möbel kultur 06/21
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6 I 20<strong>21</strong><br />
MAGAZIN FÜR DAS MÖBEL-BUSINESS<br />
in der<br />
Wegen massiver Materialengpässe<br />
schlägt die Industrie jetzt Alarm<br />
Flexibel am<br />
laufenden Band<br />
Marktführer Nobilia startet<br />
Werk V in Saarlouis<br />
Foto: Strasser<br />
VERBÄNDE 20<strong>21</strong><br />
DIGITALE<br />
EXZELLENZ<br />
Oranier: Mit smarten Upgrades<br />
Strasser: Auf alpinen Spuren<br />
Lifestyle-Extra: 16 Seiten stark<br />
Österreich: Komplexes Stimmungsbild<br />
Service & More: Stets ein offenes Ohr<br />
Motel a Miio: Keramik mit Urlaubsfeeling
TOP-THEMA/RESTART<br />
Grüne Spuren<br />
werden wichtiger<br />
Spätestens seitdem das Klimaschutzgesetz nachgebessert werden muss,<br />
dürfte jedem klar geworden sein, dass Nachhaltigkeit in Zukunft stark an<br />
Bedeutung zunehmen wird. Neben Lean Production und digitalen Prozessen<br />
liegt in einem positiven ökologischen Fußabdruck viel strate gisches<br />
Potenzial. Davon ist Oliver Rörig, Partner der Unternehmensberatung<br />
Dr. Wieselhuber &Partner, überzeugt.<br />
Green<br />
Stichworte: Nachhaltigkeitsstrategie, Ökologischer<br />
Footprint, Energiemanagement, Verwertungs- und<br />
Entsorgungsnetzwerke, Nachhaltige Lieferanten,<br />
Kreisläufe mit Kunden und Lieferanten,<br />
Rück führungslogistik, Material management,<br />
Umweltzertifikate, Schienen und Wasserstraßen<br />
Typische Optimierungseffekte<br />
9%<br />
Umsatzstei gerung<br />
13%<br />
Produktivitätserhöhung<br />
10%<br />
Materialreduktion<br />
20%<br />
Abfallvermeidung<br />
25%<br />
Verringerung<br />
der Mitarbeiterfluktuation<br />
75%<br />
Energiereduktion<br />
20 <strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong> 6/20<strong>21</strong>
Digital<br />
Lean<br />
Smarte Fabrik, moderne Anlagen,<br />
digitaler Zwilling, Digitale Technologien,<br />
Robotik/Fahrerlose Transportsysteme,<br />
Kunden- und Lieferantenvernetzung,<br />
KI- gestützte Analytik, systemgestütztes<br />
Sales & Operationsplaning, X-Reality-<br />
Werker-Unterstützung, systemgestütztes<br />
Reporting<br />
Stichworte: Schlanke Produktion,<br />
keine Verschwendung, Ausschussreduktion,<br />
KVP, Shopfloor<br />
Management, Zielvorgaben und<br />
Anreiz systeme, LKW- Auslastung<br />
und Touren optimierung,<br />
Niedrige Bestände, hoher<br />
Lagerumschlag, Optimierung<br />
der Gesamtanlageneffektivität,<br />
Wertstromoptimierung, kurze<br />
Durchlaufzeiten, Modulares<br />
Fabriklayout, Agile Teams<br />
Illustration: chlhii /Shutterstock.com, Freepik.com<br />
Verrückte Zeiten: „Da führen<br />
uns eine Pandemie und ein<br />
Frachterunglück auf einer der<br />
wichtigsten Wasserstraßen der Welt<br />
vor Augen, wie volatil unsere globalen<br />
Lieferketten wirklich sind.“ Für Oliver<br />
Rörig, Partner von W&P, entlarven<br />
disruptive Ereignisse wie diese die<br />
Schwächen klassischer Lieferketten.<br />
Es zeige sich ein signifikanter Nachholbedarf<br />
in Bezug auf Robustheit,<br />
Resilienz und Agilität – nicht nur der<br />
Warenströme. Der Experte appelliert,<br />
die Herausforderungen jetzt als<br />
Chance zu begreifen, die Prozesse<br />
zukunftsfest und smart zu gestalten.<br />
Und das bedeutet, die Supply Chain<br />
nicht nur lean und digital abzubilden,<br />
sondern auch nachhaltig. Die Strategie<br />
auf diesen drei Säulen aufzubauen,<br />
und insbesondere den CO2-Fußabdruck<br />
zu verbessern, hat nicht nur<br />
einen imagefördernden Effekt, sondern<br />
wirkt sich ganz konkret auf<br />
Umsatz, Kosten und letztendlich<br />
Ergebnis aus. So sei beispielsweise eine<br />
Umsatzsteigerung von neun Prozent<br />
möglich durch eine Erhöhung des<br />
Marktanteils aufgrund von nachhaltigen<br />
Produkten und Services. Kürzere<br />
Durchlauf- und weniger Stillstandszeiten,<br />
ein geringeres gebundenes Kapital<br />
sowie mehr Mitarbeitermotivation<br />
können die Produktivität bis zu 13<br />
Prozent pushen. Ganz zu schweigen<br />
von den positiven Auswirkungen auf<br />
die Mitarbeiterfluktuation, die sich<br />
bis zu 25 Prozent verringern könnte<br />
durch eine nachhaltigere Philosophie.<br />
Doch auch auf der Kostenseite<br />
gibt es noch jede Menge Spielräume,<br />
so z. B. mit der Umrüstung<br />
auf erneuerbare Energien, effizientere<br />
Logistik oder ein innovatives<br />
Gebäudemanagement, womit bis zu<br />
75 Prozent der Energie eingespart<br />
werden können. Bei in Zukunft<br />
steigenden Kosten hierfür kann dies<br />
enorm zu Buche schlagen. Auch<br />
bei den Themen Abfallvermeidung<br />
und Materialreduktion gibt es – laut<br />
Oliver Rörig – noch Luft nach oben.<br />
Wiederverwertung, andere Verpackungen<br />
oder die Verwendung<br />
neuer, umweltfreundlicher Rohstoffe<br />
sind nur einige der Aspekte.<br />
„Eine agile und robuste Supply<br />
Chain wird gerade in diesen Zeiten<br />
überlebenswichtig oder zumindest<br />
zu einem strategischen Wettbewerbsvorteil.<br />
Ein Balanceakt zwischen<br />
Effizienz und Flexibilität, bei dem<br />
Stolpern verboten ist.“ RITA BREER<br />
www.wieselhuber.de<br />
6/20<strong>21</strong> <strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong> <strong>21</strong>
TOP-THEMA/MATERIAL-ENGPÄSSE<br />
Stress<br />
in der Lieferkette<br />
Die Einrichtungshäuser gehen jetzt nach und nach wieder in den Normalbetrieb<br />
über. Doch überhaupt nicht mehr normal ist derzeit die Versorgungslage<br />
in der Möbelindustrie, vor allem bei Holzwerkstoffen, Metallteilen und<br />
Schäumen. Bei diesen Produktgruppen sind zwischen 60 und 80 Prozent der<br />
von VHK/VDM befragten Hersteller aktuell von Engpässen betroffen. Und diese<br />
führen zu gravierenden Störungen in der Lieferkette und massiven Kostensteigerungen.<br />
Bei einigen Betrieben drohe gar ein Produktionsstopp.<br />
Die „<strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong>“ hat die aktuelle Lage sondiert.<br />
Ich befürchte, dass sich<br />
die Lage erst im ersten<br />
Halbjahr 2022 normalisieren<br />
wird. Die Märkte müssen erst t<br />
wieder ins Gleich gewicht<br />
kommen.“<br />
Rudolf Eikenkötter, RMW<br />
Bereits Anfang des Jahres wurde<br />
deutlich, dass die Auswirkungen<br />
der Corona- Pandemie<br />
in hohem Maße die Zulieferseite<br />
und damit auch die Möbelindustrie<br />
treffen werden. In immer kürzeren<br />
Abständen schlagen die Hersteller<br />
jetzt Alarm. „Die Versorgungslage<br />
bei wichtigen Zulieferprodukten<br />
verschärft sich immer weiter. Inzwischen<br />
ist die Produktion bei rund der<br />
Hälfte der Unternehmen aufgrund<br />
von Materialengpässen eingeschränkt,<br />
vielfach sind Produktionstage weggefallen“,<br />
stellte Jan Kurth, Geschäftsführer<br />
der Verbände der deutschen<br />
Möbelindustrie (VDM/VHK) zuletzt<br />
Anfang Juni fest. „Leider ist vorerst<br />
keine Entspannung auf der Beschaffungsseite<br />
in Sicht.“ In der jüngsten<br />
Umfrage der Verbände gaben rund 70<br />
Prozent der Unternehmen an, dass<br />
sich die Materialverfügbarkeit im<br />
Mai 20<strong>21</strong> im Vergleich zum Vormonat<br />
April noch einmal verschlechtert<br />
hat. Etwa die Hälfte der Unternehmen<br />
berichten, dass es zu Produktionseinschränkungen<br />
aufgrund von Materialengpässen<br />
kommt. Das schlägt natürlich<br />
auch auf die Preise durch. Am<br />
stärksten haben diese in den letzten<br />
beiden Monaten bei Polsterschäumen<br />
und Spanplatten angezogen.<br />
Und die Spirale dreht sich weiter<br />
nach oben: Für das dritte Quartal<br />
werden insbesondere bei Spanplatten,<br />
Metallteilen, Beschlägen, Funktionselementen,<br />
Polsterschäumen,Verpackungsmaterialien,<br />
Transportdienstleistungen<br />
und auch Massivhölzern<br />
weitere Preissteigerungen<br />
erwartet.<br />
Es sind also sämtliche Vorprodukte<br />
betroffen. Fragt man einen Wohn<strong>möbel</strong>hersteller<br />
wie die Rietberger<br />
Möbelwerke, dann nennt Geschäftsführer<br />
Rudolf Eikenkötter insbesondere<br />
Holzwerkstoffe, Massivholz,<br />
Metall- und Kunststoffbeschläge,<br />
die länger auf sich warten lassen.<br />
Wobei er davon ausgeht, dass es<br />
beispielsweise bei den Holzwerkstoffen<br />
grundsätzlich um die hohe<br />
Auslastung der Werke gehe, bei den<br />
anderen Produkten mangele es wiederum<br />
bereits an den Materialverfügbarkeiten.<br />
Wobei sich beide Faktoren<br />
gegenseitig verstärken.<br />
Ruf-Geschäftsführer Heiner<br />
Goossens machen als Bettenspezialist<br />
zusätzlich die bis zu sechs Wochen<br />
längeren Lieferzeiten bei Schäumen<br />
und Taschenfederkern zu schaffen.<br />
Bei Gel- oder Viskoschaum sei derzeit<br />
gar nicht klar, wann wieder geliefert<br />
werden könne. Dabei sieht er dafür<br />
verschiedene Gründe: „Laut Hersteller<br />
liegt das an der hohen Nachfrage<br />
weltweit. Denn insbesondere Kunststoffe<br />
und Holz werden verstärkt auch<br />
von den USA und China in Europa<br />
gekauft. Zusätzlich hat die chemische<br />
Industrie immer wieder Maschinenausfälle<br />
oder Wartungszyklen, die eine<br />
zusätzliche Verknappung bewirken.“<br />
Zudem hege er die Vermutung, dass<br />
Foto: Pixabay.de<br />
22 <strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong> 6/20<strong>21</strong>
Im Moment müssen wir die<br />
Produktion noch nicht stoppen.<br />
Ob der Fall eintritt, ist nicht<br />
wirklich vorherzusagen, aber die<br />
Wahrscheinlichkeit wächst.“ Heiner Goossens, Ruf Betten<br />
die Pandemiesituation zur Ergebnisverbesserung<br />
bei den Anbietern<br />
genutzt wird. In der Branche insgesamt<br />
wird spekuliert, dass es also auch<br />
um künstliche Verknappung geht.<br />
Bei Erpo fehlen aktuell beispielsweise<br />
Kissen, weshalb Geschäftsführer<br />
Stefan Bornemann bis zu dem<br />
Punkt produzieren lässt, bis diese<br />
dran wären, und dann zwischenlagert.<br />
Als dramatisch hoch bewertet<br />
er zudem die Preissteigerungen<br />
bei Schaum mit bis zu 40 Prozent.<br />
Die gleiche Zahl nennt auch Heiner<br />
Goossens. Noch extremer seien die<br />
Erhöhungen bei Spanplatten mit<br />
mehr als 50 Prozent. „Ab Juli sind<br />
wir deshalb gezwungen, diese enormen<br />
Kostensteigerungen weiterzugeben“,<br />
sagt Goossens. Sobald sich<br />
die Situation entspannt, könnten<br />
diese aber wieder entsprechend<br />
reduziert werden.<br />
Umsichtiges Verhalten aller<br />
Marktpartner gefordert<br />
Wir bestätigen<br />
aktuell noch ,normale‘<br />
Lieferzeiten. Leider<br />
erfahren wir immer erst<br />
sehr spät, wenn Teile<br />
nicht verfügbar sind.“<br />
Einer Umfrage unter den Mitgliedern<br />
der drei Verbände des Kompetenz-Zentrums<br />
Textil + Sonnenschutz<br />
(Heimtex, ViS, Matratzenverband)<br />
zufolge seien praktisch<br />
sämtliche Unternehmen betroffen.<br />
Insbesondere Preise für PU-Schaum,<br />
Stoffe, Vliese, Federkerne oder Verpackungsmaterialien<br />
aus Papier und<br />
Pappe sowie Kunststoff steigen seit<br />
Ende letzten Jahres kontinuierlich.<br />
Darüber hinaus wurden Holz, Aluprofile,<br />
Latexkerne sowie Garne<br />
und Farbstoffe/Textilhilfsmittel<br />
als weitere Treiber genannt. Allein<br />
im April kam es nach Angaben von<br />
Martin Auerbach, Geschäftsführer<br />
der drei Verbände, zu Preissprüngen<br />
im zweistelligen Prozentbereich, die<br />
auf die bisherigen Steigerungen<br />
noch oben drauf zu rechnen seien.<br />
Neben dem Ausbleiben des Sommerlochs<br />
2020 geht die Industrie<br />
allerdings noch von einem anderen<br />
Grund für die Misere aus: Einige<br />
vermuten, dass Vorlieferanten die<br />
Preise in einer Form erhöhten, die<br />
wirtschaftlich nicht nachvollziehbar<br />
sei. Das Wort Preistreiberei steht im<br />
Raum. Der Verband fordert deshalb<br />
die Marktaufsichtsbehörden auf,<br />
aktiv zu werden, da sich die Erhöhungen<br />
der Rohstoffpreise schlussendlich<br />
bei den Verbraucher:innen<br />
niederschlagen werde.<br />
Johannes Schwörer, Präsident<br />
des Hauptverbandes der Deutschen<br />
Holzindustrie (HDH) betont: „Weltweit<br />
gibt es Störungen in den Lieferketten<br />
durch pandemiebedingte<br />
Stefan Bornemann, Erpo<br />
Produktionsausfälle. Gleichzeitig<br />
haben viele Volkswirtschaften Konjunkturprogramme<br />
zur Stützung der<br />
pandemiegebeutelten Wirtschaft<br />
aufgelegt. Es kommt nun darauf an,<br />
dass sich die internationalen Warenlieferungen<br />
wieder einpendeln. In<br />
dieser globalen Ausnahmesituation<br />
hilft aktuell nur ein umsichtiges Verhalten<br />
aller Marktpartner.“<br />
Bereits im Vorfeld der Bekanntgabe<br />
der neuen Zahlen hatte Jan<br />
Kurth deshalb mehrfach ein solidarisches<br />
Miteinander in der Branche –<br />
vom Vorlieferanten bis zum Möbelhandel<br />
– gefordert. „Sanktionen bei<br />
der Überschreitung von Lieferzeiten<br />
müssen in dieser herausfordernden<br />
Situation unterbleiben.“<br />
Zusammen mit dem Handelsverband<br />
Möbel und Küchen (BVDM),<br />
in Person von Präsidiumsmitglied<br />
Markus Meyer, rief VDM-Präsident<br />
Elmar Duffner die Branchenakteure<br />
auch Mitte Mai wieder zu einem<br />
„fairen Umgang“ miteinander auf.<br />
„Nur gemeinsam werden wir diesen<br />
Herausforderungen gerecht werden<br />
und sie zum Wohle der Verbraucher<br />
und Verbraucherinnen managen<br />
können“, heißt es unisono von<br />
beiden Seiten.<br />
Einkaufspreise für Schnittholz<br />
enorm unter Druck<br />
Auch bei Verpackungsmaterialien<br />
und Transportdienstleistungen<br />
werde es zunehmend enger. Über<br />
alle Materialien, Sortimente und<br />
Produktgruppen hinweg herrsche<br />
hier eine mehr als angespannte<br />
Situation, sowohl in puncto Verfügbarkeit<br />
als auch bei der Lieferzeit<br />
und dem Preis. „Am schlimmsten<br />
sieht es bei den Einkaufspreisen für<br />
Schnittholz aus“, erklärt HPE-Geschäftsführer<br />
Marcus Kirschner.<br />
„Preisangaben der Holzhändler<br />
seien meist nur 24 bis 48 Stunden,<br />
maximal für eine Woche gültig. Ein<br />
Drittel der Unternehmen geben an,<br />
von geplatzten Lieferverträgen und<br />
Bestellungen betroffen zu sein.“<br />
Viele Sortimente seien nur noch<br />
eingeschränkt verfügbar. Aufträge<br />
würden bereits verschoben oder<br />
komplett abgesagt. In letzter Konsequenz<br />
malt Kirschner ein düsteres<br />
Bild: Der gesamte Warentransport<br />
könnte bedroht sein. „Um Produktionsprozesse<br />
effizient planen und<br />
steuern zu können, sind zuverlässige<br />
Lieferzeiten von enormer Bedeutung.<br />
Unsere Unternehmen können ihre<br />
Paletten und anderen Holzpackmittel<br />
nur produzieren, wenn die Zulieferer<br />
auch liefern. Da dies derzeit nicht<br />
gegeben ist und sich die Situation<br />
täglich zuspitzt, sind Beeinträchtigungen<br />
im gesamten Warenverkehr<br />
innerhalb Deutschlands und auch<br />
beim Export nicht mehr auszuschließen“,<br />
so Kirschner abschließend.<br />
Da kann es die Branche fast schon<br />
mit der Angst bekommen, denn sie<br />
rechnet in den kommenden Wochen<br />
und Monaten erneut mit positiven<br />
Nachfrageimpulsen, da das Thema<br />
Wohnen und Einrichten weiterhin<br />
bei den Verbraucher:innen ganz<br />
oben auf der Agenda steht und sich<br />
durch den langen Lockdown ein<br />
hoher Bedarf angestaut hat.<br />
6/20<strong>21</strong> <strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong> 23
PERSÖNLICHCHRISTIAN WIMMER<br />
Vor 20 Jahren gründeten Garant<br />
Austria und Wohnunion die Dachorganisation<br />
Service & More. Die<br />
beiden Verbände sind mit 292<br />
Mitgliedern die größte Einkaufsund<br />
Dienstleistungsorganisation<br />
für KMUs in der österreichischen<br />
Einrichtungsbranche. Der Verkaufsumsatz<br />
beträgt 466 Mio. Euro, das<br />
sind rund zehn Prozent des Gesamtmarkts.<br />
Geschäftsführer ist seit<br />
2005 Christian Wimmer.<br />
Service & More<br />
Stets ein<br />
offenes Ohr<br />
In den vergangenen Monaten konnte Service & More den Mitgliedern<br />
von Garant Austria und Wohnunion insbesondere im<br />
digitalen Bereich einiges bieten, um die Lockdowns zu überbrücken.<br />
Wir haben bei Geschäftsführer Christian Wimmer<br />
nachgefragt, wie die österreichischen Händler durch die Pandemie<br />
kommen und wo derzeit die Prioritäten gesetzt werden.<br />
Foto: Felix Büchele<br />
Herr Wimmer, in welchen Bereichen<br />
1 wurde Service & More in den vergangenen<br />
Pandemie-Monaten am meisten gefordert?<br />
Welche Ihrer Unterstützungen haben die<br />
Händler am meisten benötigt?<br />
Christian Wimmer: Die persönliche<br />
Betreuung und Unterstützung, das<br />
Finden von Lösungen zu außergewöhnlichen<br />
Fragestellungen sind,<br />
neben den Klassikern eines Einkaufsverbandes,<br />
unsere besonderen<br />
Stärken. In den letzten Monaten<br />
war und ist es nach wie vor extrem<br />
wichtig, für unsere Handelspartner<br />
da zu sein und immer ein offenes<br />
Ohr zu haben. In ungewissen Zeiten<br />
gewinnen Beständigkeit und Sicherheit<br />
mehr und mehr an Stellenwert.<br />
Unsere Mitglieder, die im Schnitt<br />
mehr als 15 Jahre ein Teil von Service<br />
& More sind, haben unsere kurzfristig<br />
angebotenen Maßnahmen<br />
zahlreich und gerne genutzt. Wir<br />
haben stark auf virtuelle Webinare<br />
bzw. Motivationstrainings, liquiditätsstützende<br />
Maßnahmen und die<br />
individuelle Betreuung durch unsere<br />
Modulmanager in den Vordergrund<br />
gesetzt.<br />
Durch die Bank stand der telefonische<br />
oder virtuelle Austausch<br />
im Onlinemeeting zu tagesaktuellen<br />
Themen im Mittelpunkt. Oftmals<br />
war es unseren Handelspartnern<br />
wichtig, sich mit Branchenkennern<br />
auszutauschen, die persönlichen<br />
Themen mit uns zu diskutieren, um<br />
im Anschluss profunde Entscheidungen<br />
treffen zu können.<br />
2<br />
Hat die Digitalisierung bei Ihren Fachhändlern<br />
durch die Pandemie an<br />
Fahrt aufgenommen? Wie macht sich das<br />
bemerkbar?<br />
Christian Wimmer: Definitiv! Wir<br />
setzen bereits seit einiger Zeit auf<br />
ausgewählte digitale Tools die unseren<br />
Partnern zum einen intern den<br />
Arbeitsalltag erleichtern können<br />
und zum anderen die Ansprache<br />
von neuen Kundensegmenten<br />
ermöglichen. Die Pandemie hat das<br />
Bewusstsein dahingehend positiv<br />
beeinflusst. Ganz konkret sehen wir<br />
das zum Beispiel aktuell an unseren<br />
Google Ads-Kampagnen die wir für<br />
unsere Händler anbieten. Die Nachfrage<br />
hat sich dieses Jahr mehr als<br />
verdoppelt!<br />
3<br />
Wie schnell konnten sich die Händler an<br />
die neue Situation anpassen?<br />
Christian Wimmer: Die kleinen mittelständischen<br />
Unternehmen haben<br />
den Vorteil rasch und unkonventio-<br />
18 <strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong> 6/20<strong>21</strong>
nell auf Veränderungen zu reagieren.<br />
So haben auch unsere Händler im<br />
Rahmen ihrer Möglichkeiten neue<br />
Wege beschritten. Es wurden digitale<br />
Beratungsformate angeboten,<br />
Liefer- und Zustellservices etabliert<br />
oder auch MNS (Mund-Nasen-<br />
Schutz) produziert.<br />
4<br />
Welche Tools bietet Service & More<br />
den Mitgliedern von Garant Austria und<br />
Wohnunion, um digital up to date zu sein?<br />
Christian Wimmer: Die Angebote im<br />
Onlinemarketing reichen von Websites<br />
über Newsletterservice für Endkund:innen,<br />
bis hin zu Social Mediaund<br />
Google Ads-Kampagnen. Das am<br />
häufigsten nachgefragte Tool sind<br />
nach wie vor unsere Handelspartner-<br />
Websites. Mehr als 100 Mitglieder<br />
nutzen die individuellen Marktauftritte<br />
im Internet, die zentral von<br />
Service & More betreut werden. Die<br />
Besonderheit unseres Systems sind<br />
zwei Komponenten. Mit Basisinhalten<br />
sorgen wir regelmäßig für neue<br />
Inhalte die von Produktinformationen<br />
bis hin zu Wohntrends reichen.<br />
Darüber hinaus hat jeder Händler<br />
auch die Möglichkeit die eigene Seite<br />
komplett zu individualisieren.<br />
Ein besonderes Alleinstellungsmerkmal<br />
für unsere Partnerbetriebe<br />
ist das digitale Beratungstool „eVA<br />
5.0“. Das Virtual Shelf ist vor allem<br />
ein frei gestaltbarer digitaler Schauraum<br />
und eine gigantische Inspirationsquelle.<br />
Sie macht die unterschiedlichen<br />
Wohnwelten und die<br />
Markenvielfalt erlebbar und passt<br />
sich dem individuellen Geschmack<br />
der Kund:innen an. Mit einer praktischen<br />
Merkliste können Favoriten<br />
gespeichert werden, mit denen der<br />
Verkäufer anschließend weiterarbeiten<br />
und detailliert planen kann.<br />
Ein Highlight des Systems ist der<br />
Style-Check. Beim Style-Check können<br />
Nutzer aus unterschiedlichen<br />
Produktwelten wählen und mit<br />
einem Punktesystem ihre Lieblingskonzepte<br />
bewerten. Die angelegten<br />
Daten ermöglichen die Erstellung<br />
eines „personalisierten Wohnhoroskops“,<br />
das einen ersten visuellen<br />
Vorgeschmack auf die Stilrichtung,<br />
in der sich die Kund:innen bewegen,<br />
gibt und als Grundlage beim<br />
ersten Gespräch mit den Einrichtungsberater:innen<br />
dient.<br />
Seit wenigen Wochen ist der<br />
Style-Check auch online auf den<br />
Websites vieler Mitglieder verfügbar:<br />
Innerhalb weniger Minuten<br />
kann die Analyse bequem von zu<br />
Hause durchgeführt werden. Das<br />
personalisierte Wohnhoroskop kann<br />
im Anschluss auf Social Media und<br />
per E-Mail geteilt, oder auch heruntergeladen<br />
werden. Darüber hinaus<br />
haben Interessenten die Möglichkeit<br />
gleich direkt einen Termin mit dem<br />
jeweiligen Handelsunternehmen<br />
zu vereinbaren, um das detaillierte<br />
Wohnhoroskop im Schauraum, auf<br />
der „eVA 5.0“ in vollem Umfang zu<br />
besprechen.<br />
5<br />
Wie wichtig ist heute bereits die Abverkaufsplattform<br />
wohnsinnspreise.at?<br />
Christian Wimmer: Attraktiv und professionell<br />
aufbereitet finden Kund:innen<br />
die von den Handelspartnern<br />
angebotenen Restposten und Ausstellungsstücke<br />
auf wohnsinnspreise.at.<br />
Neben dem relaunchten<br />
Erscheinungsbild wurde die Seite<br />
jetzt mit neuen Funktionen ausgestattet,<br />
wie z.B. einer erweiterten<br />
Merkliste mit E-Mail-Versandoption<br />
und der Möglichkeit zur Einstellung<br />
eines Suchagenten ohne Login mit<br />
automatisierten E-Mailings. Das<br />
Highlight ist aber die Einführung<br />
von Click & Collect ab Mitte Juni. So<br />
kann die Ware bequem und mühelos<br />
von zuhause bestellt und zu einem<br />
vereinbarten Termin im Geschäft<br />
abgeholt werden. Die Zahlung<br />
erfolgt kontaktlos via Kreditkarte,<br />
Sofort-Überweisung oder Apple-Pay.<br />
Auf Wunsch steht auch ein Lieferund<br />
Montageservice bereit.<br />
Die Abverkaufsplattform spielt<br />
aktuell, wo die Digitalisierung nochmals<br />
einen regelrechten Boost erlebt,<br />
eine immer wichtiger werdende<br />
Rolle. Das können wir allein an den<br />
Zugriffszahlen erkennen, die sich im<br />
Vergleichszeitraum von zwölf Monaten<br />
mehr als verdreifacht haben.<br />
6<br />
In Deutschland hat das Thema Wohnen<br />
in der Pandemie definitiv einen höheren<br />
Stellenwert bekommen. Wie sieht das in<br />
Österreich aus?<br />
Christian Wimmer: Auch hierzulande<br />
wurde und wird viel investiert und<br />
das Eigenheim neu gestaltet. Für<br />
Herr und Frau Österreicher war das<br />
Zuhause bereits vor der Pandemie<br />
ein wichtiger Rückzugsort. Neben<br />
dem Sicherheitsaspekt hat sich auch<br />
der Wohlfühlfaktor seinen Stellenwert<br />
in den eigenen vier Wänden<br />
(zurück)erobert.<br />
7<br />
Wie haben sich die Umsätze der<br />
Mitglieder in den letzten 12 Monaten<br />
entwickelt?<br />
Christian Wimmer: Das Vorjahr war<br />
natürlich auch für unsere Branche<br />
herausfordernd. Allerdings kam den<br />
Raumausstattern und Möbelhändlern<br />
zugute, dass viele Menschen<br />
sich der Aus- oder Neugestaltung<br />
der eigenen vier Wände widmeten.<br />
So das Geld vorhanden war oder<br />
vom Urlaub zur Einrichtung umgeschichtet<br />
wurde, spielte die „Heimzeit“<br />
unseren Partnern durchaus in<br />
die Karten. Andererseits fordert die<br />
außerordentlich starke Nachfrage der<br />
Konsumenten unsere Handelspartner<br />
und Hersteller gleichermaßen.<br />
20<strong>21</strong> werden wir deutlich zweistellige<br />
Zuwachsraten erzielen und mit<br />
Sicherheit ein neues Rekordergebnis<br />
seit unserem Bestehen erreichen.<br />
8<br />
Könnte man sagen, dass die kleinere<br />
Fachhändler besser durch die Krise ge -<br />
kommen sind als die großen Filialisten?<br />
Auch weil sie sich den neuen Gegebenheiten<br />
schneller anpassen konnten und ein persönlicheres<br />
Verhältnis zu ihren Kund:innen haben?<br />
Christian Wimmer: In einer Pandemie<br />
sucht man Sicherheit und den persönlichen<br />
Kontakt zu Menschen in<br />
seinem Umfeld. Beides wird von<br />
unseren Mitgliedern tagtäglich gelebt.<br />
Viele dieser Unternehmen bestehen<br />
bereits seit mehreren Generationen<br />
und sind bekannt für ihre professionelle<br />
und qualitativ hochwertige<br />
Arbeit. Im Vergleich zu großen Filialisten<br />
punkten unsere Partner durch<br />
den persönlichen Kontakt mit ihren<br />
Kund:innen, gepaart mit individueller<br />
Beratung und Betreuung. Die<br />
uns zur Verfügung stehenden Daten<br />
zeigen, dass der österreichische Einrichtungsfachhandel<br />
stärker wächst<br />
als die großen Filialisten.<br />
9<br />
Und wie wichtig ist derzeit das Thema<br />
Nachhaltigkeit?<br />
Christian Wimmer: Ökologie, Nachhaltigkeit<br />
und auch Regionalität sind<br />
ganz sicher wichtige Themen für<br />
die kommenden Jahre. Dabei muss<br />
sich jeder überlegen, wo er seinen<br />
Beitrag leisten kann und will. Dies<br />
betrifft nicht nur die eigenen angebotenen<br />
Waren, sondern auch langfristige<br />
nachhaltige Investitionen<br />
wie zum Beispiel eine Photovoltaik-<br />
Anlage zur eigenen Stromversorgung,<br />
Umstellung des Fuhrparks auf<br />
E-Autos und E-Stromtankstellen für<br />
den betrieblichen Fuhrpark und die<br />
eigenen Kund:innen. <br />
EVELYNE BECKMANN<br />
www.serviceandmore.at<br />
6/20<strong>21</strong> <strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong> 19
VERBÄNDE<br />
Digitalisierung –<br />
jetzt unter Hochdruck<br />
Die Einkaufsverbände 20<strong>21</strong><br />
im Überblick auf 20 exklusiven Seiten<br />
26 <strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong> 6/20<strong>21</strong>
6 20<strong>21</strong><br />
20<strong>21</strong><br />
VERBÄNDE Digitale<br />
Exzellenz<br />
Die 20 deutschen Möbelund<br />
Küchen einkaufsverbände<br />
> Verbundgruppen im Pandemie-Jahr:<br />
Digitalisierung – jetzt unter Hochdruck<br />
> E-Commerce & Marketing: Wie die Verbände<br />
die Ausnahmesituation gemeistert haben<br />
> Auf einen Blick:<br />
Wer hat die meisten Mitglieder?<br />
++ KOOPERATIONEN ++ MARKEN & MODULE ++ FACTS & NEWS ++
KÜCHE<br />
Nobilia: Werk V in Saarlouis läuft an<br />
Flexibel am laufenden Band<br />
Es ist in mehrere Baustufen unterteilt, bietet ein enormes Potenzial und ist der erste Standort weit weg<br />
vom Stammsitz in Verl: Nobilia hat am 19. Mai offiziell das Werk V im neuen Industriegebiet „Lisdorfer<br />
Berg“ in Saarlouis in Betrieb genommen. Rund 100 Küchen pro Tag werden anfangs die neue Produktionsstätte<br />
verlassen – vielfach mit einem Ziel im Ausland wie dem nahegelegenen Frankreich.<br />
Drückte zusammen<br />
mit Tochter Marion den<br />
Startknopf: Inhaber<br />
Werner Stickling.<br />
Die Eröffnung fand im kleinen<br />
Kreis statt. Aber dank eines<br />
strengen Hygienekonzeptes<br />
inklusive tagesaktuellem Corona-<br />
Test konnte Nobilia den Start im<br />
Werk V immerhin mit einigen<br />
Geschäftspartnern, Politgrößen und<br />
Pressevertretern gemeinsam feiern.<br />
Inhaber und Gesellschafter Werner<br />
Stickling drückte höchstpersönlich<br />
den „roten Knopf“, um die<br />
Produktion symbolisch in Betrieb<br />
zu nehmen – nach der Eröffnung<br />
mit Saarlands Ministerpräsident<br />
Tobias Hans, der stellvertretenden<br />
Minister präsidentin und Ministerin<br />
für Wirtschaft, Arbeit, Energie und<br />
Verkehr Anke Rehlinger sowie Peter<br />
Demmer, Oberbürgermeister von<br />
Saarlouis.<br />
„An eine Pandemie war nicht zu<br />
denken, als wir Ende 2017 zum ersten<br />
Mal dieses Grundstück auf dem<br />
,Lisdorfer Berg‘ besichtigt haben“,<br />
40 <strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong> 6/20<strong>21</strong>
erichtet Dr. Lars Bopf, Vorsitzender<br />
der Nobilia Geschäftsführung,<br />
in seiner Begrüßung. „Wir waren<br />
zu diesem Zeitpunkt auf der Suche<br />
nach einem gut gelegenen Produktionsstandort,<br />
um unser weiteres<br />
Wachstum fortsetzen zu können. Als<br />
größter Küchen<strong>möbel</strong>hersteller Europas<br />
suchten wir schon damals einen<br />
Standort, der in der Mitte Europas<br />
und zudem nah an unserem großen<br />
Exportmarkt Frankreich liegt. Und<br />
stellten fest, dass auch unsere weit<br />
entfernten Exportmärkte vom Saarland<br />
aus logistisch gut anbindbar<br />
sind. In all diesen Anforderungen<br />
ist das Saarland nahezu unschlagbar.“<br />
Bereits kurz nach der Besichtigung<br />
fiel die Entscheidung pro Saarlouis,<br />
das etwa 290.000 Quadratmeter<br />
große Grundstück wurde<br />
Anfang 2018 erworben. „Nach nur<br />
einjähriger Planungszeit mit intensiver<br />
Unterstützung des Architekturbüros<br />
Walhorn aus Gütersloh<br />
erfolgte vor fast genau zwei Jahren<br />
am 4. Mai 2019 der Spatenstich für<br />
den ersten Bauabschnitt“, führt Dr.<br />
Bopf aus.<br />
Allein das Investitionsvolumen<br />
von 200 Mio. Euro spricht für sich.<br />
Der erste Bauabschnitt umfasst etwa<br />
105.000 Quadratmeter. Und kann<br />
sich definitiv sehen lassen: Das<br />
errichtete Gebäude ist an seiner<br />
längsten Stelle fast 600 Meter lang<br />
und misst an der breitesten Stelle<br />
etwa 250 Meter. Mehr als 3.000<br />
Betonfahrzeugladungen wurden<br />
benötigt, um den Industriefußboden<br />
herzustellen, über 200 Kilometer<br />
Elektrokabel verlegt. Allein die Dachfläche<br />
überspannt 91.000 Quadratmeter.<br />
Das Unternehmen NDW Niemeier<br />
Dach und Wand übernahm<br />
die Ausführung und baute eines bis<br />
dato größten Dächer Deutschlands.<br />
„Das war einer der größten Aufträge<br />
dieser Art in der mehr als 80-jährigen<br />
Firmengeschichte“, betont<br />
NDW-Geschäftsführer Michael<br />
Niemeier. Letztlich haben innerhalb<br />
eines Jahres bis zu 200 Handwerker<br />
pro Tag das Gebäude fertig gestellt.<br />
Dann ging es ans Innenleben:<br />
Mehrere deutsche Maschinenhersteller<br />
lieferten ab Mitte 2020 die<br />
weit vorab bestellten und Fertigungslinien.<br />
In einem Hallenteil ist<br />
die Arbeitsplatten- und Langteilfertigung<br />
untergebracht, im anderen<br />
die Schrankmontage. Maschinenlieferant<br />
Ima Schelling beschreibt:<br />
„Es ist die erste Ausbaustufe einer<br />
hochautomatisierten und leistungsstarken<br />
Arbeitsplattenfertigung, die<br />
in bewährter Form mit allen beteiligten<br />
Partnerfirmen speziell auf<br />
die Anforderungen von Nobilia<br />
abgestimmt, geplant und realisiert<br />
wurde.“ Spezielle Anforderungen<br />
sind beispielsweise Länge und Breite<br />
der Platten. „In Frankreich sehen<br />
Küchen ein wenig anders aus“,<br />
berichtet Alexander Quirin, Werkleiter<br />
der neuen Produktionsstätte.<br />
„In Frankreich werden Leitungen<br />
auf der Wand verlegt und nicht<br />
in der Wand wie bei uns. Folglich<br />
stehen die Möbel ein Stück weiter<br />
nach vorn heraus und die Arbeitsplatten<br />
müssen tiefer sein, um alles<br />
abzudecken. Hierauf wollten wir<br />
im neuen Werk flexibel reagieren<br />
können. Zudem werden die Abmessungen<br />
bei Arbeitsplatten immer<br />
großzügiger. Darauf sind wir mit<br />
der neuen Anlage von Ima Schelling<br />
perfekt eingestellt.“<br />
Generell ist „Flexibilität“ ein<br />
Schlagwort, das in einem Atemzug<br />
mit dem neuen Werk V genannt<br />
werden kann. „Um es ganz kurz zu<br />
machen: Wir haben das neue Werk<br />
dringend gebraucht“, so Dr. Bopf.<br />
„Wir haben in den bestehenden<br />
Werken samstags gearbeitet und viele<br />
Überstunden produziert. Jetzt können<br />
wir Teile der Produktion nach<br />
Saarlouis auslagern und in Westfalen<br />
wieder zu einem normalen Arbeitspensum<br />
zurückkehren. Und haben<br />
mit dem Werk V alle Optionen, um<br />
einen künftigen Kapazitätsanstieg<br />
abzupuffern. Wir erweitern auch<br />
nicht nach einem festgeschriebenen<br />
Plan, sondern schaffen organisch<br />
erst dann weitere Möglichkeiten,<br />
wenn dies notwendig ist. Es ist uns<br />
ein großes Anliegen, ein verlässlicher<br />
Lieferant zu sein. Das soll auch<br />
in Zukunft so bleiben, ohne dass wir<br />
riesige Kapazitäten aufbauen, die<br />
dann über Jahre ungenutzt bleiben.“<br />
In das Werk V sind die Erfahrungen<br />
der bestehenden Produktionen<br />
eingeflossen. Stefan Dresing, Leiter<br />
Fertigungsplanung bei Nobilia,<br />
erklärt: „In Saarlouis ist bereits auf<br />
den ersten Blick zu erkennen, dass<br />
die Hallen höher sind. In Westfalen<br />
stoßen wir an vielen Stellen an<br />
unsere Grenzen, arbeiten mit Halbgeschossen<br />
und müssen nachträglich<br />
Ebenen einziehen – dort wo dies<br />
aus feuerschutztechnischen Gründen<br />
überhaupt geht. In Saarlouis<br />
haben wir im Vorfeld drei Ebenen<br />
geplant, auf denen ein Werkstoffstrom<br />
möglich ist.“ Sichtbar ist<br />
davon aktuell allerdings in der ersten<br />
Ausbaustufe noch nicht viel, da<br />
die großen Produktionslinien mit<br />
schwerer Maschinentechnik natürlich<br />
in der Ebene 0, also am Hallenboden,<br />
eingerichtet wurden.<br />
Lediglich zwei massive Brücken<br />
quer über den bestehenden Maschinen<br />
durch die neuen Gebäude lassen<br />
erahnen, in welchen Höhen in<br />
Zukunft Material automatisiert von A<br />
nach B gelangen könnte. Die Brücken<br />
haben allerdings einen ganz anderen<br />
Hintergrund: „Auf ihnen werden die<br />
Mitarbeiter an zentrale Punkte in<br />
der Produktion gelangen. Ein echter<br />
Pluspunkt, wenn hier wirklich<br />
irgendwann über 1.000 Menschen<br />
arbeiten. Zudem wird außerhalb der<br />
Produktionshalle unmittelbar am<br />
Beginn der Brücke ein großes Parkhaus<br />
entstehen für die Mitarbeiter“,<br />
führt Werk-V-Leiter Quirin aus. Und<br />
nicht nur an die eigenen Mitarbeiter<br />
wurde gedacht, sondern auch an die<br />
der Technologiepartner. Ima Schelling,<br />
Homag, Hüttenhölscher & Co<br />
haben eigene kleine Servicebüros auf<br />
Ebene 1 in der Werkshalle, der Platz<br />
darunter ist für die Lagerung von<br />
Ersatzteilen vorgesehen.<br />
Schlicht beeindruckend ist die<br />
großzügige Fläche, die an vielen<br />
Stellen noch weitere Produktionslinien<br />
fassen kann. 100-prozentige<br />
Automatisierung ist auch noch nicht<br />
zu sehen, das Werk strotzt nicht vor<br />
Robotern. Wird sich aber in diese<br />
Richtung entwickeln, wenn die<br />
Zeit reif ist. Aktuell wird vornehmlich<br />
individualisiert und montiert,<br />
ohne Anlieferung von Bauteilgruppen<br />
aus den anderen Werken geht<br />
nichts. „So war es für den Anfang<br />
auch geplant“, bekräftigt Dresing.<br />
„Wir haben uns in den bestehenden<br />
Werken in den letzten Monaten<br />
und Wochen auf einen Start in dieser<br />
Form eingestellt und gerüstet.<br />
Fronten und Korpusteile werden<br />
beispielsweise zugeliefert.“<br />
Werk 5 geht also nicht abgekoppelt<br />
von allen anderen ans Netz. Das<br />
ist derzeit noch Zukunftsmusik, auch<br />
wenn sich die Produktion zunehmend<br />
in Richtung Eigenständigkeit<br />
entwickeln soll. Beispielsweise durch<br />
ein noch zu errichtendes Hochregallager,<br />
in dem Halbfertigformate<br />
lagern. Oder den Aufbau von weiteren<br />
Fertigungslinien. Dann wandern<br />
auch alle Zulieferteile wie Beschläge<br />
Mit Saarlouis weicht Nobilia erstmals davon<br />
ab, alles rund um den Standort Verl zu<br />
produzieren. Hauptgrund ist die Nähe zum<br />
zweitwichtigsten Absatzmarkt Frankreich.<br />
Bei den Produktionsanlagen war Flexibilität<br />
das oberste Gebot. Von derzeit 100 Küchen<br />
pro Tag lässt sich die Kapazität stufenweise<br />
bis auf 1.600 Kommissionen erweitern.<br />
6/20<strong>21</strong> <strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong> 41
KÜCHE<br />
Oranier Küchentechnik: Was in der Offensive 20<strong>21</strong> steckt<br />
Mit smarten Upgrades<br />
solide unterwegs<br />
Von „pureBlack“ bis „be-cook“: 20<strong>21</strong> ist Oranier mit einem großen Strauß an Neuheiten<br />
gestartet, in allen Gerätekategorien. Welche Argumente dabei jetzt besonders im Vordergrund<br />
stehen und welche Vermarktungsstrategie die Gerätemarke aus Haiger verfolgt,<br />
erklärt Vertriebsleiter Sinisa Stanimirovic.<br />
Vertriebsleiter Sinisa Stanimirovic<br />
engagiert sich bereits seit<br />
15 Jahren für Oranier. Rechts: Die<br />
News im „pureBlack“-Design sehen<br />
nicht nur gut aus, sondern haben<br />
viel smarte Technik inside. Dafür<br />
gab es den German Design Award<br />
20<strong>21</strong> mit „Special Mention“-<br />
Auszeichnung.<br />
<strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong>: Das automatische Kochsystem<br />
„be-cook“ hat gerade den Kitchen<br />
Innovation Award 20<strong>21</strong> erhalten. Welche<br />
Bedeutung hat dies für die Marke Oranier?<br />
Sinisa Stanimirovic: Der Kitchen Innovation<br />
Award ist eine Auszeichnung,<br />
bei dem die Verbraucher Bedienkomfort,<br />
Funktionalität, Innovation, Produktnutzen<br />
und Design bewerten.<br />
In allen Punkten konnte „be-cook“<br />
also überzeugen. Wir freuen uns<br />
sehr über die Anerkennung, vor<br />
allem weil wir mit „be-cook“ schon<br />
eine Weile auf dem Markt sind und<br />
schon sehr früh die Vorzüge smarter<br />
Kochsysteme implementiert haben.<br />
Kurz gesagt: Es ermöglicht Zuhause-<br />
Kochen auf Chefkochniveau. Denn<br />
das Zusammenspiel zwischen App,<br />
Kochfeld und Geschirr versetzt<br />
jeden in die Lage, ein optimales<br />
Koch- und Geschmackserlebnis<br />
zu erzielen. Mit Lecker-Garantie,<br />
wie wir sagen. Videos begleiten<br />
jeden Handgriff Schritt-für-Schritt,<br />
sodass auch ungeübte Köche eine<br />
Anleitung haben, wie sie mit den<br />
Zutaten umgehen sollen. Abgerundet<br />
wird jeder Kochvorgang durch<br />
den Serviervorschlag und für die<br />
individuelle Rezepterstellung gibt es<br />
die „Mix & Match“-Funktion. Diese<br />
Optionen machen das System einzigartig,<br />
wobei „be-cook“ in unseren<br />
Flächeninduktionskochfeldern<br />
mit dem Namenszusatz „bc“ bereits<br />
ohne Aufpreis serienmäßig enthalten<br />
ist.<br />
<strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong>: Oranier betont immer wieder<br />
das Zusammenspiel aus Funktion und<br />
Design. Wo findet sich dies in der aktuellen<br />
Produktoffensive wieder?<br />
Sinisa Stanimirovic: Das stimmt: Beides<br />
ist für uns immer von höchster<br />
Bedeutung. Im Herbst 2020 haben<br />
wir fast alle Gerätegruppen auf<br />
den neusten Stand gebracht. Bei<br />
den Dunstabzugshauben haben wir<br />
beispielsweise die Kopffreimodelle<br />
durch Upgrades aufgewertet. Bestwerte<br />
und das „Oranier Design-<br />
Light“ stehen für den gehobenen<br />
Anspruch. Auch im Preiseinstieg hat<br />
sich viel getan. Hier bieten wir dem<br />
Fachhandel neue Modelle, die von<br />
der Ausstattung durchaus im Mittelpreissegment<br />
liegen könnten. Die<br />
44 <strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong> 6/20<strong>21</strong>
Familie der Induktionskochfelder<br />
hat ebenfalls Zuwachs bekommen.<br />
Nun stehen den Handelspartnern<br />
vier Serien mit verschiedenen Ausstattungsmerkmalen<br />
zur Verfügung,<br />
bis hin zum vollautomatischen<br />
Kochvergnügen.<br />
Auch das Sortiment der Kochfeldabzüge,<br />
das bei Oranier einen<br />
hohen Stellenwert hat, wurde erweitert.<br />
Neben der bekannten Absaugung<br />
hinter den Kochzonen, die sich<br />
durch hohe Effizienz und eine extrem<br />
geringe Lautstärke auszeichnet,<br />
bieten wir nun ein Flex-Induktionskochfeld<br />
mit Absaugung in der Mitte<br />
an. Mit dieser etwas einfacheren<br />
Technologie können wir völlig neue<br />
Preisregionen abdecken.<br />
Überdies bieten wir Upgrades für<br />
unsere Backofen-Serie mit zwei weiteren<br />
Geräten der 80-Liter Klasse.<br />
Beide verfügen über smarte Automatikprogramme<br />
und große farbige<br />
TFT-Displays, das eine überzeugt<br />
außerdem durch den zusätzlichen<br />
tung und die persönliche Betreuung<br />
an erster Stelle stehen, können wir<br />
mit unserem Produkten punkten.<br />
Dennoch sind die Großflächen-Anbieter<br />
und der Onlinehandel auch<br />
von Bedeutung für uns. Eine breite<br />
Aufstellung in verschiedenen Vertriebskanälen<br />
hat sich gerade in<br />
Pandemie-Zeiten, bei geschlossenen<br />
Läden, bewährt.<br />
<strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong>: Wie setzt sich Oranier allgemein<br />
im hart umkämpften Wettbewerbsumfeld<br />
durch?<br />
Sinisa Stanimirovic: Wir sind ein mittelständiges<br />
Unternehmen und als<br />
Vollsortimenter auf dem Markt. Für<br />
uns gelten sicher ganz andere Vorzeichen<br />
als für viele große Marktbegleiter.<br />
Wir überzeugen durch<br />
persönliche Nähe und individuelle<br />
Betreuung sowie hochwertige Produkten<br />
zu einem herausragenden<br />
Preis-Leistungs-Verhältnis.<br />
Fünfzehn festangestellte Außendienstmitarbeiter<br />
betreuen die<br />
Wir überzeugen durch<br />
persönliche Nähe. Das schätzen<br />
Oranier-Kunden gerade jetzt.<br />
Dampf-Assistenten, während die<br />
zweite Neuheit Pyrolyse beinhaltet.<br />
Neben der neuen Serie von<br />
Kühl- und Gefriergeräten, zum<br />
Beispiel mit No Frost, 0°C-Zone<br />
oder „be-fresh“, glänzt die aktuelle<br />
Geschirrspüler-Generation mit<br />
Programmen wie „HygienePro“,<br />
„Gastro50“ oder „DampfPlus“.<br />
Fast alle Modelle sind mit Floor<br />
Light ausgestattet, manche sogar<br />
als XL-Variante erhältlich.<br />
Die Auszeichnung „Special Mention“<br />
beim German Design Award<br />
20<strong>21</strong> für unsere „pureBlack“-<br />
Linie zeigt außerdem, dass wir in<br />
Funktion und Design den Zeitgeist<br />
treffen. Darauf sind wir natürlich<br />
besonders stolz und unsere Partner<br />
honorieren dies auch.<br />
<strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong>: Wo gibt es aus Ihrer<br />
Sicht am meisten Bewegung in den<br />
Vertriebsstrukturen?<br />
Sinisa Stanimirovic: Für uns spielt der<br />
Fachhandel nach wie vor die größte<br />
Rolle. Hier, wo die individuelle Bera-<br />
Kunden vor Ort und stehen mit<br />
Rat und Tat zur Seite. Händler, die<br />
mit Oranier arbeiten, kennen ihre<br />
Ansprechpartner persönlich und<br />
können sich immer auf engagierten<br />
Einsatz verlassen. Das zeichnet uns<br />
aus und das wissen unsere Kunden<br />
und Partner auch zu schätzen.<br />
<strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong>: Lieferzeiten sind zurzeit<br />
auch ein wichtiger Wettbewerbsfaktor.<br />
Wie stark ist Oranier davon betroffen?<br />
Sinisa Stanimirovic: Die Lage ist weltweit<br />
gerade etwas angespannt, wenn<br />
es um die Beschaffung oder um<br />
Transport-Kapazitäten geht. Auch<br />
wir können uns davon nicht freisprechen.<br />
Wir versuchen, durch vorausschauende<br />
Planung sowie eine<br />
Bevorratung von bis zu 25.000 Fertiggeräten<br />
die Auswirkungen auf die<br />
Lieferzeiten so gering wie möglich<br />
zu halten. Wichtig ist uns dabei vor<br />
allem die transparente Kommunikation,<br />
damit unsere Partner ihre<br />
Planungssicherheit aufrechterhalten<br />
können. <br />
HEIKE LORENZ<br />
FACTS<br />
❯❯<br />
Einführung der Marke Oranier:<br />
1904 für Heiz- und Kochgeräte,<br />
Standort: Nähe Dillenburg, seit 2010<br />
Trennung von Oranier Heiztechnik<br />
und Oranier Küchentechnik und Verselbstständigung<br />
als GmbH<br />
❯❯<br />
Umsatz Unternehmensgruppe Oranier<br />
2020: 75 Mio Euro<br />
❯❯<br />
Vertrieb: Deutschland, Österreich,<br />
Niederlande, Italien<br />
❯❯<br />
Mitarbeiter: 170<br />
❯❯<br />
Geschäftsführer:<br />
Nikolaus Fleischhacker<br />
www.oranier.com<br />
Seit 2015 hat Oranier im<br />
hessischen Haiger-Sechshelden<br />
seinen Stammsitz, wo<br />
170 Mitarbeiter in Verwaltung,<br />
Kundenservice, Montage und<br />
Logistik arbeiten. Produktentwicklung<br />
und Qualitätssicherung<br />
sind hier ebenfalls<br />
beheimatet.<br />
6/20<strong>21</strong> <strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong> 45
DIENSTLEISTER<br />
Hachmeister + Partner: Strategien für den stationären Handel<br />
Mit Kundenkenntnis zu<br />
mehr Umsatz und Ertrag<br />
In den letzten Monaten haben wir eine rasante Entwicklung in der digitalen Welt erlebt. Das Wachstum<br />
von Online-Anbietern wie Home24 und anderen zeigt auf beeindruckende Weise, wie Kund:innen ihr<br />
Einkaufsverhalten verändern. In diesen Vertriebskanälen ist es selbstverständlich, die Informa tionen<br />
der Käufer:innen zu nutzen, um Angebote besser zu konfigurieren und die Kommunikation zielgerichtet<br />
zuzuschneiden. Der stationäre Möbelhandel hat in diesem Bereich großes Potenzial, ist Uwe Seibicke,<br />
Partner bei der Unternehmensberatung Hachmeister + Partner in Bielefeld, sicher.<br />
Uwe Seibicke<br />
ist Partner und<br />
Gesell schafter bei<br />
der Unternehmensberatung<br />
H+P. Sein<br />
Fokus liegt auf<br />
CRM- und Waren-<br />
Managament.<br />
Von zentraler Bedeutung für<br />
den stationären Händler ist<br />
der Zugang zu den Kund:innen<br />
über alle Kanäle. Viele Möbelhändler<br />
verfügen zwar über eine<br />
Kundenkarte, sprechen die Käufer:innen<br />
aber oftmals doch traditionell<br />
mit der Gießkanne und/<br />
oder über den Preis an.<br />
Der Wettbewerb, der nicht<br />
mehr der Händler nebenan ist,<br />
agiert bereits viel segmentierter.<br />
Auch in Branchen wie Fashion,<br />
Sport und Lifestyle-Goods wird<br />
schön länger differenziert im<br />
Kundenmanagement gearbeitet.<br />
Das zeigt auch das H+P-Benchmarking<br />
auf Basis von drei Millionen<br />
anonymisierten Kundenkarten der<br />
angedockten Handelsunternehmen.<br />
Demnach liegt eine deutlich bessere<br />
Kunden-Wertschöpfung bei den<br />
Unternehmen vor, die ein aktives<br />
Kundenmanagement betreiben, im<br />
Vergleich zu jenen, die klassisch<br />
agieren. Gerade in Zeiten von Lockdowns<br />
sowie Wieder- und/oder<br />
Teilöffnungen lässt sich dies deutlich<br />
nachvollziehen – mit einem Performance-Vorsprung<br />
von 20 bis 30<br />
Prozenz. In jüngster Zeit konnten<br />
wir bei H+P in diversen Projekten<br />
zum Thema Kundendaten-Management<br />
die Wertschöpfung nachhaltig<br />
steigern – um bis zu zehn Prozent.<br />
Wie kann das gelingen? Der Weg<br />
führt über unternehmensspezifische<br />
Kundencluster. Kund:innen werden<br />
nach ihrem Einkaufsverhalten<br />
selektiert und definiert. Auf dieser<br />
Basis werden sie entsprechend ihrer<br />
Präferenzen wie z.B. Produkte, Marken<br />
oder Preis angesprochen. Dabei<br />
spielt die After-Sales-Betreuung eine<br />
wichtige Rolle, denn sie bereitet<br />
wieder den nächsten Einkauf vor.<br />
Kundenentwicklung<br />
überprüfen<br />
Kundenkommunikation<br />
entwickeln<br />
Kundenkontaktpunkte<br />
bestimmen<br />
Um Kundeninformationen besser<br />
zu nutzen, empfiehlt sich ein Vorgehen<br />
in sieben Schritten:<br />
1. KUNDENDATEN BEHERRSCHEN<br />
UND MANAGEN<br />
Ausgangspunkt für ein erfolgreiches<br />
Kundendaten-Management sind die<br />
Stammdaten. Hier ist die Qualität<br />
entscheidend. Fragen wie: Stimmt<br />
die Adresse? Ist der Name korrekt?<br />
Habe ich ergänzende Informationen<br />
wie Geburtstag und E-Mail-Adresse<br />
und, ganz wichtig, habe ich eine<br />
DSGVO-gemäße Einverständniserklärung<br />
der Kund:innen? Darüber<br />
hinaus gibt es weitere wichtige<br />
Informationsquellen, die genutzt<br />
und einbezogen werden sollten.<br />
Wenn es hier Nachholbedarf gibt,<br />
bietet es sich an, über ein Relaunch<br />
des Loyalty-Systems nachzudenken,<br />
6<br />
5<br />
7<br />
1<br />
CRM-CYCLE<br />
4<br />
Kundenbindungssystem<br />
optimieren<br />
um zunächst eine solide Basis für<br />
die Daten zu schaffen. Eine digitale<br />
Kundenkarte, z.B. in Form einer<br />
App, ist nach heutigem Maßstab<br />
zielführend.<br />
2. KUNDEN ANALYSIEREN<br />
UND SEGMENTIEREN<br />
Ein zentraler Schlüssel liegt in einer<br />
nachvollziehbaren und möglichst<br />
eindeutigen Kundensegmentierung,<br />
die nach unterschiedlichen Kriterien<br />
möglich ist. Diese richten sich<br />
z.B. nach dem Preisverhalten oder<br />
nach dem Wert des Kunden für das<br />
Unternehmen, z.B. ABC-Cluster. Sind<br />
diese Cluster auf Basis der individuellen<br />
Unternehmenssituation gebildet,<br />
lassen sich konkrete Marketing-Aktivitäten<br />
darauf aufsetzen. Anschließend<br />
lassen sich die Entwicklungen<br />
in diesen Clustern beobachten und<br />
Kundendaten beherrschen<br />
und managen<br />
2<br />
3<br />
Kunden analysieren und<br />
segmentieren<br />
Kundenwertschöpfungsziele<br />
identifizieren<br />
weiter optimieren. Einige plakative<br />
Beispiele zeigt die oben stehende<br />
Grafik auf der nächsten Seite.<br />
3. KUNDENWERTSCHÖPFUNGSZIELE<br />
DEFINIEREN<br />
Typischerweise wird im stationären<br />
Handel nach klassischen Größen<br />
geplant. Diese können z.B. Fläche,<br />
Produktgruppe und andere sein.<br />
Zukünftig ist der Kundenwert eine<br />
zentrale Planungsgröße.<br />
Folgende Fragen werden u.a.<br />
relevant: Wie viele Kund:innen<br />
werden benötigt, um den geplanten<br />
Umsatz realisieren zu können?<br />
Welcher Umsatzanteil wird mit den<br />
wichtigsten Kund:innen realisiert<br />
und was präferieren diese? Wie<br />
kann dieser gehalten oder ausgebaut<br />
werden? Hierzu lassen sich Kundenwertschöpfungs-Kennzahlen<br />
auf-<br />
52 <strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong> 6/20<strong>21</strong>
SALE-AFFINE KUND:INNEN<br />
• Kauft überdurchschnittlich<br />
viele reduzierte Teile<br />
• Kauft viel in der Sale-Phase<br />
AAA-KUND:INNEN<br />
• Die absoluten Top Kunden<br />
• Müssen den Verkäufern mit<br />
Namen bekannt sein<br />
PREMIUM-KUND:INNEN<br />
• Kauft vor allem Premium-Marken<br />
• Zeigt geringes Interesse an<br />
anderen Marken<br />
ALL TIME HEROES<br />
BEST AGER<br />
FAMILIENKÄUFER:INNEN<br />
• Langjährige Top-Kund:innen<br />
• Lebensalter 60+<br />
• hoher Freizeitbezug<br />
• Kauft zusätzlich für den Partner<br />
• Kauft zusätzich für die Kinder<br />
bauen, die ein klares Bild über die<br />
Entwicklung geben. Darüber hinaus<br />
sind sie Indikatoren für Potenziale,<br />
sowie Grundlage für einen effizienten<br />
Mitteleinsatz und tragen so zur<br />
Steigerung der Erträge bei!<br />
4. KUNDENBINDUNGSSYSTEM<br />
OPTIMIEREN<br />
Nach der Analyse der Kundendaten<br />
und der Definition der Wertschöpfungsziele<br />
empfiehlt es sich,<br />
das eigene Kundenbindungssystem<br />
dahingehend zu untersuchen, ob<br />
der Customer Value auf die Ziele<br />
einzahlt. Neuste Studien zeigen, dass<br />
oft der Nutzen für die Kunden nicht<br />
eindeutig oder motivierend ist.<br />
Daher ist ein Audit, das sowohl<br />
die emotionalen Faktoren wie auch<br />
rationale Elemente untersucht, hilfreich.<br />
Um den Wirkungsgrad und<br />
damit die Wertschöpfung mit den<br />
Kund:innen zusätzlich zu unterstützen,<br />
verbinden sich Kundenbindungssystem<br />
und operatives<br />
Marketing. Douglas und Breuninger<br />
praktizieren diesen Ansatz schon seit<br />
vielen Jahren mit großem Erfolg.<br />
5. KUNDENKONTAKTPUNKTE<br />
BESTIMMEN<br />
Um die Ansprache der Kund:innen<br />
so optimal wie möglich zu gestalten,<br />
ist es wichtig, die jeweilige Customer<br />
Journey der identifizierten Kundentypen<br />
zu kennen. Touchpoints können<br />
der Store, die Mitarbeitenden,<br />
typische Kommunikationskanäle von<br />
E-Mail und Print oder auch Social<br />
Media sein. Jeder Kundentypus hat<br />
hier unterschiedliche Präferenzen.<br />
Je besser die Kanalaffinität belegt<br />
wird, desto größer die Chance, die<br />
Kund:innen zum Besuch und zum<br />
Kauf zu motivieren.<br />
In diesem Thema steckt nicht<br />
nur ein gewaltiges Potenzial die<br />
Marketingausgaben zu optimieren,<br />
sondern vielmehr die Kund:innen<br />
auf den für sie relevanten Kanälen<br />
zu erreichen.<br />
Digitale<br />
Touchpoints<br />
Social Media<br />
Display<br />
Mitarbeiter<br />
(Beratungsgespräch)<br />
6. KUNDENKOMMUNIKATION<br />
ENTWICKELN<br />
Nachdem die unternehmensspezifischen<br />
Cluster gebildet und die<br />
Kanäle bestimmt sind, gilt es, die<br />
Botschaften, Themen, Angebote,<br />
Aktionen sowie News in einen operativen<br />
Marketing-Plan zu übertragen.<br />
Hierbei empfiehlt es sich, einen<br />
Blick auf den jeweiligen Kundenwert<br />
des Clusters zu werfen. Nicht selten<br />
stehen fünf Prozent der Kund:innen<br />
für 20 Prozent des Umsatzes. Die<br />
Umsteuerung einer Budget-Planung<br />
nach Kundenwert kann daher sehr<br />
ergebniswirksam sein, wenn gleichzeitig<br />
der Content für das angesprochene<br />
Cluster spannend ist – und<br />
das ist sicher nicht immer der Preis!<br />
7. KUNDENENTWICKLUNG ÜBERPRÜFEN<br />
Es folgt der interessanteste Punkt:<br />
Denn ist einmal die Grundlage für<br />
eine kundenorientierte Kommunikation<br />
und Interaktion gelegt, ist es<br />
möglich, die Kund:innen immer besser<br />
kennenzulernen. Stück für Stück<br />
lassen sich alle Services und Angebote<br />
auf die Bedarfe der unterschied lichen<br />
Kundensegmente im Unternehmen<br />
ausrichten. Um dies steuern und<br />
messen zu können, haben wir ein<br />
Tool entwickelt, das schnell alle<br />
E-Mail<br />
Bewusstsein Überlegung Kauf Nutzung Kundenbindung<br />
Physische<br />
Touchpoints<br />
Preisvergleich<br />
Online Shop<br />
Online-Chat<br />
Möbelhaus<br />
Kunden-<br />
Service<br />
relevanten Analysen bereithält. Über<br />
Algorithmen lassen sich diverse<br />
Use-Cases aussteuern, sodass die<br />
Interaktion mit den Kund:innen<br />
kaufbasierend erfolgt.<br />
Hilfreich in diesem Zusammenhang<br />
ist es, das Reporting um die relevanten<br />
Kundenwertschöpfungs-KPIs<br />
im Sinne eines „Customer Driven<br />
Retails“ zu erweitern. Dies schafft<br />
Transparenz in einem klar definierten<br />
Prozess und ist der Schlüssel, um<br />
nachhaltig erfolgreich zu sein.<br />
Geschäftsmodelle der Zukunft<br />
stellen die Kund:innen ins Zentrum.<br />
Dies ist ein kontinuierlicher Prozess<br />
mit großem Potenzial. Ergebnisse<br />
aus der Geschäftstätigkeit können<br />
deutlich optimiert werden. Ziel muss<br />
es sein, die Käufer:innen auf den<br />
relevanten Kanälen anzusprechen<br />
und die Leistungen bereitzustellen,<br />
die für sie tatsächlich von Interesse<br />
sind. Das ist eine zentrale Herausforderung,<br />
um morgen noch eine<br />
Bedeutung im Markt zu haben.Denn<br />
der Wettbewerb im Netz gibt den<br />
Takt vor und der ist, wie wir wissen,<br />
höchst dynamisch. Daher ist der<br />
Zeitpunkt zur Weiterentwicklung der<br />
Konzepte genau jetzt. Handeln Sie<br />
deshalb zukunftsgerecht und nachhaltig<br />
im Sinne Ihrer Marke!<br />
Social Media<br />
Loyalty App<br />
Direct<br />
Mailing<br />
Foto: Altin Osmanaj/shutterstock.com<br />
6/20<strong>21</strong> <strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong> 53
ÖSTERREICH<br />
Begehrter Rohstoff: Die österreichische Sägeindustrie setzt alles daran,<br />
die heimischen Hersteller zu versorgen. Unten: Grüne Erde trifft den<br />
Geschmack der Verbraucher:innen nachhaltig. Rechts: Wittmann macht in<br />
Sachen Exklusivität niemand so schnell etwas vor.<br />
Österreich: Stimmungsbild in der Industrie<br />
Management<br />
der Komplexität<br />
Auch unser Nachbarland kämpft mit den Auswirkungen<br />
der Pandemie auf die gesamte Wertschöpfungskette. Die<br />
„<strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong>“ hat bei den österreichischen Branchengrößen<br />
nachgefragt, wie sie mit Rohstoffengpässen, Preissteigerungen<br />
und Lieferzeitverzögerungen umgehen.<br />
Dabei kam heraus: Auch wenn die Lage schwierig ist, sind<br />
die Aussichten auf den weiteren Jahresverlauf positiv.<br />
Trotz aller aktuellen Hindernisse<br />
kommt die österreichische<br />
Möbelindustrie robust durch<br />
die Krise. Die Gründe dafür liegen<br />
auf der Hand, denn Nachhaltigkeit<br />
und Hochwertigkeit sind Bestandteile<br />
der österreichischen DNA.<br />
Und genau dies sind die Eigenschaften,<br />
die im Möbelkonsum gerade<br />
angesagt sind. Die Nachfrage der<br />
Verbraucher:innen ist enorm, und<br />
das schon länger als in Deutschland,<br />
denn der Komplett-Lockdown<br />
des Einzelhandels wurde in Österreich<br />
früher beendet: „Nachdem<br />
der sechswöchige Lockdown zu<br />
Beginn des Jahres am 8. Februar<br />
endete, wurden wir von den heimischen<br />
Möbelkunden überrannt“,<br />
beschreibt Sedda-Geschäftsführer<br />
Roland Ragailler die Lage.<br />
Dennoch kann die Nachfrage<br />
nur befriedigt werden, wenn die<br />
Möbel auch produziert werden<br />
können. Und das ist aktuell nicht<br />
einfach: „Wie derzeit überall in<br />
der Branche gibt es auch bei uns<br />
Materialengpässe. Und es ist für<br />
uns eine Herausforderung, sowohl<br />
mit den Lieferengpässen als auch<br />
mit der aktuellen Preisentwicklung<br />
umzugehen“, erklärt Dr. Georg<br />
Emprechtinger, Vorsitzender der<br />
Österreichischen Möbelindustrie<br />
und Geschäftsführer des Markenanbieters<br />
Team 7.<br />
Ganz ähnlich bewertet die Lage<br />
Ada-Vorstand Gerhard Vorraber:<br />
„Momentan ist die Rohstoffbeschaffung<br />
in allen Bereichen schwierig,<br />
speziell aber beim Schaumstoff und<br />
den Holzwerkstoffen gibt es massive,<br />
kurzfristige Lieferengpässe. Unsere<br />
Produktion ist dadurch sehr gefordert.<br />
Wir legen großen Wert darauf,<br />
die Lieferzeiten so gut wie möglich<br />
einzuhalten, aber Aufträge müssen<br />
oft kurzfristig umgeplant und<br />
Überstunden gemacht werden. Mit<br />
unserem Team konnten wir bislang<br />
flexibel reagieren, aber die Situation<br />
ist belastend, da langfristige Planungen<br />
nicht möglich sind.“<br />
Auch Wittmann-Geschäftsführer<br />
Dr. Alexander Sova findet klare<br />
Worte: „Die Situation rund um die<br />
Holz-Kapazitäten und deren Verfügbarkeit<br />
wird immer prekärer. Die<br />
Lieferzeiten sind bei manchen Holzwerkstoffen<br />
auf bis zu acht Wochen<br />
gestiegen.“<br />
Noch deutlicher wird Roland<br />
Ragailler, der auch die Beziehung<br />
zum Handel thematisiert: „Die<br />
Möbelindustrie hat aktuell mit<br />
permanenten Preissteigerungen in<br />
einem noch nie dagewesenen Ausmaß<br />
zu kämpfen. Leider vermisst<br />
die Branche dabei einen partnerschaftlichen<br />
Schulterschluss der<br />
Einkaufsverbände, die nur zu einem<br />
kleinen Teil dazu beitragen, die<br />
58 <strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong> 6/20<strong>21</strong>
Kosten steigerungen für die Industrie<br />
verträglicher zu machen.“<br />
Die ausbleibende Lastenverteilung<br />
zwischen Industrie und Handel<br />
wird also auch in Österreich<br />
moniert. Glücklich(er) schätzen<br />
kann sich da ein Direktvermarkter<br />
wie Grüne Erde – erst recht, wenn<br />
es auch online brummt und der<br />
digitale Vertriebskanal zur Absicherung<br />
der Geschäfte wesentlich beiträgt.<br />
So berichtet Geschäftsführer<br />
Andreas Lechner von einem sehr<br />
starken Wachstum im E-Commerce<br />
von +70 Prozent gegenüber dem<br />
Vorjahr: „Unser Grüne-Erde-Online-Shop<br />
konnte den Ausfall der stationären<br />
Stores mehr als kompensie-<br />
Wir sind zuversichtlich, unser hohes<br />
Produktionsniveau noch steigern zu<br />
können sowie die Liefermöglichkeiten<br />
zu verbessern. Dafür benötigen<br />
wir eine kontinuierliche und<br />
planbare Holzversorgung über das<br />
gesamte Jahr.“<br />
Fest steht: Je mehr Autonomie<br />
ein Hersteller gerade entlang der<br />
Wertschöpfungskette hat, desto<br />
besser ist er aufgestellt. Ein Beispiel<br />
dafür liefert die logistische Infrastruktur<br />
von Team 7, wie Dr. Georg<br />
Emprechtinger beschreibt: „Wir fertigen<br />
konsequent made in Austria –<br />
Speditionsversand direkt zu unseren<br />
Kund:innen verantwortlich ist.“<br />
Die Aussichten für den weiteren<br />
Jahresverlauf bewerten alle<br />
österreichischen Protagonisten<br />
trotz der Herausforderungen positiv,<br />
auch wenn das kräftezehrende<br />
Management von unvorhersehbaren<br />
Ereignissen wohl eine dauerhafte<br />
Disziplin werden dürfte.<br />
So erwartet Dr. Alexander Sova<br />
für Wittmann einen Aufholeffekt ab<br />
der Jahresmitte – unterstützt durch<br />
weitere Öffnungen gerade in den<br />
wichtigen Exportmärkten in Europa,<br />
Gerhard Vorraber<br />
Dr. Georg Emprechtinger<br />
Dr. Alexander Sova<br />
Roland Ragailler<br />
Andreas Lechner<br />
Markus Schmölzer<br />
ren. Der Anteil des Versandhandels,<br />
also E-Commerce und klassischer<br />
Versandhandel, liegt aktuell bei ca.<br />
55 Prozent.“<br />
Doch auch Grüne Erde muss ein<br />
ausgeklügeltes Rohstoff-Management<br />
betreiben: „Das Angebot für<br />
Holz ist in der Tat sehr verknappt,<br />
aber wir bevorraten in unserer eigenen<br />
Tischlerei in Kärnten noch in<br />
ausreichender Menge und sehen<br />
daher kurzfristig keinen Engpass.<br />
Mit den Sägewerken beziehungsweise<br />
mit den Vorstufen haben wir<br />
Rahmenverträge, die uns eine relativ<br />
große Reichweite geben“, erklärt<br />
Lechner.<br />
In der österreichischen Sägeindustrie<br />
wird laut Aussage des Vorsitzenden<br />
Markus Schmölzer zumindest<br />
nichts unversucht gelassen, um<br />
die heimischen Hersteller mit dem<br />
weltweit begehrten Rohstoff zu versorgen:<br />
„Aktuell gibt es weltweit<br />
eine dynamisch gestiegene Nachfrage<br />
nach Holzprodukten aller Art.<br />
Die österreichische Sägeindustrie<br />
arbeitet auf Hochtouren und versorgt<br />
mit Priorität den Heimatmarkt<br />
mit unseren langjährigen Kunden.<br />
und wir haben die Kontrolle über<br />
unsere gesamte Wertschöpfungskette.<br />
In Ried und Pram betreiben wir zwei<br />
Möbelwerke sowie ein Plattenwerk,<br />
außerdem ein eigenes Sägewerk in<br />
Ungarn. Auch unser großes Laubholzlager,<br />
das wir über Jahre vorsorgend<br />
angelegt haben, hilft uns<br />
gegen alle Turbulenzen. So sichern<br />
wir jederzeit die Produktion und<br />
unsere Kunden werden termingerecht<br />
beliefert.“<br />
Auch für Grüne Erde ist eine<br />
größtmögliche Autonomie über Prozesse,<br />
Fertigung und Produkte das<br />
Erfolgsrezept, wie Andreas Lechner<br />
ausführt: „Grüne Erde-Produkte gibt<br />
es nur bei uns – wir haben keine<br />
Fremdpartner in den Distributionskanälen,<br />
wodurch wir höchstmögliche<br />
Kontrolle über alle Vertriebswege<br />
gewährleisten können. Wir<br />
betreiben eine eigene Tischlerei in<br />
Kärnten sowie eine Polstertapeziererei<br />
und Matratzenfertigung in der<br />
Grüne-Erde-Welt im oberösterreichischen<br />
Almtal. Und wir verfügen<br />
über ein eigenes, leistungsstarkes<br />
Logistikzentrum im nahen Neumarkt,<br />
welches für den Post- und<br />
aber auch Asien. Und auch beim<br />
Projektgeschäft erwartet er, dass die<br />
Auftragslage wieder anzieht.<br />
Auch Dr. Georg Emprechtinger<br />
prognostiziert: „Als Markenher steller<br />
hochwertiger Möbel, die auch durch<br />
die Pandemie stärker nachgefragt<br />
sind, freuen wir uns über eine gute<br />
Auftragslage.“ Zudem weist er auf<br />
einen wichtigen Vermarktungsaspekt<br />
hin, denn die Pandemie hat<br />
bewirkt, dass die Wertschöpfungskette<br />
weiter digitalisiert worden ist<br />
– insbesondere die Kontaktpunkte<br />
zu den Kund:innen. „Dank digitaler<br />
Lösungen, Online-Planungssoftware<br />
und telefonischer Beratung waren<br />
unsere Händler auch jederzeit für<br />
die Kunden da.“<br />
Was Andreas Lechner für Grüne<br />
Erde konstatiert, gilt wohl für alle<br />
österreichischen Marken: „Wir profitieren<br />
vom starken Interesse der<br />
Konsument:innen an ökologisch- und<br />
fair-produzierten, langlebigen Qualitätsprodukten,<br />
einer hohen Kundenloyalität<br />
und dem außergewöhnlichen<br />
Engagement der Mitarbeiter:innen<br />
in den herausfordernden letzten<br />
Monaten.“ SASCHA TAPKEN<br />
Die österreichische Möbelprominenz<br />
ist gefordert,<br />
denn die aktuellen Herausforderungen<br />
sind vielfältig<br />
und kräftezehrend.<br />
Die Protagonisten (v.l.):<br />
Dr. Georg Emprechtinger,<br />
Vorsitzender der Österreichischen<br />
Möbelindustrie<br />
und Ge schäfts führer von<br />
Team 7; Roland Ragailler,<br />
Geschäftsführer des<br />
Polstermöblers Sedda;<br />
Gerhard Vorraber, Vorstand<br />
von Ada; Andreas Lechner,<br />
Geschäftsführer von<br />
Grüne Erde; Dr. Alexander<br />
Sova, Geschäftsführer von<br />
Wittmann; und Markus<br />
Schmölzer, Vorsitzender<br />
der österreichischen<br />
Sägeindustrie.<br />
6/20<strong>21</strong> <strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong> 59
DAS MAGAZIN FÜR FACHSORTIMENTE IM MÖBEL- UND ONLINEHANDEL<br />
LifeStyle<br />
JUNI 20<strong>21</strong><br />
Consumer Goods Digital Day<br />
Welcome<br />
Erlebniscity!<br />
Stölzle Lausitz<br />
Digitaler<br />
Showroom<br />
Mepal<br />
Sortimente für<br />
die Kleinsten<br />
Warum Motel a Miio den Nerv der Kunden trifft<br />
Keramik mit<br />
viel Urlaubsfeeling
LifeStyle<br />
JUNI 20<strong>21</strong><br />
Ritzenhoff: Neuer<br />
Markenauftritt<br />
Will sich in der Vertriebspolitik ab sofort breiter<br />
aufstellen: Ritzenhoff. Dazu entwarf das Unternehmen<br />
aus Marsberg ein Marken-Relaunch. Das<br />
Sortiment wurde neu konzipiert und alle Gläser<br />
konsequent in Kollektionen zusammengefasst.<br />
Die Produkte eignen sich jetzt nicht mehr nur<br />
als Geschenkartikel, sondern vielmehr für den<br />
täglichen Gebrauch. www.ritzenhoff.de<br />
Inhalt<br />
brands+trends<br />
65 Ritzenhoff | Neuer Markenauftritt<br />
photo-shoot<br />
66 Flum& Bretz | Rock me Amadeus<br />
store-design<br />
68 Motel a Miio | Keramik mit Urlaubsfeeling<br />
business<br />
70 Mepal | Spielend essen und trinken lernen<br />
76 Stölzle Lausitz | Schlosskulisse als Drehort<br />
products<br />
72 F&H Group | Besteck mit royalem Glanz<br />
73 Gefu | Clevere Helfer für die Küche<br />
73 SCB | 16 Firmen in Brühl vor Ort<br />
73 Nordstil | Order-Event findet statt<br />
73 Impressum<br />
events<br />
74 Consumer Goods Digital Day |<br />
Goodbye Einkaufsstadt, welcome Erlebniscity<br />
Mehr Würze<br />
in den PoS<br />
In Krisen offenbaren sich häufig Defizite, die meistens schon<br />
länger im Argen lagen. In der Krise gibt es aber immer auch Firmen,<br />
die ihre eigene Konjunktur schreiben und die genau dann ihre Chancen<br />
ergreifen, um die eigenen Stärken voll auszuspielen. Denn jetzt bieten sich<br />
neue Optionen, etwas Großes zu wagen.<br />
Dafür gibt es in der Branche aktuell jede Menge Beispiele. So<br />
hat sich Ritzenhoff komplett neu definiert und die Glas-Welten der Marke<br />
mit dem Versprechen „Miteinander begeistern“ emotionalisiert.<br />
Profikoch Mirko Reeh ist unter die „Gewürzgurus“<br />
gegangen und mischt künftig neben seinem Unternehmen<br />
Chroma die Szene auch mit „Indien Summer“,<br />
„Tabil“ oder „Zahtar“ auf. Die Produkte kommen<br />
übrigens in umweltschonendem Reispapier daher<br />
und werden mit Rezept-Katalog an die Endkunden<br />
verkauft. Eine gute Idee, um Hobbyköche für<br />
weitere Aktionen am Herd anzufixen. Nie war die<br />
Zeit besser, um neue Artikel rund ums Kochen zu<br />
lancieren. Das hat sich offenbar auch Ankerkraut<br />
gedacht und einen neuen Shop in München eröffnet,<br />
um den Hamburger Gewürz-Himmel nun<br />
am Weißwurst-Äquator leuchten zu lassen.<br />
news<br />
77 Glas | Bohemia /<br />
Rosenthal meets Versace /<br />
Zwiesel<br />
Titelmotiv „LifeStyle by <strong>möbel</strong><br />
<strong>kultur</strong>“: Sie erinnern an Sommer,<br />
Sonne und Meer – die Teller,<br />
Schalen und Tassen des Labels<br />
Motel a Miio. Mittlerweile hat das<br />
Unternehmen 15 Stores eröffnet<br />
und schwimmt auf der Erfolgswelle.<br />
Ein Einblick in eine außergewöhnliche<br />
Unternehmens geschichte auf<br />
Seite 68.<br />
www.motelamiio.com<br />
Mirko Reeh brachte gerade<br />
sein Start-up GewürzGuru<br />
auf den markt.<br />
Also nicht nur die Industrie, sondern auch<br />
der Handel, der es in der Pandemie aufgrund<br />
langer Schließzeiten besonders schwer hatte, setzt<br />
frische Impulse. Kustermann in München integrierte<br />
einen Weber-Shop, Rosenthal ist innerhalb<br />
des Ingolstadt Village in einen neuen Store umgezogen<br />
und Rösle eröffnete ein wei teres Outlet in<br />
Neumünster. „Jetzt erst recht“ könnte die Überschrift über diese Aktivitäten<br />
lauten. Zweifelsohne stehen die Zeichen auf Veränderung. Allein schon, weil<br />
die Menschen aufgrund der Pandemie ihre individuellen Wertvorstellungen<br />
hinterfragt haben. Aber auch deshalb, weil sie ihr Einkaufsverhalten anders<br />
ausrichten. Die meisten freuen sich darauf, endlich einmal wieder einen<br />
unbeschwerten Einkaufsbummel in der Stadt oder im Einrichtungshaus<br />
zu unternehmen. Nichtsdestotrotz sind die Ansprüche gestiegen, denn<br />
das bequeme Einkaufen von zu Hause aus via Internet wissen inzwischen<br />
viele zu schätzen. Es braucht also dringend neue Shopping-Erlebnisse!<br />
<br />
RITA BREER<br />
6/20<strong>21</strong> <strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong> 65
store design<br />
Motel a Miio: Von der Spontan-Idee zum Erfolgsunternehmen<br />
Keramik mit<br />
Urlaubsfeeling<br />
Sie erinnern an Sommer, Sonne<br />
und Meer – die Teller, Schalen<br />
und Tassen des Labels Motel<br />
a Miio. Und das kommt nicht<br />
von ungefähr, entstand die<br />
Gründungsidee doch spontan<br />
in einem Portugalurlaub vor<br />
fünf Jahren. Mittlerweile hat<br />
das Unternehmen 15 Stores<br />
eröffnet und schwimmt auf<br />
der Erfolgswelle. Ein Einblick<br />
in eine außergewöhnliche<br />
Unternehmens geschichte.<br />
Anna von Hellberg (l. o.) und Laura<br />
Castien verliebten sich im Portugal-<br />
Urlaub in das farbenfrohe Geschirr<br />
und beschlossen, es in Deutschland<br />
zu verkaufen. Dass sie damit einmal<br />
so erfolgreich sein würden, hätten<br />
sie anfangs nie gedacht.<br />
Die Geschichte des Münchner Start-Ups<br />
Motel a Miio begann im Jahr 2016, als<br />
die Gründerinnen Anna von Hellberg<br />
und Laura Castien sich im gemeinsamen<br />
Portugal-Urlaub beim Tapas-Essen in das handgefertigte<br />
Geschirr verliebten. Aus der Begeisterung<br />
und einem Bauchgefühl heraus orderten die beiden<br />
kurzerhand zwei Paletten des einzigartigen<br />
Steingutes, um das Urlaubsfeeling auch Freunden<br />
und Bekannten mit nach Hause zu bringen.<br />
Wieder in München, entstand die Idee für das<br />
erste Pop Up-Event. Der Erfolg gab den beiden<br />
Müttern von je zwei Kindern recht – bereits nach<br />
24 Stunden war alles ausverkauft. Danach folgten<br />
zahlreiche weitere Pop Up-Events in unterschiedlichen<br />
Städten und weiterhin war der Andrang<br />
auf die Table ware mit dem handmade-Charakter<br />
groß. So groß, dass es nicht mehr zu bewerkstelligen<br />
war, bestehende Designs der Manufaktur in<br />
Portugal zu ordern.<br />
Von online zu offline<br />
Anna von Hellberg und Laura Castien beschlossen,<br />
die Kollektionen und Styles fortan selbst zu<br />
entwerfen, sie aber weiterhin in Portugal unter<br />
fairen und umweltfreundlichen Gesichtspunkten<br />
produzieren zu lassen. Mittlerweile arbeiten sie<br />
mit mehreren portugiesischen Partnern zusammen,<br />
die die Keramik von Hand produzieren<br />
bzw. bemalen. So entsteht auch der individuelle<br />
Charakter: Erkennungszeichen der Keramik von<br />
Motel a Miio sind die bunten Farben, die unregelmäßigen<br />
Verläufe, die von Hand gezeichneten<br />
Linien – „perfekt unperfekt“, wie es die Gründerinnen<br />
nennen.<br />
Nachdem die Pop Up-Events so gut gelaufen<br />
waren, lag der nächste Schritt auf der Hand –<br />
2017 wurde der Onlineshop gegründet. An ein<br />
richtiges stationäres Geschäft hatten die beiden<br />
FACTS + FIGURES<br />
Geschäftsführer Motel a Miio<br />
Philipp Castien, Anna von Hellberg<br />
Gründungsjahr 2016<br />
Mitarbeiter ca. 160<br />
Stores In Deutschland (Hamburg, Köln,<br />
Stuttgart, Berlin (2), Düsseldorf, Frankfurt,<br />
München (3), Nürnberg), Österreich (Salzburg,<br />
Wien) und der Schweiz (Basel, Zürich)<br />
Sortiment Geschirr und Accessoires aus<br />
Keramik, alles made in Portugal<br />
Internet www.motelamiio.com<br />
68 <strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong> 6/20<strong>21</strong>
15 Motel a Miio-Stores gibt es mittlerweile<br />
in Deutschland, Österreich und der<br />
Schweiz. Weitere sind bereits in Planung.<br />
zu dieser Zeit nie gedacht, sie nutzten die Pop<br />
Up-Sales in verschiedenen Städten lediglich als<br />
Marketingtool für den Onlineshop. Bis das Einkaufscenter<br />
„Hofstatt“ in München auf die beiden<br />
Unternehmerinnen mit der Frage zukam, ob sie<br />
sich vorstellen könnten, einen Laden für drei<br />
Monate zu betreiben. Und so kam der Einzelhandel<br />
ins Spiel… Mittlerweile verfügt Motel a<br />
Miio über 15 Stores in Deutschland, Österreich<br />
und der Schweiz, viele weitere Läden sind bereits<br />
in Planung. Die aktuellen Standorte: Hamburg,<br />
Köln, Stuttgart, Berlin (2), Düsseldorf, Frankfurt,<br />
München (3), Nürnberg, Salzburg, Wien sowie in<br />
Basel und Zürich. Dabei wird stets zunächst mit<br />
einem Pop Up-Shop gestartet, bevor der eigentliche<br />
Store eröffnet.<br />
Egal ob in Berlin, Hamburg oder München:<br />
Wer einen Motel a Miio-Store betritt, fühlt sich<br />
an Urlaub erinnert. Das machen zum einen natürlich<br />
die portugiesischen Keramik-Kollektionen in<br />
den Farben von Meer, Pool und Eiscreme aus, die<br />
Namen tragen wie „Areia“, „Tavira“, „Beliche“<br />
oder „Madeira“. Zum anderen aber auch der<br />
Ladenbau und die Inszenierung der Produkte:<br />
Viel Weiß, Pastellfarben, Naturmaterialien, farbenfrohe<br />
Bilder oder Wandmalereien sorgen für<br />
Ferienfeeling, hinzu kommen frische Blumen<br />
– selbstverständlich arrangiert in den eigenen<br />
bunten Vasen. Die Schüsseln, Teller, Tassen & Co.<br />
befinden sich in einfachen Holz-Regalen und auf<br />
minimalistischen Verkaufsinseln, einzelne Stücke<br />
werden auf Mini-Regalen an der Wand dekoriert.<br />
Übrigens soll auch der Name des Unternehmens<br />
das Gefühl von Urlaub assoziieren: Motel<br />
a Miio ist eine Wortschöpfung der beiden<br />
Gründerinnen und soll „einen Mix aus Road-<br />
Trip-Feeling und einer ‚Von uns für euch-Geste‘“<br />
symbolisieren.<br />
Die Kernzielgruppe von Motel a Miio ist weiblich<br />
und zwischen 30 und 40 Jahren, vor allem<br />
ganze Geschirrsets werden hier gerne gekauft.<br />
Jüngere Kund:innen greifen eher zu Einzelstücken<br />
und nehmen oft nur eine Tasse oder eine Bowl.<br />
Mit Aktionen und Prozenten in den stationären<br />
Geschäften schaffen Anna von Hellberg und<br />
Holz, Pastellfarben und ein minimalistischer<br />
Ladenbau zeichnen die Stores<br />
von Motel a Miio aus.<br />
Alle Stücke<br />
von Motel a Miio<br />
werden in Portugal<br />
gefertigt. Die Designs<br />
stammen von den<br />
Gründerinnen selbst.<br />
Castien einen Anreiz, dass mehr im Laden und<br />
weniger im Onlineshop gekauft wird – mittlerweile<br />
liegt der Umsatz jeweils bei ca. 50 Prozent.<br />
Dabei befruchten sich stationär und online gegenseitig:<br />
In Regionen, in denen es einen Laden gibt,<br />
wird zusätzlich auch mehr online gekauft. Dabei<br />
gibt es Motel a Miio-Produkte jedoch nicht nur<br />
in den eigenen Shops, sondern auch in anderen<br />
Läden, die jedoch sorgfältig von den Gründerinnen<br />
persönlich ausgewählt werden.<br />
Schöne Produkte, schöne Bilder – wer heute<br />
erfolgreich sein möchte, braucht beides. Denn<br />
nur dann funktioniert Social Media, allen voran<br />
Instagram. Motel a Miio wurde mit und sicherlich<br />
auch dank der Plattform groß, die ein großes<br />
Schaufenster für alle Produkte ist und sofort zeigt,<br />
ob diese bei den entsprechenden Zielgruppen gut<br />
ankommen. Aktuell hat Motel a Miio 178.000<br />
Follower, Tendenz kontinuierlich steigend. Instagram<br />
fungiert für das Unternehmen als Hauptwerbekanal<br />
– bezahlt und unbezahlt. Facebook<br />
hingegen wird vor allem genutzt, um die Pop<br />
Up-Events zu bewerben, gerade in Regionen und<br />
Ländern, in denen die Brand ihre Bekanntheit<br />
steigern möchte. Wirft man einen Blick auf die<br />
steigenden Zahlen – egal ob Follower, Umsatz<br />
oder Stores – scheint die Strategie aufzugehen.<br />
<br />
STEFANIE WOLF<br />
6/20<strong>21</strong> <strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong> 69
Nie war eine<br />
leistungsstarke<br />
Gemeinschaft so<br />
wichtig wie heute! Zum<br />
Faktencheck<br />
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