Junia Ausgabe 4/2021
Junia ist das Mitgliedermagazin des kfd-Bundesverbandes. Mehr unter: www.junia-magazin.de
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JULI/AUGUST <strong>2021</strong><br />
Mitgliedermagazin der kfd –<br />
Katholische Frauengemeinschaft<br />
Deutschlands<br />
FRAU UND MUTTER HAT JETZT EINEN NAMEN –<br />
ÜBERFLUSS<br />
ohne Ende?<br />
LEBENSQUELLE WASSER<br />
So steht es um unsere<br />
wichtigste Ressource<br />
FRAUEN-KARRIERE<br />
Moderatorin Petra<br />
Gerster im Gespräch<br />
AMT MIT ZUKUNFT<br />
Predigerinnen der<br />
kfd in Aktion
WASSER ZWISCHEN<br />
BUCHDECKELN<br />
Der Schimmelreiter,<br />
Theodor Storm<br />
Der alte Mann<br />
und das Meer,<br />
Ernest Hemingway<br />
Die Geschichte<br />
des Wassers,<br />
Maja Lunde<br />
Das Wasser<br />
im Neuen<br />
Testament<br />
Jesu‘ Taufe im Jordan<br />
(Mk 1,9 - 11)<br />
Jesus geht über<br />
das Wasser<br />
(Mt 14, 22-33)<br />
Hochzeit von Kana<br />
(Joh 2,1 -11)<br />
Insgesamt spülen<br />
Flüsse rund vier<br />
Millionen Tonnen<br />
Plastikmüll pro<br />
Jahr ins Meer.<br />
Die zehn<br />
dreckigsten Flüsse<br />
liegen in Asien<br />
(acht von zehn)<br />
und Afrika (zwei).<br />
Trauriger<br />
Spitzenreiter ist<br />
der chinesische<br />
Jangtse.<br />
> WASSERKREISLAUF ><br />
EIS > WASSER > DAMPF > REGEN<br />
transparent<br />
geruchlos<br />
geschmacklos<br />
kalorienfrei<br />
nass<br />
Wasser,<br />
Lebenselixier<br />
„Eines schönen Tages, in vorgerücktem Alter, beschließen Sie,<br />
mehr über das Leben erfahren zu wollen. Sie lesen noch einmal<br />
die Bibel, Sie lesen den Koran. Sie wagen sich an die indischen<br />
Mythen. Verblüfft stellen Sie fest, dass sich alle Anfänge gleichen:<br />
Es war einmal das Wasser.“ (Érik Orsenna)<br />
12 x<br />
Wattenmeer,<br />
Deutschland, Niederlande<br />
Victoriafälle,<br />
Uganda<br />
Venedig,<br />
Italien<br />
Geirangerfjord/<br />
Nærøyfjord,<br />
Norwegen<br />
Oberharzer<br />
Wasserregal<br />
Deutschland<br />
Plitvicer Seen,<br />
Kroatien<br />
Great<br />
Barrier Reef,<br />
Australien<br />
Baikalsee,<br />
Russland<br />
Kurische Nehrung,<br />
Litauen<br />
Neusiedler See,<br />
Österreich<br />
Barriereriff<br />
von Belize,<br />
Mittelamerika<br />
Uws-Nuur-Becken,<br />
Mongolei<br />
Weltkulturerbe<br />
im Zusammenhang mit Wasser<br />
Wasser<br />
predigen,<br />
Wein<br />
trinken<br />
Den kann kein Wässerchen trüben<br />
MUSIKALISCH<br />
Georg Friedrich<br />
Händels<br />
„Wassermusik“<br />
wäre heute wohl<br />
ein Party-Event:<br />
Sie untermalte<br />
Lustfahrten von<br />
König George I.<br />
auf der Themse.<br />
MEISTERLICH<br />
Janice Jakait<br />
aus Lengenfelde<br />
ruderte <strong>2021</strong>1/12<br />
alleine über den<br />
Atlantik: 6.500<br />
Kilometern in<br />
90 Tagen!<br />
MYSTISCH<br />
Die Herkunft<br />
der Wörter Seele<br />
und See könnte<br />
auf das<br />
urgermanische<br />
„saiwalo“<br />
zurückgehen –<br />
was „die vom See<br />
Stammenden“<br />
meint.<br />
OBERER<br />
SEE (Lake<br />
Superior)<br />
Größter<br />
Süßwassersee<br />
der Erde<br />
(USA/Kanada)<br />
KASPISCHES<br />
MEER<br />
Größtes<br />
Binnenmeer<br />
(Salzwasser)<br />
der Welt<br />
Da läuft<br />
einem das<br />
Wasser im<br />
Mund<br />
zusammen<br />
Nil oder Amazonas?<br />
Wer ist länger?<br />
Stille Wasser sind tief<br />
Wasserverbrauch<br />
für die Produktion<br />
1 T-Shirt 4.100 L<br />
1 Auto 400.000 L<br />
1 Computer 20.000 L<br />
1 Tasse Kaffee 140 L<br />
das<br />
blaue<br />
Gold<br />
gehört<br />
uns<br />
allen<br />
H20<br />
Die Vereinten<br />
Nationen<br />
erkannten 2010<br />
das Recht auf<br />
Trinkwasser als<br />
menschliches<br />
Grundrecht an.<br />
Durchschnittlicher Pro-Kopf-Wasserverbrauch täglich in Deutschland (z.B. Duschen)<br />
zu 2/3 Dritteln mit Wasser bedeckt<br />
6.671 Kilometer gegenüber 6.437 Kilometern<br />
1 km 3 sind 1 Billion Liter<br />
97,5 %<br />
Salzwasser<br />
das (n.)<br />
Mit allen<br />
Wassern<br />
gewaschen<br />
Volumen<br />
der Erde<br />
1,1. Bio. km 3<br />
ergießt sich<br />
rauscht<br />
staut sich<br />
entspannt<br />
sprudelt<br />
unterhöhlt<br />
kocht<br />
verrinnt<br />
spritzt<br />
zischt<br />
versickert<br />
schlängelt sich<br />
kühlt<br />
blubbert<br />
türmt sich auf<br />
reißt mit<br />
gefriert<br />
schlägt Wellen<br />
plätschert<br />
tropft<br />
verdunstet<br />
fließt<br />
löscht Durst<br />
gefriert<br />
davon Wasser<br />
1,4 Mrd. km 3<br />
davon<br />
Süßwasser<br />
35 Mio. km 3<br />
davon<br />
0, 3 %<br />
für uns<br />
zugänglich<br />
120<br />
Liter<br />
Zusammengetragen von Jutta Laege, lllustration: Christina Claßen<br />
MUTTERSPRACHE
Editorial<br />
Dankbar durch die<br />
Sommerzeit<br />
Liebe Leserin, lieber Leser,<br />
wie schön, dass wir uns auf diesem Wege wiedertreffen!<br />
Der Sommer der Hoffnung beginnt. Die Corona-Pandemie<br />
scheint erst einmal eingedämmt, wir dürfen wieder<br />
raus, uns begegnen, Pläne machen und Wünsche realisieren.<br />
Urlaub steht bei vielen ganz vorne auf der Liste der<br />
„To dos“. Wir lechzen danach wie eine Durstige in der<br />
Wüste nach Wasser.<br />
Ja, wir sind nochmal davongekommen, und vor allem<br />
haben wir trotz aller Einschränkungen und Entbehrungen<br />
viele Gründe, dankbar zu sein. Die vergangenen knapp anderthalb<br />
Jahre sollten uns zu gleichen Teilen Demut und<br />
Mut lehren. Wir leben auf Kosten anderer, wir verschwenden<br />
Ressourcen, wir tragen im Eiltempo zur Zerstörung<br />
der Natur und unserer Lebensgrundlagen bei. Die wichtigste<br />
ist die, nach der wir uns gerade so sehnen: Wasser!<br />
Unser Titelthema passt zu den Fragen, die uns die gerade<br />
zu Beginn der schönsten Jahreszeit bewegt: Wie wird der<br />
erste Sommer nach Corona? Wird es der nächste Hitzesommer<br />
oder haben wir ein bisschen Zeit rausgeholt bei<br />
der Bewahrung der Schöpfung? Wie lange geht das noch<br />
gut mit dem Überfluss ohne Ende (S. 8)?<br />
Hat Corona uns demütig genug werden lassen? Wir<br />
haben festgestellt, dass nicht immer alles sofort und unbedingt<br />
verfügbar ist – und dass das manchmal vielleicht gar<br />
nicht so tragisch ist. Hat es uns gleichzeitig mutig genug<br />
gemacht, neue Konzepte zu entwerfen, neue, nachhaltigere<br />
Quellen zu erschließen? Reicht der politische Wille,<br />
reicht unser Wille?<br />
Die kfd als größter katholischer Frauenverband wird<br />
weiter für diese Themen einstehen, die kfd-Gruppen, die<br />
sich wieder treffen dürfen,<br />
sind schon im vergangenen<br />
Jahr auf nachhaltige<br />
Pilger*innenwege<br />
gegangen. Vielleicht ist<br />
das auch eine gute Botschaft<br />
für neues Zusammenleben<br />
und -erleben in<br />
diesem Jahr.<br />
Dieser Sommer wird<br />
hoffentlich einer, in dem<br />
wir uns gut erfrischen und erholen können, ohne vor den<br />
Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt, abtauchen<br />
zu müssen. Ich wünsche Ihnen, dass Sie die kommenden<br />
Monate genießen können – am See, am Fluss, am Meer,<br />
in den Bergen oder in heimischen Gefilden, für deren Entdeckung<br />
wir ja auch in <strong>Junia</strong> werben. „Frauenorte“ heißt<br />
die Rubrik, in der diesmal der Diözesanverband Freiburg<br />
zeigt, wo es sich zwischen Kurpfalz und Breisgau gut innehalten<br />
lässt (S. 34).<br />
Sommerzeit, Freizeit – darauf dürfte sich auch Petra<br />
Gerster freuen. Die Nachrichtenmoderatorin hat gerade<br />
ihren Abschied beim ZDF gefeiert. Im „Frauengespräch“<br />
blickt sie auf ihre Fernsehkarriere zurück und hat auch<br />
ein paar Wunsch-Nachrichten für uns im Gepäck. Die<br />
sollten den kfd-Predigerinnen und allen, die die Frauen<br />
auf ihrem Weg zur Gleichberechtigung in der katholischen<br />
Kirche folgen, ein Lächeln ins Gesicht zaubern<br />
(S. 12). Frauen predigen in der Eucharistie – daran hat<br />
auch unsere Namensgeberin <strong>Junia</strong> ihren Anteil. Und darüber<br />
berichtet <strong>Junia</strong> natürlich besonders gerne (S. 15).<br />
Alles in allem bietet dieses Sommerheft für Sie hoffentlich<br />
guten Lesefluss und Lesegenuss.<br />
Auf den Sommer, alles Liebe!<br />
Ihre Jutta Laege<br />
Chefredakteurin<br />
Folgen Sie uns<br />
Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands
LEBENSQ<br />
Wasser<br />
Der Sommer ist da! Und nach der langen Zeit der Einschränkungen, der<br />
Ängste und auch der Einsamkeit ist die Sehnsucht groß: Nach kühlem<br />
Nass, in das wir uns nach einem heißen Tag stürzen können. Nach Seen<br />
und Stegen, von denen aus wir die Füße im Wasser baumeln lassen.<br />
Nach Kinderlachen unterm Rasensprenger. Nach Strand und Palmen und<br />
Meer. Nach einigen entspannten Zügen im Freibad, kurz vor Schluss,<br />
wenn kaum noch jemand da ist. Oder einfach nach einem kühlen Glas<br />
Wasser zur Erfrischung. Doch die Zeiten sorglosen Umgangs mit Wasser<br />
und Wasserquellen sind vorbei. Wir müssen uns den Herausforderungen<br />
der Zukunft stellen. Und dazu gehört auch diese elementare Frage:<br />
Wie steht es eigentlich um unser Wasser?<br />
8<br />
FRAUENFRAGEN
FRAUENFRAGEN<br />
und Landwirtschaft. Denn beide Wirtschaftszweige sehen<br />
einen intensiven Wasserverbrauch vor – dabei wird schon<br />
jetzt stellenweise zu viel Grundwasser verbraucht. Doch<br />
warum ist Starkregen ein Problem? „Wenn große Mengen<br />
Wasser in einer kurzen Zeit auf den Boden fallen, kann das<br />
Wasser unter Umständen nicht schnell genug vom Boden<br />
aufgenommen werden und fließt oberflächlich ab. Es bilden<br />
sich beispielsweise Schlammlawinen, die Kanalisation<br />
kann die Wassermassen nicht aufnehmen. So kann auch<br />
durch eine Überschwemmung der Zugang zur Abwasserinfrastruktur<br />
wegbrechen“, erklärt Fader.<br />
UELLE<br />
VON ISABELLE DE BORTOLI<br />
Mal eben den Hahn aufdrehen, ein Glas Wasser<br />
trinken, ein Planschbecken füllen, die geliebten<br />
Blumen wässern – das ist für uns das Selbstverständlichste<br />
der Welt. Dabei vergessen wir im Alltag oft,<br />
dass sauberes Wasser zwar unsere Lebensquelle ist – aber<br />
eben keine Selbstverständlichkeit. Weltweit haben laut<br />
des aktuellen Wasserberichts der UNESCO 2,2 Milliarden<br />
Menschen keinen Zugang zu sicherem Trinkwasser. 4,2<br />
Milliarden Menschen – also mehr als 55 Prozent der Weltbevölkerung<br />
– haben keine sicheren Sanitäranlagen.<br />
In Deutschland sind solche Szenarien weit weg. Doch ist<br />
unser Wasser so sicher, wie es scheint? Oder werden auch<br />
wir in den kommenden Jahren erfahren, wie knapp diese<br />
Ressource eigentlich ist? Denn eine der größten Bedrohungen<br />
für unser Wasser ist der Klimawandel. Er ist einer der<br />
Hauptgründe, warum das Wasser in manchen Regionen<br />
knapper werden wird. „In vielen Regionen der Welt haben<br />
Extremwetterereignisse zugenommen“, sagt Marianela<br />
Fader, Stellvertretende Direktorin des Internationalen<br />
Zentrums für Wasserressourcen und Globalen Wandel in<br />
Koblenz. Besonders bedroht von Dürren sind Nordafrika<br />
und der Mittelmeerraum, zeigen verschiedene Klimaprojektionen.<br />
Marokko, Tunesien, Süditalien und Griechenland<br />
werden mit weniger Niederschlägen im Sommer zu<br />
kämpfen haben, mit großen Auswirkungen auf Tourismus<br />
Auch in Deutschland werden die Sommer heißer und<br />
trockener. Die Hitzejahre 2018, 2019 und 2020 sind aus<br />
Sicht des Umweltforschers Dietrich Borchardt vom Helmholtz-Zentrum<br />
für Umweltforschung Vorboten des Klimawandels.<br />
„Was früher ein heißes Jahr war, dürfte künftig<br />
ein Normaljahr sein.“ In Deutschland wirkte sich die Trockenheit<br />
vor allem auf die Böden aus. „Hier drohen Ernteausfälle<br />
und Futtermangel“, so Borchardt jüngst in einem<br />
Online-Vortrag. „Gleichzeitig wird der Wasserbedarf in der<br />
Landwirtschaft erheblich steigen.“ Schon jetzt sichtbar seien<br />
auch die Schäden in den Wäldern, da die Bäume unter<br />
„Wasserstress“ litten. Zudem weisen mehrere Flüsse extremes<br />
Niedrigwasser auf, so der Hydrologe. Dies gefährde<br />
die Artenvielfalt, die an Wasserläufen besonders hoch sei.<br />
„Wir müssen in Zukunft zu einem neuen Wassermanagement<br />
kommen. Denn das Trinkwasser ist und bleibt unser<br />
Lebensmittel Nummer 1.“<br />
Allerdings ist das Trinkwasser in Deutschland nicht nur<br />
vom Klimawandel, sondern noch auf eine ganz andere<br />
Weise bedroht: „Wir haben ein gewaltiges Grundwasserproblem<br />
aufgrund der Menge an verwendeten Düngemitteln“,<br />
sagt Wasserexpertin Marianela Fader. „Sie gelangen<br />
nicht nur in das Grundwasser, sondern auch zu unseren<br />
Flüssen und Seen und verursachen Ökosystemschäden.“<br />
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung hat ermittelt:<br />
Seit Jahren verletzt Deutschland, wie andere EU-<br />
Staaten auch, den Grenzwert der Grundwasserbelastung<br />
mit Nitrat. Er liegt bei 50 Milligramm pro Liter. Knapp ein<br />
Fünftel der in Deutschland verteilten 1200 Messstellen<br />
weist höhere Werte auf. In landwirtschaftlich geprägten<br />
Gebieten wird der Grenzwert teilweise um mehr als 700<br />
Prozent überschritten. Vor allem für Säuglinge ist Nitrat<br />
gefährlich, es kann schwere Krankheiten auslösen.<br />
Eine weitere Ursache für die weltweite Wasserknappheit<br />
ist die Zunahme der Weltbevölkerung. Mehr Menschen<br />
brauchen mehr Nahrung – und für die Bestellung<br />
der Felder wird Wasser benötigt. „Landwirtschaft ist fast<br />
überall der Sektor mit der höchsten Wassernutzung. Zum<br />
Teil kommt es zu einer Übernutzung der Grundwasser-<br />
FRAUENFRAGEN<br />
9
„Jedem ist inzwischen<br />
klar, dass er<br />
beim Zähneputzen<br />
nicht das Wasser laufen<br />
lassen sollte. Aber<br />
dass man auch durch<br />
bewussten Konsum<br />
Wasser sparen kann,<br />
ist vielen noch nicht<br />
so bekannt.“<br />
WASSERVERBRAUCH<br />
für den Anbau von Lebensmitteln<br />
(pro Kilo)<br />
20.000<br />
Kakao<br />
27.000 l<br />
Röstkaffee<br />
21.000 l<br />
15.000<br />
Rindfleisch<br />
15.490 l<br />
Marianela Fader, Stellvertretende<br />
Direktorin<br />
des Internationalen<br />
Zentrums für Wasserressourcen<br />
und Globalen<br />
Wandel<br />
ressourcen“, sagt Marianela Fader. „Das ist zum<br />
Beispiel in Teilen von Spanien, Indien, Mexiko,<br />
China und in vielen Regionen Nordafrikas der<br />
Fall.“ Hier offenbart sich auch ein globales Problem:<br />
Kaufen wir Lebensmittel aus Regionen, in<br />
denen knappes Wasser zum Bewässern riesiger<br />
Plantagen genutzt wird, verstärken wir das Wasserproblem<br />
dort. „Virtuelles Wasser“ nennt die<br />
Wissenschaft dieses Phänomen. „Es bezeichnet<br />
das Wasser, das verbraucht wurde, um die Konsumgüter<br />
herzustellen, die wir kaufen“, erklärt<br />
Fader. „Das können zum Beispiel Avocados sein,<br />
aber auch Kaffee oder die Jeans, die ich trage.<br />
Durch unseren Verbrauch sorgen wir unter Umständen<br />
woanders für Wasserprobleme.“<br />
5.000<br />
4.000 4.500<br />
3.000<br />
2.000<br />
1.000<br />
Bananen<br />
940 l<br />
Milch<br />
600 l<br />
Erdbeeren<br />
280 l<br />
Kartoffeln<br />
210 l<br />
Nüsse<br />
5.000 l<br />
Reis<br />
3.470 l<br />
Kokosnuss<br />
2.500 l<br />
Avocado<br />
1.500 l<br />
Hirse<br />
5.000 l<br />
Schweinefleisch<br />
4.730 l<br />
Geflügel<br />
4.000 l<br />
Pfirsich<br />
910 l<br />
Zitrone<br />
360 l<br />
Zwiebeln<br />
280 l<br />
Karotten<br />
130 l<br />
Eier<br />
3.300 l<br />
Sojabohnen<br />
2.050 l<br />
Weizen<br />
1.410 l<br />
Apfel<br />
700 l<br />
Gurke<br />
350 l<br />
Salat<br />
240 l<br />
Tomaten<br />
110 l<br />
Die Lösung: Regionale Produkte in Bioqualität<br />
von Kleinbauern kaufen und darauf achten, wo<br />
genau beispielsweise mein Kaffee produziert<br />
wurde: fair gehandelt aus einer niederschlagsreichen<br />
Region in Ghana? Oder von einer Konzernplantage<br />
in einer saisonal trockenen Region, auf<br />
der bewässert werden muss? Die Wasserexpertin<br />
gibt zu: „Wasserbewusst einzukaufen ist schwer,<br />
denn es gibt keine Siegel, die den Wasserfußabdruck<br />
eines Produkts zeigen. Bei Baumwoll-Kleidung<br />
ist klar, dass Baumwolle fast immer stark<br />
bewässert wird. Deshalb kann jeder einen Beitrag<br />
leisten, indem neue Kleidung nicht im Übermaß<br />
gekauft wird.“ Marianela Fader appelliert:<br />
„Jedem ist inzwischen klar, dass er beim Zähneputzen<br />
nicht das Wasser laufen lassen sollte. Aber<br />
dass man auch durch bewussten Konsum Wasser<br />
sparen kann, ist vielen noch nicht so bekannt.“<br />
Grundsätzlich seien die Länder, die am meisten<br />
zum Klimawandel beitragen und die historisch<br />
die höchsten Emissionen hatten, vergleichsweise<br />
weniger stark von ihm betroffen – beziehungsweise<br />
könnten sich dank ihrer Wirtschaftsstärke<br />
besser anpassen, so die Wasserexpertin. Afrika sei<br />
stark betroffen und müsse für eine wachsende Bevölkerung<br />
Lebensmittel produzieren – habe aber<br />
wenige Ressourcen zur Anpassung. Ganz anders<br />
die USA oder auch Deutschland: Trotz zunehmender<br />
Dürreperioden oder auch Überschwemmungen<br />
könne man sich mit dem notwendigen<br />
Kapital entsprechend rüsten und anpassen. „Das<br />
ist eine große Ungerechtigkeit.“<br />
Die Anpassung der Wassernutzung an den Klimawandel<br />
ist auch ein Weg, den die UNESCO in<br />
ihrem Wasserbericht anregt. Gleichzeitig müsse<br />
das Klima durch nachhaltiges Wassermanagement<br />
geschützt werden. Großes Potenzial bieten<br />
laut UNESCO Wasserwiederverwendung und<br />
-aufbereitung: „Brauchwasser ist für zahlreiche<br />
Nutzungsformen eine zuverlässige Alternative,<br />
weil Trinkwasserqualität für Landwirtschaft und<br />
Industrie häufig nicht notwendig ist. Auch die Renaturierung<br />
und der Erhalt von Feuchtgebieten<br />
sind Beiträge zum Klimaschutz. Positive Nebeneffekte<br />
sind zudem Hochwasserschutz, Minderung<br />
der Auswirkungen von Dürren, Wasserreinigung<br />
und Erhalt der biologischen Vielfalt.“<br />
10<br />
FRAUENFRAGEN
FR AUEN<br />
UND<br />
DAS<br />
WASSER<br />
Mädchen und Frauen sind in<br />
besonderem Maße von Wasserknappheit<br />
bedroht. In den<br />
ländlichen Regionen von Subsahara-Afrika<br />
laufen Mädchen<br />
und Frauen oft mehrere Kilometer<br />
am Tag, um Wasser zu<br />
holen. „Und das hat noch nicht<br />
einmal immer eine gute Qualität“,<br />
sagt Marianela Fader,<br />
Stellvertretende Direktorin des<br />
Internationalen Zentrums für<br />
Wasserressourcen und Globalen<br />
Wandel. Auch in Lateinamerika<br />
und Asien seien Mädchen und<br />
Frauen von mangelndem Zugang<br />
zu Trinkwasser und mangelnder<br />
Hygiene betroffen. Dies habe<br />
Konsequenzen auf die Bildungschancen<br />
und die Arbeitsfähigkeit.<br />
„Wer stundenlang zu einem<br />
Brunnen laufen muss, kann<br />
nicht zur Schule gehen“, sagt<br />
Fader. „Und schlechtes Wasser<br />
verursacht gesundheitliche Probleme.<br />
Damit ist die wirtschaftliche<br />
Unabhängigkeit der Frauen<br />
und Mädchen gefährdet und<br />
die Ungleichheit zwischen den<br />
Geschlechtern wird gefördert.“<br />
Weltwasser<br />
Tag<br />
Jedes Jahr am 22. März findet<br />
der von der UN ins Leben<br />
gerufene Weltwassertag statt.<br />
In diesem Jahr stand er unter<br />
dem Motto „Wertschätzung<br />
des Wassers“. In ihrem Weltwasserbericht<br />
mit dem Titel<br />
„Wasser bewerten und wertschätzen“<br />
fordert die UNESCO<br />
mehr Investitionen in das<br />
blaue Gold, seine Reinhaltung<br />
und den Schutz der Speicher.<br />
Wasser werde viel zu oft als<br />
selbstverständlich angesehen,<br />
privatisiert, verschmutzt und<br />
verschwendet, heißt es. Schon<br />
mehrfach hat die UNESCO vor<br />
einer dramatischen Wasserkrise<br />
gewarnt. Der weltweite Wasserverbrauch<br />
hat sich in den<br />
vergangenen 100 Jahren mehr<br />
als versechsfacht. Er nimmt<br />
infolge von Bevölkerungswachstum,<br />
wachsender Güterproduktion<br />
und zunehmendem<br />
Konsum weiter um etwa 1<br />
Prozent pro Jahr zu. Der Klimawandel<br />
wird die Situation zusätzlich<br />
verschlechtern – insbesondere<br />
in Regionen, die bereits<br />
unter Wasserstress stehen.<br />
www.unesco.de<br />
Heilende<br />
Wirkung<br />
des Wassers<br />
Dass Wasser eine heilende Wirkung<br />
hat, davon war Sebastian<br />
Kneipp (1821–1897) überzeugt.<br />
In diesem Jahr wird sein 200. Geburtstag<br />
gefeiert. Kneipp, von Beruf<br />
Pfarrer, ist für sein ganzheitliches<br />
Gesundheitskonzept bekannt<br />
und geschätzt. Die berühmteste<br />
seiner Anwendungen ist das Wassertreten,<br />
bis heute gibt es Kneipp-<br />
Becken in Parks. Wichtig: Das<br />
Wasser muss unter 18 Grad kalt<br />
sein und darf nicht höher als bis<br />
zum Knie reichen. Dann regt das<br />
Wassertreten unter anderem den<br />
Kreislauf an, fördert die Durchblutung,<br />
kräftigt die Venen, regt<br />
den Stoffwechsel an und stärkt das<br />
Immunsystem. Warum Kneipp so<br />
vom Wasser überzeugt war? Als er<br />
an Tuberkulose erkrankte, heilte<br />
er sich durch eiskalte Bäder in der<br />
Donau.<br />
Mehr unter<br />
www.kneipp<strong>2021</strong>.de<br />
Tipp<br />
Der eigene<br />
Wasserfußabdruck<br />
kann unter<br />
folgendem<br />
Link berechnet<br />
werden und gibt<br />
eine Schätzung<br />
über den individuellen<br />
Wasserverbrauch.<br />
www.waterfootprint.org<br />
11
FRAUEN IM GESPRÄCH<br />
„Meine<br />
Großmutter<br />
war mein<br />
Vorbild“<br />
Die „heute“-Nachrichten-<br />
Moderatorin Petra Gerster war<br />
neben Maria von Welser das<br />
bekannteste Gesicht von<br />
„Mona Lisa“ – dem ersten<br />
Frauenmagazin im deutschen<br />
Fernsehen. Wie ihre Großmutter<br />
sie geprägt hat, warum sie die<br />
Gleichberechtigung noch lange<br />
nicht für verwirklicht hält, was<br />
sie über das Älterwerden und<br />
Gendern denkt und was<br />
sie sich für die Kirche in<br />
Deutschland wünscht.<br />
Ein Interview von<br />
Jutta Laege.<br />
<strong>Junia</strong>: Sie haben nach<br />
mehr als drei Jahrzehnten<br />
Fernsehkarriere nun Ihren<br />
Abschied aus dem Berufsleben<br />
genommen, am 26. Mai war Ihre<br />
letzte „heute“-Sendung. Wie<br />
geht es Ihnen und was machen<br />
Sie jetzt?<br />
Petra Gerster: Es ist noch so viel<br />
abzuwickeln und aufzuräumen<br />
in meinem ZDF-Büro nach 23<br />
Jahren, viele liebe Briefe sind zu<br />
beantworten – ich hatte noch gar<br />
keine Zeit, darüber nachzudenken.<br />
Als Journalistin und Moderatorin<br />
sind Sie in den 1980er-<br />
Jahren beim bundesweiten<br />
Fernsehpublikum durch die<br />
erste Frauensendung, „Mona<br />
Lisa“, bekannt geworden. Wie<br />
wichtig war dieses Format für<br />
Ihre persönliche Entwicklung,<br />
aber auch für das Frauenbild in<br />
Deutschland?<br />
Sehr wichtig, „Mona Lisa“ war<br />
ja das erste bundesweite Frauenmagazin<br />
mit feministischem Anspruch.<br />
Maria von Welser und ich<br />
haben kein relevantes Thema ausgelassen<br />
– von Frauen im Knast<br />
über Missbrauch in der Familie<br />
bis hin zu den systematischen<br />
Vergewaltigungen bosnischer<br />
Frauen durch Serben in den<br />
Balkankriegen der Neunziger:<br />
Durch „Mona Lisa“ wurde dieses<br />
spezielle Kriegsverbrechen erst<br />
publik, kamen Frauen zu Wort,<br />
die sonst in der Berichterstattung<br />
keine Rolle spielten.<br />
Hatten oder haben Sie weibliche<br />
Vorbilder?<br />
Ja, meine Großmutter, ich verbrachte<br />
die Wochenenden bei<br />
ihr, wenn meine Eltern gesellschaftlich<br />
unterwegs waren.<br />
Sie hatte sich als Kriegerwitwe<br />
(des 1. Weltkriegs) mit einem<br />
Kind durchgeschlagen und ihr<br />
Geld als „Fürsorgerin” verdient.<br />
Fürsorglich war sie durch und<br />
durch, nahm Anteil an jedem<br />
und jeder und kümmerte sich.<br />
Und politisch war sie obendrein,<br />
eine engagierte Liberale, die mir<br />
die Hochachtung vor den Frauen<br />
ihrer Zeit einpflanzte, die vor<br />
100 Jahren das Frauenwahlrecht<br />
erstritten.<br />
Sie bezeichnen sich als Feministin.<br />
Was bedeutet das für<br />
Sie?<br />
12<br />
FRAUEN IM GESPRÄCH
Das bedeutet auf den kürzesten<br />
Nenner gebracht: Gleiches Recht<br />
und gleiche Chancen für alle,<br />
unabhängig von Geschlecht und<br />
Herkunft. In unserer immer noch<br />
von (weißen) Männern dominierten<br />
Welt ist da noch viel zu tun.<br />
Vielfach ausgezeichnet:<br />
Petra<br />
Gerster (l.) mit<br />
„Mona Lisa“-<br />
Kollegin Maria<br />
von Welser<br />
Das kleine<br />
Gender<br />
Lexikon<br />
Diese Begriffe sind beim<br />
Thema Gendern derzeit<br />
vielfach zu hören. <strong>Junia</strong><br />
erklärt, was sie bedeuten.<br />
Frauen in Film und Fernsehen<br />
müssen klug, empathisch<br />
und vor allem schlank und<br />
gutaussehend sein. Ein alter<br />
Hut – oder treibt zunehmende<br />
Selbstoptimierung, wie<br />
Medien aller Art sie befeuern,<br />
diesen Wahn eher an?<br />
Ja, ein alter, aber noch sehr<br />
gegenwärtiger Hut; nur hat die<br />
geforderte Selbstoptimierung<br />
inzwischen auch die Männer erfasst.<br />
Aber alles ist im Fluss – die<br />
Gesellschaft beginnt gerade erst,<br />
diverser zu denken und auch<br />
die in den Blick zu nehmen, die<br />
die gültige Norm infrage stellen,<br />
die „anders“ sind. Spannender<br />
Prozess.<br />
Wie steht es um Ihre Selbstoptimierung?<br />
Ist 65 das neue 45?<br />
Oder haben Sie Angst vor dem<br />
Älterwerden? Stichwort: Älterwerden<br />
ist nichts für Feiglinge!<br />
„Altwerden ist Scheiße“, hat<br />
mein Vater einmal bitter gesagt.<br />
Und auch ich habe nicht gerade<br />
Lust darauf, aber früh sterben<br />
wäre ja noch blöder. Nein, ich<br />
möchte sehr gerne noch Enkelkinder<br />
erleben und tue was<br />
dafür, gesund zu bleiben.<br />
In Nachrichten- und in Polit-<br />
Formaten haben Frauen mit<br />
den Männern gleichgezogen,<br />
sind teilweise auch die<br />
Aushängeschilder. Spielt das<br />
Thema Gleichberechtigung da<br />
überhaupt noch eine Rolle?<br />
Frauen haben nur auf dem Bildschirm<br />
gleichgezogen, hinter den<br />
Kulissen, in den entscheidenden<br />
Positionen der Sender sitzen<br />
hauptsächlich Männer. Ich hatte<br />
bis vor Kurzem ausschließlich<br />
männliche Chefs über mir; jetzt<br />
haben wir mit Bettina Schausten<br />
zum ersten Mal eine Hauptabteilungsleiterin<br />
in der Aktualität.<br />
Gleichberechtigung ist ja<br />
längst über das Mann-Frau-<br />
Thema hinausgewachsen. Die<br />
Gender-Debatte ist in vollem<br />
Gange. Sie waren als Nachrichten-Moderatorin<br />
eine<br />
der ersten, die das Gendersternchen<br />
durch eine kleine<br />
Sprechpause eingeführt hat.<br />
Wie kam es dazu?<br />
Naja, ich habe immer schon versucht,<br />
auch Frauen zu nennen,<br />
wenn es sich anbot. Die Doppelnennung<br />
ist manchmal aber<br />
umständlich, das gesprochene<br />
Gendersternchen ist kürzer und<br />
spricht außer Frauen zum Beispiel<br />
auch nichtbinäre Menschen<br />
an. Das finde ich gut.<br />
Die Gender-Diskussion wird ja<br />
teilweise intensiv, um nicht zu<br />
sagen aggressiv geführt. Wie<br />
waren die Reaktionen auf Ihre<br />
modifizierte Nachrichtensprache?<br />
Und wie sind Sie damit<br />
umgegangen?<br />
Tatsächlich kommen die aggressivsten<br />
Reaktionen von älteren<br />
Männern. Manchmal auch von<br />
älteren Frauen, oft aus dem<br />
Osten Deutschlands. Die sind<br />
mit einer anderen Sprache aufgewachsen<br />
und haben jetzt das<br />
Gefühl, es solle ihnen (wieder)<br />
etwas oktroyiert werden. Ich<br />
verstehe das, Sprache ist ja<br />
auch etwas sehr Persönliches.<br />
Gleichzeitig hat sich Sprache<br />
aber immer mit der Gesellschaft<br />
verändert, es gibt keine für alle<br />
Zeiten gültigen Regeln. Das sogenannte<br />
generische Maskulinum<br />
war lange selbstverständlich,<br />
weil Frauen in der Öffentlichkeit<br />
keine Rolle spielten. Aber<br />
wir leben nicht mehr in einer<br />
reinen Männerwelt. Von jungen<br />
Menschen kommt übrigens viel<br />
Zustimmung zum Gendern.<br />
Im vergangenen Jahr wurden<br />
Sie mit dem Hedwig-<br />
Dohm-Preis ausgezeichnet.<br />
Was bedeutet Ihnen dieser<br />
Preis?<br />
Ein toller Preis, war mir Hedwig<br />
Dohm als kämpferische Frau<br />
doch schon durch meine Großmutter<br />
vertraut. Ich habe mich<br />
sehr über die Auszeichnung des<br />
Journalistinnenbundes gefreut.<br />
Welche Nachricht war Ihre<br />
liebste? Und welche Nachricht<br />
haben Sie kaum über die<br />
Lippen gebracht?<br />
Eine liebste will mir partout nicht<br />
einfallen. Positives hatte ich selten<br />
zu berichten. Das Ende der<br />
Pandemie und aller Einschränkungen<br />
zu melden, war mir<br />
leider nicht mehr vergönnt. An<br />
die schlimmen erinnere ich mich<br />
leider gut: den schrecklichen Tsunami<br />
im Indischen Ozean 2004,<br />
Fukushima 2011 und dann die<br />
furchtbaren Anschläge in Frankreich<br />
im Bataclan und auf Charlie<br />
Hebdo vor einigen Jahren.<br />
Wenn Sie als aktive Christin<br />
eine gute Nachricht für die<br />
Frauen in der (katholischen)<br />
Kirche verkünden/verlesen<br />
dürften, welche wäre das?<br />
Na, dass Frauen zum Priesteramt<br />
zugelassen werden, natürlich; die<br />
Diskriminierung homosexueller<br />
Menschen muss aufhören und<br />
Katholiken und Protestanten sollen<br />
gemeinsam das Abendmahl<br />
feiern können. Langfristiges Ziel:<br />
eine schwarze Päpstin!<br />
> LGBT / LGBTIQ<br />
(engl. ausgesprochen)<br />
Internationale Abkürzung<br />
für Lesbians, Gays, Bisexuals,<br />
Trans*, Inter* & Queers<br />
(Deutsch: Lesbische, Schwule,<br />
Bisexuelle, Trans*, Inter* und<br />
Queere Menschen).<br />
> DIVERS<br />
Der Geschlechtseintrag divers<br />
(von lateinisch diversus „ungleichartig,<br />
verschieden“) bildet<br />
eine dritte rechtliche Option<br />
neben „weiblich“ und „männlich“.<br />
> TRANS<br />
Trans*, transgeschlechtlich,<br />
transgender, transsexuell,<br />
transident: All diese Begriffe<br />
stehen für Menschen, deren<br />
Geschlechtsidentität nicht dem<br />
Geschlecht entspricht, das bei<br />
Geburt in ihre Geburtsurkunde<br />
eingetragen wurde. Das heißt:<br />
Ein Mensch, der bei Geburt<br />
weiblich eingeordnet wurde<br />
und später als Mann lebt, ist ein<br />
trans* Mann.<br />
> QUEER<br />
Queer kommt aus dem englischen<br />
und stand ursprünglich<br />
für schwule Männer. Heute<br />
bezeichnen sich aber viele<br />
Menschen als queer, die in ihrer<br />
sexuellen Orientierung und/<br />
oder ihrer Geschlechtsidentität<br />
von der heterosexuellen Norm<br />
abweichen.<br />
> CIS<br />
Bei cis Menschen entspricht<br />
die Geschlechtsidentität dem<br />
Geschlecht, das bei der Geburt<br />
in die Geburtsurkunde eingetragen<br />
wurde. Das heißt, ein<br />
Mensch, der bei Geburt weiblich<br />
eingeordnet wurde und später<br />
als Frau lebt, ist eine cis-Frau.<br />
13
GENERATION<br />
Sie sind katholisch (nicht nur), kritisch, konstruktiv,<br />
kirchennah und kirchenfern: Die Serie „Generation K“<br />
widmet sich jungen Frauen, die sich die Fragen von<br />
Kirche, Glauben und Gesellschaft neu stellen.<br />
HOFFNUNG<br />
Daniela Ordowski ist Bundesvorsitzende der Katholischen Landjugendbewegung<br />
Deutschlands (KLJB) und Mitglied der Synodalversammlung des Synodalen Weges.<br />
Die 27-Jährige hat viel zu sagen zum Zustand der katholischen Kirche – und sie<br />
kämpft für sie, um sie zu retten.<br />
VON ISABELLE DE BORTOLI<br />
22<br />
GENERATION K
Seit gut 17 Jahren ist<br />
Daniela Ordowksi Teil der<br />
Katholischen Landjugendbewegung<br />
Deutschlands<br />
(KLJB).<br />
Sie schwankt in diesen Tagen zwischen<br />
Wut und Hoffnung. Wut über solche<br />
Entscheidungen wie das Segnungsverbot<br />
für homosexuelle Paare aus Rom. Hoffnung,<br />
dass die Ergebnisse des Synodalen Weges<br />
wirklich etwas verändern könnten. Denn<br />
die Frage „Wollen wir etwas verändern in der<br />
katholischen Kirche in Deutschland?“ stellt<br />
sich für Daniela Ordowski schon lange nicht<br />
mehr: „Wir müssen etwas verändern. Wenn<br />
sich nichts ändert, dann geht es nicht weiter.<br />
Dann können wir die katholische Kirche in<br />
Deutschland nicht mehr retten. Wir kämpfen<br />
ja nicht ständig, um die Kirche kaputt zu machen.<br />
Das macht sie schon selbst. Wir Laien<br />
kämpfen, um die Kirche zukunftsfähig zu machen.“<br />
Daniela Ordowski, die Politikwissenschaft<br />
studiert hat und in Bonn lebt, engagiert sich<br />
auf vielen Ebenen: nicht nur als Mitglied der<br />
Synodalversammlung, sondern vor allem als<br />
Bundesvorsitzende der Katholischen Landjugendbewegung<br />
Deutschlands (KLJB). Sie<br />
ist eng vernetzt mit jungen Katholiken und<br />
Katholikinnen in Deutschland, aber auch<br />
europa- und weltweit. Aufgewachsen auf<br />
dem Land im Bistum Mainz, ist sie gute 17<br />
Jahre Teil der KLJB. Nach Kommunion, Ministrantinnendienst<br />
und Kirchenchor engagierte<br />
sie sich früh in der Gemeinde, wurde Gruppenleiterin<br />
und hatte Lust, Verantwortung<br />
auf Diözesanebene zu übernehmen. Im Jahr<br />
2020 wurde sie schließlich Bundesvorsitzende.<br />
Dabei geht es der KLJB, deren junge Mitglieder<br />
hauptsächlich aus ländlichen Gebieten<br />
kommen, zum Teil auch Bezug zur Landwirtschaft<br />
haben, um Themen wie ländliche Entwicklung,<br />
fairen Handel weltweit, Ökologie<br />
und Schöpfungsbewahrung in Zeiten des Klimawandels<br />
sowie die Pastoral auf dem Land.<br />
„Das ,K’ im Namen ist dabei heute nicht immer<br />
eine Einladung an junge Menschen“, gibt<br />
Daniela Ordowski zu. „Vor allem nach dem<br />
Segnungsverbot hatten wir Anfragen, ob man<br />
nach einem Kirchaustritt noch Teil der KLJB<br />
sein kann. Natürlich ist das so. Aber: Wir wollen<br />
zeigen, dass wir eben auch ein Gesicht<br />
von Kirche sind. Wir sind nicht homophob,<br />
und bei uns sind Frauen ganz selbstverständlich<br />
in Leitungspositionen. Wir sind Teil der<br />
Kirche und möchten einen offenen Raum für<br />
Glauben bieten. Dafür sind unsere Verbände<br />
wichtig: Menschen ein Zuhause im Glauben<br />
zu geben, das sie in der Institution Kirche vielleicht<br />
gerade nicht (mehr) finden. Auch wenn<br />
ich mir natürlich wünschen würde, dass die<br />
Kirche selbst wieder diese diskriminierungsfreie<br />
Heimat für alle bieten würde.“<br />
Daniela Ordowski ist in den vergangenen<br />
Wochen in vielen überregionalen Medien<br />
eine gefragte Gesprächspartnerin: 27 Jahre<br />
alt, Feministin – und warum überhaupt noch<br />
katholisch? Wäre es nicht viel einfacher, auszutreten?<br />
„Diese Frage wurde mir tatsächlich<br />
häufig gestellt. Ich möchte aber ein Zeichen<br />
setzen: Ja, ich bin katholisch! So sieht die katholische<br />
Kirche eben auch aus!“ So wie sie,<br />
und wie die vielen anderen Menschen, die<br />
ihre Freizeit darauf verwendeten, Kirche aktiv<br />
zu gestalten: „Meine größte Quelle der Hoffnung<br />
sind die Menschen, mit denen ich zusammenarbeite.<br />
Die, die sich ehrenamtlich in<br />
der katholischen Kirche engagieren. Sie sind<br />
der Grund für mich, nicht zu gehen, sondern<br />
Kirche mit ihnen allen konstruktiv weiterzuentwickeln.<br />
In dieser Gemeinschaft habe ich<br />
Kirche ganz anders kennengelernt, als sie sich<br />
durch die sogenannte Amtskirche präsentiert.“<br />
Auch spüre sie ein großes Verantwortungsgefühl<br />
den jungen Christinnen und Christen<br />
gegenüber, so Ordowski – in ihrem Verband,<br />
in Deutschland, aber auch weltweit. „Im Jahr<br />
„Glaube sollte<br />
Mut machen<br />
und nicht zum<br />
Schweigen<br />
bringen.“<br />
2018 war ich bei der Jugendsynode in Rom.<br />
Das war eine sehr intensive Zeit – und sie<br />
hat mir gezeigt: Wir in Deutschland kämpfen<br />
nicht allein und nicht nur für uns. Frauen in<br />
alle Dienste und Ämter zu bringen, ist kein<br />
deutsches Thema, es ist auch kein europäisches<br />
Thema – es ist ein weltweites Thema.<br />
Aber: In anderen Ländern sind die Machtstrukturen<br />
noch sehr viel stärker. Während<br />
wir in Deutschland offen diskutieren können,<br />
müssen junge Frauen in anderen Ländern<br />
Angst haben, weil die Kirche dort alle gesellschaftlichen<br />
Strukturen durchdringt. Wer sich<br />
von ihr lossagt, verliert auch gesellschaftlichen<br />
Halt. Und für diese Menschen kämpfe ich mit,<br />
für die, die nicht offen sprechen dürfen – was<br />
im Übrigen ein Armutszeugnis für die Kirche<br />
weltweit ist. Glaube sollte Mut machen und<br />
nicht zum Schweigen bringen.“<br />
Daniela Ordowski sieht eine Zukunft für<br />
die katholische Kirche nur, wenn die sexualisierte<br />
Gewalt aufgearbeitet wird, wenn die<br />
Strukturen, die Missbrauch begünstigen, aufgebrochen<br />
werden. Auch mehr Glaubwürdigkeit,<br />
demokratische Strukturen, Ämter auf<br />
Zeit und Rechenschaftspflicht müssten sein.<br />
„Es kann doch nicht sein, dass all dies bei<br />
uns als Verbänden selbstverständlich ist, bei<br />
der Amtskirche aber nicht.“ Zudem müsse es<br />
einen Kulturwandel in der Kirche geben, was<br />
Kritik angehe: „Wir brauchen eine Kirche, in<br />
der Kritik als Zeichen der Liebe angesehen<br />
wird. In der unterschiedliche Meinungen gehört<br />
werden, in der man um Themen ringt.“<br />
Und: Die Gleichberechtigung von Frauen ist<br />
der Dreh- und Angelpunkt um die Zukunft der<br />
katholischen Kirche, ist sich Daniela Ordowski<br />
sicher. „Wenn wir da nicht weiterkommen,<br />
müssen wir die Kirche aufgeben.“<br />
Die Generation K<br />
finden Sie auch hier:<br />
www.kfd.de/generation-k<br />
GENERATION K 23
Ich muss es nicht sagen, weil du es schon weißt<br />
Wenn alles sich ändert, bist du das, was bleibt<br />
Unter Tausenden find' ich dich blind<br />
Egal, was sein wird, egal, was war<br />
Meine Gedanken sind bei dir an jedem Tag, denn<br />
Ich seh' dich immer noch so wie ein Kind<br />
Und ich halt' dich fest<br />
Wenn du dich nicht mehr kennst<br />
Ich teil' mit dir deinen Schmerz<br />
Schwesterherz<br />
Schwesterherz<br />
Du bist mein Spiegel, wenn ich mich nicht mehr find'<br />
Und du bist der Ausweg, aus diesem Labyrinth<br />
Und du bist die Stille, in all diesem Lärm<br />
Und wenn du aufgibst auf diesem Weg<br />
Dann werd' ich dich tragen, so lange es geht, denn<br />
Ich seh' dich immer noch so wie ein Kind<br />
Schwester, ich halt' dich fest<br />
Wenn du dich nicht mehr kennst<br />
Ich teil' mit dir deinen Schmerz,<br />
Schwesterherz<br />
Wir werden uns lieben und hassen,<br />
Festhalten, loslassen<br />
Alles riskieren, uns immer wieder verlieren,<br />
Verändern und bleiben,<br />
Geschichten schreiben,<br />
Das Leben verprassen<br />
Und unsere Spuren hinterlassen<br />
Ich halt' dich fest<br />
Wenn du dich nicht mehr kennst<br />
Ich teil' mit dir deinen Schmerz<br />
Schwesterherz<br />
Schwesterherz<br />
Ich halt' dich fest<br />
Wenn du dich nicht mehr kennst<br />
Ich teil' mit dir deinen Schmerz<br />
Schwesterherz<br />
Schwester, ich halt' dich fest<br />
Wenn du dich nicht mehr kennst<br />
Ich teil' mit dir deinen Schmerz<br />
Schwesterherz<br />
Schwesterherz<br />
24<br />
GOTT UND DIE WELT
SCHWESTERHERZ<br />
Mit ihrer Schwester Sarah hat Vera Klima ihr<br />
halbes Leben lang Musik gemacht.<br />
Diese besondere Bindung hat die Musikerin in<br />
einen Song gepackt. In „Schwesterherz“ singt sie<br />
über die Liebe zwischen Geschwistern und ihren<br />
einzigartigen Weg. Ein Gespräch über<br />
Mutterliebe, Musik, Heimatverbundenheit und<br />
wie es ist, alleine auf der Bühne zu stehen.<br />
Dieser Song<br />
ist eine<br />
Liebeserklärung<br />
an die Schwester<br />
VON NADINE DIAB<br />
Die Musikerin Vera Klima (r.)<br />
mit ihrer Schwester Sarah.<br />
Ihr widmete sie das Lied<br />
„Schwesterherz“.<br />
Lange standen die beiden<br />
auch gemeinsam auf der Bühne.<br />
<strong>Junia</strong>: Vera Klima, im vergangenen Jahr sind Sie Mutter<br />
einer Tochter geworden. In unserem Gespräch geht es<br />
auch um die Familie, insbesondere um die Beziehung unter<br />
Schwestern. Wie hat das Muttersein Ihr Leben verändert?<br />
Vera Klima: Ich habe eine neue „Liebe“ kennengelernt: die bedingungslose<br />
Mutterliebe. Und auch einen neuen „Sinn“, den ich vorher nicht<br />
kannte. Wenn meine Tochter mich anlacht, ist mein Herz komplett gefüllt<br />
mit Glück, und ich habe das Gefühl, angekommen zu sein. Das<br />
klingt jetzt vielleicht alles sehr kitschig, aber so ist es einfach. Natürlich<br />
gibt es auch „anstrengende“ Seiten: der Schlafmangel und auch die fehlende<br />
Zeit für sich selbst – für meine Musik zum Beispiel. Aber trotzdem<br />
würde ich nie „zurück“ wollen in mein Leben ohne Kind!<br />
Eine besondere Beziehung haben Sie auch zu Ihrer Schwester<br />
Sarah. Mit ihr haben sie die Band Klima gegründet. Wie alt waren<br />
Sie da und wie kam die Idee dazu?<br />
Wir sind in einem sehr musikalischen Haushalt aufgewachsen. Musik<br />
war also schon immer Teil unseres Lebens. Insofern hatte keiner so<br />
wirklich die „Idee“, eine Band zu gründen – es hat sich einfach so entwickelt.<br />
Jede von uns durfte ab dem Kindergartenalter ein Instrument<br />
SCHWESTERHERZ 25
stimmten Ort geschrieben, die Ideen kamen<br />
mir an vielen Orten und immer wieder habe<br />
ich ein paar Zeilen aufgeschrieben. Am Ende<br />
fügte sich das Puzzle zusammen, als ich gerade<br />
bei meinen Eltern zu Besuch war.<br />
lernen. Sarah Klavier und ich Geige. Das haben<br />
wir dann irgendwann „zusammengefügt“<br />
und auch angefangen, zusammen zu singen.<br />
Unser Dad spielt Gitarre und singt, und so ist<br />
irgendwann die Band „Five Alive“ entstanden.<br />
Später, als wir angefangen haben, deutsch zu<br />
texten, wurde daraus „Klima“.<br />
Ihre Schwester und Sie: Was sind Ihre<br />
Gemeinsamkeiten neben der Musik und<br />
was sind Unterschiede?<br />
Ich würde sagen eine große Gemeinsamkeit<br />
ist neben der Musik, dass wir beide<br />
„Familienmenschen“ sind, auch sehr heimatverbunden.<br />
Keine von uns hat es bisher so<br />
richtig in die „weite Welt“ hinausgezogen.<br />
Natürlich ist zwischen uns nicht immer eitel<br />
Sonnenschein. Ich denke, das wäre dann keine<br />
„normale“ Schwesternbeziehung. Wenn<br />
man sich so nah ist, dann kracht es auch hin<br />
und wieder richtig – schon aus dem Grund,<br />
weil man keine „Hemmungen“ voreinander<br />
hat und sehr ehrlich zueinander ist. Und man<br />
sich vielleicht auch öfter mal in Konkurrenz<br />
zueinander setzt.<br />
Ihren ergreifenden Song „Schwesterherz“<br />
durfte ich live auf der Loreley erleben<br />
und er berührt jedes Mal aufs Neue.<br />
Jede Zeile ist eine Liebeserklärung. Wie ist<br />
dieser Song entstanden?<br />
Der Song ist zu einer Zeit entstanden, als<br />
es meiner Schwester nicht gut ging. Ich hab<br />
mir große Sorgen um sie gemacht und mir<br />
ist bewusst geworden, was für ein wichtiger<br />
Mensch sie für mich ist. Das wollte ich ihr in<br />
einem Lied sagen. Ich habe ihn nicht innerhalb<br />
von einer Stunde oder so an einem be-<br />
In „Schwesterherz“ heißt es beispielsweise:<br />
„Unter Tausenden find ich dich<br />
blind“. Ist das so? Hat man zur Schwester<br />
eine andere Bindung als beispielsweise zu<br />
einer guten Freundin?<br />
Ich denke dadurch, dass man als Geschwister<br />
wirklich von klein auf zusammen<br />
aufwächst, hat man eine „andere“ Art von<br />
Bindung als zu einer Freundin, ja. Sie ist einfach<br />
noch „purer“ und unverfälschter, denke<br />
ich, weil man vor seinen Geschwistern wahrscheinlich<br />
komplett unverstellt ist. Man kennt<br />
sich eben in- und auswendig. Auf der Bühne<br />
zum Beispiel haben wir uns total blind verstanden<br />
– wenn die eine einen falschen Text<br />
singt, singt die andere automatisch mit – fast<br />
telepathisch. Aber diese Nähe gibt es vielleicht<br />
auch zwischen Freundinnen. Man kann<br />
es wahrscheinlich nicht miteinander vergleichen<br />
und jede Art von Beziehung ist auf ihre<br />
Weise gut.<br />
2016 hat sich Ihre Schwester entschlossen,<br />
die Band zu verlassen. Seitdem<br />
sind Sie solo unterwegs. Warum und wie<br />
hat sich das angefühlt für Sie?<br />
Meine Schwester ist diesen musikalischen<br />
Weg manchmal mehr für mich als für<br />
sich selbst gegangen. Das hat sie 2016 realisiert<br />
und ihre Konsequenzen gezogen. Auf<br />
der Bühne zu stehen, bedeutet auch Druck<br />
– man muss das wirklich wollen, und zwar<br />
für sich selbst. Ich denke, meine Schwester<br />
hat irgendwann für sich herausgefunden, dass<br />
sie das nicht mehr will. Außerdem hat sie<br />
ein Baby bekommen, womit für sie auch ein<br />
neuer Lebensabschnitt begann. Für mich war<br />
das natürlich ein schwerer Schlag. Ich habe<br />
18 Jahre mit ihr auf der Bühne gestanden und<br />
fühlte mich zunächst mal sehr verloren ohne<br />
sie. Aber mit der Zeit habe ich mehr Vertrauen<br />
in mich selbst gefasst und mir bewiesen, dass<br />
ich es auch alleine kann. 2019 habe ich dann<br />
zum ersten Mal in meinem Leben Konzerte<br />
komplett solo gespielt – auch ohne Band. Das<br />
war für mich eine Erfahrung, die mich auf jeden<br />
Fall stärker gemacht hat. Auch wenn ich<br />
es oft vermisse, mit ihr zu singen.<br />
26<br />
GOTT UND DIE WELT
„Die Geschwisterbeziehung<br />
ist<br />
einfach noch<br />
„purer“ und<br />
unverfälschter,<br />
denke ich, weil<br />
man so unverstellt<br />
ist.“<br />
Mehr als ein Jahr mit dem Corona-Virus<br />
liegt nun hinter uns allen. Wie haben<br />
Sie als Künstlerin diese Zeit wahrgenommen?<br />
Als Künstlerin hat mich diese Zeit resigniert.<br />
Die versprochenen „unbürokratischen“<br />
Hilfen haben immer irgendeinen „Haken“.<br />
Wir verdienen seit fast einem Jahr keinen<br />
Cent mehr. Die Konzerte wurden immer wieder<br />
verschoben. Immerhin konnte ich ein paar<br />
Mal live und online spielen. Die Situation lässt<br />
mich sehr sorgenvoll in die Zukunft blicken.<br />
Ich denke, wir werden uns einen anderen Beruf<br />
suchen müssen, außer die Regierung rettet<br />
nicht nur Fluggesellschaften, sondern auch<br />
endlich die Kulturbranche.<br />
Lassen Sie uns einen Blick in die Glaskugel<br />
wagen. Sie und Ihre Schwester sitzen<br />
als alte Damen am Strand und lassen<br />
einen wunderschönen Tag ausklingen.<br />
Wie könnte der ausgesehen haben und<br />
wie blicken Sie an diesem Abend auf Ihre<br />
Vergangenheit zurück?<br />
Ich würde mal sagen, wir hatten einen<br />
schönen Tag am Strand, haben viel gelacht<br />
und uns gegenseitig Geschichten von früher<br />
erzählt. Auf unsere Vergangenheit blicken wir<br />
zufrieden. Die ganze Familie war da, unsere<br />
Kinder – unsere Enkel – vielleicht wurde<br />
auch musiziert – das wäre schön.<br />
DER JUNIA-FRAGEBOGEN<br />
MEINE ZEHN<br />
GEBOTE<br />
In dieser Reihe befragen wir<br />
regelmäßig Prominente zum<br />
Thema Kirche und Glauben.<br />
Mal ernst, mal augenzwinkernd<br />
und garantiert lesenswert!<br />
Andrea<br />
Nahles<br />
Präsidentin der Bundesanstalt für<br />
Post und Telekommunikation, kfd-Mitglied<br />
KIRCHENBANK – ERSTE ODER LETZTE REIHE?<br />
Eher vorne. Als alte Messdienerin gucke ich<br />
mir das Geschehen am Altar gerne an.<br />
KOMMUNION ODER KONFIRMATION?<br />
Kommunion. Hatte Freude meine Tochter<br />
im letzten Jahr bei ihrer Erstkommunion<br />
im September zu begleiten.<br />
GANZ IN WEISS ODER GAR NICHT?<br />
Weiß war gestern, zumindest steht<br />
mir eine kräftige Farbe besser!<br />
EIN HIMMLISCHER/GÖTTLICHER<br />
MOMENT FÜR MICH WAR/IST …<br />
die Geburt meiner Tochter Ella.<br />
BETEN IST FÜR MICH …<br />
wie eine innere Sammlung, ein<br />
Kraftholen und Loslassen zugleich.<br />
„HALLELUJA“ KLINGT FÜR MICH …<br />
am schönsten im Chor mit vielen<br />
anderen zusammen.<br />
WENN ICH PAPST/ PÄPSTIN<br />
WÄRE, WÜRDE ICH …<br />
den Weg für Frauen ins Diakonat sofort eröffnen.<br />
Mit Option auf mehr.<br />
DAS LETZTE MAL IN DER KIRCHE WAR ICH …<br />
vor drei Wochen. Ist zurzeit etwas deprimierend.<br />
ZU BEICHTEN HABE ICH …<br />
im Augenblick sehr wenig.<br />
DAS LETZTE WORT ÜBER MICH SOLLTE …<br />
von jemandem gesprochen werden, der mich mochte.<br />
GOTT UND DIE WELT 27
IMPRESSUM<br />
104. JAHRGANG | MITGLIEDERMAGAZIN DER kfd<br />
Herausgeberin: Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) –<br />
Bundesverband e.V., Düsseldorf, vertreten durch Bundesvorsitzende Mechthild Heil<br />
Redaktion: Jutta Laege (Chefredakteurin, viSdP), Isabelle De Bortoli, Kim Theyssen<br />
Mitarbeit/Social Media: Corinna Fleuren, Romina Carolin Stork, Melanie Walfort<br />
Kontakt zur Redaktion<br />
Prinz-Georg-Straße 44, 40477 Düsseldorf<br />
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Vertrieb<br />
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Gestaltung<br />
Das weite Feld, Design Direction<br />
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Lektorat<br />
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Mitarbeiterinnen.<br />
Darlehenskasse im Bistum Münster<br />
IBAN DE22 4006 0265 0003 1974 00<br />
BIC GENODEM1DKM<br />
„Im nächsten<br />
Heft soll es eine<br />
Geschichte über<br />
zwei 100-Jährige<br />
geben, die schon<br />
seit 80 beziehungsweise<br />
74 Jahren<br />
Mitglied der kfd<br />
sind. Ich bin sehr<br />
gespannt darauf,<br />
was sie zu erzählen<br />
haben.”<br />
Corinna Fleuren,<br />
Redaktionssekretariat<br />
Im<br />
nächsten<br />
Heft<br />
SEPTEMBER<br />
<strong>2021</strong><br />
FRAUENFRAGEN<br />
DER HERBST DER<br />
ENTSCHEIDUNGEN<br />
Ausblick auf<br />
Bundestagswahl,<br />
kfd-Bundesversammlung<br />
und Synodalen Weg<br />
AUS DEM VERBAND<br />
KIRCHENLEHRE<br />
AUF DEM<br />
PRÜFSTAND<br />
Frauenweihe, Lebensformen,<br />
Ökumene –<br />
und die Frage, wie es<br />
weitergehen kann<br />
Fotonachweise / Copyrights<br />
Titel: Adobe Stock/JackStock S 2: Adobe Stock/MoreVector S. 3: Harald Opitz S. 4 – 5: Adobe<br />
Stock/sonicbox; ZDF/Jana Kay; kfd/Tina Roesler; privat S. 6 – 7: Adobe Stock/millaf; Kruger<br />
National Park; BDKJ; picture alliance/Geisler-Fotopress/Christoph Hardt; picture alliance/<br />
rtn-radio tele nord/rtn; patrick becher; picture alliance/zb/Kirsten Nijhof; picture alliance/<br />
Eventpress/Müller-Stauffenberg S. 8 – 9: Adobe Stock/banusevim; Adobe Stock/candy1812<br />
S. 10 –11: privat; Adobe Stock/Ricardo Niels Mayer; Adobe Stock/lazylama; Adobe Stock/<br />
Birgit Puck S. 12 – 13: ZDF/Jana Kay; picture-alliance/dpa/Achim-Scheidemann S. 14 –15: kfd/<br />
Martin Koch; kfd/Moritz Frankenberg; kfd/Fendrich van de Luecht; kfd/Marco Heinen; kfd/<br />
Tina Roesler; kfd/Anne Orthen; kfd/Johannes Hörnemann; kfd/Ralph Leupolt S. 16 – 17: Martin<br />
Koch; privat; kfd/Christina Claßen S. 18 – 19: picture alliance/dpa/Benedikt Spether; picture<br />
alliance/dpa/Felix Hörhager; KNA/JEZ; KNA/Rudolph Wichert S. 20 – 21: Adobe Stock/Image<br />
Source S. 22 – 23: Daniela Ordowski/KLJB S. 24 – 26: Olaf Heine; Christoph Bombart<br />
S. 27: Bundesanstalt für Post und Telekommunikation S. 28 – 29: Adobe Stock/freshidea<br />
S. 30 – 31: picture alliance/Heritage-Images/Fine Art Images; picture alliance/Geisler-Fotopress/<br />
Thomas Bartilla; picture alliance/Everett Collection; Nicolai Lund S. 32 – 33: WDR; privat;<br />
Schirn/Presse Modersohn-Becker/Selbstbildnis mit Kette/Niedersächsisches Landesmuseum<br />
Hannover S. 34 – 35: Klaus Hansen/Schwarzwald Tourismus; Hochschwarzwald;<br />
Haus St. Benedikt; WTVS/Villingen-Schwenningen S. 36 – 37: © BVEO – Ariane Bille; © BVEO<br />
– Hugo Horstmann S. 38 – 39: KNA/Julia Steinbrecht; kfd; privat<br />
Quellennachweise: Mittelseite: © Gabriele Brunsch<br />
S. 36 – 37: © Pressebüro Deutsches Obst und Gemüse<br />
FRAUENORTE<br />
IM LEBENDIGEN<br />
LABYRINTH<br />
Mit dem DV<br />
Magdeburg geht es zu<br />
besonderen Orten in<br />
Ostdeutschland<br />
Außerdem im Heft:<br />
Omas Beste<br />
Mme X & Ms. Y<br />
<strong>Junia</strong>-Quiz<br />
Generation K<br />
Auflösung Mme X und Ms. Y in diesem Heft: Mme X: Antonia Brico, Ms. Y: Joana Mallwitz
„AUS DEINER GÜTE<br />
SCHÖPFT ALLES LEBEN“<br />
„DU FÜHRST MICH<br />
SEITE 30<br />
JETZT<br />
AUCH MIT<br />
ZUGANG ZUM<br />
DIGITAL-<br />
ANGEBOT!<br />
Die Mitarbeiterin<br />
WERKHEFT DER KATHOLISCHEN FRAUENGEMEINSCHAFT DEUTSCHLANDS (kfd)<br />
JULI - SEPTEMBER<br />
3<br />
<strong>2021</strong><br />
Über den Wolken<br />
Der Himmel<br />
als Sehnsuchtsort<br />
Zusammen mit Kindern einen<br />
Schöpfungsgottesdienst feiern<br />
SEITE 16<br />
HINAUS INS WEITE“<br />
Unterwegs zu einem befreiten<br />
Leben: Ein Pilgertag für Frauen<br />
SEITE 24<br />
DENN ES IST<br />
SOMMERZEIT!<br />
Ein literarisches<br />
Picknick gestalten<br />
MACHT KIRCHE BEINE<br />
Macht Kirche Beine! Mit diesem kfd-<br />
Appell macht die nächste Sport-Runde<br />
doch gleich viel mehr Spaß. Das<br />
leicht taillierte T-Shirt aus fairer und<br />
nachhaltiger Produktion ist geeignet<br />
für alles, was wir in diesem Sommer<br />
draußen tun können: Wandern, Walking,<br />
Laufen oder einfach Spazierengehen.<br />
Damit fallen Sie auf jeden Fall<br />
auf! Das Material besteht aus 100 %<br />
recyceltem Polyester, fühlt sich an<br />
wie Baumwolle, ist leicht, atmungsaktiv<br />
und angenehm zu tragen.<br />
Preis: 22,50 €, Art.-Nr: WG68<br />
www.kfd.de/shop<br />
JETZT REINHÖREN!<br />
Was mich trägt –<br />
Perspektiven für eine<br />
erneuerte Kirche<br />
abrufbar unter<br />
facebook.com/kfd.bundesverband<br />
youtube.com/user/kfdbundesverband<br />
Marianne Arndt<br />
Gemeindereferentin und geistliche<br />
Begleiterin bei der kfd<br />
Klaus Pfeffer<br />
Generalvikar Bistum Essen<br />
Agnes Wuckelt<br />
Stellvertretende kfd-Bundesvorsitzende<br />
Milena Fuhrmann<br />
Katholische Theologin und<br />
Radio-Moderatorin<br />
NEUE AUSGABE:<br />
ÜBER DEN<br />
WOLKEN – DER<br />
HIMMEL ALS<br />
SEHNSUCHTSORT<br />
„Gedanken des Himmels“<br />
nannten Dichter sie: Wolken<br />
faszinieren den Menschen<br />
von jeher. Sie haben nicht<br />
nur Literatur, Kunst und Musik<br />
inspiriert, sondern spielen<br />
auch in unserem Glauben<br />
eine große Rolle. Lesen Sie<br />
in der neuen „Mitarbeiterin“,<br />
was die Himmelserscheinungen<br />
und den geheimnisvollen<br />
Raum darüber so einzigartig<br />
macht – und warum es gelingen<br />
kann, mit beiden Beinen<br />
fest auf dem Boden zu stehen<br />
und dennoch schon jetzt<br />
einen Funken Himmlisches<br />
in sich zu tragen.<br />
Dazu in der neuen <strong>Ausgabe</strong>:<br />
Ein Gottesdienst für Großeltern<br />
und Enkel, Patinnen und<br />
Patenkinder, Eltern und Kinder<br />
und alle, die zusammen<br />
mit kleinen Menschen die<br />
Schöpfung feiern möchten.<br />
UND MEHR<br />
SPANNENDE THEMEN!<br />
KONTAKT ZUM ABO-SERVICE:<br />
Dijana Galzina<br />
Tel. 0211 44992-34<br />
E-Mail: abo@kfd.de