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Broschüre Ackerbürgerhaus Bärnau 2021

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Zum Begriff des „Ackerbürgers“<br />

Die räumliche Struktur der Stadt<br />

<strong>Bärnau</strong> ist vergleichbar mit vielen<br />

kleinen Städten, die im Spätmittelalter<br />

in ländlichen Regionen gegründet<br />

wurden. Häufig befanden<br />

sich innerhalb der Stadtmauern<br />

größere Flächen für die Gartenoder<br />

Feldbearbeitung. Aufgrund<br />

der selbstversorgenden Struktur<br />

innerhalb der Stadtmauern werden<br />

diese Städte als Ackerbürgerstädte<br />

bezeichnet. Als Nahtstelle zwischen<br />

einem Bürger- und einem Bauernhaus<br />

sollte das entsprechende<br />

Gebäude die Anforderungen des<br />

städtischen Wohnens und der landwirtschaftlichen<br />

Arbeit, einschließlich<br />

der Viehhaltung, vereinbaren.<br />

Weist ein Haus also eine große<br />

Toreinfahrt, Stallungen sowie Lager-<br />

und Wohnräume, zusammen<br />

mit einer großzügig geplanten Parzelle<br />

auf, kann dieses Gebäude als<br />

<strong>Ackerbürgerhaus</strong> angesprochen<br />

werden. Jedoch ist auch bei anderen<br />

Handwerkszweigen oder Brauereien<br />

der Bedarf an einer großen<br />

Toreinfahrt vorhanden, sodass dieses<br />

Charakteristikum nicht alleine<br />

einem <strong>Ackerbürgerhaus</strong> zugesprochen<br />

werden kann.<br />

Um 1840 wurde das zweistöckige<br />

Gebäude traufständig, d. h. mit<br />

der Längsseite zur Straße hin ausgerichtet<br />

erbaut. Es wurde aus<br />

massiven Bruchsteinen gemauert.<br />

Im westlichen Bereich befindet sich<br />

als Zugang ein hölzernes Tor, das<br />

von zwei Granitpfeilern flankiert ist.<br />

Der Torweg führt in den hinteren<br />

Bereich der Parzelle. Während sich<br />

im westlichen Bereich zwei Räume<br />

als Werkstatt und Stallung befanden,<br />

waren die östlichen Räume als<br />

Wohnräume mit Stube und Kamin<br />

konstruiert.<br />

Abb. 2: Blick in den Kellerraum gegen Südwesten.<br />

Im Hintergrund: mittelalterliche Steinmauer. Rechts:<br />

Restbefundblock der Kellerverfüllung<br />

(Foto: V. Diederich).<br />

Dieser Keller (Abb. 2) erstreckt sich<br />

ungefähr über ¾ der Fläche des<br />

Gärtankraums. Allerdings können<br />

die Ausmaße des Kellers nur in seiner<br />

Länge von 2,4 m vollständig<br />

bestimmt werden. Nach Südwesten<br />

hin ist der Keller durch eine Steinmauer<br />

begrenzt. Das nordöstliche<br />

Ende des Kellers haben wir anhand<br />

der Abbruchkante des Felsens<br />

erkannt. Die Breite des Kellers<br />

ist nicht mehr nachvollziehbar. Im<br />

Westen verlaufen die betreffenden<br />

mittelalterlichen Schichten unter<br />

der Fundamentmauer zum Nachbarhaus<br />

weiter. Das bedeutet, dass<br />

die Kellerverfüllung nicht nur über<br />

die räumliche Grenze hinaus geht,<br />

sondern auch über die historische<br />

Grundstücksgrenze von 1840 hinaus.<br />

Nach Osten hin ist der Kellerbefund<br />

durch ein neuzeitliches,<br />

kegelförmiges Schüttfundament<br />

gestört, wodurch sich nur eine Mindestbreite<br />

von 2,1 m für den Kellerraum<br />

feststellen lässt.<br />

Zur Konstruktion des Kellers: Der<br />

Kellerraum ist ca. 1,0 m in den anstehenden<br />

Felsen eingetieft worden.<br />

Die Abbruchkante verläuft<br />

leicht schräg. Die Sohle des Kellers<br />

ist nahezu horizontal angelegt und<br />

leicht abschüssig.<br />

Nach Süden hin war der Kellerraum<br />

durch die Steinmauer eingefasst.<br />

Diese erfüllte vermutlich bereits<br />

im Spätmittelalter (im 13. Jh.) die<br />

Funktion des Fundaments der Südwand<br />

eines (Fachwerk)-Vorgängerbaus.<br />

Die nördliche Kellerwand<br />

bestand hingegen nicht aus Stein,<br />

sondern aus einer Holzkonstruktion.<br />

Schlecht erhaltene, jedoch auf<br />

der gesamten Breite der untersuchten<br />

Quadranten dokumentierte<br />

Holzreste, konnten nachgewiesen<br />

werden. Es könnte sich dabei um<br />

die verbliebenen Reste einer Bohlenwand<br />

auf einem Schwellbalken<br />

handeln.<br />

Für diese Holzreste haben wir im<br />

Winter 2020 eine 14C-Datierung<br />

im Curt-Engelhorn-Zentrum Archäometrie<br />

(GmbH) in Mannheim<br />

durchführen lassen. Es konnte somit<br />

nachgewiesen werden, dass der<br />

Befund der Holzwand in einen Zeitraum<br />

zwischen dem späten 12. und<br />

dem späten 13. Jh. einzuordnen ist.<br />

Abb. 3: Reste der nordöstlichen<br />

Kellerwand: die Steinlage hinter<br />

dem Schwellbalken ist noch gut<br />

zu erkennen.<br />

(Foto: V. Diederich).<br />

Ein städtischer Keller aus dem 13.<br />

Jahrhundert im Gärtankraum<br />

Der für die Gärtanks vorgesehene<br />

Raum ist von kleinen Forschungsteams<br />

in drei ein- bis zweiwöchigen<br />

Kampagnen im Jahr 2020 untersucht<br />

worden. Nicht zuletzt durch<br />

die coronabedingt erschwerten Arbeitsbedingungen<br />

war im Oktober<br />

die Freude über den bemerkenswerten<br />

Fund eines spätmittelalterlichen,<br />

städtischen Kellers besonders<br />

groß. Der Keller stammt aus<br />

dem 13. Jh., wodurch er uns bis vor<br />

die Stadtgründung <strong>Bärnau</strong>s zurückführt.<br />

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