procontra Ausgabe 03-2021
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Zukunft der bAV | Berenberg im Interview | BRIC bröckelt | Riester-Ende naht | Allgefahrendeckung | Gamification | Risikowahrnehmung | AVAD-Kritik | Maklerrente | Wohneigentum<br />
FINANZEN<br />
Das freie Finanzmagazin<br />
Gelingt mit dem ersten<br />
SPM nun der Durchbruch?<br />
IM GESPRÄCH<br />
Thema<br />
GEWERBE<br />
#<strong>03</strong> | <strong>2021</strong><br />
Juni/Juli <strong>2021</strong><br />
Alles abgesichert?<br />
Warum All-Risk-Policen Rundum-<br />
Schutz suggerieren und im Schadensfall<br />
überraschen können<br />
Alles entschieden?<br />
Die Entscheidung über Dauerpatient<br />
Riester naht und ist im<br />
Grunde schon gefallen<br />
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EDITORIAL<br />
»Durchbruch in der bAV«<br />
pro Der 1. Juli <strong>2021</strong> wird in die Geschichte der betrieblichen Altersversorgung eingehen.<br />
Dann startet das erste Sozialpartnermodell, das ver.di und das Konsortium „Die Deutsche<br />
Betriebsrente“ (Talanx, Zurich) verhandelt haben. Die reine Beitragszusage wird als<br />
Blaupause dienen, um weitere Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften für das gewählte<br />
Zielrentenkonzept zu begeistern. Mit dem ersten SPM beweist die Branche zudem gegenüber<br />
der Politik: Wir können das gewünschte Ziel, die bAV-Verbreitung spürbar zu erhöhen,<br />
erreichen – auch ohne ein Obligatorium.<br />
Zusätzlich gewinnt die alte bAV-Welt weiter an Bedeutung, in der ab 2022 ein weiterer<br />
Impuls des Betriebsrentenstärkungsgesetzes (BRSG) zündet. Dann sind auch Bestandsverträge<br />
in der Entgeltumwandlung mit einem Arbeitgeberzuschuss auszustatten. Beide bAV-<br />
Welten werden ihre Kraft entfalten und dafür sorgen, dass bei einer Evaluierung des BRSG<br />
im Jahr 2023 von einem Obligatorium keine Rede sein wird.<br />
contra Das erste Sozialpartnermodell wird nicht der Heilsbringer sein und auch<br />
nicht dafür sorgen, dass der dünne Faden, an dem das Damoklesschwert eines Obligatoriums<br />
über der Branche schwebt, stärker wird. Es ist ein politisches Signal und auch ein Erfolg,<br />
keine Frage. Doch die Tarifbindung hemmt die Verbreitung, die unklare Vergütungsund<br />
Beratungfrage schreckt bAV-Vermittler ab beziehungsweise lässt sie gleich ganz außen<br />
vor. So wird der Effekt gering und Versorgungslücken groß bleiben.<br />
Die bAV kann dennoch zünden und ein Obligatorium abwenden. Das hängt jedoch an<br />
anderen Faktoren als am ersten SPM: der Haltung der neuen Regierung zur bAV und ob<br />
spätestens sie die 100-Prozent-Beitragsgarantie in der BZML abmildert. Gepaart mit engagierten<br />
Beratern, die die guten Rahmenbedingungen durch das BRSG in der alten bAV-Welt<br />
weiter an Arbeitgeber und Arbeitnehmer vermitteln.<br />
LIEBE MAKLER, LIEBE LESER,<br />
die <strong>procontra</strong>-Redaktion wünscht Ihnen<br />
eine aufschlussreiche <strong>Ausgabe</strong>.<br />
facebook.com/<strong>procontra</strong><br />
@<strong>procontra</strong>online<br />
chefredakteur@<strong>procontra</strong>-online.de<br />
Matthias Hundt<br />
Chefredakteur<br />
<strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21 3
<strong>procontra</strong> Inhaltsverzeichnis<br />
INHALT<br />
16<br />
Durchbruch oder Pflicht<br />
Zündet mit dem ersten SPM nun<br />
die bAV-Rakete oder schafft es<br />
nur neue Probleme?<br />
36<br />
Einmal BRIC<br />
und zurück<br />
Wie der einstige<br />
Investment-Hype<br />
seinem Ende entgegenbröckelt.<br />
All-Risk — no Fun?!<br />
Warum eine Allgefahrendeckung<br />
keinesfalls so komfortabel ist, wie<br />
ihr Name vermuten lässt.<br />
48<br />
54<br />
Riester-Rettung ungewollt<br />
Warum die Entscheidung über<br />
den Dauerpatienten Riester-<br />
Rente naht und im Grunde<br />
schon feststeht.<br />
4 <strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21
Inhaltsverzeichnis <strong>procontra</strong><br />
PANORAMA<br />
11 Negativzinsen — keine Panik<br />
Hans-Jörg Naumer in seiner Kolumne<br />
über den Weckruf, die eigene<br />
Kapitalanlage zu hinterfragen<br />
INVESTMENTFONDS<br />
24 Buschfunk<br />
26 »Umfeld für Aktien sparen nicht<br />
förderlich« Klaus Naeve und<br />
Matthias Born vom Berenberg<br />
Wealth & Asset Management über<br />
nachhaltige Strategien, den Aktiv-<br />
Passiv-Vergleich und die deutsche<br />
Aktienkultur<br />
VERSICHERUNGEN<br />
44 Buschfunk<br />
46 »Biometrie ist komplexer als<br />
Altersvorsorge« Nürnberger-LV-<br />
Vorstand Harald Rosenberger über<br />
ambitionierte Pläne und aktuelle<br />
Courtageanpassungen<br />
30 Absolut(e) überzeugt? Unabhängig<br />
von der Marktlage positive<br />
Renditen – das versprechen<br />
Absolute-Return-Fonds. Die Realität<br />
sah zuletzt anders aus.<br />
12 Panorama Fakten für Vertrieb<br />
und Stammtisch<br />
14 Leserbriefe<br />
TITEL<br />
16 Durchbruch oder Pflicht Die an<br />
das erste Sozial partnermodell<br />
geknüpften Hoffnungen sind hoch<br />
gesteckt: der Politik zeigen, dass<br />
es definitiv kein bAV-Obligatorium<br />
braucht, um die Verbreitung in die<br />
Fläche zu bringen. Doch der Effekt<br />
ist ungewiss, die Rolle der Vermittler<br />
dabei weiter unklar.<br />
»Ein SPM ist nicht<br />
auf den klassischen<br />
Vertrieb von<br />
Finanzdienstleistungen<br />
ausgerichtet.«<br />
MICHAEL HOPPSTÄDTER<br />
Longial<br />
32 Stabil im Krisenmodus Corona<br />
belastet die Segmente Hotel, Büro<br />
und Einzelhandel. Wie offene Immobilienfonds<br />
damit umgehen<br />
36 Einmal BRIC und zurück Der Hype<br />
um eine Anlageklasse war selten<br />
stärker als bei BRIC-Fonds. Heute<br />
bröckelt das Segment dahin und<br />
scheint überholt.<br />
48 All-Risk — no Fun?! Allgefahrendeckungen<br />
suggerieren stets<br />
Rundum-Schutz, sind aber weder<br />
für Kunden noch für Vermittler so<br />
komfortabel wie gedacht.<br />
52 Zocken für den Abschluss Was<br />
bringt der Gamification-Ansatz wirklich<br />
bei der Kundengewinnung?<br />
54 Riester-Rettung ungewollt Über<br />
die Zukunft des Dauerpatienten<br />
Ries ter ist noch nicht entschieden.<br />
So richtig gern hat ihn aber<br />
niemand mehr.<br />
58 Selbstbestimmung bei Selbstbehalten<br />
Eine Eigenbeteiligung am<br />
Schaden schont die Prämie. Doch<br />
welche Höhe passt in welchen<br />
Bereichen und wie können Überraschungen<br />
im Schadensfall vermieden<br />
werden?<br />
<strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21<br />
5
<strong>procontra</strong> Inhaltsverzeichnis<br />
BERATER<br />
62 Buschfunk<br />
64 So ist’s Recht Urteile und Rechtsprechungen,<br />
die Makler kennen<br />
sollten<br />
66 »Krisen beeinflussen das Risikoverhalten«<br />
Licht am Ende des Corona-Tunnels,<br />
doch eine veränderte<br />
Risikowahrnehmung wird bleiben,<br />
meint Prof. Dr. Petra Steinorth.<br />
SACHWERTE<br />
72 Buschfunk<br />
74 »Industriemetalle bieten keinen<br />
Inflationsschutz« Rohstoffexperte<br />
Raphael Scherer von Philoro<br />
Edelmetalle über die feinen Unterschiede<br />
zwischen Anlagen in Edel-<br />
und Industriemetalle.<br />
RUBRIKEN<br />
3 Editorial<br />
7 Firmen- und<br />
Personenverzeichnis<br />
7 Impressum<br />
82 Privat gefragt<br />
Steckbrief von Timo Heitmann,<br />
Versicherungsdetektiv und Teamleiter<br />
Schadenaußendienst, Gothaer<br />
68 AVAD: Fair oder reformbedürftig?<br />
Oftmals sehen sich Vermittler zu<br />
Unrecht in der Vermittlerkartei am<br />
Pranger.<br />
76 Ohne Starthilfe kein Eigentum<br />
Die Freude über historisch niedrige<br />
Zinsen wird durch Rekordkaufpreise<br />
getrübt. Wie der Traum vom Wohneigentum<br />
dennoch wahr werden kann<br />
»Als Kanzler bekäme<br />
ich gar nichts<br />
gebacken.«<br />
TIMO HEITMANN<br />
Versicherungsdetektiv, Gothaer<br />
70 Die (Makler)Rente ist sicher Was<br />
tun, wenn kurz vor dem Ruhestand<br />
der aufgebaute Bestand als Alterseinkommen<br />
veredelt werden soll?<br />
IM GESPRÄCH<br />
80 Verkäuferstreik am Immobilienmarkt<br />
Trotz der Aussicht auf<br />
Rekorderlöse sind Bestandsbesitzer<br />
kaum bereit zu verkaufen.<br />
Gewerbe Experten von Zurich,<br />
Thinksurance, Alte Leipziger und<br />
andsafe am digitalen runden Tisch<br />
über die Gewinnung und Beratung<br />
von Gewerbekunden<br />
6 <strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21
Firmen- und Personenverzeichnis SERVICE<br />
FIRMENVERZEICHNIS<br />
A<br />
Aareal Bank.......................................................................45<br />
Adam Riese........................................................................45<br />
Allianz............................................. 11, 17, 21 f., 25, 31, 49<br />
Amundi..................................................................................25<br />
andsafe................................................................................50<br />
Aon....................................................................................... 55 f.<br />
Assekurata.........................................................10, 44, 57<br />
Athora.............................................................................10, 45<br />
Aures...................................................................................... 22<br />
Axa.....................................................................................17, 49<br />
B<br />
Basler.....................................................................................45<br />
Bayerische......................................................................... 49<br />
Berenberg............................................................................26<br />
blau direkt.................................................................... 63, 71<br />
Bloomberg...........................................................................37<br />
BVT............................................................................................73<br />
C<br />
Candriam.............................................................................25<br />
Check24............................................................................... 62<br />
Cherrisk................................................................................53<br />
Commerz Real.................................................................33<br />
C<br />
DAI............................................................................................20<br />
DAK..........................................................................................53<br />
Deka........................................................................................34<br />
Deloitte.....................................................................................17<br />
DWS.................................................................................33, 73<br />
E<br />
Europace......................................................................... 80 f.<br />
Exporo....................................................................................73<br />
F<br />
Fairfekt................................................................................... 49<br />
Fidelity...................................................................................25<br />
Finanz Zirkel.........................................................................71<br />
Flaschenpost....................................................................73<br />
Fonds Finanz.................................................................62 f.<br />
FondsConsult...................................................................33<br />
Förster & Cisch................................................................20<br />
Franklin Templeton........................................................37<br />
Funk.....................................................................................59 f.<br />
FV Frankfurter Vermögen ......................................25<br />
G<br />
Getsurance........................................................................46<br />
Goldman Sachs...............................................................37<br />
Gothaer.................................................................................82<br />
Götte-Gruppe...................................................................59<br />
H<br />
Hausinvest.........................................................................34<br />
HDI............................................................................................ 49<br />
Helvetia................................................................................. 49<br />
Hiscox...........................................................................48, 53<br />
Hoesch & Partner......................................................... 49<br />
Hoffmann ........................................................................... 22<br />
Homeday...............................................................................81<br />
HSBC.......................................................................................38<br />
I, J<br />
Ideal.........................................................................................45<br />
ifa........................................................................................... 55 f.<br />
ImmoScout24...................................................................72<br />
ING............................................................................................ 63<br />
Inter.........................................................................................59<br />
Interhyp.................................................................................77<br />
JLL.............................................................................................73<br />
K, L<br />
Kantar......................................................................................81<br />
KPMG......................................................................................44<br />
Longial..................................................................... 19, 21, 57<br />
M<br />
Maiestas..............................................................................25<br />
Maxpool....................................................................63, 70 f.<br />
Metzler....................................................................................18<br />
Michaelis Rechtsanwälte........................................ 69<br />
Morgen & Morgen...........................................................14<br />
N<br />
Netfonds..............................................................................25<br />
Nornickel...............................................................................75<br />
Nürnberger.....................................................................46 f.<br />
P, R<br />
Paribus...................................................................................73<br />
Philoro Edelmetalle........................................................74<br />
Policen Direkt......................................................................71<br />
Postbank........................................................................12, 81<br />
Provinzial.............................................................................50<br />
Resultate Institut..............................................................71<br />
S<br />
Schroder..............................................................................38<br />
Scope...................................................24, 30 f., 33, 37 f.<br />
Signa........................................................................................73<br />
Signal Iduna.........................................................................17<br />
Sotheby’s..............................................................................12<br />
Squarelife............................................................................46<br />
Statista...................................................................................77<br />
Stuttgarter..........................................................................20<br />
Swiss Life....................................................................34, 78<br />
INDEX<br />
T<br />
Talanx.......................................................................17 f., 21 ff.<br />
Tangany................................................................................73<br />
Tesla............................................................................................11<br />
U<br />
Union Investment.........................................................33<br />
Uniqua...................................................................................53<br />
V<br />
V.E.R.S. Leipzig...........................................................17, 44<br />
Versicherungsforen Leipzig............................53, 71<br />
VHV..........................................................................................59<br />
Vodafone.............................................................................45<br />
W<br />
Watchmaster......................................................................12<br />
Whitebox..............................................................................25<br />
Wilhelm Rechtsanwälte............................................ 49<br />
Worksurance.................................................................46 f.<br />
WWK........................................................................................45<br />
X, Y<br />
Xempus............................................................................... 21 f.<br />
YouGov............................................................................12, 78<br />
Z<br />
Zeus........................................................................................45<br />
Zurich...........................................................................17 f., 45<br />
PERSONENVERZEICHNIS<br />
A<br />
Ahrens, Petra...................................................................25<br />
Archangeli, Gerald........................................................ 69<br />
B<br />
Bader, Guido.................................................... 20, 57, 63<br />
Banksy....................................................................................12<br />
Becker, Ralf........................................................................60<br />
Beenken, Matthias..........................................................71<br />
Beeple.....................................................................................72<br />
Billinger, Franz.....................................................................17<br />
Binding, Lothar.........................................................14, 44<br />
Bockelmann, Martin......................................................21<br />
Born, Matthias............................................................26 ff.<br />
Bortenlänger, Christine.............................................20<br />
Boudewijns, Jan............................................................25<br />
Bürse-Hanning, Andreas......................................... 22<br />
Buschkotte, Christian................................................50<br />
C<br />
Cisch, Theodor................................................................20<br />
Czeremuga, Cäsar.....................................................49 f.<br />
D<br />
de Lope Fend, Esteban..............................................34<br />
Dulgeroff, Shane.............................................................72<br />
E<br />
Eilers, Uwe..........................................................................25<br />
Engelmann, Cathrin....................................................53<br />
F<br />
Feltes, Martin.....................................................................73<br />
Floetemeyer, Robert.................................................49 f.<br />
Friedrich, Klaus..................................................................17<br />
G<br />
Gin, Cigdem.........................................................................70<br />
Golatka, Lars........................................................................17<br />
Götte, Carl Michael..................................................59 ff.<br />
Grimm, Andreas.................................................................71<br />
Grundler, Martina....................................................18, 22<br />
H<br />
Heil, Hubertus....................................................................21<br />
Heitmann, Timo...............................................................82<br />
Hirt, Gregor.........................................................................25<br />
Höfer, Konrad.................................................................... 63<br />
Hoffmann, Sven..........................................................22 f.<br />
Hoppstädter, Michael..............................................19 ff.<br />
Hornung, Philipp............................................................. 24<br />
Hunold, Claus................................................................... 49<br />
J, K<br />
Jenssen, Hans-Georg............................................... 69<br />
Käfer-Rohrbach, Anja................................................45<br />
Kanschik, Philipp..............................................................71<br />
Kerschbaumer, Judith.................................................19<br />
Kleinlein, Axel.....................................................................14<br />
Knorr, Sonja.......................................................................33<br />
Köchling, Andreas.....................................................37 f.<br />
Kuehl, Stefan.....................................................................78<br />
Kukies, Jörg........................................................................14<br />
Kurtisz, Krisztián............................................................53<br />
L<br />
Lindner, Helen...................................................................73<br />
Locker, Nico....................................................................59 f.<br />
M<br />
Meissner, Henriette...................................................20 f.<br />
Michaelis, Stephan...................................................... 63<br />
Musk, Elon..............................................................................11<br />
N<br />
Naeve, Klaus................................................................26 ff.<br />
Naumer, Hans-Jörg.........................................................11<br />
Netzer, Günter....................................................................31<br />
O, P<br />
O’Neill, Terence James...............................................37<br />
Ochsenknecht, Natascha..........................................11<br />
Ochsenknecht, Uwe.......................................................11<br />
Peters, Hans-Walter.....................................................27<br />
R<br />
Raffelhüschen, Bernd.................................................10<br />
Remke, Christian..............................................................18<br />
Rohde, Gerrit.....................................................................53<br />
Rosenberger, Harald................................................46 f.<br />
Ruß, Jochen.................................................................. 55 f.<br />
S<br />
Salazar, Paulo..................................................................25<br />
Sälzle, Rüdiger.................................................................33<br />
Scherer, Raphael........................................................ 74 f.<br />
Schminke, Kerstin...........................................................19<br />
Schmitt, Ralf.....................................................................45<br />
Schneidemann, Herbert.................................45, 63<br />
Scholz, Olaf.................................................................14, 55<br />
Schüttauf, Mario............................................................34<br />
Schwark, Peter...............................................................55<br />
Schwarz, Stefan............................................................. 69<br />
Simon, Ruven...................................................................45<br />
Skorna, Alexander........................................................59<br />
Steinberger, Daniel....................................................... 49<br />
Steinhart, Bernd.............................................................45<br />
Steinmetz, Ulrich...........................................................33<br />
Steinmeyer, Martin.......................................................25<br />
Stumpf, Katharina..........................................................73<br />
Sun, Manqing............................................................... 30 f.<br />
T, U<br />
Tacke, Karsten............................................................... 18 f.<br />
Teichmann, Thorsten.................................................56<br />
Thimann, Christian................................................10, 45<br />
Thurnes, Georg............................................................20 f.<br />
Timmermann, Oliver.................................................68 f.<br />
Utrecht, Jörg.....................................................................77<br />
V, W<br />
Voigtländer, Michael................................................. 77 f.<br />
von Löbbecke, Fabian....................................17 f., 21 f.<br />
Wolff-Marting, Vincent..............................................53<br />
VERLAG UND REDAKTION<br />
Alsterspree Verlag GmbH<br />
Firmensitz: Großer Burstah 50-52, 20457 Hamburg<br />
Postanschrift: Kurfürstendamm 173 / 174, 10707 Berlin<br />
Telefon: +49 (0 30) 232 56 27 00<br />
Fax: +49 (0)30 232 56 27 49<br />
Web: www.<strong>procontra</strong>-online.de<br />
HERAUSGEBER<br />
Philipp B. Siebert<br />
CHEFREDAKTEUR<br />
Matthias Hundt<br />
ART DIRECTOR<br />
Niels Flender<br />
LAYOUT UND INFOGRAFIK<br />
Sabine Müller<br />
BILDREDAKTION<br />
Roman Kulon, Eleonora Mavromati, Jakob Bettin<br />
LEKTORAT<br />
TextSchleiferei.de<br />
TEXTBEITRÄGE<br />
Mailin Bartknecht, Florian Burghardt, Carla Fritz, Heike<br />
Gorres, Matthias Hundt, Mariam Misakian, Christopher<br />
Nachtweh, Dr. Hans-Jörg Naumer, Nina Müller-Peltzer,<br />
Marilena Piesker, Detlef Pohl, Stefan Terliesner, Martin<br />
Thaler, Jan F. Wagner, Anne Mareile Walter<br />
ANZEIGENBERATUNG<br />
Nadin Prüwer<br />
n.pruewer@alsterspree.de<br />
+49 (0)40 6 07 71 29 24<br />
ANZEIGENDISPOSITION<br />
Marcel Berno<br />
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Verlagsgeschäftsführer: Philipp B. Siebert,<br />
Tilman J. Freyenhagen<br />
Verantwortlich für diese <strong>Ausgabe</strong> i. S. d. P.:<br />
Matthias Hundt<br />
IMPRESSUM<br />
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Zeppelinstraße 6<br />
16356 Ahrensfelde OT Blumberg<br />
www.moellerdruck.de<br />
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und Diagrammen liegen Informationen zugrunde, die<br />
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Für Mitglieder der nachfolgend aufgeführten Verbände<br />
ist der Bezugspreis im Mitgliedsbeitrag enthalten:<br />
AfW Bundesverband Finanzdienstleistungen e. V.<br />
Votum Verband Unabhängiger Finanzdienstleistungsunternehmen<br />
in Europa e. V.<br />
Unser Druck ist zu 100 % klimaneutral.<br />
<strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21<br />
7
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Comfort (inklusive DreadDiseaseKomponente) sowie maximale<br />
Absicherung im Tarif Exklusiv (inklusive AU, Dread-Disease-<br />
Komponente und RLVAnwartschaft).<br />
Gut zu wissen: Bereits der BasisTarif enthält eine Umorganisationshilfe<br />
für Selbstständige mit insgesamt bis zu 12.000 Euro.<br />
Torsten Wendland<br />
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PANORAMA Notiert<br />
PANORAMA<br />
RUN-OFF: ERTRAG HUI,<br />
BETEILIGUNG PFUI<br />
Vor einem Jahr sprachen wir mit Christian Thimann, Chef<br />
des Run-off-Anbieters Athora, über Image und Herausforderungen<br />
der Aufkäufer. In der Zwischenzeit ist viel passiert<br />
– Thimann räumt zum 30. Juni <strong>2021</strong> auf eigenen Wunsch<br />
seinen Posten. Zum anderen kam Assekurata in einer Studie<br />
zur Erkenntnis, Run-offs machten „einiges richtig“, vor allem<br />
auf Ertragsseite. Die Rohüberschussquote liegt mit 33,6 Prozent<br />
deutlich über dem restlichen Markt (12 Prozent). Leider<br />
wurden Versicherte 2019 nur mit 63 Prozent daran beteiligt<br />
(2014: 81 Prozent). Zugleich stiegen die Verwaltungskostenquoten,<br />
da Bestände mangels neuer Zukäufe schrumpfen,<br />
Kostenstrukturen aber gleich bleiben. Hier wächst der Druck<br />
auf die Run-offs, neue Bestände zu übernehmen, um Skaleneffekte<br />
zu erzielen.<br />
»Einer vertritt die<br />
Regierung, der andere<br />
die Opposition – aber<br />
man merkt es nicht.«<br />
Bei der Jahrestagung<br />
der Deutschen Aktuarvereinigung<br />
(DAV) fiel<br />
es Professor Dr. Bernd<br />
Raffelhüschen schwer,<br />
Unterschiede zwischen<br />
den vertretenen Fachpolitikern<br />
von CDU und<br />
Grünen auszumachen.<br />
Das Thema: die Zukunft<br />
des Rentensystems.<br />
SUEZKANAL-<br />
HAVARIE: HOHE<br />
ÖLPREISE UND<br />
EIN STREIT<br />
VOR GERICHT<br />
Sechs Tage lang hing das auf Grund gelaufene Containerschiff<br />
„Ever Given“ im Suezkanal fest und blockierte die Schifffahrtsstraße<br />
zwischen Asien und Europa. Zahlreiche Frachter steckten wegen des<br />
Tankers im Stau – und die Ölpreise zogen an, der WTI-Preis stieg um<br />
2,6 Prozent. Auch an anderer Stelle hinterließ die Havarie Spuren:<br />
Nach Angaben der Betreibergesellschaft verlor Ägypten mit jedem<br />
Tag, an dem die Wasserstraße gesperrt war, 12 bis 15 Millionen US-<br />
Dollar an Einnahmen. Aktuell befasst sich ein Gericht mit dem Fall.<br />
Ägypten fordert vom Eigentümer des Schiffs 900 Millionen Dollar<br />
Schadensersatz.<br />
10 <strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21
Notiert PANORAMA<br />
Negativzinsen –<br />
keine Panik<br />
DR. HANS-JÖRG NAUMER<br />
leitet Global Capital Markets & Thematic Research<br />
von Allianz Global Investors<br />
MEDIA-PRÄSENZ SCHÜTZT<br />
NICHT VOR ALTERSARMUT<br />
Schrille Auftritte auf roten Teppichen und eine unverblümte,<br />
direkte Art: Seit Jahren plaudert sich Natascha Ochsenknecht<br />
durch diverse TV-Formate und hält mit grellen Social-Media-<br />
Postings ihre Follower auf dem Laufenden. Bei so viel Präsenz<br />
möchte man meinen, dass bei der Exfrau von Schauspieler<br />
Uwe Ochsenknecht ein steter Geldfluss gesichert sei.<br />
Zukunftssorgen scheinen die 56-Jährige tatsächlich kaum<br />
umzutreiben. Zumindest nicht in Bezug auf ihre zukünftige<br />
Rente. In einem Interview danach gefragt, ob sie genug Geld<br />
für die Rente habe, antwortete Ochsenknecht wie aus der<br />
Pistole geschossen: „Nein, habe ich nicht.“ Da wäre eine unabhängige<br />
Beratung mal angebracht. Könnte sie ja als Story auf<br />
Insta begleiten. ;-)<br />
28 %<br />
Die Negativzinsen, die von immer mehr Banken und Sparkassen<br />
auf Guthaben erhoben werden, mögen ärgerlich<br />
sein, verhaltensökonomisch sind sie ein Weckruf, über die<br />
Kapitalanlage nachzudenken. Denn während Negativzinsen<br />
bekanntlich vom Guthaben abgezogen werden (also<br />
einen Geldabfluss auslösen), wirkt im Hintergrund eine viel<br />
größere Gefahr für den Geldwert: die Inflation.<br />
Folgende Berechnung verdeutlicht dies: Angenommen,<br />
jemand hat 100 Euro auf dem Konto. Bei einem unterstellten<br />
Negativzins von 0,5 Prozent (ohne Berücksichtigung<br />
eines Freibetrags) werden daraus nach 10 Jahren 95 Euro,<br />
nach 20 Jahren 90 und nach 30 Jahren 86. Die Inflation,<br />
also der Kaufkraftverlust, wirkt dagegen deutlich stärker.<br />
Unterstellt, die Inflation liegt im Durchschnitt der nächsten<br />
Jahrzehnte bei 2 Prozent, also dem Zielwert der EZB,<br />
dann schrumpft die Kaufkraft der 100 Euro nach 10 Jahren<br />
auf knapp 82 Euro, nach 20 Jahren auf 67 Euro und nach<br />
30 Jahren unter 55 Euro. Der verhaltensökonomische<br />
Nachteil ist nur: Man sieht dies nicht, denn auf dem Bankkonto<br />
stehen ja immer noch nominal 100 Euro. Da kein Geld<br />
abfließt, tut dieser Wertverlust nicht weh.<br />
Anders der Negativzins, obwohl er nur ein Viertel der hier<br />
unterstellten – durchaus plausiblen – Inflationsrate beträgt.<br />
So betrachtet ist der um sich greifende Negativzins<br />
kein Grund zur Panik. Im Gegenteil. Er ist fast schon ein<br />
willkommener (Pardon, aber ich denke eben verhaltensökonomisch)<br />
Strafzins. Er treibt dazu an, sich mit seinem<br />
Kapital zu beschäftigen, um einen viel größeren Wertverlust<br />
aus anderer Quelle zu vermeiden. Also: Vorsicht ja,<br />
Panik nein. Der Schmerz, den wir durch den Negativzins<br />
empfinden, ist ein schlechter Ratgeber. Nicht überstürzt<br />
handeln. Der Kaufkrafterhalt sollte bei allen Überlegungen<br />
zur Geldanlage die erste Verteidigungslinie sein.<br />
… Verlust machten die Aktien der Kryptowährung<br />
Dogecoin an einem Tag, nachdem Tesla-<br />
Chef Elon Musk in der US-Comedy-Show<br />
„Saturday Night Live“ über die digitale Zahlungsmethode<br />
Witze gemacht hatte. Mittlerweile<br />
hat sich der Dogecoin-Kurs wieder erholt.<br />
<strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21<br />
11
PANORAMA Fakten für Vertrieb und Stammtisch<br />
48 Arbeitsstunden<br />
und mehr<br />
Smartphone statt Computer<br />
Der Chat mit den Kollegen, das Onlinemeeting mit den Freunden,<br />
stundenlanges Zocken auf dem Handy: Durch die Pandemie ist die<br />
Internetnutzung der Deutschen gestiegen. Laut einer „Digitalstudie“<br />
der Postbank verbrachten die Bundesbürger 2020 ungefähr<br />
65 Stunden pro Woche im Netz, rund 15 Prozent mehr als im Vor-<br />
Corona-Jahr 2019. Vor allem junge Menschen suchten im Netz nach<br />
Austausch, Unterhaltung oder Schnäppchen. Und: Das Smartphone<br />
wird dabei immer beliebter und ersetzt zunehmend den klassischen<br />
Desktop-PC.<br />
Jeder zweite Selbstständige investiert mehr als 48 Stunden<br />
pro Woche in seinen Job. Dabei ist auch der Einsatz am Wochenende<br />
keine Ausnahme: Nach aktuellen Zahlen des Statistischen<br />
Bundesamts sind 54,2 Prozent der Selbstständigen<br />
auch samstags im Einsatz, jeder vierte (26,4 Prozent) sonntags.<br />
Und: Für knapp 40 Prozent der Selbstständigen mit Angestellten<br />
endet der Arbeitstag spät, sie machen erst zwischen<br />
18 und 23 Uhr Feierabend. Insgesamt betrachtet, scheint die<br />
Arbeitssituation hierzulande jedoch entspannt zu sein: Nur<br />
knapp jeder zehnte Deutsche arbeitet länger als 48 Stunden in<br />
der Woche.<br />
LUXUSUHREN TAUGEN SELTEN<br />
ALS WERTANLAGE<br />
BITCOINS FÜR<br />
BANKSY-WERK<br />
Premiere im Auktionssaal: Sotheby’s versteigerte in New York ein<br />
Werk des Künstlers Banksy und nahm dafür Bitcoins und Ether als<br />
Zahlungsmittel entgegen. Damit konnte erstmals ein physisches<br />
Leinwandgemälde gegen Zahlung von Kryptowährungen den Besitzer<br />
wechseln. Das Bild „Love is in the Air“ zeigt einen Mann mit Blumenstrauß<br />
in der Hand, der mit der anderen Hand zum Wurf ansetzt.<br />
Spaß und Faszination – diese zwei Beweggründe<br />
treiben die meisten Sammler<br />
dazu, in gebrauchte Luxusuhren zu<br />
investieren. Nach einer Umfrage des<br />
Gebrauchtuhrenhändlers Watchmaster<br />
sind für knapp 90 Prozent der Befragten<br />
diese Aspekte ausschlaggebend bei der<br />
Kaufentscheidung, 38 Prozent hingegen<br />
betrachten das Anlagepotenzial einer<br />
Uhr als den wichtigsten. Dabei sind die<br />
Käufer in zwei Lager gespalten: Der eine<br />
Teil erhofft sich eine Preisersparnis<br />
gegenüber dem Erwerb einer neuen Uhr,<br />
der andere sucht gezielt nach älteren<br />
Modellen, die nicht mehr produziert werden<br />
– und gibt dafür gern mehr als den<br />
ursprünglichen Verkaufspreis aus.<br />
Grünes Investment liegt im Trend:<br />
Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts<br />
YouGov ist<br />
Nachhaltigkeit bei der Altersvorsorge<br />
mittlerweile für jeden Dritten<br />
genauso wichtig wie die Rendite. So<br />
waren 34 Prozent der Befragten dieser<br />
Ansicht, 11 Prozent empfanden<br />
die nachhaltigen Aspekte bei der<br />
Altersvorsorge sogar als vorrangig.<br />
Der Aufklärungsbedarf ist trotzdem<br />
groß: Die Hälfte der Umfrageteilnehmer<br />
gab an, keine nachhaltigen<br />
Altersvorsorgemöglichkeiten zu<br />
kennen. Nur 6 Prozent waren<br />
beispielsweise Fondsrentenversicherungen<br />
ein Begriff, die nachhaltige<br />
Kriterien bei der Kapitalanlage<br />
berücksichtigen.<br />
Nachhaltigkeit<br />
genauso wichtig<br />
wie Rendite<br />
12 <strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21
Immobilieninvestments<br />
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PANORAMA Leserbriefe<br />
KOMMENTIERT<br />
»Täglich grüßt der Provisionsdeckel«<br />
Nach langem Zittern konnten viele Vermittler<br />
vor Kurzem endlich aufatmen: Der Provisionsdeckel<br />
kommt nun ausschließlich für<br />
die Restschuldversicherung. Noch während<br />
der Beschlussdebatte im Bundestag hatte<br />
der finanzpolitische Sprecher der SPD-<br />
Fraktion, Lothar Binding, aber erneut eine<br />
Vergütungsobergrenze für die gesamte<br />
Lebensversicherung als Ziel der Sozialdemokraten<br />
genannt. Auch wenn das Projekt<br />
erst einmal abgeschmettert wurde, wird<br />
man bei der SPD nicht müde, den Provisionsdeckel<br />
zu fordern. Das hatte jüngst auf<br />
einer BaFin-Veranstaltung auch Jörg Kukies,<br />
Staatssekretär im Bundesfinanzministerium,<br />
getan, und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz<br />
wetterte kürzlich öffentlich gegen zu hohe<br />
Vermittlerprovisionen. Unter den <strong>procontra</strong>-<br />
Lesern finden sich aber offenbar unterschiedliche<br />
Sichtweisen auf den Deckel.<br />
Besser wär’s, wenn jeder Politiker eine<br />
Vermögensschadenversicherung abschließen<br />
müsste, um Schaden vom Steuerzahler zu<br />
nehmen. Wenn man so auf Deckel steht,<br />
dann am besten mit einem Deckel für die<br />
Versicherungssumme, damit der Betreffende<br />
auch noch privat haftet.<br />
ROLAND GRIMM<br />
via Facebook<br />
Wohl dem, der einen großen Sach-Bestand<br />
hat. Je weniger Vermittler auf hohe Abschlusscourtagen<br />
angewiesen sind, desto<br />
besser für den Kunden. Denn nichts ist<br />
schlimmer als ein hungriger Versicherungsverkäufer,<br />
nicht mal Gebrauchtwagenhändler.<br />
Ich bin zwar gegen solche Eingriffe<br />
seitens der Politik, aber dieser würde mich<br />
nicht schmerzen.<br />
CHRISTOPH KÖRNER<br />
via Facebook<br />
»Unsinnige Mikro-BU?«<br />
Laut einer Auswertung der Ratingagentur<br />
Morgen & Morgen haben 41 Prozent der Inhaber<br />
einer Berufsunfähigkeitsversicherung<br />
eine monatliche BU-Rente zwischen 501 und<br />
1.000 Euro abgesichert. Aber wie kommen so<br />
kleine BU-Renten zustande, und machen sie<br />
überhaupt Sinn?<br />
Ich treffe auch immer wieder auf Kunden,<br />
1<br />
2<br />
3<br />
4<br />
5<br />
TOP 5 DER AUSGABE<br />
+++KLICKVERDÄCHTIG+++<br />
Die beliebtesten Artikel auf <strong>procontra</strong>-online<br />
BÜRGERVERSICHERUNG<br />
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STECKER ZIEHEN ODER FRISCHZELLENKUR?<br />
Entscheidung um Dauerpatienten Riester naht.<br />
die eine Mikro-BU in einer betrieblichen<br />
Altersvorsorge haben. Dann stocke ich zum<br />
Beispiel nur auf. Das ist hier mit Sicherheit<br />
nicht berücksichtigt.<br />
TIM WOLFF<br />
via Facebook<br />
»Verbraucherschützer vs. Riester-Rente«<br />
Mitte Mai forderten verschiedene Verbraucherschutzorganisationen<br />
die endgültige<br />
Abschaffung der Riester-Rente. BdV-Sprecher<br />
Axel Kleinlein nannte diese im <strong>procontra</strong>-Interview<br />
kostenintensiv, intransparent<br />
und ineffizient. Wie die Deutschen alternativ<br />
vorsorgen sollten, dafür nannte er viele<br />
Optionen, etwa ETFs, Immobilien oder einen<br />
Sparplan. Einig sind sich die verschiedenen<br />
Verbraucherschützer dabei aber noch nicht.<br />
Halten wir mal fest: Herr Kleinlein führt<br />
einen persönlichen Krieg gegen die Riester-<br />
Rente. Er hat keine konkrete Idee, was<br />
er genau besser machen will, da ja jeder<br />
individuell ist. Er will offenbar ganz vielen<br />
Menschen eine hervorragende Möglichkeit,<br />
Vorsorge zu betreiben, nehmen.<br />
FLORIAN REX<br />
via Facebook<br />
14 <strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21
Leserbriefe PANORAMA<br />
»Auch in 2022 noch Riester vermitteln«<br />
Durch die Absenkung des Höchstrechnungszinses<br />
per 1. Januar 2022 steht die Riester-<br />
Rente tatsächlich noch vor einer ungewissen<br />
Zukunft. Durch die Abschaffung der<br />
gesetzlich vorgeschriebenen vollständigen<br />
Garantie der eingezahlten Beiträge wäre ein<br />
wichtiger Schritt getan. Doch hier zeigt sich<br />
die Bundesregierung bislang unbeweglich.<br />
Steht das Ende der Riester-Rente bevor?<br />
Nein, das wird nicht das Ende der Rentenversicherung,<br />
nicht einmal das Ende der Riester-Rente<br />
sein. Selbst wenn die seit Langem<br />
erwartete Reform noch auf sich warten lässt,<br />
gibt es Mittel und Möglichkeiten, auch in<br />
2022 Riester-Renten vermitteln zu können.<br />
JOACHIM HAID<br />
via Facebook<br />
»Brauchen wir über 100 Krankenkassen?«<br />
Bündnis 90/Die Grünen liegen derzeit in<br />
der Wählergunst ganz vorne. Im Falle einer<br />
Regierungsbeteiligung will die Partei ihre<br />
Vorstellung einer Bürgerversicherung voran-<br />
bringen: Alle Menschen, also auch Beamte<br />
und Selbstständige, sollen einkommensabhängig<br />
in einen solidarischen Gesundheitsfonds<br />
einzahlen, aus dem wiederum jeder<br />
eine gleich hohe Pauschale für seinen<br />
individuellen GKV-Beitrag erhält. Wer will,<br />
kann dann zusätzlich noch in die PKV.<br />
»Wer Sicherheit sucht,<br />
verzichtet freiwillig<br />
auf Chancen.«<br />
KROS SO, VIA FACEBOOK<br />
Für junge und gesunde Menschen ist die<br />
PKV durchaus die bessere Wahl – aber was<br />
ist mit alten, kranken? Wieso gibt es eine<br />
Zweiklassenmedizin? Warum brauchen wir<br />
über 100 gesetzliche Krankenkassen? Haben<br />
Sie mal geguckt, was die jeweiligen Vorstände<br />
verdienen? Ich denke, andere europäische<br />
Länder machen es vor: Eine Grundversorgung<br />
und jeder kann private Zusatzversicherungen<br />
abschließen.<br />
MELANIE-CONSTANZE GEHNICH<br />
via Facebook<br />
Wem soll das irgendwas bringen? Dem<br />
Gesundheitssystem würden enorme Beträge<br />
fehlen. Mit der Folge, dass Reiche ihre<br />
Behandlungen einfach so zahlen und manche<br />
Ärzte nur noch so abrechnen. Statt „privat<br />
und alle Kassen“. Auf ihren Termin warten<br />
dann alle Mitglieder der neuen Einheitskasse<br />
mal länger. Für niemanden bringt das<br />
irgendeinen Vorteil!<br />
SABINE BEEKER<br />
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15
TITEL bAV<br />
16 Illustration: Roman Kulon
AV TITEL<br />
DURCHBRUCH ODER PFLICHT<br />
Das erste Sozialpartnermodell steht. Doch ist das wirklich der gewünschte Verbreitungsturbo<br />
oder drohen neue Gefahren für die bAV? Für Makler scheint die Balance<br />
zwischen Beratung und Vergütung noch nicht zu stimmen.<br />
– TEXT: DETLEF POHL, MATTHIAS HUNDT –<br />
Das Betriebsrenten-Stärkungsgesetz<br />
(BRSG) offenbart seinen Charme erst auf<br />
den zweiten Blick. Knapp zweieinhalb<br />
Jahre nach dem Start sehen Arbeitgeber,<br />
Berater und Produktgeber sich insbesondere<br />
in zwei Punkten herausgefordert, für<br />
die das Gesetz die Richtung vorgibt: Zum<br />
einen werden Geringverdiener besser in<br />
der betrieblichen Altersversorgung (bAV)<br />
staatlich gefördert und Arbeitgeber geben<br />
generell einen verpflichtenden Zuschuss<br />
für Entgeltumwandlungsvereinbarungen<br />
dazu – für neue Vereinbarungen bereits seit<br />
2019, für alle älteren Entgeltverträge ab<br />
2022. Zum anderen ist der lange angekündigte<br />
erste Abschluss des tariflich zu organisierenden<br />
Sozialpartnermodells (SPM) fertig.<br />
Das Modell einer reinen Beitragszusage<br />
(rBZ), das auf Garantien für Arbeitnehmer<br />
und Haftung des Arbeitgebers für die Zusage<br />
zugunsten einer höheren Zielrente verzichtet,<br />
soll am 1. Juli im Vertrieb starten.<br />
„Mit dieser Blaupause wird es leichter,<br />
weitere Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften<br />
vom Zielrentenkonzept zu<br />
überzeugen“, hofft Lars Golatka, Bereichsvorstand<br />
bAV bei Zurich und zugleich verantwortlich<br />
für „Die Deutsche Betriebsrente“.<br />
Das gemeinsame SPM-Konsortium von<br />
Zurich und Talanx setzt die Zielrenten-Lösung<br />
von Talanx und der Dienstleistungsgewerkschaft<br />
ver.di auf Grundlage eines<br />
kapitalmarktbasierten Pensionsfonds um.<br />
„Gegenüber klassischen bAV-Garantierenten<br />
gibt es eine etwa doppelt so hohe Zielrente<br />
für jeden Beschäftigten“, verspricht<br />
Fabian von Löbbecke, bei Talanx Vorstand<br />
für bAV und zugleich mitverantwortlich für<br />
„Die Deutsche Betriebsrente“. Es zeige sich<br />
bei Simulationen, dass die Zielrenten planmäßig<br />
erreicht wurden. Die Simulationen<br />
erfolgten auf Basis realer Investments, denn<br />
Talanx hat bereits 100 Millionen Euro in<br />
den Pensionsfonds eingespeist. „Der Mix<br />
aus je 50 Prozent Aktien und Renten brachte<br />
in zweieinhalb Jahren 20 Prozent Rendite“,<br />
so von Löbbecke.<br />
»Ein SPM ist nicht<br />
auf den klassischen<br />
Vertrieb von Finanzdienstleistungen<br />
ausgerichtet.«<br />
MICHAEL HOPPSTÄDTER, LONGIAL<br />
WELCHEN EFFEKT ENTFALTET DAS ERSTE SPM?<br />
Dieser Schritt impliziert die Grundfrage: Ist<br />
das SPM nun der Durchbruch für die bAV?<br />
Oder zumindest die Zündung der zweiten<br />
Stufe für die neue bAV, die tendenziell<br />
immer mehr auf Garantien verzichtet und<br />
stattdessen mit rentierlicherer Kapitalanlage<br />
nachhaltige Betriebsrenten produziert?<br />
Die Antwort kann für Berater schmerzhaft<br />
sein, wenn die Fallstricke bei der Garantie<br />
nicht politisch entwirrt und zudem die<br />
Vergütung bei der rBZ nicht geklärt wird.<br />
Im Moment ist die Zurückhaltung aller<br />
Akteure greifbar. In der Versicherungsbranche<br />
sehen lediglich 29 Prozent der LV-Vorstände<br />
und bAV-Verantwortlichen große<br />
Marktbedeutung für das SPM in den nächsten<br />
fünf Jahren. Wie aus einer bAV-Studie<br />
der Unternehmensberatung Deloitte und<br />
von V.E.R.S. Leipzig weiter hervorgeht, sehen<br />
87 Prozent der Befragten für die „alte<br />
bAV“ unveränderte oder gar steigende<br />
Relevanz. Beide bAV-Welten würden auf<br />
absehbare Zeit parallel bestehen bleiben.<br />
„Viele Anbieter sind trotz der noch gerin-<br />
gen Marktbedeutung des SPM überzeugt,<br />
dass auf die erste Vereinbarung weitere folgen<br />
werden – nicht zuletzt auch wegen der<br />
Finanzierbarkeit langjähriger Garantien“,<br />
sagt Klaus Friedrich, Mitglied der Deloitte<br />
Pension Experts.<br />
Dennoch haben sich mehrere Anbieter,<br />
einzeln oder als Konsortien, für Sozialpartnermodelle<br />
aufgestellt (siehe Tabelle).<br />
Dabei werden Pensionsfonds als Favoriten<br />
gehandelt, aber auch spezielle Direktversicherungen<br />
sind dabei. Fragt man nach der<br />
Zahl der Abschlüsse, wird es jedoch auch<br />
im Mai <strong>2021</strong> noch ganz ruhig. Im „Rentenwerk“<br />
gibt es noch keine Abschlüsse für<br />
die fondsgebundene Direktversicherung,<br />
ebenso beim Genossenschaftsverbund, der<br />
Sparkassen-Finanzgruppe, der „Initiative<br />
Vorsorge“ und der Signal Iduna Gruppe,<br />
die schon seit Mitte 2018 eine Direktversicherung<br />
ohne Garantien parat hält.<br />
Wie weit man konkret vom Abschluss entfernt<br />
ist und woran es hakt, wollte <strong>procontra</strong><br />
von den Anbietern wissen. Die meisten<br />
hielten sich bedeckt. Marktführer Allianz<br />
verweist auf die Tarifvertragsparteien, die<br />
„wir auf Wunsch sehr gerne mit einem Angebot<br />
unterstützen“, so Sprecher Franz Billinger.<br />
Für den nachhaltigen Erfolg müssten<br />
die „Besonderheiten der jeweiligen Branche<br />
und die Ausrichtung sowie Schwerpunkte<br />
der jeweiligen Sozialpartner nicht nur zu<br />
Beginn, sondern insbesondere auch bei<br />
Weiterentwicklungen über Jahrzehnte umfassend<br />
reflektiert werden“, führt Billinger<br />
aus. Eher zwischen den Zeilen klingt durch,<br />
dass die Allianz so kleinteiliges Geschäft für<br />
eine eher gering verdienende Klientel nicht<br />
in großem Stil anfassen will und damit ganz<br />
weit weg von einem SPM-Abschluss ist. Die<br />
langjährige Mitarbeit in bAV-Konsortien<br />
wie Metall- und KlinikRente wirft offenbar<br />
auch so genug Geschäft ab. Axa gibt unumwunden<br />
zu, sich aktuell auf die „alte“<br />
<strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21<br />
17
TITEL bAV<br />
bAV zu konzentrieren, aber den Markt<br />
zum SPM „regelmäßig zu evaluieren“, wie<br />
eine Sprecherin betont.<br />
Einzig beim Bankhaus Metzler, das 2018<br />
eigens den Metzler Sozialpartner Pensionsfonds<br />
aufgelegt und nicht-versicherungsförmig<br />
ausgestaltet hat, scheint sich etwas<br />
zu bewegen. „Wir stehen mit einem Unternehmen<br />
in fortgeschrittenen, noch vertraulichen<br />
Gesprächen“, berichtet Christian<br />
Remke, Geschäftsführer der Metzler<br />
Pension Management. „Abschlüsse zum<br />
SPM ziehen sich auch deswegen hin, weil<br />
sich mehrere Parteien mit zum Teil gegenläufigen<br />
Interessen auf ein gemeinsames<br />
Vertrags- und Regelwerk einigen müssen“,<br />
erläutert Remke.<br />
ZIELRENTE ALS LÖSUNG?!<br />
Kein Wunder: Arbeitnehmern wird statt<br />
einer garantierten Beitragszusage mit<br />
Mindestleistung (BZML) lediglich eine<br />
Zielrente zugesagt. Im Gegenzug werden<br />
Arbeitgeber von der Mithaftung für die<br />
Garantie befreit („pay and forget“). Solche<br />
Zielrentensysteme („defined ambition“)<br />
gab es hierzulande noch nicht. Mit der Zielrente<br />
gehen Rechte und Pflichten des Arbeitgebers<br />
auf den Versorgungsträger über,<br />
an dessen Steuerung sich die Tarifpartner<br />
beteiligen müssen. Damit tun sich vor allem<br />
die Gewerkschaften schwer, die lange vor<br />
dem Reputationsrisiko zurückschreckten<br />
und negatives Echo bei ihren Mitgliedern<br />
fürchten, wenn die Zielrenten nicht erreicht<br />
werden. Mit Blick auf den gemeinsamen<br />
SPM-Haustarif hat Talanx diese Vorbehalte<br />
bei ver.di ausgeräumt. Durchführung<br />
und Steuerung seien von ver.di intensiv<br />
geprüft worden. „Es gibt keine Ablösung<br />
oder Verschlechterung bereits bestehender<br />
Zusagen für Talanx-Mitarbeiter durch das<br />
neue SPM“, erklärt ver.di-Expertin Martina<br />
Grundler (siehe Interview). Das SPM<br />
werde jedoch nur für die Entgeltumwandlung<br />
genutzt.<br />
Doch wie sieht es mit dem SPM in aktuellen<br />
Tarifverhandlungen aus? „Die Metallindustrie<br />
ist beim SPM zurückhaltend, da<br />
unsere Tarifverhandlungen auf Zukunftssicherung<br />
und Beschäftigung in der Pandemie-Krise<br />
zielen“, erklärte Karsten Tacke,<br />
»Minimale Abschlusskosten vorgesehen«<br />
FABIAN VON LÖBBECKE, Talanx-Vorstand für bAV und mitverantwortlich für „Die Deutsche Betriebsrente“, die gemeinsame bAV-Marke von Zurich und Talanx<br />
<strong>procontra</strong>: Sie betonen, dass das Sozialpartnermodell<br />
nicht ohne Beratung auskommt, aber<br />
mit sehr niedrigen Kosten. Sollen Berater gratis<br />
arbeiten?<br />
Fabian von Löbbecke: Sie sollen angemessen<br />
bezahlt werden. Provision und genaue Leistung<br />
sind im Rahmen der Tarifvertragsverhandlungen<br />
frei verhandelbar. Sicherlich werden dort hohe<br />
Kollektivstufen zum Einsatz kommen. Durch die<br />
großenteils digitale Informationsbeschaffung<br />
und Abwicklung erwarte ich einen deutlich<br />
geringeren Aufwand für den Makler, zumindest<br />
im Durchschnitt über das Kollektiv.<br />
<strong>procontra</strong>: Prozessgesteuerte Software für das<br />
Kundengespräch und digitale Abwicklung vom<br />
Antrag zur Unterschrift ersetzen Berater nicht?<br />
von Löbbecke: Nein, wir geben Talanx-Mitarbeitern<br />
auch die Möglichkeit, sich an verschiedenen<br />
Stellen zu informieren und persönlich<br />
beraten zu lassen. Dabei nutzen wir die Expertise<br />
im Haus, beteiligen uns dadurch direkt an<br />
den Beratungskosten. Die tarifären Kosten für<br />
Arbeitnehmer haben wir deshalb minimalistisch<br />
angesetzt.<br />
<strong>procontra</strong>: Die eingeschränkte Vergütung bei der<br />
alten bAV wird ja durch Masse und Folgegeschäft<br />
beim Arbeitgeber kompensiert. Soll das<br />
beim SPM auch so laufen?<br />
von Löbbecke: Ja, auch im SPM kann im besten<br />
Fall über einen oder gleich mehrere Arbeitgeber<br />
eine gleichgerichtete Versorgung beraten werden.<br />
Mitarbeiter können sich auch gegen das<br />
SPM und für die alte bAV entscheiden. Crossund<br />
Upselling bleiben vom SPM völlig unberührt.<br />
<strong>procontra</strong>: Wie sind Beratung und Vergütung<br />
konkret beim Tarifabschluss von Talanx mit<br />
ver.di geregelt worden?<br />
von Löbbecke: Vereinbart ist eine E-Beratung<br />
durch Live-Webinare. Zudem erlaubt ein Arbeitnehmerportal<br />
individuelle Berechnungen. Fragen<br />
an ein Postfach werden von einem Expertenteam<br />
persönlich beantwortet. Die Tarife sehen<br />
minimale Abschlusskosten vor, als Prozentsatz<br />
des Zahlbeitrages, aber ohne interne/externe<br />
Provision.<br />
<strong>procontra</strong>: Die reine Beitragszusage ist angesichts<br />
unhaltbarer Garantien bei der BZML<br />
alternativlos. Verstehen Sie, warum das BMF<br />
keine Lockerung anschiebt?<br />
von Löbbecke: Im Zuge der Rechnungszinssenkung<br />
ab 2022 wäre eine 80-Prozent-Garantie<br />
folgerichtig gewesen. Die Branche wird deshalb<br />
beitragsorientierte Leistungszusagen vor dem<br />
Kontext historisch niedriger Zinsen neu interpretieren<br />
und sicherlich ausweiten.<br />
<strong>procontra</strong>: Warum hat es im ersten SPM-Anlauf<br />
nicht zu einem Branchentarifvertrag für die<br />
Versicherungsbranche gereicht?<br />
von Löbbecke: Viele Versicherer scheinen im<br />
Rahmen ihrer eigenen Konzernverantwortung<br />
nicht auf das SPM zu setzen, sondern die klassischen<br />
Wege zu präferieren, da es gewachsene<br />
bAV-Strukturen gibt. Eine Branchenlösung<br />
hätte zudem bedeutet, ein Riesenkonsortium<br />
über viele Versicherer zu bilden. Ich bin froh,<br />
dass wir an vielen Stellen einfach nur für Talanx<br />
und Zurich verhandeln konnten. Das hat vieles<br />
einfacher gemacht.<br />
18 Foto: Christian Daitche
AV TITEL<br />
Hauptgeschäftsführer von Pfalz-Metall,<br />
schon Ende letzten Jahres. Der Tarifabschluss<br />
bei Metall/Elektro wird immer noch<br />
verhandelt. Arbeitgeberbeiträge für das<br />
SPM müssten erst einmal verdient werden.<br />
„Aktuell gibt es dafür aber keinen Verfügungsrahmen“,<br />
so Tacke. „Das SPM steht<br />
nicht oben auf der Agenda neuer Tarifverhandlungen“,<br />
bestätigt Kerstin Schminke,<br />
Tarifexpertin der IG Metall. Ähnliches ist<br />
aus anderen Branchen zu hören. Dennoch<br />
sieht Judith Kerschbaumer, Bereichsleiterin<br />
Sozialpolitik bei ver.di, gute Chancen<br />
für weitere Abschlüsse. Bei ver.di sei ein<br />
SPM-Branchentarifvertrag für die Energiewirtschaft<br />
gemeinsam mit der Industriegewerkschaft<br />
Bergbau, Chemie, Energie in<br />
der Pipeline.<br />
Objektiv dürfte der Zulauf zur rBZ nur<br />
noch eine Frage der Zeit sein, denn das Garantieniveau<br />
für Neuverträge in der bAV<br />
muss angesichts der anhaltenden Niedrigzinsen<br />
weiter reduziert werden. „Die rBZ<br />
ist in nahezu allen Ländern die gewünschte<br />
Versorgungsform, an der mittelfristig auch<br />
bei uns kein Weg vorbeiführt“, bestätigt<br />
Michael Hoppstädter, Geschäftsführer des<br />
Pensionsberaters Longial. Aus seiner Sicht<br />
ist für das SPM die Tarifbindung das größte<br />
Hindernis. „Wenn es gelingt, die Tarifbindung<br />
für die rBZ zu durchbrechen, wird es<br />
einen Run geben und womöglich viele<br />
ABSCHLÜSSE WEITER MANGELWARE<br />
Anbieter und Konsortien haben Angebote für Sozialpartner entwickelt.<br />
ANBIETER WEG AUFTRITT AKTUELLE UMSETZUNG<br />
R+V/Union Pensionsfonds solo „aktuell nichts Neues“<br />
Signal Iduna Direktversicherung solo „Abschluss gibt es bis heute nicht“<br />
Das Rentenwerk 1 Direktversicherung Konsortium „keine Abschlüsse“<br />
Die Deutsche Betriebsrente 2 Pensionsfonds Konsortium ab 1.7.: Talanx/ver.di; geplant: Energiebranche/<br />
ver.di; Bankenbranche/ver.di)<br />
Initiative Vorsorge 3 Direktversicherung Konsortium „noch kein Abschluss“<br />
S-Pensionsmanagement 4 Pensionsfonds Verbundlösung „noch kein Tarifabschluss“<br />
Bankhaus Metzler Pensionsfonds solo „fortgeschrittene Gespräche mit<br />
einem Unternehmensverband“<br />
1<br />
Debeka, Gothaer, Barmenia, Stuttgarter, Huk-Coburg; 2 Zurich, Talanx; 3 Alte Leipziger, LV 1871, Neue Bayerische Beamten, Volkswohl Bund;<br />
4<br />
Verbundlösung öffentlich-rechtlicher Anbieter (Sparkassen, Provinzial Versicherung, DekaBank) Quelle: <strong>procontra</strong>, Unternehmensangaben; Stand: Mai <strong>2021</strong><br />
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<strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21<br />
19
TITEL bAV<br />
Stagnation oder stabiles Wachstum?<br />
Reformen nur mit geringem Effekt auf die Vertragsanzahl<br />
8,08<br />
2002<br />
Rechtsanspruch auf<br />
Entgeltumwandlung<br />
9,24<br />
10,46<br />
2005<br />
Abschaffung der Pauschalbesteuerung<br />
(§ 40b EStG) im Zuge des<br />
Alterseinkünftegesetzes<br />
10,87<br />
Zulassung nicht-versicherungsförmiger<br />
Pensionsfonds<br />
(VAG-Novelle)<br />
Wertgleiche Mitnahme der bAV<br />
bei Jobwechsel (Portabilität)<br />
11,46<br />
11,85<br />
12,35<br />
2018<br />
BRSG tritt in Kraft (samt<br />
Geringverdienerförderung und<br />
Erlaubnis reiner Beitragszusage,<br />
z. B. für Sozialpartnermodell)<br />
12,77<br />
13,21<br />
13,81<br />
2019<br />
AG-Zuschuss für Neuverträge<br />
der Entgeltumwandlung<br />
14,47 14,74 15,04 15,30 15,44<br />
2020<br />
Aufnahme von Pensionskassen<br />
in Pensionssicherungsverein<br />
15,78<br />
16,10 16,25<br />
2022<br />
AG-Zuschuss für Altverträge der<br />
Entgeltumwandlung (vor 2019)<br />
2002 20<strong>03</strong> 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 <strong>2021</strong> 2022<br />
Pensionsfonds Pensionskassen Rückdeckungsversicherungen Direktversicherungen<br />
Vertragsbestand in Millionen<br />
Quelle: GDV<br />
Vorteile in Form höherer Renten für<br />
Arbeitnehmer“, prophezeit Hoppstädter.<br />
Überall auf der Welt sonst treffen Arbeitgeber<br />
und Arbeitnehmer ohne die Gewerkschaften<br />
Vereinbarungen zur bAV, bei denen<br />
nur die Beiträge festgelegt werden.<br />
BAV IN DEUTSCHLAND ZU KOMPLEX<br />
Hierzulande ist nicht nur die rBZ kompliziert.<br />
Generell müssten die gesetzlichen<br />
Rahmenbedingungen für Altersvorsorge an<br />
die Niedrigzinsperiode angepasst werden.<br />
Nach langem Hin und Her im BMF wird<br />
der Höchstrechnungszins für Neuverträge<br />
in der Lebensversicherung und damit praktisch<br />
auch für die versicherungsförmigen<br />
bAV-Wege ab 2022 auf 0,25 Prozent gesenkt.<br />
Dabei wurde offenbar vergessen, die<br />
Pflicht zur 100-Prozent-Beitragsgarantie<br />
in der BZML der bAV sowie bei der privaten<br />
und betrieblichen Riester-Rente aufzuheben.<br />
„Bei einem so niedrigen Zins ist<br />
der Beitragserhalt selbst ohne Ansatz von<br />
Abschluss- und Vertriebskosten nicht mehr<br />
möglich“, begründet Henriette Meissner,<br />
Geschäftsführerin der Stuttgarter Vorsorge-<br />
Management, die nötige Änderung. Eine<br />
Chance auf Werterhalt und damit einen<br />
Richtwert für eine angemessene Garantie<br />
gibt es laut einer ifa-Studie im Bereich von<br />
70 bis 80 Prozent. Justiert das BMF nicht<br />
nach, „gibt es bald am Markt vermutlich<br />
keine Riester-Rente sowie keine BZML<br />
mehr“, meint Guido Bader, Vorstand der<br />
Deutschen Aktuarvereinigung (DAV).<br />
Doch anders als bei der Corona-Pandemie<br />
scheint die Politik nicht auf die Fachleute<br />
hören zu wollen. Das BMF sieht „keinen<br />
Regelungsbedarf“. Das passt weder zur<br />
versprochenen Riester-Reform noch zur<br />
politisch artikulierten weiteren bAV-Stärkung.<br />
Derweil ziehen sich Riester-Anbieter<br />
auf breiter Front zurück. Die Anbieter dürften<br />
auf die beitragsorientierte Leistungszusage<br />
(BOLZ) und die Entgeltumwandlung<br />
ausweichen. „Da gibt es keine gesetzlichen<br />
Vorgaben für eine Mindestleistung wie bei<br />
der BZML“, erläutert Rechtsanwalt Theodor<br />
Cisch von der Kanzlei Förster & Cisch.<br />
Für die BZML würde auch ein Obligatorium<br />
zur Teilnahme an der bAV nicht helfen,<br />
weil Arbeitnehmer damit in ein System<br />
mit aktuellen Renditen auf Festgeldniveau<br />
gezwungen würden, die ohne staatliche<br />
Förderung sogar zum Verlust des Einsatzes<br />
führen. Ein Obligatorium könnte für die<br />
rBZ jedoch passen, wenn man das Potenzial<br />
von Aktien anzapft. „Dazu muss Deutschland<br />
ein Ansparverfahren mit Aktien einführen“,<br />
fordert Christine Bortenlänger,<br />
Vorstand des Deutschen Aktien-Instituts<br />
(DAI). Das Ansparverfahren sollte um eine<br />
Opt-out-Regelung und eine kostengünstige,<br />
privatwirtschaftlich organisierte Standardlösung<br />
ergänzt werden, schlägt sie vor. Damit<br />
greift der DAI-Vorschlag nicht zuletzt<br />
in die bAV ein. „Ich bin strikt gegen ein<br />
Obligatorium und staatliche Fonds“, hält<br />
aba-Vorstandschef Georg Thurnes entgegen<br />
(siehe Kommentar). Zudem würde die<br />
Organisation über einen öffentlich-rechtlichen<br />
Träger keinen dauerhaft sicheren Zugriffsschutz<br />
vor dem Staat gewährleisten,<br />
fürchtet Thurnes.<br />
WEM GEHÖRT DIE BAV-ZUKUNFT?<br />
Die Zukunft gehört zweifellos beitragsorientierten<br />
Zusagen und reinen Beitragszusagen<br />
– zumindest theoretisch. Denn<br />
praktisch boomt noch immer die klassische<br />
bAV, auch bAV I genannt, deren Historie<br />
durch das BRSG auf die moderne Zeit umschwenkt.<br />
Ob das so bleibt, hängt ganz entscheidend<br />
von der Abkehr von der 100-Prozent-Garantie<br />
ab. Ansonsten hat die Politik<br />
mit dem BRSG den Rahmen großzügig verbessert<br />
und Beratern gleich drei Türen für<br />
Beratungsanlässe aufgestoßen: die großzügige<br />
Förderung von Geringverdienern, der<br />
verpflichtende Arbeitgeberzuschuss von<br />
15 Prozent – ab 2022 dann auch für alle<br />
Bestandsverträge. Beispiel Geringverdiener:<br />
Hier ist Mitte 2020 die Einkommensgrenze<br />
20 <strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21
AV TITEL<br />
noch angehoben worden, damit Arbeitnehmer mit geringem<br />
Einkommen bei Lohnerhöhungen nicht so schnell aus dem<br />
Kreis der Begünstigten herauswachsen. „Kern der Förderung<br />
sind drei Punkte im Paragrafen 100 EStG“, erklärt Meissner:<br />
Der maximale bAV-Förderbetrag wurde auf 288 Euro<br />
verdoppelt und durch Anhebung der Steuerfreistellung der<br />
Arbeitgeberbeiträge in gleicher Höhe flankiert. Die förderfähige<br />
Einkommensgrenze stieg 2020 von 2.200 auf 2.575 Euro<br />
monatlich. Dies hilft Maklern, das oft genannte Argument zu<br />
entkräften, man habe kein Geld für die Altersvorsorge.<br />
OHNE BERATUNG DROHT VERSORGUNGSLÜCKE<br />
Durch das BRSG kommt der Vermittler wieder mehr zum<br />
Zuge. Das ist beim SPM nicht sicher. Zwar betonen alle Experten,<br />
dass eigentlich mehr Beratung bei einer Zielrente nötig ist,<br />
doch der Bundesarbeitsminister meint: „Wir brauchen mehr<br />
Systeme ohne Gewinnerzielungsabsicht und dadurch mit besserer<br />
Versorgung“, so Hubertus Heil. Er hofft, dass es ohne<br />
Beratung abgeht. Talanx-bAV-Chef Fabian von Löbbecke hält<br />
das für einen Irrglauben, wie sich auch am Talanx-SPM zeigt.<br />
Er fürchtet zudem, dass „die meisten Arbeitnehmer ohne Beratung<br />
nur den Mindestbetrag, den die Tarifparteien aushandeln,<br />
sparen werden und damit eine große Versorgungslücke<br />
bleibt“. Das hat man beim SPM mit ver.di im Blick gehabt,<br />
will aber zugleich durch kostengünstiges Herangehen hohe<br />
Renditen schaffen. „Berater sollen dennoch angemessen bezahlt<br />
werden“, sagt von Löbbecke gegenüber <strong>procontra</strong> (siehe<br />
Interview). Da ohnehin nur Kollektivstufen in der bAV üblich<br />
sind, kann der Berater innerhalb des Tarifvertrages wohl nur<br />
durch individuelle Beratung von Arbeitnehmern zum Zuge<br />
kommen. Und die müsste wie bisher auch der Arbeitgeber bezahlen,<br />
was kleine Firmen aber scheuen. Zum Glück für Makler<br />
betrifft das SPM bei Talanx nur die Entgeltumwandlung.<br />
Die „alte“ bAV bleibt bei Talanx weiter in der U-Kasse.<br />
Die Unsicherheit bei der SPM-Vergütung sieht auch Longial-Chef<br />
Hoppstädter. „Wer als Berater den Arbeitgeber begleitet,<br />
erhält dafür eine Vergütung.“ Wenn aber Arbeitnehmer<br />
zu dem Angebot Fragen haben und beraten werden möchten,<br />
werde es schwierig. „Ein SPM ist nicht auf den klassischen<br />
Vertrieb von Finanzdienstleistungen ausgerichtet“, bringt<br />
Hoppstädter es auf den Punkt. „Informationen werden wohl<br />
Onlineportale liefern, Beratung im Zweifel Personalabteilungen,<br />
Betriebsräte und Gewerkschaftsbüros bieten müssen.“<br />
Der Vermittler werde für seine Unterstützung nicht vergütet<br />
werden, fürchtet der Pensionsberater.<br />
Digitale Lösungen können den Aufwand in der Beratung<br />
merklich verringern. Daher lohnt es für Makler, die Entwicklung<br />
digitaler Plattformen hautnah zu verfolgen. Günstig: Bei<br />
einigen Portalen wie Xempus (ehemals xbAV) können nicht<br />
nur bAV-Verträge eines Anbieters verwaltet werden, sondern<br />
die aller gewünschten Gesellschaften. Diesen Schritt ging<br />
kürzlich das nach Xempus zweitstärkste bAV-Verwaltungsportal<br />
„Firmen-Online“ der Allianz. „Grundsätzlich ist die<br />
bAV-Verwaltung Sache des Arbeitgebers“, betont Xempus-<br />
Vorstandschef Martin Bockelmann. Viele Arbeitgeber wollen<br />
über ein solches Portal alle bAV-Verträge ihrer Mitarbeiter<br />
bei allen Anbietern einsehen, sind aber meist nicht be-<br />
Obligatorium?<br />
Nein danke!<br />
Kommentar von DR. GEORG THURNES, Vorsitzender der aba –<br />
Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung<br />
Der Ruf nach einem Betriebsrenten-Obligatorium wird lauter. Man<br />
will das Grundprinzip der Freiwilligkeit der bAV streichen und<br />
übersieht, dass so Unternehmen und Tarifpartnern die Motivation<br />
für „überobligatorische“, unternehmens- oder branchenspezifische<br />
bAV-Systeme genommen wird? Betriebsrenten verkommen<br />
zum Einheitsbrei, dessen Konsistenz aufwendig überwacht wird.<br />
Möglichkeiten zum Opting-out müssen definiert und kontrolliert<br />
werden. Es lebe die Bürokratie!<br />
Das Ausland zeigt: Es geht auch ohne Zwang, wenn das Umfeld<br />
passt. In Holland und Dänemark ist die kapitalgedeckte Betriebsrente<br />
bei fast allen Arbeitnehmern angekommen, ohne Obligatorium.<br />
Es gibt Flächendeckung über Tarifverträge, weil allen klar ist,<br />
bAV ist die beste kapitalgedeckte Altersversorgung. Die Rahmenbedingungen<br />
stimmen eben bei unseren Nachbarn. Arbeitgeber<br />
können risikoarm Betriebsrenten zusagen. Die Organisation über<br />
Tarifverträge senkt die Kosten. Die Rahmenbedingungen ermöglichen<br />
chancenreiche Kapitalanlage und gleichzeitig Sicherheit,<br />
jenseits teurer Garantien. Die Politik ist stolz auf die Betriebsrenten<br />
und sagt deutlich, dass man sie zur Lebensstandardsicherung im<br />
Alter braucht. Die Betriebsrenten sind hoch. Generationengerechte<br />
Altersversorgung wird möglich. So wird’s gemacht!<br />
Und wie sieht es bei uns aus? Gesetzgeberische Fehler wie die<br />
Doppelverbeitragung haben enttäuschte Betriebsrentner zurückgelassen,<br />
sie urteilen: „Erst angelockt, dann abgezockt.“<br />
Vertrauen schafft man so nicht. Unternehmen mit Direktzusagen<br />
werden durch Regelungen zum HGB-Zins und in Paragraf 6a EstG<br />
geschröpft, sie zahlen Steuern auf nicht erzielte Erträge. Motivation<br />
sieht anders aus. Das gilt auch für die regulatorischen Rahmenbedingungen<br />
bei Pensionskassen und Pensionsfonds, die den<br />
Einrichtungen die Luft abschnüren und Konzentrationsprozesse<br />
wie in Österreich befördern werden.<br />
In den Niederlanden plant man die Überführung der Bestände aus<br />
der Leistungszusage mit unzeitgemäßen Garantien in sichere und<br />
chancenreiche Systeme der reinen Beitragszusage (rBz) – wohlgemerkt:<br />
Past- und Future-Service. Bei uns darf man nicht einmal<br />
über Flexibilität beim Future Service laut nachdenken. Forderungen<br />
nach rBZ jenseits strenger Tarifverträge werden verteufelt.<br />
Die Forderung eines Obligatoriums ist nichts anderes als das<br />
Bekenntnis: Für konsequente, umfassende und zukunftsweisende<br />
Reformen in der bAV fehlt der Mut. <br />
Foto: Lena Thurnes<br />
21
TITEL bAV<br />
»Nie einen Flächentarifvertrag<br />
angestrebt«<br />
MARTINA GRUNDLER, Bundesfachgruppenleiterin Versicherungen bei der ver.di-Bundesverwaltung<br />
<strong>procontra</strong>: Talanx-Mitarbeiter bekommen bald<br />
eine Zielrente. Haben Sie darauf gedrungen,<br />
dass vernünftig beraten wird, obwohl alles<br />
sehr kostengünstig sein muss?<br />
Martina Grundler: Ein Teil der Beratung wird<br />
über ein Onlinetool erfolgen. Hier können<br />
Beschäftigte Berechnungen erstellen. Darüber<br />
hinaus wird Talanx bAV-Kapazitäten zur Verfügung<br />
stellen, um auch persönliche Fragen<br />
zu beantworten. Zudem stehen Betriebsrat<br />
und wir als Gewerkschaft unseren Mitgliedern<br />
zur Seite.<br />
<strong>procontra</strong>: Die Gewerkschaft beteiligt sich bei<br />
der Zielrente an der Steuerung des Versorgungsträgers.<br />
Was genau machen Sie da?<br />
Grundler: Ein Beirat, der sich paritätisch aus<br />
Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern<br />
zusammensetzt, begleitet die Entwicklung.<br />
Hier wird über die Kapitalanlagen und nötige<br />
Anpassungen beraten und einvernehmlich<br />
mit dem Träger entschieden. Darüber hinaus<br />
ist ver.di auch im Kapitalanlageausschuss<br />
vertreten.<br />
<strong>procontra</strong>: Wie wird sichergestellt, dass es<br />
zu keiner Ablösung oder Verschlechterung<br />
bestehender Zusagen kommt?<br />
Grundler: Der Arbeitgeberbeitrag fließt in<br />
eine Unterstützungskasse, der Arbeitnehmer<br />
bringt einen gleich hohen Beitrag per<br />
Entgeltumwandlung ein. Das SPM wird nur<br />
für die Entgeltumwandlung genutzt – auf die<br />
Arbeitgeberleistung und die daraus resultierende<br />
Zusage hat das SPM keinen Einfluss. Im<br />
Übrigen haben wir im Tarifvertrag vereinbart,<br />
dass es keine Ablösung der bisherigen Versorgung<br />
gibt und ein Wechsel in das SPM nur<br />
freiwillig erfolgen kann.<br />
<strong>procontra</strong>: Sie fordern stets einen sub stanziellen<br />
AG-Beitrag als Kompensation für<br />
Enthaftung des Arbeitgebers. Was ist dabei<br />
herausgekommen?<br />
Grundler: Es muss eine finanzielle Beteiligung<br />
des Arbeitgebers (AG) geben. Der AG-Beitrag<br />
fließt weiterhin in die bereits bestehende<br />
Versorgung bei der U-Kasse. In das SPM fließt<br />
neben dem AG-Beitrag von 15 Prozent zur Entgeltumwandlung,<br />
dem Sicherungsbeitrag von<br />
5,0 Prozent und der Geringverdienerförderung<br />
von 72 Euro kein zusätzlicher AG-Beitrag.<br />
<strong>procontra</strong>: Warum hat es im ersten SPM-Anlauf<br />
nicht zu einem Branchentarifvertrag für<br />
die Versicherungsbranche gereicht?<br />
Grundler: Wir haben für die Versicherungsbranche<br />
nie einen Flächentarifvertrag angestrebt.<br />
Die Unternehmen sind selber Anbieter<br />
von bAV, die Verständigung auf einen einheitlichen<br />
Tarifvertrag mit einem<br />
einzigen Träger ist unter diesen<br />
Bedingungen kaum vorstellbar.<br />
Kein Unternehmen der Branche<br />
will seine Beschäftigten bei einem<br />
Konkurrenten versorgen.<br />
<strong>procontra</strong>: ver.di will die Blaupause<br />
nun auf weitere Branchen übertragen,<br />
dem Vernehmen nach vor<br />
allem auf den Energiesektor. Wie<br />
ist der Stand?<br />
Grundler: Wir stehen in Beratungen<br />
und Verhandlungen zu<br />
weiteren Sozialpartnermodellen,<br />
über die wir, wenn es so weit ist,<br />
sozialpartnerschaftlich berichten<br />
werden.<br />
reit, dafür Geld zu bezahlen. Die Allianz<br />
verlangt dafür Geld vom Arbeitgeber,<br />
andere Marktgrößen wie Xempus nicht,<br />
nehmen jedoch von den angeschlossenen<br />
Versicherern eine niedrige Gebühr. Bei digitaler<br />
Information wachsen die Bäume<br />
also noch nicht in den Himmel. Auch mehr<br />
als die Hälfte der Makler geht davon aus,<br />
dass ihre Firmenkunden derzeit nicht bereit<br />
sind, für eine bAV-Portallösung zu zahlen.<br />
Das erschwert Maklern die effiziente Beratung<br />
und Verwaltung, denn Portale liefern<br />
auch aktuelle Übersichten zu bestehenden<br />
Verträgen und ermöglichen die einfache Erfassung<br />
von Verwaltungsvorgängen.<br />
Beim SPM will Talanx Kostenvorteile<br />
von 4,0 Prozent durch automatisierte<br />
Verwaltung, digitale Abschluss- und Beratungsprozesse,<br />
verringerte Solvenzanforderungen<br />
und zu erwartenden Kostendruck<br />
in den Ausschreibungen erreichen, bestätigt<br />
von Löbbecke. Ob sich persönliche Beratung<br />
unter den Umständen eines Tarifvertrages<br />
überhaupt für Makler rechnet, bleibt<br />
offen. „Allerdings bietet der AG-Zuschuss<br />
zur Entgeltumwandlung bei alter und neuer<br />
bAV einen guten Ansatzpunkt“, betont Andreas<br />
Bürse-Hanning, Vorstandsvorsitzender<br />
der Aures Finanz AG & Cie. KG. Ihn<br />
stört jedoch, dass „der Gesetzgeber die Beratungsleistung<br />
beim SPM nicht eingepreist<br />
hat“. „Ob damit die bAV gerade in kleinen<br />
Firmen stärker verbreitet wird, bezweifle<br />
ich“, gibt sich Bürse-Hanning kritisch. Die<br />
Vorgabe, mit dem SPM ein System ohne<br />
Gewinnerzielungsabsicht zu installieren,<br />
hält der Makler für weltfremd.<br />
GROSSER BAV-KUCHEN NUR ÜBER ARBEITGEBER<br />
Wer über die Zielgruppe Geringverdiener<br />
und die klassische Entgeltumwandlung<br />
hinauskommen will, müsse den Sprung<br />
zur Beratung von Arbeitgebern schaffen,<br />
also stark im Firmenkundengeschäft sein,<br />
glaubt Sven Hoffmann, Gesellschafter-<br />
Geschäftsführer von Hoffmann Industrieversicherungsmakler.<br />
„Auch auf einer<br />
bAV-Plattform muss es damit beginnen,<br />
Arbeitgeber zu akquirieren“, weiß er aus<br />
Erfahrung. Das gehe nur mit einem Technologieanbieter,<br />
der alle beteiligten Parteien<br />
miteinander vernetze und eine End-to-End-<br />
Lösung biete. „Digitale Maschinen, Chat-<br />
Bots und Avatare, die den Beratungs- und<br />
Abschlussprozess optimieren, tragen zur<br />
massiven Kostenreduktion bei, doch Vertragsverwaltung,<br />
laufende Beratung und<br />
22 <strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21
AV TITEL<br />
Betreuung kann KI nicht übernehmen und<br />
muss vergütet werden“, so Hoffmann.<br />
„Dann rennt man als Vermittler praktisch<br />
offene Türen ein, wenn man dem Arbeitgeber<br />
zeigt, wie einfach sich bAV online verwalten<br />
lässt“, weiß der Makler. Der springende<br />
Punkt sei eine offene Architektur,<br />
damit alle bAV-Anbieter der Arbeitnehmer<br />
in einem Portal verwaltet werden können.<br />
Fazit: Grundsätzlich bietet die alte<br />
bAV Beratern weiter alle Chancen, sofern<br />
die Politik die 100-Prozent-Garantie bei<br />
der BZML abmildert. Bei der neuen bAV<br />
nimmt die Beratung gerade bei Geringverdienern<br />
sowie bei allen Entgeltumwandlungen<br />
Fahrt auf. Wer beim SPM vernünftig<br />
verdienen will, muss den Aufwand im<br />
Massengeschäft der Arbeitnehmerberatung<br />
mit digitaler Beratungsstrecke gering halten.<br />
Oder sich auf die ohnehin strategisch<br />
sinnvolle Arbeitgeberberatung konzentrieren,<br />
von der die bAV nur ein Element ist.<br />
Ob das Talanx-SPM in absehbarer Zeit<br />
Nachahmer findet, ist völlig offen. Der<br />
zweite ver.di-Abschluss mit der Energiebranche<br />
kommt wohl frühestens im Herbst.<br />
Dann ist Bundestagswahl. Und die Pläne<br />
der Parteien zur bAV in der nächsten Legislatur<br />
sind sehr verschwommen. Die meisten<br />
scheinen die gesetzliche Rente stärken zu<br />
wollen. Das lässt nicht den großen Durchbruch<br />
beim SPM mit der reinen Beitragszusage<br />
erwarten. <br />
PRO<br />
BAV-DURCHBRUCH<br />
DURCH ERSTES SPM?<br />
Verzicht auf Garantie<br />
fördert hohe Rente<br />
trotz Niedrigzins<br />
Bei reiner Beitragszusage<br />
gibt es Problem<br />
mit 100-Prozent-<br />
Garantie nicht<br />
Hoher Beratungsbedarf<br />
sichert langfristig<br />
Geschäft mit Firmenkunden<br />
CONTRA<br />
SPM soll weitgehend<br />
ohne Beratungs- und<br />
Vertriebskosten auskommen<br />
Vorwiegend kleinteiliges<br />
Geschäft könnte<br />
Berater und Anbieter<br />
abschrecken<br />
Tarifbindung<br />
behindert Durchbruch<br />
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<strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21<br />
23
BUSCHFUNK Investmentfonds<br />
INVESTMENTFONDS<br />
CORONA SENKT VERMIETUNGSQUOTEN<br />
Leerstand sorgt für Abwärtstrend bei offenen Immobilienfonds.<br />
Foto: iStock / Dave Adams<br />
Nachdem sich die Vermietungsquoten bei den offenen Immobilienfonds seit knapp zehn<br />
Jahren im Aufwind befanden, gehen die Zahlen jetzt erstmals zurück. Damit machen sich die<br />
Auswirkungen der Corona-Krise bemerkbar. Nach einer Erhebung der Ratingagentur Scope<br />
sank im Pandemiejahr 2020 die durchschnittliche Vermietungsquote deutlich: Mit 94,3<br />
Prozent lag sie 1,7 Prozentpunkte unter dem Vorjahresniveau – damit ist sie erstmals seit<br />
zehn Jahren rückläufig. Besonders hart traf es die global agierenden Fonds, die in Büro- und<br />
Hotelimmobilien in den USA investierten. Vor allem in New York beendeten viele Pächter ihre<br />
Verträge. Ein Ende der rückläufigen Vermietungsquoten ist aktuell nicht in Sicht: Auch zum<br />
31. März <strong>2021</strong> waren die Objekte der von Scope betrachteten Fonds nur noch zu 93,9 Prozent<br />
vermietet – eine erneute Reduktion um 0,4 Prozentpunkte.<br />
AMPELSYSTEM FÜR NACHHALTIGKEIT<br />
Regeln für grüne Finanzprodukte: Ökologisch<br />
sinnvolle Investments werden gekennzeichnet.<br />
Der Bund will Finanzprodukte künftig mit einer „Nachhaltigkeitsampel“<br />
kennzeichnen, damit Privatanleger auf den ersten Blick<br />
ökologisch sinnvolle Investments erkennen. Für die Umsetzung der<br />
„Sustainable Finance“-Strategie soll mit der EU zusammengearbeitet<br />
werden, zunächst ist eine bundesweite Ampel geplant. In der „Sustainable<br />
Finance“-Strategie sind insgesamt 26 Maßnahmen aufgelistet,<br />
die Deutschland zu einem führenden Standort für nachhaltige<br />
Investments machen sollen.<br />
Foto: iStock / ae-photos<br />
BITCOINS & CO.: STEUERRECHTLICHE GRAUZONEN<br />
Bund und Länder wollen sich in puncto Kryptowährung abstimmen.<br />
Trotz des Hypes um Bitcoin & Co. gibt es bei der Besteuerung von Kryptowährungen immer<br />
noch etliche rechtliche Grauzonen, ein Regelwerk seitens der Finanzbehörden fehlt. Obwohl<br />
der Bund nach eigenen Angaben keine „Regelungslücken“ sieht, bereitet er aktuell ein<br />
Schreiben zur Abstimmung mit den Ländern vor. Darin geht es um die ertragssteuerliche<br />
Behandlung virtueller Währungen. Laut FDP und Rechtsanwälten sind die juristischen Unklarheiten<br />
groß – beispielsweise bei der Besteuerung selbst erzeugter Kryptowährung. „Es muss<br />
überhaupt erst mal grundlegend geklärt werden, ob Kryptowährungen von den Steuergesetzen<br />
erfasst werden“, sagt Rechtsanwalt Philipp Hornung (Foto). „Das ist keineswegs so<br />
selbstverständlich, wie es die Bundesregierung darstellt.“<br />
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<strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21
Investmentfonds BUSCHFUNK<br />
Fidelity International: Zusammenarbeit mit<br />
Freiburger Robo-Advisor<br />
Fidelity International und der Freiburger Robo-Advisor<br />
Whitebox gehen eine Kooperation ein. Kunden des<br />
Robo-Beraters erhalten künftig einen Zugang zu einem<br />
Megatrends-Portfolio, Fidelity-Vertriebspartner wiederum<br />
den Zugang zur digitalen Vermögensverwaltung. Fidelity<br />
unterstützt die Freiburger beim Vertrieb im B2B2C-Bereich.<br />
Vermögensverwaltung<br />
ist kein Wertpapier<br />
MARTIN STEINMEYER<br />
Vorstand der Netfonds AG<br />
Allianz Global Investors: Hirt neuer CIO<br />
Am 1. Juli übernimmt Gregor Hirt (Foto) als neuer Global<br />
Chief Investment Officer den Bereich Multi Asset bei Allianz<br />
Global Investors (AllianzGI). In enger Abstimmung mit<br />
den Multi-Asset-Experten in Europa, Asien und den USA<br />
soll Hirt das Multi-Asset-Geschäft strategisch weiterentwickeln,<br />
insbesondere die von Kunden stark nachgefragten<br />
Risikomanagement-Strategien.<br />
Amundi: Fokus auf nachhaltigen Investments<br />
Amundi baut sein ESG-Angebot weiter aus: Sechs traditionelle<br />
Anleihen-ETFs werden in entsprechende ESG-Anleihen-ETFs<br />
transferiert. Mit den in den nächsten Wochen<br />
gewandelten ETFs sollen Anleger in dieser Anlageklasse<br />
nun einfach und kosteneffizient investieren können. So will<br />
Amundi Investoren bedarfsgerecht bei der ESG-Transformation<br />
ihrer Portfolios unterstützen.<br />
VuV: Erste Frau ins Vorstandsgremium gewählt<br />
Mit Petra Ahrens (Foto) zieht die erste Frau in das Vorstandsgremium<br />
des Verbands unabhängiger Vermögensverwalter<br />
Deutschland (VuV) ein. Die einstige Vorstandsvorsitzende<br />
der Kölner Maiestas Vermögensverwaltung<br />
bekam die meisten Stimmen in der online durchgeführten<br />
Wahl und ersetzt nun ihren Vorgänger Uwe Eilers von der<br />
FV Frankfurter Vermögen.<br />
BVI: Fondsbranche legt mit 60 Milliarden Euro<br />
Zuflüssen den besten Jahresstart seit 2015 hin<br />
Im ersten Quartal <strong>2021</strong> flossen den Fondsgesellschaften<br />
netto 59,9 Milliarden Euro neue Mittel zu. Das ist das<br />
beste Neugeschäft seit sechs Jahren. Die Zuflüsse entfallen<br />
<strong>2021</strong> in etwa zu gleichen Teilen auf offene Spezialfonds<br />
und Publikumsfonds mit 31,2 bzw. 29,4 Milliarden Euro.<br />
Geschlossene Fonds verzeichneten 1,6 Milliarden Euro.<br />
Candriam: Paulo Salazar wird Co-Head of<br />
Emerging Markets<br />
Candriam ernennt Paulo Salazar (Foto) zum Co-Head of<br />
Emerging Markets. In dieser Rolle steht der ehemalige<br />
Senior Emerging Markets Equity Analyst und Fondsmanager<br />
an der Seite von Jan Boudewijns, der das Team für<br />
Schwellenländeraktien seit 20<strong>03</strong> leitet. Nach knapp 40<br />
Jahren in der Finanzbranche plant Boudewijns seinen<br />
Ruhestand. Bis zur ersten Jahreshälfte 2022 werden die<br />
beiden Co-Heads das Team noch gemeinsam führen.<br />
Foto: iStock / Fokkebok<br />
Foto: iStock / Enot Poloskun<br />
Diese Erkenntnis, die auf einer Entscheidung<br />
des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) fußt,<br />
hat es in sich. Denn im Aufsichtsrecht gelten<br />
die wesentlichen Pflichten, die uns im Alltag bei<br />
der Beratung und Vermittlung von Wertpapieren<br />
betreffen, dann eben nicht. Das setzt natürlich<br />
voraus, dass sich der Vermittler an dieser Stelle<br />
in keinem Fall zu den einzelnen Wertpapieren<br />
äußern darf, denn da beginnt die Erlaubnispflicht<br />
erneut.<br />
Die Diskussion über den Sinn und Unsinn des<br />
Tapings ist absolut berechtigt. Gerade jetzt findet<br />
die Kommunikation zu Wertpapier-Themen meist<br />
fernmündlich statt. Gespräche „entwickeln“<br />
sich, Vertrauen ebenfalls und natürlich kann ein<br />
solches Gespräch auch mit konkreten Fragen/<br />
Hinweisen zu Wertpapieren enden. Die Aufzeichnung<br />
der Gespräche fördert diesen vertrauensvollen<br />
Austausch nicht – zumindest empfinde<br />
ich es als störend. Ich kenne die Aufzeichnungspflicht<br />
meist bei Produkten, die mir am Telefon<br />
„verkauft“ werden. Zusätzlich sprechen wir über<br />
extrem große Datenmengen bei der Speicherung<br />
dieser Inhalte – ob das im Sinne der ESG-Ziele<br />
ist?<br />
Wenn wir der oben genannten Logik folgen, sind<br />
bei einer Vermögensverwaltung diese Gespräche<br />
nicht aufzuzeichnen, sofern Sie nicht über die<br />
einzelnen Wertpapiere sprechen, sondern über<br />
die Struktur und die Ergebnisse.<br />
Berater brauchen Antworten auf die Frage, wie<br />
man seine Prozesse optimiert, wenn die Beratung<br />
und Vermittlung einzelner Wertpapiere immer<br />
aufwendiger werden oder wenn der Regulierer<br />
regelmäßig von Provisionsverboten und Betreuungspflichten<br />
spricht. Wir haben uns sehr frühzeitig<br />
mit diesen Themen beschäftigt und viele<br />
unserer Partner haben den Sinn erkannt. Das ist<br />
wichtig für uns alle.<br />
<strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21<br />
25
INVESTMENTFONDS Investmenttalk<br />
»Umfeld für Aktiensparen<br />
nicht förderlich«<br />
Klaus Naeve und Matthias Born, Co-Leiter der Berenberg Wealth & Asset Management,<br />
über ihre (nachhaltige) Strategie, den Mehrwert gegenüber günstigen ETFs<br />
und die Aktienkultur in Deutschland<br />
– TEXT: JAN F. WAGNER –<br />
KLAUS NAEVE, Leiter Wealth Management in Deutschland<br />
<strong>procontra</strong>: Die EU will nachhaltige Investments<br />
forcieren und hat zu diesem Zweck<br />
die Taxonomie, die Offenlegungsverordnung<br />
und die Nachhaltigkeitpräferenzabfrage<br />
(NPA) auf den Weg gebracht. Wie<br />
sind Sie darauf vorbereitet?<br />
Matthias Born: Noch ist in Sachen Regulatorik<br />
vieles unklar. So hat die EU<br />
zum Beispiel noch nicht entschieden,<br />
ob Atomkraft innerhalb der Taxonomie<br />
(EU-Definition nachhaltiger Aktivitäten)<br />
als nachhaltig betrachtet werden soll oder<br />
nicht. Gemäß unserer Nachhaltigkeitseinschätzung<br />
schließen wir grundsätzlich<br />
etwa Atomkraft, Kohlekraft und Ölsandgewinnung<br />
bereits aus. Ich denke, dass wir<br />
gut vorbereitet sind: Sechs unserer neun<br />
Aktienfonds werden innerhalb der Regulatorik<br />
als nachhaltig betrachtet werden.<br />
Das heißt, sie fallen entweder unter Artikel<br />
8 (nachhaltige Fonds) oder Artikel 9<br />
(Impact-Fonds). Gemäß der Offenlegungsverordnung<br />
berichten wir dann ausführlich<br />
an die Anleger, wie Nachhaltigkeitsaspekte<br />
in der Investmentstrategie der Produkte<br />
berücksichtigt werden. Mit unseren Fonds<br />
kann der Finanzberater auch die passende<br />
Antwort geben, wenn der Kunde im<br />
Rahmen der NPA sagt, er wolle nachhaltig<br />
investieren.<br />
<strong>procontra</strong>: Die neuen Regeln bedeuten für<br />
Berenberg also keinen großen Aufwand?<br />
Born: Die Investmentphilosophie, die wir<br />
über lange Jahre verfolgt haben, macht es<br />
uns einfach, die Fonds in die nachhaltigen<br />
Kategorien umzuwidmen. Das ist nicht für<br />
jeden Anbieter so einfach. Was wir nicht<br />
machen werden, ist, die Fonds umzubenennen.<br />
Unser European Equity Fund<br />
etwa wird künftig nicht European Equity<br />
Sustainable Fund heißen. Das wäre in meinen<br />
Augen eigentlich ein Marketingtrick.<br />
Wir sagen stattdessen dem Kunden klar,<br />
was wir in Sachen Nachhaltigkeit konkret<br />
machen. Diese Art der Berichterstattung,<br />
aber auch die Beschaffung der entsprechenden<br />
ESG-Daten von den Unternehmen<br />
werden natürlich zu Mehrkosten führen.<br />
Diese werden wir aber nicht weitergeben.<br />
<strong>procontra</strong>: Zusätzlich zu ihrem nachhaltigen<br />
Investmentstil haben Sie ein Team<br />
von ESG-Spezialisten aufgebaut. Wie groß<br />
ist das Team und welche Rolle spielt es?<br />
Born: Unser 2018 gegründetes ESG-Office<br />
besteht aus drei Personen. Das ist für eine<br />
Boutique relativ groß – auch in Relation<br />
zu vergleichbaren Häusern. Jedoch sind<br />
diese drei nicht die einzigen, die sich<br />
mit Nachhaltigkeit befassen. Im Gegenteil:<br />
Unsere Portfoliomanager erstellen<br />
selbst ESG-Analysen über die Aktien und<br />
Anleihen der emittierenden Unternehmen<br />
und treffen dann darauf basierend ihre<br />
Investmententscheidungen. Das ESG-Team<br />
gibt den Portfoliomanagern ein Gerüst –<br />
26 <strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21
Investmenttalk INVESTMENTFONDS<br />
sprich: worauf man in einem bestimmten<br />
Sektor achten sollte. Aber die Arbeit an<br />
sich machen die Portfoliomanager selbst.<br />
Das ESG-Office unterstützt die Manager<br />
zudem beim Proxy-Voting oder beim Engagement<br />
mit den Firmen, damit diese die<br />
für uns relevanten ESG-Kriterien einhalten.<br />
<strong>procontra</strong>: Wie groß schätzen Sie die<br />
Nachfrage nach ESG-Fonds im Privatkundenbereich<br />
ein?<br />
Klaus Naeve: Der Trend zu nachhaltigen<br />
Investments ist eindeutig und wird von der<br />
Nachfrage getrieben. Im institutionellen<br />
Bereich können Sie als Asset-Manager<br />
häufig gar nicht an Ausschreibungen teilnehmen,<br />
wenn Sie nicht die entsprechende<br />
ESG-Kompetenz vorweisen können.<br />
Auch im Privatkundengeschäft wird das<br />
zunehmend gefordert und mit der NPA<br />
weiter steigen. Da sehen wir auch einen<br />
gewissen Generationswechsel. So finden<br />
in vermögenden Familien mehr und mehr<br />
Diskussionen statt, bei denen es um die<br />
Frage geht, wie das Geld der Familie bislang<br />
verdient wurde. War das moralisch,<br />
ökologisch vertretbar? Häufig will die<br />
neue Generation dann mit dem Geld Gutes<br />
bewirken und Schlechtes vermeiden. Da<br />
helfen wir weiter, auch mal mit besonderen<br />
Mandaten, die über unseren ESG-Ansatz<br />
hinausgehen. Beispiel: Der Kunde will<br />
mit seinem Investment ganz gezielt in den<br />
Bereich Tierschutz oder Medikamentenfor-<br />
»Wir könnten die<br />
Aktienkultur fördern,<br />
wenn wir in den<br />
Schulen erklären,<br />
dass eine Aktie für<br />
die Altersvorsorge<br />
ein sehr sinnvolles<br />
Instrument ist.«<br />
MATTHIAS BORN, BERENBERG<br />
MATTHIAS BORN, Investmentchef und Leiter des Aktien-Portfoliomanagements<br />
schung hineingehen.<br />
<strong>procontra</strong>: Wenn wir über Finanzberatung<br />
reden, so würden wir gerne wissen, ob Mi-<br />
FID II Ihren Job doch schwieriger gemacht<br />
hat. Der pensionierte Berenberg-Chef<br />
Hans-Walter Peters galt als großer Kritiker<br />
von MiFID II.<br />
Naeve: Für uns war MiFID II in der Hinsicht<br />
schwierig, dass das Regelwerk nicht<br />
nur einiges gekostet hat – für Technik- und<br />
Compliance-Personal etwa –, sondern auch<br />
dadurch, dass die Kundenbeziehungen<br />
komplizierter geworden sind. Das heißt<br />
konkret, dass wir etwa für sehr erfahrene<br />
Anleger keine Möglichkeit haben, auch<br />
Vorgaben abzuwählen. Nehmen Sie etwa<br />
einen Aktienkauf: Bevor dieser ausgeführt<br />
werden kann, müssen wir dem Kunden<br />
einen umfangreichen Kostennachweis<br />
schicken. Damit bremsen wir jemanden<br />
aus, der seit 30 oder 40 Jahren in Aktien<br />
investiert hat. Manchmal schützt MiFID II<br />
so Kunden, die gar nicht schutzbedürftig<br />
sind. Auch das Grundproblem, nämlich<br />
dass viele Anleger kein tiefes Kapitalmarktwissen<br />
haben, wird nicht behoben.<br />
Der Kunde hat sehr viel, was er durchlesen<br />
muss, aber er ist dadurch in Sachen<br />
Kapitalmarkt nicht unbedingt schlauer.<br />
Ich glaube, der Verbraucherschutz, der<br />
ein gutes und sinnvolles Ziel bei MiFID II<br />
ist, ist nicht überall erreicht worden. Aber<br />
natürlich halten wir das alles ein, und ich<br />
würde heute sagen, dass wir uns daran<br />
gewöhnt haben.<br />
<strong>procontra</strong>: Zurück zu Ihren Aktienfonds.<br />
Herr Born, die durchschnittliche Performance<br />
der Fonds lag im vergangenen Jahr<br />
18,5 Prozent über den jeweiligen Benchmarks.<br />
Was war dafür ausschlaggebend?<br />
Born: Die Marktbedingungen haben<br />
unseren Anlagestil, nämlich in Titel,<br />
die sich durch Wachstum und Qualität<br />
auszeichnen, begünstigt. Wir wählen<br />
Unternehmen aus, die aufgrund ihres<br />
Geschäftsmodells sehr robust sind, auch<br />
von der bilanziellen und Cashflow-Seite.<br />
Diese Unternehmen sind sehr gut durch die<br />
Corona-Krise gekommen. Hinzu kam die<br />
Marktentwicklung. Normalerweise ist es<br />
so, dass alle Werte in der Rezession nach<br />
unten tendieren. In der Krise aber war es<br />
so, dass es sehr viele Gewinner gab – vor<br />
allem Technologiewerte, zu denen unsere<br />
Portfolios ein hohes Exposure haben.<br />
<strong>procontra</strong>: Konnten Sie die Outperformance<br />
vom letzten Jahr auch in diesem<br />
fortsetzen?<br />
Born: Nein, das konnten wir nicht ganz.<br />
Die durchschnittliche Performance der<br />
Aktienfonds ist absolut gesehen deutlich<br />
positiv, relativ gesehen sind wir etwa auf<br />
dem Niveau unserer Vergleichsindizes –<br />
je nach Fonds mal etwas darunter, mal<br />
etwas darüber. So haben etwa die Europa-<br />
Indizes seit Jahresbeginn knapp zweistellig<br />
zugelegt, bei meinen eigenen Europafonds<br />
ist das ähnlich. Wir hatten eine Delle im<br />
Februar, das lag am Wechsel vom Techund<br />
Softwarebereich zu Banken, Telekom<br />
und Industriewerten. Wir haben uns<br />
<strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21<br />
27
INVESTMENTFONDS Investmenttalk<br />
mit unserem Stil schwergetan. Es läuft<br />
immer nach dem gleichen Muster ab: Wir<br />
kommen aus einer Krise heraus und die zyklischen<br />
Werte fangen an, sich zu erholen.<br />
Dann kamen die Zins- und Inflationsdiskussionen<br />
hinzu, was die Rotation noch<br />
verstärkt hat. Auf Sicht von drei Jahren<br />
– der Maßstab für ein aktives Haus wie<br />
Berenberg – fühlen wir uns aber sehr wohl.<br />
Unsere Aktienprodukte schlossen zwischen<br />
2018 und 2020 eindeutig im Plus.<br />
<strong>procontra</strong>: Kostengünstige Aktien-ETFs<br />
haben ebenfalls in dem Zeitraum eine<br />
gute Performance hingelegt. Warum sollte<br />
ein Privatanleger in Ihre vergleichsweise<br />
teuren Produkte investieren?<br />
Naeve: Wenn Sie die 18,5 Prozent Outperformance<br />
für 2020 berücksichtigen, dann<br />
würde ich sagen, wir haben damit den<br />
Mehrwert gezeigt. In den letzten zehn Jahren<br />
waren ETFs ein harter Gegner, keine<br />
Frage. Die EZB-Geldflut hebt alle Boote<br />
gleichermaßen. Ich glaube aber, dass das<br />
Wirtschaftswachstum in den Industrieländern<br />
künftig etwas gedämpfter sein wird.<br />
Es wird also darauf ankommen, dass man<br />
Unternehmen findet, die nachhaltig eine<br />
Wertschöpfung generieren können. Das ist<br />
gerade für uns sehr spannend. Und wenn<br />
man sich unsere Performance der vergangenen<br />
Jahre anschaut, spricht diese für<br />
sich. Wir hatten Phasen, wo wir schlechter<br />
waren als der Markt. Das ist zu erklären,<br />
denn wenn man in wachstumsorientierte<br />
Werte investiert und es gibt zwischendurch<br />
keine Wachstumsfantasie, leiden wir. Wenn<br />
also jene Werte, die aus unserer Sicht kein<br />
FAKTEN ZU BERENBERG<br />
WEALTH & ASSET MANAGEMENT:<br />
› Vermögensverwalter der<br />
Hamburger Privatbank Berenberg<br />
› 2020 Rekordgewinn von<br />
rund 108,2 Mio. Euro erzielt.<br />
› Verwaltetes Vermögen: 32,6 Mrd. Euro<br />
(2020: +3,4 Mrd. Euro)<br />
19,5 Mrd. Euro Asset Management<br />
(Privatkunden und Institutionelle)<br />
13,1 Mrd. Euro Wealth Management<br />
(vermögende Kunden und Family<br />
Offices)<br />
› 1 Mio. Euro Mindestanlagesumme<br />
für eine Vermögensverwaltung<br />
gesundes Geschäftsmodell haben, eine<br />
Rallye hinlegen, dann laufen wir zwar mal<br />
temporär hinterher. Aber wir können das<br />
später wieder aufholen.<br />
<strong>procontra</strong>: Ob mit Fonds, ETFs oder Einzelwerten,<br />
12,4 Millionen Deutsche waren<br />
letztes Jahr in Aktien investiert – der<br />
höchste Wert seit 2001. Erleben wir eine<br />
Renaissance der Aktienkultur in Deutschland?<br />
Born: Ich bin skeptisch, dass wir es mit<br />
einer Renaissance der Aktienkultur zu<br />
tun haben. Wenn die Aktienmärkte heiß<br />
laufen, dann gibt es mehr Aktionäre. Dieser<br />
Trend kann aber ganz schnell wieder<br />
vorbei sein, wenn die Märkte ein oder<br />
zwei Jahre nicht laufen. Das politische und<br />
das regulatorische Umfeld sind für das<br />
Aktiensparen in Deutschland einfach nicht<br />
förderlich. Zwei Beispiele: Der derzeitige<br />
Finanzminister sagt, er sei kein großer Befürworter<br />
von Aktien. Ob er privat Aktien<br />
hält oder nicht, ist natürlich seine persönliche<br />
Entscheidung. Was aber darin zum<br />
Ausdruck kommt, ist, dass ihn Kapitalanlage<br />
weder persönlich noch für den Teil<br />
der Bevölkerung, der fürs Alter vorsorgen<br />
muss, sonderlich interessiert. Er wird<br />
also kaum einen Rahmen dafür schaffen.<br />
Außerdem halten deutsche Pensionskassen<br />
wegen der Regularien im Schnitt 4 Prozent<br />
in Aktien. Im internationalen Vergleich<br />
ist das nichts. Vielleicht könnten wir die<br />
Aktienkultur dadurch fördern, dass wir in<br />
den Schulen erklären, dass eine Aktie für<br />
die Kapitalanlage oder die Altersvorsorge<br />
ein sehr sinnvolles Instrument ist.<br />
28 <strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21
Direktversicherung<br />
mit 100 % Fonds.<br />
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INVESTMENTFONDS Absolute Return<br />
ABSOLUT(E) ÜBERZEUGT?<br />
In jeder Marktlage positive Erträge zu erwirtschaften ist ein vollmundiges Versprechen.<br />
Tatsächlich sind über die vergangenen Jahre viele der selbst ernannten Allwetter-Fonds<br />
gescheitert. Immerhin klappt vielfach die Verlustbegrenzung in Krisenzeiten.<br />
– TEXT: CHRISTOPHER NACHTWEH –<br />
An Königsklassen herrscht in der Welt der<br />
Investmentfonds nur selten Mangel. Heute<br />
zählen dazu vor allem vermögensverwaltende<br />
Fonds und Multi-Asset-Portfolios.<br />
Etwas aus dem Blick geraten sind dagegen<br />
Absolute-Return-Fonds. Als „Alleskönner“<br />
gepriesen, schienen sie die Zuschreibung<br />
eine Zeitlang besser verdient zu haben als<br />
alle anderen Fondskategorien. Denn sie<br />
stellen in Aussicht, wonach viele Anleger<br />
bei der Kapitalanlage suchen: stete Erträge<br />
bei konsequenter Verlustvermeidung, und<br />
das vollständig unabhängig von der Marktentwicklung.<br />
Dafür können ihre Manager weitreichende<br />
Freiheiten bei der Auswahl von<br />
Anlageklassen nutzen und in großem Umfang<br />
Derivate-Strategien einsetzen. Das<br />
allerdings ist auch vielen Multi-Asset-Managern<br />
grundsätzlich gestattet. Eine eindeutige<br />
Definition für die Fondskategorie fehlt<br />
bis heute, sehr unterschiedliche Produkte<br />
schmücken sich mit dem Zusatz „Absolute<br />
Return“. Weitere Fonds verfolgen die Strategie,<br />
ohne das Label im Namen zu führen,<br />
darunter etliche vermögensverwaltende<br />
Fonds. Auch findet sich in den Fondsdatenbanken<br />
wenigstens eine Handvoll „Multi<br />
Asset Absolute Return“-Produkte. Wo also<br />
liegen die Unterschiede der Konzepte?<br />
In einer Untersuchung der Ratingagentur<br />
Scope über die Folgen des Corona-<br />
Crashs und anderer Krisen seit 2008 für<br />
einkommensorientierte Multi-Asset-Fonds<br />
einerseits und Absolute- und Total-Return-<br />
Fonds (AR/TR) andererseits stellt Analyst<br />
Manqing Sun heraus: „Während Multi Asset<br />
Income-Fonds das primäre Ziel haben,<br />
konstant hohe Ausschüttungen zu erzielen,<br />
verfolgen AR/TR-Konzepte die Generierung<br />
einer marktunabhängigen stetigen<br />
Wertentwicklung bei zugleich geringer Volatilität<br />
und Drawdowns.“<br />
VERMÖGEN UND RUHIGEN SCHLAF SICHERN<br />
Die Definitionen der Produkte sind unterschiedlich:<br />
Mal versprechen Anbieter,<br />
Verluste zu begrenzen, mal werden für jedes<br />
Kalenderjahr, mal für rollierende Drei-<br />
Jahres-Zeiträume positive Renditen in Aussicht<br />
gestellt. Erstmals populär wurde das<br />
Konzept der Verlustvermeidung nach dem<br />
Platzen der Dotcom-Blase: Etliche Gesellschaften<br />
gingen 20<strong>03</strong> mit der damals neuen<br />
Produktkategorie an den Start, die Anlegern<br />
marktunabhängig ihr Vermögen und<br />
damit einen ruhigeren Schlaf sichern sollte.<br />
Mit wieder steigenden Börsenkursen aller-<br />
30 Illustration: Roman Kulon
Absolute Return INVESTMENTFONDS<br />
dings sank die Popularität schnell merklich.<br />
So wurde etwa das aufwendig mit Günter<br />
Netzer beworbene zwischenzeitliche<br />
Schwergewicht Allianz-dit Absolute Return<br />
Allocation mangels Performance und<br />
Masse schon gut vier Jahre nach dem Start<br />
mit einem Multi-Asset-Fonds des Hauses<br />
verschmolzen. Zig weitere Produkte der<br />
ers ten Generation sind ebenfalls längst vom<br />
Markt verschwunden.<br />
Klar ist indessen: Aufwärtsphasen an den<br />
Börsen allein lassen allenfalls begrenzt Aufschlüsse<br />
über die Stärken und Schwächen<br />
eines Fonds oder einer Fondskategorie zu.<br />
Das gilt insbesondere für Produkte, zu deren<br />
Kernanliegen zählt, Verluste über überschaubare<br />
Zeiträume zu vermeiden.<br />
Betrachtet man das Jahr 2008, als die<br />
rund fünfjährige Aktien-Hausse ein jähes<br />
Ende fand, ergibt sich ein differenzierteres<br />
Bild: „Im Umfeld der Finanzkrise boten<br />
Absolute/Total-Return-Ansätze einen weit<br />
besseren Schutz gegen Kursrückgänge,<br />
wenngleich auch sie zwischenzeitliche Verluste<br />
meist nicht ganz vermeiden konnten“,<br />
erläutert Scope-Analyst Sun mit Blick auf<br />
die von ihm gewählte Vergleichsgruppe<br />
»Es mag verlockend<br />
erscheinen, Verlusten<br />
weitestgehend aus<br />
dem Weg zu gehen;<br />
wer aber gleichzeitig<br />
Gewinne vermeidet,<br />
wird seine Anlageziele<br />
kaum erreichen.«<br />
MANQING SUN, SCOPE ANALYSIS<br />
Multi-Asset Income. Ähnliches gilt für den<br />
März vergangenen Jahres, als die Corona-<br />
Krise die Märkte mit voller Wucht traf.<br />
HAUPTPROBLEM IST DAS TIMING<br />
Wichtiger, erklärt Sun, „für das Verständnis<br />
des strukturellen Verhaltens der beiden<br />
Produktkategorien ist aber ein anderer<br />
Aspekt, und zwar: Wie stark können die<br />
Fonds von der Markterholung nach den<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
-5<br />
-10<br />
-15<br />
-20<br />
-25<br />
-30<br />
-35<br />
-40<br />
Kurseinbrüchen profitieren?“ Denn es mag<br />
noch so verlockend erscheinen, Verlusten<br />
weitestgehend aus dem Weg zu gehen; wer<br />
aber gleichzeitig Gewinne vermeidet, wird<br />
seine Anlageziele kaum erreichen.<br />
Tatsächlich zeigt sich, dass klassische<br />
Absolute-Return-Fonds schon allein wegen<br />
ihres Fokus auf die Begrenzung zwischenzeitlicher<br />
Verluste und höherer Schwankungen<br />
häufig nicht in der Lage sind, Erholungsphasen<br />
an den Börsen umfänglich<br />
zu nutzen. Denn hier sind vielen Produkten<br />
strategiebedingt enge Grenzen gesetzt.<br />
Schließlich birgt jede Erholung die Gefahr<br />
eines neuerlichen Rückschlags, den es zu<br />
vermeiden gilt. Daher kommen schnell<br />
Absicherungsstrategien zum Einsatz. „Das<br />
Hauptproblem ist dabei das richtige Timing“,<br />
so Sun. Schließlich könnten auch<br />
die Manager von Absolute-Return-Fonds<br />
wesentliche Wendepunkte an den Märkten<br />
kaum besser vorhersehen als andere.<br />
Gerade mittel- bis langfristig stößt ein<br />
solches Konzept daher regelmäßig an seine<br />
Grenzen, wie der Vergleich mit Multi-<br />
Asset-Fonds belegt. In jedem einzelnen Jahr<br />
von 2009 bis 2017 fiel der durchschnittliche<br />
Gesamtertrag von Multi-Asset-Income-Fonds<br />
laut Scope mindestens doppelt<br />
so hoch aus wie der von Absolute-/Total-<br />
Return-Produkten. Erschwerend kommt<br />
hinzu, dass die Absicherungsmechanismen<br />
nicht immer funktionieren: Während<br />
der weniger ausgeprägten Korrektur 2018<br />
schnitten Absolute-Return-Produkte im<br />
MULTI VOLATILER, ABSOLUTE STABILER<br />
Jährliche Wertentwicklung von Multi-Asset-Income- und Absolute-/Total-Return-Fonds<br />
2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 *<br />
Scope Multi Asset Income Mutual Fund Composite Scope Absolute / Total Return Mutual Fund Composite DAX RexP<br />
*<br />
bis Ende Mai, Angaben in % Quelle: Scope Analysis, Deutsche Börse<br />
Schnitt kaum besser ab als Multi-Asset-<br />
Income-Fonds.<br />
Hat die 20<strong>03</strong>er-Königsklasse also endgültig<br />
ausgedient? Zumindest eines ist klar:<br />
Anleger, die eine strikte Verlustbegrenzung<br />
zum obersten Anlageziel erheben, müssen<br />
sich mit vergleichsweise geringen Erträgen<br />
bescheiden. Denn dem grundlegenden<br />
Zusammenhang von Rendite und Risiko<br />
können sich auch Absolute-Return-Fonds<br />
nicht entziehen. Gerade Anlegern, die sehr<br />
konservativ anlegen müssen oder möchten,<br />
bieten sorgfältig ausgewählte, langjährig<br />
erprobte Absolute-Return-Strategien dennoch<br />
eine Alternative – insbesondere in<br />
einer Zeit, in der am Rentenmarkt keine<br />
Zinsen gezahlt werden.<br />
PRO<br />
ABSOLUTE RETURN INS DEPOT?<br />
Absicherung in<br />
Abwärtsphasen<br />
Zusätzliches<br />
Diversifikationspotenzial<br />
Stetige, wenn auch<br />
geringe Erträge<br />
CONTRA<br />
Keine einheitliche<br />
Definition des<br />
Anlagekonzepts<br />
Begrenzte Partizipation<br />
in Aufwärtsphasen<br />
Große Performance-<br />
Spreizung zwischen<br />
Fonds<br />
<strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21<br />
31
INVESTMENTFONDS Offene Immobilienfonds<br />
STABIL IM KRISENMODUS<br />
Offene Immobilienfonds werben mit der Aussicht auf stabile Renditen.<br />
Doch die meisten Sektoren schwächeln seit Beginn der Corona-Pandemie.<br />
Was bedeutet das für die Assetklasse der OIFs?<br />
– TEXT: JAN F. WAGNER –<br />
32 Illustration: Roman Kulon
Offene Immobilienfonds INVESTMENTFONDS<br />
NUTZUNGSARTEN DER LIEGENSCHAFTEN IN OFFENEN IMMOBILIENFONDS<br />
1,5<br />
2,5 0,6<br />
3,7<br />
4,9<br />
54,3<br />
7,9<br />
24,6<br />
Büro/Praxis Handel / Gastronomie Hotel Lager / Hallen Stellplätze Wohnen Sonstiges Freizeit<br />
Datenbezug: Netto-Soll-Mietertrag. Die Zahlen repräsentieren 90 Prozent des Vermögens aller offenen Immobilien-Publikumsfonds. Stichtag: 31.12.2020. Angaben in %<br />
Quelle: BVI<br />
Auch für offene Immobilienfonds (OIFs)<br />
ist die wirtschaftliche Lage seit Beginn der<br />
Corona-Pandemie schwierig. Gerade die<br />
Segmente, in die viele Fonds überwiegend<br />
investieren – Büros, Einkaufszentren, Gastronomie<br />
und Hotels – sind wegen der Pandemiebekämpfung<br />
entweder geschlossen<br />
oder kaum genutzt.<br />
Die Fonds haben folglich mit Mietausfällen<br />
zu kämpfen – besonders in den Bereichen<br />
Gastronomie und Hotels. Der Uni-<br />
Immo Global (Assets: 3,8 Milliarden Euro)<br />
hat zum Beispiel 2020 eine Bewertungsanpassung<br />
in zweistelliger Millionenhöhe<br />
vorgenommen, nachdem ein Hotel in New<br />
York wegen der Pandemie schließen musste<br />
und der Betreiber eines anderen Hotels<br />
in Portland, Oregon, das Geschäft aufgab.<br />
Auch deswegen wies der UniImmo Global<br />
für das Corona-Jahr 2020 ein Minus von<br />
rund 1 Prozent aus – als einziges Produkt<br />
unter den größten OIF-Anbietern. Für die<br />
Union Investment war das ziemlich bitter,<br />
da die Fonds damit werben, positive, wenngleich<br />
nicht sehr hohe, Renditen erwirtschaften<br />
zu können. Zwischen 2 und 3 Prozent<br />
Rendite sind typisch für die Produkte.<br />
Insgesamt sind alle Anbieter von den<br />
Auswirkungen der Pandemie negativ betroffen<br />
– und zwar in Form von Bewertungsanpassungen<br />
bei den Objekten oder<br />
Mietmindereinnahmen. Laut dem Berliner<br />
Analysehaus Scope haben die Effekte die<br />
durchschnittliche Rendite der Fonds von<br />
2,6 Prozent 2019 auf zwischen 1,5 und 2,0<br />
Prozent 2020 gedrückt. Da die Krise noch<br />
andauert, erwartet Scope-Analystin Son-<br />
ja Knorr für <strong>2021</strong> Renditen von maximal<br />
2 Prozent. Rüdiger Sälzle, Geschäftsführer<br />
beim Münchener Analysehaus Fonds-<br />
Consult, teilt diese Prognose. Sie setzt allerdings<br />
voraus, dass sich die Konjunktur,<br />
dank einer gelungenen Impfkampagne, in<br />
der zweiten Jahreshälfte wieder erholt.<br />
»Unsere Statistik<br />
zeigt, dass die meisten<br />
Fonds stabile<br />
Renditen erzielen.«<br />
SONJA KNORR, SCOPE RATINGS<br />
GESCHÄFTSMODELL STABIL<br />
Trotz des Leistungsrückgangs sehen Knorr<br />
und Sälzle keinen Anlass, OIFs grundsätzlich<br />
infrage zu stellen. Die Corona-Pandemie<br />
stelle einen exogenen Schock für die<br />
Wirtschaft dar, der irgendwann wieder<br />
vorbei sei. „Für dieses Produkt brauchen<br />
Anleger einen Investmenthorizont von mindestens<br />
fünf bis sieben Jahren. So können<br />
auch schwächere Jahre kompensiert und<br />
damit Verluste vermieden werden“, sagt<br />
Knorr und fügt an: „Unsere Statistik zeigt,<br />
dass die meisten Fonds das Ziel von stabilen<br />
Renditen erreichen.“ Die hohe Diversifikation<br />
der Fonds über Assetklassen und<br />
Regionen sei dafür ein wichtiger Grund.<br />
Das mit der Diversifikation stimmt: Obwohl<br />
die Sektoren Gastronomie, Hotels<br />
und Einzelhandel unter der Pandemie leiden,<br />
ist die Lage bei den Büros einigermaßen<br />
stabil. Die Unternehmen wollen nach<br />
Aussagen der Fondsmanager die angemieteten<br />
Flächen weitgehend behalten, weil die<br />
Mitarbeiter nach der Pandemie wieder ins<br />
Büro kommen werden.<br />
Zu den Corona-Gewinnern gehören die<br />
Sektoren Logistik wegen des gestiegenen<br />
Onlinehandels sowie Wohnen wegen des<br />
Bedarfs an bezahlbaren Wohnungen. Vom<br />
Boom bei den Wohnungen wollen die Commerz<br />
Real und die DWS auch stärker profitieren.<br />
Laut der Commerz Real könnte die<br />
Wohnimmobilienquote ihres Hausinvest-<br />
Fonds mittelfristig auf 20 Prozent von derzeit<br />
6 Prozent steigen.<br />
Bei der DWS sieht Ulrich Steinmetz, Leiter<br />
Portfoliomanagement, bei der Wohnimmobilienquote<br />
für den Grundbesitz<br />
Europa und Grundbesitz Global noch Potenzial<br />
in Richtung 10 bis 20 Prozent. Der<br />
Grundbesitz Fokus Deutschland hat bereits<br />
einen Wohnimmobilienanteil von 28 Prozent.<br />
Wegen dieser Exposure erzielte das<br />
Produkt zwischen Anfang April 2020 und<br />
Ende März <strong>2021</strong> eine Rendite von 3,2 Prozent.<br />
NACHFRAGE BLEIBT STARK<br />
Zahlen vom Fondsverband BVI unterstreichen<br />
die Popularität von OIFs. Trotz<br />
der negativen Auswirkungen der Corona-<br />
Pandemie blieb die Nachfrage nach den<br />
Produkten im Jahr 2020 relativ stark.<br />
<strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21<br />
33
INVESTMENTFONDS Offene Immobilienfonds<br />
»Segmente Einzelhandel und Hotels schmerzen«<br />
ESTEBAN DE LOPE FEND, Geschäftsführer Deka Immobilien<br />
<strong>procontra</strong>: Corona hat die ohnehin geringen<br />
Renditen offener Immobilienfonds weiter geschmälert.<br />
Ist die Anlageklasse noch attraktiv?<br />
Esteban de Lope Fend: Die Corona-Krise hat die<br />
Performance unserer Immobilienfonds natürlich<br />
belastet. Sie sind aber für langfristige Anleger<br />
konzipiert und daher als Wertanlage auch weiterhin<br />
geeignet. Bei einem Anlagehorizont von<br />
idealerweise zehn und mehr Jahren wird das<br />
Produkt nicht unattraktiv, wenn die Rendite mal<br />
ein oder zwei Jahre schwächelt. Unsere Fonds<br />
performten 2020 durchschnittlich zwischen<br />
1,5 und 2,5 Prozent. Vor der Krise zwischen 2,5<br />
und 3,5 Prozent. 2022 wollen wir wieder auf das<br />
Vorkrisenniveau zurückkommen.<br />
<strong>procontra</strong>: Ist es nicht eher ein Muss, auf das<br />
Vorkrisenniveau zurückzukommen, damit die<br />
Produkte attraktiv bleiben?<br />
de Lope Fend: Nein, unsere offenen Immobilienfonds<br />
erwirtschaften trotz Corona bessere<br />
Renditen als vergleichbare risikoaverse Anlagen.<br />
Wenn die Pandemie überwunden ist, gehen<br />
wir davon aus, dass wir 2022 wieder in den<br />
Renditekorridor von 2,5 bis 3,5 Prozent kommen.<br />
Das ist das Ziel, aber versprechen können wir<br />
natürlich nichts, denn noch ist nicht absehbar,<br />
wie lange die Corona-Restriktionen anhalten.<br />
<strong>procontra</strong>: Wo schmerzt es in den Portfolios<br />
wegen Corona besonders?<br />
de Lope Fend: Es schmerzt ganz klar in den<br />
Segmenten Einzelhandel und Hotels, die in<br />
unseren großen Fonds rund 20 bis 30 Prozent<br />
ausmachen. Dabei war 2020 der Bereich Einzelhandel<br />
stärker betroffen als die Hotels. In diesem<br />
Jahr ist es umgekehrt: Der Einzelhandel scheint<br />
sich etwas zu stabilisieren, weil er sich auf den<br />
Onlinehandel ein Stück weit eingestellt hat. Die<br />
Hotels haben noch zu kämpfen, weil die Reisemöglichkeiten<br />
stark eingeschränkt bleiben. In<br />
zwei oder drei Jahren, denken wir aber, werden<br />
sich die Hotels stark erholen.<br />
<strong>procontra</strong>: Wie sieht es mit den Büroimmobilien<br />
aus?<br />
de Lope Fend: Stabil. Wir haben kaum Mieter in<br />
der Corona-Krise verloren. Andererseits müssen<br />
wir feststellen, dass Corona die Mietpreisdynamik<br />
in diesem Segment gestoppt hat. Das<br />
Momentum, das wir in dem Segment hatten,<br />
haben wir nicht mehr. Dennoch: Wir sind mit der<br />
derzeitigen Entwicklung zufrieden.<br />
<strong>procontra</strong>: Sind Wohnimmobilien kein Thema?<br />
Das Segment boomt.<br />
de Lope Fend: Unsere Expertise liegt bei gewerblichen<br />
Immobilien. Wohnimmobilien sind<br />
nach einem völlig anderen Geschäftsmodell<br />
zu managen. Genau aus diesem Grund spielen<br />
Wohnungen bei den von der Deka gemanagten<br />
offenen Immobilienfonds keine Rolle. Privatanleger<br />
können aber über unsere Partnerschaft<br />
mit Swiss Life in einen Wohnimmobilienfonds<br />
investieren.<br />
Die Zuflüsse betrugen neun Milliarden<br />
Euro und lagen damit nur leicht unter dem<br />
Rekordjahr 2019 (10,7 Milliarden). Ende<br />
2020 waren laut BVI 117,5 Milliarden<br />
Euro in OIFs investiert, der Löwenanteil<br />
von Privatanlegern.<br />
Wie Deka-Geschäftsführer Esteban de<br />
Lope Fend erwähnt (siehe Interview), wird<br />
die Nachfrage dadurch getrieben, dass es<br />
für sicherheitsbedachte Sparer derzeit keine<br />
attraktiven Alternativen gibt. Das Ersparte<br />
einfach bei der Bank liegen zu lassen, bringt<br />
kaum Zinsen, bei höheren Summen drohen<br />
gar Negativzinsen durch Verwahrentgelte.<br />
Alternativen wie etwa Staats- und Unternehmensanleihen<br />
bieten entweder negative<br />
Renditen oder liegen unterhalb der typischen<br />
Renditen von OIFs.<br />
Mario Schüttauf, Fondsmanager der<br />
Hausinvest, verweist auf einen weiteren<br />
Vorteil: Inflationsschutz. „Corona wird<br />
viele Auswirkungen haben, und eine davon<br />
ist die Inflation. Die Frage ist, wessen<br />
Freund die Inflation ist: der Aktien- oder<br />
der Immobilienmärkte? Wir denken, Substanzwerte<br />
wie Immobilien werden tendenziell<br />
mehr profitieren als Aktien”, sagt er.<br />
Schüttauf ist aber auch der Ansicht, dass<br />
die Aktien- und Immobilienfonds gar nicht<br />
miteinander konkurrieren, sondern sich<br />
für ein langfristiges Investment gut ergänzen.<br />
Der Fondsmanager meint damit den<br />
Diversifikationseffekt im Portfolio. Allerdings<br />
darf der Anleger auch bei schwachen<br />
Aktienmärkten keinen riesigen Sprung bei<br />
der Rendite von OIFs erwarten. Das Geschäftsmodell<br />
gibt das nicht her. Andererseits<br />
muss er wohl darauf achten, dass seine<br />
OIFs die stabilen – wenn auch nicht sehr<br />
hohen – Erträge auf Dauer liefern.<br />
PRO<br />
LOHNEN SICH OIFs NOCH?<br />
Pandemie wird<br />
irgendwann zu<br />
Ende sein<br />
Festverzinsliche Anlagen<br />
sind unattraktiv<br />
OIFs könnten Inflationsschutz<br />
bieten<br />
CONTRA<br />
Fonds bieten keine<br />
hohen Renditen<br />
Corona hat ihre<br />
Leistung nochmals<br />
gedrückt<br />
Lange Kündigungsfrist<br />
für Anteile<br />
(24 Monate)<br />
34 <strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21
Eberhard Sautter<br />
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INVESTMENTFONDS BRIC-Fonds<br />
EINMAL BRIC UND ZURÜCK<br />
Kaum eine Anlageidee hat nach einem Hype weltweit einen solchen Niedergang erlebt wie der<br />
BRIC-Ansatz. Nur wenige Aktienfonds nach diesem Modell halten sich noch wacker.<br />
– TEXT: HEIKE GORRES –<br />
36 Illustration: Eleonora Mavromati
BRIC-Fonds INVESTMENTFONDS<br />
BRIC-AKTIENFONDS AM DEUTSCHEN MARKT<br />
NAME<br />
ISIN<br />
VOLUMEN<br />
in Mio. Euro<br />
RENDITE<br />
1 Jahr<br />
RENDITE<br />
3 Jahre (p. a.)<br />
RENDITE<br />
5 Jahre (p. a.)<br />
LAUFENDE KOSTEN<br />
(p. a.)<br />
AUFLEGUNGS-<br />
DATUM<br />
RENDITE seit<br />
Auflegung (p. a.)<br />
Templeton Bric A (acc) EUR LU0229946628 536,3 48,77 % 9,56 % 15,51 % 2,46 % 25.10.2005 4,34 %<br />
Schroder ISF Bric EUR B Acc LU0232932698 913,7 42,36 % 10,27 % 14,83 % 2,45 % 31.10.2005 6,87 %<br />
I-Shares Bric 50 UCITS ETF USD (Dist) IE00B1W57M07 222,1 33,07 % 9,15 % 14,37 % 0,74 % 20.4.2007 5,91 %<br />
HSBC GIF Bric Markets Equity AC USD LU0254981946 104,4 42,06 % 6,33 % 12,73 % 1,85 % 4.7.2006 6,17 %<br />
HSBC GIF Bric Equity AC USD LU0449509016 232,6 41,59 % 6,25 % 12,62 % 1,85 % 7.9.2009 4,61 %<br />
sortiert nach Rendite 5 Jahre (p. a. = pro Jahr) Quellen: Scope Analysis, MSCI. Stand: 31.3.<strong>2021</strong><br />
Genau 20 Jahre ist es her, dass der damalige<br />
Chefvolkswirt der US-Bank Goldman<br />
Sachs, Terence James „Jim“ O’Neill, in<br />
einem Arbeitspapier das Kürzel BRIC geprägt<br />
hat. Der Gedanke dahinter war, dass<br />
die Länder Brasilien, Russland, Indien und<br />
China wegen ihres starken Wirtschaftswachstums<br />
und ihrer Größe beste Investmentchancen<br />
für Anleger böten. Ein Portfolio<br />
gezielt aus Aktien von Unternehmen<br />
aus diesen Ländern könne daher die Renditechancen<br />
sehr gut einfangen. Eine Idee, die<br />
einen wahren Hype am Investmenthimmel<br />
ausgelöst hat.<br />
Fondsanbieter weltweit haben den Ansatz<br />
aufgegriffen und ein breites Sortiment<br />
an BRIC-Fonds entwickelt. Einer der Klassiker<br />
am deutschen Markt ist der Templeton<br />
BRIC A (acc) Eur (ISIN: LU0229946628),<br />
den die US-Gesellschaft Franklin Templeton<br />
im Herbst 2005 aufgelegt hat. Der<br />
Fonds ist heute knapp das älteste Portfolio<br />
in der Kategorie „Aktien BRIC“ des Fondsanalyseanbieters<br />
Scope Analysis. Gleichzeitig<br />
ist er eines der letzten fünf Portfolios in<br />
verschiedenen Tranchen, die dort noch übrig<br />
sind (siehe Tabelle).<br />
„In der Hochphase vor rund zehn Jahren<br />
waren drei Dutzend Fonds in dieser Kategorie<br />
verzeichnet“, sagt Andreas Köchling,<br />
Fondsanalyst und stellvertretender Leiter<br />
des Fondsratings bei Scope. Für ihn war<br />
die ursprüngliche Idee mehr als eine bloße<br />
Marketingstrategie. „Vor 20 Jahren<br />
hatten nicht sehr viele Entwicklungs- und<br />
Schwellenländer ausreichend investierbare<br />
Unternehmen und Aktienmärkte, die breit<br />
und tief genug aufgestellt waren“, erläutert<br />
Köchling. „Die BRIC-Staaten dagegen standen<br />
nicht nur für hohe Wachstumsraten,<br />
sondern hatten auch recht gut entwickelte<br />
Aktienmärkte.“ In seiner frühen Anfangszeit<br />
als Analyst etwa habe die Mongolei<br />
die kleinste Börse der Welt gehabt mit zwei<br />
investierbaren Titeln – bei aller Größe des<br />
Landes zu wenig, um nennenswert einzusteigen.<br />
UNTERSCHIEDLICHE ENTWICKLUNG DER LÄNDER<br />
Erste Risse im BRIC-Konzept hätten sich<br />
in der Finanzkrise 2008 gezeigt, da sie die<br />
vier Länder sehr unterschiedlich getroffen<br />
habe, meint Köchling. „In den Folgejahren<br />
haben die Regierungen politisch und wirtschaftspolitisch<br />
sehr unterschiedlich agiert,<br />
»BRIC-Staaten<br />
standen nicht nur für<br />
Wachstum, sondern<br />
hatten auch recht<br />
gut entwickelte<br />
Aktienmärkte .«<br />
ANDREAS KÖCHLING, SCOPE FONDSRATING<br />
was sich schließlich auf die Entwicklung<br />
der Märkte ausgewirkt hat“, erläutert der<br />
Analyst. Hinzu kommt, dass sich in immer<br />
mehr aufstrebenden Staaten investierbare<br />
Unternehmen und Märkte herausgebildet<br />
haben.<br />
2015 sorgte schließlich die Meldung<br />
für Schlagzeilen, dass Goldman Sachs das<br />
hauseigene BRIC-Portfolio mit dem ebenfalls<br />
eigenen Schwellenländer-Aktienfonds<br />
Emerging Markets Equity Fund verschmel-<br />
zen würde. Nach anfänglich hohen Kurszuwächsen<br />
und Mittelzuflüssen hatte der<br />
Paradefonds deutliche Verluste geschrieben<br />
und Abflüsse verbucht. Die Bank wählte<br />
eine Verschmelzung statt einer Auflösung,<br />
da Anleger so einen Zugang zu einem breiteren<br />
Anlageuniversum erhielten, teilte<br />
Goldman Sachs damals mit. Der Niedergang<br />
dieses BRIC-Fonds „macht auch deutlich,<br />
wie die Attraktivität einer Strategie,<br />
bei der unterschiedliche Länder in einem<br />
Investmentthema gebündelt werden, ihren<br />
Reiz bei den Investoren eingebüßt hat“,<br />
kommentierte damals die Finanznachrichtenagentur<br />
Bloomberg.<br />
Einen groben Vergleich des Marktgeschehens<br />
zeigen MSCI-Länderindizes, die<br />
einheitlich in US-Dollar verfügbar sind. Der<br />
MSCI China verbuchte in den vergangenen<br />
zehn Jahren bis Ende März <strong>2021</strong> die höchste<br />
Nettorendite (Net Return) von 7,3 Prozent<br />
pro Jahr im Schnitt. Der MSCI Indien folgt<br />
mit durchschnittlich 4,5 Prozent. Russland<br />
blieb im Schnitt unverändert, Brasilien<br />
schrieb ein Minus von 4,8 Prozent im Jahresdurchschnitt.<br />
Der MSCI BRIC verzeichnete<br />
im selben Zeitraum eine Nettorendite<br />
von durchschnittlich 3,3 Prozent im Jahr,<br />
der breitere MSCI Emerging Markets von<br />
3,7 Prozent.<br />
NACHFRAGE DURCH INSTITUTIONELLE<br />
INVESTOREN<br />
Das nachlassende Anlegerinteresse am<br />
BRIC-Ansatz spiegelt sich auch am deutschen<br />
Markt wider. Seit der Hochphase<br />
2010 hat Scope Analysis ein kontinuierliches<br />
Zusammenschmelzen der Fondsgruppe<br />
„Aktien BRIC“ erlebt. Vor dem Aus<br />
sieht Analyst Köchling die verbliebenen<br />
Fonds jedoch nicht. „Derzeit verwalten<br />
<strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21<br />
37
INVESTMENTFONDS BRIC-Fonds<br />
»Der BRIC-Ansatz ist heute überholt«<br />
ANDREAS KÖCHLING, Fondsanalyst und stellvertretender Leiter des Fondsratings bei Scope Analysis<br />
<strong>procontra</strong>: Die BRIC-Anlageidee vor 20 Jahren<br />
lautete, dass Brasilien, Russland, Indien und<br />
China wegen ihrer rasanten Wirtschaftsentwicklung<br />
und Größe die besten Investmentchancen<br />
unter den Schwellenländern böten. Hat sich dies<br />
bestätigt?<br />
Andreas Köchling: Diese Länder haben damals<br />
nicht nur eine weit überdurchschnittliche Wirtschaftsentwicklung<br />
erwarten lassen, sondern<br />
hatten auch recht gut entwickelte Aktienmärkte<br />
– anders als viele andere aufstrebende Staaten.<br />
Dies hat der BRIC-Ansatz sehr gut verbunden.<br />
Wirtschaftlich, von der Bevölkerungszahl und<br />
von den Auswirkungen auf die Weltwirtschaft<br />
her gesehen spielen diese Volkswirtschaften<br />
eine große Rolle.<br />
<strong>procontra</strong>: Es war aus Ihrer Sicht damals also<br />
kein reiner Marketingbluff, sondern es steckte<br />
auch Substanz dahinter?<br />
Köchling: Ja, definitiv. Es war damals eine sehr<br />
gute Idee und mit dem Begriff BRIC sensationell<br />
in eine Marketingform gegossen. Was damals<br />
aber eigentlich schon klar war, man zu dem Zeitpunkt<br />
jedoch noch nicht so klar gesehen hat:<br />
dass sich diese vier Länder sehr unterschiedlich<br />
entwickeln würden, politisch, wirtschaftspolitisch<br />
und wirtschaftlich. Es war gedacht, dass<br />
sich die Märkte überdurchschnittlich entwickeln<br />
würden – zwar jeweils etwas unterschiedlich,<br />
aber doch steil nach oben. Wir haben mit den<br />
Jahren jedoch eine sehr unterschiedliche Entwicklung<br />
der politischen Landschaft in diesen<br />
Ländern erlebt, eine sehr unterschiedliche<br />
Entwicklung der Volkswirtschaften und somit<br />
eine sehr unterschiedliche Entwicklung der<br />
Aktienmärkte.<br />
<strong>procontra</strong>: Es hat sich viel getan in den vergangenen<br />
20 Jahren. Wie würden Sie den Ansatz<br />
heute beurteilen? Ist er womöglich am Ende?<br />
Köchling: Ich würde es anders ausdrücken: Der<br />
Ansatz ist heute überholt, aus mehreren Gründen.<br />
Zum einen gibt es inzwischen zahlreiche<br />
weitere Entwicklungs- und Schwellenländer, die<br />
ebenfalls eine große Relevanz in der Weltwirtschaft<br />
und an den Finanzmärkten erreicht<br />
haben. Die BRIC-Länder sind zwar immer noch<br />
die großen Player. Aber das reicht heute nicht<br />
mehr aus. Warum sollte man sich anderer<br />
Performance-Quellen berauben oder umgekehrt<br />
Positionen im Depot haben, die ein höheres<br />
Risiko bergen als andere?<br />
<strong>procontra</strong>: Goldman Sachs hat den hauseigenen<br />
BRIC-Fonds 2015 mit einem breiteren<br />
Schwellenländer-Aktienfonds verschmolzen.<br />
War das eine Schlussglocke für BRIC-Fonds?<br />
Köchling: Ich würde nicht unbedingt Schlussglocke<br />
sagen, aber es war ein starkes Signal. Den<br />
Fachleuten war da allerdings schon länger klar,<br />
dass das Thema BRIC für eine Schwellenländeranlage<br />
zu eng geworden war. Investoren hat<br />
es gezeigt, dass sie in dem Bereich womöglich<br />
um- oder weiterdenken sollten. BRIC ist zwar<br />
weiterhin ein spannendes Thema. Es trifft das<br />
Thema Emerging Markets insgesamt aber nicht<br />
mehr gut genug.<br />
die Produkte jeweils einen dreistelligen<br />
Millionenbetrag. Von daher sind sie noch<br />
in größerem Umfang gefragt“, begründet<br />
er. Allein aus Kostengründen würden<br />
sie bei dieser Größe vermutlich nicht geschlossen.<br />
„Solange es Investoren gibt, die<br />
gezielt in die vier großen Schwellenländer<br />
investieren wollen, wird es diese Fonds vermutlich<br />
weiter geben“, meint Köchling. Die<br />
Fondskategorie werde Scope daher bis auf<br />
Weiteres belassen. „Zum einen haben die<br />
Produkte weiterhin große Volumina, zum<br />
anderen sehen wir noch Investoreninteresse<br />
insbesondere auf der institutionellen Seite.<br />
Daher möchten wir auch weiterhin liefern<br />
können“, führt der Scope-Mann aus.<br />
Das größte Portfolio ist der Schroder<br />
ISF BRIC Eur B Acc (LU0232932698) mit<br />
rund 914 Millionen Euro Anlagevolumen<br />
Ende März <strong>2021</strong>. Der Fonds hat zum Beispiel,<br />
wie der Templeton BRIC, auf Fünf-,<br />
Drei- und Einjahressicht auch mit hohen<br />
laufenden Kosten besser abgeschnitten als<br />
der MSCI BRIC. Bei den restlichen drei<br />
Portfolios sieht die entsprechende Bilanz<br />
durchwachsen aus. Der HSBC GIF BRIC<br />
Markets Equity AC USD (LU0254981946)<br />
ist mit 104 Millionen Euro Umfang der<br />
kleinste Vertreter der Runde. Dass er damit<br />
automatisch der gefährdetste ist, lässt sich<br />
allerdings nicht ableiten. Meldungen der<br />
Fondsanbieter, BRIC-Produkte auf absehbare<br />
Zeit vom Markt zu nehmen, sind derzeit<br />
nicht bekannt. Maßgebend dürften die<br />
weitere Entwicklung der Fonds zu einem<br />
Vergleichsindex und die Entwicklung von<br />
BRIC-Aktienindizes im Vergleich zu breiteren<br />
Schwellenländer-Indizes sein.<br />
PRO<br />
IST EIN BRIC-INVESTMENT<br />
HEUTE SINNVOLL?<br />
BRIC-Länder sind die<br />
großen vier Player<br />
Einige Fonds haben<br />
Überrendite erzielt<br />
Institutionelle<br />
Investoren fragen<br />
weiterhin nach<br />
CONTRA<br />
Anlageuniversum<br />
ist deutlich eingeschränkt<br />
Trifft Thema<br />
Emerging Markets<br />
nicht mehr gut genug<br />
Wirtschaftspolitik<br />
der Länder sehr<br />
unterschiedlich<br />
38 <strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21
Performance<br />
Jan.-Dez. 2020: 46,05%<br />
ALLE SAGTEN:<br />
„DAS GEHT NICHT.“<br />
DANN KAM EINER,<br />
DER WUSSTE DAS NICHT, UND<br />
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130<br />
110<br />
Wertentwicklung<br />
DEZ 2019 - DEZ 2020: 46,05 %<br />
90<br />
70<br />
50<br />
30<br />
WERTENTWICKLUNG<br />
YTD 1,44 %<br />
1 Jahr 46,75 %<br />
3 Jahre 81,06 %<br />
5 Jahre 156,95 %<br />
In 2019 37,12 %<br />
30. April <strong>2021</strong>.<br />
Nach Abzug sämtlicher<br />
Kosten des Fonds.<br />
Investmentfonds unterliegen<br />
Wertschwankungen.<br />
Wertentwicklungen aus<br />
der Vergangenheit sind<br />
keine Garantie für zukünftige<br />
Wertentwicklungen.<br />
10<br />
In 2020 46,05 %<br />
DEZ 2019<br />
JAN 2020<br />
FEB 2020<br />
MÄR 2020<br />
APR 2020<br />
MAI 2020<br />
JUN 2020<br />
JUL 2020<br />
AUG 2020<br />
SEP 2020<br />
OKT 2020<br />
NOV 2020<br />
DEZ 2020<br />
Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an Petra Ernhardt unter 0 21<strong>03</strong> | 28 41-0.<br />
Weitere Informationen auch unter www.oekoworldklima.com<br />
ÖKOWORLD AG, Itterpark 1, 40724 Hilden | Düsseldorf, E-Mail: info@oekoworld.com
Private Altersvorsorge<br />
> CleverInvest<br />
Genauso clever,<br />
genauso krass!<br />
Die CleverInvest<br />
Basisrente.<br />
Handeln statt reden. Das ist das Motto von Selbständigen, Frei -<br />
beruflern und vielen Besserverdienenden. Auch in der Altersvor<br />
sorge. Diesen Macherinnen und Machern bietet HDI mit der<br />
CleverInvest Basisrente eine revolutionäre FLV – mit herausragender<br />
Flexibilität, attraktivem Wachstum sowie überzeugender<br />
Sicherheit. Das Besondere: Die Basisrente garantiert<br />
ungeahnte Steuervorteile plus eine absetzbare BUZ. Durch den<br />
HDI FondsGuide, unser einzigartiges Auswahl-Tool, finden Sie<br />
für jeden den passenden Fondsmix. Wie krass einfach das geht,<br />
sehen Sie unter: www.hdi-fondsguide.de<br />
www.hdi.de
HDI FOKUS<br />
FOKUS<br />
Fondsgebundene Versicherungen sind<br />
in aller Munde. Nachdem aufgrund<br />
des Zinsverfalls viele klassische Lebensund<br />
Rentenversicherungsprodukte weitgehend<br />
unattraktiv erscheinen, suchen<br />
Anleger in großer Zahl nach renditestarken<br />
Alternativen, um ausreichend<br />
Kapital für den Ruhestand aufzubauen.<br />
Die früher so unerlässlichen Garantien<br />
gelten dabei zunehmend nicht mehr als<br />
eine Voraussetzung. Denn interessierte<br />
Kunden haben mittlerweile verstanden,<br />
dass hohe Garantien zulasten der Renditen<br />
gehen und in Zeiten von Negativoder<br />
Nullzinsen gut gestreute Fondsportfolios<br />
die gewünschten höheren Renditen<br />
versprechen.<br />
Moderne Fondspolicen tragen diesem<br />
Gedanken Rechnung. Sicherungsmechanismen<br />
wie Rebalancing und Ablaufmanagement<br />
wirken ebenso wie der üblicherweise<br />
mehrere Jahrzehnte umfassende<br />
Anlagehorizont deutlich risikomindernd.<br />
Als zusätzliche Sicherheit bieten zukunftsfähige<br />
Produkte zudem einen garantierten<br />
Rentenfaktor bei Vertragsabschluss, der<br />
auch für alle Zuzahlungen und Beitragserhöhungen<br />
im Vertragsverlauf gilt.<br />
Die früher häufig kolportierten Vorurteile<br />
gegenüber Fondspolicen – zu teuer,<br />
zu unflexibel und oft mit mittelmäßigen<br />
Fonds ausgestattet – sind endgültig vom<br />
HDI<br />
Die neue Generation<br />
der Fondspolicen<br />
Foto: iStock / Morsa Images<br />
Tisch. Dank des hoch kompetitiven Produktumfelds<br />
und transparenter Vergleichsmöglichkeiten<br />
können Makler heute für<br />
ihre Kunden komfortabel individuelle<br />
Lösungen aus einer Palette flexibler und<br />
kostengünstiger Produkte mit Top-Fondsauswahl<br />
entwerfen.<br />
Vor diesem Hintergrund hat die HDI<br />
Versicherung mit ihrer neuen Fondspolice<br />
CleverInvest ein flexibles Produkt mit vielen<br />
Gestaltungsmöglichkeiten und einem<br />
attraktiven Preis-Leistungs-Verhältnis geschaffen.<br />
So existieren etwa keine intransparenten<br />
Schlussüberschüsse mehr und<br />
sämtliche Überschüsse werden laufend an<br />
die Kunden weitergegeben. HDI-Kunden<br />
profitieren zudem auch noch nach Vertragsabschluss<br />
von neuen Fondsangeboten<br />
und langfristigen Trends, wie zum Beispiel<br />
ETFs und nachhaltige Anlagen. Lesen Sie<br />
im Interview auf den nächsten Seiten, was<br />
das Konzept CleverInvest der HDI im<br />
Detail auszeichnet und wo die Alleinstellungsmerkmale<br />
liegen.<br />
Fondspolicen im<br />
Aufwind: Anleger<br />
schätzen Renditechancen<br />
ohne teure<br />
Garantien, dafür<br />
mit anderen risikomindernden<br />
Mechanismen.<br />
<strong>procontra</strong> FOKUS in Zusammenarbeit mit HDI<br />
Advertorial<br />
41
FOKUS HDI<br />
»Maßstäbe für zeitgemäße<br />
und intelligente Vorsorge«<br />
Thomas Lüer, im Vorstand von HDI für den Makler- und Kooperationsvertrieb<br />
verantwortlich, erläutert im Detail die Hintergründe und neue kundenfreundliche<br />
Produktfeatures der neuen Fondspolice CleverInvest.<br />
– TEXT: OLIVER LEPOLD –<br />
<strong>procontra</strong>: Sie haben mit CleverInvest eine<br />
neue Fondspolice gelauncht. Warum ohne<br />
Garantie?<br />
Thomas Lüer: Das Produkt trifft den Nerv<br />
der Zeit: hohe Renditechancen gepaart<br />
mit einer einmalig hohen Flexibilität und<br />
vielen Gestaltungsmöglichkeiten. Damit<br />
können Kunden in Zeiten niedriger<br />
Zinsen die Grundlage für eine auskömmliche<br />
Rente für die eigene Altersvorsorge<br />
schaffen. Dafür verzichtet sowohl die<br />
CleverInvest Basisrente als auch unsere<br />
zum Jahresbeginn eingeführte CleverInvest<br />
Privatrente auf teure Beitragsgarantien. Bei<br />
einer Laufzeit von etwa 20 Jahren nehmen<br />
die Schwankungen einer Kapitalanlage in<br />
Aktien stark ab und machen über längere<br />
Zeiträume stabile Renditekalkulationen<br />
möglich. Somit bedarf es in der langfristigen<br />
Altersvorsorge grundsätzlich keiner<br />
harten Kapitalgarantien. Fakt ist: Garantien<br />
können im aktuellen Zinsumfeld die<br />
realen Risiken – also unter Berücksichtigung<br />
von Inflation – sogar erhöhen.<br />
<strong>procontra</strong>: Was zeichnet das Produkt<br />
grundsätzlich aus?<br />
Lüer: Wir haben Maßstäbe im Markt<br />
gesetzt, denn CleverInvest enthält alle<br />
Bestandteile, die eine zeitgemäße und<br />
intelligente Fondspolice heute beinhalten<br />
muss. Dazu gehören höhere Renditen<br />
durch eine individuelle Anlagestrategie<br />
in leistungsstarke Fonds und ETFs – das<br />
Angebot besteht aus rund 100 Investmentfonds<br />
namhafter Anbieter, darunter<br />
rund 30 Nachhaltigkeitsfonds. Mit dem<br />
»CleverInvest ist nicht<br />
nur das Ergebnis von<br />
Feedback, sondern von<br />
aktiver Einbindung<br />
unserer Vertriebspartner<br />
in den Entwicklungsprozess.«<br />
FondsGuide bieten wir ein neuartiges Beratungstool,<br />
das perfekt dabei unterstützt,<br />
die richtige Auswahl zu treffen. Der Kunde<br />
kann aktiv seine Präferenzen setzen. Er<br />
kann Fonds, die ihm vorgeschlagen werden,<br />
abwählen oder andere hinzufügen,<br />
die er bevorzugt. Weitere Alleinstellungsmerkmale<br />
sind die Direktpolicierung sowie<br />
die hohe Flexibilität. Neben umfassenden<br />
Schulungen bieten wir unseren Vertriebspartnern<br />
zudem Unterstützung, die ihresgleichen<br />
sucht, beispielsweise mit unserer<br />
CleverInvest Toolbox, die alle Vertriebsinformationen,<br />
Webinare und Wissenswertes<br />
rund um CleverInvest bündelt.<br />
<strong>procontra</strong>: Inwieweit wurde das Feedback<br />
von Vertriebspartnern bei der Produktentwicklung<br />
berücksichtigt?<br />
Lüer: CleverInvest ist nicht nur das Ergebnis<br />
von Feedback, sondern von aktiver<br />
Einbindung unserer Vertriebspartner in<br />
den Entwicklungsprozess. Unsere Initiative<br />
#Youkunft ist ein Spin-off, das aus<br />
der Digitalisierungsoffensive #handschlag<br />
entstanden ist. #Youkunft ist die Zukunftsplattform<br />
für das Leben- und Vorsorgegeschäft.<br />
Damit ist CleverInvest das erste<br />
Vorsorgeprodukt, das wir im Rahmen von<br />
#Youkunft entwickelt haben, und auch der<br />
FondsGuide ist gemeinsam mit unseren<br />
Vertriebspartnern entstanden. In Kombination<br />
mit Kundenbefragungen schaffen<br />
wir damit die ideale Ausgangsbasis für<br />
kunden- und vertriebsorientierte Produkte<br />
und ein hohes Commitment bei unseren<br />
eingebundenen Vertriebspartnern.<br />
<strong>procontra</strong>: Für welche Zielgruppen ist<br />
CleverInvest vorrangig geeignet?<br />
Lüer: CleverInvest spricht sowohl kostenbewusste<br />
Kunden an als auch solche, die<br />
hohen Wert auf Nachhaltigkeit legen.<br />
Unabhängig davon, ob Kunden das<br />
Fondsmanagement lieber ihrem Versicherer<br />
überlassen oder ihre Fondsanlage aktiv<br />
mitgestalten wollen – alle kommen auf<br />
ihre Kosten. Zudem richten wir uns mit<br />
unserer CleverInvest Basisrente vor allem<br />
an gut verdienende Arbeitnehmer sowie<br />
Selbstständige und Freiberufler.<br />
<strong>procontra</strong>: Wie hoch sind die Gebühren<br />
und wie wirken sich diese in Verbindung<br />
mit der Laufzeit auf die Performance aus?<br />
Lüer: Die Fondsgebühren sind unterschiedlich<br />
hoch: Bei ETFs, die nicht aktiv<br />
gemanagt werden, sondern lediglich einen<br />
<strong>procontra</strong> FOKUS in Zusammenarbeit mit HDI<br />
42 Advertorial
HDI FOKUS<br />
Thomas Lüer, Vorstand von HDI für den Makler- und Kooperationsvertrieb<br />
Index abbilden, sind die Fondskosten sehr<br />
gering. Unsere günstigsten ETFs kommen<br />
lediglich auf 0,05 Prozent laufende Kosten.<br />
Aktiv gemanagte Fonds sind teurer und<br />
kommen im Schnitt auf 1 bis 1,5 Prozent<br />
laufende Kosten. Hier bieten wir auch<br />
besonders günstige institutionelle Anteilsklassen<br />
an. Die Kosten für Abschluss<br />
und Verwaltung liegen fair im Marktdurchschnitt.<br />
Das wird an den Effektivkosten<br />
deutlich. Sie zeigen die Renditeminderung<br />
durch sämtliche Kosten – inklusive<br />
Fondskosten – auf. In Relation werden die<br />
Effektivkosten bei höheren Beiträgen und<br />
längeren Laufzeiten geringer und können<br />
somit unter 1 Prozent liegen.<br />
<strong>procontra</strong>: Welche Risiken sind mit Clever-<br />
Invest verbunden und wie wird das Risiko<br />
abgesichert?<br />
Lüer: CleverInvest ist eine reine fondsgebundene<br />
Rentenversicherung, das heißt<br />
für Kunden, dass sie grundsätzlich ein<br />
Verlustrisiko akzeptieren müssen, weil es<br />
nun einmal Verluste am Kapitalmarkt geben<br />
kann. Tatsächlich handelt es sich aber<br />
in den meisten Fällen um zwischenzeitige<br />
Wertschwankungen, die in der Regel und<br />
insbesondere bei längeren Laufzeiten<br />
wieder wettgemacht werden können. Um<br />
diese Schwankungen abzufedern, verfügt<br />
CleverInvest über automatisierte Sicherungsmechanismen:<br />
So bieten wir ein Rebalancing<br />
und ein Ablaufmanagement an.<br />
Mit unserer breiten Fondsauswahl kann<br />
eine große Diversifikation erreicht werden,<br />
wodurch Risiken gestreut und Wertschwankungen<br />
begrenzt werden können.<br />
<strong>procontra</strong>: Welche Dynamiken können<br />
vereinbart werden?<br />
Lüer: Die Beiträge der Hauptversicherung<br />
können jährlich zwischen 1 und<br />
10 Prozent erhöht werden, ebenfalls bei<br />
Einschluss einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung<br />
(BUZ). Zudem kann eine<br />
Fortführung der Dynamik im Falle einer<br />
Berufsunfähigkeit vereinbart werden.<br />
Dieser sogenannte Airbag kann ebenfalls<br />
zwischen 1 und 10 Prozent betragen.<br />
Einen derart hohen Dynamiksatz auch bei<br />
Einschluss einer BUZ bieten nicht viele<br />
Versicherer. Neu ist: Der Dynamik kann<br />
unbegrenzt widersprochen werden.<br />
<strong>procontra</strong>: Welche Rentenbezugsformen<br />
werden für CleverInvest angeboten?<br />
Lüer: Die CleverInvest Basisrente bietet<br />
einen klassischen Rentenbezug mit Rentengarantiezeit<br />
– auf Wunsch bis zum Alter<br />
95 Jahren. Bei der Überschussverwendung<br />
im Rentenbezug stehen eine teildynamische<br />
und eine dynamische Verrentung zur<br />
Auswahl. Der Schwester-Tarif in der dritten<br />
Schicht, die CleverInvest Privatrente,<br />
ist mit einem höchst flexiblen und auf<br />
Wunsch auch fondsgebundenen Rentenbezug<br />
ausgestattet. Im Rahmen der Basisrente<br />
kann diese Form der Rentenbezugsphase<br />
jedoch aus regulatorischen Gründen nicht<br />
angeboten werden.<br />
<strong>procontra</strong>: Wie flexibel ist das Produkt<br />
konzipiert?<br />
Lüer: Entnahmen sind bei der Basisrente<br />
aus regulatorischen Gründen nicht möglich.<br />
Für Beitragsfreistellung erheben wir<br />
keinerlei Gebühren und keinen Stornoabschlag.<br />
Bei beitragsfreien Verträgen müssen<br />
lediglich 1.000 Euro als Fondsguthaben<br />
im Vertrag vorhanden sein. Zuzahlungen<br />
sind jederzeit möglich ab 200 Euro bis<br />
zum staatlich geförderten Höchstbeitrag in<br />
Höhe von 51.574 Euro für <strong>2021</strong>. Zudem<br />
gelten grundsätzlich die ursprünglichen<br />
Rechnungsgrundlagen, das heißt, der<br />
garantierte Rentenfaktor gilt auch für alle<br />
Zuzahlungen und Erhöhungen.<br />
<strong>procontra</strong>: Welche Kosten- und Steuervorteile<br />
bietet CleverInvest im Rahmen der<br />
Basisrente?<br />
Lüer: Mit CleverInvest können wir die<br />
Behauptung entkräften, dass Lebensversicherungen<br />
im Vergleich zu Fondssparplänen<br />
teurer seien. Die Effektivkosten liegen<br />
wie erwähnt je nach Vertragskonstellation<br />
sogar unter 1 Prozent. Freischaffende<br />
können mit der Basisrente in diesem<br />
Jahr 92 Prozent ihres Beitrags steuerlich<br />
absetzen – bis zu einer Höhe von 25.787<br />
Euro jährlich für Singles und 51.574 Euro<br />
für Verheiratete. Der Prozentsatz steigt<br />
jedes Jahr um zwei weitere Punkte. 2025<br />
kann sogar der gesamte Beitrag steuerlich<br />
geltend gemacht werden. Zudem lässt sich<br />
eine monatliche Berufsunfähigkeitsrente<br />
einschließen. Auch diese Kombination lässt<br />
sich steuerlich absetzen. Die Versicherung<br />
ist bei einer Privat- oder Firmeninsolvenz<br />
und Arbeitslosigkeit in der Ansparphase<br />
vor Pfändungen geschützt. Auch eine<br />
Anrechnung auf Hartz-IV-Leistungen ist<br />
ausgeschlossen.<br />
HDI Lebensversicherung AG Charles-de-Gaulle-Platz 1 50679 Köln fachcenter-bAV@hdi.de www.hdi.de<br />
Advertorial<br />
43
BUSCHFUNK Versicherungen<br />
VERSICHERUNGEN<br />
SPD HÄLT WEITER AM PROVISIONSDECKEL FEST<br />
Gesetz regelt Vergütungsgrenze von Restschuldversicherungen.<br />
Nachdem der Bundestag mit dem Schwarmfinanzierungs-Begleitgesetz nun eine Begrenzung<br />
der Abschlussprovision für die Restschuldversicherung beschlossen hat, pochen die Sozialdemokraten<br />
erneut darauf, eine Obergrenze für die gesamte Lebensversicherung einzuführen.<br />
„Wir haben es leider nicht geschafft, einen Provisionsdeckel für Lebensversicherungen zu<br />
organisieren. Somit haben wir noch eine schöne Aufgabe für die nächste Legislaturperiode“,<br />
sagte Lothar Binding (Foto), finanzpolitischer Sprecher der SPD, bei der Verabschiedung des<br />
Gesetzes. In aktuellen Wahlumfragen kommen die Sozialdemokraten nur auf etwa 15 Prozent<br />
der Stimmen. Das Thema Provisionsdeckel sparen sie in ihrem Wahlprogramm bislang aber<br />
aus. Durch die jetzt beschlossene Vergütungsgrenze bei der Restschuldversicherung dürfen<br />
Vermittler solcher Policen maximal 2,5 Prozent der Darlehenssumme erhalten.<br />
CYBERPOLICEN STARK IM AUFWIND<br />
Die Pandemie heizt die Nachfrage nach<br />
Versicherungen gegen Hackerattacken an.<br />
Foto: iStock / Jakkapan21<br />
Nach dem ersten Corona-Jahr macht sich auf dem Cyberversicherungsmarkt<br />
ein Aufwärtstrend bemerkbar: Knapp die Hälfte der Anbieter<br />
von Cyberpolicen (47 Prozent) bewertet die aktuelle Marktlage<br />
als „eher stark“. Vor zwei Jahren schätzten hingegen 68 Prozent<br />
die Lage als schwach ein, ermittelte das Analysehaus Assekurata.<br />
Der mit der Pandemie einhergehende Digitalisierungsschub habe die<br />
Nachfrage gesteigert. 2020 lag das Prämienvolumen bei den Cyberpolicen<br />
bei rund 110 Millionen Euro.<br />
SCHLAFENDES POTENZIAL IN DER RUHESTANDSPLANUNG<br />
Versicherer könnten beim Management des Rentenalters punkten.<br />
In das Geschäftsfeld Ruhestands-Management wird von Versicherern und Vermittlern bislang<br />
zu wenig investiert. Nach einer Erhebung der KPMG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und<br />
der V.E.R.S. Leipzig schlummere hier großes, aber bislang kaum genutztes Marktpotenzial.<br />
So könne durch strategische Kooperationen der Angebotskatalog für die Generation 50plus<br />
erweitert werden. Vor allem in den Bereichen Gesundheit, Vollmachten, Altersvorsorge und<br />
Testament hätten die Kunden Beratungsbedarf, den Versicherer zusammen mit Partnern<br />
abdecken könnten. Originäre Versicherungsleistungen könnten demnach mit Angeboten, beispielsweise<br />
im Bereich Ambient Assisted Living, kombiniert werden. Letzteres zielt darauf ab,<br />
mit technischen Lösungen älteren Menschen ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen.<br />
Foto: iStock / RelaxFoto.de<br />
44<br />
<strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21
Versicherungen BUSCHFUNK<br />
Athora: Vorsitzender gibt seinen Posten ab<br />
Zum 30. Juni legt Christian Thimann (Foto) seinen Posten<br />
als Vorsitzender der Geschäftsführung der Athora<br />
Deutschland „auf eigenen Wunsch“ nieder. Thimann<br />
möchte sich stärker anderen Tätigkeiten widmen, bleibt<br />
dem Run-off-Versicherer aber in beratender Funktion<br />
erhalten. Sein Nachfolger wird Ralf Schmitt. Er verantwortete<br />
bisher die Bereiche Legal, Compliance und Governance<br />
bei Athora.<br />
Wenn die Klagen zum<br />
Bumerang werden<br />
DR. HERBERT SCHNEIDEMANN<br />
Vorstandsvorsitzender der<br />
Deutschen Aktuarvereinigung e. V. (DAV)<br />
Adam Riese: Neue Wohngebäude-Police<br />
Die Adam Riese GmbH geht mit einer neuen Wohngebäudeversicherung<br />
an den Start. Diese bietet eine Absicherung<br />
für Feuer-, Sturm- und Hagel- sowie Leitungswasserschäden<br />
und ist in drei Tariflinien unterteilt, je nach Bedarf<br />
und Risiko. Dabei können die Tarife vom Kunden individuell<br />
an den persönlichen Bedarf angepasst werden.<br />
WWK: Neuer Vertriebsleiter bAV<br />
Ruven Simon (Foto) ist seit dem 1. Mai neuer Leiter bAV<br />
im Partnervertrieb der WWK Versicherungen. In dieser<br />
Funktion verantwortet er die weitere Entwicklung und den<br />
Ausbau der vertrieblichen WWK-Geschäftsbeziehungen<br />
im Geschäftsfeld bAV. Damit übernimmt er einen Großteil<br />
des Aufgabenbereichs von Bernd Steinhart, der das<br />
Unternehmen verlassen hat.<br />
Ideal und Basler: Kooperation wird ausgebaut<br />
Ab sofort ist das Ideal-Vorsorgekonto UniversalLife auch<br />
über die Basler Lebensversicherungs-AG erhältlich. Damit<br />
sind die 650 Vermittler des Basler Exklusivvertriebs und<br />
der Basler-Tochter Zeus nun dazu befugt, das Rentengarantieprodukt<br />
UniversalLife zu verkaufen. Dabei können<br />
Ein- und Auszahlungen flexibel während der gesamten<br />
Laufzeit vorgenommen werden, Erträge und Kosten sind<br />
online abrufbar und tagesaktuell dargestellt.<br />
Zurich: 16.000 Vodafone-Mitarbeiter werden<br />
mit dem Produkt Team versichert<br />
Zurich übernimmt exklusiv die Absicherung von rund<br />
16.000 Vodafone-Mitarbeitern in Deutschland. Der<br />
Versicherer setzte sich in einer Ausschreibung gegen<br />
knapp 50 Konkurrenten durch. In dem Gruppenrisikoabsicherungspaket<br />
ist das Produkt Team mit einer arbeitgeberfinanzierten<br />
Todesfall- und Invaliditätsabsicherung<br />
enthalten.<br />
GDV: Anja Käfer-Rohrbach ist neue<br />
stellvertretende Hauptgeschäftsführerin<br />
Anja Käfer-Rohrbach (Foto) ist neue stellvertretende<br />
Hauptgeschäftsführerin beim Gesamtverband der Deutschen<br />
Versicherungswirtschaft (GDV) und verantwortet<br />
dort das Kompetenzzentrum Risikoschutz für Gesellschaft<br />
und Wirtschaft. Zuvor leitete sie bei der Aareal Bank Group<br />
die globale politische und regulatorische Kommunikation.<br />
Foto: iStock / Elxeneize<br />
Foto: WWK<br />
Ich möchte ehrlich sein – wenn die Preise auf dem<br />
Wochenmarkt oder auf der Stromrechnung plötzlich<br />
steigen, dann ärgere auch ich mich im ersten<br />
Moment. Doch meist hilft es, kurz innezuhalten:<br />
Schließlich wollen wir alle, dass auch Nutztiere ein<br />
würdiges Leben haben und wir unseren Kindern eine<br />
bewohnbare Welt hinterlassen. All diese Fortschritte<br />
gibt es aber nicht zum Nulltarif. Genauso ist es auch<br />
in unserem Gesundheitssystem. Nur dank der exzellenten<br />
Forschung konnte in einem halben Jahr ein<br />
Corona-Impfstoff gefunden werden, Krebs ist heute<br />
viel besser behandelbar als früher und Knopfloch-<br />
Operationen machen viele Eingriffe weniger belastend.<br />
Dieser Fortschritt ist ein Segen, gleichzeitig<br />
aber auch mit steigenden Kosten verbunden. Und<br />
von daher ist es unausweichlich, dass Krankenversicherungen<br />
teurer werden – gesetzliche wie private.<br />
Ich kann alle gut verstehen, die beim Öffnen ihrer<br />
Beitragsanpassungsschreiben erst einmal Luft holen<br />
müssen. Aber diese Prämienerhöhungen sind keine<br />
Willkür, sondern eine mathematische Notwendigkeit.<br />
Seit einigen Jahren gibt es Klagen gegen diese<br />
Beitragserhöhungen. Im Fokus steht dabei, ob alle<br />
formalen Voraussetzungen für die wirksame Durchführung<br />
einer Beitragsanpassung gegeben waren.<br />
Die sachliche Notwendigkeit wird von (fast) allen<br />
Beteiligten bejaht. Zu kurz kommt in den juristischen<br />
Debatten die Frage, welche langfristigen Folgen<br />
zurückgenommene Beitragsanpassungen haben. Und<br />
die Analysen der Deutschen Aktuarvereinigung liefern<br />
hier eine deutliche Antwort: Es kann durchaus dazu<br />
kommen, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher<br />
auf lange Sicht insgesamt sogar höhere Beiträge zu<br />
zahlen haben, wenn Beitragsanpassungen rückabgewickelt<br />
werden. Zudem müssen die Rückzahlungen<br />
gemeldet werden, was zu Steuernachzahlungen<br />
führen kann. So haben sich das viele beim Gang zum<br />
Rechtsanwalt sicherlich nicht vorgestellt.<br />
<strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21<br />
45
VERSICHERUNGEN Vorsorgeberatung<br />
»Biometrie ist komplexer<br />
als Altersvorsorge«<br />
Die Nürnberger will zur Nummer eins im Einkommensschutz werden. Über den Weg dahin,<br />
Kooperationen und die Arbeitszeit der Vermittler spricht LV-Vorstand Harald Rosenberger.<br />
– TEXT: FLORIAN BURGHARDT –<br />
»Getsurance soll nach<br />
Abschluss des<br />
Insolvenzverfahrens<br />
Leads für unseren<br />
stationären<br />
Vertrieb generieren.«<br />
<strong>procontra</strong>: In Ihrem Geschäftsbericht heißt<br />
es, dass die Nürnberger in absehbarer Zukunft<br />
die Nummer eins im Markt für die<br />
Absicherung der Arbeitskraft werden will.<br />
Ein paar Seiten vorher erklären Sie aber,<br />
dass sich Ihr BU-Bestand im Jahr 2020<br />
kaum erhöht hat. Wie wollen Sie diese<br />
Diskrepanz überwinden?<br />
Harald Rosenberger: Es ist unser Ziel, die<br />
Nummer eins im Einkommensschutz zu<br />
werden. Einkommensschutz greifen wir etwas<br />
größer auf als nur die Berufsunfähigkeitsversicherung.<br />
Dazu zählen wir auch<br />
Produkte wie die Grundfähigkeitsversicherung,<br />
Ernstfallschutz, Risikoleben, Krebs,<br />
KV-Zusatzprodukte oder auch die Unfallversicherung.<br />
Wir rücken also alles, was<br />
das Einkommen unserer Kunden schützt,<br />
in unseren strategischen Fokus. Mit speziellem<br />
Blick auf die BU war die Verände-<br />
rung in 2020 auch deswegen nur marginal,<br />
weil wir hier einen großen Bestand haben,<br />
Veränderungen sich also verhältnismäßig<br />
nur gering auswirken. Wir haben in der<br />
BU circa 7 Prozent Marktanteil – das hat<br />
die Nürnberger sonst in keinem anderen<br />
größeren Segment. Insgesamt sehen wir<br />
hier also unsere Stärken, und aus diesen<br />
heraus soll es jetzt nach vorne gehen.<br />
<strong>procontra</strong>: Kürzlich hat die Nürnberger<br />
Getsurance, ein InsurTech mit Spezialisierung<br />
auf Einkommensschutz, vor der Pleite<br />
gerettet. Was genau haben Sie mit Ihrer<br />
Neuerwerbung vor?<br />
Rosenberger: Über dem Getsurance-Kauf<br />
steht für uns die Frage: Wie kommt der<br />
Kunde an sein Produkt? Dabei glauben wir<br />
sehr stark an eine Omnikanallösung. Wir<br />
wollen dem Kunden nicht mehr vorgeben,<br />
wie er seine Police abzuschließen hat,<br />
sondern wir wollen ihm einfach die Wahl<br />
lassen, weil er bei uns alle Möglichkeiten<br />
hat. Getsurance unterstützt uns dabei mit<br />
seinem Know-how, soll nach Abschluss<br />
des Insolvenzverfahrens aber auch Leads<br />
für unseren stationären Vertrieb generieren.<br />
Denn viele Kunden werden online<br />
auf Getsurance aufmerksam, hätten dann<br />
aber doch gerne eine persönliche Beratung.<br />
Ein ähnliches Vorgehen verfolgen wir mit<br />
unserem eignen Kanal, der evo-X.<br />
<strong>procontra</strong>: Getsurance vermittelt aktuell<br />
ausschließlich Policen des Liechtensteiner<br />
Versicherers Squarelife. Wie passt<br />
es zusammen, dass die Nürnberger ein<br />
Unternehmen unterstützt, das ausschließlich<br />
Produkte eines anderen Versicherers<br />
verkauft?<br />
Rosenberger: Das muss ja nicht so bleiben,<br />
schließlich ist Getsurance ein Mehrfachagent.<br />
<strong>procontra</strong>: Mit Worksurance sind Sie<br />
seit Kurzem an einem weiteren jungen<br />
Unternehmen mit Schwerpunkt Arbeitskraftabsicherung<br />
beteiligt. Wen soll diese<br />
Kooperation ansprechen und was wollen<br />
46 <strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21
Vorsorgeberatung VERSICHERUNGEN<br />
Sie damit erreichen?<br />
Rosenberger: Bei Worksurance hat sich<br />
ein junges Team – überwiegend aus dem<br />
stationären Vertrieb – mit tollen Ideen<br />
zusammengetan. Schwerpunkt ist das<br />
Schaffen von Inhalten rund um das Thema<br />
Einkommensschutz. Davon sollen Vermittler<br />
profitieren können, vor allem was die<br />
eigene Suchmaschinenoptimierung angeht,<br />
ohne sich bei Google eine Top-Platzierung<br />
kaufen zu müssen. Außerdem soll über die<br />
Inhalte ganz allgemein das Interesse junger<br />
Menschen im Netz auf das Thema Einkommensschutz<br />
gelenkt werden. Denkbar<br />
sind auch hier irgendwann Leads für den<br />
stationären Vertrieb, aber Worksurance<br />
ist noch am Anfang, und hier wird gerade<br />
noch viel ausprobiert.<br />
<strong>procontra</strong>: Die Vermittler sollen Ihre Einkommensschutz-Ambitionen<br />
unterstützen.<br />
Dafür haben Sie die LV-Provisionssätze<br />
Ihrer Generalagenten für Altersvorsorgeprodukte<br />
leicht gesenkt, für Biometrieprodukte<br />
leicht erhöht – um jeweils rund<br />
5 Promille. Wird damit auch die Marschrichtung<br />
für den Vertrieb vorgegeben?<br />
Rosenberger: Das muss man etwas differenziert<br />
sehen, weil solche Promillesätze<br />
nicht immer zwangsläufig für alle gleich<br />
gelten. Wir finden, dass es komplexer ist,<br />
zu einem Biometrievertrag mit 100 Euro<br />
Monatsbeitrag zu beraten als zu 100 Euro<br />
monatlicher Altersvorsorge. Am wichtigsten<br />
ist natürlich, dass für den Kunden<br />
alles perfekt ist. Danach kommt es aber<br />
darauf an, dass der Vermittler für seine<br />
kostbare Arbeitszeit adäquat entlohnt<br />
wird. In der Altersvorsorge lassen sich in<br />
der Zukunft beispielsweise viel leichter Erhöhungen<br />
durchführen, und deshalb sind<br />
wir überzeugt, dass ein Altersvorsorgevertrag<br />
nicht denselben Promillesatz haben<br />
kann wie ein Biometrievertrag. Es geht<br />
aber auch um die Werthaltigkeit von Produkten.<br />
Wenn die Zinsen nahe null sind,<br />
muss man auch die Kosten eines Vertrags<br />
reflektieren. Aber der Hauptgrund, warum<br />
wir hier eine leiseste Adjustierung vorgenommen<br />
haben, ist der Unterschied beim<br />
Beratungsaufwand. Fragen Sie gerne mal<br />
unsere Vermittler, wie lange sie für 1.000<br />
Euro Jahresbeitrag in Biometrie beraten<br />
müssen und wie lange in der Altersvorsorge.<br />
Dann wird sehr schnell klar, wo aus<br />
der Bedarfsperspektive eines Vermittlers<br />
mehr Provision fließen sollte, wenn man<br />
sich die Arbeitszeit anschaut. <br />
Praxis.<br />
Ferienhaus.<br />
Egal!<br />
EINFACH AUF DEN PUNKT.<br />
Wie unsere Risikolebensversicherung zur<br />
Absicherung einer Immobilienfinanzierung.<br />
Die kann jetzt noch mehr: Denn damit sichern<br />
Ihre Kund/-innen nicht nur ein Darlehen für selbst<br />
genutzte Immobilien ab, sondern ab sofort auch<br />
für Arztpraxen (für niedergelassene Ärzte) oder<br />
selbst genutzte Ferienimmobilien in Deutschland.<br />
Ganz einfach mit nur zwei Gesundheitsfragen bis<br />
zu einer Versicherungssumme von 800.000 €.*<br />
Noch mehr<br />
Absicherungsmöglichkeiten<br />
Mehr auf europa-vertriebspartner.de oder<br />
unter 0221 5737-300<br />
<strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21<br />
* Inklusive Vorversicherungen oder weitere für das gleiche Darlehen 47<br />
beantragte Versicherungen bei der EUROPA Lebensversicherung AG.
VERSICHERUNGEN Allgefahrendeckung<br />
ALL-RISK – NO FUN?!<br />
Allgefahrenpolicen suggerieren den jederzeitigen Rundum-Schutz und scheinen<br />
für Makler daher ein unkompliziertes Geschäft zu sein. Doch die teuren Policen<br />
schränken die Klientel ein und bergen im Schadensfall böse Überraschungen.<br />
– TEXT: MARIAM MISAKIAN –<br />
Ein Sturm fegt über das Land, beschädigt<br />
das Dach des Hauses eines versicherten<br />
Kunden und verursacht einen riesigen<br />
Schaden. Der Versicherte ist sich sicher,<br />
dass seine Gebäudeversicherung für den<br />
Schaden aufkommt, immerhin deckt seine<br />
Police Sturmschäden ab. Doch dann folgt<br />
die böse Überraschung: Die Versicherung<br />
kommt nur für Schäden ab Windstärke 8<br />
auf – ärgerlich, denn der aktuelle Sturm lag<br />
mit 7,8 nur leicht darunter, war aber nicht<br />
weniger folgenschwer. Auf den Makler, der<br />
die Police vermittelt hat, kommen nun unangenehme<br />
Diskussionen zu. Im schlimmsten<br />
Fall muss er sogar für den Schaden haften,<br />
wenn er den Kunden beim Abschluss<br />
nicht ausreichend beraten hat. Solche bösen<br />
Überraschungen in der Schadensbearbeitung<br />
gehören für Makler zum unliebsamen<br />
Teil des Jobs. Eine Lösung für das Problem<br />
bieten All-Risk-Versicherungen. Sie finden<br />
sich im privaten Bereich am häufigsten bei<br />
Wohngebäude- sowie Hausratversicherungen<br />
wieder, im gewerblichen Bereich<br />
in Form von Inhaltsversicherungen. Zu<br />
den bekanntesten Anbietern von All-Risk-<br />
Policen in Deutschland gehören etwa His-<br />
48 Illustration: Eleonora Mavromati
Allgefahrendeckung VERSICHERUNGEN<br />
cox, Helvetia, Axa, HDI, Bayerische und<br />
Allianz.<br />
(K)EIN RUNDUM-SORGLOS-PAKET<br />
Im Vergleich zu den Standardversionen<br />
haben diese Policen einen entscheidenden<br />
Vorteil: Ob Einbruch-, Feuer- oder Sturmschäden<br />
– Makler und Versicherte müssen<br />
im Vertrag nicht mühsam zusammensuchen,<br />
was die Police alles abdeckt. Sie versichert<br />
automatisch alle Risiken, die nicht<br />
explizit ausgeschlossen sind. „Diese Sicherheit,<br />
dass eine bestmögliche Absicherung<br />
gewählt wurde, minimiert nicht nur die<br />
Haftung des Maklers, die Police ist auch<br />
für den Kunden deutlich sinnvoller und<br />
verständlicher“, betont Daniel Steinberger,<br />
Berater beim Versicherungsmakler Fairfekt.<br />
Er vermittelt All-Risk-Policen und weiß deren<br />
Vorteile zu schätzen.<br />
Allerdings ist eine Versicherung, die jedes<br />
Risiko abdeckt, zu schön – und auch zu teuer<br />
–, um wahr zu sein. Auch mit Allgefahrenpolicen<br />
können Versicherungsnehmer<br />
nicht jeden Schaden absichern: „Es gibt je<br />
nach Tarif noch eine ganze Anzahl an Risiken,<br />
die ausgeschlossen sind“, erklärt<br />
Steinberger. Dazu gehören bei Gebäudeversicherungen<br />
beispielsweise oft Kriegsereignisse,<br />
Allmählichkeits- oder Bauschäden.<br />
Das Problem: „Kunden könnten sich in<br />
falscher Sicherheit wiegen, weil der Tarif<br />
zwar ‚All-Risk‘ heißt, aber es eben doch<br />
einfach nicht möglich ist, alle Eventualitäten<br />
zu versichern“, warnt Steinberger.<br />
Damit es in der Haftung hinterher nicht<br />
zu Schwierigkeiten kommt, müssen Berater<br />
deshalb auch bei All-Risk das Kleingedruckte<br />
lesen und den Kunden sämtliche<br />
Ausschlüsse erklären, sodass gar nicht erst<br />
Fehlvorstellungen entstehen.<br />
versicherungen für Gebäude und Hausrat<br />
können als Premium-Segment angesehen<br />
werden“, sagt Floetemeyer. „Sie nehmen in<br />
der Regel hochwertige Haushalte in gehobenen<br />
Wohnlagen in den Fokus.“<br />
Einige Anbieter haben bei ihren Versicherungssummen<br />
sogar Limits nach unten<br />
und versichern etwa nur einen Hausrat mit<br />
einem Mindestwert von 300.000 Euro.<br />
Entsprechend haben es Berater gerade im<br />
Privatbereich nicht leicht, Kunden für diese<br />
Police zu gewinnen. „„Nur alteingesessene<br />
und traditionsreiche Versicherungsmakler<br />
verfügen über die erforderlichen Verbindungen,<br />
um hier erfolgreich einen Schwerpunkt<br />
ihrer Geschäftsausrichtung setzen zu<br />
können“, erläutert Floetemeyer.<br />
»Kunden könnten sich<br />
in falscher Sicherheit<br />
wiegen, weil der Tarif<br />
zwar ›All-Risk‹ heißt,<br />
es aber eben doch<br />
nicht möglich ist,<br />
alle Eventualitäten<br />
zu versichern.«<br />
DANIEL STEINBERGER, FAIRFEKT<br />
Bessere Vermittlungschancen haben Makler<br />
alternativ bei Kunden mit hohem Sicherheitsbedürfnis<br />
aus dem gehobeneren<br />
Mittelstand. Allerdings sehen Experten aus<br />
der Branche das teilweise kritisch. „All-<br />
Risk-Policen sind für Kunden vor allem<br />
über den Preis miteinander vergleichbar,<br />
kaum aber über den Inhalt. Daraus ergibt<br />
sich die Gefahr, dass risikoaverse Kunden<br />
alles Mögliche versichern wollen und Risiken<br />
mitbezahlen, die sie gar nicht versichern<br />
müssten“, warnt Claus Hunold, Leiter<br />
des Maklervertriebs Komposit bei der<br />
Axa. Obwohl die Axa selbst verschiedene<br />
Allgefahrenpolicen anbietet, sieht er diese<br />
kritisch. „All-Risk-Policen haben zwar für<br />
risikoaverse Kunden ihre Daseinsberechtigung,<br />
sollten aber erst am Ende eines Beratungsgesprächs<br />
stehen“, rät Hunold. An<br />
erster Stelle sollten Makler die Absiche-<br />
EINE PREISFRAGE<br />
Trotz der Ausschlüsse ist in Allgefahrenpolicen<br />
immer noch einiges mehr abgedeckt<br />
als in Standardversicherungen der gleichen<br />
Art. Das hat allerdings auch seinen Preis:<br />
All-Risk-Versicherungen kosten Versicherte<br />
häufig mindestens das Doppelte der Prämien,<br />
die sie für Standard-Sachversicherungen<br />
zahlen müssten, weiß Robert Floetemeyer,<br />
Experte für Sachversicherungen<br />
und All-Risk-Policen beim Makler Hoesch<br />
& Partner. So können All-Risk-Hausratversicherungen<br />
schnell 1.500 bis 1.600 Euro<br />
im Jahr kosten. Daher sind sie nach wie vor<br />
ein Nischenprodukt. „Private Allgefahrenrungsbedarfe<br />
der Kunden erfragen, empfiehlt<br />
er, und nur bei extrem risikoscheuen<br />
Kunden die kostspieligen Allgefahrenversicherungen<br />
als Option auf den Tisch legen.<br />
Ist die entsprechende Klientel erst mal<br />
gefunden, sind All-Risk-Policen gerade am<br />
Anfang sehr beratungsintensiv. Beispiel<br />
Hausratversicherung: „All-Risk-Versicherer<br />
brauchen als Basis für ihre Kalkulation<br />
aktuelle und nach Sachgruppen differenzierte<br />
Versicherungssummen“, führt<br />
All-Risk-Vermittler Floetemeyer aus. Vom<br />
Chagall-Kunstwerk bis zum Toaster: Makler<br />
sollten die Versicherungssumme so adäquat<br />
wie möglich aufführen, damit auch<br />
wirklich alles versichert ist und die Prämie<br />
die richtige Höhe hat. Um Versicherungssummen<br />
möglichst präzise zu ermitteln,<br />
macht Floetemeyer Hausbesuche, denn<br />
häufig schätzen Kunden jene selbst niedriger<br />
ein, als sie tatsächlich sind.<br />
ACHTUNG, OBLIEGENHEITEN!<br />
Die größten Stolpersteine in der Beratung<br />
lauern aber nicht bei der Versicherungssumme,<br />
sondern bei den Obliegenheiten,<br />
also den Verpflichtungen der Versicherten<br />
gegenüber der Versicherung. Ob ein offen<br />
gelassenes Fenster oder das Fehlen einer<br />
Alarmanlage schon als fahrlässig gelten,<br />
sollten Berater vorab klären und ihren Kunden<br />
deutlich mitteilen. Verhält sich der Versicherte<br />
aus Anbietersicht fahrlässig, kann<br />
das im Schadensfall zum Problem werden.<br />
„Makler haben oft nicht alle Obliegenheiten<br />
auf dem Schirm“, sagt Hunold von<br />
der Axa. „Kunden dürfen sich eben auch<br />
bei einer All-Risk-Police nicht in dem Glauben<br />
wähnen, alles sei versichert, auch wenn<br />
sie grob fahrlässig Obliegenheitspflichten<br />
verletzen.“<br />
Das gilt für gewerbliche ebenso wie für<br />
private All-Risk-Policen. „Fast alle Rechtsstreitigkeiten<br />
nach Schadenfällen drehen<br />
sich um das Thema Obliegenheiten“, sagt<br />
Cäsar Czeremuga. Er ist Rechtsanwalt und<br />
Berater für Unternehmen im Haftungs- und<br />
Versicherungsrecht bei der Kanzlei Wilhelm<br />
Rechtsanwälte in Düsseldorf. Rechtsstreitigkeiten<br />
zu Obliegenheitsthemen landen<br />
immer wieder auf seinem Tisch.<br />
Oft seien die Obliegenheiten sehr vage<br />
formuliert, bemängelt Czeremuga. Typisch<br />
sei etwa eine Klausel, in der steht, der Versicherte<br />
solle „alle gesetzlichen, behördlichen<br />
oder im Vertrag vereinbarten Sicherheitsvorschriften<br />
beachten“. Was genau<br />
<strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21<br />
49
VERSICHERUNGEN Allgefahrendeckung<br />
»Obliegenheiten zwingen Makler<br />
ins Detail«<br />
CÄSAR CZEREMUGA, Rechtsanwalt für Haftungs- und Versicherungsrecht<br />
<strong>procontra</strong>: Herr Czeremuga, wie beliebt sind All-<br />
Risk-Versicherungen im gewerblichen Bereich?<br />
Cäsar Czeremuga: Im Industrie- und Gewerbebereich<br />
sind All-Risk-Policen inzwischen sehr<br />
verbreitet. Vor allem in der technischen Sparte<br />
ist es fast schon Usus, dass man eine Allgefahrenversicherung<br />
vereinbart.<br />
<strong>procontra</strong>: Warum greifen Unternehmen zur All-<br />
Risk-Versicherung?<br />
Czeremuga: Nehmen wir ein Beispiel: Ein Unternehmen<br />
baut ein Kraftwerk. Normalerweise<br />
benötigt man für das Bauvorhaben zumindest<br />
eine Bauleistungsversicherung und eine<br />
Montageversicherung, denn beim Bau drohen<br />
jede Menge Gefahren. Gerade bei Großprojekten<br />
bedienen sich Unternehmen sogenannter Projektversicherungen,<br />
die das Bauleistungs- und<br />
Montagerisiko abdecken und als Allgefahrenversicherung<br />
ausgestaltet sind. Sie versichern<br />
auch Gefahren, die Bauherren nicht vorhergesehen<br />
haben.<br />
<strong>procontra</strong>: Welche Vorteile haben All-Risk-<br />
Policen noch?<br />
Czeremuga: Ein ganz wesentlicher Vorteil ist die<br />
Beweislastumkehr. Angenommen, eine Versicherung<br />
lehnt die Zahlung auf einen Schaden<br />
ab und der Versicherte will das anfechten.<br />
Normalerweise muss er dann beweisen, dass<br />
der Schaden durch eine versicherte Ursache<br />
eintrat – das geht nur mit Anwalt und kann teuer<br />
werden. Bei der All-Risk-Versicherung ist es<br />
umgekehrt: Lehnt der Versicherer die Auszahlung<br />
ab, muss er selbst nachweisen, dass der<br />
Schaden nicht gedeckt ist.<br />
<strong>procontra</strong>: Machen sich Makler bei einem so<br />
hohen Deckungsumfang nicht überflüssig?<br />
Czeremuga: Auf keinen Fall. Denn aufgrund des<br />
potenziell großen Deckungsumfangs versuchen<br />
Versicherer an anderen Stellen des Vertrages<br />
Hürden für den Versicherungsschutz einzubauen,<br />
etwa indem sie dem Versicherungsnehmer<br />
viele Verhaltensregeln, sogenannte Obliegenheiten,<br />
auferlegen. Hier müssen Berater ins<br />
Detail gehen und sehr viel vor Vertragsschluss<br />
klären, was andernfalls später ein Richter zu<br />
klären hat.<br />
<strong>procontra</strong>: Hätten Sie ein Beispiel?<br />
Czeremuga: Der Klassiker ist ein Brand verursacht<br />
durch ein elektrisches Gerät. In den<br />
Standard-Versicherungsbedingungen von<br />
All-Risk-Policen finden sich zwar oft gesetzliche<br />
Vorgaben zum Thema Brandschutz und<br />
Wartung der Geräte wieder. Aber es ist dennoch<br />
sinnvoll, solche allgemeinen Vorgaben an den<br />
jeweiligen Betrieb anzupassen und zu schauen,<br />
wie sie versicherungskonform im Unternehmen<br />
umgesetzt und protokolliert werden können. Hier<br />
bedarf es einer Maklerexpertise – ein Laie kann<br />
das gar nicht sehen. Ein weiterer Streitpunkt<br />
im Schadenfall ist die Unterversicherung. Hier<br />
können Makler von Anfang an gegenlenken.<br />
<strong>procontra</strong>: Was müssen Makler beim Thema<br />
Unterversicherung beachten?<br />
Czeremuga: Eine Unterversicherung liegt vor,<br />
wenn durch die Police eine zu geringe Versicherungssumme<br />
abgedeckt ist. Beispiel: Ein<br />
Gebäude ist zwölf Millionen Euro wert, versichert<br />
sind aber nur zehn Millionen. Im Brandfall wäre<br />
das Gebäude für zwei Millionen Euro unterversichert.<br />
Versicherer können dann im Schadenfall<br />
die Leistung kürzen und argumentieren, der<br />
Versicherte hab eine zu geringe Prämie gezahlt.<br />
Makler können beispielsweise einen Unterversicherungsverzicht<br />
mit der Versicherung<br />
vereinbaren.<br />
das bedeutet, weiß nicht einmal der<br />
Anwalt. Weit gefasste Klauseln wie diese<br />
sind aus Versicherersicht aber notwendig.<br />
„Im Umkehrschluss würde es bedeuten, der<br />
Versicherer müsste alle diese Vorschriften<br />
explizit als Obliegenheiten in den Allgemeinen<br />
Versicherungsbedingungen aufführen“,<br />
erklärt Christian Buschkotte, Managing<br />
Director bei der Provinzial-Tochterfirma<br />
andsafe, die Inhaltsversicherungen für<br />
Unternehmen anbietet. Trotzdem sei diese<br />
Klausel im Schadensfall häufig Streitgrund<br />
zwischen Versicherungsnehmern und Versicherern,<br />
warnt Rechtsanwalt Czeremuga.<br />
Um solche Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden,<br />
sollten Makler jeden noch so kleinen<br />
Punkt abklären und im Zweifel bei den Anbietern<br />
Rückfragen stellen, empfiehlt er.<br />
Das gilt ebenso für alle Obliegenheiten<br />
privater All-Risk-Policen. „Damit eine<br />
All-Risk-Police am Ende für den Kunden<br />
und seinen Makler tatsächlich ein echtes<br />
‚Rundum-sorglos-Paket‘ für viele Jahre ist,<br />
müssen Makler besonders kompetent und<br />
gründlich beraten“, hebt All-Risk-Makler<br />
Floetemeyer hervor. „Dann hält die Schadenbearbeitung<br />
am Ende, was der Vertrag<br />
verspricht.“<br />
PRO<br />
ALL-RISK – WIRKLICH EINFACH?<br />
Alles abgedeckt,<br />
was nicht explizit<br />
ausgeschlossen ist<br />
Weniger Probleme<br />
mit Beraterhaftung<br />
Einfache Schadensbearbeitung<br />
CONTRA<br />
Premium-Segment,<br />
für viele zu teuer<br />
Versicherungssumme<br />
erfordert<br />
Detailarbeit<br />
Obliegenheiten<br />
können zum Fallstrick<br />
werden<br />
50 <strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21
SIGNAL IDUNA ANZEIGE<br />
DIE Dienstunfähigkeitsabsicherung<br />
für Polizisten!<br />
Jedes Jahr im Frühling und im Spätsommer werden in vielen Dienststellen neue Polizeianwärter eingestellt. Die<br />
frischgebackenen Beamten benötigen unter anderem eine umfassende Absicherung im Falle einer (Vollzugs-)<br />
Dienstunfähigkeit. Hier bietet SIGNAL IDUNA eine leistungsstarke Versicherungslösung zu attraktiven Prämien an.<br />
– oder wenn eine allgemeine DU oder eine<br />
BU vorliegt.<br />
Mit SI WorkLife bietet die SIGNAL IDUNA ein<br />
innovatives Einkommensschutz-Konzept.<br />
Es umfasst sowohl eine Grundfähigkeitsals<br />
auch eine BU-Versicherung in je zwei<br />
unterschiedlichen Leistungsstufen. Für viele<br />
Berufsgruppen ist damit die Absicherung zu<br />
besonders günstigen Beiträgen möglich.<br />
Wichtig für Beamte: Fester Bestandteil der<br />
Produkte SI WorkLife EXKLUSIV und EXKLU-<br />
SIV-PLUS ist zudem eine vollständige und<br />
„echte“ Dienstunfähigkeitsklausel. Als „echt“<br />
gilt eine DU-Klausel dann, wenn sie dem<br />
Versicherer keine eigene medizinische Prüfung<br />
auf Berufsunfähigkeit erlaubt, sondern<br />
einzig auf das medizinische Gutachten des<br />
Amtsarztes abstellt. Davon ausgenommen<br />
ist nur das Prüfungsrecht bei Verdacht einer<br />
vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung.<br />
Vollständig wiederum ist eine DU-Klausel<br />
dann, wenn auch Beamte auf Widerruf und<br />
auf Probe einbezogen werden.<br />
Vollzugsdienstunfähigkeitsklausel<br />
Darüber hinaus können viele Beamte des<br />
Vollzugsdienstes zusätzlich eine Vollzugsdienstunfähigkeitsklausel<br />
einschließen.<br />
Diese bietet Polizeibeamten im Vollzugsdienst<br />
– insbesondere in der Premium-<br />
Variante SI WorkLife EXKLUSIV-PLUS – eine<br />
passgenaue Ergänzung zu der allgemeinen<br />
Dienstunfähigkeitsabsicherung. Selbstverständlich<br />
auch für Polizisten auf Widerruf<br />
und auf Probe!<br />
Die Highlights der Vollzugsdienstunfähigkeitsabsicherung<br />
in SI WorkLife EXKLUSIV-<br />
PLUS für Polizisten auf Widerruf/Probe:<br />
• Die Leistungsdauer der Vollzugsdienstunfähigkeitsklausel<br />
beträgt 72 Monate.<br />
• Danach erfolgt die Leistung (maximal bis<br />
Ende der vereinbarten Leistungsdauer)<br />
weiter,<br />
– bei einem Dienstunfall, solange der<br />
Beamte Versorgungsbezüge erhält<br />
Und auch für Vollzugsbeamte der Polizei<br />
auf Lebenszeit ist SI WorkLife EXKLUSIV-<br />
PLUS eine hervorragende Wahl:<br />
• Die Leistungsdauer der DU-Rente bei Vollzugsdienstunfähigkeit<br />
beträgt 72 Monate.<br />
• Danach erfolgt die Leistung (maximal bis<br />
Ende der vereinbarten Leistungsdauer)<br />
weiter,<br />
– solange der Beamte Versorgungsbezüge<br />
erhält oder<br />
– wenn eine allgemeine DU oder eine BU<br />
vorliegt.<br />
• Alternativ erhält der Beamte auf Lebenszeit<br />
für maximal 36 Monate die vereinbarte<br />
Rente, wenn er nicht aus dem Vollzugsdienst<br />
in den Ruhestand versetzt wurde,<br />
sondern stattdessen in den Innendienst<br />
versetzt wird (Laufbahnwechsel) und dort<br />
eine Ausbildung durchläuft.<br />
Bedarfsgerechte Absicherungshöhe<br />
SIGNAL IDUNA bietet zudem eine auf die<br />
verschiedenen Besoldungsgruppen zugeschnittene<br />
Absicherungshöhe der Dienstunfähigkeitsrenten<br />
an. So können Beamte auf<br />
Widerruf/Probe der Besoldungsgruppen A2<br />
bis A11 1.800 Euro in zwei individuell dem<br />
Absicherungsbedarf angepassten Verträgen<br />
absichern. Ab der Besoldungsgruppe A12<br />
steigt die Maximalhöhe auf 2.000 Euro.<br />
Und auch Beamte auf Lebenszeit können –<br />
ohne Nachweis der konkreten Versorgungslücke<br />
– auf die jeweilige Besoldungsgruppe<br />
angepasste DU-Renten absichern. Und<br />
wenn es etwas mehr sein darf, können darüber<br />
hinaus auch höhere Renten versichert<br />
werden, wenn über eine Beamtenversorgungsanalyse<br />
ein höherer Bedarf nachgewiesen<br />
wird!<br />
3
VERSICHERUNGEN Gamification<br />
ZOCKEN FÜR DEN ABSCHLUSS?<br />
Modetrend oder Zukunft? Immer mehr Versicherer setzen auf den Spieltrieb der Kunden –<br />
dabei kratzen Gamification-Elemente nur an der Oberfläche; sie ersetzen weder Berater,<br />
noch generieren sie messbar mehr Abschlüsse.<br />
– TEXT: ANNE MAREILE WALTER –<br />
52 Illustration: Roman Kulon
Gamification VERSICHERUNGEN<br />
Eine E-Mail in roter Schrift ploppt auf dem<br />
Bildschirm auf, die Betreffzeile ist unmissverständlich:<br />
„Sie wurden gehackt.“ Nach<br />
24 Stunden würden sämtliche Kundendaten<br />
ins Netz wandern, droht der Angreifer. Ein<br />
Horrorszenario, das in der Realität wohl<br />
jedem Firmeninhaber schlaflose Nächte bereiten<br />
dürfte. Der Mail folgt ein Spiel. Ein<br />
Fragefeld nach dem anderen gleitet über<br />
den Bildschirm, jede richtige Antwort treibt<br />
den nebenherlaufenden Score nach oben.<br />
Schnell kristallisiert sich heraus: Um eine<br />
Hackerattacke in den Griff zu bekommen,<br />
sind Experten nötig, und eine Cyberversicherung<br />
schützt.<br />
Seit Oktober 2020 ist das „Cyber Crime<br />
Time“-Game des Versicherers Hiscox online.<br />
Es erklärt auf spielerische Art Notwendigkeit<br />
und Bestandteile einer solchen<br />
Versicherung, es informiert Berater und<br />
Kunden – und ist damit ein klassisches<br />
Beispiel für Gamification. Im Gabler-Wirtschaftslexikon<br />
wird der Begriff als „Übertragung<br />
von spieltypischen Elementen in<br />
spielfremde Zusammenhänge mit dem Ziel<br />
der Verhaltensänderung und Motivationssteigerung“<br />
definiert. Dieses Potenzial erkennen<br />
auch immer mehr Versicherer und<br />
setzen spielerische Elemente ein, um neue<br />
Zielgruppen zu gewinnen. Dabei ist der Effekt<br />
jedoch begrenzt, eine persönliche Beratung<br />
kann das Zocken auf dem Handy<br />
nicht ersetzen.<br />
»Durch unser Cyber-<br />
Game hat sich die Zahl<br />
der Versicherungsabschlüsse<br />
gesteigert.«<br />
CATHRIN ENGELMANN, HISCOX<br />
dig ist. „Diese Apps sind meist Teil einer<br />
größeren Marketingstrategie. Und worauf<br />
ein Erfolg zurückzuführen ist, bleibt unklar.“<br />
Konkrete Zahlen, wie viele Versicherer<br />
aktuell Gamification-Tools einsetzen,<br />
sind bei den Versicherungsforen nicht verzeichnet.<br />
Doch ein Trend zur spielerischen<br />
Ansprache von Kunden sei erkennbar.<br />
Dabei attestiert Wolff-Marting den Apps<br />
durchaus Potenzial, beispielsweise wenn sie<br />
eine vorhandene Motivation des Nutzers<br />
weiter vorantreiben. „Wer gesund leben<br />
will, sich aber nicht aufraffen kann, ändert<br />
so möglicherweise sein Verhalten“, meint<br />
Wolff-Marting.<br />
MANGEL AN KOMPLEXEN INHALTEN<br />
Der zur Uniqua-Gruppe gehörende Versicherer<br />
Cherrisk hat eine Gamification-App<br />
im Programm, die genau das zum Ziel hat.<br />
Für fünf Minuten Bewegung werden die<br />
Nutzer mit einer Kirsche belohnt. Für „ablenkungsfreies“<br />
Fahren gibt es ebenfalls virtuelle<br />
Früchte. Diese werden gegen Rabatte<br />
und Gewinnspiele eingetauscht. „Die App<br />
soll dabei helfen, ein sichereres Leben zu<br />
führen. Und Sicherheit ist ein Grundbedürfnis<br />
beim Abschluss einer Versicherung“,<br />
APPS FÖRDERN DIE MOTIVATION<br />
Cathrin Engelmann, die als Marketingmanagerin<br />
bei Hiscox mitverantwortlich für<br />
die Entwicklung des Cyber-Games war,<br />
betont: „Unser Spiel gibt nur ein mögliches<br />
von 100 möglichen Szenarien wieder.“ Jeder<br />
Cyberangriff sei anders, und darüber<br />
könne letztlich nur ein Vermittler informieren.<br />
Dennoch ist der Versicherer überzeugt,<br />
dass das Spiel Wirkung zeigt, von den Maklern<br />
werde es als Informationstool gut angenommen.<br />
Und: Die Produktionskosten<br />
von rund 20.000 Euro würden sich rechnen.<br />
Ob die Kosten durch das Neukundengeschäft<br />
wieder eingespielt werden, lässt<br />
der Versicherer offen.<br />
Dass durch Gamification tatsächlich in<br />
großer Menge neue Kunden gewonnen werden,<br />
stellt Vincent Wolff-Marting infrage.<br />
„Der Effekt von Gamification ist schwer<br />
messbar“, sagt der Wirtschaftsinformatiker,<br />
der bei den Versicherungsforen Leipzig<br />
für Digitalisierung und Innovation zustänerklärt<br />
Cherrisk-CEO Krisztián Kurtisz.<br />
216.000 Menschen würden die App nutzen,<br />
der Abschluss einer Versicherung sei<br />
nur einen Klick entfernt. Welchen Effekt<br />
das virtuelle Kirschensammeln in dieser<br />
Hinsicht hat, ist allerdings eine unbekannte<br />
Größe. Konkrete Erhebungen dazu gibt es<br />
nicht.<br />
Der Krankenversicherer DAK nutzt<br />
ebenfalls Gamification-Elemente zur Prävention.<br />
Im April 2018 brachte er die App<br />
„Retter der Zukunft“ auf den Markt, in<br />
der ein Teenager durch Großstadtstraßen<br />
jagt, um die Welt vor der Kontrolle durch<br />
ein Computerspiel zu schützen. Im Rahmen<br />
der betrieblichen Gesundheitsförderung<br />
soll das Spiel übermäßigem Medienkonsum<br />
bei Auszubildenden vorbeugen. „Man bekämpft<br />
bildlich gesprochen Feuer mit Feuer“,<br />
erklärt DAK-Experte Gerrit Rohde.<br />
„Das Videospiel ist Prävention auf Augenhöhe.“<br />
Da die App aber keine komplexen<br />
Inhalte vermittle, werde das Spiel mit Vorträgen<br />
zum Thema „Medienkompetenz“<br />
ergänzt.<br />
Als Eyecatcher oder um nüchtern scheinende<br />
Versicherungsklauseln spielerisch<br />
aufzuschlüsseln – auf diesen Ebenen können<br />
Versicherer und Berater mit Gamification<br />
punkten. Dabei kratzen die Elemente<br />
aber letztlich an der Oberfläche. „Wenn<br />
Gamification zum Jahrmarktspiel wird und<br />
es nur um plakatives Jonglieren mit Bällen<br />
geht, ist darin nichts Sinnvolles enthalten“,<br />
fasst Wirtschaftsinformatiker Wolff-Marting<br />
zusammen. „Spiele können einen Berater<br />
nicht ersetzen, aber sie können seine<br />
Tätigkeit ergänzen.“<br />
PRO<br />
GAMIFICATION ZUR<br />
KUNDENGEWINNUNG?<br />
Ansprache neuer,<br />
jüngerer Zielgruppen<br />
Komplexe Themen<br />
werden anschaulich<br />
Forcieren eines gesünderen<br />
Lebensstils<br />
CONTRA<br />
Computerspiele<br />
kratzen an der Oberfläche<br />
Kein Eingehen auf<br />
individuelle Kundenbedürfnisse<br />
Kurzlebiges Interesse<br />
an den Apps<br />
<strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21<br />
53
VERSICHERUNGEN Riester-Rente<br />
RIESTER-RETTUNG UNGEWOLLT<br />
Die Regierung hat weder Kraft noch Zeit für eine Reform. Versicherer wollen das geförderte<br />
Produkt zwar retten, wenden sich gleichzeitig aber bereits ab. Kommt jetzt der Bürgerfonds?<br />
– TEXT: STEFAN TERLIESNER –<br />
54 Illustration: Eleonora Mavromati
Riester-Rente VERSICHERUNGEN<br />
10.688.000<br />
WENIGER RIESTER-VERTRÄGE<br />
Erstmals ging 2020 in allen Kategorien die Anzahl der Verträge zurück.<br />
3.297.000<br />
1.793.000<br />
592.000<br />
Versicherungsverträge Fonds Wohnen-Riester Banksparpläne<br />
16.000<br />
16.000<br />
35.000<br />
85.000<br />
Bestand * Minus gegenüber 2019 *<br />
*<br />
Zahlen gerundet Quelle: Bundesministerium für Arbeit und Soziales<br />
Das wird nichts mehr! Das Bundesfinanzministerium<br />
sitzt eine Reform der Riester-<br />
Rente aus. Behördenchef Olaf Scholz (SPD)<br />
ist hier federführend. Wenige Wochen vor<br />
der Bundestagswahl ist diese Prognose nicht<br />
besonders kühn. Dabei hat die schwarz-rote<br />
Koalition zugesagt, das Thema in dieser<br />
Legislaturperiode anzupacken. Auf Anfrage<br />
teilte die Pressestelle des Ministeriums<br />
mit, dass es „zur Zukunft der Riester-Rente<br />
noch sehr unterschiedliche Auffassungen<br />
und Vorschläge gibt“.<br />
UNERFÜLLBARE GARANTIE?<br />
Damit ist auch ein Ende der bereits bei<br />
ihrer Einführung als „zu kompliziert, zu<br />
teuer und zu renditeschwach“ kritisierten<br />
Riester-Rente nicht mehr ausgeschlossen.<br />
„Wenn selbst bei der Absenkung des Garantieerfordernisses<br />
nichts passiert, muss<br />
man vermuten, dass es Kräfte gibt, die die<br />
Riester-Rente bewusst schwächen wollen“,<br />
meint Jochen Ruß, Geschäftsführer des Instituts<br />
für Finanz- und Aktuarwissenschaften<br />
(siehe Interview).<br />
Seit zehn Jahren ist das Zinsniveau im<br />
Keller. Das hat vor allem die auf Versicherungen<br />
basierende Variante der Riester-<br />
Rente erst zu einem Ladenhüter und dann<br />
zu einem Problem auch für die Versicherer<br />
gemacht. Sie müssen es schaffen, zumindest<br />
die Beitragsgarantie zu erfüllen. Vor diesem<br />
Hintergrund agiert Berlin nach dem Motto:<br />
Soll doch die nächste Regierung über ein<br />
zukunftsfähiges Konzept für die Förderung<br />
der privaten Altersvorsorge entscheiden,<br />
wir haben ja schließlich Neuerungen wie<br />
Mütterente, Grundrente und Rente mit 63<br />
für langjährig Versicherte angepackt.<br />
»Zur Zukunft der<br />
Riester-Rente gibt<br />
es noch sehr<br />
unterschiedliche<br />
Auffassungen.«<br />
PRESSESTELLE DES BUNDESFINANZMINISTERIUMS<br />
Bisher hat die Bundesregierung also oft<br />
an die älteren Jahrgänge gedacht. Jüngere<br />
Menschen und Erwerbstätige müssen wieder<br />
einmal abwarten. Dabei hat die Finanzbranche<br />
in den vergangenen Monaten<br />
nochmals auf den ihrer Meinung nach<br />
akuten Reformbedarf der Riester-Rente mit<br />
ihrer Beitragsgarantie hingewiesen. „Die<br />
Bundesregierung muss auch ein adäquates<br />
Angebot für die künftigen Rentnergenerati-<br />
onen machen“, forderte zum Beispiel Peter<br />
Schwark, stellvertretender Hauptgeschäftsführer<br />
des Gesamtverbands der Deutschen<br />
Versicherungswirtschaft (GDV).<br />
RECHNUNGSZINS FAST BEI NULL<br />
Dramatisch ist die Lage, seit das Finanzministerium<br />
vor einigen Wochen bekannt gab,<br />
den Höchstrechnungszins für Lebensversicherungen<br />
und Pensionsfonds zum 1. Januar<br />
2022 auf 0,25 Prozent abzusenken. Seit<br />
2017 liegt er bei 0,9 Prozent. Eigentlich<br />
hatten Fachleute eine Absenkung des sogenannten<br />
Garantiezinses bereits zum 1. Januar<br />
<strong>2021</strong> erwartet; auf 0,5 Prozent, wie<br />
Ende 2019 von der Deutschen Aktuarvereinigung<br />
(DAV) vorgeschlagen. Doch bereits<br />
damals saß das Ministerium das Thema aus<br />
und legte keinen Gesetzentwurf vor, was<br />
sofort eine Debatte um eine Reform der<br />
Riester-Rente entzündet hätte. „Also blieb<br />
das Ministerium in Deckung“, ist zu hören.<br />
Viele Versicherer aber mussten reagieren.<br />
Sie wenden bereits Rechnungszinssätze unterhalb<br />
des derzeitigen Höchstsatzes von<br />
0,9 Prozent an. Laut dem Beratungsunternehmen<br />
Aon liegen viele Versicherer bereits<br />
bei den geplanten 0,25 Prozent oder sogar<br />
darunter. „Wir erwarten, dass es künftig<br />
so gut wie keine Tarifangebote mehr geben<br />
wird, in denen eine 100-prozentige<br />
Beitragsgarantie enthalten ist“, betont<br />
<strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21<br />
55
VERSICHERUNGEN Riester-Rente<br />
Thorsten Teichmann, Partner und Mitglied<br />
der Geschäftsleitung bei Aon. Nur<br />
erwähnt werden soll, dass die betriebliche<br />
Altersvorsorge vor dem gleichen Problem<br />
steht.<br />
VERBÄNDE LEGEN PLAN VOR<br />
Die Produktgeber und wohl auch viele Vermittler<br />
möchten die Riester-Rente mit ihrer<br />
staatlichen Förderung aber doch irgendwie<br />
retten – Förderung ist schließlich immer<br />
ein gutes Vertriebsargument. So schlugen<br />
Ende 2020 der GDV, der Fondsverband<br />
BVI, der Verband der Privaten Bausparkassen<br />
(VdPB) und die Landesbausparkassen<br />
Alarm: „Die Zeit für eine Reform läuft davon“,<br />
hieß es laut GDV in einem Brief an<br />
das CDU-geführte Kanzleramt.<br />
Einen Plan zur Rettung der Riester-Rente<br />
hatten die Verbände bereits 2019 erarbeitet.<br />
„Anstelle des komplizierten Zulagenwirrwarrs<br />
müssten leichter verständliche<br />
Förderverfahren treten. Jeder selbst eingezahlte<br />
Euro sollte mit mindestens 50 Cent<br />
vom Staat gefördert werden. Die Beitragsgarantie<br />
müsse gelockert werden, um eine<br />
Chance für höhere Renditen zu eröffnen<br />
– und damit auch höhere Rentenzahlungen<br />
im Alter“, erläutert der GDV. Zudem<br />
forderten die Versicherer und Finanzdienstleister,<br />
die Riester-Förderung für alle zu öffnen.<br />
Also etwa auch für Selbstständige.<br />
PLÄDOYER FÜR GESAMTPAKET<br />
Der entscheidende Punkt aber sei eine Abkehr<br />
von der 100-prozentigen Beitragsgarantie.<br />
Die vorherrschende Garantiefixierung<br />
müsse aufgehoben werden, „um dem<br />
Gedanken zum Durchbruch zu verhelfen,<br />
»Volle Garantie nicht mehr möglich«<br />
JOCHEN RUSS, Geschäftsführer des Instituts für Finanz- und Aktuarwissenschaften an der Universität Ulm<br />
<strong>procontra</strong>: Der GDV möchte die Absenkung des<br />
Höchstrechnungszinses mit einer Absenkung<br />
des Garantieniveaus der Riester-Rente verknüpfen.<br />
Was steckt dahinter?<br />
Jochen Ruß: Der Höchstrechnungszins bewirkt<br />
indirekt eine Obergrenze für garantierte Leistungen.<br />
Eine volle Garantie der eingezahlten Beiträge,<br />
wie bei der Riester-Rente vorgeschrieben,<br />
ist künftig selbst bei extrem kostengünstigen<br />
Produkten faktisch nicht mehr möglich.<br />
<strong>procontra</strong>: Aufgabe der Politik ist es ja nicht,<br />
einzelne Interessengruppen zu helfen.<br />
Ruß: Es geht nicht darum, jemandem einen<br />
Gefallen zu tun, sondern darum, dass gesetzlich<br />
etwas vorgeschrieben ist, was ökonomisch<br />
faktisch unmöglich ist. Darüber hinaus haben<br />
wir in einer Studie gezeigt, dass im aktuellen<br />
Zinsumfeld abgesenkte Garantien auch für<br />
sicherheitsorientierte Verbraucher bedarfsgerecht<br />
sind. Zu diesem Ergebnis kommt man,<br />
wenn man inflationsbereinigte Chancen und<br />
Risiken betrachtet. Das sollte man auch tun, da<br />
es ja für Verbraucher nicht darauf ankommt, wie<br />
viel Stück Euromünzen man als Rente bekommt,<br />
sondern wie viele Mahlzeiten und Monatsmieten<br />
man davon kaufen kann.<br />
<strong>procontra</strong>: Könnten Sie das bitte genauer<br />
erklären?<br />
Ruß: Je höher die Garantie, desto weniger Aktien<br />
und andere chancenreiche Kapitalanlagen<br />
stecken in einem Altersvorsorgeprodukt – ganz<br />
egal wie es im Detail konstruiert ist. Und über<br />
einen langen Zeitraum gibt es nachweislich<br />
eine positive Korrelation zwischen Aktienrenditen<br />
und der Inflation. Neben den bekannten<br />
Wirkungsweisen von Garantien gibt es deshalb<br />
noch einen weiteren – bisher nicht berücksichtigten<br />
– Effekt: Garantien erhöhen dasjenige<br />
Risiko, das aus der Unsicherheit der Inflation<br />
resultiert.<br />
<strong>procontra</strong>: Was heißt das konkret für die Produkt<br />
auswahl?<br />
Ruß: Unterm Strich sind Produkte mit abgesenkten<br />
Garantien derzeit deutlich chancenreicher<br />
als Produkte mit hohen Garantien.<br />
Sie sind aber in Bezug auf die Kaufkraft der<br />
Leistung nur geringfügig riskanter – wenn<br />
überhaupt. Sicherheit ist also nicht dasselbe<br />
wie Garantie.<br />
<strong>procontra</strong>: Sie sprechen sich also für mehr<br />
Aktien in der Altersvorsorge aus?<br />
Ruß: Ja! Aber für sicherheitsorientierte Verbraucher<br />
in Maßen. Senkt man nämlich Garantien<br />
weiter ab als auf 70 bis 80 Prozent der Beiträge,<br />
dann nimmt die Chance kaum noch zu – das<br />
Risiko hingegen immer stärker.<br />
<strong>procontra</strong>: Es gibt doch Riester-Fonds. Lässt<br />
sich damit nicht fürs Alter vorsorgen?<br />
Ruß: Dass zu hohe Garantien keine Chancen<br />
zulassen, gilt nicht nur für Versicherer. Bei<br />
Fondsprodukten bestimmt der Marktzins anstelle<br />
des Höchstrechnungszinses die Obergrenze<br />
für Garantien. Und der ist auch sehr niedrig.<br />
Auch hier ist eine 100-Prozent-Garantie kaum<br />
noch möglich – und wenn, dann ohne Spielraum<br />
für chancenreiche Aktieninvestments.<br />
<strong>procontra</strong>: Liegt es vielleicht auch an den Versicherern<br />
und Vermittlern, dass die Deutschen so<br />
versessen auf Garantien sind?<br />
Ruß: Der Wunsch nach Sicherheit ist tief in der<br />
menschlichen Natur verankert. Versicherer, Vermittler<br />
und auch der Gesetzgeber haben diesen<br />
Wunsch in der Vergangenheit noch verstärkt.<br />
Man muss aber auch sagen, dass in Zeiten<br />
höherer Zinsen hohe Garantien viel weniger<br />
Rendite gekostet und (auch inflationsbereinigt)<br />
viel mehr Sicherheit erzeugt haben als heute.<br />
Hohe Garantien waren damals für sicherheitsorientierte<br />
Verbraucher also durchaus sinnvoll.<br />
56 <strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21
Riester-Rente VERSICHERUNGEN<br />
dass weniger Garantie auch mehr Leistung<br />
bedeuten kann“, so etwa Guido Bader, der<br />
Vorsitzende der Aktuarvereinigung DAV.<br />
Die DAV trägt eine Forderung vor, die in<br />
der Branche oft zu hören ist: Zum 1. Januar<br />
2022 ein Gesetzespaket zu schnüren, das<br />
sowohl eine Absenkung des Höchstrechnungszinses<br />
als auch eine Abkehr von der<br />
»Für eine volle<br />
Beitragsgarantie<br />
muss der Garantiezins<br />
über den einkalkulierten<br />
Kosten<br />
liegen.«<br />
GUIDO BADER, DEUTSCHE AKTUARVEREINIGUNG<br />
100-prozentigen Beitragsgarantie bei der<br />
Riester-Rente enthält. Der Versicherungsmathematiker<br />
Bader wird deutlich: „Für<br />
eine volle Beitragsgarantie muss der Garantiezins<br />
über den einkalkulierten Kosten<br />
liegen. Ein Garantiezins von 0,25 Prozent<br />
lässt aber keine angemessenen Kosten mehr<br />
zu.“<br />
»TEURES FESTGELDSPAREN«<br />
Ohnehin müssten sich die Versicherer teilweise<br />
schon heute bei einer 100-prozentigen<br />
Beitragsgarantie auf eine risikoarme Anlage<br />
der Kundengelder beschränken, die derzeit<br />
mitunter Negativzinsen aufweise. „Der<br />
vollständige Beitragserhalt mündet somit<br />
in einem teuren Festgeldsparen und damit<br />
einem sehr wahrscheinlichen Realwertverlust“,<br />
führt Bader aus. Sollte das skizzierte<br />
Gesetzespaket nicht kommen, würden sich<br />
die meisten Unternehmen aus dem Geschäft<br />
zurückziehen. Laut einer Umfrage der Assekuranz-Ratingagentur<br />
Assekurata unter<br />
36 Lebensversicherern bieten heute bereits<br />
15 im Neugeschäft keine Riester-Produkte<br />
mehr an.<br />
Ob freilich die Kraft der aktuellen Bundesregierung<br />
noch ausreicht, um so ein<br />
Reformpaket durch den Bundestag zu bringen,<br />
muss bezweifelt werden. CDU und<br />
SPD können sich auf die Ausgestaltung<br />
nicht einigen. Und in der Parteienland-<br />
schaft war die staatlich geförderte private<br />
Altersvorsorge schon immer umstritten.<br />
Der Altersvorsorgespezialist Longial hat<br />
sich die Wahlprogramme mal angeschaut.<br />
Demnach möchten die Grünen – in Umfragen<br />
aktuell die stärkste Partei in Deutschland<br />
– die Riester-Rente durch einen obligatorischen<br />
Bürgerfonds ersetzen. Wer nicht<br />
mitmachen möchte, muss aktiv widersprechen.<br />
Der Bürgerfonds soll auch die gesetzliche<br />
Rente ergänzen. Letztere soll zu einer<br />
Bürgerversicherung für alle werden.<br />
PLÄNE DER PARTEIEN<br />
Eine Bürgerversicherung schwebt auch der<br />
SPD vor. Für die private Altersvorsorge ist<br />
ein Standardprodukt geplant, das kostengünstig,<br />
digital und grenzüberschreitend<br />
ist. Die Union will die Riester-Rente beibehalten,<br />
aber reformieren. Die Idee: Ein<br />
auf Aktien basiertes Standardvorsorgeprodukt,<br />
das automatisch für jeden Arbeitnehmer<br />
gilt, es sei denn, er widerspricht. Die<br />
100-prozentige Beitragsgarantie ist nicht<br />
mehr vorgesehen. Die FDP schließlich<br />
möchte die gesetzliche Rente um eine gesetzliche<br />
Aktienrente erweitern – eine Art<br />
Staatsfonds, wie sie Schweden und Norwegen<br />
nutzen. In die Aktienrente sollen 2 Prozent<br />
des Bruttoeinkommens fließen. Im<br />
Gegenzug sinkt der Beitrag zur gesetzlichen<br />
Rentenversicherung im gleichen Umfang.<br />
Vor diesem Hintergrund wird verständlicher,<br />
weshalb die aktuelle Bundesregierung<br />
entgegen ihrem Koalitionsvertrag<br />
wohl keine Reform der Riester-Rente mehr<br />
schafft – und vielleicht nie ernsthaft wollte.<br />
Nach der Bundestagwahl am 26. September<br />
werden die Karten neu gemischt.<br />
PRO<br />
RIESTER-RENTE REFORMIEREN?<br />
Immerhin mehr als<br />
16 Millionen Riester-<br />
Sparer<br />
Auch abgesenkte<br />
Garantien sind ein<br />
Vertriebsargument<br />
Großer Vertrauensverlust<br />
bei Abschaffung<br />
CONTRA<br />
Altersvorsorge am<br />
Aktienmarkt rentabler<br />
Renditeschwach,<br />
selbst mit abgesenkten<br />
Garantien<br />
Eine reformierte<br />
Riester-Rente wäre<br />
wohl immer noch zu<br />
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57
VERSICHERUNGEN Firmenkunden<br />
SELBSTBESTIMMUNG BEI<br />
SELBSTBEHALTEN<br />
Höhere Prämien, höhere Selbstbehalte. Darunter macht es die Assekuranz in Industrie<br />
und Großgewerbe derzeit vielfach nicht. Als Teil des Risk-Managements ist die<br />
Eigenbeteiligung am Schaden aber auch für kleinere Betriebe generell ein Thema,<br />
bei dem Maklerexpertise gefragt ist.<br />
– TEXT: CARLA FRITZ –<br />
58 Illustration: Eleonora Mavromati
Firmenkunden VERSICHERUNGEN<br />
Anziehende Prämien im Industrie-Gewerbebereich<br />
und deutlich höhere Forderungen<br />
nach Eigentragung von Risiken, etwa in der<br />
industriellen Feuerversicherung. In dieser<br />
Kombination im Grunde ein Widerspruch,<br />
für Industrie und Großgewerbe aber inzwischen<br />
vielfach Realität. Große Maklerhäuser<br />
wie Funk und Marsh haben die angespannte<br />
Marktsituation in ihren aktuellen<br />
Analysen thematisiert.<br />
Als Rettungsanker in schwierigen Zeiten<br />
sind Selbstbehalte vor diesem Hintergrund<br />
augenblicklich sehr populär: für die Firmenkundschaft<br />
des Maklers im Hinblick<br />
auf bezahlbare Prämien und Erhalt des Versicherungsschutzes.<br />
Für die Versicherer, um<br />
im Schadensfall Kosten zu sparen. „Selbstbehalte<br />
sind im Grunde ein Instrument der<br />
Gleichrichtung der Interessen von Versicherungsnehmer<br />
und Risikoträger.“ Was Alexander<br />
Skorna, Leiter Business Development<br />
beim Versicherungsmakler und Risk<br />
Consultant Funk, dabei als Ziel definiert,<br />
lässt sich in der Praxis allerdings nicht immer<br />
so einfach auf einen Nenner bringen.<br />
Das räumt er selbst auch ein. „Je nach Risikoqualität<br />
reden wir mitunter über Selbstbehalte<br />
von mehreren Millionen Euro.“<br />
Dass Unternehmen von heute auf morgen<br />
einen Eigenanteil in dieser Größenordnung<br />
stemmen, sei selbst für große Firmen nicht<br />
immer einfach. Dafür braucht es nach seinen<br />
Worten einen gewissen Übergang in<br />
Form einer Risikofinanzierungsperiode.<br />
Diese schone den Liquiditätsbedarf gerade<br />
in angespannten Zeiten wie heute. „Wir<br />
entwickeln etwa flexible Mischformen<br />
aus Eigentragung, Risikofinanzierung und<br />
Risikotransfer, die am Markt zurzeit am<br />
Entstehen sind.“ Geeignete Modelle für<br />
den Kunden zu strukturieren, zu erklären<br />
und letztlich zu empfehlen, darin sieht er in<br />
einer komplexer werdenden Welt eine wesentliche<br />
Aufgabe des Maklers.<br />
Auf Maklerexpertise sind beim Thema<br />
Selbstbehalte auch kleine und mittlere<br />
Firmen angewiesen. Mit festen, seltener<br />
prozentualen Selbstbehalten als gängige<br />
Varianten sind die Spielräume hier im Tarifgeschäft<br />
zwar wesentlich kleiner, aber<br />
im Detail dann eben doch wieder sehr verschieden.<br />
Nicht nur, was Selbstbehaltsstufen<br />
und Beitragsersparnis angeht.<br />
ÄRGERNIS IM SCHADENSFALL<br />
Ein genereller Selbstbehalt von null Euro<br />
in der Bauhandwerker-Haftpflichtpolice<br />
DIE 10 GRÖSSTEN SCHÄDEN 2019<br />
Inländisches Direktgeschäft der GDV-Mitgliedsunternehmen,<br />
nicht-private Sachversicherungen<br />
BETRIEBSART: GEFAHR / URSACHE<br />
Schmiede-, Press- und Hammerwerk: Feuer/Techn. Einrichtungen, Geräte 120<br />
Leistungen in Mio. Euro<br />
Recycling gemischter Stoffe: Feuer/Sonstiges 67<br />
Schmiede-, Press-, Hammer-, Ziehwerk: Feuer/Feuergefährliche Arbeiten 61<br />
Getreidemühle: Feuer/Techn. Einrichtungen, Geräte 46<br />
Lager - Metall - mittlere Feuergefahr: Feuer/Techn. Einrichtungen, Geräte 35<br />
Krankenhaus: Leitungswasser/Rohrbruch 24<br />
Druckerei, grafischer Betrieb: Feuer/Techn. Einrichtungen, Geräte 23<br />
Unbekannt (Gewerbe): Feuer/Brandstiftung 19<br />
Sonstige Risiken kommunale, karitative Einrichtungen: Feuer/Sonstiges 19<br />
Recycling gemischter Stoffe: Feuer/Sonstiges 18<br />
SELBSTBEHALT – JA ODER NEIN?<br />
Branche, Größe des Betriebs, spezielle Risikosituation<br />
und nicht zuletzt Schadenshistorie<br />
sind für diese Frage ausschlaggebend.<br />
„Der Druck baut sich meist über die Schadenquote<br />
auf“, sagt Makler Carl Michael<br />
Götte, Geschäftsführer der Götte-Gruppe<br />
in Köln. In vielen gewerblichen Sparten<br />
komme man an Selbstbehalten aber ohnehin<br />
nicht vorbei, häufig beispielsweise in<br />
den Technischen Versicherungen.<br />
Die Baugeräte- und Bauleistungsversicherung<br />
der VHV etwa wird generell mit<br />
einem Selbstbehalt angeboten, der nach<br />
Angaben der Gesellschaft nicht abwählbar,<br />
aber in der Höhe verhandelbar ist. Hier reduziert<br />
sich beispielsweise der Beitrag für<br />
einen Mobilbagger um bis zu 30 Prozent,<br />
wenn der Selbstbehalt von 500 auf 5.000<br />
Euro erhöht wird. Die 30-Prozenterweist<br />
sich näher besehen dann möglicherweise<br />
doch nicht als das, was der Kunde<br />
sich auf den ersten Blick davon verspricht.<br />
„Häufig folgt einige Seiten weiter im Kleingedruckten<br />
eine Liste mit Ausnahmen.<br />
Genau für solche Schäden, die besonders<br />
»Der Druck baut<br />
sich meist über die<br />
Schadenquote auf.«<br />
CARL MICHAEL GÖTTE, GÖTTE-GRUPPE, KÖLN<br />
häufig vorkommen – Bearbeitungs- und<br />
Mietsachschäden – gibt es dann doch eine<br />
Selbstbeteiligung“, sagt Nico Locker, Bereichsleiter<br />
Maklerorganisation der Inter.<br />
Von versteckten Selbstbehalten will er bei<br />
solchen Angeboten am Markt nicht sprechen.<br />
„Aber viele Kunden haben diese Regelung,<br />
wenn es zum Schadenfall kommt,<br />
eben nicht mehr auf dem Schirm.“ Ärger sei<br />
so oft programmiert.<br />
Um derartige Missverständnisse zu vermeiden,<br />
verzichte die Inter in den aktuellen<br />
Tarifgenerationen in der standardisierten<br />
Variante auf Ausnahmen. „Der Selbstbehalt<br />
im Bauhandwerker-Haftpflichtvertrag<br />
gilt für alle Leistungsbausteine.“ Die 1.000<br />
Quelle: GDV<br />
Euro Selbstbehalt, die hier im Maximum<br />
zur Wahl stehen, nehmen jedoch die wenigsten<br />
und dafür lieber eine höhere Prämie<br />
in Kauf. „Wir arbeiten mit Zuschlägen“,<br />
erklärt Locker. Das sind 30 Prozent mehr,<br />
wenn der Selbstbehalt vollständig abgewählt<br />
wird. „Die meisten entscheiden sich<br />
für null bis 150 Euro“, nach seinen Worten<br />
die typischen Schäden, die der Handwerker<br />
aus eigener Tasche bezahlen kann und will,<br />
um Diskussionen mit dem Kunden und im<br />
Zweifelsfall auch mit dem Versicherer zu<br />
vermeiden.<br />
<strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21<br />
59
VERSICHERUNGEN Firmenkunden<br />
»Gesellschaften denken<br />
oft zu statisch«<br />
RALF BECKER, geschäftsführender Gesellschafter des Versicherungsmaklers Funk<br />
<strong>procontra</strong>: Selbstbehalte – Rettungsanker in<br />
schwierigen Zeiten? Wie sehen Sie das?<br />
Ralf Becker: Sie sind teils für den Erhalt des<br />
Versicherungsschutzes notwendig geworden,<br />
aber auch für die Vereinbarung neuer<br />
Deckungen – angesichts der Verluste, mit<br />
denen die Assekuranz im Moment zu kämpfen<br />
hat. Für kritische Branchen wie Recycling oder<br />
Holzverarbeitung werden daher zunehmend<br />
adäquate Selbstbeteiligungen gefordert – in<br />
der industriellen Feuerversicherung durchaus<br />
Millionenbeträge. Ihre Bedeutung wird weiter<br />
wachsen.<br />
<strong>procontra</strong>: … und damit zwangsläufig auch die<br />
Akzeptanz von Selbstbehalten bei der Kundschaft?<br />
Was sind Ihre Erfahrungen?<br />
Becker: Selbstbeteiligungen sind von der<br />
Kundschaft nicht per se gewünscht. Manager<br />
sind mitunter risikoavers und möchten einen<br />
möglichst breiten Versicherungsschutz. Die<br />
Vorteile der Eigentragung muss der Makler<br />
im Rahmen einer Gesamtbetrachtung – Total<br />
Cost of Insurance, wie wir es nennen und<br />
praktizieren – noch stärker verdeutlichen.<br />
<strong>procontra</strong>: Was wären dabei Ansatzpunkte?<br />
Becker: Insbesondere bei Frequenzschäden<br />
ist es wichtig, die Verträge mit sinnvollen<br />
Selbstbehalten auszustatten. Geldwechselgeschäfte,<br />
bei denen sich Prämie und Schäden<br />
die Waage halten, lohnen nicht. Bei Eigentragung<br />
spart der Kunde durch Wegfall der Versicherungssteuer<br />
sowie der Verwaltungs- und<br />
Betriebskosten bis zu 40 Prozent und mehr<br />
an Prämie. Die erste Million ist die schwerste,<br />
soll hier heißen: Bis zu dieser Höhe fallen die<br />
meisten Schäden an. In diesem Sinne sind<br />
die ersten 100.000 Euro Selbstbehalt in der<br />
Feuerindustrieversicherung zugleich die für<br />
den Kunden rentabelsten.<br />
<strong>procontra</strong>: Bis zu welcher Grenze ist die Eigenbeteiligung<br />
am Schaden sinnvoll?<br />
Becker: Die Grenze liegt immer da, wo es<br />
unwirtschaftlich für den Kunden wird. Mitunter<br />
unterscheidet der Versicherer nicht mehr, ob<br />
ein Firmenkunde etwa in der Feuerversicherung<br />
125.000 Euro des Schadens selbst trägt<br />
oder eine halbe Million. Damit wird das Modell<br />
ad absurdum geführt und ist folglich nicht<br />
mehr vermittelbar.<br />
<strong>procontra</strong>: Haben Sie eine Erklärung für diese<br />
„Gleichmacherei“?<br />
Becker: Die Gesellschaften denken hier oft<br />
noch zu statisch, halten an alten Tarifmustern<br />
mit klassischen Selbstbehaltsmodellen fest,<br />
die heutigen Risiken im Industriebereich häufig<br />
nicht mehr entsprechen. In der augenblicklichen<br />
Marktsituation muss man neue Modelle<br />
diskutieren und erproben – vielleicht auch<br />
eher Aufgabe des Maklers.<br />
<strong>procontra</strong>: Was bietet sich da an?<br />
Becker: Eine Möglichkeit, die am Markt Beachtung<br />
findet, lautet Self-Insured-Retention (SIR):<br />
Das Unternehmen trägt Schäden selbst, nutzt<br />
aber nach wie vor beispielsweise den Schadenregulierungsservice<br />
des Versicherers. Eine<br />
andere Variante: Das Unternehmen versichert<br />
die geforderten hohen Selbstbehalte separat.<br />
Marke – zugleich eine Orientierungsgröße<br />
im Angebotsvergleich mit und ohne<br />
Selbstbehalte. In der gewerblichen Rechtsschutzversicherung<br />
wiederum ist die Null-<br />
SB-Variante zwar möglich, wird aber nach<br />
Göttes Erfahrung kaum gewählt. „Weil der<br />
Beitragsvorteil mit Selbstbehalt hier greifbar<br />
ist.“<br />
Die teils fehlende Akzeptanz für Selbstbehalte<br />
schreibt der Makler aus Köln nicht<br />
zuletzt auch der Tatsache zu, dass kleinere<br />
Unternehmen den internen Einsparvorgang<br />
nicht nachvollziehen können – „weil er oft<br />
nur marginal ist“. Bei Jahresprämien von<br />
ein paar Hundert Euro rechnet sich in der<br />
Regel kein Prämiennachlass. Faustregel:<br />
In drei bis fünf Jahren sollte ein durchschnittlicher<br />
Selbstbehalt – bei normalem<br />
Schadensverlauf – durch Beitragsersparnis<br />
neutralisiert sein.<br />
Die Schadensquote im Griff behalten,<br />
darum geht es letztlich für beide Seiten.<br />
„Nicht nur“, schränkt Götte ein. Im konkreten<br />
Fall sollten Selbstbehalte dem Unternehmer<br />
auch verdeutlichen: „Er ist für sein<br />
Tun und Lassen verantwortlich, sollte seine<br />
Mitarbeiter entsprechend schulen, gegebenenfalls<br />
die Arbeit anders organisieren oder<br />
vielleicht sogar bestimmte, absehbar schadenträchtige<br />
Aufträge nicht mehr annehmen.“<br />
Es geht um risikobewusstes Verhalten.<br />
Deshalb endet das Beratungsgespräch<br />
zur Haftpflichtversicherung zumeist mit<br />
einem „erzieherischen“ Selbstbehalt auch<br />
der kleineren Firma.<br />
BESSER SELBST STEUERN<br />
Bei Schäden, nach denen man faktisch die<br />
Uhr stellen kann, muss der Makler tiefer in<br />
die Schadensanalyse einsteigen. Für solche<br />
Frequenzschäden – der Klassiker im Haftpflichtbereich<br />
bei kleinen und mittleren<br />
Firmen – findet man die Lösung nach den<br />
Worten Lockers in der Regel anhand der<br />
konkreten Schäden.<br />
Bei einem von Göttes Klienten waren<br />
es aber die Teilkaskoschäden durch<br />
Steinschlag an den Windschutzscheiben<br />
der großen Fahrzeugflotte, die die Prämie<br />
in die Höhe trieben. Kosten für den Austausch<br />
der Scheiben mit Kamerasensor<br />
und Abstandshalter: zwischen 1.500 und<br />
2.000 Euro. „Bei 75 Fahrzeugen mit zehn<br />
Schäden im Jahr kommt da einiges zusammen.“<br />
Die Gegenmaßnahmen: Erhöhung<br />
des Selbstbehalts pro Fahrzeug auf 2.000<br />
Euro, Abschluss eines Rahmenvertrags mit<br />
60 <strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21
Firmenkunden VERSICHERUNGEN<br />
»Viele Kunden haben<br />
den gewählten<br />
Selbstbehalt, wenn<br />
es zum Schadenfall<br />
kommt, nicht<br />
mehr auf dem<br />
Schirm.«<br />
NICO LOCKER, INTER<br />
einer Autoglaserei. „Da wurden die Windschutzscheiben<br />
nicht in der Werkstatt, sondern<br />
gleich vor Ort getauscht für 750 bis<br />
1.200 Euro – und auch nicht gleich jede.“<br />
Ergebnis: Die Frequenzschäden waren weg.<br />
Die Prämien konnten wieder nach unten<br />
angepasst werden. Immer dann, wenn das<br />
Unternehmen einen gewissen Bodensatz an<br />
Schäden hat, muss, wie Götte betont, die<br />
Problemanalyse einsetzen: Was kann der<br />
Kunde an Eigenregulierung übernehmen?<br />
Wie kann er die Schadensbehebung optimieren?<br />
Was er seinen Kunden dabei häufig erst<br />
einmal klarmachen muss: Einen Schaden<br />
direkt zu bezahlen – wenn das Unternehmen<br />
ihn sowieso bezahlen muss und dazu<br />
auch wirtschaftlich in der Lage und willens<br />
ist – ist in jedem Fall günstiger, als ihn<br />
über die Versicherung abwickeln zu lassen.<br />
„Man muss schließlich gedanklich noch die<br />
30 Prozent Verwaltungskosten drauflegen<br />
plus 19 Prozent Versicherungssteuer.“<br />
Dieser Effekt sei natürlich umso größer, je<br />
größer der Betrieb und je größer das Prämienvolumen<br />
ist, umgekehrt dann aber auch<br />
die Ersparnis – wenn man es selbst macht.<br />
Andererseits muss man sich Selbstbehalte<br />
auch leisten können. Auch wenn es gerade<br />
mal nicht so gut läuft. Diese Entscheidung<br />
ist erst mal unabhängig von der Größe des<br />
Unternehmens.<br />
PRO<br />
Selbstbehalte<br />
ersparen Beiträge<br />
Möglichkeit, einen<br />
schadensanfälligen<br />
Vertrag zu retten<br />
Fördern ein risikobewussteres<br />
Verhalten<br />
beim Versicherten<br />
WIE SINNVOLL SIND<br />
SELBSTBEHALTE?<br />
CONTRA<br />
Stehen teils in<br />
keinem Verhältnis<br />
zur Prämie<br />
Rechnen sich meist<br />
nicht bei kleinem<br />
Prämienvolumen<br />
Zeitweise finanziell<br />
nicht leistbar<br />
(Auftragslage)<br />
Die betriebliche Pflegelösung für Weltenvereiner<br />
Der Pionier in der bKV<br />
bringt seine neueste<br />
Innovation:<br />
Die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf steht<br />
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Firmenkunden mit einem einzigartigen Konzept.<br />
<strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21<br />
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61
BUSCHFUNK Berater<br />
BERATER<br />
MMM-MESSE WIRD WIEDER PRÄSENZ-EVENT<br />
Maklerpool Fonds Finanz plant Vor-Ort-Veranstaltung im Oktober.<br />
Foto: iStock / Jotily<br />
Ein Schritt in Richtung Normalität: Der Maklerpool Fonds Finanz will diesen Herbst erstmals<br />
wieder die MMM-Messe als reine Präsenzveranstaltung durchführen. Sie soll am 7. Oktober<br />
im Münchener MOC Veranstaltungs- und Ordercenter über die Bühne gehen – allerdings nur,<br />
wenn die Pandemie-Situation im Oktober einen weitgehend normalen Präsenz-Messebetrieb<br />
zulässt. Man sei aber zuversichtlich, dass die Corona-bedingten Einschränkungen bis zum<br />
Herbst zu einem großen Teil aufgehoben sein werden, heißt es bei Fonds Finanz. Im vergangenen<br />
Jahr wurde die Messe ins Netz verlagert, das ist dieses Jahr nicht vorgesehen. Die<br />
normalerweise für den Herbst terminierte Hauptstadtmesse wird hingegen nicht stattfinden.<br />
Die MMM-Messe gehörte 2020 zu den ersten Großveranstaltungen der Branche, die der<br />
Corona-Krise zum Opfer fielen.<br />
NEUE ZIELGRUPPEN DURCH CORONA<br />
Lockdown beschert Risikoleben mehr Kunden aus<br />
neuen Berufsegmenten: Ärzte, Lehrer, Polizisten.<br />
Die Corona-Pandemie hat bei vielen Menschen das Risikobewusstsein<br />
verschärft: Vor allem Ärzte, Lehrer und Polizisten beschäftigten<br />
sich während des Lockdowns mit der Frage, wie die Familie im Fall<br />
des eigenen Todes finanziell abzusichern ist. Das schlug sich im Abschluss<br />
der Risikolebensversicherungen nieder – 2020 befand sich<br />
das Neugeschäft im Aufwind. Bei den über Check24 abgewickelten<br />
RLV erhöhte sich im Vergleich zum Vorjahr die durchschnittliche<br />
Versicherungssumme um acht Prozent.<br />
Foto: iStock / Pradeep Thomas Thundiyil<br />
NUR WENIGE BESCHWERDEN ÜBER VERMITTLER<br />
Versicherungskunden waren 2020 zufrieden mit der Beratung.<br />
Foto: iStock / Inside Creative House<br />
Die Zahl der Beschwerden über Vermittler ist im Corona-Jahr 2020 nur mäßig gestiegen. Im<br />
Vergleich zum Vorjahr registrierte die Schlichtungsstelle des Versicherungsombudsmanns 14<br />
Prozent mehr Beschwerden als im Vorjahr, damit ist die Zahl in etwa auf dem niedrigen Niveau<br />
der vergangenen Jahre geblieben. Dabei war ein Großteil der eingegangenen Beschwerden,<br />
die 2020 beendet wurden, sogar unzulässig: Von den 283 bearbeiteten Vermittler-Beschwerden<br />
traf dies auf knapp zwei Drittel (63,3 Prozent) zu. Die Gründe: Die Beschwerden standen<br />
in keinerlei Zusammenhang mit der Vermittlung, betrafen den Bereich PKV, oder die Streitigkeit<br />
war bereits beigelegt. Nur knapp ein Drittel der Beschwerden gegen Vermittler war 2020<br />
zulässig.<br />
62<br />
<strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21
Berater BUSCHFUNK<br />
Maxpool: Neues Unterstützungsprogramm für<br />
Makler mit Hinterbliebenenschutz<br />
Maxpool hat ein umfassendes Betreuungs- und Unterstützungsprogramm<br />
für angeschlossene Makler gestartet: In<br />
„maxLife“ sind Schutz-, Vorsorge- und Unterstützungsmaßnahmen<br />
enthalten, beispielsweise eine Maklerrente,<br />
ein Mehrwerteprogramm und ein Rechtsberatungspaket.<br />
Neu ist auch ein spezieller Hinterbliebenenschutz.<br />
Haftungsfalle<br />
Direktversicherer<br />
STEPHAN MICHAELIS<br />
Fachanwalt für Versicherungsrecht<br />
Fonds Finanz: Neuer Abteilungsleiter für Digital<br />
& New Business Solutions<br />
Deutschlands größter Maklerpool Fonds Finanz hat den<br />
Vertriebsexperten Konrad Höfer zum Abteilungsleiter des<br />
neu geschaffenen Bereichs Digital & New Business Solutions<br />
ernannt. Der Bereich beschäftigt sich vor allem mit<br />
der Digitalisierung sowie neuen Geschäftsansätzen.<br />
pduk: Onlinerechner für U-Kassenkonzepte<br />
Einen kostenlosen Online-Liquiditätsrechner bietet ab sofort<br />
der Bundesverband pauschaldotierte Unterstützungskassen<br />
(pduk) an. Das Tool ist für Unternehmen sowie<br />
Steuer- und Unternehmensberatungen zur Berechnung<br />
von U-Kassenkonzepten gedacht. Nach Eingabe diverser<br />
Parameter können in Sekundenschnelle selbst für Unternehmen<br />
mit 10.000 Mitarbeitern die Auswirkungen eines<br />
komplexen Versorgungswerks durchkalkuliert werden.<br />
DAV: Wechsel an der Aktuar-Spitze<br />
Dr. Herbert Schneidemann (Foto) ist neuer Vorsitzender<br />
der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV). In dieser<br />
Position folgt er turnusgemäß auf Dr. Guido Bader, der dem<br />
Vorstand als Past President weiterhin angehören wird. Als<br />
Vorsitzender will Schneidemann den Bekanntheitsgrad<br />
des Aktuarberufs nach angelsächsischem Vorbild steigern,<br />
zudem solle sich die DAV künftig stärker in politische<br />
Debatten einbringen.<br />
ING: Digitale Anlageberatung gestartet<br />
Die neu eingeführte „Komfort-Anlage“ der ING Deutschland<br />
soll bei der Suche nach der passenden Wertpapieranlage<br />
digital unterstützen. Dabei durchlaufen Bestandskunden<br />
online eine Beratungsstrecke und erhalten einen<br />
Anlagevorschlag aus einem von sieben nachhaltigen ING-<br />
Fonds. Beratung, ING Komfort-Depot und Transaktionen<br />
sind kostenlos. Über den Vorschlag entscheiden Kriterien<br />
wie Anlagehorizont oder Risikobereitschaft.<br />
blau direkt: Zweite Auflage der Importfibel<br />
für Versicherungsmakler<br />
Die Importfibel für Versicherungsmakler von blau direkt<br />
ist nun in zweiter Auflage erschienen. Damit wurde das<br />
Standardwerk zur Datenmigration aktualisiert und der<br />
Datenbeschaffungsweg für über 100 Versicherungsunternehmen<br />
verfeinert. Die Fibel zeigt, wie Daten einfach und<br />
schnell in neue Verwaltungssysteme migriert werden.<br />
Hat das Landgericht Konstanz im Urteil vom 21. Januar<br />
<strong>2021</strong> (Aktenzeichen Me 4 O 90/19) wirklich recht?<br />
Ein Versicherungsmakler hatte bei einer Beratung<br />
für den Versicherungsschutz des Wohnwagens<br />
zur Vollkaskoversicherung keine Direktversicherer<br />
berücksichtigt. Aufgrund der preislichen Angebote<br />
hatte sich der Kunde dann nur für eine Teilkaskoversicherung<br />
entschieden. Der dann eingetretene<br />
Versicherungsfall wäre aber nur über die Vollkaskoversicherung<br />
gedeckt gewesen. Nun argumentiert<br />
der Kunde, dass er bei der günstigen Prämie des<br />
Direktversicherers die Vollkasko genommen hätte.<br />
Der Makler habe ihn aber nicht auf diese günstige<br />
Möglichkeit hingewiesen.<br />
Das LG Konstanz hat den Versicherungsmakler zum<br />
Schadensersatz des (nicht versicherten) Vollkaskoschadens<br />
verurteilt. Nach der richterlichen<br />
Einschätzung hätte der Versicherungsmakler bei<br />
der Beratung darauf hinweisen müssen, dass er<br />
keine Direktversicherer in seine Beratungsgrundlage<br />
(vergleiche Paragraf 60 VVG) einbezieht. Es sei auch<br />
nicht ausreichend, dass dieser Hinweis im Maklervertrag<br />
gestanden habe.<br />
Tipp: Um auf Nummer sicher zu gehen, kann ich<br />
jedem Versicherungsmakler*in nur empfehlen,<br />
eine solche Regelung ausdrücklich im Rahmen der<br />
Beratungsdokumentation bei der Beratung mit dem<br />
Kunden zu besprechen und zu dokumentieren. So<br />
jedenfalls auch die Vorstellung des Landgerichts<br />
Konstanz.<br />
Aus meiner Sicht überspannt das Gericht die Beratungspflichten<br />
des Versicherungsmaklers. Es ist<br />
meines Erachtens richtig und ausreichend, wenn<br />
der Versicherungsmakler schon in seinem Versicherungsmaklervertrag<br />
deutlich und hervorgehoben<br />
darauf hinweist, dass er keine Direktversicherer in<br />
seine Beratungsgrundlage einbezieht, sondern nur<br />
Produktgeber, die eine übliche Courtage zahlen.<br />
<strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21<br />
63
BERATER So ist’s Recht!<br />
SO IST’S<br />
RECHT!<br />
Relevante Urteile,<br />
die Makler kennen sollten<br />
– TEXT: ANNE MAREILE WALTER –<br />
Arbeitsunfall<br />
DER BUS ALS »WAFFE GEGEN RADFAHRER«<br />
Wenn ein Busfahrer seinen Bus als „Waffe gegen einen Radfahrer“ einsetzt und in der Folge bei einer<br />
Prügelei schwer verletzt wird, verlässt er „den Boden der versicherten Tätigkeit“. Nach einem Urteil<br />
des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen handelt es sich hier nicht um einen Arbeitsunfall. Der<br />
Hintergrund: Wegen einer Frau mit Kinderwagen hatte ein Busfahrer in Aachen einen 20-jährigen<br />
Radfahrer kurz nach dem Einsteigen wieder zum Aussteigen aufgefordert. Daraufhin fuhr er ohne<br />
den Radler weiter, woraufhin dieser eine Schimpftirade losließ. Auf dem weiteren Weg begegneten<br />
sich Busfahrer und Radler erneut, der Busfahrer wollte den Mann ausbremsen, stieg schließlich aus<br />
und es begann eine „wilde Schlägerei“, bei der der Busfahrer schwere Kopfverletzungen erlitt.<br />
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, L 17 U 626/16<br />
Haftpflicht<br />
BESCHMUTZTE WÄNDE<br />
Arbeitsrecht<br />
BEWUSSTES ANHUSTEN<br />
Ein durchfallkranker, zu Hause eingesperrter<br />
Hund, von Hundekot beschmutzte Wände,<br />
ein in der Folge unbrauchbarer Parkettboden<br />
sowie ein Gesamtschaden von 6.600 Euro:<br />
Mit einem derart „delikaten“ Fall hatte sich<br />
das Oberlandesgericht Bamberg kürzlich zu<br />
beschäftigen. Ein Hundebesitzer hatte Klage<br />
eingereicht, da sich die Tierhaftpflichtversicherung<br />
weigerte, für das Malheur aufzukommen.<br />
Aus Sicht der Richter war in diesem<br />
Fall jedoch der Halter finanziell am Zug, da es<br />
sich bei einer Erkrankung um keine dem Tier<br />
innewohnende Gefahr handle.<br />
Oberlandesgericht Bamberg, 3 U 272/20<br />
»Er radelte los und<br />
dies war in der Folge<br />
schicksalhaft. Beide<br />
Kontrahenten begegneten<br />
sich somit unterwegs.«<br />
LANDESSOZIALGERICHT NORDRHEIN-WESTFALEN<br />
ÜBER DEN TATHERGANG<br />
Eine fristlose Kündigung ist rechtens, wenn ein<br />
Beschäftigter bewusst gegen Corona-Hygienevorschriften<br />
seines Arbeitgebers verstößt. Vor<br />
dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf hatte ein<br />
Arbeitnehmer gegen seine Kündigung geklagt.<br />
In diesem speziellen Fall war die Klage allerdings<br />
erfolgreich, da die Vorwürfe des Arbeitgebers<br />
nur unzureichend begründet waren. Der<br />
Kläger soll Hygieneregeln, wie Abstandhalten,<br />
ignoriert und einen Kollegen ohne Barriere aus<br />
unmittelbarer Nähe angehustet haben. Dabei<br />
habe er geäußert, dass er hoffe, sein Kollege<br />
werde an Corona erkranken.<br />
LAG Düsseldorf, 3 Sa 646/20<br />
Unfallversicherung<br />
HERZSTILLSTAND NACH BÜRO-STREIT<br />
Krankenversicherung<br />
ANGST VOR HAARVERLUST<br />
Nicht nur ein „plötzliches äußeres Ereignis“ kann zu einem Arbeitsunfall<br />
führen, auch eine Auseinandersetzung mit dem Chef reicht<br />
aus. Zu diesem Schluss kommt das Bundessozialgericht, das über<br />
die Klage einer Bankkauffrau zu entscheiden hatte: Diese war nach<br />
einem Streit mit ihrem Vorgesetzten zusammengebrochen, erlitt<br />
daraufhin einen Herzstillstand und musste vom Notarzt wiederbelebt<br />
werden. Dazu befanden die Kasseler Bundesrichter: Der Unfallbegriff<br />
definiere sich nicht nur über ein außergewöhnliches Ereignis, auch<br />
ein von außen auf den Körper einwirkendes Geschehen reiche für<br />
einen Unfall aus – beispielsweise wenn sich durch die Wahrnehmung<br />
der physische Zustand des Verletzten ändere.<br />
Die Angst, mit zunehmendem Alter eine Glatze zu bekommen, ist gerade unter<br />
Männern weitverbreitet – dabei können die Versuche, mit Tinkturen Abhilfe zu<br />
schaffen, mitunter kostspielig sein. Nachdem seine Kasse die Bezahlung von<br />
Medikamenten zur Förderung des Haarwuchses verweigert hatte, reichte ein<br />
31-Jähriger vor dem Landessozialgericht Darmstadt Klage ein. Konkret ging<br />
es um den Kauf eines speziellen Arthritis-Medikaments, zu dessen Nebenwirkungen<br />
verstärkter Haarwuchs zählt. Der Mann argumentierte vor Gericht,<br />
dass seine Haarlosigkeit zu psychischen Problemen führe. Seine Klage<br />
wurde schließlich zurückgewiesen, da das entsprechende Medikament zur<br />
Behandlung von Haarausfall nicht zugelassen sei. Der Mann könne sich nicht<br />
auf einen Off-Label-Gebrauch berufen, so das Gericht.<br />
Bundessozialgericht, B 2 U 15/19 R<br />
Landessozialgericht Darmstadt, L 1 KR 405/20<br />
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10<br />
Das freie Finanzmagazin<br />
{<br />
[Titelthema]<br />
<br />
[Subline]Datenklau.<br />
Betriebsunterbrechung<br />
& digitale.<br />
Erpressung<br />
}<br />
2018<br />
#<strong>03</strong><br />
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– Wie Makler die<br />
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<strong>procontra</strong> – Das freie Finanzmagazin
BERATER Risikowahrnehmung<br />
»Krisen beeinflussen das<br />
Risikoverhalten«<br />
Wer ist wann bereit, eine Versicherung abzuschließen? Maßgeblich für die Beantwortung<br />
dieser Frage ist das jeweilige Risikoverhalten einer Person. Wovon dieses abhängt und<br />
welchen Einfluss Corona hierauf hat, erklärt Dr. Petra Steinorth.<br />
– TEXT: MARTIN THALER –<br />
<strong>procontra</strong>: Lohnt es sich für Versicherungsvermittler<br />
überhaupt, Kunden mit<br />
einem verhältnismäßig kurzen Zeigefinger<br />
anzusprechen?<br />
Petra Steinorth: Sie spielen auf die Korrelation<br />
an, dass Menschen, deren Zeigefinger<br />
kürzer als ihre Ringfinger sind, zu exzessiver<br />
Risikobereitschaft tendieren – der<br />
Kauf von Versicherungen hingegen aus<br />
unserer Risikoaversion heraus resultiert.<br />
Zu Individuen mit sehr hoher Risikobereitschaft<br />
gibt es allerdings bislang wenig<br />
Forschungsliteratur in Bezug auf Versicherungsnachfrage.<br />
Somit ist es schwer<br />
zu sagen, ob solche Menschen überhaupt<br />
keine Versicherungsprodukte kaufen würden<br />
– allerdings kauft man Versicherungen<br />
ja nicht nur für sich selbst. So kann es sein,<br />
dass manche Menschen zwar hohe Risiken<br />
einzugehen bereit sind und beispielsweise<br />
häufig ins Casino gehen, sich beim Schutz<br />
ihrer Familienangehörigen aber absichern<br />
wollen. Es ist zu beobachten, dass unsere<br />
Risikoneigung nicht immer einheitlich und<br />
konsistent ausfällt, sondern von Lebensbereich<br />
zu Lebensbereich abweichen kann.<br />
<strong>procontra</strong>: Aber wovon hängt es ab, wie<br />
risikobereit wir sind? Sind wir im Hinblick<br />
auf besagte Korrelation zwischen Fingerlänge<br />
und Risikobereitschaft hier nur<br />
„Opfer“ unserer Gene?<br />
Steinorth: Jein. Unsere Bereitschaft, Risiken<br />
einzugehen, ist zum einen genetisch<br />
bedingt, zum anderen aber auch durch unser<br />
Umfeld beeinflusst. So justieren wir bei<br />
Schockereignissen, wie beispielsweise der<br />
Finanzkrise 2007/08, unser Risikoverhal-<br />
PROF. DR. PETRA STEINORTH ist Inhaberin des<br />
Lehrstuhls für Risikomanagement und Versicherungen<br />
an der Universität Hamburg. Ein<br />
Schwerpunkt ihrer Forschungen liegt darauf, wie<br />
Krisen die Risikowahrnehmung beziehungsweise<br />
das Risikoverhalten beeinflussen.<br />
66 <strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21
Risikowahrnehmung BERATER<br />
»Unser Umfeld<br />
beeinflusst unser<br />
Risikoverhalten,<br />
gerade im Bezug zum<br />
Finanz verhalten<br />
beziehungsweise<br />
unserer Altersvorsorge-Bereitschaft.«<br />
zeiten bewusst Anreize, um die Investitionstätigkeit<br />
der Bürger zu steigern. Wenn<br />
die Bürger aber in Krisenzeiten risikoaverser<br />
werden und häufiger auf Investitionen<br />
verzichten, hilft das nicht unbedingt dabei,<br />
die Krise eher hinter sich zu lassen.<br />
<strong>procontra</strong>: Sie haben das ja im Hinblick<br />
auf die Finanzkrise 2008 untersucht. Lässt<br />
sich die steigende Risikoaversion der Menschen<br />
auch in der derzeitigen Corona-Krise<br />
beobachten?<br />
Steinorth: Für Studien und Evidenzen ist<br />
es zu diesem Zeitpunkt natürlich noch<br />
zu früh. Allerdings haben ich und wahrscheinlich<br />
auch viele andere in ihrem<br />
Umfeld beobachten können, dass die Menschen<br />
gestresster wirken. Forschungsergebnisse<br />
zeigen hier klar, dass eine in Mitleidenschaft<br />
gezogene psychische Gesundheit<br />
die Risikoaversion erhöht. Der Einfluss,<br />
den die Corona-Pandemie zum einen auf<br />
die wirtschaftliche Situation, zum anderen<br />
aber auch auf die Volksgesundheit hat,<br />
lässt also erwarten, dass auch die Corona-<br />
Krise einen Einfluss auf das Risikoverhalten<br />
der Deutschen haben wird.<br />
<strong>procontra</strong>: Viele Versicherer haben in den<br />
vergangenen Monaten mitgeteilt, dass<br />
die Menschen mehr Geld für Berufsunfähigkeits-,<br />
Krankenzusatz- und ähnliche<br />
Versicherungen ausgegeben haben – spiegelt<br />
sich hier die steigende Risikoaversion<br />
wider?<br />
Steinorth: Wir sprechen in diesem Zusammenhang<br />
eher von der Risikowahrnehmung<br />
– durch die Corona-Krise ist das<br />
Risiko für viele Menschen plakativer und<br />
somit wahrnehmbarer geworden, zumin-<br />
ten neu, kehren aber nach einiger Zeit zu<br />
einer ähnlichen Risikoeinstellung zurück.<br />
Das spricht ja eher für eine uns inhärente,<br />
genetisch mitgegebene Risikoneigung.<br />
Zugleich gibt es aber auch Ereignisse,<br />
die unser Risikoverhalten dauerhaft und<br />
nachhaltig ändern – beispielsweise die<br />
eigene Hochzeit. Verheiratete Menschen<br />
gelten als risikoaverser als Alleinstehende –<br />
schließlich sorgen sie ja nicht nur für sich,<br />
sondern auch für ihren Partner beziehungsweise<br />
ihre Partnerin oder eine ganze<br />
Familie. Das familiäre Umfeld kann das<br />
eigene Risikoverhalten stark prägen.<br />
<strong>procontra</strong>: Spielen auch andere Bekannte<br />
eine Rolle? Passt man sich an, wenn der<br />
Freundeskreis dazu neigt, mehr beziehungsweise<br />
weniger Risiken einzugehen?<br />
Steinorth: Der sogenannte „Peer-Effect“<br />
spielt auf jeden Fall eine Rolle. In diesem<br />
Zusammenhang hatten wir uns nach der<br />
Wende 1990 angeschaut, welche Auswirkungen<br />
der Zuzug vieler Menschen aus<br />
dem Osten in westdeutsche Kommunen<br />
mit sich brachte – und hier konnten wir<br />
tatsächlich Veränderungen feststellen.<br />
Unser Umfeld beeinflusst nicht nur unsere<br />
Wahrnehmungen und Einstellungen,<br />
sondern eben auch unser Risikoverhalten,<br />
gerade auch im Bezug zu unserem<br />
Finanzverhalten beziehungsweise unserer<br />
Altersvorsorge-Bereitschaft.<br />
<strong>procontra</strong>: Wie äußert sich das konkret?<br />
Steinorth: Das kann sich zum Beispiel im<br />
Arbeitsumfeld widerspiegeln: Wenn in<br />
einer Firma mit umfangreichem bAV-<br />
Angebot das Thema von den Kollegen<br />
beziehungsweise wichtigen Personen in der<br />
Firmenhierarchie häufig angesprochen und<br />
diskutiert wird, erhöht das die Wahrscheinlichkeit,<br />
dass man sich selbst für eine<br />
betriebliche Altersversorgung entscheidet.<br />
<strong>procontra</strong>: Dem Umfeld kommt also eine<br />
große Rolle zu. Welche Rolle spielen<br />
darüber hinaus zeitliche Ereignisse, wie<br />
beispielsweise die Finanzkrise 2008?<br />
Steinorth: Auch Krisen beeinflussen das<br />
individuelle Risikoverhalten. So sind die<br />
Menschen in ökonomischen Krisenzeiten<br />
weit weniger bereit, Risiken einzugehen.<br />
So verstärken sie unter Umständen die<br />
Krisen sogar noch.<br />
<strong>procontra</strong>: Wie das?<br />
Steinorth: Die Steigerung des Investitionsvolumens<br />
ist makroökonomisch betrachtet<br />
ja ein Weg aus einer ökonomischen Krise.<br />
Nicht umsonst setzt die Politik in Krisendest<br />
bestimmte Risiken. Die Gesamtheit<br />
aller Risiken, denen er ausgesetzt ist, kann<br />
der Mensch gar nicht simultan erkennen –<br />
das übersteigt unsere kognitiven Fähigkeiten.<br />
Die Risikowahrnehmung ist folglich<br />
sehr selektiv. Durch die Corona-Krise wurden<br />
nun einige Risiken für die Menschen<br />
präsenter, zugleich stieg die Risikoaversion<br />
der Menschen und damit die Bereitschaft,<br />
für Versicherungsprodukte zu bezahlen.<br />
<strong>procontra</strong>: Die Krise ist somit also auch<br />
Chance?<br />
Steinorth: Es gibt Bereiche, beispielsweise<br />
bei der Pflege oder der Berufsunfähigkeit,<br />
in denen man sich schon aus gesamtökonomischer<br />
Sicht wünschen könnte, dass<br />
die Menschen die in diesen Bereichen<br />
bestehenden Risiken stärker wahrnehmen<br />
würden. Sollte die Versicherungsindustrie<br />
die sich hier bietende Chance allerdings<br />
dazu nutzen, den Menschen mehr Handyversicherungen<br />
zu verkaufen, würde<br />
dieses Verhalten politisch sicherlich nicht<br />
goutiert werden und sich mittelfristig auch<br />
negativ auf die Reputation der Versicherer<br />
auswirken.<br />
<strong>procontra</strong>: In Krisenzeiten scheuen die<br />
Menschen eher das Risiko, gleichzeitig<br />
zwingt das Niedrigzinsumfeld die Menschen<br />
dazu, mehr Risiken einzugehen,<br />
um noch eine Aussicht auf einträgliche<br />
Rendite zu haben. Wird das letztlich zum<br />
Problem?<br />
Steinorth: Nicht unbedingt. Risikoaversion<br />
bedeutet ja nicht, dass der- oder diejenige<br />
überhaupt keine Risiken eingeht. Es bedeutet<br />
lediglich, dass das Risiko entsprechend<br />
kompensiert werden muss. Im Fall von<br />
Finanzanlagen wäre die Kompensation die<br />
Überrendite. Bei der Wahl zwischen einer<br />
sicheren und einer riskanten Geldanlage<br />
können sich auch risikoaverse Menschen<br />
für zweite entscheiden, wenn diese eine<br />
entsprechende Überrendite bietet. Steigt<br />
die Risikoaversion an, muss entsprechend<br />
auch die Überrendite wachsen, damit sich<br />
der Anleger oder die Anlegerin für dieses<br />
Investment entscheidet.<br />
Zugleich haben wir ja momentan die<br />
Situation, dass die als sicher geltenden<br />
Anlagen aufgrund der niedrigen Zinsen<br />
weniger attraktiv werden. Das kann also<br />
bei gleicher Risikoaversion des Anlegers<br />
beziehungsweise der Anlegerin dazu führen,<br />
dass diese sich für die risikoreichere<br />
Variante ausspricht. Demzufolge würde ich<br />
hier nicht von einem Problem sprechen.<br />
<strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21<br />
67
BERATER Vermittlerkartei<br />
AVAD: FAIR ODER<br />
REFORMBEDÜRFTIG?<br />
Die AVAD soll die Versicherungsbranche vor schwarzen Schafen schützen.<br />
Aber stellt sie dabei auch unschuldige Vermittler an den Pranger?<br />
– TEXT: FLORIAN BURGHARDT –<br />
Jahr für Jahr geraten Versicherungsvermittler<br />
in den Clinch mit der AVAD. Ob nun die<br />
Courtagevereinbarung mit einem Versicherungsmakler<br />
aufgelöst wird oder ein Vertreter<br />
seine bisherige Gesellschaft verlässt<br />
– die Auskunftsstelle über Versicherungs-/<br />
Bausparkassenaußendienst und Versicherungsmakler<br />
in Deutschland e. V. dokumentiert<br />
all diese Beendigungen einer<br />
Zusammenarbeit. Dabei werden von den<br />
Produktgebern zu manchen Vermittlern<br />
auch Negativmerkmale, wie zum Beispiel<br />
ungeordnete Vermögensverhältnisse oder<br />
gar Betrugsvorwürfe, übermittelt, die den<br />
Betroffenen das berufliche Fortkommen<br />
deutlich erschweren können.<br />
„Sowohl der unmittelbar einem Versicherer<br />
unterstellte Vertreter als auch der<br />
über seine Courtagezusage von diesem<br />
mittelbar abhängige Makler muss einen<br />
solchen AVAD-Eintrag fürchten, da somit<br />
ein Vertriebsvertrag-Partner es in der Hand<br />
hat, vermeidliche Negativtatsachen zu kolportieren.<br />
Dies muss für jeden Berater, dessen<br />
Hauptkapital das Vertrauen darstellt,<br />
ein Albtraum sein“, so die Einschätzung<br />
von Rechtsanwalt Oliver Timmermann<br />
68 Illustration: Roman Kulon
Vermittlerkartei BERATER<br />
von der Kanzlei Michaelis. „Sehr oft“, so<br />
Timmermann, würden deshalb Vermittler<br />
mit negativen AVAD-Auskünften auf die<br />
Hamburger Kanzlei zukommen, die auf<br />
Vermittlerrecht spezialisiert ist. Sie fühlen<br />
sich von den Versicherern zu Unrecht<br />
an den Pranger gestellt. Grund genug für<br />
die <strong>procontra</strong>-Redaktion, um das System<br />
einmal zu durchleuchten und zu erörtern,<br />
ob es reformbedürftig ist oder im Grunde<br />
entscheidend dazu beiträgt, die Qualität<br />
der Vermittlerschaft zu erhöhen, indem es<br />
schwarze Schafe offenbart.<br />
FEHLERHAFTE EINTRÄGE KÖNNEN<br />
GESPERRT WERDEN, ABER ...<br />
Wichtig zu wissen ist beim Blick auf die<br />
AVAD, dass diese von allen Bereichen der<br />
Versicherungsbranche gewollt ist und entsprechend<br />
unterstützt wird. Neben BaFin<br />
und GDV trifft das auch auf Vermittlerverbände<br />
zu. „Versicherung insgesamt<br />
und gerade die Versicherungsvermittlung<br />
basiert auf Vertrauen. Die AVAD ist ein<br />
Instrument, um das Vertrauen in ordnungsgemäß<br />
arbeitende Vermittler aufrechtzuerhalten<br />
beziehungsweise zu fördern“, meint<br />
Dr. Hans-Georg Jenssen. Der geschäftsführende<br />
Vorstand des Bundesverbands Deutscher<br />
Versicherungsmakler (BDVM) sitzt<br />
auch im Vorstand der AVAD, der BDVM ist<br />
Mitgliedsunternehmen. Die IHKs könnten<br />
es laut Jenssen nicht leisten, auch regelmäßig<br />
die Solidität der Vermittler zu kontrollieren.<br />
Dass relativ viele Vermittler durch<br />
ungerechtfertigte negative AVAD-Auskünfte<br />
in ihrem beruflichen Fortkommen beeinträchtigt<br />
würden, glaubt der BDVM-Chef<br />
nicht. Vielmehr würde es nur die treffen,<br />
die wirklich Mist gebaut hätten, so Jenssen<br />
sinngemäß gegenüber <strong>procontra</strong>.<br />
Auch der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute<br />
(BVK) ist Mitgliedsunternehmen<br />
im AVAD-Verein. Im Hinblick<br />
auf fälschlich angeprangerte Vermittler<br />
erklärt BVK-Vizepräsident Gerald Archangeli:<br />
„Sollte ein Eintrag fehlerhaft sein und<br />
legt der betroffene Vermittler gegen einzelne<br />
Teile der Auskunft einen begründeten Einspruch<br />
entweder beim Unternehmen oder<br />
bei der AVAD ein, so werden diese Teile der<br />
Auskunft bis zur Klärung gesperrt. Sollten<br />
die Einwände des Vermittlers zutreffend<br />
sein, werden sie korrigiert.“<br />
Eine solche Sperrung bleibt für anfragende<br />
Unternehmen allerdings sichtbar.<br />
„Allein der Umstand, dass ein Eintrag ge-<br />
sperrt ist, ist für Branchenkenner, Konkurrenten<br />
und andere Versicherer dann schon<br />
der Hinweis, dass ein negativer Eintrag bestehen<br />
muss“, erläutert Vermittler-Anwalt<br />
Timmermann.<br />
»Dies muss für<br />
jeden Berater, dessen<br />
Hauptkapital das<br />
Vertrauen darstellt,<br />
ein Albtraum sein.«<br />
OLIVER TIMMERMANN, RA KANZLEI MICHAELIS<br />
Kommt es also in manchen Fällen fälschlicherweise<br />
zu negativen Auskünften über<br />
Vermittler? Das wäre für diese natürlich<br />
sehr ärgerlich, sofern es sie in ihrer Karriere<br />
bremst oder es ihnen erschwert, für sich<br />
und gegebenenfalls ihre Familien zu sorgen.<br />
Wiederum würde im Fall einer nicht angezeigten<br />
Sperrung keinerlei Hinweis auf das<br />
Fehlverhalten eines Vermittlers bestehen.<br />
Jenssen ordnet ein: „Unsere Erfahrung ist<br />
vielmehr, dass Versicherer bei einem prospektiven<br />
Vermittler durchaus nachfragen,<br />
warum ein Sperrvermerk vorhanden ist.<br />
Hier kann dann der Vermittler erklären,<br />
aus welchen Gründen seiner Auffassung<br />
nach der Vermerk nicht richtig ist. Sonst<br />
wäre es ja auch nicht zu erklären, warum<br />
trotz derartiger Einträge solche Vermittler<br />
eine neue Anbindung zum Beispiel zu<br />
einem Versicherer erhalten.“ Diese Aussage<br />
des BDVM-Chefs impliziert allerdings, dass<br />
Versicherer negative Auskünfte erstellen,<br />
die sich im Nachhinein als falsch entpuppen<br />
beziehungsweise von den betroffenen<br />
Vermittlern erst ins rechte Licht gerückt<br />
werden müssen.<br />
VERMITTLER-EINSPRÜCHE FÜHREN<br />
ZUR KORREKTUR<br />
Laut AVAD-Geschäftsführer Stefan<br />
Schwarz sind 2020 insgesamt 43.121 Auskünfte<br />
erstellt worden. Davon hätten 2.770<br />
Negativmerkmale enthalten. Viele davon<br />
seien aber durch negative Salden, beispielsweise<br />
auf den Provisionskonten, entstanden<br />
und schnell geklärt worden. Das seien<br />
dann keine Negativmeldungen im engeren<br />
Sinne, so Schwarz. In 128 Fällen sei Einspruch<br />
eingelegt worden, wobei im Regelfall<br />
jeder Einspruch zu einer Sperrung führe.<br />
Im Frühjahr <strong>2021</strong> seien noch 48 dieser<br />
Einsprüche aktiv gewesen. „Die restlichen<br />
80 haben sich erledigt. Erledigung heißt<br />
aber keinesfalls nur, dass die Einsprüche<br />
immer begründet waren und die Auskünfte<br />
von den Unternehmen korrigiert werden<br />
mussten. Es kann auch schlicht bedeuten,<br />
dass der Einspruch verworfen wurde, weil<br />
das meldende Unternehmen die bestrittene<br />
Behauptung beweisen konnte“, erklärt<br />
Schwarz.<br />
Unter dem Strich leistet die AVAD offensichtlich<br />
einen wichtigen Beitrag dazu, die<br />
Branche von schwarzen Schafen zu befreien.<br />
Dabei kommt es aber offenbar auch zu<br />
einzelnen Falschmeldungen, die Vermittler<br />
in ihrem beruflichen Fortkommen hindern<br />
und sich anschließend nur mühsam wieder<br />
geradebiegen lassen. Diese in Zukunft<br />
komplett zu vermeiden, würde das System<br />
AVAD auf jeden Fall noch besser machen.<br />
PRO<br />
Schützt Kunden und<br />
Anbieter<br />
Liegt meistens<br />
richtig<br />
Volle Unterstützung<br />
durch die Branche<br />
AVAD-SYSTEM:<br />
FAIR, WIE ES IST?<br />
CONTRA<br />
Manchmal auch<br />
Unschuldige betroffen<br />
Sperrungen bleiben<br />
sichtbar<br />
Bis zur Korrektur<br />
kann viel Zeit<br />
vergehen<br />
<strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21<br />
69
BERATER Maklerrenten<br />
DIE (MAKLER)RENTE IST SICHER<br />
Viele Makler möchten ihren Bestand versilbern. Statt einmal den Preis zu kassieren, sind auch<br />
regelmäßige Einnahmen eine Option. Ein Vergleich der Angebote gestaltet sich schwierig.<br />
– TEXT: STEFAN TERLIESNER –<br />
Viele Makler nähern sich dem Ruhestand.<br />
Doch wie lässt sich der Bestand an Versicherungs-<br />
und Finanzverträgen versilbern,<br />
schließlich fließen hieraus ja noch laufende<br />
Vergütungen auf das Konto des Maklers?<br />
Statt eines einmaligen Verkaufspreises kann<br />
eine monatliche Rente sinnvoll sein.<br />
Dafür bieten verschiedene Maklerpools<br />
schon seit Längerem sogenannte Maklerrenten<br />
an. Das Prinzip ist einfach: Dem Bestandswert<br />
entsprechend erhält der Makler<br />
eine monatliche Rentenzahlung. Relativ<br />
ZUWACHS STATT ABRIEB?<br />
Eine Alternative sei die planbare Rente in<br />
Höhe von 90 Prozent der laufenden Bestandscourtage<br />
mit reaktiver Bestandsbetreuung.<br />
In diesem Modell sei jedoch mit<br />
Abrieb zu rechnen, somit werde sich die<br />
Rente über die Laufzeit verringern. Die Taneu<br />
in Sachen Maklerrente ist Maxpool<br />
unterwegs. Der Pool bietet jetzt Modelle,<br />
mit denen Versicherungs- und Finanzmakler<br />
ihren Bestand verkaufen und vor allem<br />
verrenten können. „Wir empfehlen eine<br />
chancenorientierte Rente“, heißt es in einer<br />
Mitteilung des Maklerpools. Hier erhalte<br />
der Vermittler 70 Prozent der laufenden<br />
Bestandscourtage inklusive Hinterbliebenenschutz.<br />
Im Gegenzug für den Abschlag<br />
kümmere sich Maxpool aktiv um die<br />
Betreuung des Bestands. Das sorge da-<br />
für, „dass die Rente Jahr für Jahr steigt“,<br />
wird die Prokuristin Cigdem Gin, die die<br />
Maklerrente verantwortet, in der Mitteilung<br />
zitiert.<br />
70 Illustration: Eleonora Mavromati
Maklerrenten BERATER<br />
belle „Abrieb oder Zuwachs“ zeigt beide<br />
Modelle auf Basis einer Bestandsprovision<br />
in Höhe von 50.000 Euro. Gibt man diesen<br />
Betrag in den Rentenrechner von ein,<br />
kommt keine Monats- oder Jahresrente<br />
heraus, sondern eine Rentenprojektion für<br />
die nächsten 15 Jahre: 793.012 Euro chancenorientierte<br />
Rente oder 533.620 planbare<br />
Rente. Tatsächlich werde die Rente<br />
lebenslang gezahlt, heißt es bei Maxpool.<br />
Auch ein Sofortverkauf sei möglich. Für<br />
diesen Fall liefert der Rechner eine einmalige<br />
Kaufpreiszahlung für den Makler von<br />
125.000 Euro.<br />
Zumindest beim Einmalpreis liegt Maxpool<br />
auf einer Linie mit dem, was andere Bestandskäufer<br />
als Orientierungsgröße häufig<br />
nennen: maximal das Zwei- bis Zweieinhalbfache<br />
der Jahrescourtage. Der Versicherungsökonom<br />
Matthias Beenken von<br />
der Fachhochschule Dortmund hat in einer<br />
Studie mit den Versicherungsforen Leipzig<br />
aus dem Jahr 2018 im Durchschnitt einen<br />
realisierten Verkaufspreis vom 1,8-Fachen<br />
der Jahrescourtage in der Schaden-/Unfallversicherung<br />
und vom 1,2-Fachen der Jahrescourtage<br />
für Kfz-Policen ermittelt. „Lebens-<br />
und Krankenversicherungen bringen<br />
kaum eine laufende Courtage und wurden<br />
daher oft gar nicht erst mitverkauft oder<br />
nicht besonders vergütet“, berichtete der<br />
Professor auf Anfrage.<br />
UNTERSCHIEDLICHE ANNAHMEN<br />
Ob das Rentenmodell von Maxpool attraktiv<br />
ist, lässt sich von außen kaum beurteilen.<br />
Der Pool selbst spricht von „sorgsam<br />
ausgearbeiteten Modellen zur Alterssicherung“.<br />
Ein Vergleich mit anderen Maklerrenten<br />
ist kaum möglich, da alle von unterschiedlichen<br />
Annahmen ausgehen. Für<br />
einen konkreten Musterfall fragte <strong>procontra</strong><br />
bei fünf Anbietern von Maklerrenten<br />
nach. Nur drei antworteten; allerdings so,<br />
dass die Ergebnisse dann doch nicht vergleichbar<br />
waren.<br />
Wie schwierig Vergleiche sind, zeigt bereits<br />
folgendes Kriterium: Maxpool unterstellt<br />
einen Abrieb von 3 Prozent beziehungsweise<br />
traut sich einen Zuwachs von<br />
3 Prozent bei aktiver Pflege zu, blau direkt<br />
nennt einen Abrieb durch Bestandsverlust<br />
von „unter 3 Prozent“, Policen Direkt setzt<br />
einen Abrieb von 1,5 Prozent an und Finanz<br />
Zirkel hat eigenen Aussagen zufolge<br />
bisher keinen Abrieb festgestellt, weil durch<br />
die Außendienstbetreuung Neugeschäft<br />
43.650<br />
36.050<br />
MAKLER HAT DIE WAHL: ABRIEB ODER ZUWACHS?<br />
Break-even nach fünf Jahren<br />
42.341<br />
37.132<br />
produziert worden sei und der jeweilige<br />
Maklerrentner 50 Prozent davon erhalten<br />
habe. Zudem übernehme Finanz Zirkel alle<br />
Bestände, also Versicherungs- und Investmentverträge.<br />
Ebenso führe man Servicegebühren<br />
weiter. Es ergebe keinen Sinn, wenn<br />
die aufnehmende Gesellschaft nur einen<br />
Teil übernimmt und der Makler den Rest<br />
immer noch selbst klären muss, hieß es bei<br />
Finanz Zirkel.<br />
»Ein Makler rechnet<br />
sich die Welt fast immer<br />
utopisch schön.«<br />
ANDREAS GRIMM, RESULTATE INSTITUT<br />
41.070<br />
1. JAHR 2. JAHR 3. JAHR 4. JAHR 5. JAHR<br />
Philipp Kanschik, Geschäftsführer von Policen<br />
Direkt, erklärt: „Zur Minimierung<br />
des Bestandsabriebs und zur Beschleunigung<br />
der Übertragung unterstützen wir den<br />
Versicherungsmakler aktiv bei der strukturierten<br />
Datenaufbereitung, der Prüfung der<br />
Übertragbarkeit und kontaktieren für ihn<br />
die Versicherungsgesellschaften, um die Bestandsübertragung<br />
anzuzeigen.“ Und weiter:<br />
„Denn schließlich wird am Ende nur<br />
vergütet, was tatsächlich an Verträgen auf<br />
den Käufer übertragen wurde.“ Hierzu hat<br />
Andreas Grimm, Geschäftsführer des Re-<br />
38.245<br />
LAUFENDE BESTANDSPROVISION 50.000 EURO P. A.<br />
90 % Rente mit 3 % Abrieb p. a. in Euro 70 % Rente mit 3 % Zuwachs p. a. in Euro<br />
39.838 39.393<br />
38.643 40.575<br />
Quelle: Maxpool<br />
sultate Instituts für Unternehmensanalysen<br />
und Bewertungsverfahren, einen Tipp: „Ein<br />
gut gepflegter Bestand ist in großen Teilen<br />
immer auch kurzfristig übertragbar, auch<br />
wenn manchmal etwas komplizierte Konstrukte<br />
gewählt werden müssen, um die<br />
Übertragbarkeit sicherzustellen.“<br />
»NETTE SPIELZEUGE«<br />
Von Onlinerechnern hält Grimm nicht<br />
viel. „Das sind alles nette Spielzeuge.“ Ein<br />
Makler „rechnet sich die Welt fast immer<br />
utopisch schön“. Auch sieht Grimm ein Risiko,<br />
„dass der Bestandskäufer irgendwann<br />
die Rentenzahlungspflicht zu umgehen versuchen<br />
wird“. Das sei „aus kaufmännischer<br />
Sicht“ eine logische Konsequenz: Wenn ein<br />
Käufer dauerhaft zwischen 70 und 100<br />
Prozent der Maklervergütung abgibt und<br />
sich selbst in die Rolle des Maklers begibt,<br />
müsse die Kalkulation fast schon zu aggressiv<br />
sein.<br />
Das Hintertürchen der Anbieter sei in<br />
diesem Fall die Anpassung ihres Provisionstableaus,<br />
weil die Rentenzahlungen auf<br />
das jeweils gültige Tableau ausgerichtet<br />
seien. Tableau angepasst, und schon passe<br />
die Marge für den Käufer wieder.<br />
Kurzum: Ob Bestandsverkauf oder Bestandsverrentung,<br />
ein Makler sollte beides<br />
gut vorbereiten, verfügbare Angebote so<br />
gut es geht vergleichen und in dieser Angelegenheit<br />
auch mal selbst die Beratung<br />
durch einen Profi in Anspruch nehmen.<br />
<strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21<br />
71
BUSCHFUNK Sachwerte<br />
SACHWERTE<br />
BUND VERBIETET BLINDPOOLS<br />
Neues Gesetz soll Anleger am grauen Kapitalmarkt<br />
besser schützen.<br />
Der Bund hat mit dem Gesetz „zur weiteren Stärkung des Anlegerschutzes“ sogenannte<br />
Blindpools verboten. Dadurch sollen Anleger künftig vor zweifelhaften<br />
Kapitalmarkt-Investments geschützt werden. Das Investieren in Vermögensanlagen<br />
oder geschlossene Fonds, bei denen bei Prospekterstellung die konkreten Anlageobjekte<br />
noch nicht feststehen, ist nun nicht mehr möglich. Das Verbot umfasst auch<br />
„Semi-Blindpools“, bei denen zwar die Zielbranche, aber nicht das Anlageobjekt feststeht.<br />
Nur noch beaufsichtigte Berater und Vermittler dürfen entsprechende Vermögensanlagen<br />
vertreiben. Aus Sicht der Bundesarbeitsgemeinschaft mittelständischer<br />
Investmentpartner gefährdet das Verbot sinnvolle Investitionen in volkswirtschaftlich<br />
relevante Sachwerte wie erneuerbare Energien, Wohnungsbau und Logistik.<br />
Foto: iStock / Onurdongel<br />
BESTANDSIMMOBILIEN IMMER BELIEBTER<br />
Neuer Trend am Markt: Zweistellige Preiszuwächse<br />
bei gebrauchten Eigentumswohnungen erwartet<br />
Foto: iStock / Princigalli<br />
Die Nachfrage nach Bestandsimmobilien steigt rasant: Nach einer<br />
aktuellen Analyse von ImmoScout24 werden im laufenden Jahr in<br />
diesem Segment zweistellige Preiszuwächse erwartet. Anders ist<br />
die Situation bei den Neubauten – hier nahm die Nachfrage kaum zu.<br />
Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum legten die Preise für Bestands-<br />
Eigentumswohnungen im ersten Quartal <strong>2021</strong> um 12,7 Prozent zu. In<br />
die Jahre gekommene Domizile werden zunehmend attraktiver, da<br />
neue Immobilien im Schnitt rund 1.200 Euro mehr kosten.<br />
IMMOBILIENHÄNDLER SETZEN AUF NON-FUNGIBLE TOKEN<br />
Nach dem Boom der Krypto-Kunst erobern NFTs neue Märkte.<br />
Der Handel mit Non-Fungible Token (NFTs) wird immer beliebter: Ein Werk des Digitalkünstlers<br />
Beeple wurde nun für 69 Millionen US-Dollar versteigert. Damit war die Foto-Collage „Everydays“<br />
das erste vollständig digitale Kunstwerk, das bei einer Auktion den Besitzer wechselte.<br />
Auch Immobilienhändler setzen immer mehr auf die Digitalzertifikate NFTs. In Kalifornien bot<br />
der Immobilienmakler Shane Dulgeroff ein digitales, durch NFT abgesichertes Kunstwerk zur<br />
Versteigerung. Das Besondere daran: Der Käufer sollte das auf dem Werk abgebildete Haus<br />
obendrauf, als Dreingabe, erhalten. Das Interesse war jedoch verhalten: Es wurde kein Mindestangebot<br />
abgegeben. Mit den digital erzeugten Echtheitszertifikaten Non-Fungible Token<br />
sollen Originalität und Einmaligkeit eines Objekts garantiert werden.<br />
Quelle: wikipedia<br />
72<br />
<strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21
Sachwerte BUSCHFUNK<br />
Signa und DWS: Berliner Bürokomplex geht in<br />
Immobilien-Publikumsfonds über<br />
Für 350 Millionen Euro haben Signa Real Estate und DWS<br />
die Büroimmobilie Up! am Berliner Ostbahnhof erworben,<br />
die damit in den DWS-Immobilien-Publikumsfonds grundbesitz<br />
europa übergeht. Das Up! ist die 100. Fonds-Immobilie<br />
und das volumenmäßig größte Objekt in Deutschland.<br />
Paribus: Investments in Bürogebäude möglich<br />
Die Paribus Kapitalverwaltungsgesellschaft mbH startet<br />
den Vertrieb ihres geschlossenen Publikums-AIF Paribus<br />
Bezirksrathaus Köln: Anleger können sich nun an einem<br />
Büro- und Verwaltungsgebäude beteiligen, das langfristig<br />
an die Stadt Köln vermietet ist. Die prognostizierten Auszahlungen<br />
liegen fast durchgehend bei 3,75 bis 4 Prozent<br />
jährlich.<br />
Verifort Capital: Interne ESG-Strategie<br />
Der Tübinger Immobilienfondsmanager Verifort Capital<br />
hat eine Strategie mit konkreten Selbstverpflichtungen<br />
entwickelt, mit der Nachhaltigkeitsaspekte im Unternehmen<br />
umgesetzt und das Handeln transparenter gemacht<br />
werden sollen. Zu den ESG-Zielen zählen Maßnahmen wie<br />
die Reduzierung des mobilitätsbedingten CO 2<br />
-Ausstoßes<br />
sowie eine regelmäßige Prüfung interner Prozesse.<br />
BVT Holding: Neuer Private-Equity-Fonds<br />
Die BVT Holding bringt einen neuen Private-Equity-Fonds<br />
auf den Markt und setzt damit die Serie ihrer Private-<br />
Equity-Dachfonds fort. Die geschlossenen Spezial-AIFs<br />
bündeln die aktuellen Private-Equity-Investments aller<br />
BVT-Multi-Asset-Fonds in einem Investmentpool, der auch<br />
professionellen und semiprofessionellen Drittanlegern<br />
offensteht. Geplant ist eine mittelbare Beteiligung an<br />
40 Zielunternehmen.<br />
Exporo: Neues Angebot zur Verwahrung<br />
digitaler Vermögenswerte<br />
Das Hamburger FinTech-Unternehmen Exporo hat für seine<br />
digitale, Blockchain-basierte Investmentplattform eine<br />
Kooperation mit dem Verwahrer für digitale Wertpapiere<br />
und Kryptowährungen Tangany abgeschlossen. Anleger<br />
können ihre digitalen Vermögenswerte jetzt kostenlos bei<br />
Exporo verwahren. Dafür wird eine maßgeschneiderte<br />
Blockchain-Infrastruktur von Tangany genutzt.<br />
JLL: Neue Köpfe an „Smart Leasing“-Spitze<br />
Zum 1. Juli wechselt Martin Feltes vom E-Commerce-Startup<br />
„Flaschenpost“ zum Immobilienberatungsunternehmen<br />
JLL. Dort wird er als Head den neu geschaffenen<br />
Bereich „Smart Leasing“ strategisch aufbauen. Zeitgleich<br />
mit Feltes übernimmt Katharina Stumpf die operative<br />
Teamleitung des neuen Sektors. Mit „Smart Leasing“<br />
schafft JLL eine Plattform, die Dienstleistungen im Bereich<br />
schnellerer, kleinvolumiger Vermietungen bündeln soll.<br />
Foto: iStock / Haveseen<br />
Foto: iStock / deepblue4you<br />
Foto: iStock / kontrast-fotodesign<br />
Foto: iStock / Jan-Otto<br />
ETW: Mensch oder<br />
Maschine?<br />
HELEN LINDNER,<br />
JLL Head of Residential Development Germany<br />
Deutschland ist eine Digitalwüste. Das ist oft reklamiert<br />
worden. Zu Recht. Dennoch treibt die Pandemie auch<br />
in der Wüste so manche Digitalisierungsblüte. Denn<br />
Corona wirkt wie ein Brandbeschleuniger auf die große<br />
gesellschaftliche Frage: Wie viel Digitalisierung kann,<br />
darf und wird die Beziehung zwischen Menschen prägen?<br />
Das gilt generell mit Blick auf alle Aktivitäten. Und<br />
speziell auch in der Immobilienbranche beim Verkauf<br />
von Eigentumswohnungen zum Beispiel.<br />
Bereits vor Corona wurden in diesem Segment schon<br />
viele Prozesse digital abgebildet. Bei der Beratung in<br />
Form von Videogesprächen, Wohnungsbesichtigungen<br />
live bei Facebook oder auch bei weltweiten Online-Kundenevents.<br />
Beim Verkauf umfassen digitale Prozesse<br />
etwa datenbasiertes Pricing, virtuelle Bemusterungen<br />
oder 3D-Modelle. Der Einsatz digitaler Tools wurde in der<br />
Pandemie lediglich intensiviert.<br />
Nach der Pandemie, wenn der Kontakt von Mensch zu<br />
Mensch wieder möglich und der Wunsch nach echter<br />
Nähe größer denn je sein wird, ist doch die viel wichtigere<br />
Frage: Soll ein Algorithmus den gesamten Prozess<br />
des Eigentumswohnungskaufs abbilden?<br />
Nein, natürlich nicht. Denn bei der Vermarktung von<br />
Produkten, die für unser Leben essenziell sind, wird<br />
der Mensch immer entscheidend bleiben – ganz gleich<br />
wie fortgeschritten der Digitalisierungsgrad sein mag.<br />
Das gilt besonders für Dienstleistungen rund um die<br />
Immobilie.<br />
Der Kauf einer Immobilie ist eine Lebensentscheidung,<br />
die tief in die Gefühlswelt eingreift: Fühle ich mich<br />
in der Umgebung und in den Räumen wohl? Nur ein<br />
menschlicher Sparringspartner kann diese emotionale<br />
Entscheidung verstehen und – allen verfügbaren digitalen<br />
Tools zum Trotz – einfühlsam die entscheidende<br />
Beratung leisten.<br />
Die menschliche Dienstleistung im Beratungsgeschäft<br />
wird deswegen niemals gänzlich an die künstliche Intelligenz<br />
übergeben werden – anders, als es in anderen<br />
Branchen der Fall sein wird oder heute schon ist.<br />
<strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21<br />
73
SACHWERTE Rohstoffmarkt<br />
»Industriemetalle bieten<br />
keinen Inflationsschutz«<br />
Bei welchem Metall Anleger derzeit enttäuscht werden dürften, welches Element als<br />
Konjunkturbarometer gilt und warum der Hype um Industriemetalle auch Nachteile hat,<br />
erklärt Rohstoffexperte Raphael Scherer von Philoro Edelmetalle.<br />
– TEXT: MARILENA PIESKER –<br />
<strong>procontra</strong>: Industriemetalle galten lange als<br />
Investment für risikoaffine Investoren. Wer<br />
es sicher mag, blieb dem Rohstoffmarkt<br />
fern. Gilt das heute noch?<br />
Raphael Scherer: Rohstoffe und Industriemetalle<br />
sind eine Bereicherung für viele<br />
Portfolios. Es stimmt allerdings, dass sich<br />
ein Investment vor allem für erfahrene<br />
Anleger empfiehlt – heute vielleicht sogar<br />
noch mehr als früher. Jedem Investor sollte<br />
klar sein, dass in diesem Bereich zurzeit<br />
ein radikaler Umbruch stattfindet. Ob<br />
westliche Industrieländer oder China: Alle<br />
wollen ihren CO 2<br />
-Ausstoß reduzieren und<br />
weniger fossile Brennstoffe nutzen. Das<br />
wird logischerweise auch im Rohstoffsektor<br />
viel verändern: Kohle, Rohöl oder<br />
Erdgas verlieren an Bedeutung, andere Industriemetalle<br />
rücken in den Vordergrund.<br />
<strong>procontra</strong>: Welche sind das genau?<br />
Scherer: Man muss kein Experte sein, um<br />
zu erkennen, dass Verbrennungsmotoren<br />
und Katalysatoren es in Zukunft schwer<br />
haben werden. In den meisten Ländern<br />
verändert sich die Wirtschaft hin zu erneuerbarer<br />
Energieerzeugung und E-Mobilität.<br />
Dadurch steigt zum Beispiel der Bedarf an<br />
Silber, etwa für den Bau von Solaranlagen.<br />
Wir benötigen auch mehr Lithium für<br />
Batteriezellen oder Platin für die Synthese<br />
von grünem Wasserstoff.<br />
<strong>procontra</strong>: Die Nachfrage zieht also mit<br />
der Energiewende an?<br />
Scherer: Bei Silber oder Lithium sehe ich<br />
in der Tat großes Potenzial. Bei Platin<br />
bin ich mir allerdings nicht sicher. Hier<br />
könnte die Nachfrage auch zurückgehen<br />
und damit der Preis.<br />
<strong>procontra</strong>: Warum?<br />
Scherer: Es ist längst nicht klar, welche<br />
Technik sich am Ende zum Beispiel in<br />
der Autoindustrie durchsetzt: Wasserstoff<br />
kann der E-Mobilität immer noch<br />
den Rang ablaufen. Aber der eigentliche<br />
Grund, warum sich Platin für Investoren<br />
meiner Meinung nach nicht lohnt, ist,<br />
dass es derzeit schlicht zu viel Platin auf<br />
den Märkten gibt. Das Edelmetall wird<br />
zusammen mit Palladium gefördert – da<br />
Palladium aber sehr viel teurer ist, wird<br />
mehr Platin abgebaut, als die Industrie<br />
aktuell benötigt. Das dürfte das Metall für<br />
Investoren uninteressant machen. Wer jetzt<br />
74 <strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21
Rohstoffmarkt SACHWERTE<br />
noch auf richtige Preissteigerungen bei Platin<br />
setzt, wird wahrscheinlich enttäuscht.<br />
<strong>procontra</strong>: Palladium hat im vergangenen<br />
Jahr einen regelrechten Hype erfahren, der<br />
Preis liegt derzeit bei knapp 2.200 Euro je<br />
Feinunze. Sehen Sie noch weiteres Potenzial?<br />
Scherer: Der Preisanstieg lässt sich vor<br />
allem auf ein Ereignis zurückführen: Ein<br />
eingestürztes Gebäude zwang den größten<br />
Palladium-Hersteller Nornickel dazu,<br />
seine Produktion massiv einzuschränken.<br />
Dadurch ging das weltweite Angebot stark<br />
zurück, die Nachfrage blieb aber gleich,<br />
wenn sie nicht sogar anzog. Das heizte die<br />
Preise ordentlich an. Die Aussichten für<br />
Palladium sind trotzdem insgesamt gut:<br />
Denn derzeit ersetzt die Industrie viele<br />
Prozesse, in denen normalerweise Platin<br />
genutzt wird, mit Palladium.<br />
<strong>procontra</strong>: Auch bei anderen Industriemetallen<br />
sind die Preise zuletzt gestiegen<br />
– obwohl die Corona-Krise längst nicht<br />
überstanden ist. Wie lässt sich das erklären?<br />
Scherer: Ein Grund dürfte die stark wachsende<br />
Nachfrage aus China sein. Trotz<br />
Pandemie wächst die chinesische Industrieproduktion<br />
seit diesem Jahr wieder<br />
rasant. Außerdem gilt die Volksrepublik<br />
als weltweit größter Automobilmarkt, der<br />
sich künftig nachhaltiger ausrichten will:<br />
Angetrieben von staatlichen Investitionen<br />
hat sich die Volksrepublik nämlich längst<br />
zum größten Produzenten von Elektroautos<br />
entwickelt. Nickel, Kupfer und<br />
Lithium – alles Industriemetalle, die man<br />
für E-Fahrzeuge benötigt – haben in China<br />
derzeit Hochkonjunktur.<br />
<strong>procontra</strong>: Und davon können Anleger<br />
profitieren?<br />
Scherer: Ganz so absolut lässt sich das<br />
leider nicht sagen. Für die Entwicklung der<br />
Rohstoffpreise ist die Situation auf dem<br />
Weltmarkt entscheidend. Sicher ist: Sobald<br />
die Konjunktur in den USA und in Europa<br />
wieder anzieht, dürften alle Industriemetalle<br />
davon profitieren. Deshalb müssen<br />
wir uns fragen, wie stark die Nachfrage in<br />
Europa gerade ist – und aus ökonomischer<br />
Sicht tut sich die europäische Wirtschaft,<br />
mit Ausnahme weniger Sektoren wie der<br />
Baubranche, derzeit noch schwer.<br />
<strong>procontra</strong>: Immerhin stärkt die Baubranche<br />
die Nachfrage nach Industriemetallen.<br />
Scherer: Richtig, die Baubranche erholt<br />
sich seit Anfang des Jahres deutlich.<br />
Entsprechend steigen auch die Preise für<br />
Stahl oder Kupfer. Seit März hat sich der<br />
Kupferpreis verdoppelt.<br />
<strong>procontra</strong>: Können Berater den Einstieg in<br />
Kupfer noch empfehlen?<br />
Scherer: Ich denke, schon. Auch wenn<br />
der Preis zuletzt stark gestiegen ist, sehe<br />
ich noch Luft nach oben. Schließlich ist<br />
das Metall unabdingbar für die Industrie.<br />
Außerdem ist Kupfer ein gutes Konjunkturbarometer.<br />
Das bedeutet: Steigt der<br />
Preis, gehen die Märkte in der Regel von<br />
einem wirtschaftlichen Aufschwung aus –<br />
was wiederum die Nachfrage nach Kupfer<br />
befeuert.<br />
<strong>procontra</strong>: Welche Entwicklungen könnten<br />
den Kupferpreis noch treiben?<br />
Scherer: Kupfer wird in großen Mengen<br />
»Wer in Industriemetalle<br />
investiert, hat<br />
andere Interessen als<br />
ein Goldanleger: Er<br />
hofft auf ordentlich<br />
steigende Kurse.«<br />
beim Hausbau verwendet, aber auch in<br />
der Elektronik und in Autos. Vor allem<br />
Elektrofahrzeuge enthalten große Mengen<br />
an Kupfer – dort wird es etwa in Form<br />
von Kabeln oder Rotoren eingesetzt. Auch<br />
bei der Gewinnung erneuerbarer Energien<br />
spielt Kupfer eine Rolle. Zudem war die<br />
Produktion in den Minen im vergangenen<br />
Jahr eingeschränkt, das hat das Angebot<br />
stark geschmälert. Grundsätzlich ist das<br />
natürlich eine schöne Entwicklung, aber<br />
der ganze Hype um Industriemetalle hat<br />
auch einen Nachteil.<br />
<strong>procontra</strong>: Der da wäre?<br />
Scherer: Steigende Rohstoffpreise sind<br />
zwar grundsätzlich erst mal gut für Anleger,<br />
aber sie schüren auch Inflationsängste.<br />
Und das nicht zu Unrecht, denn am Ende<br />
treffen sie die Verbraucher direkt. Erhöhen<br />
Kupferminen aufgrund der Nachfrage die<br />
Preise, sind Kupferkabel am Ende der Lieferkette<br />
auch für Automobilhersteller im<br />
Einkauf teurer – und das geben sie an die<br />
Käufer weiter. Hinzu kommt die expansive<br />
Geldpolitik der Zentralbanken. Derzeit<br />
rechnen viele Anleger mit einem sprunghaften<br />
Anstieg der Inflation und versuchen<br />
sich dagegen abzusichern.<br />
<strong>procontra</strong>: Indem sie auf Edelmetalle wie<br />
Gold setzen?<br />
Scherer: Zum Beispiel. Wer in Industriemetalle<br />
investiert, hat andere Interessen<br />
als ein Goldanleger: Er hofft auf steigende<br />
Kurse. Investoren, die auf Gold setzen,<br />
wollen sich dagegen vorrangig gegen steigende<br />
Verbraucherpreise und Geldentwertung<br />
absichern. Gold erfüllt im Portfolio<br />
somit einen gänzlich anderen Zweck als<br />
Industriemetalle.<br />
Ich persönlich halte Gold auch immer<br />
noch für ein Instrument, um sich gegen<br />
diese Risiken zu schützen. Was als Investment<br />
interessant ist, hängt aber vor allem<br />
von der Intention des Anlegers ab. Letzten<br />
Endes sollten sich Vermittler fragen: Wie<br />
risikobereit ist mein Kunde? Daran sollte<br />
sich entscheiden, ob sie lieber auf Industriemetalle<br />
wie Kupfer oder Lithium setzen<br />
oder in Gold investieren wollen.<br />
<strong>procontra</strong>: Halten Sie Industriemetall-<br />
Investments für spekulativ?<br />
Scherer: Industriemetalle sind grundsätzlich<br />
sehr volatil, also schwankungsanfällig,<br />
denn sie hängen stark von der Konjunktur<br />
ab und bieten definitiv keinen guten Inflationsschutz.<br />
Sie eignen sich nicht dazu,<br />
Risiken zu diversifizieren. Diese Eigenschaften<br />
besitzen vor allem Edelmetalle<br />
wie Gold, Silber oder Platin, die nicht ausschließlich<br />
in der Industrie vorkommen.<br />
<strong>procontra</strong>: Sehen Sie beim Goldpreis noch<br />
Luft nach oben?<br />
Scherer: Definitiv. Zum einen ist mit der<br />
Corona-Krise die Nachfrage nach Gold bei<br />
privaten Anlegern gestiegen und wir, als<br />
Edelmetallhändler, erfahren derzeit keine<br />
Umkehr dieses Trends. Zum anderen ist<br />
durch die Pandemie die Schmuckproduktion<br />
zum Erliegen gekommen – wenn diese<br />
wieder anzieht, werden Nachfrage und<br />
Preis wieder steigen.<br />
<strong>procontra</strong>: Wie sollten Vermittler die Portfolios<br />
der Anleger bestücken?<br />
Scherer: Grundsätzlich ist meine Empfehlung,<br />
10 Prozent eines Portfolios in Edelmetalle<br />
zu investieren. Industriemetalle<br />
sollten lediglich als Beimischung ins Depot.<br />
Wer auf einen baldigen Aufschwung hofft,<br />
kann mit Kupfer, Eisen, Zink oder Lithium<br />
spekulieren.<br />
<strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21<br />
75
SACHWERTE Immobilienkauf<br />
OHNE STARTHILFE KEIN EIGENTUM<br />
Hohe Kaufpreise und Nebenkosten radieren den Vorteil niedriger Zinsen aus.<br />
Ohne Erbschaft platzt der Traum vom Eigenheim oft. Doch auch Makler können etwas tun.<br />
– TEXT: STEFAN TERLIESNER –<br />
76 Illustration: Roman Kulon
Immobilienkauf SACHWERTE<br />
Trotz seit Jahren anhaltender Niedrigzinsphase<br />
wird es für die Menschen immer<br />
schwerer, in privates Wohneigentum zu<br />
investieren. Ohne Erbschaft, Schenkung<br />
oder Privatkredit hätten viele heutige Eigentümer<br />
den Sprung in die eigenen vier<br />
Wände nicht geschafft. Das zeigt eine von<br />
Statista im Auftrag der Interhyp Gruppe<br />
in Deutschland und Österreich durchgeführte<br />
Erhebung unter mehr als 3.300 Immobilienbesitzern.<br />
„Der Wohneigentumserwerb<br />
zählt zu den größten Wünschen.<br />
Gleichzeitig wird der Weg dahin als immer<br />
schwieriger empfunden. Besonders junge<br />
Menschen fällt der Aufbau von Immobilienwerten<br />
ohne private Unterstützung<br />
schwer“, sagt Jörg Utrecht, Chef des Baufinanzierungsvermittlers<br />
Interhyp.<br />
EIGENKAPITAL IST KNAPP<br />
Der Immobilienmarkt in Deutschland sei<br />
von zwei diametralen Entwicklungen geprägt.<br />
Einerseits seien die Zinsen für Hypothekendarlehen<br />
von 2011 bis heute von 4<br />
Prozent auf unter 1 Prozent gefallen – was<br />
Kreditraten und Zinskosten deutlich minimiert.<br />
Anderseits hätten sich die Kaufpreise<br />
für Immobilien besonders in gefragten Lagen<br />
deutlich erhöht. „Die positive Zinseffekte<br />
wiegen für viele Menschen die Preissteigerungen<br />
nicht mehr auf. Laut Erhebung<br />
sind 55 Prozent der Meinung, dass der Kauf<br />
von Häusern und Wohnungen in den letzten<br />
Jahren schwieriger geworden ist“, betont<br />
Utrecht. Vor allem die Kaufnebenkosten<br />
– also Immobilienmaklergebühr, Grunderwerbsteuer<br />
und Notarkosten – stellten<br />
eine enorme Hürde bei der Finanzierung<br />
dar. Der Grund: Gerade die Kaufnebenkosten<br />
würden mehrheitlich mit Eigenkapital<br />
bestrit-ten. In manchen Bundesländern lägen<br />
diese sogenannten „Nebenkosten“ bei<br />
mehr als 10 Prozent. Wie groß das Problem<br />
ist, beschreibt Michael Voigtländer, Leiter<br />
des Kompetenzfelds Finanzmärkte und Immobilienmärkte<br />
beim Institut der deutschen<br />
Wirtschaft Köln (siehe Interview). Rund<br />
30.000 Euro Kaufnebenkosten seien heutzutage<br />
normal. Und Voigtländer ergänzt:<br />
„Die hat kaum jemand.“ In diesem Fall<br />
müsste die Bank 110 Prozent finanzieren,<br />
also einen Kredit für das Eigenheim und<br />
die Kaufnebenkosten gewähren. Das dürfte<br />
in den meisten Fällen utopisch sein. Wohl<br />
nur Beamte mit sicherem Einkommen oder<br />
Menschen mit anderen Sicherheiten leihen<br />
Banken so viel Geld.<br />
Angaben in %<br />
AUF DIESE UNTERSTÜTZUNG SETZEN HAUSKÄUFER<br />
Ich hätte meine Immobilie nicht … erworben. Mehrfachnennungen möglich<br />
36<br />
… ohne<br />
das erhaltene Erbe<br />
DOPPELTES DILEMMA<br />
Laut Interhyp-Chef Utrecht stecken gerade<br />
junge Menschen in einem doppelten Dilemma.<br />
Sie seien von steigenden Kaufpreisen<br />
und Kaufnebenkosten betroffen und<br />
erhielten in der Ansparhase kaum noch<br />
Guthabenzinsen. Ohne finanzielle Unterstützung<br />
von Familie und Freunden hätten<br />
viele Menschen keine Immobilien erwerben<br />
»Die positiven Zinseffekte<br />
wiegen die<br />
Preissteigerungen<br />
nicht mehr auf.«<br />
JÖRG UTRECHT, INTERHYP<br />
können. Besonders die Erben sagen, dass<br />
sie ohne das Erbe nicht hätten kaufen können.<br />
36 Prozent der Befragten gaben dies an<br />
(siehe Grafik).<br />
Laut der Umfrage brauchten 27 Prozent<br />
der unter 39-Jährigen private Quellen zur<br />
Finanzierung ihres Eigenheims. Bei den<br />
über 50-Jährigen seien es 17 Prozent. Weiterer<br />
Nachteil für Familien: Ende März sei<br />
das Baukindergeld vom Staat ausgelaufen.<br />
Utrecht appelliert an den Gesetzgeber, den<br />
Wohneigentumserwerb auch künftig zu unterstützen.<br />
Laut Studie hätten 11 Prozent<br />
der Eigentümer in Deutschland, die eine<br />
Förderung erhalten haben, ihre Immobilie<br />
25<br />
… ohne<br />
die stattgefundene Schenkung<br />
… ohne<br />
den erhaltenen privaten Kredit<br />
Quelle: Interhyp/Statista-Umfrage<br />
ohne staatliche Hilfe nicht erworben. So<br />
ein Befund sollte jeden Versicherungs- und<br />
Finanzmakler elektrisieren: „Da kann ich<br />
doch auch helfen!“ Denn in ihrer Praxis<br />
erleben sie, dass in wohl jedem privaten<br />
Haushalt Potenzial für die Optimierung<br />
der privaten Finanzen schlummert. Dies<br />
gilt umso mehr bei neuen, tendenziell<br />
jungen Kunden, die bisher noch keine Finanzplanung<br />
haben durchführen lassen.<br />
Viele Versicherungspolicen sind halt nicht<br />
bedarfsgerecht; manche sogar überflüssig.<br />
In der Regel findet ein Makler im Bestand<br />
eines Kunden immer Einsparmöglichkeiten;<br />
es sei denn, er hat aktuell bereits alles optimiert.<br />
FINANZEN FRÜHZEITIG PLANEN<br />
Nicht übersehen werden sollte dabei die<br />
Möglichkeit des Krankenkassenwechsels.<br />
Allein der kann zusätzliche Liquidität von<br />
zweihundert bis fünfhundert Euro im Jahr<br />
freilegen. Für die Vermittlung zu einer<br />
günstigeren Kasse, die natürlich von den<br />
Leistungen zum Bedarf des Versicherten<br />
passen muss, bekommt ein Makler eine<br />
Aufwandsentschädigung von der aufnehmenden<br />
Kasse. Die Plattform makleraktiv.<br />
de zum Beispiel unterstützt Vermittler mit<br />
Zulassung gemäß §34d Gewerbeordnung<br />
bei der Auswahl der passenden Kasse. In<br />
Kombination mit „eisernem Sparen“ lässt<br />
sich mit der Zeit zumindest etwas Eigenkapital<br />
für die Nebenkosten ansammeln.<br />
Vor allem aber sollte früh mit der Finanzplanung<br />
anfangen, wer sich den Traum<br />
vom Eigenheim erfüllen möchte. Hie-<br />
23<br />
<strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21<br />
77
SACHWERTE Immobilienkauf<br />
»Nebenkosten sind kaum zu stemmen«<br />
MICHAEL VOIGTLÄNDER, Leiter des Kompetenzfelds Finanzmärkte und Immobilienmärkte beim Institut der deutschen Wirtschaft Köln<br />
<strong>procontra</strong>: Herr Voigtländer, wieso ist die<br />
Wohneigentumsquote in Deutschland deutlich<br />
niedriger als in anderen Ländern?<br />
Michael Voigtländer: Nach dem Zweiten Weltkrieg<br />
setzte die Politik in Deutschland vor allem<br />
auf Sozialwohnungsbau, es entstanden viele<br />
Mietwohnungen. Auch in der Folgezeit haben<br />
wir nie eine so starke Wohneigentumspolitik betrieben<br />
wie andere Länder. Dort waren und sind<br />
die steuerlichen Vorteile größer. Zudem war die<br />
deutsche Mietengesetzgebung lange sehr ausbalanciert,<br />
was die Interessen von Mietern und<br />
Vermietern betrifft. Das hat dazu geführt, dass<br />
der Markt hierzulande relativ konstant geblieben<br />
ist, während Vermieter im Ausland infolge von<br />
Mietstopps und anderen Regelungen teils massenhaft<br />
an Selbstnutzer verkauft haben.<br />
proconta: Wäre ein höherer Anteil an Wohneigentümern<br />
wünschenswert?<br />
Voigtländer: Seit 2010 sind die Zinsen stark<br />
gesunken, wodurch Wohneigentum eigentlich<br />
erschwinglicher geworden ist: Unsere Berechnungen<br />
zeigen, dass man in vielen Städten<br />
aktuell schneller seinen Kredit abbezahlen kann<br />
als 2011. Gleichzeitig hat Wohneigentum in Zeiten<br />
niedriger Zinsen an Bedeutung für die Altersvorsorge<br />
gewonnen. Lebensversicherungen und<br />
betriebliche Altersvorsorgesysteme basieren<br />
sehr stark auf Zinsen, die kaum noch Rendite<br />
bringen. Die entstehende Lücke kann durch<br />
Wohneigentum geschlossen werden. Nicht nur<br />
die Finanzierung ist derzeit günstig, Eigentümer<br />
sparen sich im Alter auch die Miete, und die<br />
Immobilien gewinnen mit der Zeit an Wert.<br />
proconta: Aber Immobilien machen ihre Besitzer<br />
auch immobil.<br />
Voigtländer: Studien zeigen, dass sie am Arbeitsmarkt<br />
unflexibler sind als Mieter, also nicht<br />
dorthin gehen, wo Personal gebraucht wird. Das<br />
hängt in Deutschland auch mit hohen Transaktionskosten<br />
für Immobilien zusammen: Je höher<br />
sie sind, desto schwieriger ist es, Wohneigentum<br />
aufzugeben. In Ländern wie Großbritannien,<br />
Irland und den USA, wo die Kosten geringer<br />
sind, sind Wohneigentümer mobiler.<br />
proconta: Sind die hohen Kaufnebenkosten<br />
generell eine Hürde für Käufer?<br />
Voigtländer: Ja. Diese Kosten sind kaum zu<br />
stemmen für Ersterwerber wie junge Berufstätige<br />
und Familien. Für sie liegt Wohneigentum<br />
schon deshalb in weiter Ferne, weil sie dafür<br />
sehr hohe Ersparnisse bräuchten. In NRW fallen<br />
6,5 Prozent des Kaufpreises an Grunderwerbssteuer<br />
an, dazu kommen 1,5 Prozent für Notar<br />
und Grundbucheintrag, gegebenenfalls noch<br />
ein Makler. Am Ende lande ich also bei mehr als<br />
10 Prozent. Für eine typische Immobilie muss ich<br />
mindestens 250.000 bis 300.000 Euro ausgeben<br />
– und diese 30.000 Euro Kaufnebenkosten,<br />
die dann anfallen, hat kaum jemand.<br />
<strong>procontra</strong>: Sollte die Politik gegensteuern?<br />
Voigtländer: Der Gesetzgeber sollte zumindest<br />
die Ersterwerbssteuer deutlich senken oder<br />
die in anderen Ländern üblichen Freibeträge<br />
einführen.<br />
proconta: Wem würden Sie grundsätzlich einen<br />
Kauf empfehlen, wem ein Mietobjekt?<br />
Voigtländer: Wer lange Zeit an einem Standort<br />
leben möchte, sollte mehr auf Wohneigentum<br />
setzen. Hier ist allerdings ein stabiles – nicht<br />
zwangsläufig ein besonders hohes – Einkommen<br />
Voraussetzung, um einen Kredit zu<br />
bekommen. Wer jedoch häufiger umzieht oder<br />
weiß, dass seine Wohnbedürfnisse sich noch<br />
verändern werden, für den ist eine Mietwohnung<br />
geeigneter.<br />
rauf weist Stefan Kuehl, Geschäftsführer<br />
von Swiss Life Select, gegenüber <strong>procontra</strong><br />
hin. Auch der Finanzdienstleister<br />
habe aktuell mit dem Marktforschern von<br />
YouGov eine Umfrage durchgeführt. Und<br />
erneut lautet das Ergebnis: Oft fehlen die<br />
finanziellen Mittel für einen Immobilienerwerb.<br />
Damit aus dem Wunsch dennoch<br />
Realität wird, sollten Kunde und Berater<br />
gemeinsam so früh wie möglich passgenaue<br />
Maßnahmen entwickeln, meint Kuehl.<br />
EIGENKAPITAL ÜBER DEN KAPITALMARKT<br />
Ein plakatives Beispiel verdeutliche das:<br />
Kauft man einen Fernseher, möchte man<br />
nicht erst an der Kasse feststellen müssen,<br />
dass das Geld nicht ausreicht. Es lohne sich<br />
also, bereits früh damit anzufangen, Eigenkapital<br />
aufzubauen. Auch Sparen und<br />
Konsumverzicht könne man üben. Zahle<br />
eine Kunde zum Beispiel 800 Euro Miete<br />
im Monat und wäre zukünftig bereit, für<br />
eine Immobiliendarlehen 1.000 Euro auszugeben,<br />
könne der Kunde die Differenz<br />
von 200 Euro jetzt schon zum Beispiel in<br />
einen bedarfsgerechten Fondssparplan investieren.<br />
Zum einen baue der Kunde damit Eigenkapital<br />
für später auf und zum anderen<br />
findet er so heraus, ob er im Alltag mit dieser<br />
Rate gut auskommen kann. Wenn dann<br />
eines Tages der Immobilienerwerb konkret<br />
wird, müsse eine passende Finanzierungslösung<br />
gefunden werden. <br />
ERST MAL EIGENKAPITAL AUFBAUEN?<br />
PRO<br />
Ein guter Anlass, die<br />
privaten Finanzen zu<br />
optimieren<br />
Eigenkapital verbessert<br />
die Finanzierungskonditionen<br />
Kredit fürs Haus,<br />
Eigenkapital für die<br />
Nebenkosten<br />
CONTRA<br />
Wer 110-Prozent-<br />
Finanzierung bekommt,<br />
braucht kein<br />
Eigenkapital<br />
Es gibt eh keine<br />
Gutenhabenzinsen<br />
mehr<br />
Rentable Anlagen<br />
nur langfristig sicher<br />
78 <strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21
Franz Hackel, Münster<br />
Super und informativ! VIELEN<br />
DANK an alle Beteiligten. Bis zum<br />
nächsten mal. :-)<br />
Paula Gaede, Referenten-Team<br />
Das waren spannende Fragen.<br />
Ich hoffe, wir konnten alle<br />
beantworten.<br />
Rainer Eisbein, Kiel<br />
Interessant, vor allem auch die<br />
kritischen Anmerkungen. Ich freu<br />
mich auf die Fortführung!<br />
Alexandra Thormann, profino Team<br />
Lieben Dank! Hier gibts die Tickets<br />
für den kommenden Kongress<br />
www.profino-online.de<br />
Wir freuen uns!<br />
Der neue Maßstab<br />
PROFINO 3.0
SACHWERTE Immobilienkompass<br />
VERKÄUFERSTREIK<br />
AM IMMOBILIENMARKT<br />
Während die Nachfrage nach Häusern weiter steigt, geht das Angebot deutlich zurück,<br />
obwohl die Preise den Verkäufern vielfach Traumrenditen bescheren würden.<br />
Was ist dran am Verkäuferstreik?<br />
– TEXT: NINA MÜLLER-PELTZER –<br />
schlossen Bestandshäuser dann in immer<br />
größeren Schritten zu den preislich starken<br />
Neubauten und Eigentumswohnungen auf.<br />
Heute befinden sich die Hauspreise auf<br />
einem Rekordniveau, wie der Europace<br />
Hauspreis-Index in seiner letzten <strong>Ausgabe</strong><br />
ausgewiesen hat. Dies gilt nicht nur für<br />
Regionen, die ohnehin schon teuer waren,<br />
sondern auch für Gegenden, die bisher eher<br />
als unattraktiv eingestuft wurden. Liegt die<br />
Immobilie infrastrukturell halbwegs gut<br />
eingebettet, haben Verkäufer gleich eine<br />
ganze Reihe von Interessierten vor der Tür,<br />
egal wie klein, heruntergekommen und<br />
wenig attraktiv das Objekt selbst zu sein<br />
Seit Anfang 2020<br />
schlossen Bestandshäuser<br />
in großen<br />
Schritten zu den<br />
preislich starken<br />
Neubauten und Eigentumswohnungen<br />
auf.<br />
Für Eigenheimbesitzer mit Verkaufsabsichten<br />
sind paradiesische Zeiten angebrochen.<br />
Lange galten Bestandshäuser als die<br />
weniger favorisierte Immobilienvariante<br />
und konnten im direkten Vergleich mit<br />
Neubauten bei der Preisentwicklung nicht<br />
mithalten. Wer etwas Eigenes wollte, wollte<br />
etwas Neues.<br />
Doch die hohe Nachfrage nach Wohnraum<br />
und das geringe Angebot im Sektor<br />
der Neubauten haben in den vergangenen<br />
Jahren Bestandshäuser immer stärker in<br />
den Fokus der Verbraucher gerückt und<br />
Schritt für Schritt für eine Annäherung<br />
an die Preisentwicklung anderer Immobiliensegmente<br />
gesorgt. Seit Anfang 2020<br />
scheint. Eigentlich müsste es also ein breites<br />
Angebot an Bestandsimmobilien geben, da<br />
die hohen Preise die Verkaufsbereitschaft<br />
stimulieren sollten.<br />
ZURÜCKHALTUNG STATT GOLDRAUSCH<br />
Es zeigt sich aber ein ganz anderes Bild. So<br />
gibt es im Bereich der Immobilienangebote<br />
80 Foto: iStock / Golero
Immobilienkompass SACHWERTE<br />
verschiedene Untersuchungen und Auswertungen,<br />
die von einem ungewöhnlich<br />
niedrigen Bestand an Immobilien, die zum<br />
Verkauf stehen, ausgehen. Der Immobilienmakler<br />
Homeday hat die Angebotsentwicklung<br />
von Häusern und Wohnungen<br />
untersucht und kommt zu dem Schluss,<br />
dass 2020 über 12 Prozent weniger Angebote<br />
gegenüber dem Vorjahr veröffentlicht<br />
wurden. In einer repräsentativen Umfrage<br />
des Marktforschungsunternehmens Kantar<br />
im Auftrag der Postbank wurde erkennbar,<br />
dass viele Immobilienbesitzer mit dem Verkauf<br />
warten, was auf die Furcht vor Ansteckungen<br />
während der Pandemie, aber auch<br />
die gestiegene Attraktivität der eigenen vier<br />
Wände zurückgeführt wird. Hier gaben die<br />
Befragten an, die Krise mache die eigenen<br />
vier Wände noch begehrenswerter.<br />
Betrachtet man den Anteil der Häuser im<br />
Bestand gegenüber den neu gebauten bzw.<br />
gekauften Häusern, die über die Europace-<br />
Plattform finanziert wurden, zeigt sich,<br />
dass er noch 2018 bei 70,8 Prozent gegenüber<br />
29,2 bei Neubauten lag. Während diese<br />
Entwicklung 2019 annähernd konstant<br />
war, verringerte sich dieser Anteil 2020 und<br />
<strong>2021</strong> auf nur noch 69,4 bzw. 67,3 Prozent.<br />
Demgegenüber ist die Anzahl der Baufertigstellungen<br />
von Eigenheimen laut Daten<br />
des Statistischen Bundesamts sowie einer<br />
Studie von KfW Research in den letzten<br />
Jahren annähernd konstant geblieben. Bei<br />
einer gleichbleibenden Bautätigkeit und<br />
einem sinkenden Verhältnis von verkauften<br />
Bestandsimmobilien zu Neubauten kann<br />
man darauf schließen, dass private Verkäufer<br />
eine geringere Bereitschaft haben, ihre<br />
Immobilie zu veräußern. Anhand des Verhältnisses<br />
von Bestands- zu Neubautransaktionen<br />
zeichnet sich also durchaus ein<br />
Rückgang beim Angebot der Bestandshäuser<br />
ab und deutet auf ein rückläufiges Interesse<br />
privater Immobilienbesitzer an einem<br />
Verkauf hin – und das trotz steigender Preise.<br />
VOM STREIK ZUR SCHLACHT<br />
Neben der Pandemie-bedingten Zurückhaltung<br />
und der neu erwachten Wertschätzung<br />
für die eigenen vier Wände, können auch<br />
andere Gründe für die Zurückhaltung der<br />
Verkäufer genannt werden. Erstens befinden<br />
sich die Zinsen derzeit auf einem historisch<br />
niedrigen Niveau, sodass sich Erlöse<br />
aus Immobilienverkäufen nur bei einem<br />
entsprechenden Risiko gewinnbringend<br />
210<br />
200<br />
190<br />
180<br />
170<br />
160<br />
150<br />
140<br />
130<br />
120<br />
110<br />
100<br />
90<br />
80<br />
Indexpunkte<br />
BESTANDSHÄUSER SCHLIESSEN ZU ANDEREN SEGMENTEN AUF<br />
Hauspreisindex steigt seit Jahren.<br />
Bestandshäuser<br />
Neubauhäuser<br />
Eigentumswohnungen<br />
Gesamtindex<br />
2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 <strong>2021</strong><br />
MEHR NEU, WENIGER BESTAND<br />
Verteilung von Neubauten und Bestandshäusern<br />
Gesamt: 60.813 Gesamt: 73.667 Gesamt: 92.597 Gesamt: 32.631<br />
29,2 29,5 30,6<br />
32,7<br />
70,8 70,5<br />
69,4<br />
67,3<br />
2018 2019 2020 <strong>2021</strong><br />
Neubau Bestand Angaben in %<br />
anlegen lassen. Dazu kommt, dass Alternativen<br />
in Form anderer Kaufimmobilien oder<br />
Mietobjekte ebenfalls teuer sind, sodass<br />
kaum finanzielle Vorteile erzielt werden<br />
können. Ein weiterer Punkt ist die starke<br />
Zunahme von Homeoffice, was Immobilienbesitzer<br />
in den vergangenen Monaten<br />
noch stärker an ihr Zuhause gebunden<br />
hat und den ideellen Wert der Immobilien<br />
steigen ließ. Auch wenn sich die Zinspolitik<br />
mittelfristig nicht maßgeblich ändern<br />
sollte, so ist dennoch davon auszugehen,<br />
dass der Stau an Bestandshäusern, die mo-<br />
Quelle: Europace Finanzmarktplatz<br />
mentan nicht zum Verkauf stehen, mit dem<br />
Ende der Pandemie recht schnell auflösen<br />
wird. Und dann könnte aus einem Verkäuferstreik<br />
ganz schnell eine Verkaufsschlacht<br />
werden. <br />
ALLE EUROPACE-STUDIEN UND INDIZES<br />
ZUM IMMOBILIENMARKT<br />
https://report.europace.de/studienbereich<br />
<strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21<br />
81
PRIVAT GEFRAGT Timo Heitmann, Gothaer<br />
»Als Kanzler<br />
bekäme ich<br />
gar nichts<br />
gebacken.«<br />
TIMO HEITMANN<br />
Jahrgang 1982, Versicherungsdetektiv,<br />
Teamleiter Schadenaußendienst<br />
Gothaer, verheiratet, 2 Kinder, 2 Hunde<br />
IHRE MEINUNG, HERR HEITMANN:<br />
Wir brauchen ein Unterrichtsfach<br />
Versicherungen<br />
Onlineberatung sollte auch nach der<br />
Corona-Krise weiter vorangetrieben<br />
werden<br />
Die Bedingungswerke von Versicherern<br />
sind transparent formuliert<br />
In der Regel haben Versicherungsbetrüger<br />
doch noch ein Einsehen und ziehen ihre<br />
Schadensmeldung zurück<br />
Die meisten eingereichten Schadensmeldungen<br />
sind ungerechtfertigt<br />
Versicherungsbetrug sollte härter<br />
bestraft werden<br />
Zum Frühstück gibt es bei mir<br />
Rührei mit Bacon, gerne auf Frischkäse<br />
mit Tomate.<br />
Die Homeoffice-Kultur empfinde ich als<br />
extrem angenehm. Maximale Flexibilität,<br />
Zeitersparnis, Vereinbarkeit von Familie und<br />
Beruf und zudem ist es nachhaltig. Was<br />
fehlt, ist der Abstand zum Abschalten zwischen<br />
den Rollenverpflichtungen, den man<br />
ansonsten auf der Autofahrt hat.<br />
Diese neue Kompetenz habe ich mir<br />
(Corona-bedingt) angeeignet:<br />
Ich bin noch nicht ganz fertig, aber ich<br />
arbeite daran, gelassener zu werden und<br />
mich mit jenen wesentlichen Dingen zu<br />
befassen, die ich selbst beeinflussen kann.<br />
Meine wahre Leidenschaft ist<br />
das Kitesurfen. Mein Traum ist es, einen<br />
eigenen Offroadcamper selbst auszubauen.<br />
Meine Freizeit verbringe ich am liebsten<br />
mit Sport. Ich nenne dies vor „Familienzeit<br />
genießen“, weil ich für Erstes gerade noch<br />
weniger Zeit habe als für Zweites.<br />
Mein erstes Geld habe ich verdient mit<br />
einem Ferienjob bei einer Krankenversicherung<br />
am Hansaring in Köln. Im Wesentlichen<br />
habe ich tatsächlich Aktenordner kopiert<br />
und sie von A nach B getragen.<br />
Die höchste Betrugssumme, die ich durch<br />
meine Arbeit abwenden konnte:<br />
Ich kann mich nicht erinnern, garantiert<br />
fünfstellig.<br />
Meine aktuelle Film-/Serienempfehlung:<br />
Modern Family.<br />
Am meisten Überwindung kostete mich<br />
meiner eigener YouTube-Kanal.<br />
Ich würde gern einen Tag lang tauschen mit<br />
…, um dann Folgendes zu tun:<br />
In ein anderes Leben möchte ich gar<br />
nicht tauschen. „Des Glückes Tod ist der<br />
Vergleich“, und den würde ich mitbringen.<br />
Zudem maße ich mir nicht an, binnen eines<br />
Tages wesentliche Dinge besser zu machen<br />
als jene, die tagtäglich in der Verantwortung<br />
dafür sind.<br />
Wahrer Luxus ist für mich<br />
Freiheit. Einfach Dinge tun zu können, die<br />
man mit Herzblut tun möchte, ohne finanzielle<br />
Notwendigkeit, weil das Finanzielle<br />
geregelt ist. Nebenbei noch arbeiten, Sport<br />
treiben, Freunde und Familie um sich haben,<br />
weil es einen erfüllt.<br />
Ich vergesse die Welt um mich herum, wenn<br />
ich bei Sonnenuntergang und gülden<br />
schimmerndem Wasser bei 3 Beaufort<br />
kitesurfe und das Meer weitgehend leer ist.<br />
Der skurrilste Versicherungsbetrugsfall,<br />
den ich als TV-Detektiv aufgedeckt habe:<br />
ein Gucci-Anzug – den es niemals gab –<br />
und ein Kunde, der sich bei mir noch dafür<br />
bedankt, seinen kriminellen Machenschaften<br />
durch die Überführung endlich ein Ende<br />
gesetzt zu haben.<br />
Wenn ich einen Tag Kanzler wäre,<br />
würde ich Folgendes veranlassen:<br />
Ich glaube, ich bekäme gar nichts gebacken.<br />
Ganz ehrlich; vor diesem Amt habe<br />
ich größten Respekt – ich würde mich<br />
vermutlich nach Stunde 1 eingraben und<br />
warten, bis der Tag vorbei ist.<br />
Die Vielzahl an Informationen würde mich<br />
vermutlich überfordern, aber auch die<br />
Tatsache, dass man mit jeder Silbe etwas<br />
Falsches sagen kann.<br />
82 <strong>procontra</strong> <strong>03</strong>|21
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G L Ü C K S<br />
STRASSENKIND<br />
FURAHA PHÖNIX Kinderhaus e.V. c/o HAMBURGER PHÖNIX AG<br />
Glockengießerwall 2 in 20095 Hamburg<br />
Telefon: 0 40 / 23 85 66-0 / Telefax -10<br />
Vorstand: Oliver Drewes (Vors.), Christian Hempen, Lahcen Knapp, Götz Lebuhn,<br />
Kai Säland, Volker Booten, Christine Drewes (Finanz.)<br />
Internet: www.Phoenix-Kinderhaus.de<br />
Registrierung des Vereins: Amtsgericht Hamburg, VR-Nr.: 18 63 9<br />
Finanzamt Hamburg, St.Nr.: 17/441/16186<br />
FURAHA PHÖNIX<br />
Spendenkonto<br />
Deutsche Bank Hamburg<br />
Spendenkonto: 0 36 36 06<br />
BIC: DEUTDEDBHAM<br />
IBAN: DE83 2007 0024 0<strong>03</strong>6 3606 00
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