEMAND SPRICHT ÜBER DIE
MÄNNER.
Davon kann die 20-Jährige Mariam ein Lied singen. Mariam
kommt aus einem strengen arabischen Haushalt, wie sie
selbst sagt. Sie selbst bezeichnet sich als liberal, weiß aber,
wie die Regeln innerhalb ihrer Community sind. „Wenn du
keine Jungfrau bist, wird dich keiner heiraten.“ Dieser Satz
wurde Mariam immer eingebläut. Sie betont aber, dass das
kulturell stärker bedingt ist, als religiös. Eigentlich sollte das
ja für beide Geschlechter gelten, aber „das betrifft wieder
einmal nur uns Frauen“, erzählt Shirin genervt, „denn über
die Männer spricht eben keiner.“ Deshalb kann Mariam
nicht viel mit Männern aus ihren eigenen Kreisen anfangen.
„Die wollen wissen, ob du eh Jungfrau bist, aber dass
sie selber schon mit vielen Frauen geschlafen haben, wird
verschwiegen oder als irrelevant betrachtet.“ Mariam hat
einen österreichischen Freund, mit dem sie auch Sex hat.
Davon weiß in ihrer Familie aber niemand. Über Sex spricht
Mariam innerhalb ihrer Community nicht. Auch nicht mit ihrer
Schwester. „Wenn sie das wissen würde, würde sie mich
eklig finden, das weiß ich“, gibt sie zu. Mariam erinnert sich
an Gespräche mit Freunden aus ihrer eigenen Community,
als in der Runde Aussagen wie: „Hast du gehört, die und die
ist keine Jungfrau mehr!“, getroffen und abwertend über
‚solche‘ Frauen geredet wurde. „Und ich sitze dann da und
denke mir ‚Ja, und? Ich auch nicht. Ich könnte diese Person
sein‘“, so Mariam achselzuckend.
Mariam zeigt sich genervt davon, dass viele einfach
uninformiert sind, was das Thema Jungfräulichkeit und den
Mythos des Jungfernhäutchens anbelangt. Sie selbst wurde
von ihrer Mutter zum Frauenarzt geschickt, der nachprüfen
sollte, ob sie „eh noch Jungfrau“ ist, obwohl sie Tampons
verwendet.
Aber genau deshalb bringt sie Verständnis für Frauen
auf, die sich mit der „ich bin nicht so eine“-Aussage rechtfertigen
wollen. „Man versucht, sich mit diesem Satz rein zu
waschen.“ Mariam kennt aber auch Frauen, die vor der Ehe
FRAUEN WOLLEN EIN „CLEAN-IMAGE“
SCHAFFEN
Es gibt aber eben auch Frauen, die diese Normen gar nicht
erst hinterfragen. Das kennt die 26-jährige Semsa nur allzu
gut aus ihrer mazedonischen Community. Sie kennt Frauen,
die vor potentiellen Anwärtern frühere Beziehungen und vor
allem aber lockere Affären verheimlichen.
„Aus Angst, sie würden sich dann von ihnen trennen
oder sie nicht mehr als „so wertvoll“ betrachten, wenn sie
die Wahrheit kennen.“ Die Absicht dahinter ist laut Semsa
ganz klar ein „Clean-Image“ zu schaffen, so wie sie es eben
durch die Community und Erziehung gelernt haben. Dass es
oft nicht der Wahrheit entspricht, unfair und sexistisch ist,
weil Männer diese Sorgen nicht haben, ist ihnen klar, aber
sie bleiben eben in diesen Strukturen gefangen und sehen
sich praktisch zum Lügen gezwungen, erklärt Semsa.
„Andere Frauen abzuwerten um sich selbst aufzuwerten
ist das Ergebnis von konservativen und sexistischen Erziehungsmethoden
in bestimmten Communities“, fasst sie
zusammen. Das komme nicht von ungefähr: „Eine ‚gute‘ Frau
soll nur mit ihrem Ehemann geschlafen haben, sich nicht
freizügig kleiden, keine Partys, nicht zu viele Dates - damit
sie die Ehre der Familie ja nicht beschämt.“
Schuld daran sind laut Semsa der in der Community tief
verankerte Sexismus und die noch immer bestehenden alten
Rollenbilder. „Viele Frauen, die Sätze wie diese verwenden,
sind vielleicht „nicht so eine“, aber hinterfragen nicht, warum
sie das überhaupt zu Typen sagen müssen und ein falsches
„Clean-Image“ von sich vorheucheln, in der Hoffnung,
besser behandelt zu werden.“ Sie akzeptieren, dass Männer
vor ihnen andere Dates oder sexuelle Erfahrungen gemacht
haben. Das macht Semsa stutzig: „Warum verlangt niemand,
dass das auch umgekehrt so ist?“ ●
*Namen von der Redaktion geändert
Alle Bilder wurden für die Geschichte nachgestellt. Es handelt sich auf den
Fotos nicht um die Protagonistinnen aus dem Artikel.
34 / RAMBAZAMBA /
/ RAMBAZAMBA / 35
GRÜNER DRUCK:
Shaming und Blaming
im Land der Guten
Inside Green: Im Land der Grünmenschen herrscht ein unbarmherziger
Druck, es wird geshamed und geshitstormed. Der Flug
in den Urlaub, das falsche Joghurt oder die echte Lederjacke –
in der grünen Community müssen selbst Umweltaktivisten und
Sinnfluencer mehr heilig als menschlich sein.
Von Delna Antia-Tatić, Collagen: Zoe Opratko
36 / RAMBAZAMBA /
© unsplash.com/ Felipe Bustillo/ Tyler Nix/ Abdulla M, cleanpng.com/Raniyakka/ Daijana/ Amscot/ Vaudelia/ Government/ Guardzilla/ Ok3se3/ Choicee, pixabay.com/Alexandra Koch
Die Sache mit der Süßkartoffel
sei lächerlich gewesen. Und
entschuldigen wollte sie sich
dafür auch nicht. Österreichs erfolgreichste
Umweltaktivistin und Sinnfluencerin
Dariadaria erntete auf ihrem
Instagram-Kanal einen Shitstorm, weil sie
sich eine Süßkartoffel im Ofen gemacht
hatte – die Betonung liegt hier auf EINE.
„Was für eine Stromverschwendung!“, so
die Kritik.
Madeleine Darya Alizadeh, wie sie
mit echtem Namen heißt, setzt sich seit
elf Jahren für eine gute und grüne Welt
ein. So betreibt die Unternehmerin und
Influencerin auf Instagram vor allem
„sinnfluencing“: Sie macht sich seit Jahren
für Flüchtlinge stark, schreibt über
Feminismus, Body Neutrality und Rassismus
ebenso wie über Veganismus und
Fair-Fashion. 2019 ist sie für die Grünen
bei der Nationalratswahl angetreten. Und
im Frühjahr dieses Jahres schaffte es ihr
eigenes Fairfashion-Label Dariadéh sogar
in die Vogue. Natürlich ließ sie die Stücke
ihrer Kollektion nicht von herkömmlichen
Models präsentieren, sondern von
Frauen unterschiedlichen Typs, Gewichts
und Alters. Kein Wunder also, dass eine
Journalistin sie unlängst als die „Gutfrau
von Instagram“ bezeichnete. Und
dennoch wird Madeleine „geshamed“
– das heißt, im Internet an den Pranger
gestellt, sobald ihr vermeintlich grüne
„Fehler“ unterlaufen.
Per Zoom spreche ich mit ihr über
Shaming und Blaming in der scheinbar
heilen Welt der Gutmensch-Community.
„Gibt es einen grünen Druck?“, will ich
wissen. „Auf jeden Fall. Spätestens seit
es das Wort „Flugscham“ gibt, ist vielen
Menschen klargeworden, dass es diesen
Druck gibt.“ Und obwohl die 32-Jährige
sich dessen bewusst ist und ständig
evaluiert, wie transparent sie ihr Leben
machen solle, hat die Sache mit der
Süßkartoffel sie doch überrascht. „Es gibt
immer Personen, die noch etwas finden.
Was dazu führt, dass viele Menschen in
der Umweltbewegung das Gefühl haben,
sie schaffen es eh nicht, sie sind nicht
gut genug und können es eh niemandem
recht machen. Du musst quasi zu einer
Heiligen mutieren.“
BIN ICH GUT GENUG?
Auch Flora * kennt diese Frage: Bin ich
gut genug? Die 38-jährige Deutsche
arbeitet seit vier Jahren bei einer der
größten, internationalen Umweltorganisationen
und erklärt, dass der Druck
natürlich zunächst auch von einem selbst
ausgeht. Hätte man nicht von Grund auf
ein ökologisches Bewusstsein und hohe
Ansprüche, würde man sich die Branche
nicht aussuchen. Es gehört dabei dazu,
sich ständig selbst zu hinterfragen. Flora
kommt aus einer umweltbewussten
Familie, Fleisch gab es so gut wie nie
daheim. Ein ökologischer Lebensstil war
„
Du musst quasi
zu einer Heiligen
mutieren.
“
der jungen Frau immer schon wichtig.
„Aber in dem Moment, wo ich dort
angefangen habe, bekam ich absurderweise
Selbstzweifel und fragte mich: Bin
ich öko genug?“ Ihr Umfeld potenziert
ihr Bewusstsein – und ja, es macht auch
Druck. „Früher, in meinem alten Job,
hat man ganz happy erzählt, dass man
in Urlaub fährt. Das ist jetzt anders.“
Als sie einmal von einem Portugalurlaub
zurückgekommen war, erntete sie den
Kommentar: Da könne man aber nicht
mit dem Zug hinfahren. Ein Scherz, aber
gesessen hat er trotzdem. Durch ihren
neuen Job hat sich ihr Reiseverhalten
noch mal verändert. So hat sie beim
Freundinnentrip nach Barcelona gesagt:
„Sorry, da müssen wir in Zukunft mehr
Zeit einplanen, denn solche Strecken
fliege ich nicht mehr.“
Flora beteuert zwar, dass es kein
Wettbewerb sei – aber die grüne
Kolleg:innenschaft beobachtet, beurteilt
und vergleicht sich dennoch. „Da gibt es
natürlich die Kollegin, die alles gefühlt
perfekt macht und man selbst ist noch
die Person, die irgendwo hinfliegt. Oder
man ist diejenige, die nicht extra durch
die halbe Stadt fährt, um eine Gurke
unverpackt zu kaufen, weil es im Supermarkt
am Heimweg das Bio-Gemüse nur
in Plastik foliert gibt.“ Auf der anderen
Seite wird Flora zugutegehalten, dass sie
sich komplett vegan ernährt, während
manche ihrer Kolleg:innen immer noch
Bio-Fleisch essen oder nur vegetarisch
leben. „Jede:r tut, was er oder sie kann“,
so Flora. Weil die Bandbreite eines ökologischen
Lebensstils eben so weit ist – ob
es um Plastik, Ernährung oder Klima
geht.
/ RAMBAZAMBA / 37
WAS DENKEN DIE
ANDEREN?
Trotzdem spürt sie die allgegenwärtige
Wertung von anderen „Grünen“ auch
außerhalb ihres Jobs. Etwa im veganen
Shop um die Ecke. Als die Veganerin dort
das erste Mal mit ihrer neuen Second-
Hand-Lederjacke einkaufte, schämte sie
sich. „Die Verkäuferin hat zwar überhaupt
nichts gesagt, aber es war ein
Gefühl da, dass sie das jetzt scheiße
findet. Also, dass ich zwar Tiere nicht
konsumiere, aber sie trage.“ Dabei war
die neue Lederjacke kein Zufallskauf.
Im Gegenteil, Flora hatte sich lange mit
ihrer „top-veganen“ Kollegin beraten,
was besser sei: eine neue und vegane
Lederjacke oder eine aus zweiter Hand.
Letztere, ihrer Meinung nach. „Leder ist
ein super Produkt, weil es natürlich ist
und sich wieder zu Erde zersetzen wird.
Das hast du natürlich auch bei einer
Mushroom-veganen Lederjacke, also
bei einer aus Pilzen gemachten, aber
Second-Hand-Leder ist eben schon in
der Welt und muss nicht erst produziert
werden.“
Blöderweise klebt an Floras Jacke
nur kein Label: Das ist Second-Hand! Für
die grüne Vorreiterin spielt nicht nur die
eigene Gewissheit eine Rolle, sondern
auch das Gesehenwerden. So habe eine
Freundin einmal ein nicht-öko Spülmittel
gekauft und in Floras Wohnung gestellt,
als sie für ein paar Tage zu Besuch war.
„Da stand auf einmal normales Spülmittel
in meiner Küche und ich habe mich
gefragt, was mache ich denn jetzt. Ich
will nicht, dass jemand reinkommt und
denkt: Oh, die Flora benützt normales
Spülmittel!“, lacht sie über sich. Aber es
ist ernst. Dasselbe Phänomen erlebe sie
häufig im Zug, wenn sie ihr Sandwich
auspackt, selbst zubereitet mit toller
veganer Wurst, veganem Käse und
veganer Mayo. „Aber plötzlich merke
ich, wie ich schaue und mir denke: Oh
Gott, die Leute sollen nicht denken, dass
„
In meinem alten
Job, hat man ganz
happy erzählt,
dass man in Urlaub
fährt. Das ist jetzt
anders.“
“
ich Wurst esse! Ich will doch ein gutes
Beispiel sein.“
Das grüne Leben ist zweifellos ein
gutes Leben. Aber selbst ich, die Journalistin,
spüre beim Zuhören den Druck,
der von innen wie von außen ausgeht.
All das bislang „Normale“ im Leben, ob
Sandwich, Jacke oder Urlaub, wird hier
in Frage gestellt, meist für nicht gut
genug befunden und ein Reset verlangt.
Umdenken, neu handeln – das ist
richtig, aber auch anstrengend. Ist ein
perfektes grünes Leben auf allen Ebenen
überhaupt schaffbar – vom Strom bis
zu Zero-Waste über Veganismus bis
zur Fair-Fashion? Kann man fehlerfrei
grün leben – ohne Angst, kritisiert und –
schlimmer – geshamed zu werden, will
ich wissen.
KEIN VEGANES DIVENTUM
Die Influencerin Madeleine hat diese
Unschaffbarkeitsspirale am eigenen
Leib erfahren. Und geht heute bewusst
entspannter mit den eigenen Werten
um. „Am Anfang, als ich noch strikt
vegan war“, erzählt sie, „habe ich auf
Reisen teilweise nur Brot und Salat
gegessen, weil es nichts Veganes gab.
Irgendwann habe ich mir allerdings
gedacht: Sag mal, bist du doof?!“ Heute
isst Madeleine vegetarisch auf Reisen.
So proklamiert sie in ihrem Kodex auf
ihrer Website nicht nur, was sie nicht
unterstützt – etwa die Milchindustrie,
Fast-Fashion oder Mineralölunternehmen,
sondern erklärt auch, warum
sie manchmal von ihrem Lebensstil
abweicht. Zum Beispiel bei Reisen in
@ cleanpng.com/Caos/ Lindalin, unsplash.com/Tyler Nix
©unsplash.com/Kam Idris/ Alice Esmeralda/ Nathan Bingle
Länder, in denen es nur eine limitierte
Auswahl an Speisen gibt. Aber nicht alle
ihrer über 300 Tausend Follower:innen
haben dafür Verständnis. Madeleine
erinnert sich gut an den Shitstorm, den
sie erhielt, als sie auf einer Reise mit
der Caritas innerhalb der Ukraine eine
vegetarische Speise aß. „Wir fuhren im
Zug und lernten eine binnen-geflüchtete
Frau aus der Pufferzone kennen. Sie bot
unserer Gruppe Blinis an, die sie selbst
mit ihrer Mutter zubereitet hatte. Ich aß
auch eines und postete das.“ Selbst die
hardcore-vegane Community müsse
verstehen, dass sie das aus Höflichkeit
nicht ablehnen könne, dachte Madeleine.
Doch im Gegenteil folgte krasse Kritik.
Follower:innen schrieben ihre Enttäuschung
und entfolgten sie.
Hier fehle es der grünen Community
an intersektionalem Denken, findet
die Influencerin. Also, dass es auch
manchmal angebracht sei, die streng
moralischen Vorschriften hintanzustellen
und stattdessen kulturell zu agieren. In
jenem Moment im Zug hätte sie „kein
veganes Diventum“ heraushängen
lassen wollen. Sie habe keine moralische
Hoheit gepachtet, beteuert sie mir. Aber
als Dariadaria wird sie dennoch auf ein
Podest gestellt – die moralische Erhabenheit
wird von ihr kompromisslos erwartet.
„Die Leute glauben, wenn du dich für ein
bestimmtes Thema einsetzt, dass du 360
Grad fehlerfrei Regenbogen scheißt –
aber das ist halt nicht so.“
WELTLICHE GELÜSTE
Während Madeleine innerhalb ihrer professionellen
Agenda einen Bildungsauftrag
verfolgt, will sie privat niemanden
missionieren. Trotzdem werden der
vermeintlich Heiligen regelmäßig und
ungefragt die Sünden gebeichtet. Wenn
ihr etwa veganes Essen bei einer Hochzeitsgesellschaft
serviert wird, beginnt
sich die Person neben ihr automatisch
zu rechtfertigen: „Ich esse eh gar nicht
so oft Fleisch!“ Oder wenn sie einer
Bekannten ein Kompliment zu ihrem Pulli
macht, antwortet die beschämt: „Ja,
ähhh, danke. Ist aber von Zara.“ Dabei
sei Madeleine auch nur ein Mensch – wie
sie selbst sagt. Und will das auch sein.
„Man darf weltliche Gelüste haben! Man
kann von niemandem erwarten, nur
glutenfreien Haferschleim zu essen und
nur im eigenen Land Urlaub zu machen.“
Man dürfe das Leben genießen, sagt
sie. Und daher macht sie ihre (Un-)Taten
auch transparent – selbst wenn sie,
wie kürzlich, für den einen Flug im Jahr
mal wieder geshamed wurde. Die harte
grüne Community scheint zwar anbeten
zu wollen, aber vergeben will sie nicht.
Entweder man ist gut oder böse, so die
Logik: „Satan oder Engel“, wie Madeleine
pointiert.
Doch so sehr irdisches Verhalten
bei einer Ikone auch enttäuschen
mag, es gibt auch eine Kehrseite: Den
Erleichterungseffekt! Flora kennt dieses
Gefühl von Erleichterung spätestens,
seit sie ihre Karriere bei der Umweltorganisation
startete. Einmal, als sie den
stinknormalen Joghurt einer Billigmarke
im Bürokühlschrank entdeckte – und
ganz erstaunt über ihre eigene Reaktion
war: Sie, die Veganerin, verdrehte nicht
empört die Augen über ihren Fund – im
Gegenteil, sie war total erleichtert und
freute sich: „Hier machen Menschen
Fehler – ökologisch gesehen. Wie
schön!“ Und auch die Tatsache, dass in
dieser Küche der Grünmenschen eine
Mikrowelle stand, sichtlich benützt,
erleichterte sie zudem. Auf einmal schien
die Kolleg:innenschaft, zu der sie so
aufschaute, nicht mehr unerreichbar
perfekt, sondern normal und menschlich.
Das tat gut.
Dennoch sieht die Deutsche auch
einen positiven Effekt im Schämen.
Nämlich als regulierendes Moment:
„Schämen kann eine unglaubliche
Kraft entfalten, aber auch unglaublich
destruktiv sein – nämlich dann, wenn
aus Shaming Shitstorm wird.“ Es gibt
eben einen Unterschied zwischen sich
selbst schämen und beschämt werden.
Der spürbare Druck gehöre trotzdem zur
Pionierarbeit der grünen Bewegung dazu:
Ohne ihn würde Flora beispielsweise
nicht so überzeugt vegan leben, Second-
Hand kaufen und komplett auf Kurztrips
38 / RAMBAZAMBA /
/ RAMBAZAMBA / 39
„
Bezahlte Anzeige
verzichten. „Ich will ja den Change – ich
will, dass Tiere nicht weiter so gehalten
werden und unser Planet drauf geht.“
Bloß dürfe es nicht elitär werden, ergänzt
sie.
Stichwort grüner Wandel: Ich rufe
noch kurz bei Emir Dizdarević von der
Partei „Die Grünen“ an. Der junge Politiker
ist Bezirksrat in der Wiener Josefstadt.
Erlebt er als Umwelt-Politiker auch
einen Druck im Umfeld? „Nicht im negativen
Sinn“, antwortet Emir. „Bewusstseinsbildung
muss nicht Kritik sein – es
shamed mich keiner.“ Man könne grüne
Werte lustvoll leben. „Ich fahre zum Beispiel
mit dem Fahrrad, koche oft vegan
Die Leute glauben,
wenn du dich für
ein bestimmtes
Thema einsetzt,
dass du 360
Grad fehlerfrei
Regenbogen
scheißt.“
“
und meine neue Jacke besteht aus recycelten
PET-Flaschen.“ Bei ihm klingt es in
der Tat ganz leicht. „Wir als Partei leben
die Werte vor, das Individuum ist etwas
anderes. Da geht es nicht um Druck,
sondern um Dialog.“ Und überhaupt, vor
allem gehe es aus Emirs Sicht darum,
einmal die CO2-Emmissionen zu senken
– ganz Wiener Grüner ist das eine Frage
des Verkehrs: „Wir müssen den Verkehr
in den Griff kriegen!“
In der Tat, auch die beiden Frauen
betonen, dass die Verhältnismäßigkeit oft
abhandenkommt. Die grüne Diskussion
führt schnell am Ziel vorbei. „Nach dem
Motto: Wenn du jetzt aufhörst, Plastikstrohhalme
zu verwenden, dann ist die
Welt gerettet. Aber die strukturellen und
politischen Probleme werden dabei gar
nicht angegriffen, sondern es beschränkt
sich auf eine Beschämung von Individuen“,
findet Madeleine. Immerhin seien
für den Großteil des CO2-Fußabdrucks
auf unserem Planeten lediglich eine
Handvoll von Unternehmen verantwortlich.
„Da ist es dann total lächerlich,
jemanden wegen eines Flugs zu shamen
oder weil man das falsche Waschmittel
gekauft hat. Es macht das Kraut nicht
fett.“ Die Sinnfluencerin sieht daher
auch kein Problem darin, ihren eigenen
ökologischen Kodex privat manchmal zu
durchbrechen. Während des Corona-
Lockdowns habe sie sich zum Beispiel
einen neuen Lippenstift von L’oreal bei
dm gekauft – einfach, weil sie einen
neuen Lippenstift haben wollte. „Man
darf auch mal Mensch sein!“, appelliert
sie. Aber Gelassenheit und Wohlwollen
scheinen auf dem grünen Missionspfad
nicht vorgesehen, stattdessen herrscht
das Gefühl von Sündenbeichte und
Selbstkasteiung, als stünde man vor
einem Grünsten Gericht. „Dabei es geht
ja auch darum, unser inneres Ökosystem
zu schützen“, so Flora zum Ende. ●
*Name von der Redaktion geändert
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Kinder- und Jugendhilfe
01 4000 8011 (Mo – Fr, 8 – 18 Uhr)
Kinder- und Jugendanwaltschaft
01 70 77 000 (Mo, Mi, Do, Fr: 9 – 16 Uhr, Di: 13 – 16 Uhr)
Corona-Sorgenhotline Wien
01 4000 53000 (tgl. 8 – 20 Uhr)
Du fühlst dich zerknittert?
Die Corona-Pandemie hinterlässt bei allen ihre Spuren – von Niedergeschlagenheit
bis zu ernsthaften Depressionen. Aber du bist nicht allein: Die Stadt Wien ist mit
ihren Service-Angeboten für dich da. Ruf uns an, wenn du Hilfe brauchst!
40 / RAMBAZAMBA /
wienkuemmerts.wien.gv.at
YALLA KLIMASCHUTZ
Stylisch von Kopf bis Fuß mit Secondhand-Looks. Unsere beiden Models Ajdin und Miriam haben ihre Outfits
bei „Marlo Vintage“ gefunden. Egal ob Hemd oder Hose, Schal oder Schuh, T-Shirt oder Tasche: Für jede
Jahreszeit kommt man für wenig Geld auf ein cooles Outfit. Wir sagen: Kein „Hemdscham“-Alarm!
ZUM
HEMDSCHÄMEN?
Secondhand-Boutiquen boomen
in den letzten Jahren.
Jedoch herrscht in migrantischen
Communities immer
noch ein Stigma gegen den
Kauf von gebrauchter Kleidung.
Über Sauberkeitswahn und
Armutsvorurteile.
Text: Nada El-Azar, Fotos: Zoe Opratko
Ein Elternbesuch in Wien-Favoriten. Zum Mittagessen
trage ich meine „neue“ Lieblingsbluse im 70s-Look,
die ich wenige Tage zuvor in einem Secondhand-Shop
gekauft habe. Meiner Mutter fällt das Stück sofort auf. „Schöne
Bluse! So eine ähnliche hatte ich vor Ewigkeiten auch“, kommentiert
sie. „Danke“, entgegne ich, „die habe ich für 12 Euro
gebraucht gekauft.“ Sofort verzieht Mama das Gesicht. „Warum
kaufst du denn gebrauchte Sachen? Das hatte vorher schon
jemand an! Brauchst du Geld?“, ist ihre Antwort.
DER SECONDHAND-BOOM KOMMT
BEI MIGRA-ELTERN NICHT AN
Kaum eine Industrie ist in den letzten Jahren so stark gewachsen
wie die Bekleidungsindustrie. Statistiken zeigen, dass
jährlich mehr als 55 Millionen Tonnen Kleidung verkauft
werden – viel davon landet ungetragen wieder im Müll. Der
Boom fordert Opfer auf vielen Ebenen: Die Arbeitsbedingungen
in den Textilfabriken, die sich häufig in Ländern im Globalen
Süden befinden, verschlechtern sich stetig. Man erinnert sich
mit Schrecken an den Gebäudeeinsturz des Rana Plaza in
Bangladesch, bei dem 1000 Menschen starben. Deswegen
ist es wichtig, Kleidung bewusst zu kaufen und bereits getragenen
Stücken eine zweite Chance zu geben. Die Vorbehalte
um Secondhand-Fashion sind vor allem bei jungen Menschen
viel schwächer geworden – jedoch in migrantischen Familien
überzeugt dieser Trend oft nicht. Woran liegt das?
BURBERRY-SCHAL FÜR EINEN EURO
Ähnliche Begebenheiten, wie sie ich mit meinen Eltern erlebt
habe, schildert auch die Polin Aneta. Während sie und ihre
FreundInnen regelmäßig in Wien in Shops nach coolen Teilen
aus zweiter Hand stöbern, wollen ihre Cousinen in ihrem kleinen
Heimatort in Polen gar nicht erst gesehen werden, wie sie
mit Aneta einen Secondhandshop betreten. Zu groß ist Scham.
„Man glaubt, dass nur arme Leute in einen Secondhand-Shop
gehen und dass die Kleidung nicht sauber sei“, so die 27-jährige
Aneta. Auch ihre Eltern betrachten ihre Leidenschaft für
das „thriften“ argwöhnisch. „Die Generation unserer Eltern und
Großeltern versteht den Sinn dahinter gar nicht. Sie verbinden
das noch zu stark mit dem Sozialismus und der Armut. In
Großstädten wie Warschau sieht es anders aus, aber in den
kleinen Orten ist das Stigma noch sehr groß“, so die Studentin.
Dass die Secondhandshops vielerorts gemieden werden, ist
zu einem Vorteil für Aneta geworden. „Ich habe einmal einen
echten Burberry-Schal für einen Euro bekommen!“, erzählt sie
stolz.
SECONDHAND WIRD ZU
UNRECHT ABGEWERTET
„In der Balkan-Community ist allgemein bekannt, dass es
eine gewisse 24/7-Eitelkeit und einen Hang zum Protzen gibt.
Secondhand klingt dort alles andere als glamourös“, sagt die
Studentin Zora. Sie hat ihre Wurzeln in Nordmazedonien und
wurde über Social Media beim Kauf neuer Kleidung zunehmend
verantwortungsbewusster. „Ich habe beim Einkaufen das
Motto: ‚Hey, du brauchst nicht jeden Monat ein neues Oberteil,
das Frauen in Entwicklungsländern für einen Niedriglohn
produziert haben!‘“, so die 26-Jährige. Ihr ist es ein wenig
peinlich, wie ihre Verwandten auf Instagram mit den neuesten
Markenklamotten posen. Trotzdem versteht sie, was die
Gründe dafür sein könnten. „Ich denke, dass der Drang, teure
Marken zu kaufen und herzuzeigen, bei vielen im Kern auch mit
sozioökonomischen Komplexen zusammenhängt. Vor allem in
Arbeiterfamilien will man sich oft ‚das Gegenteil beweisen‘ und
zieht sich dafür extra neu und teuer an und gibt das auch an
die Kinder weiter“, erklärt Zora. Gleichzeitig hat sie bei vielen
migrantischen Müttern aus ihrem Umfeld einen regelrechten
Sauberkeitswahn beobachtet. „Getragene Kleidung wird nur
innerhalb der Familie weitergegeben, aber Secondhand-Shops
werden total abgewertet. Man wisse ja nicht, wer vorher die
Kleidung getragen habe, ist häufig das Argument“, lacht sie.
Dabei wird Kleidung in Secondhand-Shop selbstverständlich
immer gewaschen verkauft. Wieso nicht diese alten Muster
aufbrechen und den Gang zum Secondhand-Shop wagen?
Vielleicht wird jemandes altes Hemd dort zu deinem neuen
Lieblingsstück. ●
42 / SPECIAL /
/ SPECIAL / 43
7 TIPPS
FÜR EIN NACHHALTIGERES LEBEN
Klimaschutz ist keine Rocket-Science. Hier haben wir sieben knackige
Tipps, mit denen du deinen Alltag umkrempeln kannst!
„EIN OLDTIMER IST IMMER NOCH
NACHHALTIGER ALS EIN NEUER AMG“
YALLA KLIMASCHUTZ
Wird für Tofu der Regenwald gerodet? Ist Fleischersatz
immer die bessere Alternative? Martin Wildenberg ist
Nachhaltigkeitsexperte bei Global2000 und kann die
größten Nachhaltigkeitsmythen entlarven.
1.
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4.
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6.
7.
Verschwende keine Lebensmittel
Landet bei dir wöchentlich Essen im Müll? Dann verzichte
auf große Wocheneinkäufe und kaufe gezielt für deinen
Hunger ein. Nutze auch Apps wie „Too Good To Go“ um
Lebensmittel vor der Verschwendung zu bewahren.
Hausmittel statt chemischer Reiniger
Essig, Zitronensäure, Soda und Natron sind, mit etwas
warmem Wasser verdünnt, die perfekten Alternativen zu
aggressiven chemischen Reinigern. Deinen Wasserkocher
kannst du so beispielsweise mit einer ausgepressten
Zitronenhälfte entkalken, indem du sie einmal aufkochen
lässt. Eine Schale Kaffeesatz kann unangenehme Gerüche
im Kühlschrank bekämpfen.
Natürliche Schönmacher
In vielen Peelings für das Gesicht steckt Mikroplastik.
Verwende stattdessen Kaffeesatz, um deine Haut von
überflüssigen Schüppchen zu befreien. Steige auf Naturseife
aus Olivenöl um. In vielen Drogerien werden auch
feste Shampoos und Duschgels verkauft, das spart eine
Menge Plastikmüll.
Kaufe regional und saisonal
Erdbeeren im Jänner kaufen? So nicht! Checke regelmäßig,
wann welches Obst und Gemüse Saison hat. Nutze
hierzu zum Beispiel den Bio-Saisonkalender von Global2000
online und vermeide so Schadstoffe.
Secondhand-Möbel kaufen
Tische, Regale und Schränke werden häufig in gutem
Zustand aus Platzgründen weggegeben. Checke regelmäßig
Flohmärkte oder Seiten wie Willhaben.at oder durchsuche
Gruppen auf Social Media nach Stücken, die sonst
im Müll landen würden. Das spart nicht nur Geld – deine
Wohnung sieht sicherlich origineller aus!
Organisiere einen Kleidertausch mit Freunden
Keine Lust mehr auf immer dieselben Outfits? Vielleicht
geht es deinen Freunden genauso. Organisiere einen
Tausch und komme so an neue Kleidung, statt neue zu
kaufen!
Lerne Kochen
Zuhause frisch und selber zu kochen spart nicht nur Müll,
es ist auch gesünder für dich. Koche in größeren Mengen,
damit du noch Proviant für Büro und Schule hast. Das
große Angebot an Kochbüchern und Videos auf YouTube
und Co. macht dir dein neues Hobby sicher schmackhaft.
SECONDHAND
IN WIEN
Ob Kleidung, Möbel, oder Kleinkram
aller Art – wir haben vier heiße Tipps
für alle, die Secondhand lieben oder
lieben wollen:
Marlo Vintage Second Hand
Stylische Kleidungsstücke für Damen
und Herren, sowie Accessoires sind hier
erhältlich!
Währinger Straße 27
1090 Wien
Flohmarkt am Wienerberg
Bei vielen Thrift-Profis die Nummer Eins
für Kleidung, Taschen, Möbel, Haushaltsartikel
und Elektro. Findet immer
sonntags statt.
Parkplatz der Billa Plus Filiale Wienerberg
1100 Wien
Volkshilfe
Mit mehreren Standorten in der ganzen
Stadt vertreten. Möbel, Kleidung,
Geschirr, Bücher und vieles mehr gibt es
zum Beispiel in Floridsdorf.
Scheydgasse 21-25
1210 Wien
Babäm Secondhand
Ausgewählte Kleidung aus zweiter Hand
für Herren, Damen und Kinder. Reinerlös
wird dabei an die SOS Kinderdörfer
gespendet. Online-Shop vorhanden!
Lindengasse 7
1070 Wien
Mehr Shops findet ihr beim Seconhand-
Guide von Global2000: https://www.
global2000.at/second-hand-guide-wien
© Zoe Opratko, unsplash.com/ Liuba Bilyk/ Crema Joe/ Haryo Setyadi/ Edgar Castrejon/ Eduard Militaru/ Annisa Ica/ Kalos Skincare, cleanpng.com/Daa3/ Omobolanle/ Teete
© Stephan Wyckoff
Interview: Nada El-Azar
BIBER: Welche einfachen Dinge kann jeder von uns in seinem
Alltag ändern, um sofort nachhaltiger zu leben?
MARTIN WILDENBERG: Bewusster Konsum ist die beste
Lösung für ein nachhaltigeres Leben. So sollte man unbedingt
überlegen, ob man die Sachen, die man kauft, auch
wirklich braucht. Bei Lebensmitteln macht tatsächlich die
Reduktion von tierischen Produkten wie Fleisch, Milch und
Käse schon einen Unterschied - und immer auf Bio-Produkte
achten!
Ist Fleischersatz immer besser für die Umwelt?
Prinzipiell würde ich sagen, ja. Pflanzliche Produkte haben
in der Regel einen geringeren Ressourcenverbrauch als tierische.
Man muss einem Tier 10 Kalorien zufüttern, um eine
Kalorie im Fleisch zu bekommen. Verhältnismäßig ist es dann
besser, gleich pflanzliche Produkte zu konsumieren.
Was ist der wahre Preis eines 5-Euro-T-Shirts?
Da steckt natürlich sehr viel Ausbeutung drin. Billige Mode
wird auf dem Rücken der ArbeiterInnen der Textilbranche
produziert, deren Arbeitsbedingungen unter moderne
Sklaverei fallen. Viele arbeiten sechs oder sieben Tage
pro Woche, ohne Krankenversicherung und müssen ihren
Arbeitgebern noch etwas von ihrem Hungerlohn für ihre
Unterkunft abgeben. An den Folgen der Pestizidbelastung
auf Baumwollfeldern sterben jährlich zwei bis drei Millionen
Menschen. Das sind die sozialen Aspekte der Fast-Fashion,
mal abgesehen von den Umweltschäden, die jedem bewusst
sein sollten.
Wie kann man trotz Flugreise möglichst nachhaltig Urlaub
machen?
Am besten wäre es natürlich nicht zu fliegen (lacht). Aber
man sollte auch vor Ort möglichst die lokale Wirtschaft
unterstützen und beim Einkaufen dieselben Regeln beachten
wie zuhause.
Ist AMG oder Oldtimer in der Stadt fahren notwendig?
Natürlich ist es nicht notwendig. Aber wenn man schon
protzen will, ist der Oldtimer nachhaltiger als der AMG, weil
er einfach länger genutzt wird. Der Energieaufwand um ein
Auto zu produzieren ist enorm, daher zahlt sich der Oldtimer
eher aus – wenn man dabei die Feinstaubbelastung auslässt.
Wie kann man die ältere Generation davon überzeugen
nachhaltiger zu leben?
Unsere Omas und Opas leben nachhaltiger, als wir glauben.
Bei vielen älteren Menschen ist zum Beispiel Lebensmittelverschwendung
eine entsetzliche Sache. Die gute alte
Hausmannskost, bei der kein Produkt verschwendet wird,
wurde dieser Generation noch nahegelegt. Problematischer
ist eher die Boomer-Generation, die im Wirtschaftswachstum
groß geworden ist und die schwerer davon zu überzeugen
ist, ihr Verhalten zu ändern. Ein gutes Argument kann dabei
immer sein, dass sie die Welt für die Nachfolgegenerationen
schützen sollten.
Welcher Nachhaltigkeitsmythos ist besonders weit verbreitet
und gehört aufgeklärt?
Oft höre ich über Sojaprodukte wie Tofu, dass dafür der
Regenwald in Brasilien gerodet wird. Das stimmt so nicht,
denn das Soja, das für die allermeisten heimischen Produkte
verwendet wird, stammt aus Europa. Der Großteil der Sojaproduktion
in Südamerika geht in die Tiernahrung.
Wer sind die größten Klimasünder?
Ganz klar sind die Schwerindustrie, Rohstoffabbau fossiler
Brennstoffe und die Zementproduktion ganz weit oben auf
der Liste der Klimasünder. Im Vergleich dazu sticht sogar die
Textilbranche nicht wirklich heraus.
Inwiefern kann das Konsumverhalten von uns als Einzelpersonen
das Klima schützen? Welche Dinge müsste beispielsweise
der Staat noch besser regeln?
Unser Konsumverhalten beeinflusst den Markt enorm,
speziell bei Lebensmitteln. Man braucht sich nur anzusehen,
wie viel mehr an Bio-Produkten, vegetarischen und veganen
Alternativen jetzt im Supermarkt verkauft werden als noch
vor einigen Jahren. In Österreich wird mehr Geld für Werbung
ausgegeben als für das Bildungssystem. Was der Staat
besser regeln könnte wären Probleme wie „Greenwashing“
und fehlende Transparenz beim ökologischen Fußabdruck
von Produkten. Sogenannte „Superfoods“ wie Jackfruit, Goji-
Beeren und Co. sind meistens Marketingschmähs.
Dieses Nachhaltigkeitsspecial ist Teil des Projekts „Yalla Klimaschutz - Umweltbildung für alle!“ von GLOBAL 2000, das vom Bundesministerium
für Klimaschutz und Umwelt gefördert wird. Die redaktionelle Verantwortung liegt bei BIBER.
44 / MIT / SPECIAL SCHARF / /
/ MIT SCHARF / 45
TECHNIK & MOBIL
Alt+F4 und der Tag gehört dir.
Von Adam Bezeczky
„DIE XBOX SOLL WEITERHIN EIN
HIGHLIGHT IM WOHNZIMMER BLEIBEN“
Florian Liwer, Director
Xbox Gaming DACH, hat
mit biber über die Auswirkungen
der Pandemie, die
aktuelle Konsolengeneration
und über das Gaming
der Zukunft gesprochen.
MEINUNG
Krypto hin,
krypto her
Das digitale Schürfen von Krypto-
Währungen läuft seit Jahren.
Inzwischen verbrauchen Mining-
Farmen soviel Energie wie ganze
Staaten. Der Gier nach schürffähiger
Hardware erstreckt sich
nicht nur mehr auf elektrische
Energie, auch Grafikkarten sind
betroffen, neuerdings auch Festplatten.
Ein Preisanstieg bei diesen
Speichermedien wird ebenso
erfolgen wie eine Knappheit in der
Verfügbarkeit. Digitale Währungen
waren eine tolle Idee, sind aber
ähnlich aus den Fugen geraten
wie Desinformation über Social
Media. Regulierungsversuche
werden also kommen, fragt sich
nur in welcher Form: ein Totalverbot
oder doch nur eine staatliche
Überwachung? Jedenfalls wird der
Crypto-Geldmarkt es in Zukunft
schwer haben, das Image des
Zukunftsgelds aufrecht zu erhalten,
wenn das Bezahlen zu einem
Strafverfahren führen könnte.
bezeczky@dasbiber.at
paprikap0w3r
FLUT IM BUNKER
Schlechte Neuigkeiten vom Saatgutbunker
in der Arktis: eigentlich als
Notfallreserve angelegt, könnte der
Klimawandel die ganze Anlage auftauen
und überfluten. Im norwegischen
Spitzbergen musste das „Global Seed
Vault“ bereits nach weniger Jahren
saniert werden. Das Erbauerunternehmen
beschwichtigt zwar, doch zeigt der
Vorfall, dass der Mensch beständigt
jenen Ast sägt, auf dem er sitzt.
CHINA BAUT
WELTRAUM
STATION
Die Volksrepublik China hat
im Mai das erste Modul der
chinesischen Weltraumstation
Tiangong (Himmlischer
Palast) mit einer Rakete in die
Erdumlaufbahn gestartet. Das
Tianhe-Zentralmodul wird der
Ausgangspunkt für den weiteren
Ausbau der Station werden, die
später drei Astronauten Platz
bieten soll.
Weiße Farbe für
Klimaschutz
ForscherInnen der Purdue Universität
in den USA haben eine
weiße Farbe entwickelt, die 98
% der Lichteinstrahlung zurückwirft.
Die patentierte
Farbmischung besteht
aus Barium Sulphat
und könnte, wenn es
im großen Maßstab
angewendet wird,
Gebäude passiv, also
ohne zusätzlichen
Einsatz von Energie
kühl halten. Die Farbe
soll in ein bis zwei
Jahren auf den Markt
kommen.
© Marko Mestrovic, China Manned Space Engineering Office, Riccardo Gangale, Jared Pike
© 2021 Microsoft
Von Adam Bezeczky
BIBER: Florian, die Xbox Series X und Series S sind
gelauncht. Was sind die Highlights?
FLORIAN LIWER: Der Launch war für die MitarbeiterInnen
eine anspruchsvolle Geschichte, auf die wir sehr stolz sind.
Menschen haben auf die Konsolen hingefiebert, die Nachfrage
ist weiterhin hoch. Die zwei Konsolenstrategie mit Series
S für Gelegenheitsspieler und ein High-End Modell mit der
Series X für höchste Ansprüche war goldrichtig. Und es zeigt
sich, dass gerade in der Pandemie die Series S ein gutes Einstiegsmodell
ist für Menschen, die sich ins Gaming vorwagen
wollen.
BIBER: Wie haben sich Lockdowns und die Pandemie ausgewirkt?
FLORIAN LIWER: Gaming wurde durch die Pandemie natürlich
verstärkt nachgefragt, nicht nur als Unterhaltungsmöglichkeit,
sondern um einfach mit den Freunden in Kontakt
zu bleiben oder zu treten. Das sehen wir an unseren ganz
starken Aktivitätenzahlen.
BIBER: Werden wir zwischen MS-Teams und Xbox in Zukunft
Verbindungen sehen? Immerhin ist Teams die Lernplattform
in Österreich.
FLORIAN LIWER: Es ist wissenschaftlich belegt, wie gut
digitale Lerninhalte das Lernen verbessern können. Xbox ist
für Microsoft der Ort, an dem Menschen Spaß haben sollen.
Aber die Minecraft Education Edition oder Age of Empires
sind gute Beispiele, die zeigen, dass man spielend Englisch
oder Geschichte lernen kann.
BIBER: Du sprichst über die hohe Nachfrage, die Pandemie
hat ja weltweit für einen Mangel an Chips und Halbleitern,
die für die Konsolen gebraucht werden, gesorgt.
FLORIAN LIWER: Ja nicht nur wir, ganz viele Branchen
kämpfen mit der Problematik. Wir arbeiten eng mit dem
Chiphersteller AMD zusammen, damit diese Engpässe rasch
beseitigt werden können.
BIBER: Gehen wir über zum Thema Gaming der Zukunft.
Welches Ziel verfolgt Xbox?
FLORIAN LIWER: Auf der Welt gibt es 3 Milliarden Menschen,
die regelmäßig spielen, 500 Millionen spielen auf
Konsolen. Auf unser Ökosystem kann man über Handy,
Tablet, PC und die Konsole zugreifen. Verbesserte Jugendschutzeinstellungen
sorgen dafür, dass die Eltern immer den
Überblick haben. Unser inklusiver Ansatz ist, dass alle, auch
Menschen mit Beeinträchtigungen, zum Beispiel mit dem
Adaptive-Controller am Spielen teilhaben können.
BIBER: Ist dies die letzte Generation der physischen Konsolen?
Werden wir in Zukunft alles aus der Cloud streamen?
FLORIAN LIWER: Microsoft investiert ganz stark weiterhin in
die Xbox als Gerät, es soll weiterhin das Highlight des Wohnzimmers
bleiben. Es bietet einfach die beste Spielerfahrung,
aber in den Emerging-Markets ist das Cloud-Gaming sicherlich
eine interessante Möglichkeit, Menschen das Spielen
zu ermöglichen, ohne dass sie gleich 500 Euro ausgeben
müssen.
BIBER: Apple und Epic Games streiten sich wegen dem
übergreifenden Spielen (Crossplay) zwischen den Plattformen
und Spielekonsolen. Wie steht ihr dazu?
FLORIAN LIWER: Microsoft und Xbox hat da eine ganz klare
Stellung dazu. Wir sind offen für Crossplay und fördern das
ganz stark. Wir sind der Meinung, dass man Communities
nicht trennen sollte, sondern ihnen die Chance bieten soll,
gemeinsam Spaß zu haben, egal auf welchem Gerät.
BIBER: Werden wir weiterhin Xbox in Österreich bei Events
vor Ort treffen?
FLORIAN LIWER: Österreich ist ein Markt mit fünf Millionen
Spielern, also 6 von 10 Österreichern spielen wöchentlich.
Und Events wie zum Beispiel Game City sind Highlights. Wir
finden es sehr schön, dass Schulklassen dort eingebunden
werden.
Series S für Gelegenheitsspieler und das High-End Modell Series X
46 / TECHNIK /
/ TECHNIK / 47
KARRIERE & KOHLE
Para gut, alles gut
Von Anna Jandrisevits
LEHRLINGE GESUCHT!
MEINUNG
Ein Liebesbrief an
die Generation Z
Ich bin auf wenig so stolz, wie auf die Tatsache,
dass ich zur Generation Z gehöre. Mit
meiner Geburt 1997 habe ich gerade noch
die Kurve gekratzt, mich von den Millennials
abgekapselt und bin in eine Elite aufgestiegen.
Ich mache keine Witze: Gen Z wird
die Welt verändern, langsam aber doch. Es
sind die Greta Thunbergs dieser Welt, die
mehr für den Klimaschutz machen als ganze
Regierungen. Es sind die jungen Leute, die
rechtsextremen Parteien meist keine Stimme
geben, wie das Wahlverhalten zeigt. Es
sind Theo Haas und Tierra Rigby, die gegen
die Abschiebung ihrer Mitschüler*innen
mobilisierten und den Ute-Bock-Preis für
Zivilcourage erhielten. Es war die Gen Z,
die mithilfe von TikTok Tickets für Donald
Trumps Wahlkampf kaufte, damit die Ränge
leer blieben. Diese Generation benutzt das
Gendersternchen, ohne eine Diskussion
darüber zu führen. Sie setzt sich kritisch
mit Kapitalismus auseinander, hinterfragt
die 40-Stunden-Woche und priorisiert ihre
mentale Gesundheit. Alles Schlechte in der
Welt wird sich durch diese Generation nicht
in Luft auflösen. Und doch setzen gerade
viele junge Menschen Himmel und Hölle
in Bewegung, damit sich etwas verändert.
Liebe Gen Z, ihr macht jetzt schon mehr als
die meisten alten, weißen Männer je getan
haben. Weiter so.
jandrisevits@dasbiber.at
MAILAB:
Auf ihrem YouTube-
Kanal macht die
Chemikerin Mai Thi
Nguyen-Kim wissenschaftliche
Themen
mit coolen Videos
zugänglich für junge
Menschen.
Was ist WoMentor?
WoMentor bietet persönliche
Weiterentwicklung
durch Mentoring
und Coaching mit der
Mission, Frauen zu
inspirieren, ihr Potential
zu erkennen und ihren
individuellen Berufsweg
zu gestalten.
Wieso brauchen wir
Mentoring für Frauen?
Frauen erleben immer
noch Diskriminierung
am Arbeitsplatz
aufgrund ihres
Geschlechts. Durch
erfahrene Mentor:innen
erhalten Frauen wertvolle
Kontakte und
Tipps, die ihnen dabei
helfen, ihre beruflichen
Ziele zu erreichen.
Welche Rolle spielt Diversität im Mentoring?
Intersektionalität ist für unser Mentoring
48 / KARRIERE /
ERKLÄR
MIR MAL:
Mit kreativen Posts
erklärt der Instagram-
Account Begriffe und
Sachverhalte der
Gegenwart, etwa aus
den Bereichen Queer,
Feminismus, Politik
oder Rassismus.
3
FRAGEN AN:
ELHAM RIEFAIE
Pharmazeutin und Social
Media Managerin von
WoMentor
1,5 GRAD:
Der Klima-Podcast von
Luisa Neubauer setzt
sich verständlich mit
der globalen Klimakrise
auseinander und zeigt,
wie sich die Jugend
dieser Herausforderung
stellen kann.
Netzwerk sehr wichtig.
Eine weiße Frau, die
keine Marginalisierung
und Diskriminierung
aufgrund ihrer Herkunft,
Religion oder
Sprache erlebt, wird
einer BIPOC Frau bei
der Verwirklichung ihrer
Karriereziele nur bedingt
helfen können. Natürlich
kann sie ihr mit Rat und
Tat zur Seite stehen,
aber kennt sie die
Herausforderungen, die
nicht-weiße Frauen im
Arbeitsmarkt erleben? Es
ist eine komplett andere
Lebensrealität, die die
Mehrheitsgesellschaft
nur bedingt nachvollziehen
kann. Deswegen ist
mein Appell an BIPOC-Personen: Nutzt
eure Stimme als Mentor:innen, um eure
Erfahrung und Expertise mit euren Mentees
und unserer Community zu teilen!
© Zoe Opratko, privat, funk/maiLab
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ÖSTERREICH DRIN.
FRAU ORTEGA,
DARF ICH MIT
MEINEM SOHN
BOSNISCH
SPRECHEN?
←
Amar Rajković, Redakteur,
Vater eines dreisprachigen
Dreijährigen.
→
Zwetelina Ortega, Expertin
für Mehrsprachigkeit, spricht
drei Sprachen daheim.
50 / KARRIERE /
CLARO QUE
DEBERÍAS HABLAR
CON TU HIJO EN
BOSNIO.
Darf ich mit meinem Sohn in der Straßen bahn auf Bosnisch
sprechen? Ist es mit 20 zu spät, meine Muttersprache
Zazaki zu lernen? Die Redakteure Esra Gönülcan und Amar
Rajković holen sich von der Expertin für Mehrsprachigkeit
Zwetelina Ortega Tipps für ihren Alltag.
Fotos: Zoe Opratko
AMAR RAJKOVIĆ: Wie viele Sprachen
werden bei dir zu Hause gesprochen?
ZWETELINA ORTEGA: Bulgarisch,
Spanisch und Deutsch. Meine Tochter
ist acht Jahre alt, mein Sohn sechs. Mit
ihnen spreche ich Bulgarisch, mein Mann
spricht mit ihnen Spanisch. Ich kommuniziere
mit meinem Mann auf Spanisch. Die
Kinder wiederum sprechen untereinander
auf Deutsch.
AMAR RAJKOVIĆ: Warum sollten Eltern
ihre Kinder mehrsprachig erziehen?
Weil die Sprache der Eltern ihre eigene
Erstsprache ist, in der sie Emotionen
am besten vermitteln können. Das ist
viel schwieriger, wenn man in einer
Fremdsprache mit dem Kind redet, in
der man nicht selbst sozialisiert wurde.
Mit welchen Worten wurde ich als Kind
getröstet oder mit welchen Liedern in
den Schlaf gesungen? Das sind nicht nur
Worte, sondern ganz wichtige Emotionen,
die wir brauchen, um in der Welt
anzukommen und Geborgenheit und
Liebe zu spüren. Eine weitere Sprache
öffnet uns Tür und Tor in eine andere
Gesellschaft, eine andere Mentalität. Sie
bestimmt, wie man die Welt wahrnimmt
und interpretiert.
AMAR RAJKOVIĆ: Als 12-Jähriger war
es mir peinlich, mit meiner Mutter in der
Bim auf Bosnisch zu reden. Wie kann
man diese Beklemmung der eigenen
Muttersprache gegenüber erklären?
Das hängt von der gesellschaftlichen
Wahrnehmung der Sprache ab. Sprachen
wie Bosnisch, Serbisch, Türkisch werden
direkt mit Menschen assoziiert, die
kein hohes Bildungsniveau haben oder
wirtschaftlich schwach sind. Überspitzt
formuliert sind das die Sprachen der
Bauarbeiter und der Putzfrauen. Diese
Abwertung hast du als Kind mitbekommen.
Das Abwerten der SprecherInnen
führt zum Abwerten der Sprache. Es
ist wichtig, dass wir den Kindern die
Botschaft vermitteln, dass ihre Mehrsprachigkeit
wertvoll ist. Das kann ich
nicht vermitteln, wenn ich meinem Kind
in meiner Erstsprache etwas ins Ohr
flüstere, damit es ja keiner hört und
komisch schaut. Jede Sprache ist wertvoll
und wert gesprochen zu werden.
AMAR RAJKOVIĆ: Ist das eine Form von
latentem Sprachenrassismus?
Ja. Die Sprachen werden mit weniger
prestigevollen SprecherInnen assoziiert.
Ich habe das auch in der Praxis bei den
Eltern beobachtet, die ihre Kinder mit
Sprachen großziehen, die kein gesellschaftliches
Prestige haben. Sie fragen
mich, wie sie das in der Öffentlichkeit
machen sollen. Ich verorte dabei die
Angst, bei anderen Menschen schlecht
anzukommen. Eine Mutter, die mit ihren
Kindern Französisch oder Englisch
spricht, stellt sich diese Frage nicht.
Denselben Trugschluss erlebe ich auch
bei PädagogInnen, die zu mir kommen.
„Die türkischsprachige Mutter kann
nach fünf Jahren immer noch kein Wort
Deutsch. Wie gibt‘s denn das? Sie soll
sich bitte anpassen. Integrieren. Sie
soll schnell Deutsch lernen.“ Bei einer
„
Eine weitere Sprache
öffnet uns Tür und
Tor in eine andere
Gesellschaft, eine
andere Mentalität.
“
englischsprachigen Mutter hört sich das
plötzlich ganz anders an: „Das ist ja gar
kein Problem. Ich kann mich ja mit ihr
auch gerne auf Englisch unterhalten.“
AMAR RAJKOVIĆ: Gibt es einen Zeitraum,
der sich für das Sprachenlernen
besonders eignet?
In Wirklichkeit entwickeln wir uns ein
Leben lang. Aber im Laufe der ersten
zehn Jahre entwickeln wir uns sprachlich
anders, weil man als Kind intuitiv
und spielerisch lernt. Den Zeitabschnitt,
in dem eine Sprache besonders effektiv
erworben werden kann, nennt man
„Critical Period“, der dauert ungefähr
bis zur Pubertät. Bis dahin können wir
Muttersprachenniveau in verschiedenen
Sprachen erreichen.
ESRA GÖNÜLCAN: Meine Eltern sind
Kurden aus der Türkei. Wir haben zu
Hause vorrangig Türkisch gesprochen.
Meine eigentliche Muttersprache „Zazaki“
kam dabei zu kurz. Wie kann ich als
20-Jährige meine Muttersprache neu
erlernen?
Natürlich ist es wichtig, zu sprechen und
zu versuchen, die Sprache aktiv zu verwenden.
Wenn du aber keinen aktiven
Wortschatz hast, dann wirst du auch
nicht sprechen können. Das heißt, du
musst einen aktiven Wortschatz aufbauen
und damit man sprechen kann, muss
man Sätze bauen und dafür braucht man
die Grammatik. Das ist das Problem,
wenn man erwachsen ist, dann muss
das alles parallel passieren, und zwar
in einem aktiven Lernprozess. Hierfür
eignen sich Kurse gut, denn im Regelfall
sind Eltern keine PädagogInnen.
ESRA GÖNÜLCAN: Ein Problem ist, dass
es für „Zazaki“ wenig Literatur gibt und
die regionalen Unterschiede groß sind.
/ KARRIERE / 51
Oft geben kurdische Eltern ihre Sprache
an die Kinder nicht weiter, weil sie schon
die Unterdrückung der Minderheitensprache
im Ursprungsland erfahren haben.
Dann ist die Wahrscheinlichkeit ziemlich
gering, dass diese Sprache in Österreich
an die Kinder weitergegeben wird. Das
Problem bei „Zazaki“ ist, dass sie keine
verschriftlichte Sprache ist und dadurch
das Erlernen dieser Sprache umso
schwerer fällt.
ESRA GÖNÜLCAN: Wie kann man
Kinder motivieren, die nicht-deutsche
Familiensprache zu sprechen?
Es ist eine Herausforderung, weil
Deutsch irgendwann sehr dominant
wird. Verschiedene Menschen wie die
Oma oder der Freund deiner Schwester,
die die gleiche Sprache sprechen,
motivieren die Kinder, weil die Kinder
merken: „Ah, nicht nur Papa und Mama
sprechen diese Sprache, sondern auch
andere Menschen.“ Es ist entscheidend,
dass man wirklich konsequent bleibt. Als
Hilfe könnten Eltern Medien wie Hörbücher,
Bücher und Filme einsetzen. Es ist
wichtig, sich dabei nicht zu verkrampfen
und das Kind mit Lob und Anerkennung
zu motivieren. Auch Reisen in die
Heimatländer können dabei helfen. Das
Kind merkt dann, dass diese Sprache
von allen gesprochen wird, und wertet
sie auf.
AMAR RAJKOVIĆ: Darf man als Elternteil
mit den Kindern auch zwischen den
Sprachen switchen?
Es gibt das Prinzip „Eine Person, eine
Sprache“ und das ist absolut sinnvoll.
Durch diese Konsequenz hat die
Sprache, die von der Umgebung nicht
gesprochen wird, erst überhaupt eine
Chance, sich beim Kind zu festigen.
Dennoch ist das Alltagsleben nicht
schwarz-weiß. Manchmal, wenn ich
meiner Tochter bei den Schulaufgaben
helfe, dann erkläre ich ihr die Dinge auf
Deutsch, damit sie nicht noch einmal den
Umweg machen muss.
AMAR RAJKOVIĆ: Du bietest Seminare
und Kurse für mehrsprachige Eltern
und PädagogInnen an, die mit vielen
Sprachen im Klassenzimmer „konfrontiert“
sind. Wie läuft das Geschäft trotz
Corona?
Überraschenderweise gut.
AMAR RAJKOVIĆ: Warum überraschenderweise?
Ich bin überrascht, weil wir seit Jahrzehnten
in einer sprachlich vielfältigen
Gesellschaft leben und diese Tatsache
sollte schon längst in die Ausbildung der
PädagogInnen eingeflossen sein. Das
tat es aber nicht und die PädagogInnen
stehen vor einer mehrsprachigen Klasse.
Ich höre oft, dass sie nicht wissen, wie
sie mit der Mehrsprachigkeit umgehen
sollen.
52 / KARRIERE /
biber-Redakteurin
Esra Gönülcan hat Ihre
Mutterspache Zazaki
nie gelernt.
Ist es damit mit 20
Jahren zu spät?
AMAR RAJKOVIĆ: Das österreichische
Bildungssystem hinkt in puncto Mehrsprachigkeitsförderung
hinterher?
Es hinkt nicht nur, es fährt einen Rollator,
weil die politischen Maßnahmen nur
einseitig und allein auf die Förderung
der deutschen Sprache fokussiert sind.
Hierbei werden die Erstsprachen ausgeblendet.
Nach dem Motto: Kannst du gut
Deutsch, bist du gut genug für dieses
Schulsystem. Mit der Einführung von
Deutschförderklassen und dem Deutsch-
Eingangstest in das Bildungssystem
belastet man die Eltern und die nicht
ausreichend vorbereiteten PädagogInnen
zusätzlich. Das ist schrecklich, wenn die
Kinder diesen Druck mitbekommen und
sich als unzureichend fühlen.
AMAR RAJKOVIĆ: Wie lautet die von
PädagogInnen am häufigsten gestellte
Frage?
„Wie gehe ich damit um, wenn Kinder
untereinander eine andere Sprache
sprechen?“, bzw. „Wie kann ich das
unterbinden?“.
AMAR RAJKOVIĆ: Was ist deine Antwort?
Das Ziel ist, Möglichkeiten zu eröffnen, in
denen die Kinder ihre Sprache verwenden
können. Wie kann ich mit ihnen
auf eine wertschätzende Art und Weise
diese Arbeitssprache Deutsch vereinbaren,
wenn Sie für meinen Unterricht
wichtig ist? Wenn ich mit der Mehrsprachigkeit
didaktisch arbeite, gelingt es
mir besser, als wenn ich mich nur auf
Deutsch begrenze. Es ist kein entweder
oder, sondern es ist beides wichtig und
beides kann miteinander funktionieren.
Die Sprachen der Kinder müssen dafür
zugelassen werden, dann kann ich diese
Mehrsprachigkeit kanalisieren und mit
ihr arbeiten. Wenn ich nur Verbote und
Gebote mache, dann gibt es Widerstand
und Ängste.
AMAR RAJKOVIĆ: Gibt es konkrete
didaktische Anwendungsbeispiele, um
mehrsprachige Kinder und Jugendliche
zu fördern?
Es ist sinnvoll, im Unterricht mit allen
Sprachkompetenzen der Kinder zu
arbeiten und als Lehrperson die Sprachbiografie
der Kinder in den Unterricht
einzubinden. Wenn die Kinder im
Unterricht Vorträge halten, könnten sie das zum Beispiel
zwischendurch auch in ihren Erstsprachen machen. Ich habe
schon einmal einem Kind, dem es schwerfiel, auf Deutsch
ein Referat zu halten, den Auftrag gegeben den Vortragstext
zuerst auf seiner Erstsprache zu schreiben. Im Anschluss
hat er versucht das Ganze auf Deutsch zu erzählen. Auf
diesem Weg haben wir Deutsch erreicht und Blockaden im
Kopf gelöst. Somit hat er sich getraut, das Referat zu halten,
und hat auch bemerkt, dass er diesen Text auch auf Deutsch
schreiben könnte.
AMAR RAJKOVIĆ: Mein Sohn wächst mit Deutsch, Bosnisch
und Türkisch auf. Das bedeutet, dass er die Sprache von
rund einer halben Million Menschen in Wien spricht. Wieso
wird er eines Tages Französisch und nicht Türkisch oder
Bosnisch in der Schule lernen?
Frage nicht mich! (lächelt) Wieso gibt es diese Fächer in der
Schule nicht? Warum lernen PädagogInnen in ihrer Ausbildung
nicht eine dieser Sprachen? Dann würden sie auch in
der Klasse besser zurechtkommen. Ich habe mir beispielsweise
Bücher geholt, die Sprachen vergleichen, um zu
verstehen, wie verschiedene Sprachen funktionieren. Somit
kann man Kinder in ihrem Deutscherwerb besser begleiten.
Ich habe nicht 40 Sprachen gelernt, aber es genügt, wenn
ich verstehe, wie eine Sprache aufgebaut ist.
Gönn dir ein
Upgrade in der
#Sommerschule 2021
Sprache ist nicht gleich Sprache
Der Ausdruck Muttersprache macht eine starke Gedankenverbindung
mit der Mutter, obwohl die Sprache vom Vater
des Kindes auch die Muttersprache sein kann. Der Ausdruck
gilt in der Sprachwissenschaft deswegen als überholt.
Stattdessen verwendet man den Begriff Erstsprache.
Das ist die Sprache, mit der das Kind ab seinem Lebensanfang
in Berührung kommt und mit dieser sozialisiert wird.
Ein Kind kann auch mehrere Erstsprachen haben. Beispiel:
Wenn ein Kind in Österreich geboren ist, zu Hause Rumänisch
spricht und mit 1,5 Jahren in den Kindergarten geht,
dann spricht man von doppeltem Erstspracherwerb Rumänisch
und Deutsch. Wenn ein vierjähriges Kind, das als Erstsprache
Rumänisch gelernt hat, nach Österreich kommt,
dann sprechen wir von Deutsch als Zweitsprache. Je älter
das Kind ist, desto eher ist Deutsch die Zweitsprache. Die
Amtssprache ist die offizielle Sprache eines Staates, die
in Ämtern und von den Behörden gesprochen wird. Die
Begegnungssprachen sind Sprachen, die innerhalb einer
Gesellschaft integriert sind. Denn viele Menschen sprechen
in ihrem Alltag neben der Amtssprache eine oder mehrere
andere Sprachen. In Österreich haben viele Kinder und
Jugendliche andere Erstsprachen als Deutsch, von A wie
armenisch bis Z wie Zazaki.
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ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG
FOTOCREDIT: 123RF/DEAN DROBOT
DIE PARTNER DE R „NEWCOMER“
„In Zeiten des Internets und der
Sozialen Netzwerke ist es wichtig, sich
mit Journalismus und der Qualität von
Nachrichten auseinanderzusetzen.
biber macht Schülerinnen und
Schüler zu Redakteuren.
Das unterstütze ich sehr gerne.“
Heinz Faßmann
Bildungsminister
„Das Projekt Newcomer vermittelt
die demokratiepolitische
Bedeutung des Journalismus
und fördert durch Text- und
Videoworkshops die Kreativität
der Jugendlichen. LUKOIL ist mit
Freude Partner des Newcomers. “
Robert Gulla
Geschäftsführer LUKOIL-Holding
„Die biber-Redakteur:innen engagieren
sich im Newcomer-Projekt, um
Jugendlichen neue Perspektiven und
Selbstbewusstsein zu geben. Das ist eine
Idee, die die ÖBB gerne unterstützen.
Denn unsere Gesellschaft braucht eine
starke, mündige Jugend.“
Andreas Matthä
Vorstandsvorsitzender
ÖBB-Holding AG
Wenn gerade keine Pandemie herrscht, touren biber-
RedakteurInnen im Rahmen des Projekts „Newcomer“ durch
Wiener Schulen und geben im Jahr rund 100 Jugendlichen
eine Projektwoche lang die Chance, ihre Medienkompetenz
und Persönlichkeit zu stärken und neue (Job-)Perspektiven
zu sehen. Auch in Zeiten von Corona läuft das Projekt weiter
- mittels digitaler Kommunikation. Der biber-Newcomer wird
von Menschen gestaltet, die selbst aus zugewanderten Familien
kommen und daher wissen, mit welchen Schwierigkeiten
die Jugendlichen auf dem Weg ins Arbeitsleben konfrontiert
sind. Wenn wir es geschafft haben, können sie es auch!
„Guter Journalismus schafft Verständnis:
Indem er Einblicke in das Leben anderer
vermittelt, berührt, verbindet, Probleme
und Lösungen aufzeigt und eine Basis für
die Demokratie und das Zusammenleben
bildet. Es ist super, wenn sich junge
Menschen dafür begeistern.“
Renate Anderl
AK Präsidentin
BMBWF/Lusser, Martin Lusser, SSR / Johannes Zinner, Mario Aigner, SPAR/Johannes Brunnbauer, Georg Hochmuth, ÖBB Hauswirth
Robert Staudinger / Petra Spiola, Markus PRANTL, HBF/ Franz HARTL, Andreas Jakwerth, AK/Sebastian Philipp, Thomas Ramstorfer / ORF
Um Österreichs größte Schülerredaktion aufzubauen,
braucht es mehr als nur guten Willen. Es braucht enorm viel
Zeit, Geld und Know-how sowie verlässliche Partner, die das
Projekt begleiten. Wir danken unseren vielen Leserinnen
und Lesern, die unsere Crowdfunding-Kampagne unterstützt
haben, um das Projekt zu finanzieren.
Wir danken zudem folgenden Institutionen und Firmen für
die Unterstützung des „Newcomer“-Projekts: Bundesministerium
für Bildung, Wissenschaft und Forschung (BMBWF),
ÖBB, Arbeiterkammer, SPAR, LUKOIL und ORF.
„Wien steht für Vielfalt.
SPAR steht für Vielfalt.
biber steht für Vielfalt. Es
ist schön, Partner für ein
Jugendprojekt zu sein, das
diese Vielfalt auch abbildet.“
Alois Huber
SPAR-Geschäftsführer
„Das Projekt ,Newcomer‘ ist für den ORF
besonders spannend. Denn für unsere
Entwicklung von starken klassischen
TV- und Radioprogrammen in Richtung
multimediale, digitale Plattform und
Social Media ist es notwendig, eine neue
Generation von jungen Mitarbeiterinnen
und Mitarbeitern mit digitalen Skills ins
Unternehmen zu holen.“
Alexander Wrabetz
ORF-Generaldirektor
54 / NEWCOMER /
/ NEWCOMER / 55
„Wir haben seit 18.3.
2020 jede Schulstunde
gestreamt.“
Matthias Roland ist Leiter der Maturaschule
Dr. Roland. Der Magister in
Rechtswissenschaften über die fehlende
Fantasie in der Bildungspolitik,
schnelles Internet und Streaming aus
dem Klassenzimmer.
Text: Naz Kücüktekin, Foto: Helena Wimmer
BIBER: Wenn Sie sich an den ersten Lockdown im März 2020
zurückerinnern: Wie hat Ihre Schule auf die nie zuvor da gewesene
Situation reagiert?
MATTHIAS ROLAND: Wir haben die Auswirkungen der Pandemie
natürlich nicht voraussehen können. Wir haben am
Wochenende, als die Schulschließungen bekannt gegeben
wurden, ein System über Moodle aufgesetzt. Montag und
Dienstag wurde das Lehrpersonal – teilweise schon per Videokonferenz
– eingeschult. Ab Mittwoch, den 18. März 2020,
zwei Tage nach Beginn des ersten Lockdowns, haben wir mit
dem Onlineunterricht begonnen. Seither wurde jede einzelne
Unterrichtsstunde bei Dr. Roland online gestreamt. Wir haben
am Anfang der Pandemie dafür in eine neue Standleitung für
ein schnelleres Internet investiert.
Wer ist er?
Name:
Matthias Roland
Alter: 50
Beruf: Schulleiter
Besonderes: Teilt
sich sein Büro mit
drei Leopardengeckos
namens
Picasso, Van Gogh
und Monet.
Wie ist das bei den SchülerInnen angekommen?
Bei 95 Prozent der SchülerInnen unglaublich positiv. Natürlich
hat nicht alles von Anfang an perfekt funktioniert. Für uns als
private Schule gab es nie klare Weisungen, wie wir zu agieren
hätten. Ich habe mich mehrfach an das Bildungsministerium
gewandt, da kam aber immer nur stilles Schweigen zurück. Ich
würde sagen, dass es alles in allem gut funktioniert hat.
Das war nicht in allen Schulen so.
Ich glaube, in Bezug auf öffentliche Schulen lässt sich sagen:
Auch da gibt es großartige Institutionen, mit super Mitarbeitern.
Und da, wo es vorher schon gut funktioniert hat, hat es
während der Pandemie genauso funktioniert. Unser System ist
ganz anders aufgebaut. Die Schüler kommen freiwillig zu uns.
Wir bereiten uns zusammen auf gemeinsame Ziele vor. „Dr.
Roland“ ist ein Dienstleistungsunternehmen, das sich keine
Ruhepausen erlauben kann.
Welche Lehren haben Sie aus der Pandemie in Bezug auf Ihre
Arbeit gezogen?
Für einen qualitativ hochwertigen Unterricht, egal ob online
oder direkt, braucht es Menschen. Das Lernen komplett zu
verselbstständigen, wird niemals funktionieren, auch wenn
manche Methoden ihre Vorteile haben, weil sie etwa Barrieren
aufheben. Wovor ich Angst habe, sind die psychischen Folgen
der Pandemie für junge Menschen. Im Bereich der sozialen Einsamkeit
vermisse ich von der Politik jeglichen Einsatz, irgendeine
Lösung zu finden, damit junge Menschen sich begegnen
können. Es hätte bestimmt Möglichkeiten gegeben, leerstehende
Sportplätze oder Parks zu nutzen. Auch hätte man sich
einen Schichtbetrieb in kleinen Gruppen überlegen können, mit
Unterricht am Vormittag, Nachmittag und Abend. Ein Großteil
der Lehrer und Eltern hätte sicher dabei mitgemacht. Es hätte
nur mehr Fantasie gebraucht.
Was waren für Sie die größten Herausforderungen in der Krise?
Man hat in der Krisenzeit viele schwierige Entscheidungen treffen
müssen, oft auch proaktiv, weil die Verordnungen erst viel
später kamen. Finanziell war es ebenfalls eine Herausforderung,
da unsere Anzahl an neuen Schülern gesunken ist. Aber
wir leben dennoch und sind sehr privilegiert, den Betrieb auch
während der Krise weiterführen zu können.
Seit 26. April ist regulärer Unterricht wieder möglich. Wie läuft
es bis jetzt?
Wir haben für die Phase nach dem offiziellen Lockdown ein
Programm wieder aufleben lassen, dass sich letztes Jahr schon
bewährt hatte. Wir bieten unseren SchülerInnen die Möglichkeit,
an allen fünf Wochentagen in den Unterricht zu kommen
– natürlich nur, wenn sie wollen. Jene, die Angst haben, am
Unterricht teilzunehmen, weil sie vielleicht mit einem Risikopatienten
in einem Haushalt leben, können am selben Unterricht
online teilnehmen. Wir streamen dafür die Unterrichtstafel aus
den Klassen und übertragen die Stimme der Lehrkraft.
Wie viele SchülerInnen nehmen am direkten Unterricht teil?
Im Bereich der AHS-Matura sind es 25 bis 30 Prozent. Im
Bereich der Berufsreifeprüfung sind es knapp über 50 Prozent,
die am Präsenzunterricht teilnehmen. Dort kann das Schulziel,
die Matura, schon nach einem Jahr erreicht werden. Dementsprechend
ist jede Unterrichtsstunde wichtig.
Eine Welt, die sich laufend verändert, verlangt nach neuen Lösungen. Aus diesem Grund forciert die neue
OMV die Verarbeitung von Öl zu hochwertigen Kunststoffen. Kunststoffe, die in medizinischen Bereichen
und für unsere Gesundheit unerlässlich sind. Dies ist eine von vielen Maßnahmen, durch die wir zu einer
CO 2-ärmeren Zukunft beitragen.
Mehr dazu: omv.com/neue-omv
56 / KARRIERE /
MEINUNG
MEINUNG
WARUM MUSS ICH
EIGENTLICH ZUR STELLUNG?
„WER SCHÖN SEIN WILL, MUSS
LEIDEN“ - ABER WIESO?
WIESO GLAUBEN DIE LEHRER
NICHT AN UNS?
DIE „CORONA MATURA“ –
NICHT GLEICH VIEL WERT?
Der Alptraum ist passiert: Post vom Bundesheer, bald
ist es soweit mit der Stellung. Dabei wollte ich doch
ein Jahr lang vor dem Studium (was soll ich überhaupt
studieren?) die Welt bereisen und überhaupt ist das
jetzt auch schwierig, weil die Erde gerade stillsteht.
Praktikum? Freiwilligenarbeit im Ausland? Wer wird mich
informieren, wie das alles abläuft, und muss ich überhaupt
zur Stellung, wenn ich doch eigentlich gar nicht
will? Wer ist meine Kontaktperson, wenn ich keinen Plan
habe?
Zwar weiß ich jetzt, wie man eine ordentliche Gedichtanalyse
schreibt, aber was nach der Schule passiert, das
wird im Verborgenen gehalten. Außer Mann muss eben
zur Stellung oder hat eine andere Pflicht zu erfüllen.
Rund 60% der Wählenden sprachen sich 2013 für eine
Beibehaltung der Wehrpflicht aus, das sind bei etwa
50% Wahlbeteiligung beinahe ein Drittel der Wahlberechtigten.
Und wegen dem einen Drittel muss jeder
volljährige Österreicher zur Stellung? 2019 wurde in
Wien beinahe jeder Dritte in der Stellung für untauglich
erklärt. Feldwebel erklären sich das durch schlechten
Lebensstil der Jugendlichen, ich erkläre das mit teilweise
beabsichtigter Manipulation: Manche wollen nicht
und finden ihren Weg hinaus. Die Antwort darauf war
die Teiltauglichkeit. Spoiler: Auch das erfreut höchstens
die, die schon lange über der 35-Jahres-Grenze sind.
Immerhin gibt es noch das SFJ. Oder das Umweltjahr.
Dauert auch nur paar Monate länger. Und wo gibt es
dazu Infos? Die eigenen Recherchefähigkeiten sind hier
gefragt, die Infos spärlich, der Aufwand hoch (wenn
man sich nicht für den Easy Life of Bundesheer entscheidet.)
Noch einmal: Wann soll ich studieren? Oder
arbeiten? Oder reisen?
Liebe Schulen, warum erzählt ihr uns nicht einfach, wie
das eigentlich geht? Berufstests sind ja ganz schön,
aber gibt es nicht auch nützlichere Informationen? Und
liebes Österreich: Warum muss ich das eigentlich alles
mitmachen, wenn ich doch was ganz Anderes, anfangen
könnte mit all der kostbaren Zeit?
Ernad Bradarić ist 17 Jahre alt und besucht die
BRG Fadingerstraße in Linz.
Schon immer wurde von Frauen erwartet, dass sie möglichst
„ideal” aussehen. Jede Epoche hatte ihre eigenen Trends
und wir befinden uns in einem Zeitalter, in dem es heißt,
eine Frau muss schlank oder durch Fitness geformt sein, um
wirklich schön zu sein.
Die meisten jungen Frauen kennen es: Man öffnet Social
Media und egal, wo man hinsieht, sind Frauen, die eine
schlanke und/oder trainierte und geformte Figur haben. Wie
soll man sich da schön fühlen, wenn das Einzige, was das
Internet herzeigen will, dasselbe Stereotyp der „perfekten“
Frau ist? Dieses Bild prägt sich bei uns allen ein und so hört
man auch von Freunden, Familie und manchmal auch von
Lehrern Kommentare zum eigenen Körper: zu dick, zu dünn,
zu flach, zu rundlich. So greift man zu verschiedenen Mitteln
wie Sport oder Diäten, um endlich von der Gesellschaft
akzeptiert zu werden. Leider erproben einige junge Menschen
auch Strategien, die am Ende zu einem verletzenden
Umgang mit sich selbst, wie zum Beispiel Essstörungen,
führen können. Laut dem Institut für Suchtprävention sind
vor allem junge Frauen meiner Altersgruppe, also zwischen
16 und 17 Jahren, betroffen. Denn mit diesem Alter ist man
fast erwachsen und der Körper verändert sich stark.
Aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Wenn man einmal
mit Diäten, fraglichen Abnehmmethoden etc. beginnt, führt
dort kein leichter Weg raus. Was außen für einige „ideal“
erscheint, trügt. Der Weg aus dem ungesunden Essverhalten
und Ablehnung des eigenen Körpers spielt sich
vor allem im Kopf ab. Bulimie, Anorexia und Co. bringen
außerdem viele Nebenwirkungen mit sich, einige von ihnen
bleiben sogar ein Leben lang. Auch Rückfälle sind keine
Seltenheit. Es braucht lange, bis man sich entscheidet, aufzuhören
und man schafft es oft nicht alleine raus.
Aber wie kann man andere junge Frauen davon überzeugen,
diese Stereotype loszuwerden und Körper aller Art zu feiern
und zu akzeptieren? Es braucht vor allem ein bestärkendes
Umfeld, mehr Körperdiversität in den Medien und eine Veränderung
darin, wie wir Körper beurteilen, damit sich junge
Frauen wohl in ihrer Haut fühlen. Alle Körper sind schön
und „perfekt“ gibt es nicht. Denn wie schön kann Schönheit
sein, wenn erwartet wird, dass man für diese leidet?
Alina Rachimova ist 16 Jahre alt und besucht
das Döblinger Gymnasium in Wien
© privat, Zoe Opratko
@ Zoe Opratko, Maria Danklmayer
„Man sagt ja, dass ihr alle so arm seid und psychisch belastet“,
machen sich die meisten LehrerInnen zurzeit lustig
und erwarten Höchstleistung von vielen SchülerInnen. Seit
der Corona-Krise hat sich der Alltag von vielen Kindern und
Jugendlichen drastisch verändert. Laut einer Studie der
Medizin-Uni Wien habt sich die psychische Gesundheit von
SchülerInnen massiv verschlechtert. Der Druck von den LehrerInnen
hilft meiner Meinung nach nicht wirklich weiter. Die
meisten LehrerInnen denken wahrscheinlich, dass wir kein
eigenes Leben haben. Viele SchülerInnen fühlen sich von
unseren PädagogInnen missverstanden.
Die Noten haben sich auch sehr verschlechtert, weil die
Jugendlichen keine Hoffnung haben, in deren Traumschule
oder -lehre einen Platz zu bekommen und haben dadurch
jeden Antrieb und jede Motivation verloren, weiter für die
Schule zu arbeiten. Ich bezweifle sehr, dass die Lehrer uns
wirklich weiterhelfen mit dem Ganzen und uns wirklich
Hoffnung geben. „Ausreden und sonst nichts!“, meinen die
Pädagogen und beschuldigen die Schüler, einfach nur faul
zu sein und nichts machen zu wollen. Das sind nicht wirklich
die ermutigenden Worte, die man von einem Lehrer / einer
Lehrerin in dieser Zeit hören möchte. Ich zu meinem Teil
musste auch solche Worte zu hören bekommen. Na klar, die
LehrerInnen machen ja auch ihren Job, aber es gehört doch
nicht dazu, jemanden vor einer ganzen Klasse herunterzumachen,
in manchen Fällen sogar anzuschreien und zu sagen:
„Du wirst es nicht mit der Einstellung schaffen!“ Das kann
einen echt großen Schaden bei SchülerInnen anrichten und
noch mehr Kinder unmotivierter und weniger selbstsicher
machen.
Woran liegt es wohl, dass die Einstellung von Schülern sich
so verschlechtert hat bzw. so negativ ist? Es liegt daran, dass
man alle SchülerInnen in einen Topf wirft und behauptet,
dass es nur an denen liegt und nicht daran denkt, wie sich
die SchülerInnen fühlen. Es kommt am Ende auf die Kommunikation
zwischen den Lehrern und Schülern an. Egal wie
anstrengend und hoffnungslos die Zeit sein mag, man sollte
immer andere ermutigen und helfen, wo es auch nur geht,
und nicht an einer Person zweifeln. Weil wenn nicht die Lehrer
an uns glauben, wer sonst?
Fatima Sarwari ist 16 Jahre alt und besucht die F1 in der
fms Wintzingerodestraße in Wien
„2021 wird die Matura eh nur hergeschenkt.“ „Das ist ja
nicht mal ein richtiger Schulabschluss.“ „Ihr habt’s so ein
Glück, heuer zu maturieren. So einfach wird’s in eurem
Leben nicht mehr.“
Einen dieser Sätze hat man als Maturant:in des Jahrgangs
2021 sicherlich schon mal gehört. Verständlich: Im Vergleich
zu den Jahrgängen davor mussten wir nicht so oft in die
Schule, durften Tests streichen und Deadlines verlängern.
Doch war alles so einfach? Das Leben durch den Bildschirm
zu betrachten, allein zu sein, das Fehlen sozialer Kontakte,
innere Leere und Angst. Man fühlt sich hoffnungslos, haltlos
– nein, die vergangenen zwei Schuljahre waren nicht nur
einfach.
Für mich waren die Erleichterungen für Maturant:innen mehr
als nachvollziehbar: Viele Jugendliche leiden und litten an
psychischen Krankheiten, kämpften mit den Folgen der Einsamkeit
und hatten Existenzängste. Stundenlanges Arbeiten
vor dem Bildschirm und das Selbststudium ganzer Themengebiete
waren keine Seltenheit: Das Arbeitspensum erhöhte
sich, die Selbstmotivation schwand.
Vergangenes Semester hörte ich dann folgenden Satz im
Präsenzunterricht: „Machts jetzt a g‘scheite Matura, macht’s
die Mündliche freiwillig. Strengt euch an, dass ihr einen halbwegs
echten Abschluss bekommt, dann kann euch später
niemand sagen, dass ihr nur die „Corona Matura“ gemacht
habt.“
Ein minderwertiger Schulabschluss, verursacht durch einen
Zustand, der außerhalb meines Einflussbereiches lag und
liegt? Die Schulzeit nichts mehr wert? Nur zu retten, wenn
ich nicht zwingend notwendige Prüfungen doch mache, um
stolz mein „Extrapickerl“ auf dem Zeugnis herzuzeigen? Kein
Maturaball, keine Klassengemeinschaft, wahrscheinlich auch
kein „typischer“ Studienalltag im Herbst – alles halb so wild.
Doch niemand sollte auf das Recht, zukünftig gleich behandelt
zu werden, verzichten müssen. Ist die Matura 2021
genauso viel Wert wie die „Normale“? Ja. In meinen Augen
sogar viel mehr. Mit Stolz werde ich mir den Stempel „Corona
Matura“ aufdrücken, während einer Pandemie maturiert zu
haben und dabei, obwohl mir oft die Luft weggenommen
wurde, nie aufgegeben zu haben.
Bernadette Danklmayer ist 18 Jahre alt und Maturantin
des BG/BRG Stainach in der Steiermark
58 / / RAMBAZAMBA MIT SCHARF //
/ MIT SCHARF / 59
KULTURA NEWS
Klappe zu und Vorhang auf!
Von Nada El-Azar
Podcast-Tipp:
WIENER
FESTWOCHEN
PODCAST
Die Wiener Festwochen
starten 2021 erstmals
einen begleitenden
Podcast zum Programm!
Ausgewählte KünstlerInnen
werden von den
Journalistinnen Clarissa
Stadler und Nada El-
Azar (ja, das bin ich!)
in spannenden Gesprächen
vorgestellt. Mehr
Informationen gibt es
unter: www.festwochen.
at/podcast
MEINUNG
SOLIDARITÄT:
NUR EIN TREND?
MEINUNG
Viel gucken,
nix zahlen!
Erwachsenwerden ist ja ziemlich
cool, aber einige Dinge aus meinem
Teenie-Leben vermisse ich schon.
Die Zeit, in der Steuererklärungen
und Stromrechnungen noch gar kein
Thema für mich waren, verbrachte
ich am liebsten in Museen. Warum?
Weil der Besuch vieler Museen in
Wien für Jugendliche unter 19 Jahren
kostenlos ist! Zu Schulzeiten war
ich bestimmt einmal pro Woche im
Kunsthistorischen Museum, bin durch
die Gemäldegalerie flaniert oder in der
Ägyptischen Sammlung auf die Suche
nach Reliefs gegangen, die ich zuvor
vielleicht übersehen hatte. Die knarrenden
Böden und der Ölfarbengeruch
haben sich so stark in mein Gedächtnis
eingebrannt, dass ich mich jedes
Mal wieder wie 17 fühle, wenn ich
eine Ausstellung dort sehe. Auch noch
als „Erstie“ an der Uni nutzte ich die
Nachmittage zwischen den Kursen, um
in einer Ausstellung neue Eindrücke zu
sammeln. Gerade im Sommer ist ein
Museumsbesuch eine willkommene
Abkühlung und gleichzeitig ein Druck
auf den inneren „Reset“-Knopf. Deshalb
mein Appell an alle U19-Jährigen:
Verschwendet dieses Angebot nicht!
el-azar@dasbiber.at
ARAKI
Nobuyoshi Araki ist ohne Zweifel
einer der bekanntesten,
aber auch kontroversesten
zeitgenössischen Fotografen
Japans. Die Albertina Modern
widmet dem 1940 geborenen
Künstler eine Ausstellung, die
sich seinem Frühwerk widmet,
sowie den 2017 vollendeten
Fotozyklus „Sentimental
Journey“ in den Fokus stellt,
in der Araki unter anderem die
Hochzeitsreise und den frühen
Tod seiner Ehefrau Yoko dokumentiert.
Bis 29. August 2021 in der
Albertina Modern zu sehen.
Buchtipp:
„Möge Allah dich in
die tiefste Hölle
schicken“
Hassan Geuad kam als Flüchtlingskind
aus dem Irak nach Deutschland.
Der studierte Germanist ist Gründer
der Aktion „12thMemoRise“, die mit
kontroversen Straßenaktionen auf
islamistischen Terror aufmerksam
machen soll. Mit seinem ersten Buch
bricht er Tabus innerhalb der muslimischen
Community und kämpft für
einen weltoffeneren und modernen
Islam.
Erschienen beim
Westend Verlag.
© Christoph Liebentritt, ALBERTINA/The JABLONKA Collection/Nobuyoshi Araki, Westend, Filmladen Filmverleih, Netflix, Zoe Opratko, Stefan Oláh
ENDLICH
WIEDER KINO!
KISS ME
KOSHER
Netflix-Tipp:
MEIN
40-JÄHRIGES ICH
Bei einem Urlaub in Israel
verliebt sich die Deutsche
Maria innig in eine Barkeeperin
namens Shira. Schon bald
möchten die zwei heiraten
– jedoch stößt das Vorhaben
auf Widerstand - und
zwar von Shiras jüdischer
Großmutter Berta. Für sie
ist eine Ehe zwischen einer
Deutschen und einer Israelin
ein Ding der Unmöglichkeit.
„Kiss Me Koscher“ ist eine
leichte Komödie, die mit allen
möglichen Rollenbildern und
Vorurteilen auf eine humorvolle
Art spielt. Ein Film von
Shirel Peleg.
Die 40-jährige Dramatikerin
Radha erlebt eine kreative
Wiederbelebung, als sie
eine Gruppe junger Erwachsener
unterrichtet. Jedoch
fällt es ihr schwer, an ihren
anfänglichen Ruhm nach
einer Auszeichnung, die sie
vor mehr als zehn Jahren
bekommen hatte, heranzukommen.
Heimgesucht
von ihrer nicht erfüllten
Karriere und dem Drang,
ein gewisses Publikum zu
erreichen, sucht sie nach
einem neuen Outlet für ihre
Kunst – und das findet sie
im Rap. Regisseurin Radha
Blank spielt die Hauptrolle
in ihrem autobiografisch
angehauchten Film.
© Zoe Opratko
Abstand halten und Maske tragen - Solidarität wurde
in der Pandemie immer und immer wieder gepredigt.
Vor allem uns Jugendlichen: Wir tragen schließlich die
Verantwortung gegenüber den Älteren. Doch mit der
Impfung scheint in Vergessenheit geraten zu sein, dass
aufeinander weiterhin geachtet werden soll.
Jugendliche leiden besonders stark unter dem
Lockdown und den Beschränkungen. Wenn ich
Freund*innen frage, haben wir alle dasselbe Gefühl: Wir
verlieren gerade einen Teil unserer Jugend. Die Zeit,
in der ich mich so viel verändere und Erfahrungen und
Eindrücke sammeln sollte, verbringe ich überwiegend
zu Hause. Aber jammern bringt nichts. Erstens befinde
ich mich in einer äußerst privilegierten Situation und
zweitens gibt es keinen Ausweg. Wir müssen uns und
unsere Mitmenschen schützen, damit unser Leben so
schnell wie möglich zur „Normalität“ zurückkehrt.
Obwohl es auch zu schweren Verläufen bei der jüngeren
Generation kommen kann, wird immerzu betont,
dass wir als Gesellschaft vor allem auf die Älteren
aufpassen müssen. Noch vor einem Jahr zeigte man
Solidarität durch das Minimieren von sozialen Kontakten.
Mittlerweile haben wir eine angenehmere und effizientere
Möglichkeit: die Impfung. Doch mir kommt vor,
dass viele Erwachsene vergessen, dass sie in dieser
Pandemie auch eine Verantwortung gegenüber Kindern
und Jugendlichen haben. Wieso müssen Jugendliche
auf die älteren Generationen Rücksicht nehmen, aber
umgekehrt gilt das nicht? Mit der Entscheidung, sich
nicht impfen zu lassen, gefährdet man nicht nur sein
eigenes Leben. Schulkinder, beispielsweise, können
sich noch nicht impfen lassen – ihre Lehrer*innen aber
schon.
Dass Jugendlichen am Schluss geimpft werden, ist
nachvollziehbar und ich will mich keinesfalls vordrängen.
Es bleibt uns, während wir auf unseren Termin
warten und Jahre unserer Jugend „verlieren“, nichts
anderes übrig, außer zu hoffen, dass die Erwachsenen
in unserem Umfeld uns auch schützen wollen. Deswegen
ist meine Bitte: Hört nicht jetzt auf solidarisch
zu sein. Einfach den zugeteilten Termin abwarten und
impfen gehen.
Zoe Kujawa ist 16 Jahre alt und besucht das Wiedner Gymnasium
60 / KULTURA /
„Ich hätte Medizin studieren
und irgendeinen Prinzen aus
Jordanien heiraten sollen.“
Kurdwin Ayubs Eltern
wollten mit allen Mitteln
verhindern, dass sie
Filmemacherin wird.
Nun spielen die beiden
Hauptrollen in ihrem neuen
Film „Sonne“. Die Wiener
Regisseurin verrät uns bei
einem Besuch ganz privat,
wie sie das geschafft hat –
und mehr.
Text: Nada El-Azar,
Fotos: Marko Mestrović
„
Als junges Ding
denkt man
immer, dass man
nicht cool oder
geil genug wäre.
“
Meine erste Kamera hab‘ ich mit
14 Jahren bekommen, mit der
hab‘ ich gern die Burschen aus
meiner Klasse gefilmt, wie sie sich ausziehen.“
Kurdwin Ayub erzählt dies mit
einem kleinen spitzbübischen Lächeln.
„In meiner Klasse gab es Punker-Jungs,
die sich immer ausgezogen haben und
sich gegenseitig angefurzt und angekotzt
haben, das war immer sehr spannend
zu filmen“, erinnert sich die Regisseurin.
Ihre Eltern zu überzeugen, ihr diese
erste Kamera zu schenken, hat einiges
an Überzeugungsarbeit verlangt. Und
sie erinnert sich auch daran, wie gut
ihr Vater darin gewesen ist, heimlich
die Aufnahmen zu sehen. „Ihm hat das
natürlich gar nicht gefallen“, so Kurdwin,
und zupft den mit glitzernden Blutstropfen
dekorierten Rock ihres Moschino-
Kostüms zurecht. (Das Designerstück hat
sie sich vergangenes Jahr zum Geburtstag
selbst geschenkt – für eine Überraschungsparty,
von der sie wusste, dass
sie stattfinden würde.)
KEINE KURDIN,
SONDERN
SIMMERINGERIN
Kurdwin Ayub kam als einjähriges Baby
nach Österreich, ihre Eltern flohen mit
ihr im Jahr 1991 vor dem Krieg aus dem
Irak. In Wien mussten Mutter und Vater
erneut Medizin studieren. Ganze acht
Jahre dauerte es, bis sie wieder ihre
Berufe ausüben konnten. „Bis ich 18
war hatte ich nie daran gedacht, dass
ich Ausländerin bin. Ich war einfach ich.
Erst später bin ich draufgekommen, wie
mich andere Leute sehen. Eigentlich
dachte ich immer, dass ich wie meine
Freundinnen bin“, so die 30-Jährige. Ihre
beste Freundin im Gemeindebau hieß
Sandra und hatte eine „tschickende,
rothaarige Mutter“, wie Kurdwin sie
beschreibt. „Obwohl sie Österreicherin
war hatte Sandra dieselben Konflikte
wie ich, ihre Mutter war streng.“ Sie
empfand sich zu dieser Zeit nie als
Kurdin, sondern als Simmeringerin. Bis
Kurdwin 18 Jahre alt war, lebte sie mit
ihren Eltern und zwei jüngeren Geschwistern
in einer Gemeindebauwohnung in
Wien-Simmering. Dann ging es für sie
in den Bobo-Bezirk Neubau, wo sie mit
einer Freundin hinzog. Für Kurdwin ein
kleiner Kulturschock. „Wir haben in der
Westbahnstraße gewohnt, ich hab’s dort
Regisseurin Kurdwin Ayub posiert vor einigen ihrer Gemälde,
die aus ihrer Studienzeit stammen.
gar nicht gepackt. Meine Freundin war ja
tatsächlich bobo aufgewachsen, aber für
mich war das alles neu. Ich bin erst nach
und nach in diese Szene gelangt“, so die
Filmemacherin.
Heute wohnt die Regisseurin in ihrer
Traumgegend: Dem Arsenal im 3. Wiener
Gemeindebezirk, unweit des Heeresgeschichtlichen
Museums. Zwischen
unausgepackten Umzugskisten lehnen
einige Gemälde an den Wänden, die
aus der Zeit ihres Malereistudiums an
der Universität für Angewandte Kunst
stammen. Kurdwin bewarb sich damals
dort, ohne die Erwartung tatsächlich aufgenommen
zu werden. Doch die Zusage
kam, sehr zum Missfallen ihrer Eltern.
„Mein Vater sagte mir natürlich 20 Jahre
lang auf gut Kurdisch: ‚Nein, du blöde
B*itch, geh‘ gefälligst Medizin studieren‘.
Aber ich habe mich durchsetzen können.“
Während des Studiums begann sie
kleine Videos zu machen, mit ihr selbst
62 / KULTURA /
/ KULTURA / 63
„
Filmemacher sind
sind gescheit, die
tun alle nur so.
“
Malen tut Kurdwin Ayub heute nur noch selten. Einer ihrer liebsten Orte in
ihrer Wohnung ist diese Kommode mit einem alten Familienfoto darauf.
als Akteurin. „Performancekünstlerin“
nannte man sie daraufhin schnell. „Ich
wollte immer schon Filme machen, hab‘
mich aber nie getraut mich auf der Filmakademie
zu bewerben. Wenn man ein
junges Ding ist, denkt man immer, dass
man keine Persönlichkeit hätte oder nicht
cool oder geil genug wäre. Ich wusste
halt, dass ich gut malen und zeichnen
kann.“ Heute weiß Kurdwin, dass die
Coolness in der Film-Bubble meistens
heiße Luft ist. „Filmemacher sind nicht
gescheit, die tun alle nur so“, verrät sie.
„MEIN VATER WAR DIE
KURDWIN IN SEINER
FAMILIE.“
Mit ihrem Dokumentarfilm „Paradies!
Paradies!“ von 2016 schlug Kurdwin
Ayub gleich zwei Fliegen mit einer
Klappe. Einerseits machte sie sich einen
Namen als Regisseurin und gewann unter
anderem einen Preis für „Beste Bildgestaltung“
auf der Diagonale. Andererseits
gelang es ihr, ihren Vater endgültig von
ihrer Leidenschaft zu überzeugen. „Ich
hatte das große Glück, dass mein Vater
unterschwellig schauspielerische Ambitionen
hatte“, sagt Kurdwin. Der Film handelte
von einer gemeinsamen Reise mit
ihrem Vater in die kurdische Stadt Erbil
im Irak, wo er sich eine Wohnung kaufen
wollte. Regie und Kamera führte Kurdwin
selbst. Nachdem der Film erschien und
Anerkennung bekam änderte sich die
Einstellung von Kurdwins Eltern gegenüber
ihren Ambitionen als Filmemacherin.
Die Sache war kein Hobby mehr.
„Mein Vater verstand plötzlich, dass er
in seiner Familie die Kurdwin war. Im Irak
hat er früher sogar für Amateurfotos
posiert, lustiger weise sogar recht freizügig“,
lacht sie. So schließt sich wohl der
Kreis zwischen den sich vor ihrer ersten
Kamera ausziehenden Punker-Jungs aus
Simmering und ihrem strengen Vater.
Nun spielen Kurdwins Mutter und
Vater Hauptrollen in ihrem neuen Film
„Sonne“. Der Film, der von Ulrich
Seidl produziert wurde, handelt von
drei Freundinnen, die mit Kopftüchern
verhüllt mit einem Cover des Songs
„Losing my religion“ zum viralen Hit im
Internet werden. Eine der Freundinnen
ist Kurdin, während die zwei anderen
Österreicherinnen sind. Inspiration für
das Drehbuch war, Kurdwins Angaben
nach, eine englische Girlgroup, die schiitische
Gebetslieder auf Englisch sangen.
„Ich habe versucht, die Klischees im Film
ein bisschen umzudrehen. Die Mutter
der Kurdin fand das nicht so toll, dafür
aber der Vater. Die beiden werden von
meinen Eltern verkörpert“, so die Regisseurin.
Von ihrer eigenen Jugend stecke
nicht viel in dem Film – außer einzelner
Szenen, in denen beispielsweise die
kurdische Protagonistin alkoholisiert von
ihren Eltern abgeholt werden musste.
Die Dreharbeiten für „Sonne“ begannen
wenige Wochen vor dem ersten
Lockdown im März 2020 und mussten
aufgrund der Corona-Pandemie abgesagt
werden. „Erst im Herbst konnten wir wieder
drehen, aber bis dahin steckten viele
Akteure aber schon in neuen Projekten.
Ich habe praktisch wieder von vorne
anfangen müssen. Aber am Ende hat das
dem Film sehr gut getan“, so Kurdwin.
Kommenden Sommer sollte „Sonne“
fertiggestellt werden. Der Kinostart ist
aufgrund der Pandemie noch nicht klar.
Zum Abschluss unserer Home-Story
wechselt die Regisseurin das Outfit und
posiert neben einem ihrer Lieblingsorte
in der Wohnung: Der Kommode mit dem
Foto von ihr mit ihren Eltern und ihren
zwei jüngeren Geschwistern am Flughafen
Wien-Schwechat. „Ich hätte Medizin
studieren sollen, irgendeinen Prinzen
aus Jordanien heiraten und eine Familie
haben müssen, wenn es nach meinen
Eltern gegangen wäre“, so Kurdwin. Ihre
jüngeren Geschwister sind tatsächlich
Medizinstudenten - trotzdem hält sich in
der Familie das Gerücht, dass Kurdwin
das Lieblingskind sei. „Vielleicht einfach,
weil ich das erste Kind bin. Oder auch
vielleicht, weil ich jetzt die Dinge mache,
die meinen Vater eigentlich am meisten
interessiert hätten“, spekuliert sie. ●
Robert Herbe
KOLUMNE
Trauma und Rassismus
Nach einer langjährigen Traumatherapie,
vielen Ausbildungen über Traumata
durch namhafte Expert*innen und
dem Begleiten von vielen Menschen auf
ihrem Heilungsweg von traumatischen
Erfahrungen weiß ich genau, welch zerstörerische
Kombination Traumata und
rassistische Erfahrungen sind.
Ein Aspekt, der in unserer Gesellschaft
kaum beachtet wird. Wenn traumatisierte
Individuen rassistisch behandelt werden,
schnürt einen der Griff des Traumas
noch fester zu. Ein häufiges Symptom ist
dabei das ständig vorhandene Gefühl des
Selbsthasses und der Schuld. Traumatisierte
Individuen versuchen meistens, ihre inneren
Quälereien zu stillen, indem sie sich die Schuld an
dem Erlebten zuweisen. Damit geht der Glaubenssatz
einher, dass sie nicht liebenswert seien, weswegen
haben sie auch das Schreckliche erlebt hätten. Und
das ist der Beginn eines Teufelskreises. Ein negativer
Glaubenssatz bedient den anderen und umgekehrt.
Grundsätzlich ist die Trauma-Aufarbeitung für die
Betroffenen eine äußerst schwierige Angelegenheit,
aber bei Menschen mit Flucht- und Migrationshintergrund
gibt es eine weitere Hürde. Und zwar
Rassismus, Diskriminierung und Fremdenhass. Wenn
Menschen mit einer schweren emotionalen Belastung
rassistisch behandelt und diskriminiert werden,
entsteht der sogenannte „Confirmation Bias“, der
Bestätigungsfehler, und damit geht eine wichtige
Ressource für Heilung kaputt, und zwar „sich mit sich
selbst zu versöhnen“. Es genügen oft die ablehnenden
Blicke im Supermarkt. Alleine in den sozialen
Medien zu sehen, wie Menschen, die ähnliche Biografien
haben, rassistischen Angriffen ausgesetzt sind,
kann großen Schaden verursachen. Dazu kommt
turjman@dasbiber.at
Jad Turjman
ist Poetry-Slammer,
Buch-Autor und
Flüchtling aus
Syrien. In seiner
Kolumne schreibt
er über sein Leben
in Österreich.
auch das unmenschliche Narrativ vieler
PolitikerInnen und JournalistInnen, das
zum Beispiel in Begriffen wie „Asylantenvirus“
oder in dem „Ratten-Gedicht“
ihren Ausdruck gefunden hat. Auch die
Ohnmacht, die man durch den bestehenden
institutionalisierten Rassismus erlebt,
kränkt und macht krank.
„HIER HABE ICH STÄNDIG ANGST,
ATTACKIERT ZU WERDEN“
Ich durfte vor kurzem ein Mädchen aus
Nigeria, das 2015 geflüchtet war, bei
einem Seminar mit vielen Jugendlichen
mit Fluchthintergrund begleiten. Nach
einer Übung, bei der wir den Teilnehmenden Anerkennung
und Wertschätzung zu vermitteln versuchten,
fragte ich sie, warum sie sich schwergetan
hatte, diese Gefühle der Wertschätzung anzunehmen.
Sie meinte: „Als ich in Nigeria war, hatte ich ein sehr
starkes Selbstbewusstsein. Seit ich hier bin, hat das
massiv abgenommen. In der Schule, im Bus und auf
der Straße bekomme ich das Gefühl, unerwünscht
und anders zu sein. Ich habe meinen Papa mehrmals
gebeten zurückzukehren, egal was auf uns dort wartet.
Hier habe ich ständig Angst, dass ich irgendwann
von hinten attackiert werde. Auch Angst, ob mir die
Menschen dann helfen werden oder mich am Boden
liegen lassen.“
Ihre Worte haben alle im Raum im Herzen
berührt. Viele Teilnehmende bestätigten ihre Worte.
Sie hatten auch schon dasselbe gefühlt und erlebt.
Laut der Weltgesundheitsorganisation zählt ein
Mensch erst als gesund, wenn er sich seelisch,
körperlich und sozial wohl fühlt. So ist die Wahrscheinlichkeit
sehr gering, auf Geflüchtete und
Immigrant*innen zu treffen, die gesund sind.
64 / KULTURA /
/ MIT SCHARF / 65
Hits, Infos & Comedy! Mo–Fr, 5–9 Uhr
„Die Leiden des jungen Todors“
Von Todor Ovtcharov
passiert.
Bist du glücklich?
nicht
Wenn man dem „World Happiness
Report“ glauben kann, der jedes
Jahr von der UNO publiziert wird,
ist Österreich im Jahr 2020 das
neuntglücklichste Land der Welt. Das heißt, dass
es auf der Welt hunderte andere Völker gibt, die
unglücklicher als ihr sind. Falls ihr euch gerade
traurig fühlt, dann wart ihr wahrscheinlich kein Teil
der Umfrage.
Ganz vorne in diesem „Welt-Glücks-Bericht“
stehen skandinavische Länder. Das lässt mich
zweifeln. An zweiter Stelle ist Dänemark. Ich habe
befreundete Dänen, die niemals lächeln. Selbst
bei ihrer Hochzeit haben sie so ernst ausgeschaut,
als ob sie schon an ihrem Scheidungsanwalt denken
würden. Aber vielleicht sagt der Drang zum
Lächeln nichts über dein Glück aus.
Das glücklichste Volk der Welt sollen die
Finnen sein. Ich kenne Finnen, die sich wirklich
glücklich fühlen, wenn sie nach Russland fahren
um sich mit billigem russischen Vodka zu betrinken.
Das verstehe ich, das ist wahres Glück! Nur
der Kater danach ist ein bisschen nervig. Aber
wenn man so verkatert ist, hat man vielleicht keine
Zeit den polaren Winter zu bemerken.
Ganz vorne in diesem Bericht ist auch Kanada.
Das verstehe ich. Kanada ist ein Riesenland und
man hat Platz, die Seele baumeln zu lassen. Nur
eines verstehe ich nicht – warum werden in einem
anderen Bericht so viele Plätze in Kanada angeführt,
an denen man Suizid begehen kann? So viel
Glück ist vielleicht auch nicht gut.
In einem anderen Bericht – Über Länder, die
die größte Hoffnung in die Zukunft haben, sind
Ghana und Bangladesch ganz an der Spitze. Wenn
man gerade nichts hat, kann man eigentlich eh
nur auf die Zukunft hoffen.
Österreich ist eines der glücklichsten Länder
der Welt. Ich schaue mir meine Nachbarn an und
suche den Funken Glück in ihren Augen. Die meisten
sehen aus wie schlechte Schauspieler aus
einem Film über Spione. Sie blicken sich an und
verdächtigen sich gegenseitig des Staatsverrats.
Vielleicht wurden meine Nachbarn nicht für diese
Studie interviewt.
Ich weiß, aber wer die Menschen sind, die
Österreich ganz vorne in dieses Rating gebracht
haben. Das seid ihr, liebe „Biber“ Leserinnen und
Leser. Denn wenn man dieses Magazin liest, kann
man nur glücklich sein. ●
Mit dem
Ö3-Wecker
wäre das
66 / MIT SCHARF /
Das nächste Kapitel beim Klimaschutz:
Mehr Platz für
unsere Bienen.
Foto: © Illustrator/3D-Artist Christo Penev
Deshalb werden ausgewählte Bahngrünflächen ab sofort als
Blühwiesen genutzt. So fördern wir nicht nur Artenvielfalt,
sondern produzieren auch köstlichen Honig!
Mehr Infos unter infrastruktur.oebb.at/schienenbienen
ÖBB
Schienenbienen
HEUTE. FÜR MORGEN. FÜR UNS.